1894 / 60 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 10 Mar 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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\{wierig ist, den Einfluß mit zu veranschlagen, den die neue Linie auf die alten Linien autübt, und aus diesem Grunde hat man \ich hier entshlossen, die Reineinnahmen zu Grunde zu legen. Meine Herren, man kommt im gegenwärtigen Fakl auf ein und dasselbe Resultat. Ich habe hier die Berehnung nach den Bruttoeinnahmen und die Berechnung nah den Neineinnahmen, und diese weichen nur ungefähr um 20000 Æ von einander ab. Also in diesem Falle ist die Frage nicht von praktisher Bedeutung. Ich gebe aber vollständig zu, daß man zweifelhaft sein kann, welhem von diesen Wegen der Vorzug zu geben sein möchte. JIch möchte noch mittheilen, daß: die Art und das Ergebniß der Veranschlagung auch mit dem bei den preußischen Staatsbahnen übereinstimmen. Ich möchte daher glauben, daß, \o- weit als es bei einer Schäßung überhaupt möglich ist, die Veran- \{lagung als richtig angesehen werden fann.

Abg. Freiherr von Stumm (Rp.) erklärt, daß er und die meisten Abgeordneten, dêr Abg. Dr. Hammacher vielleicht ausgenommen, nicht beunruhigt seien. Die Fragen hätten doch wohl besser in der von dem Abg. Dr. Hammacher Telbst beantragten Kommissionsberathung erledigt werden können.

Abg Dr. Hammacher (nl.): Jh weiß nit, ob sie in der Kommission erledigt find; der Referent hat davon nichts mitgetheilt ; ih konnte sie niht anregen, weil ih niht Mitglied der Kommission war.

Abg. von Kardorff (Npy.) erklärt, daß der Abg. Dr. Hammacher ursprünglich Neferent in der Kommission war, daun aber auüsschied. Ein anderer hat diefe Dinge nicht angeregt.

Abg. Dr. Hammacher (nl.): Ich schied aus, weil ich als Vor- fißender der Handelsvertragskommission in Anspruch genommen .war.

Die einmaligen Ausgaben werden genehmigt. Die Peti- tionen verschiedener Eisenbahnbeamten werden durch Ueber- gang zur Tagesordnung erledigt, nahdem der Abg. Dr. Ham- macher eine Berücksichtigung der Wünsche der 1871 über- nommenen Eisenbahnbeamten empfohlen und der Geheime Regierungs-Rath im Reichsamt für die Verwaltung der Reichs- Eisenbahnen Wackerzapp eine wohlwollende Prüfung in Aussicht gestellt hatte. 4

Der Etat des Reihs-Schaßamts, soweit er nicht der Budgetkommission überwiesen ist, wird ohne Debatte erledigt.

Beim Etat des Neichstags behält sich der Abg. Dr. Lieber (Zentr.) einen Antrag vor, die Ausgaben zu erhöhen, um im neuen Neichstagsgebäude ausreichende Handbibliothekten zu beschaffen. i

Der Etat wird genehmigt.

Es folgt die Berathung der ausgeseßten drei Titel der einmaligen Ausgaben für die Marineverwaltung: je cine Million Mark erste Rate für ein Panzerschiff „Ersaß Preußen“ und für einen Kreuzer „Ersaß Leipzig“ und 1 200 000 4 erste Nate für einen Aviso „Ersatz Falke“.

Referent Abg. Dr. Lieber (Zentr.) führt aus, daß die drei ge- nannten Schiffe, namentli aber „Preußen“, so lange in Betrieb sind, daß die Periode, für welhe man sie als tüchtig halten kann, bald ab- gelaufen ist, sodaß gerade noch Zeit für den Ersatbau bleibt. Eine Ueberstürzung des Baues folle niht stattfinden; im Gegentheil, die Kaiserlichen Werften seien jeßt so chwach beschäftigt, daß gerade nur der nothwendige Stamm von Arbeitern gehalten werden könne. Um eine Vermehrung der Flotte handle es fih nit, sondern nur um einen Ersaß, wenn auch selbstverständlih der Bau nach einem andern Typ erfolgen folle als vor 30 Jahren. i

Staatssekretär Hollmann:

Meine Herren! Es wird der Beobachtung des hohen Reichstags niht entgangen sein, daß in dem vorliegenden Etat hinsichtlich der Schiffsneubauten die verbündeten Regierungen eine große Entsagung geübt haben, daß die Reihs-Marineverwaltung zu ciner großen Selbst- beshränkung gelangt ist. Der Beweis ift sehr einfach zu erbringen. Der hier vorliegende Etat {ließt hinsihtlih der Schiffsneubauten ab mit 134 Millionen.

Meine Herren, Sie müssen {hon eine ganze Reihe von Jahren zurückEgehen, ehe Sie auf eine Zahl stoßen, die so niedrig beziffert ist, wie diese. Es geht aber noch weiter. Wir nehmen, wie der Herr Referent so gütig war, mitzutheilen, als Restbestand der Ver- gangenheit nur eine Million mit hinüber. Es stehen uns also zur Verfügung alles in allem für das nächste Etatsjahr für Schiffsbauten 147 Millionen. Meine Herren, ih mache ganz besonders darauf auf- merksam, daß feit Anfang der fiebziger Jahre es nur ein Jahr ge- geben hat, wo der Marine weniger zur Verfügung stand. Daraus mögen Sie ermessen, wie außerordentlich zurüdckhaltend- die Reich8- Marineverwaltung in diesem Jahre bei ihren Forderungen gewesen ist. Ich hatte mir gestattet, in der Kommission des hohen Hauses den Herren Mitgliedern eine Kurvendarstellung zur Verfügung zu stellen, aus der meine Angaben zu ersehen sind. Sie wollen gütigst daraus ersehen, daß heute die von der Marine geforderten Summen ungefähr auf gleicher Höhe ftehen in der Kurve, wie diejenigen Summen, die uns früher bloß als Restbestände zur Verfügung standen, und daß beide sehr nabe kommen derjenigen Summe, die verbaut ist. Sie werden also finden, daß die Marine in dieser Beziehung einen ganz reinen Tis gemacht hat. Wenn man ihr vielleiht bis dahin zum Vorwurf machen konnte, daß fie viele Millionen, theilweise über ein Dutzend Millionen, in das neue Etatsjahr mit hinübernahm, fo ist dieser Vorwurf zur Zeit hinfällig. Wie gesagt, meine Herren, wir haben eine klare Rechnung.

