1894 / 56 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 06 Mar 1894 18:00:01 GMT) scan diff

5 Bn Stre emeieg M mea Er C

Aenderung des Wahlrechts keine Stimmung zu maten, und deshalb lehnen wir den Antrag ab. :

Abg. Dr. Porsch (Zentx.): Der wesentlihe Inhalt des Antrags ist eigentlih durch die Erklärung des Minister-Präsidenten erledigt. Da das Wort „baldmöglichst“ und die Einschränkung auf die Städte über 10000 Einwohner Anstoß erregt hat, wollen wir auf die Streichung derselben eingehen. Herr von Eynern hat seine Ab- stimmung niht an den Knöpfen abgezählt, sondern stch ohne weiteres gegen den Antrag erklärt. Die ganze Wirkung der Steuerreform fann man allerdings erst in ein paar Jahren übersehen; aber man oll doch nicht deswegen alle Arbeit ruhen laffen, sondern muß unter- uchen, welche Wirkungen jept hon hervorgetreten sind. Aus den Ziffern des Herrn Ministers kann man doch hon jeßt f{ließen, daß es möglich sein wird, für ‘jede Klasse eine Minimalzahl von Wählern Vorzucbeeiben. Die Klagen kommen nicht allein von den rheinischen Städten, sondern auch aus dem Osten. Ein Parteigeseß wollen wir niht machen, sondern ein Geseß, welhes Licht und Schatten gleihmäßig vertheilt. Es geht ein gewaltiger Zug gegen den Besitz durch die Bevölkerung, und die Geseßgebung . muß es verhindern, daß der Besiy durch die falshe Gestaltung des Wahlrehts als

noch gewaltiger erscheint, als er i. E :

s Ábg. Feciberr von Zedliz-Neukirc (frkons.): Der Antrag ist dur die Erklärung des Ministers eigentli erledigt. Die Zahlen des Herrn Bachem lassen keine Schlußfolgerungen zu, und wenn wir für den Antrag stimmen, so wollen wir uns dadur nit für irgend eine Reform des Wahlgekeßes engagieren; wir wollen nur, daß das Drei- flassenwahlgesez unter den nothwendigen Verbesserungen aufrecht er-

alten wird. L : Abg. Parisius (fr. Vp.): Die Erklärung des Minister- räsidenten entspricht vollständig derjenigen, welhe er im vorigen Shre auf meinen Antrag hin abgegeben hat. Ich kann nur wünschen, daß die für die nächsten Tage in Aussicht genommene Veröffent- lihung der statistishen Arbeiten durh den Antrag nicht gehindert werde. Wenn das Zentrum mit Aenderungsanträgen kommen wird, dann sollte es dieselben auf die geheime Abstimmung ausdehnen. Abg. von Eynern (nl.) erklärt, daß nah Streichung der Worte „baldmöglichst u. |. w.“ der Antrag so harmlos sei, daß die National- liberalen aus Wohlwollen für das Zentrum denselben annehmen

würden. S Der Antrag wird darauf A angenommen. hu

Sodann wird die zweite Berathung des Staats- haushalts-Etats für 1894/95 fortgeseßt, und zwar beim Etat der Staatsschulden verwaltung.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Ich wollte bloß eine kurze Bemerkung machen. In Kap. 35, Tit. 6 sind die vermuthlihen Ausgaben zur Verzinsung einer im Laufe des Etatsjahres neu aufzunehmenden Anleihe auf 1942 500 M veranschlagt. Ich stehe nicht an, zu bemerken, daß diese Veranschlagung wahrscheinlich zu hoh ist, weil wir nach den vor- handenen Beständen nicht die Absicht haben, in diesem Kalenderjahre eine Anleihe zu begeben. Wenn wir zur Begebung einer solchen kommen, so wird es erst nah diesem Kalenderjahre sein, aller Wahr- sheinlihkeit nah auch nur in sehr mäßiger Höhe, und es ist möglich, daß an dieser Position niht unerheblich gespart werden fann. Ich glaube, es kann aber keine Veranlassung geben, diese Position zu ändern, weil das ja auf das nächste Etats- jahr gar keinen materiellen Einfluß hat, indem, wenn diese Position niht voll zur Verausgabung kommen würde, natürlih das veran- \hlagte Defizit und die demnächst zu erhebende Anleihe sih ver- ringert. Es hat diese Lage nicht in dem Maße vorhergesehen werden können als jeßt.

Der wesentliche Grund, warum unsere Kassenbestände gegenwärtig noch so hoch sind, liegt in der erheblichen Vermehrung der Cisenbahn- einnahmen in den vorangegangenen Monaten. Jch {äße gegen den Etat die Vermehrung der Einnahmen der Eisenbahn auf 36 bis 40 Millionen. (Hort bot) Und auf Grund dieser Jhatsachen und andererseits, daß wir ja den Fonds aus den Ueber- shüssen der Einkommensteuer zur Disposition haben, ist der Bedarf wesentlich verringert in Beziehung auf die Einziehung extra- ordinärer Mittel, und daher wird unzweifelhaft wohl dieser in Frage stehende Betrag in der veranschlagten Höhe zur Verausgabung nicht gelangen.

Meine Herren, ih benuße die Gelegenheit, indem ih annehme, daß in dieser Beziehung noch kein Beschluß dur eine Abstimmung stattgefunden hat, noh mit zwei Worten auf eine Position im Einnahme- fapitel, Kap. 22 Tit. 2, Gebühren für Eintragungen in das Staats- \{huldbuc, zurückzukommen, obwohl in der Kommission s{chon, wie ich hôre, darüber nähere Mittheilungen gemacht worden sind. Es ift mir aber doch für das Haus und auch für die Oeffentlichkeit von Interesse, hieran einige statistishe Bemerkungen zu knüpfen. Es sind hier die Einnahmen von Gebühren um 13 150 ( höher veranschlagt.

Meine Herren, die Eintragungen in das Stoatss{huldbuch sind in-einem so erfreulichen und \tetigen Fortschreiten begriffen, daß diese Erhöhung jedenfalls ganz unbedenklih ist. Es waren am 31. März 1893 im Staatsschuldbuhe 14295 Konten und 848 777 050 M Kapital eingetragen, und zwar gegen das Vorjahr mit 12 039 Konten über einen Gesammtbetrag von nur 687 645 000 M, also mehr in einem Jahre 2256 Konten mit dem Kapitalbetrage von 161 131 350 6 Man sieht also, in welchem steigenden Maße das Staats\huldbüch benußt wird.

