1894 / 60 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 10 Mar 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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Ein weiterer Antrag Bachem, Bassermann und Ge- nossen will auch auf Raps und Rübsaat dit Vorlage ausdehnen und dem Bundesrath die S niß ges, die Verwendung der Einfuhrscheine für andere Zollgefälle zu An anen ¿falls während eines Me na die Ausfuhr der bezeichneten

: Ö ewesen ist als die Einfuhr. E E f Vrtea N eet -Vutikamer- lauth will für alle

i tarifgeseß von 1879 genannten Waaren, die in der S a E ntli aufgeführt sind, die gemischten Transit- läger aufrecht erhalten.

Staatssekretär Dr. Graf von Posadowsky:

Meine Herren! Den verbündeten Regierungen wäre es sympathischer gewesen, wenn Sie ihnen die Vollmat im Gese ertheilt hätten, ob Sie die Einfuhrvollmaht auch als Zollgeld für die Zah- lung anderer Zollgesälle zulassen wollen oder niht. Die ver- bündeten Regierungen waren der Ansicht, daß, wenn diese Einfubrscheine auch nur dienen sollen zur zollfreien Ein- fubr von Getreide gleiher Gattung, eine Abbröckelung an Zoll nicht stattgefunden hätte, und sie hielten es au für das naturgemäße, daß gegenüber der Ausfuhr als Korrelat eine Einfuhr ciner gleidhen Waarengattung stattzufinden hâtie; fie waren sich aber auch darüber einig, daß, wenn die Einfuhrvollmachten einen erheb- lichen Diskont erleiden sollten, sie dann einen ähnlichen Beschluß, wie solcher im Geseßentwurf {hon in Form der Vollmacht vorgesehen ist, gefaßt hätten. Die verbündeten Regierungen würden aber \{chließlich wobl fein Bedenken haben, wenn der Reichstag im Sinne des Antrags des Herrn Abg. Bachem beschließen follte, einem solchen Be- {luß auch ihre Zustimmung zu ertheilen.

Nur möchte ih mir bezüglich der Fassung dieses Antrags zwei Bemerkungen erlauben. JIch fange zunächst an bei dem Unterantrag Gamy, der folgendermaßen lautet :

Die Verwendung der Einfuhrscheine, entsprehend ihrem Zoll- werth, ist gemäß näherer Anordnung des Bundesraths, jedo erst nach Verlauf von vier Monaten nach dem Zeitpunkt ihrer Aus- stellung auch zur Begleichung von Zollgefällen für andere als wie die vorgenannten Waaren zulässig.

Meine Herren, ih halte allerdings eine derartige Bestimmung für nothwendig, und ih werde mir gestatten, auseinanderzuseßen, warum. Wenn diese Bestimmung nit aufgenommen würde, so könnte sich folgender Fall ereignen.

Es führt jemand Getreide ein, es wird ihm darauf der allgemein übliche Zollkredit von drei Monaten gewährt, dann führt er dieses Getreide sofort wieder aus und bekommt eine Einfuhrvollmacht, die glcih baarem Geld ist, und die er zur Bezahlung anderer Zollgefälle verwenden kann. Dann würde ein Mann, der so manipuliert, in der Lage sein, das Geld in Empfang zu nehmen, welches eigentlich der Reichs fiskus bekommen follte, und sich einen dreimonatigen zinslosen Vorshuß auf Kosten des Reichs zu verschaffen. (Sebr richtig! rets.)