Ich möchte noch darauf aufmerksam machen, meine Herren, was wesentlich sein wird, glaube ih, für die Bewilligung der hier vorliegenden Forderung, daß wir in das Jahr 1894/95 von den augenblicklich in Bau begriffenen Schiffen nur noch zwei mit hinübernehmen, mit einer Schlußrate von etwa 3 Millionen. Alles Andere, meine Herren, ift erledigt. Würden also in diesem Jahre keine Neubauten mehr bewilligt, so würden wir in der That vor der allergrößten Verlegenheit hinsihtlich unserer Werften stehen. Noch eins ist zu bedenken, meine Herren, auch das besagt der Etat : Wir haben in diesem Jahre nur Ersaßbauten beantragt. Sie können viele Jahre zurückgehen, ehe Sie das Gleiche im Etat finden. Sie werden fast in jedem Jahre neben Erfaßbauten auch noch Neubauten finden. In diesem Jahre finden Sie solhe nit, also ih nehme an, daß das offen zuzugestehen ist, daß eine große Beschränkung vorliegt.

Nun hat der Herr Referent die Gütc gehabt, Ihnen ganz besonders auseinanderzuseßen, daß es sich nicht um eine Vermehrung, sondern lediglich um einen Ersaß handelt. J brauche dem garnichts weiter hinzuzufügen. Freilich ist ja auch in der Kommission hervor- gehoben worden, und cs wird auch vielleiht hier bei manchem Herrn die Ansicht vorhanden sein, daß ja die Schiffe noch nicht verbraucht sind. Daß sie noch nicht in dem Sinne verbrauht sind, daß die Nieten, die Bleche niht mehr zusammenhalten, und daß der Be- sazung der Boden unter den Füßen fortrostet, das gebe ih zu; aber, meine

Herren, ein Kriegs\chif und das finden Sie son in allen anderen

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Denkschriften ausgesprochen ein Kriegs\chiff ¡kann in dem Sinne garniht verbraucht werden; denn wenn Sie die Denkschrift vom Jahre 1887/88 lesen wollen, die vom jetzigen Herrn Reichskanzler aufgestellt worden ist, f#o werden Sie finden, daß da ausgesprohen worden ist, daß ein Schiff wohl noch eine Lebensdauer haben kann, troßdem es im militärishen Sinn invalide ist; es kann noch ein Dasein führen, ohne militärisch brauchbar zu sein.

Nun möchte ih also bier besonders noch die Erklärung abgeben, die der Herr Referent von mir erwartet, ih möchte die Erklärung

abgeben, meine Herren, daß diese Schiffe, die durch andere Schiffe.

erseßt werden, dem Etat niht mehr zur Last fallen. Sie werden also wie „Kronprinz“ und „Friedrih Karl“ niht aus der Liste der Schiffe gestrichen, wohl aber aus der Liste der Schlacht schiffe, sie kommen in eine bestimmte Rubrik der Hafenschiffe. Es werden keine Forderungen mehr für diese Schiffe erhoben weder an Personal noh späterhin an Reparaturkosten. Die Schiffe werden in ihrem augen- blicklihen Zustand zurückgestellt, um eventuell im Fall eines Krieges für sekundäre Zwecke noch benußt werden zu können.

Also, meine Herren, diese Befürhtung kann ih nit gelten lassen und wer von den Herren die Güte gehabt hat, die Denkschrift vom Jahre 1892 zu lesen, der wird auch die Schiffe „Friedrih Karl“ und „Kronprinz“, zwei Panzerschiffe, die damals schon zur Seite ge- stellt waren, niht mehr unter der Zahl der Schiffe finden, für die eine Besaßung gefordert wird. Was abgeht dadurch, daß Ersatz ein- tritt, fällt aus. Ich wollte das hier ganz besonders betonen, weil i in der Kommission die Ansicht gehört babe: dem wäre nicht so, es würden. die Schiffe ruhig weiterfahren, nebenbei würden Ersaßschiffe fommen und diefe Erfaßschiffe wären infolge dessen eine Vermehrung. Das it nicht der Fall.

Nun möchte ih die Frage, deren Beantwortung der Herr Referent von mir erbeten hat, noch zur Sprache bringen: Warum müssen denn nun die Erfaßschiffe von einem anderen Typ sein, wie diejenigen, die sie erseßen follen? Ja, meine Herren, die Beantwortung ist leicht und sie ist \{chwer. Sie is für Sachverständige leicht, aber, meine Herren, ih hoffe, ih werde einige Gründe dafür beibringen können, die durchschlagend sind. Die Thatsache der Erhöhung der Bausumme ift einfah eine Folge der Entwickelung der Technik. Meine Herren, es find auf diesem Gebiete, wie Sie wissen, so ungeheuere Fortschritte gegen früher gemaht, daß mit Recht unser Jahr- hundert das Jahrhundert der Erfindungen genannt worden ift. Die Kriegsschiffbaukunst, worunter ih den Schiffbau, den Maschinen- bau, das Waffenwesen verstanden wissen möchte, kann nicht till steben, wenn die Technik weitergeht, sondern sie muß wohl oder übel \ich diese Technik zu nuße machen. Die militärishen Bedürfnisse steigern fich mit der sihch entwickelnden Technik. An die Offensivkraft der Schiffe ebenso wie an das Defensivvermögen werden sehr viel höhere Anforderungen gestellt; es entstehen neue militärische Bedürfnisse und Anforderungen, welche ihre V zung verlangen. Wie der Herr Referent gütigst auseinandergesciz: hat, ist ein Schiff, welches im Jahre 1871 gebaut worden ist, niht einfa wieder nachzubauen ; es wäre dies die größte Vershwendung, die man ih vorstellen könnte, Schiffe dieses Alters sind beute eben obsolet. Nun entstehen also die Mehrkosten für ein folhes Sch!f, erstens aus dem wachsenden Ge-

, wicht und der Größe, also wenn ih das in einem Wort zusammen-

fassen will, aus der wahsenden Wasserverdrängung oder Deplacement. Und zweitens entstehen die Mehrkosten dadur, daß heutzutage die Konftruktionen und das Material höhere Preise in Anspru nehmen, wie dies früher der Fall war. Meine Herren, ih möchte Ihnen dies an einem Beispiel entwickeln. Nehmen wir zunächst einmal die Maschinen, so werden die Maschinen heutigen Tages niht mehr in Vergleich zu stellen sein mit den Maschinen früherer Zeiten. Damals hatten wir Niederdruckmaschinen, heute dagegen solche, die mit großer Spannung und großen Umdrehungszahlen arbeiten, und die viel leistungsfähiger sind. Wir haben nicht mehr Maschinen, wie se auf der „Preußen“ sind, mit 6000 Pferdekraft, fondern wir müfsen Maschinen anwenden mit 12 bis 13000 Pferdekräften. Nun ift ja bekannt, daß die Kosten der Maschinen niht in gleichem Verhältniß wachsen wie die Geshwindigkeiten, sondern in sehr viel höherem Maß. Ich will mich darüber nicht weiter verbreiten.