Nun ist dabei von Interesse, zu vergleichen, auf welhe Beträge prozentual die einzelnen Konten lauten. Da sind vorhanden:

Anzahl auf ein Kapital also Prozent-

der Konten : (in Mark) von: zahl:

4 492 bis 4 000 31,4

3 055 4 000 bis 10 000 21,4

4 544 10 000 bis 50000 31,6

1 059 50 000 bis 100 000 7,4

944 100 000 bis 500 000 6,6

129 500 000 bis 1 000 000 0,9

102 über 1 000 000 0,7 Hieraus ergiebt sich klar, daß in sehr großem Maße auch geringere Kapitalien in das Staats\chuldbuh eingetragen werden, und zwar sind die gegen das Vorjahr verhältnißmäßig noch weiter gestiegen. Darin erblide ich einen großen Segen der Wirkung der Einführung des Schuldbuchs nicht bloß in Beziehung auf die größere Sicherheit und die Nothwendigkeit, größere Sicherheit zu suchen, ist ja bei den geringen Kapitalien naturgemäß am allergrößten —, sondern auch in Beziehung auf die Förderung der Sparsamkeit; denn naturgemäß die menschlihe Natur is nun mal so geht einem die Obligation, die man täglih in den Fingern hat, leichter durch die Finger, als wenn man Eintragungen hat beim Staatsshuldbuh. Nach allen

- Richtungen hin ift also diese Maßregel höchst erfreulih gewesen.

Mit dieser Entwickelung des pxeußishen Staats\{huldbuchs fonkurriert in glei erfreuliher Weise die Entwickelung des Staats- s{uldbuchs im Deutschen Reih. Jch habe augenblicklih die Zahlen

“nit im Kopf; aber in gléihem Maße wie das preußische hät das

Staatss{huldbuch des Reichs an Eintragungen zugenommen.

Ic habe geglaubt, diese Mittheilungen wären nicht bloß für den Landtag, sondern überhaupt für die Oeffentlichkeit von Interesse, weil es hoffentlih neue Anregung giebt, in noch größerem Maße als bisher von den Eintragungen in das Grundbuch Gebrauch zu machen,

Der Etat der Staatsschuldenverwaltung wird genehmigt.

Zu dem Etat der allgemeinen Finanzverwaltung erklärt der Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Zum Titel „Antheil an dem Ertrage der Zölle und der Tabacksteuer“ möchte ih nah den bisherigen Ergebnissen des laufenden Jahres hervorheben, daß wir den Antheil Preußens an dem Ertrage der Zölle und der Tabacksteuer nach den bisherigen Ergebnissen, natürli vorbehaltlih derjenigen Aenderungen, welche möglicherweise noch in den kommenden 3 Monaten dieses jeßigen Kalenderjahres ein- treten können, auf cinen Minderertrag von 34 Millionen {äßzen. Hier- nah werden sich wahrscheinlich das ist auch ein Grund, warum ih dies hervorhebe, weil es für Kommunalverbände immer von Interesse ist dic Ueberweisungen an die Kommunalverbände um 25 Millionen niedriger stellen, während für die Genéral-Staatskasse danah, wenn diese Schäßung zutrifft, ein Verlust von einer Million eintreten würde. Das sind natürlich nur Schäßungen, aber wir glauben doch, daß sie im wesentl:Gen und mit einiger Sicherheit zutreffend genannt

werden Tönnen. E /

Zu dem Etat der Ansiedelungskommission für Westpreußen und Posen liegt ein Antrag der Abgg. Motty und Genossen (Polen) vor: :

„Die Staatsregierung zu ersuchen, die baldthunliche Aufhebung des Geseßes vom 26. April 1886, betreffend die Beförderung deutscher Ansiedelungen in den Provinzen Westpreußen und Posen, dur eine entsprehende Vorlage in die Wege zu leiten.“

Abg. Motty (Pole) empfiehlt den Antrag, weil die Aufrecht- erhaltung des Gesetzes die Gleichberehtigung der Polen beeinträchtige. Wenn die Polen opponierten, würden sie getadelt; wenn sie mit der Megierung gingen, sei es auh nicht recht. Herr Rickert habe erklärt, daß er die Konkurrenz der L mit den Deutschen nicht fürchte. Weéhalb also die Unterdrückung der Polen ? Wozu die Aufrecht- erhaltung eines gegen die einsahe Existenz des Polenthums ge- rihteten Strafgeseßes, welches gegen die verfassungsrehtlihe Gleich- heit vor dem Geseß und auch gegen das eigentlihe Indigenat aller Reichsangehörigen verstoße. : /

Abg. von Puttkamer-Plauth (konf.): Die Polen stellen sich hier als ruhige Staatsbürger dar, während man draußen im Lande aus Anlaß der hundertjährigen Koszciuscofeier in den Blättern die Wiederherstellung Polens als das unabänderlihe Programm be- zeichnet. Das Ansiedelungsgeseß thut keinem Polen Gewalt an; es vollzieht sih alles auf dem Wege der Freiwilliakeit. Es handelt sich niht um einen Kampf gegen das Polenthum, sondern nur um den Schutz des Deutschthums, das der zielvollen Agitation des Polenthums nicht allein Widerstand leisten kann, zumal das leßtere vom Osten her fortwährend Zuzug erhielt. Dagegen richtetèn sich die Aus- weisungen als ein Aft der Nothwehr. Das Zusammengehen der Polen mit der Regierung erfüllt uns mit Mißtrauen, denn nur als Gegner sind die Polen ehrlih bei ihrem Programm. Der Antrag des Bor- redners findet hoffentlih bei der Regierung keine Zustimmung. Zu wünschen ist nur, daß das Ansiedelungsgeseß weniger fiékalish ge- handhabt werde, dann würde man s{hneller zum Ziele kommen.