Meine Herren, dieser Fall muß unter allen Umständen ausge- {lossen werden, und deshalb halte ich die Fassung des Antrags Gamp für eine glücklihe. Wenn gesagt ist, die Gültigkeit als Zoll- geld soll erst nah Ablauf von vier Monaten vom Datum der Aus- stellung der Einfuhrscheine ab zuläfsig sein, so entspricht dies der Vor- schrift, daß beim Zollkredit au ers am 25. Tage des dritten Monats die Zollentrihtung fällig ist, sodaß fih auf der einen Seite Zahlbarkeit der Einfuhrscheine, auf der anderen Seite Zoll- entrichtung decken würden. Ich gehe aber dabei ferner von der Ansicht aus, daß es dem Bundesrath überlassen ist, zu beschließen, wie lange von jenem Zeitpunkt ab, wo die Einfuhrvollmacht den Werth von Zollgeld erhält, dieselbe als fol ches auch Verwendung finden kann. Meine Herren, wenn man hierfür vom Datum der Ausstellung aus auch nur eine sechsmonatlihe Frist bewilligen wollte wie für die allgemeine Gültigkeit der Einfuhrvollmachten, dann würde überhaupt für dieses Zollgeld nur eine Gültigkeitsfrist von zwei Monaten bestehen bleiben, und diese kurze Frist würde natürlich dazu beitragen, den Werth dieses Zollgeldes außerordentlih zu redu- zieren. Ich nehme also an, wenn hier gesagt ist, „nah näherer Vor- {rift des Bundesraths“, daß dem Bundesrath freisteht, vom Ablauf des vierten Monats an, wo die Einfuhrvollmachten überhaupt erft als Zollgeld präsentiert werden dürfen, zu bestimmen, wie lange sie von jenem Zeitpunkt ab bei den Zollhebestellen als Zollgeld auch angenommen werden dürfen, und ih nehme ferner an, der Bundesrath würde beschließen, sie von jenem Zeitpunkt ab noch fe{ch8 Monate, gleih der Gültigkeitsdauer der Einfuhrvollmachten, als gültiges Zollgeld bei den Zollämtern in Zahlung zu nehmen. Es würde dann die Gesammtfrist vom Zeitpunkt der Ausstellung an bis zum leßten Tage, wo fie als Zollgeld fungieren können, zehn Monate betragen. Sollte aber diese meine Erklärung nicht ge- nügen, so würde es sih vielleicht empfehlen, diefen Ausführungen, wenn Sie ihnen zustimmen, noch durch ein Amendement einen klaren geseßlihen Ausdruck zu geben.

Fch nehme ferner an, meine Herren, daß in dem Antrag Bachem, wo gesagt ist: j

Dex Bundesrath ist befugt, Ausnahmen hiervon zu beschließen und zeitweilig die Verwendung der Einfuhrscheine zur Begleichung von anderen Zollgefällen, wie für die vorgenannten Waaren zu intersagen, falls während eines Rehnungsjahres die Ausfuhr folcher Waaren größer gewesen ist, als die Einfuhr

ich der Say „falls während eines NRechnungsjahres die Ausfuhr größer gewesen ist als die Einfuhr“ lediglih auf den zweiten Pafsus, auf die Verwendung der Einfuhrscherne zur Begleihung von anderen Zollgefällen, bezieht, niht aber auf den ersten Passus, daß nur dann der Bundesrath bevollmächtigt sein soll, Ausnahmen zu beschließen, falls während eines NRechnungtjahres die Ausfuhr der in Ziffer 1 bis 3 des Gesetzéntwurss bezeichneten Waaren größer ift als die Einfuhr. Ausnahmen soll, meine Herren, der Bundes- rath in jedem Fall beschließen können, dagegen soll er die Gültigkeit der Ginfuhrvollmachten nur dann suêspendieren dürfen, wenn während eines Jahres die Ausfuhr stärker gewesen is als die Einfuhr. Ich glaube, diesem Gedanken würde besserer Ausdruck gegeben, wenn man eine kleine redaktionelle Aenderung vornähme und sagte:

Der Bundesrath ift befugt, Ausnahmen hiervon zu beschließen und, falls während eines Nechnungsjahres die Ausfuhr 1olcher Waaren größer gewesen is als die Einfuhr, zeitweilig die Verwendung der Ginfuhrscheine zur Begleihung von andern Zolgefällen wie für die vorgenannten Waaren zu untersagen.

Dann würde es, meine Herren, ganz klar werden, daß ih die Be-

fugniß zur Suspendierung der Einfuhrscheine lediglih auf den Schluß- faß bezieht, falls während eines Jahres die Ausfuhr stärker ist als die Einfuhr, niht aber auf die Befugniß des Bundesraths, ander- weitige Ausnahmen zu beschließen, d. h., die Gültigkeit der Ver- wendung der Einfuhrscheine als Zollgeld für einzelne Waarengattungen oder Waarenarten auszuschließen.