Nun kommt die Frage der Panzerung. Auch diefe ist sehr wichtig. Während früher zur Zeit, wo „Friedrih der Große“ und „Preußen“ gebaut wurden, die Tonne Panzerung ungefähr 1000 M kostete, die aus Walzeisen hergestellt war, kostet heute die Tonne Panzerung

über 2000 4 Wir müssen einen Harvey-Panzer jetzt hon mit 2250 M die Tonne bezahlen. Wenn man auch zugestehen muß, daß dieser Panzer an Widerstandskraft unter gleihen Verhältnissen gegen früher ungemein gewachsen ist, fo brauhen wir auch heute sehr viel mehr Widerstandskraft.

Nun weiter die Artillerie! Die großen Schiffëkanonen, die wir heute brauchen, wiegen mehr als doppelt so viel wie die Kanonen von dazumal, abgesehen davon, daß sie noch besonderen Panzershuyß haben, der damals nicht vorhanden war. Die Munition, die wir für die Schiffe brauchen, kostet um das Dreifahe mehr wie früher. Da viel Munition mitgenommen wird, so kommt das auch sehr in Betracht. Meine Herren, neben der großen Artillerie, die zu jeder Zeit bestand, haben wir noch Schnellfeuerartillerie, [die damals niht bestand: diese ist schr theuer, und das kommt zu den früheren Kosten hinzu.

Weiter, meine Herren, kommen wir zu den Torpedos. Zu jener Zeit, wo „Preußen“ gebaut wurde, gab es noch keine Torpedos. Fn- zwischen hat die Torpedowaffe große Bedeutung gewonnen. Wir müssen sie in die Schiffe einbauen. Das kostet sehr viel Geld.

Was die ganze maschinelle Einrichtung des Schiffs be- trifft, so möchte ih Jhnen nur zwei Zahlen nennen, die Sie vollständig davon überzeugen werden, wie das mit der Zeit einen Wandel erlitten hat. Wir hatten auf der „Preußen“ neben der Hauptmaschine zu anderen Schiffszwecken noch 14 Maschinen nöthig, heute haben wir auf der „Brandenburg“ 97 selbständige Maschinen neben den beiden Hauptmaschinen. Meine Herren, da werden Sie sich klar machen, daß diese niht ohne große Kosten einzubauen sind, kurz und gut ich will mich in diese Details nit verlieren, fie werden die Herren niht weiter interessieren. Jch habe es nur für meine Pflicht gehalten, darzuthun, daß ganz natur- gemäß die Kosten für die Schiffe wachsen, und daß heutzutage die Kosten für Ersaßschiffe, die wir bauen, im Vergleich zu den Schiffen, die vor 25 Jahren gebaut sind, sehr viel höhere sein werden.

tun könnte man fagen, wir wollen uns mit fleineren Schiffen begnügen! Auch das ist eine Frage, die ih dahin beantworten möhte,

daß eine Marine es mögen nun die Kreise für ihre Vertwendy anderweit gezogen werden sich dem nit entziehen kann, daß 2 sie einem Feind entgegentritt, sie wenigstens in der Größe die Schiffs diesem Feind annähernd gewachsen sein muß. 5, L Minderzgahl werden wir immer sein; aber ih laus desto mehr Veranlassung haben wir, wenigstens die weni," , . , , vis C) Schiffe, die wir dem Feind gegenüberstellen, mit Gefecht, eigenshaften zu bauen, die es ihnen ermöglichen, wirklig mit Erfolg zu kämpfen. Das möchte ich glauben, sind wir auß unsern Besazungen s{huldig. Unsere Leute gehören aweifellos zu d bestgeschulten aller Nationen ; aber sie können nit alles ersetzen, Ste das Material vollkommen versagt. Also ih bitte, den Leuten # Bewußtsein zu geben, daß sie im Kampf gegen fremde Schiffe gleihen Waffen kämpfen; das, glaube ih, wird der hohe Reichstz auch wollen. | Also, meine Herren, ich möchte bitten, daß Sie uns bei der zweifellos großen Ueberzahl, gegen die künftig unsere Flotte Éämpfen wird, ermächtigen, solche Schiffe zu bauen, dic ihrem Zweck entf\predien S ph ¿A V T,

Ich bitte, daß das hohe Haus den von uns vorgeschlagenen Bay det Schiffs genehmige. i Abg. Richter (fr. Volksp.): Diese Forderung i} seit dew vorigen Jahre nicht dringender, sondern nur kostspieliger geworden denn die Gesammtkosten des Panzerschiffs würden nicht binte 20 Millionen zurückbleiben. Man hat im vorigen Jahre den Buy niht auf dieses Jahr vertagt, sondern ihn mit Rücksicht auf di Finanzlage und die hohen Ausgaben für die neue Veeresverstärk uy abgelehnt. Der Fiottengründungsplan sieht zwar vierzehn Pan, sctsfe vor, ist aber vom Reichstag zu keiner Zeit für maßgebend «, ahtet _worden. Außerdem stand damals noch nicht der Bay du Nord-ODstsee- Kanals in Frage und man bedurfte zweier Flott &erner sind heute bereits sieben Panzerschiffe fertig und zwei in Bau begriffen, welhe im Flottengründungsplan garnicht bot gesehen waren; es lind dies die fogenannten Panzerfahrzeug von denen aber zwei Drittel so gut wie Panzerschiffe sind. Von einen „Ersaß“ fann hier gar keine Rede sein ; denn das neu zu erbauen Schiff oll schöner und größer sein als das alte. Ein „Ersaß“ wurde geschaffen für den verunglückten „Kurfürst“; das Schiff M: aber soll fee- und unter Umständen kriegstüchtig erhalten werden. egt man jedem folher Schiffe ein Lebensalter von dreißig Jahren y Grunde, so würde „Preußen“ von seinem Stapellauf bis zum Stay, [auf des neuen Schiffes nur zwetundzwanzig Jahre gelaufen sei Wir fangen doch jeßt nicht erst an, ältere Schiffe zu ersetzen. 189 sind zu gleicher Zeit vier neue Panzershiffe modernster Konstruktigy in Angriff genommen worden, von denen zwei erst jy nächsten Sommer in Dienst gestellt werden sollen. Di: ( fahrungen mit diesen neuen Schiffen sind noch seht zulänglich, und gleihwohl sollen wir jeßt {on wieder mit ty Bau neuer Panzerkolosse vorgehen. Wir haben an diesen mod Panzersiffen, die allen Anforderungen enfksprehen, genau so vil, wie die Vstsceflotte von Nußland und von Frankreich beträgt, abgehen von der Mittelmeerflotte, nämlich 22 Panzerschiffe. - Von einer V dung der Schiffswerften kann keine Nede sein, wenn wir die