Abg. Dr. P orsch (Zentr.): Das Zentrum wird, wie es das Ansiedelungsgeseß von Anfang an bekämpft hat, für die Aufhebung desselben stimmen, da es darin keinen Schutz des Deutschthums erblicken kann. Die Abstimmung der Polen für die Militärvorlage ist den Konservativen do) wohl sehr angenehm gewesen. _

Abg. Dr. Sattler (nl.): Die Ansiedelungskommission rettet bankerotte Landwirthe von dem Untergange, verbessert ihren Besiß und fördert .die Ansiedelung von kleineren Landwirthen. Begreifli wäre es, wenn andere Provinzen auch die Einrichtung folcher Kommissionen verlangten; die Klagen der Polen sind unbegründet. :

Abg. Parisius (fr. Vp.): Wir haben das Geseß bekämpft (Zuruf bei den Nationalliberalen: Leider!) und haben uns dessen ge- freut. Wir stimmen, da die Handhabung des Geseßes keinen Anlaß zum Lobe giebt, für den Antrag der Polen. S '

Abg. Dr. von Jazdzew ski (Pole): Die Ungerechtigkeit liegt darin, daß man den Polen nicht gestattet, von den Gütern der Ansiedelungs- fommission Kolonistenstellen zu erwerben. Die Polen können ihre nationalen Ideen niht aufgeben , sie müssen sich deshalb gegen alle Germanisierungsmaßregeln wehren. Die Artikel über die Koscziuscofeier stammen aus Galizien; wir sind dafür nicht verantwortlih. Die Ansiedler, welhe nah Posen kommen das fönnen die Gerichte bezeugen dienen nit dazu, bei uns die Kultur zu heben. Wir prüfen die Vorlagen der Regierung nah sachlichen Gesichtspunkten, rihten aber unsere Taktik so ein, daß sie uns nüßt, ohne der Allgemeinheit zu schaden. Die Regierung follte das feinen Zweck nicht erreihende Geseß aufheben. i

Abg. von Puttkamer-Plauth (kons.) nimmt. die Ansiedler gegen die Vorwürfe des Vorredners in Schuß und erklärt sih noch- mals gegen den Antrag.

Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden:

Meine Herren! Der bisherige Gang der Diskussion giebt mir nur zu wenigen Bemerkungen Anlß. |

Zunächst hat der Herr Abg. Dr. von Jazdzewski die Behauptung aufgestellt, daß das Geseß vom 26. April 1886, welches die Stärkung des Deutschthums in den polnischen Landestheilen bezweckt, seinen Zweck vollständig verfehlt habe. Diese Wahrnehmung hat die Staats- regierung niht gemacht; sie ist deshalb niht in der Lage, dem vor- liegenden Antrage näher zu treten. Hauptsählih fehe ich mich genöthigt, den Ausführungen des Herrn Dr. von Jazdzewski entgegenzutreten, welhe er bezüglich der Qualität der Ansiedler gemacht hat. Er glaubte, es sei genügend, wenn er die Behauptung aufstelle, die Qualität der Ansiedler sei eine geringe; sie trage nicht dazu bei, deutsche Gesittung und Kultur in den fraglichen Landes- theilen zu fördern, und das ergebe sih aus den zahllosen Streitig- keiten diéser Ansiedler vor Gericht; er provozierte auf die Kenntniß der Staatsregierung. Ich kann dem Herrn Abgeordneten erwidern, daß mir absolut nichts bekannt ist, was einer derartigen Behauptung zur Grundlage dienen könnte, und bis er die Güte hat, etwas Näheres in dieser Beziehung anzuführen, muß ich sie als unzutreffend zurückweisen. Es mögen Verwechselungen vorliegen; jedenfalls fann bei der Sorgfalt, welche seitens der Ansiedelungëkommission geübt wird in Bezug auf die Auswahl der Ansiedler und daraus folgt die Thatsache, daß verhältnißmäßig alljährlich wenige Ansiedler angeseßt werden diese beweislos hingestellte Behauptung meinerseits als zutreffend nicht anerkannt werden. Es wird vielmehr in den Berichten der Ansiedelungskommission das Gegentheil bezeugt und hervorgehoben, daß von Jahr zu Jahr fortshreitend sowohl die finanzielle als wirthshaftlihe Selbständigkeit und Tüchtigkeit der An-

siedler zunehme.

Dies führt mich zu der Anregung des Herrn von Puttkamer, es möchte seitens der Staatsverwaltung bei der Bemessung der Preise, zu welhen die einzelnen Güter an die Ansiedler überlassen

niht; aber nach dem Geseh sollen die Stellen den Ansiedlern untex angemessener S{àdloshaltung des Fiskus überwiesen werden. Wag unter dem Wort „angemessen“ im einzelnen Falle zu verstehen ist, mag dahingestellt bleiben, das wird forgfältig von der Ansiedelungs- kommission erwogen. Ich häbe geglaubt, daß im großen und ganzen die Ausführungen in den Berichten bezüglih der Höhe der Rente und des Preises, welhe dén einzelnen Ansiédlern auferlegt werden und die sich zwischen 2 und 3 9/6 des Anlagekapitals bewegen, ein Beweis dafür sind, daß seitens der Ansiedelungskommission nicht fiskalifch verfahren wird. Sollte im einzelnen Falle au das zu hoh erscheinen je nah den gegebenen Verhältnissen, so wird, davon bin ih überzeugt, ‘die An- siedelungskommission au kein Bedenken tragen, noch tiefer herabzu- gehen. Denn das erkenne ih mit Herrn von Puttkamer-Plauth voll- kommen an: der Zweck ‘der ganzen Maßregel ist, lebensfähige Ge- meinden zu schaffen. Der vorliegende Bericht gewährt den Nachweis, daß dieser Zweck erreicht wird.

Der Etat der Ansiedlungskommission . wird genehmigt.

Bei Berathung der Denkschrift über die Thätigkeit der Ansiedlungskommission im Jahre 1893 bemängelt

Abg. Szmula (Zentr.), daß man die Leute aus Oberschlesien bei der Ansiedelung nicht zulasse, weil sie als Polen angesehen würden, während die Regierung bestreite, daß sie Polen seien. Katholiken scheine man nicht O zu wollen, denn den 1257 Evangelischen ständen nur 130 Katholiken gegenüber. Redner führt einen Spezialfall an, in welhem ein aus dem Auslande zurückkehrender Deutscher von der Kommission hin- und hergeschickt worden sei, ohne sch{ließlich zur Ansiedlung zu kommen.

Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden:

Wenn ich den Herrn Vorredner richtig verstanden habe, so handelt es sih um einen geborenen Deutschen, der längere Zeit im Ausland gelebt hat, dort angesiedelt gewesen is, dann seinen Besitz verkauft hat und ih habe nicht vernehmen können, ob nah vor- heriger Verständigung mit der Ansiedelungskommission oder auf gut Glück sich nunmehr als Ansiedler gemeldet hat. Er soll von der Ansiedelungskommission an verschiedenen Stellen hinausgeschickt sein, wo er ein Gut erwerben könne, \{chließlich aber die von ihm aus- gesuhte Stelle niht erhalten haben, weil die Situation nicht für katholische Ansiedelung bestimmt sei. Von dem Fall ist mir nichts bekannt; ih kann aber dem Herrn Vorredner erwidern, daß bezüglih der Seßhaftmahung lkatholisher Ansiedler keine ges- heimen Ordres bestehen, und daß die Ansiedelungskommission keine Geheimnisse betreibt und niht zu treiben hat. Dagegen ist in diesem Hause wiederholt erörtert und allseitig gebilligt, daf man nicht konfessionell gemishte Gemeinden bilden soll. So i bisher verfahren und so find auch verschiedene katholishe Gemeinden entstanden und besiedelt, was dem Herrn Vorredner ja bekannt ist.

Was in diesem Fall die Veranlassung gewesen iff wie ih nah den Aeußerungen des Herrn Vorredners annehmen muß —, daß zuerst an dem von ihm bezeichneten Ort eine katholische Ansiedelung beabsihtigt war, demnächst eine evangelische stattgefunden hat, ist mix nicht bekannt. Möglich ist es, daß Schwierigkeiten entstanden sind auf dem kirhlicen Gebiete, daß man bei Bildung katholischer deu t- \cher Gemeinden selbstverständlich auch verlangt hat, daß eine deutsche Pastorierung der Ansiedler stattfinden müsse. Ob nah der Nichtung Schwierigkeiten entstanden sind, sodaß man niht zum Anschluß an bestehende Pfarreien oder zu selbständigen Parochialbildungen hat kommen können, entzicht fih meiner Beurtheilung. Wenn aber der Herr Vorredner mir sein Material übergiebt, werde ich mich in- formieren.

Was er sonst noch von einer angeblichen Aeußerung des Präsi- denten der Ansiedelungskommission über ihn gesagt hat, kann ih übergehen. Er hat sich aber gewundert, daß in einzelnen der über 50 besiedelten Güter Armenhäuser gebaut und den bis jeßt gebildeten 98 Gemeinden die Armenhäuser mitüberwiesen sind. Er meint, das werfe wieder ein {lechtes Licht auf die Qualität der Ansiedler. Ja, meine Herren, es sind do vor diesen Ansiedlern auch {on Menschen in den Ortschaften gewesen, und es handelte sih um die Unterbringung der vorhandenen Ortsarmen. Die sind aus den verschiedenen Gütern in einzelne Armenhäusfer unteraebraht. Indem fo für die vorhandenen Ortsarmen gesorgt ward, konnte man erreichen, daß, wenn diese Armen, die jezt zum größten Theil von der Ansiedelungskommission erhalta werden, ausgestorben sind, die Gemeinden sich dann im Besiß voi Armenhäusern befinden. Meine Herren, daß das für die Gemeinden angenehm ist, liegt in der Natur der Sache, sodaß darüber kaum ein Wort verloren zu werden braucht.

Abg. Dr. von Jazdzewski (Pole) macht auf die Bedenken auf- merfsam, e: die Verlegung evangelischer Pfarreien in bisher fatho-

ringe. ait A t die Denkschrift durch Kenntnißnahme für erledigt erklärt. : Der Antrag Motty wird gegen die Stimmen der Polen, des Zentrums und der Freisinnigen abgelehnt. Schluß 41/4 Uhr. Nächste Sizung Dienstag 11 Uhr.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrunzs- Máßregeln.

Brasilien. y

Durch Verordnung des Ministers des Innern vom 3. v. M. find die Häfen ven Palermo und Catania für rein von Cholera erklä worden. Schiffe, welche vom 27. Januar d. J. ab aus diesen Häfen abgegangen sind, werden nach einer strengen ärztlichen Untersuchung in Brasilien He e Verkehr zugelassen (vgl. „R.-Anz.“ Nr. 26 vom 30, Januar d. 5), l

Vornar E durch Verordnung des Ministers des Innern von! 1. v. M. alle Häfen Rußlands für holeraverdähtig erklärt. Die eil dem 28. Dezember v. J. aus diesen Häfen abgegangenen Schiffe haben sich bei ihrer Ankunft in den brasilianischen Gewässern nach der Ilha Grande. zu begeben und sich dort der vorfsristsmäßigen fanitäro Behandlung zu unterziehen. E

Rom, 5. März. Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“ aus Rio de Janeiro ist der dortige italienische Konsul gestern am gelben Fieber gestorben. An demselben Tage sind dort 200 Personen an der Seuche erkrankt.

Verdingungen im Auslande.

Dänemark. | 14, März, 12 Uhr. Hafenverwaltung (Havneforvaltninge Contoir, 'Toldboden) Kopenhagen: Lieferung von Eisenguß- ue Schmiedearbeit 2c. zur Aufführung eines Packhauses im hiesigen Fr hafen. Bedingungen und Zeichnungen erhältlich (wochentägll 11—1 Uhr) an Ort und Stelle gegen Hinterlegung von 50 Kron L die bei Einlieferung ‘eines Angebots und Rückgabe der Bedingungen l

werden, nicht zu fiskalisch verfahren werden. Das geschieht äu

zurückerstattet werden.

Zweite Veilage

zum Deuischen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

i D.

Berlin, Dienstag, den 6. März

894,

Parlamentarische Nachrichten.

Der dem Herrenhause vorgelegte Geseßent wurf, betreffend das Pfandrecht an M e Ende hnen und Kleinbahnen und die ZwangsvollstreckEung in dieselben, hat folgenden Worlaut:

Erster Abschnitt. Bahneinheit.

§ 1. Privateisenbahnen, welche dem Gesetze über die Eisenbahn- unternehmungen vom 3. November 1838 (Geseß-Samml. S. 505) unterliegen, und Kleinbahnen 1 des Geseßes vom 28. Juli 1892 über Kleinbahnen und Privatanschlußbahnen, Geseßz-Samml. S. 225) bilden mit den dem Bahnunternehmen gewidmeten Vermögenswerthen als Einheit (Bahneinheit) einen Gegenstand des unbeweglichen Ver- mögens, falls der Unternehmer verpflichtet ist, für die Dauer der ihm ertheilten Genehmigung das Unternehmen zu betreiben.