Abg. Rickert (fr. Vg.) empfiehlt seinen Antrag, bittet aber den Abg: Grafen Mirbach, seinen Antrag zurüczuziehen.

Abg. Dr. Barth (fr. Vg.) erklärt sih gegen alle Anträge mit Ausnahme des Antrags Nickert-Puttkamer.

Abg. von Bennigfen (nl.) bittet, den Antrag Bachem, auch wenn seine Fassung Bedenken errege, Ee jeßt anzunehmen und eine Verbesserung der dritten Lesung vorzubehalten.

Staatssekretär Dr. Graf von Posadowsky:

Meine Herren! Jch bin mit dem Herrn Abg. Dr. Barth darin einverstanden, daß es nothwendig sein wird, die Frage der Zollkredite generell zu regeln, und bei dieser Regelung wird auch die Frage zur Sprache kommen, wie der Zollkredit gegenüber den Transitlägern zu ordnen ist. Jch habe vorhin {hon anerkannt und wiederhole, daß die jeßige Zollkreditierung für Transitläger in der That unter Umständen zu einer Schädigung der inländischen Getreideproduktion führen kann, um- somehr, da dieser Kredit nicht, wie man annimmt, nur für drei Monate gewährt wird, sondern eigentlich sieben Monate. Denn die Abrechnung erfolgt nur alle sechs8 Monate, und erst im 7. Monat findet wirklih die Begleihung statt, sodaß man sagen kann, der Zollkredit wird in der That für 7 Monate gewährt. Wenn die gemischten Transitlager ihre Bestände verwerthen, niht um Mischungen vorzunehmen, fondern indem sie je nah der Konjunktur das Getreide in das Inland oder Ausland, vorzugsweise indeß in das Jnland werfen und dort den Preis influieren, dann wird man allerdings sagen können, daß für folhe gemischten Transitlager eine wirthschaft- lihe Berechtigung nicht vorliegt, und ih glaube, damit werden Sie sih au beruhigen können und werden davon absehen, dieses Gese mit Bestimmungen über diese shwierige Frage zu belasten.

Was den Antrag Bachem betrifft, so habe ich denselben aller- dings so aufgefaßt, daß, wenn gesagt ist, der Bundesrath i} befugt, Ausnahmen hiervon zu beschließen, dies nihts Anderes heißen soll, als, er kann Ausnahmen davon beschließen, daß die Ausfuhrvollmachten auf kurantes Zollgeld für alle anderen Waaren sind, mit anderen Worten: er kann beschließen, für die und die Waaren werden Einfuhr- scheine nit als Zollgeld angenommen, und wenn ferner im Schluß- passus gesagt wird:

falls während eines Nehnungsjahres die Ausfuhr größer als die Einfuhr ift, so kann sih das meines Erachtens nur auf folche Waaren beziehen, die in den ersten zwei Zeilen Abs. 1 und im Abs. 3 des Gesetzes genannt find, d. h. auf Getreide und Mehl und Malz.

Königlich preußischer Bevollmächtigter zum Bundesrath, Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Ih möchte nur das Mißverständniß, von dem der Herr Vorredner gesprochen hat, aufklären. Jh bin allerdings persönlih der Meinung, daß wir die gemishten Tranfitlager auch im Interesse der heimischen landwirthschaftlihen Produk- tion nicht entbehren können. Gewiß, wir haben eine große Anzahl derselben das habe ih {hon in der leßten Ver- handlung gesagt von gemishten Transitlagern, die nach und nach im Laufe der Zeit konzessioniert worden find, bei denen der Grund der? Konzessionierung später weggefallen ift und das nehme ih überall da an, wo gemischte Transitlager in dem Sinne, in dem fie kreiert wurden, garniht bestehen, nämlich wo thatsächlih von der Möglichkeit, die durch die gemishten Transitlager gewährt werden foll, kein Gebrauh gemaht wird und auch nach der Natur der Sache kein Gebrauh gemacht werden kann, sowohl in das Ausland wie in das Inland aus den Transitlagern auszuführen. Wir haben «cine große Anzahl von Transitlagern neuerdings sind darüber Ermittelungen angestellt worden —, wo der ganze Vortheil des Transitlagers bloß darin besteht, längere Zollkredite zu bekommen. (Sehr richtig!)