Forderung ablehnen. Die Instandhaltung unserer Flotte kostet allen jährlih 12 Millionen. Das Jahr 1890/91 mit seinen folo\alu Bewilligungen kann nicht in Vergleich gezogen werden. Es wn niemals die Absicht, in diesem Tempo den Schiffsbau fortzu Der frühere Marine-Minister von Caprivi legte uns in der (et Zeit seiner Amtsperiode einen Plan vor, wonach jährlich nit mil als 8 Millionen für Schiffsbauten und Ersaßbauten verwen werden sollten. So weit gehen wir gar nicht. Der S sekretär hob hervor, welhe Entsagung und Selbstbeschrä darin liege, in diesem Jahr nur ein Engagement für 30 M an neuen Schiffen zu verlangen. Nun, der Himmel verhüte, daß Entsagung einmal nit mehr platgreift, wenn man die Fina günstiger ansieht! Es sollen noch fünk anzere Panzerschiffe dl nächsten zehn Jahren in Zwischenräumen von zwei zu zwei Jahr erseßt werden, für je 20 Millionen, maht 100 Millionen. Die des Referenten bezüglih der Dauer der Brauchbarkeit unserer Stif: würde ausreichen, auh diese Forderungen zu bewilligen, denn dit fünf Schiffe datieren von 1874 und sind von derselben wie „Preußen“. Man möchte eine große Hodchsee schaffen, deren Zweck weit über den Schuß unserer Küst hinausgeht, die einen Kampf in atlantishen Gewässer: im Mittelmeer aufnehmen kann. Das sind übertriebene Anscha über die Bedeutung unserer Marine und die Finanzkraft, Deutschland neben seinen Militärlasten für die Marine aufwn fann. Wir begegnen hier wieder den Spuren der Liebhaberei Marine, der wir überall entgegentreten müssen. Die Erfal mit den großen Schiffen sind niht günstig. Das zeigt uns die „Brandenburg“. Wenn nur eine unbedeutende Zeichnung v: tausend Zeichnungen, die der Maschinenbau eines solchen Kolosseë b ausscßt, trgend einen Mangel hat, wenn irgend ein Versehen dÆ! passiert, können folhe verhängnißvollen Folgen eintreten. d Maschinerie ist so kompliziert, daß bei den leisesten Störungen i triebe das Schiff mit Mann und Maus zu Grunde gehen fann. ( einziges falsches Manöver hat den „Großen Kurfürsten“ zum Untergani( braht. Wer ift sicher, daß in der Unruhe des Krieges die Sd das leisten können, was den im Frieden dafür aufgewandten Wlillio entspriht? Im Abgeordnetenhause \treiht man 180 000 .4 fl Erweiterung des Museums, bestimmt dazu, die Pergamenischen À thümer unter Dach und Fach zu bringen, und hier verwendet ml! Dutende von Millionen für neue Panzerschiffe. Diese Finanzpolit! fönnen wir nihcht mitmachen. i: Referent Abg. Dr. Lieber (Zentr.): Ich kann auf die Zahlu des Abg. Nichter über die Flottenverhältnisse anderer Staaten hi! nicht eingehen. Das betreffende Material is den Kommis | gliedern als hochvertraulich mitgetheilt worden, ich kann also l! öffentliher Sißung niht davon Gebrauh machen. i Abg. Richter (fr. Volksp.): Die uns mitgetheilten Tabell über unsere und andere Flotten sollen natürlih niht abgedrudt ! den oder in andere Hände kommen, aber es fann doch Jeder al meine Betrachtungen über die Flotte anderer Länder anstellen. V

Material dazu kann man auch anders woher nehmen. Fch verwab! M

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mich aufs Entschiedenste dagegen, als ob irgend eine Indiskretion b! meiner Seite vorläge. J

Abg. Jebsen (nl.) ist kein großer Freund der Panzer; er hl lieber die Zahl der Kreuzer zum Schuß unseres Handels verm gesehen; er stimmt aber doch für die Forderung, weil es sich nur u! einen Ersaß handle. Daß für den Ersaß eines alten Schiffes n! Mittel als früher aufgewendet werden müssen, komme auch in Handelsmarine vor, sonst könne fie nicht konkurrenzfähig bleiben. 28 der s{hlechten Finanzlage könne die Bewilligung erfolgen, hon um Werften des Reichs zu beschäftigen.