§ 2. Jedes Bahnunternehmen, für welches eine besondere Ge- nehmigung ertheilt ist, ist als eine selbständige Bahneinheit anzusehen. Ist jedo ein Bahnunternehmen nach den Bestimmungen der für das- selbe ertheilten Genehmigung einheitliß mit einem anderen bereits bestehenden Bahnunternchmen (Stammbahn) zu betreiben, so bildet es ein Zubehör des leßteren.

Wer zur Verfügung über eine Bahn berechtigt ist und in welchem Umfange das Verfügungsreht ausgeübt werden kann, bestimmt sich nah den geseßlichen Vorschriften und dem Inhalte der Genehmigung.

§ 3. Die Bahneinheit entsteht, sobald die Genehmigung zur Eröffnung des Betriebs auf der ganzen Bahnstrecke ertheilt ist. Sie hört auf mit dem Erlöschen der Genehmigung für das Unternehmen, wenn jedo die Bahn im Bahngrundbuch eingetragen ist, erst mit der Schließung des Bahngrundbuchblatts.

Als ein Erlöschen der Genehmigung im Sinne des Gesetzes ist die Verwirkung derselben in Gemäßheit des § 47 des Gesetzes vom 3, November 1838 nit anzusehen. Dagegen steht es dem Erlöschen der Genehmigung glei, wenn in einer Zwangsversteigerung ein wieder- holter Versteigerungstermin nicht zur Ertheilung eines Zuschlags 45 Sab 1) geführt hat.

§ 4. Zur Bahneinheit gehören: 1) Der Bahnkörper und die übrigen Grundstücke, welhe dauernd, unmittelbar oder mittelbar, dem Bahnunternehmen gewidmet sind, mit den darauf errichteten Baulich- keiten, sowie die für das Bahnunternehmen dauernd eingeräumten Nechte an fremden Grundstücken. 2) Die von dem Bahnunternehmer angelegten, zum Betriebe und zur Verwaltung der Bahn erforderlichen Fonds, die Kassenbestände der laufenden Bahnverwaltung, die aus dem Betriebe des Bahnunternehmens unmittelbar erwachsenen Forderungen und die Ansprüche des Bahnunternehmers aus Zusicherungen Dritter, welche die Leistung von Zuschüssen für das Bahnunternehmen zum Gegenstande haben. 3) Die dem Bahnunternehmer gehörigen be- weglichen körperlichen Sachen, welche zur Herstellung, Erhaltung oder Erneuerung der Bahn oder Bahngebäude oder zum Betriebe des Bahn- unternehmens dienen. Dieselben gelten, einer Veräußerung ungeachtet, als Theile der Bahneinheit, so lange sie sih auf den Bahngrundstücken befinden, rollendes Betriebsmaterial auch nah der Entfecnung von den Bahngrundstücken, so lange dasselbe mit Zeichen, welche nah den Verkehrsgebräuchen die Annahme rechtfertigen, daß es dem Eigen- thümer der Bahn gehöre, verschen und dem Bahnbetriebe nicht dauernd entzogen ist.

So lange die Bahn nit in das Bahngrundbuch eingetragen ist, ra nur diejenigen Grundstücke, welche mit dem Bahnkörper zufammen- )ängen oder deren Widmung für das Bahnunternehmen fonst äußerlich erkennbar ist, als Theile der Bahneinheit. Nach der Anlegung des Bahngrundbuchblattes gehören außerdem alle auf dem Titel desselben verzeichneten Grundstücke zur Bahneinheit. Die Entscheidung darüber, ob cin vom Bahnunternehmer angelegter Fonds zum Betrieb und zur Verwaltung der Bahn erforderlih ift, steht der Bahnaufsihts- behörde zu.

§ 5. Veräußerungen oder Belastungen einzelner zur Bahneinheit rger Grundstücke sind ungültig, soweit niht die Bahnaufsichts- ehörde bescheinigt, daß durch die Verfügung die Betriebsfähigkeit des Bahnunternehmens nicht beeinträchtigt wird. Sobald die Genehmigung für das Unternehmen erloschen ift, können Veräußerungen oder Be- lastungen ohne diese Bescheinigung erfolgen, jedoch unbeschadet der an der Bahn begründeten Pfandrechte 20). Hinsihtlih der unter Grundbuchrecht stehenden Grundstücke kann die durch die Zugehörigkeit zur Bahneinheit begründete Verfügungsbeshränkung gegen den Erwerber nur unter der Vorausfeßzung geltend gemacht werden, daß die Zugehörigkeit des Grundstücks zur Bahneinheit ihm bekannt oder im Grundbuch vermerkt war.

Dadurch, daß ein dem Bahnunternehmen gewidmetes Grundstück bon dem Eigenthümer einem anderen Zwecke dauernd gewidmet wird, hört es nicht auf, ein Theil der Bahneinheit zu sein, soweit nicht die im vorstehenden Absage bezeihnete Bescheinigung ertheilt wird.

__§ 6. Die Verfolgung dinglicher Rechte an einzelnen, zur Bahn- einheit gehörigen Grundstücken findet nur statt, soweit die Bahn- aufsihtsbehörde bescheinigt, daß dur die Verfolgung die Betriebs- fähigkeit des Bahnunternehmens nicht beeinträchtigt werde.

5 Wird die Bescheinigung versagt, so kann der Berechtigte gegen Aufgabe seines Rechts von dem Eigenthümer der Bahn eine Ent- châdigung fordern, welhe sich nach den Vorschriften über die Ent- chädigung für den Fall der Enteignung bestimmt.

§ 7. Die Vorschriften der 5 und 6 finden auf die Veräuße- rung und Belastung der für das Bahnunternehmen dauernd eîïn- geräumten Rechte an fremden Grundstücken, auf die Verfolgung ding- icher Rechte an diefen Rechten, sowie auf den Widerspru des ions des Grundstücks gegen die Geltendmachung dieser Rechte entsprechende Anwendung.

Zweiter Abschnitt.

a Bahn geLundbüMeLr.

§8. Für die in § 1 bezeihneten Bahnen find Bahngrundbücher zu führen. Die Eintragung einer Bahn in das Bahngrundbuch kann bon dem Eigenthümer beantragt werden, sobald die Bahneinheit ent- standen ist 3). Der Antrag ist an die Bahnaufsichtsbehörde zu ridten, welche das Amtsgericht 10) um die Eintragung zu ersuchen Hat. Veräußerungen oder Belastungen einer Bahneinheit können erst nah agung derselben in das Bahngrundbuch i Im Falle der Zwangsvoll treckung geschieht die Eintragung von Amtswegen auf rsuchen der Bahnauf ihtsbehörde 34 Abs. 3).