Meine Herren, wenn jemand mit Getreide spekulieren will, so kann man nicht das geringste dagegen haben ; aber daß er mit Reichsgeld spekuliert, dafür ist nicht der geringste Grund vorhanden (sehr wahr !); dann muß er spekulieren auf eigenes Risiko und mit eigenem Geld! Die Erwägungen habe ih gesagt {weben, wie man diefem un- zweifelhaften Uebelstand abhelfen könne, einem Uebelstand, von dem gar nicht geleugnet werden kann, daß er zu einer ich möchte sagen künstlichen Anregung der Einfuhr ausländishen Getreides führt, und zu diesem Zweck sind die Transitlager nicht eingeführt! Wir werden der Frage nahgehen und Sie können sich darauf verlassen, daß der Bundesrath diese Frage gründlih prüfen wird.

Aber es giebt auch gemischte Transitlager, die ermöglichen, die Nachfrage nach inländischem Getreide zu steigern (sehr wahr!) und das liegt in den Fällen vor, wo der Export des inländischen Getreides allein ohne Mischung erschwert is durch den Bedarf im Auslande, und deswegen habe ih die Beispiele von Königsberg und Danzig an- geführt, wo, wie ih überzeugt bin, die Nachfrage nah inländishem Getreide steigt, wenn dasselbe exportfähiger und in den Transitlagern die Veredelung des Getreides in der Form einer zweckmäßigen Mischung erleichtert wird. (Sehr richtig! links.) Also unbedingt die Transitlager aufgeben, damit würde ih niht einverstanden sein, wenn ih auch zugebe, daß das vorliegende Geseß das Bedürfniß für die Transitlager, wie sie früher bestanden, wesentli alteriert hat (fehr richtig! rechts); und man sollte daßer genau prüfen, wo ein folhes Bedürfniß im Interesse des freien Verkehrs und zugleich im Inter- esse der landwirthschaftlichen Produktion noch in Zukunft vorliegt. Jn dieser Prüfung ist der Bundesrath, ist man wenigstens in den preußi- schen Ressorts begriffen.

Wenn ich bei dieser Gelegenheit nochß im allgemeinen ein Wort sagen darf, so wäre ih der Meinung, daß es das Richtigste wäre, einige von den Herren haben von einer gewissen Verwir- rung in der Debatte gesprohen in dieser Beziehung den Anschauungen des Herrn Abg. Dr. Barth zu folgen und fämmtlihe Anträge in dem gegenwärtigen Augenblick und in der gegenwärtigen Fassung zurückzuziehen, zur dritten Lesung ih die Sache noch einmal genau zu überlegen, die rihtige Fassung zu wählen, vielleiht mit den Vertretern des Reichs-Schaygamts die Sache noch einmal in einer freien Kommission zu berathen. Da wird man, glaube ih, auf das Richtige kommen. Ein wirkliches Bedürfniß für alle die Anträge kann ih garnicht finden.

Meine Herren, der Antrag Bachem will, wenn ih recht ver-

gelten follen, und nur dem Bundesrath die Befugniß geben, Ausnahm zu machen. Meine Herren, nah dem Gesetz ist der Bundesrath j der Lage, fo zu verfahren, und nah all’ den Erklärungen, die von t Regierungstisch- abgegeben find, wird der Bundesrath zweifellos A verfahren. Es ist ja garnicht denkbar, daß der Bundesrath diese “e fugniß, die fraglihen Scheine allgemein als Zollgeld zu verwerth (s fortbestehen lassen würde, wenn die Ausfuhr die Einfuhr überschritt, :

Z ; z f, So etwas können die verehrten Herren den verbündeten Regierungen gar nit zutrauen. Das wird ja unter keinenUmständen eintreten ;'aber wennS;, diese Regel in das Gesetz shreiben und nur eine bestimmt formulier,, Ausnahme zulassen, so werden fie große praktische Shwierigkeit.y hervorrufen. Soll denn in jedem Moment, wo einmal für Vierzehn Tage die Ausfuhr die Einfuhr überschreitet, die Ausnahme eintreten Meine Herren, diese Frage müssen Sie nah meiner Meinung G Verwaltung überlassen. Daß im eigentlihen Ziel die verbündeten Re, gierungen und die Reichsregierung mit den Zwecken, die die Herren mit ihren Anträgen verfolgen, völlig einverstanden sind, darüber ist ja gar kein Zweifel. Jch meine daher, die Erwägung, was da zweckmäßi im einzelnen Falle nah Maßgabe der Umstände zu geschehen hat überlassen Sie viel besser dem Bundesrath; in der Sache felbst snd wir ja vollständig einig.