Akg. Dr. Boeckel (d. NRefp.): Wenn die Regierung nicht eit j

mal die Mittel zur Deckung der Militärvorlage hat, dann solite # angesihts der s{lechten Zeiten nicht noch Mehrausgaben [U! L Marine machen. Man follte alles zu seiner Zeit machen, Marl!“ bauten ausführen, wenn man Geld zur Verfügung hat. Dur) Vertrag mit England hat die Regierung unsere Kolonialpolitik | herabgeseßt, daß keine Nothwendigkeit zur Vermehrung der Kl chie besteht. Die Ersaßbauten haben daher noch Zeit und Ausg® des Reichstags müßte es sein, das Volk vor jeder Mehrbelastung bewahren, denn noh niemals seit der Gründung des Reichs i! 7 dem Volke so s{hlecht gegangen. Zwei Milliarden Schulden haben bereits erreiht. Deshalb werden wir gegen alle Mehrforderungen Marine stimmen. E

Abg. von Kardorff (Ry.): Mit der Kolonialpolitik. hal Panzerschiff nichts zu thun. Man kann fragen, ob Deutschland L haupt cine Marine braucht; es ist ja eine Zeit lang ohne S#

fertig geworden. Aber nachdem man einmal einen Küstenshuß

ig erkannt hat, müssen wir ihn erhalten durch Erfaybauten nothwen ige Schiffe, und daß wir dabei unsere Schiffstypen ver- f ein müssen, ist eine Folge davon, daß die Staaten, mit denen wir fonfurrieren müssen, ihre Schiffe auch verbessern. Wenn wir den Bau jeyt aufshieben, dann müssen wir später mehr auf einmal bauen, 1s gut ist. Deshalb stimmen wir für den Titel. : 7 hg. Dr. „Bachem (Zentr.): Wir stimmen für die Forderung, weil es sih_hier um einen nothwendigen Erfaß handelt, niht um einen Neubau. Sie (links) fühlen ih natürli vollständig frei von aller Nerantwortung ; Sie wollen Ihren Wählern Ihre Sparsamkeit zeigen. Für den gegenwärtigen Stand der Flotte sind wir nicht verantwort- li; aber im Interesse der Würde und des Ansehens Deutschlands wollen wir sie auf diesem Stand erhalten. Das zu erseßende Schiff ird demnächst F A werden, deshalb hat man {hon im vorigen Jahre den Bau gefordert; besser ist das Schiff seitdem nicht eworden, der Bau also um fo dringender, und wenn er noch einmal P ifgeschoben wird, dann wird er vielleiht noch theurer. Die Fort- ritte der Technik machen ein s\chnelleres Ausrangieren nothwendig ss früher. Das Unglück auf der „Brandenburg“ kann den Reichstag nit bestimmen, einen nothwendigen Bau aufzuschieven. Die schlechte inanzlage hâtte der Abg. Dr. Boeckel bei der Militärvorlage, die eine dauernde Mebrbelastung von 60 Millionen Mark herbeigeführt hat, berü sichtigen sollen. 1 / O " Ahg. von Leipziger (dkons.): Auch wir wollen eine Vermehrung

der Flotte nicht, aber die Mehrzahl meiner politischen Freunde wird für diesen Ersaßbau stimmen, damit die einmal vorhandene Flotte er-

halten wird und damit den faiserlichen Werften die Arbeit zugeführt wird, die nothwendig ist, um einen tüchtigen Arbeiterstand zu erhalten. Mir, die wir unter der Noth am meisten leiden, immen, wenn auch schweren Herzens, für die Bewilligung. ; E

Abg. Richter (fr. Volkep.): Daß die großen Panzer sehr be- denkliche Konstruktionen sind, erkennen niht nur Techniker an, das hat im vorigen Jahre au die Mehrheit des Reichstags dur den Abg. Frißen anerkannt. Die Unverantwortlichkeit der Minderheit hat der Abg. Dr. Bachem wohl bei der Militärvorlage kennen gelernt, wo er auch in der Minderheit war.

Damit schließt die Debatte. Der „Ersay Preußen“ wird mit 134 gegen 94 Stimmen bewilligt. A / | S

Für „Ersaß Leipzig“ wird ebenfalls 1 Million Mark verlangt. e L

Abg. Jebsen (nl.) macht namens eines Theils seiner Freunde das Bedenken geltend, daß man zu einem ganz neuen Typ übergehen wolle, daß man hierbei zu viel experimentiere. Seine persönlichen Bedenken seien dur die Erklärungen des Staatsfekretärs in der Kom- mission beseitigt worden. S : i | /

Abg. Nichter (fr. Volkëp.): Die Sache liegt hier anders als beim vorigen Titel. Um einen Ersaß handelt es sich in keiner Weise. Die „Leipzig“ hat 4 Millionen gekostet, der angebliche Ersaß foll über 15 Millionen kosten. Mit der Größe des Schiffs wächst die Be- saßung desselben; das 1} fache der Kriegsbesaßung muß unterhalten werden, um die Ablösung bewerkstelligen zu können. Diese Schiffsart ist in dem Flottengründungs8plan garnicht enthalten, troßdem der Plan noch niht einmal ausgeführt ist, und 1889 wurde erklärt, daß für Schiffe wie „Leipzig“ ein Ersay überhaupt niht gefordert werden soll, daß diese Schiffe noch auf Jahre hinaus für den Dienst in üÜüberseeishen Gewässern ausreichen. Sie sollen nit zum Kampf mit Seemächten, sondern vor Samoa, Neu- Guinea 2c. verwendet werden. Imponieren kann man allerdings mit einem großen Panzer mehr als mit einer Fregatte. r wenn für das Nothwendigste das Geld fehlt, dann kann man für da: Imponierende nihts ausgeben. Wird der Ersaß bewilligt, dann sagt man nachher, die anderen Schiffe können mit dem Flaggschiffe nicht mit; dann müssen wir ganze Geschwader bauen. i:

Abg. von Kardorff (Rp.): Das Schiff soll den ganzen deutschen Handel in allen Meeren {üßen; den Seemächten wollen wir nicht imponieren, sondern den fleinen füdamerikanischen Republiken und ähnlihen Staaten. Auch für die Kolonialpolitik brauchen wir solche Schiffe.

Staatssekretär Hollmann:

Meine Herren! Der Herr Referent hat in dankenswerther Weise meine Ausführungen, die ich in der Kommission gemacht habe, hier wiedergegeben. Ich werde mir nur erlauben, noch einige Worte hinzu- zufügen.