J, Auf das Verfahren bei Führung der Bahngrundbücher finden die Vorschriften der Grundbuchordnung vom 5. Mai 1872 (Geseß-Samml. S. 446) und der dieselbe ergänzenden und ab- ändernden Gesetze entsprechende Anwendung, soweit niht in diesem Gesetze ein Anderes bestimmt 16. Die Vorsbtiften der Einführungs- peseve zur Grundbuchordnun mit Aus\{chluß der Bestimmungen über le “tian der Grundbücher „find in ihrem Geltungsbereich au hin ihtlich der Bahngrundbücher maßoebend. Für die An- wendung dieses Geseßes sind der Kreis Herzogthum Lauenburg a die Insel Helgoland als zum Geltungsbereih des Gesetzes om 27. Mai 1873 über das Grundbuhwesen und die Ver- Psändung von Seeschiffen in der Provinz O Ten

ese: amml. S. 241) und die vormals Großherzogli hessischen Lan eôtheile, das vormals Landgräflich hessishe Amt Homburg, Fe vormalige Herzogthum Nassau und die vormals freie Stadt rankfurt als zum Geltungsbereih des Geseßes vom 29. Mai 1873

über das Grundbulhwesen in dem Bezirke des Appellationsgerichts zu Cassel mit Ausfluß des Amtsgerichtsbezirks von Vöhl (Geseß-Samml. S. 273) gehörig anzusehen.

§ 10. Für die Bahngrundbücher kommt das Formular 1 zur

Grundbuchordnung zur Anwendung. Jede selbständige Bahneinheit erhält, unbeschadet der Anwendung des §8 13 der Grundbuchordnung, ein eigenes Grundbuchblatt. Bahnen, welche gemäß § 2 als Zubehör einer anderen Bahn anzusehen sind, werden der Stammbahn als Zu- behör zugeschrieben.

Die Eintragung der Bahn erfolgt in dem Bahngrundbuch des Amtsgerichts, ‘in dessen Bezirk die Hauptverwaltung des Bahnunter- nehmens ihren Siß hat. Befindet sih der Siß der Hauptverwaltung nicht innerhalb des preußischen Staatsgebiets, so wird das zur Füh- rung des Bahngrundbuchs zuständige Amtsgericht durch den Justiz- Minister bestimmt.

S 11. In den Titel des Grundbuchblatts ift eine Beschreibung des Ba hnunternehmens aufzunehmen. Dieselbe hat den Anfangs- und End punkt der Bahn und den übrigen wesentlihen Inhalt der Geneh- migung, insbefondere eine etwaige Begrenzung der Zeitdauer für das Bauunternehmen zu enthalten.

_ Vei Aktiengesellschaften ist der Betrag des Grundkapitals, bei Kommanditgesellschaften auf Aktien der Betrag des Gesammtkapitals der Kommanditisten, bei Gesellschaften mit beshränfkter Haftung der Betrag des Stammkapitals, bei Genossenschaften mit beschränkter Haftpflicht der Betrag der Haftsumme anzugeben. Von der Geneh- migungs-Urkunde sowie von den Statuten ist eine beglaubigte Abschrift zu den Grundakten zu nehmen.

„In den Titel sind ferner folgende Angaben aufzunehmen: 1) die Länge der auf eigenem und der auf fremdem Grund und Boden be- legenen Bahnstrecke; 2) der Betrag des zur Anlage und Ausrüstung der Bahn verwendeten Kapitals, (Baukapitals); 3) die katastermäßige Bezeichnung derjenigen zur Bahneinheit gehörigen Grundstücke, deren Widmung für das Bahnunternehmen weder aus ihrem Zusammenhange mit dem Bahnkörper noch fonst äußerlich erkennbar ist. Soweit die Grundstücke in Grundbüchern oder anderen gerichtlichen Büchernver- zeichnet sind, ist auch das Grundbuchblatt oder die sonstige buchmäßige Bezeichnung derselben anzugeben; 4) die zur Bahneinheit gehörigen Fonds; 5) die über das Antheilsverhältniß an Gegenständen, welche mehreren Bahnunternehmen dienen, getroffenen Bestimmungen ; 6) der Betrag der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben eines jeden Ge- schäftsjahres.

__ Die nähere Einrichtung des Titels wird durch den Fustiz-Minister bestimmt. |

§ 12, Der Vermerk von Grundstücken auf dem Titel seßt den Nachweis voraus, daß das Grundstück dem Bahneigenthümer gehört und frei von Pfandrechten ist. Sofern für das Grundstück das Grundbuchrecht maßgebend ist, wird dieser Nachweis dur Vorlegung einer zu den Grund- alten zu nehmenden beglaubigten Abschrift des Grundbuchblatts ge- führt. Bei anderen Grundstücken hat das Amtsgericht nah Maß- gabe des in den einzelnen Landestheilen geltenden Nechts auf Grund der ihm vorzulegenden Auszüge aus den über die Eigenthumé- und Belaslungsverhältnisse des Grundstücks geführten Büchern zu ent- scheiden, ob der Nachweis als geführt zu erachten ist. Auf Erfordern des Amtsgerichts ist èine Bescheinigung des Ortsvorstandes oder der fonst zur Ausstellung solcher Bescheinigungen berufenen Behörde über den Eigenthumsbesiß und die bekannten dinglichen Rechte beizubringen. Auch kann von dem Amtsgericht eine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung von Eigenthums- und anderen Ansprüchen erlassen werden.

Ist dem Amtsgericht bei der von ihm vorgenommenen Prüfung bekannt geworden, daß auf dem Grundstücke andere dingliche Nechte als Pfandrechte lasten, so darf der Vermerk auf dem Titel nur statt- finden, falls von der Bahnaufsichtsbehörde bescheinigt wird, daß diese Nechte mit der Betriebsfähigkeit des Bahnunternehmens vereinbar find.