Nun möchte ich nur zwei Worte sagen über den Antrag de Herrn Grafen Mirbach. (Zuruf rechts.) Das freut mich sehr. Ih wollte nur im allgemeinen sagen: es ift bedenklih, eine fo einzeln Bestimmung geseßlich festzulegen bei einer Materie, die im großen uy ganzen der Bestimmung des Bundesraths zu überlassen i. D Frage der Kreditgebung ist, wie der Herr Staatssekretär des Reidhé, Schaßamts ja shon gesagt hat, im allgemeinen, namentli nah de Natur dieses Geseyes neu zu erwägen. Eine Reihe von Einze, bestimmungen bestehen da, die sih gewissermaßen wie eine ewige Krank: heit fortgeshleppt haben, wo aber nach den veränderten Verhältnisse; der Gegenwart eine neue Revision im allgemeinen eintreten muß; und ih glaube wohl, daß die verbündeten Regierungen eine folie allgemeine Revifion der Zollkredite eintreten lassen werden, und gerade deswegen halte ih es für bedenklih, durch eine spezielle gesetzliche Bestimmung in einem einzelnen Punkte die allgemein org nis zusammenhängende Regelung der Sache zu erschweren. Zj fann nur wiederholen, in der Sache selbst i der Reid, tag im wesentlichen vollständig mit den verbündeten Regie rungen einverstanden; die Anträge werden von den Hun Antragstellern theilweise als etwas eilig formuliert bezeichnet. G wird gewiß gelingen, zur dritten Lesung eine Einigung herbeizuführen, und ih bin, wie gesagt, der Meinung, es wäre das Nichtige, sämmt lihe Amendements, wie fie vorliegen, gegenwärtig zurückzuziehen.

Abg. Freiherr von Stumm (Np.) bält es für nothwendig, dai der Reichstag vor der Entscheidung über den russishen Handelsvertrag eine materielle Entscheidung in dieser Frage trifft; er empfiehlt die Annahme der Anträge Bachem und Genossen.

Königlich preußisher Bevollmächtigler zum Bundesrat, Finanz-Minister Dr. Miquel:

Ich möchte auf die Bemerkungen des Herrn Freiherrn von Stumm nur das Eine erwidern: Jh habe schon vorhin gesagt, dit Negierung ist in der Sache mit dem Antrage ganz einverstanden. Jh habe den Antrag nur nicht für nöthig gehalten. Daß in dem Augen blick, wo die Ausfuhr größer sein würde, als die Einfuhr, die Ver wendung der Einfuhrscheine als Zollgeld zessieren müßte, darüber kan niht der mindeste Zweifel sein. Sie sagen auch in deu Antrag weiter nichts: als der Bundesrath ist befugt; Sie sagen nid} einmal, er is verpflihtet. Also weiß ih nicht, welche Besserung in dieser Beziehung gegenüber der Regierungsvorlage vorhanden ist.