Meine Herren, in der That verhält es sih mit dem Inhalt der Denkschrift so, wie der Herr Abg. Richter hier gesagt hat. Es war in dieser Denkschrift ausgesprochen, daß mit der Zeit das Kreuzer- geshwader wohl bei Seite gestellt werden könnte und man sih mit den stationären begnügen wollte. Meine Herren, das blieb leider ein \{öner Gedanke, wie ih es auch in der Kommission shon ausgeführt habe, An und für sh hat die Marineverwaltung kein besonderes Tnteresse, eine große Anzahl von Schiffen im Auslande zu halten, wo es ihr im Inlande an Mannschaften fehlt und wo die Schiffe sehr wohl für die heimischen Zwecke Verwendung finden fönnên. Aber, meine Herren, die Umstände wzren stärker wie der Wille. Seit dem Jahre 1889 is das Kreuzergeschwader dreimal in Ost- Asien, dreimal in Ost-Afrika, einmal in Samoa, cinmal in Neu- guinea, einmal in Chile und jeßt in Brasilien dringend gebraucht worden. Meine Herren, aus dieser Verwendung des Kreuzer- geshwaders mögen Sie ersehen, daß das Vorhandenfein eines solchen Geschwaders eine dringende Nothwendigkeit für das Deutsche Reich ist. Ih möchte weiter hervorheben, daß im Vorjahre, im Jahre 1893 die Kreuzerfregatte „Leipzig“, die dem Kreuzergeshwader als Admiral s\{iff angehörte, zurügerufen werden mußte, weil sie see- untüchtig war. Abgesehen davon, daß sie ein altes Schiff war, welches den militärishen Anforderungen in keiner Weise mehr ent- sprach, mußte sie zurückgezogen werden, weil sie niht mehr die Sicher- heit für die Besaßung gewährte, die nothwendig war. Daß sie auch den Anforderungen nicht mehr genügte, war ja {on im Reichstage wiederholt zur Sprache gekommen. Man hatte \sich, und mit Recht, darüber lustig gemaht, daß ein Admirals\chiff, weil es Mangel an Kohlen und eine {wae Maschine hatte, durch ein anderes Geschwaderschiff von Ort zu Ort geschleppt werden mußte. Dies war in der That ein unwürdiges Dasein für das Admirals\{hif das gebe ih ohne weiteres zu. Außerdem wurde das Schiff unbrauchbar und mußte zurückgezogen werden; das war sehr bedauerlih, denn nun fehlte dem Geschwader der Kopf, und es mußten die Schiffe einzeln sahren. Eins wurde nach West-Amerika detachiert, die beiden anderen fanden sofort in Brasilien Verwendung. In welcher Weise beide Schiffe ihre Pflicht gethan haben, haben die Herren wiederholentlih gehört. Jch glaube, es ist nur eine Stimme der Anerkennung über die Thätigkeit der Schiffe und darüber, wie nüßlih sie für das Deutsche Reich gewesen sind. Bereits in der Denkschrift vom Jahre 1892 ist dieses Kreuzer- ge|hwader wieder angeführt worden, entgegen der Denkschrift vom Jahre 1889/90, weil man, wie ih eben fagte, inzwischen die Er- sahrung gemacht hatte, daß dieses Panzergeschwader unentbehrlih fei. Es sind die Besatungen für das Kreuzergeshwader in dieser Denk- \hrift gefordert, und der hohe Reichstag hat diese Besazungen be- willigt, infolge dessen au das Dasein des Kreuzergeschwaders gut- geheißen.

Meine Herren, die verbündeten Regierungen legen großen Werth

darauf, daß die Zusammensezung des Kreuzergeshwaders eine der Machtstellung des Deutsckfen Reichs entsprechende ist, weil die Würde und das Ansehen des Reichs erheisht, daß die Schiffe da, wo sie auftreten, auch mit einer entsprehenden Macht auftreten. Nun haben in der Zwischenzeit auch kleine Marinen, Marinen geringeren Ranges sich ausgestattet mit einer Anzahl von gepanzerten Schiffen in der rihtigen Erkenntniß, daß wenn sie die Absicht haben, in der heutigen Zeit etwas mit Nachdruck zu vertreten, sie dann auch eine Seemacht haben müssen, die diesem Zweck entspriht. Das deutsche Kreuzergeschwader hat \sih wiederholentlich in den leßten Jahren folhen maritimen Streitkräften auswärtiger Mächte gegenüber- gesehen, und die Minderwerthigkeit unserer Schiffe is bei dieser Gelegenheit zum Ausdruck gekommen, und nicht nur uns, sondern allen, die die Schiffe vergleichen konnten. Dieses vorliegende Schiff „Ersaß Leipzig“ hat den Zweck, dem Kreuzergeshwader, nahdem es fertiggestellt ift, als Admirals\{chiff zu dienen. Es foll das Schiff diejenige militärishe Stärke erhalten, die ihm gebührt als erstes Schiff des Geschwaders, als Kern der sich d:m Admiralschiff beigesellenden fleineren Schiffe. Wir sind noch niht in der Lage, und werden auf eine Reihe von Jahren nicht in der Lage sein, unsere alten Korvetten, die heute dem Kreuzergeshwader angehören, zu erfeßen. Um so mehr ist es nothwendig, daß dieses eine Schiff, das Admirals\chifff, durchaus allen Anforderungen der Neuzeit eutspricht, die man an einSchiff dieser Gattung stellen muß. Sie finden in allen Marinen Schiffe dieser Gatttung. Nur der deutschen Marine fehlt dieser Typ vollkommen. Es handelt sihch hier um einen sogenannten ge- {ütten Kreuzer, um einen Kreuzer, der eine leihte Panzerung hat und in feiner ganzen übrigen Ausrüstung und Einrichtung den heutigen Ansprüchen der Technik genügt. Meine Herren, ich könnte Ihnen hier von anderen Marinen eine Reihe von Schiffen nennen, die ungefähr dem Schiff gleichzustelen wären, weldes wir hier fordern. Die Herren finden, weuan Sie die von mir ausgelegten Tafeln ansehen wollen, daß bei- spielsweise die russishe Marine eine ganze Reihe von diesen Schiffen hat, ganz abgesehen von der französishen und englischen Marine, mit denen wir uns natürlih niht in Vergleich stellen fönnen. Sie finden aber, wenn Sie die Tafeln ansehen, die ih der Kommission übergeben habe, daß die kleinen Marinen von Argentinien, Chile, Brasilien, China, Japan alle eine Reihe von diesen Schiffen haben, wie die Neichsmarine-Verwaltung fie Ihnen hier in Vorschlag brnar Swe Deo S U Derselbe Wie big, er. C m enm Co, welWes dazu dienen fol an der Spitze des Kreuzergeschwaders im auswärtigen Dienst Ver- wendung zu finden. Daß wir diesen Typ gewählt haben, hat genau dieselbe Ursache, wie ih fie auseinandergeseßt habe für das Schiff „Preußen“. Auch hier hat die Entwiklung der Technik das entscheidende Wort gesprohen. Auch diesem Schiffe können wir nicht diejenigen Einrichtungen und diejenige Offensiv- und Defensiv-Leistungs- fähigkeit vorenthalten, die es haben muß, wenn es das Deutsche Reich im Ausland machtvoll vertreten foll.