§ 13. Das Ersuchen der Bahnaufsichtsbehörde um Anlegung

des Bahngrundbuchs 8) muß die Person des Bahneigenthümers und die in § 11 Abs. 1 bezeichneten Angaben enthalten. e Aufnahme der übrigen nah § 11 erforderlichen Angaben, sowie die Abänderung von Angaben des Titels erfolgt gleichfalls auf Ersuchen der Aufsichtsbehörde. Den Ersuchen sind die Genehmigungs- urkunde und die Statuten in Urschrift oder in beglaubigter Abschrift, E in § 12 bezeichneten beglaubigten Abschriften und Auszüge eizufügen.

Der Bahneigenthümer ift verpflichtet, der Aufsichtsbehörde die zur Erwirkung der Eintragungen erforderlihen Angaben und Urkunden zu liefern und kann zur Beibringung derselben von der Bahnaufsichts- behörde angehalten werden. Von der leßteren ist die Uebereinstim- mung der Angaben in Betreff des Baukapitals, sowie in Betreff der jährlihen Betriebscinnahmen und Betriebsausgaben mit den Ab- [hlüssen der ihr von dem Bahneigenthümer vorzulegenden Rechnungs- bücher zu bescheinigen. i

§ 14. Von dem Erlöschen der Genehmigung hat die Bahnauf- sihtsbehörde dem Amtsgericht Kenntniß zu geben, von welchem das Grundbuchblatt geschlossen wird, wenn keine Pfandrehte im Bahn- grundbuche eingetragen sind. Sind Pfandrechte eingetragen, so wird das Erlöschen der Genehmigung vom Amtsgeriht im Bahngrund- buche vermerkt und öffentlih bekannt gemaht. Die Schließung des Bahngrundbuchblatts erfolgt in diesem. Falle bei der Löschung der eingetragenen Pfandrehte oder nah Beendigung des Zwangsliquida- tionsverfahrens und, wenn ein solches bis zum Äblauf von sechs Mo- naten seit der Bekanntmachung des Erlöschens der Genehmigung nicht eröffnet ist, zu diesem Zeitpunkte.

8 15. Nach Anlegung des Bahngrundbuchs ist die Zugehörigkeit eines Grundstücks zur Bahneinheit in dem über das Grundstück ge- führten Grundbuche oder Stockbuche oder in dem in der vormals freien Stadt E geführten Verbotsbuche einzutragen. Nah Auf hören der Bahneinheit ist der Vermerk unter gleichzeitiger Eintragung eines Le eine Veräußerung derselben eingetretenen Eigenthunidwechels zu

öschen.

Der Bahneigenthümer is verpflihtet, die Eintragung und Löschung zu beantragen, und kann hierzu von der Bahnaufsichtsbehörde angehalten werden. Soweit die Grundstücke auf dem Titel des Bahn- grundbuchblatts vermerkt sind, wird die Eintragung und Löschung: von A “n Bahngrundbuch führenden Amtsgericht von Amtswegen ver- anlaßt.

Vor dem Auf hören der Bahneinheit kann der Vermerk über die Zugehörigkeit eines Grundstücks zn derselben nur mit Zustimmung der Bahnaufsichtsbehörde oder des Liquidators im Falle der Zwangs- liquidation gelös{t werden.

In den vormals Großherzoglich Hessishen Landestheilen, in dem vormals Landgräflih Hessishen Amte Homburg und in den Land- rauf der vormals freien Stadt Frankfurt tritt an die Stelle des

ermerks im E und der Löschung desselben eine von dem Amtsgerichte, in dessen Bezirk das Grundstück belegen ist, dem Orts- A De über die Dugehorigteit zur Bahneinheit und das uf hören derselben zu mahende Mittheilung. § 16. Zur Tragung der Kosten der in diesem Abschnitte erwähnten Eintragungen und Löschungen ist der Bahneigenthümer verpflichtet.

Es werden erhoben für die Anlegung des Bahngrundbuchs die in S 11 des Kostentarifs zur Grundbuchorbnung bestimmten Säge, für

den Vermerk des Erlöschens der Gene ms einschließli der öffent-

lien Bekanntmachung desselben der Saß §3 c:

und für die Schließung des Bahngrundbuchblatts der Saß § 3 c 2. |

getretenen Eigenthumswehsels in dem über ein Bahngrundstück ge- führten gerichtlichen E erfolgt f Eee

E ritter Abschnitt.

Dingliche Rehtsverhältnisse an Bahnen im allgemeinen

8 17. Auf den Erwerb des Eigenthums und der sonstigen dinglichen Rechte an der Bahneinheit, den Umfang, die Wirkung, Uebertragung und Auf hebung diefer Nehte finden, soweit niht dieses Gesetz ein anderes bestimmt, im ganzen Umfange der Monarchie die in den Grundbuchgeseßen für Grundstücke gegebenen S, Anwendung. Neben denselben kommen die am Site des für die Führung des Bahn- grundbuchs zuständigen Gerichts geltenden Vorschriften der Einführungs- geseße und die nah Maßgabe der Grundbuchgefeßze und der Einführungs- geseße an diesem Orte noch geltenden Vorschriften des bisherigen Immobiliarsachenrehts zur Anwendung. Der Geltungsbereih der Geseg ungögeseße bestimmt sich nach den Vorschriften in § 9 dieses

Seseßes.

§ 18. Die Angaben des Bahngrundbuchs über die Zugehörigkeit von Grundstücken zur Bahneinheit gehören nicht zu dem Inhalte des Grundbuchs, auf welchen fih die Vorschriften über die Nechtswirkung des Erwerbs in gutem Glauben erstrecken.

§ 19. Die Eintragung einer Hypothek oder Grundschuld an einer Bahn (Bahnpfandschuld) kann auf Grund einer vor der Eintragung der Bahn in das Bahngrundbuch von dem Eigenthümer erklärten Be- willigung erfolgen.

__ H 20. Nach dem Erlöschen der Genehmigung stehen den Bahn- pfandgläubigern an den zu diesem Zeitpunkt zur Bahneinheit gehörigen Gegenständen die Rechte eines Hypotheken- oder Grund\chuld- Glaubigers bezügli der Grundstücke und die Rechte eines Faustpfand- gläubigers bezüglich der beweglichen Gegenstände zu. Diese Rechte er- löschen mit der Schließung des Bahngrundbuchblatts.

Bierter Abschnitt. Theilschuldvershreibungen auf den Inhaber.