Nun verstehe ih den Freiherrn von Stumm dahin, daß der erst Satz des Antrags Bachem zur Beruhigung nothwendig sei, weil « bestimmt vorschreibt, daß, abgesehen von der fraglihßen Ausnahme, dit in dem Antrag zugelassen ist, die Verwendung der Einfuhr heine als zur Begleihung von Zolgefällen für ander als die genannten Waazen zulässig fein foll. Wenn der Reichsta darauf Gewicht legen würde, eine folche geseßlihe Garantie zu habe, so glaube ih kaum, daß die verbündeten Regterungen dabei Bedenktu hätten. Jch glaube aber doch, eine solche weitere Garantie | wirklih nicht nothwendig. Welches Interesse könnte denn it Bundesrath obwalten, dies nihcht eintreten zu lassen f den Fall, daß es nothwendig wäre, um die Agiobildin für die Ausfuhrscheine zu verhindern? Jch bin persönlich immer di Meinung gewesen, daß die ganzen Befürchtungen des Westens u des Südens in Bezug auf das Entstehen eines wesentlichen Agi eines Kursverlustes. auf die Ausfuhrscheine vollständig unbegründet sind Nach meiner Meinung kann das garnicht eintreten. Das ist ein Et spenst, welches man sich vorstellt. Aber es ist ja ganz richtig, daß man d Mittel an der Hand haben muß, eine toch mögliche unsichere Entwickelun abzuschneiden und in einem solchen. Falle die Scheine auch zur Zahlung der Zölle anderer Waaren zuzulassen. Deswegen ist die Befugniß Bundesraths aufgestellt. . Ein Bedürfniß also kann ih für die ganzel Amendements nicht erkennen. Aber ih glaube uiht, daß seitens de verbündeten Regierungen, wenn. das Amendement zutreffend redigiet! wird, demselben irgend ein wesentlicher Widerspruch entgegenzusezen wärt.

Die Nr. 1 der Vorlage, welche sih auf die Ertheilung von Einfuhrscheinen und die Transitläger bezieht, wird mit d Anträgen Bachem (betreffend Raps und Rübsaat), Gan (Verwendung der Einfuhrscheine erst nah vier Monaten) un Nickert-Puttkamer angenommen. :

Bei der Nr. 3 (betreffend die Mühlenläger) empfehlen dit Abgg. Freiherr von Buol (Zentr.) und Gamp (Rp.) die zun Schuß der kleinen Mühlen gestellten Anträge, weil die Landwirth! an den Nüständen der Müllerei großes Jnteresse haben. Di! Antrag Bachem (f. o. Nr. 3) wird angenommen. :

Abg. Freiherr von Stumm (Np.) empfiehlt darauf sein

für \taatsrechtlih unmögli, den Termin abhängig zu machen v0! einem Beschlusse des preußishen Staats - Ministeriums über d! Staffeltarife. Staatssekretär Dr. Graf von Posadowsky: 9 Meine Herren! Wenn Sie als Termin für die Gültigkeit A Geseßes den 1. Mai wählen sollten, so würde es bis dahin

(Hört! hört! rets.)

Der Antrag Stumm wird angenommen. Die Berathu"] der Resolution Puttkamer wird bis zur dritten Lesung vertag!. Schluß der Sißung 12 Uhr.

stehe, als geseßliche Regel hinstellen, daß die Ausfuhrscheine als folde |

Antrag wegen der Inkraftseßung des Gescßes (Nr. 4) und hält f

möglich sein, alle erforderlihen Ausführungsvorschriften zu erlas M

M 60.

Zweite Beilage zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

Berlin, Sonnabend, den 10. März

1894,

Personal-Veränderungen.

Königlich Preußische Armee.

Offiziere, Portepee-Fähnriche x. Ernennungen, Besbrderungen ny Besen nlgen J altiven Heere, Berlin, 3. März. Frhr. v. Carnap, Pr. Lt. vom Jäger-Bat. von Neumann (1. Schles.) Nr. 5, in das Magdeburg. Jäger-Bat. Nr. 4, Frhr. Marschall v. Bieberstein, Pr. Lt. vom Magdeburg. Jäger-Bat. A # in das Jäger-Bat. von Neumann (1. Schles.)

n D g Abschiedsbewilligungen. Jm aktiven Heere. Berlin, 3, März. Schnitt\spahn, Major à la suito des Fuß-Art. Regts. General-Feldzeugmeister (Brandenburg.) Nr. 3 und Unterdirektor der Art. Werkstatt in Spandau, mit Pension nebst Ausficht auf Anstellung im Zivildienst und seiner bisherigen Uniform der Abschied bewilligt. Evangelische Militär-Geistliche.

97. Januar. D. v. Hase, Hofprediger, Konsistorial-Rath und Garnisonpfarrer in Potsdam, zum Mitgliede des Konsistoriums der Provinz Schlesien ernannt. Amtsantritt am 1. März d. Is. Thiel, Militär-Oberpfarrer des 1. Armee-Korps, Rühle, Garnifonpfarrer in Thorn, scheiden aus zum 1. April d. J. und treten in Zivil- Pfarrämter über.