Meine Herren, wenn Sie unsere heutigen Kreuzer, die für das Kreuzergeschwader eingestellt find, Revue passieren lassen, dann muß jeder, der einen Einblick in die Sache hat, wohl ein Bedenken haben, ob se noch ihrer Aufgabe gewachsen sind. Also, es is wirklih hohe Zeit, wenn wir das Ansehen des Deutschen Reichs im Auslande nicht zurückgehen lassen wollen, daß wir Schiffe bauen, die au für diesen Zweck voll ihre Thätigkeit einfeßen können.

Darum, meine Herren, bitte ih inständigst, daß Sie auch diesem Schiff die Bewilligung nicht versagen wollen und daß Sie es auf dieselbe Stufe stellen wie „Ersaß Preußen“. Die Marineverwaltung ist genau in derselben Lage mit diesem Schiff; es liegt ein ganz dringendes Bedürfniß dafür vor.

Wenn ih mich noch im allgemeinen über die von Herrn Abg. Nichter hier geäußerte Bausumme äußern foll, fo trifft es im allgemeinen zu, was er gesagt hat ; dieses Schiff ist in der That sehr viel theurer als die „Leipzig“, aber aus den Gründen, die ih den Herren ent- widelt babe, und Sie werden ungefähr rechnen können, daß das Schiff und die Maschine mit einer Bausumme von rund 11 Millionen Mark einzustellen sein wird.

Abg. Richter (fr. Volksp.): Es könnte fast scheinen, als ob es uns an Kreuzern fehlte. Wir haben deren achtzehn, davon sind neun erst seit 1887 gebaut. Niemals hat man geklagt über mangelnden Schutz seitens der deutshen Flotte. Beim Vergleich mit anderen Marinen muß man alle Schiffsklassen vergleichen, denn jede Marine hat ihre eigenen Typen. Wir haben besonders die Zahl der kleineren Panzer vermehrt. E

Damit {ließt die Debatte.

In namentlicher Abstimmung wird die Forderung mit 117 gegen % Stimmen verworsn. e

Für einen neuen Aviso „Ersaß Falke“ sind als erste Rate 1 200 000 M cingesezt. Die Kommission empfiehlt die Be- willigung.

Abg. Richter beantragt die Streichung. Die Bezeichnung „Ersaß Falke“ sei etwas weit hergeholt und nur ein Vorwand. Der „Falke* sei hon seit vier Jahren abgängig.

Staatssekretär Hollmann:

Dieser Aviso tritt hier auf als ein Ersay, obgleih der Herr Abgeordnete Richter sagte, es wäre nur ein Vorwand, es wäre kein Ersatz, und dies damit begründete, daß der Aviso hon mehrere Jahre niht mehr in Dienst sei. (Heiterkeit rets.)

Ich weiß nicht, wie die Marine dem Herrn Abg, Richter es ret machen sollte. Von den Schiffen „Preußen* und „Leipzig“ fagte er : wie kann das Ersatz sein, die Schiffe sind noch da. Hier ist das Schiff weg. Ich sollte meinen, dies wäre doch nun im Sinne des Herrn Abg. Richter. Troßdem meint er, es sei wieder ein Vorwand für die Marine, ein Schiff mehr zu haben. Das ist durchaus nicht der Fall. Für den Dienst der Flotte sind die Avisos ganz unent- behrlich, das ist für jeden klar, der mit der Flottentaktik ih beschäftigt. Eine Flotte ohne Avisos ist genau fo wie eine Armee ohne Avantgarde und ohne Kundschafter. Die Flotte würde im Kriege nicht über das Wie und Wo der feindlihen Flotte unterrichtet fein. Die Avisos sind unentbehrlich. Die deutshe Marine hat augenblicklich fünf brauchbare Avisos. Als „brauchbaren Aviso“ bezeihne ih ein Schiff, das mehr wie 19 Seemeilen läuft. Es ist klar, daß, wenn ein Aviso nicht mehr leistet wie die feindlihe Schlachtflotte, er nicht im stande ist, nachdem er die Flotte ausgekundschaftet hat, Nachricht nah Hause zu bringen. Er wird vielmehr von der feindlichen Flotte abgefangen. Deswegen glaube ih, daß die Marine den Aviso mit voller Berechtigung in den Etat eingestellt hat. Es würde der sechste fein und ift derselbe für unsere Flotte ganz unentbehrlich.

Abg. Richter (fr. Volksp.): Seit 1889 sind zwei Avisos vom Stapel gelaufen und einer bewilligt. Im ganzen haben wir alle Avisos, die in der Denkschrift verlangt wurden. Avifos sind noth- wendig, aber nur von sekundärer Bedeutung. i t ür die Forderung stimmen 85, dagegen 99; das Haus ist daher nicht mehr be\chlußfähig; die Verhandlung wird ab- gebrohen. Schluß nah 61/7 Uhr.

G So Präsident vertagt die Sizung auf heute Abend T:

68. Sißung vom Freitag, 9. März, 9 Uhr 20 Min. Abends.

Der Sitzung wohnen bei der Reichskanzler Graf von Caprivi, sowie die Staatssekretäre Freiherr von Marschall und Dr. Graf von Posadowsky.

Zunächst wird beschlossen, den Rest der einmaligen Aus- gaben des Marine-Etats von der Tagesordnung abzuseßen und sofort in die zweite Berathung des Geseßentwurfs, be- treffend die Aufhebung des FZdentitätsnachweises, einzutreten. Zu derselben liegen folgende Abänderungs- Anträge vor: :