㤠21. Eine Bahnpfandschuld kann ohne Bezeichnung des

Gläubigers im Bahngrundbuch eingetragen werden, wenn die Schuld in Theile zerlegt und die Genehmigung zur Ausstellung von Theil- \huldverschreibungen auf den Inhaber ertheilt ist. In diesem Falle sind in der Eintragung neben dem Gesammtbetrage die Theilschuld- vershreibungen nah Anzahl, Bezeichnung und Betrag anzugeben. Ft ein Tilgungsplan vorhanden, so bedarf es nicht der Angabe der Zahlungsbedingungen in der Eintragung, sondern es genügt die Ver- weisung auf den zu den Grundakten zu nehmenden Pl: Die Vor- legung einer Schuldurkunde ist au dann nicht erforderlih, wenn der Schuldgrund bei der Eintragung angegeben wird. 2 § 22. Auf die Ausstellung der Theilschulbpersreibinian auf den Inhaber. finden die Vorschriften des Ge}eßes vom 17. Juni 1833 wegen Ausstellung von Papieren, welche eine Zahlungsverpflihtung an jeden Inhaber enthalten (Geseß-Samml. S. 75), Anwendung.

8 23. Die Eintragung der Theilschulden ist öffentlich bekannt zu machen. Die Bildung eines Hypotheken- oder Grunds{huldbriefes findet nicht statt. Zur Geltendmachung der Rechte aus der Ein- tragung ift der Inhaber der Theilshuldverschreibung berechtigt.

§ 24. Eine für einen bestimmten Gläubiger eingetragene Bahn- pfandschuld fann mit Zustimmung des eingetragenen Eigenthümers in Theile ohne Bezeichnung der Gläubiger zerlegt werden. Die "Um- wandlung ift unter Vernichtung der Urkunde, welhe über die Bahn- pfandshuld gebildet war, in das Bahngrundbuch einzutragen. Die Vorschriften der §S 22, 23 finden Anwendung.

Theilabtretungen einer für einen bestimmten Gläubiger eingetra- denen Bahnpfandschuld können ohne Bezeichnung des Erwerbers nicht erfolgen. i:

§9 29. Zur Löschung von Theilshulden hat der Eigenthümer eine gerichtliche oder notarielle Urkunde über die durch ihn erfolgte Ver- nihtung der Theilschuldvershreibungen beizubringen. Im Falle einer Kraftloserklärung derselben ist außer dem Auésclußurtheile die Löschungs- bewilligung desjenigen, der das Ausschlußurtheil erwirkt hat, beizubringen. L Pre: Sie E fs 0 f, bezeihneten Urkunden wird ur) die unter Verzicht auf Zurücknahme erfolgte Hinterlegung de Betrages der fälligen Theilshuld ersett. S E __§ 26. Soweit nicht nah Inhalt der Urkunde 25) au die Vernichtung der für die Theilshuldvershreibungen aus egebenen Zins- scheine erfolgt ist, sind die leßteren vorzulegen. Zinsscheine über ver- jährte Dinsen brauchen nicht vorgelegt zu werden.

Die Vorlegung der nah der Fälligkeit der Theilshuld fällig werdenden Zinsscheine ist im Falle des § 25 Abs. 2 nicht erforderlich, in anderen Fällen nur insoweit, als der Aussteller zur Einlösung troß der Fälligkeit der Hauptschuld verpflichtet ist.

Die Vorlegung eines Zinsscheins wird dur die unter Verzicht auf Zurücknahme erfolgte Hinterlegung des Betrages desfelben erseßt. Die Vorschriften des § 96 der Grundbuchordnung finden auf die Zins- scheine entsprechende Anwendung.

adt 27. Die Löschung der Theilshuld is öffentlih bekannt zu machen.

_H 28. Die Rechte aus Theilschuldvershreibungen können nah Einleitung der Zwangsverwaltung oder der Zwangsversteigerung oder in dem Falle des Konkursverfahrens oder der Zwangsliquidation dur Beschluß einer Versammlung der Gläubiger ganz oder theilweise auf- gegeben werden.

§ 29. Die Versammlung der Gläubiger wird dvrch das Gericht berufen. Die ung findet statt, wenn fle unter Angabe des Zwecks, sowie unter Einzahlung eines zur Deckung der Kosten hinreichenden Betrages von Gläubigern, deren Theilschuldverschreibungen zusammen den 25. Theil des Betrages der Bahnpfandschuld darstellen, oder von dem Eigenthümer der Bahn oder dem Konkursverwalter beantragt oder von der Bahnaufsichtsbehörde verlangt wird.

Die Berufung erfolgt dur öffentliche Bekanntmachung derselben unter Angabe des Zwecks.

Find n en Ÿ Diuns e E n des Gerichts

ndet Beschwerde na aßgabe der deutschen Zivilprozeßordnun (SS 931 bis 538) statt. N N R Die Versammlung findet unter Leitung des Gerichts statt. _ Der Beschluß P 28) wird nah Mehrheit der Stimmen gefaßt. Stimmenmehrheit ist vorhanden, wenn die Mehrzahl der im Termine anwesenden Gläubiger ausdrücklich zustimmt und die Gesammtsumme der Theilshuldbeträge der Zustimmenden wenigstens drei Viertheile der Gesammtsumme der Bahnpfandschuld beträgt. Gezählt werden nur die Stimmen der Gläubiger, welhe die Theilschuldvershreibungen nach Anordnung des Gerichts hinterlegt haben.

31. ¿Der E der U ag der Bestätigung des Gerichts. Auf die Bestäti ung, deren Wirkung und Anfechtung finden die Bestimmungen der §8 168, 170 Abs. 2, 171, 172 Nr. 1, 173, 174, 178, 181, 182 der Deutschen Konkursordnung entf rechende Anwendung. Der Antrag auf its des Beschlusses, sowie die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung über die Bestätigung desselben steht jedem Inhaber einer Theilshuldverschreibung zu. Der re R bestätigte Beschluß is in Ausfertigung zu den Grund- akten der d l brin mes ft Bestäti ved

Vor der rechtskräftigen Bestätigung des Beschlusses findet auf Grund desselben eine endgültige Eintragung im Sa S nicht ftatt. Zur Steaung, edarf es nihcht der Vorlegung der in den §§ 29, 26 bezeichneten Urkunden. Die Eintragung ist ffentlich bekannt zu machen. j § 33. Für die Erledigung der dem Gerichte in den §8 29 bis

Die Eintragung des infolge einer Veräußerung der Bahn ein-

31 zugewiesenen Thätigkeit wird eine Gebühr in Höhe von drei Zehn-