Königlich Bayerische Urmee.

Offiziere, Portepee-Fähnrihe . Ernennungen, Le UNn gen Und VBersegunden J abtiven Deere. 4. März. Arnold, Pr. Lt. à la suito des 18. Inf. Negts., Prinz Qudwig Ferdinand, in dieses Regt. wieder eingereiht. ;

6. März. Jäger, Sec. Lt. von dex Nes. des 15, Inf. Regts. König Albert von Sachsen, dermalen dienstleistend im 19. Inf. Regt., in den Friedensstand des zuleßtgenannten Regts. mit einem Patent vom 7, Februar d. Is. versezt. Die Port. Fähnrs.: Graf v. Bothmer, Graf v. Holnstein aus Bayern, Gemmtingen Frhr. von Massenbah, Graf zu Castell -Nüdenhausen im Inf. Lib-Negt,, Melchior, Edler v. Kiesling auf Kiesling- n Ola, Pevolot, Lober, Pitis im L Inf Mb: Fonia, Deéféelé, Lene, Hänléein, Scheffer im 2 Zuf. M Kronprin Müller, Kab di Bello, Sauber; Lo tiner im 3, Ss, Meg Prinz Karl von Bayern, Létsnéx, Koch im 4. Inf. Regt. König Wilhelm von Württemberg, Mauerischuitt, Rittmann, Pflügel im 5 Infanterte Regt. Großherzog Ernst Ludwig von Hessen, Nosenschon, Jobst, Stollberger, Mössel im 6. Ins. Regt. Kaiser Wilhelm, König von Preußen, Schmidt, Gummi, Müller, Zettner im 7. Inf. Regt. Prinz Leopold, Fürst im 8. Inf. Regt. vakant Pranckh, Jäger, Hiemer im 9. Inf. Regt. Wrede, Hay d, Hane- mann, Müller, SPmtdk int 10 Zuf: Neat Prinz Ludwig, Bode, MinétEer, Prager, LaUL, Germann m 11. Juf Regt. von der Tann, Frhr. v. Vodman-Bodman, Frhr. von Imhoff, Linde, Bauer im 12. Inf. Regt. Prinz Arnulf, Vara, Blatt, Fuchs im 13. Inf. Regt. Kaiser Franz Josef von Oester- C T V Serie auf Uten vom Si Lib - Regt, Aldinger, Simon, Bachmann, Hänlein, T Ao aan m E E Mea Herzog M Seb, Con, Ga Daun, Drudel im 15. Inf. Regt. König Albert von Sachsen, Prühäußer vom 1. Inf. Regt. König, Nuchti, Graf v. Freyen-Seyboltstorff, Hern zu Seyboltötorff, Nogl, Schambeêrgèr, -Peéêrzl, Schmid, Nagel, sämmtlich im 16. Inf. Negt. Großherzog Ferdinand von Toskana, der, Henrich im 17. Inf. Regt. Orff, Andrs, Löchner, Goldfuß im 18. Inf. Regt. Prinz Ludwig Ferdinand, Knoll, Wagner, Bek, Wéstermäyer, Oel im I ise Mea, Edler v: Braun lll mi 1 Jager Bat, Moder m 2. Dae Bl, Fr. v Kramer im L Sisweren Reiter-Negt. Prinz Karl von Bayern, Frhr. v. Notberg, Graf v. Loewen stein-Scharffeneck im 2. Ulan. Negt. König, Frhr. Kreß v. Kreßenstein im 1. Chev. Regt. Kaiser Alexander von Rußland, Deuringer im 3. Chev. Negt. vakant Herzog Maximi- n Deßert m v Che, No EGrzberioa Albret von Oesterrei, Mayerhöfer im 6. Chev. Regt. vakant Großfürst Konstantin Nikolajewitsch, zu Second-Lieutenants; Doe Fahnrxs.: Frhr. v. Gagern, Auer, HUther, Fthrx. at oeus, v: Bombard, Niller 9. Neicert, Giaf v. Luxburg im 1. Feld-Art. Regt. Prinz-Regent Luitpold, Begel, v. Swieszewski im 2. Feld-Art. Regt. Horn, Neuß, du Jarrys Frhr. von La Roche, Keyl, Frhr. v. Bodman-Bodman im 3. Feld-Art. Regt. Königin Mutter, Wirth, Mak, Schmidt- Scharff, But im 4. Feld-Art. Regt. König, Rettig im 5. Feld- i Neat, Friederih, Döderléin, Barensféld, Berchem im 1. Fuß-Art. Negt. vakant Bothmer, Spillecke, Apfelstedt in 2 L Art. Negt, Stöber, Münsterer im 1. Pion. Bat., Vogl vom 1. Pion. Bat.,, Ernst vom Eisenbahn-Bat., beide im 2. Pion. Bat., zu außeretatsmäß. Sec. Lts., befördert.