1) Während nah der Vorlage der Bundesrath die Ermächtigung erhalten soll, die Einführungsschheine auch bei anderen Zollzahlungen zuzulassen, beantragt der Abg. Graf Schwerin-Löwig (dkons.), ganz allgemein eine folche Verwendung dieser Scheine zuzulassen, und dem Bundesrath nur die näheren Anordnungen dafür zu übertragen. 2) Der Abg. Graf Mirbach (dkons.) will für die den Transit- lägern gewährten Zollkredite eine Zinsvergütung einführen. 3) Ein Antrag der Abgg. Dr. Bachem (Zentr.), Bassermann (al.) und Genoffen will auch den kleineren Mühlen, die kein Lager mit Zollkrediten haben, bei der Ausfuhr ihrer Fabrikate Ein- fuhrscheine ertheilen. 4) Die Abgg. Freiherr von Stumm (Rp.) und Genossen wollen das Geseg mit dem 1. Mai 1894 in Kraft seßen. 5) Die Abgg. von Puttkamer - Plauth (dkons.) und Ge- nossen schlagen eine Resolution vor, die der Spekulation dienenden Transfitläger und die besonderen Begünstigungen für die Mühlen auf- zuheben, oder den ihnen gewährten Zollfredit zu beshränken. 6) Ein Antrag des Abg. Gamp (Np.) will ebenfalls den kleineren Mühlen und Mälzereien Einfuhrscheine bei Ausfuhr ihrer Fabrikate ausstellen lassen; ein weiterer Antrag desselben Abgeordneten will die Ver- wendung der Einfuhrscheine erst nach Verlauf von vier Monaten nah ihrer Ausstellung gestatten. 7) Die Abgg. Speiser (südd. Volksp.) und Genossen wollen hinter den Worten: „Weizen, Roggen“ die Worte anfügen : Dinkelkörner (Spelz). 8) Die Abgg. Humann (Zentr.) und Genossen wollen die Einführung nur gestatten innerhalb eines Umkreises von 200 km derjenigen Zollabfertigung, wo die Ausfuhr erfolgt ist. 9) Die Abgg. Haußmann (südd. Volksp.) und Genossen wollen das Geseß in Kraft treten lassen am Tage der Außerkraftseßzung der preußischen Staffeltarife.

Nachdem der Abg. Speiser (südd. Volksp.) seinen Antrag empfohlen, erflärt der

Staatssekretär Dr. Graf von Posadowsky:

Ich glaube, die Annahme dieses Antrags wird sih erübrigen. Im Zolltarifgeseß findet fich Dinkel und Spelz überhaupt nicht er- wähnt, aber im amtlihen Waarenverzeichniß sind Spelz und Dinkel wie Weizen tarifirt. Es würde daraus von selbst folgen, daß diese Be- rechtigung, die dem Weizen zusteht, auch dem Spelz oder Dinkel zusteht.

Der Antrag wird zurückgezogen.

Abg. Graf Mirbach (dkonf.) hält für viel bedeutungsvoller für die Landwirthe de L e 2 3 Identitätsnachweises. ] ung des leßteren abschwächen. Fr Mio Anllfrodttos tragon 4 ViT DUVULLTOLIC Ld

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Staatssekretär Dr. Graf von Pos Der preußische He inanz - Minister ereiti

ärung abgegeben, daß Erwägungen darüber s{chweben, inwieweit die gemischten Transitlager noch einen wirthshaftlich gerechtfertigten An- \pruch haben auf Weiterbestehen in threr Allgemeinheit wie gegen- wärtig. Ich freue mich, daß der Herr Abg. Graf von Mirbach be- reits anerfannt hat, daß die gemischten Transitlager für die Export- bäfen unbedingt nothwendig sind. Andererseits läßt sich aber, glaube ih, nicht leugnen, daß Transitlager bestehen, die eigentlih keine Transitwaare führen, fondern die zum Schaden der einheimischen Produktion und threr Preisbildung lediglichß den Deckmantel bilden, um den üblichen Zollkredit zu ershleihen und mithin nichts find als Zollkredit-Anstalten. Meine Herren, ich wieder hole, die Erwägungen in dieser Nichtung {weben bereits, und wenn fich ergeben follte, daß in der That Transitlager nur bestehen, um den Zollkredit zu ershleihen und niht, um gemischte Waaren zu exportieren, so wird die Frage zur Erwägung kommen, ob solche Transitlager nicht einfa zu {ließen sind. Aber ih würde es für bedenflih halten, jeßt das Geseß mit einer so tiefgehenden und doh so diffizilen Frage zu belasten.

Ich meine, daß die Niederlagen unter amtlihem Mitverschluß und die Transitlager den Charakter tragen, daß die Waaren ih in denselben so zu sagen noch im Auslande befinden, und der Zoll von denselben erft zu entrihten ift wie von einer Verbrauchsabgabe, d. h. wenn die Waare wirklich in den freien Verkehr kommt, fodaß sich hiernach auch Gründe für den Zollfredit anführen laffen.

Aber, meine Herren, man mag zu dieser Frage stehen wie man will, so wird man doch den Steuerkredit, den alle Zollwaaren be- kommen, d. h. einen Kredit von drei Monaten, auch dem Getreide auf den gemischten Transitlagern kaum entziehen können, und wenn deshalb dem Gedanken des Herrn Grafen Mirbah weitere Folge gegeben werden follte, fo würde man die Sache in der Weise regulieren müssen, daß auch dem Getreide, was auf die gemischten Transitlager kommt, der dreimonatliche Zollkredit zu gute kommt, und erst die Verzinsung anfängt nah Ablauf dieser drei Monate. Jch kann den Herren wiederholt versihern, daß Erwägungen schon {weben Über eine andere Gestaltung der gemischten Transitlager. Jch bitte Sie aber, in dieses Geseß eine Bestimmung darüber niht aufzunehmen. Ich würde auch keine Erklärung darüber abgeben können, ohne daß eingehende Verhandlungen mit s\ämmtlihen verbündeten Regierungen gepflogen sind. (Bravo!)

Abg. Dr. Bachem (Zentr.) empfiehlt feinen Antrag (Nr. 3) und erklärt fich gegen die Beseitigung des Privilegs der Mühlen, weil dieselben neben dem ausländischen auch deutsches Getreide verarbeiten : diefer Absatz würde bei Aufhebung des Mühlenprivilegs verloren gehen.

Abg. von Puttkamer-Plauth (dkons.) hält die Annahme sciner Resolution für genügend, um die bereits {chwebenden Verhand- lungen über die Transitläger zu unterstüßen; eine Gesetesvorschrift sei niht nothwendig. : j

Abg. Rocesicke (b. k. F.) bestreitet, daß die Mälzereien -und Brauereien von der Vorlage einen Vortheil haben würden ; am besten wäre es, die Gerste von dem Geseße auszuschließen. Aber im Interesse der Allgemeinheit stimme er für die Vorlage, wenn Sicherheit ge- schaffen werde, daß dic Ausfuhrbonifikation nicht zur Ausfuhrprämie würde.2

A Mr +/ 1 4/LT