Im Beurlaubtenstande. 3. März. Schloderer, Sec.

Lt. im Res. Verhältniß vom 3. Chev. Regt. vakant Herzog Maximilian, zum 6. Chev. Negt. vakant Großfürst Konstantin Nikolajewitsch ver- seßt. Blümm (Mindelheim), Pr. Lt. bei der Landw. Inf. 1. Auf- gebots, zum Hauptm., Nolze, Bauer, Sec. Lts. in der Res. des 17. Inf. Negts. Orff, Beckh (Nürnberg), Gareis (Kibingen), Sec. Lts. in der Landw. Kav. 1. Aufgebots, Neder (Kißingen), Sec. Lt. in der Landw. Feld-Art. 1. Aufgebots, zu Pr. Lts., Westermeier (Straubing), Vize-Feldw. der Res. im 16. Inf. Regt. Großherzog Ferdinand von Toskana, Bösmüller (Ingolstadt), Vize-Feldw. der Res. im 13. Inf. Negt. Kaiser Franz Joseph von Oesterreich, zu Sec. Lts. der Res. , befördert. ___ Abschiedsbewilligungen. Im Beurlaubtenstande. 3. März. Dop fer (Kempten), Frhr. v. Raes feldt (Augs- burg), Kittel (Aschaffenburg), Kipp (Ludwigshafen), Hauptleute der Landw. Inf., mit der Erlaubniß zum Tragen der Landw. Uniform, Leythäuser (Ansbach), Hauptm. der Landw. Feld-Art., mit der Erlaubniß zum Tragen der Landw. Uniform, Pla (Aschaffenburg), Hauptm. der Landw. Feld-Art., mit der Erlaubniß zum Tragen der bisherigen Uniform, sämmtlich vom 1. Aufgebot, Schmitt D, Pr. Lt. von der Landw. Inf. 2. Aufgebots, der Ab- ied bewilligt. Ï

Im Sanitäts-Korps. 3. März. Dr. Mathias (Kissingen) Assist. Arzt 1. Kl. der Landw. 2. Aufgebots, der Abschied bewilligt.

Durch Verfügung des Kriegs-Ministeriums. Dr. Dieu- donné, Assist. Arzt 1. Kl. des Änf. Leib-NRegts., das Kommando zum Kaiserlichen Gesundheitsamt in Berlin auf die Dauer cines Jahres verlängert. :

Preußischer Landtag.

Herrenhaus. 8. Sißung vom 9, März 1894.

Im weiteren Verlauf der Sihung (\. den Anfangsbericht in der Freitags-Nummer d. Su gelangt die Petition des Vorstands des Westfälischen Städtetags zur Berathung, welcher

den Erlaß eines Gesezes wünscht, das eine Nußbarmachung neuer Apothekenkonzessionen für die Gemeinden er- mögliche.

__ Stadtrath Nieß vertritt den Antrag der Kommission: die Petition der Staatsregierung als Material zur ander- idi geseßlichen Regelung des Apothekenkonzelstonätwesens zu überweisen.

Das Haus beschließt demgemäß.

i Die Petition des Buchhändlers Gocksch und Genossen in Leipzig, betreffend die staatlihe Prüfung der jüdi- schen Geheimgeseze, ist zur Verhandlung im Plenum für nicht geeignet erachtet worden. Auf Grund des §8 30 der Geschäftsordnung wird beantragt, die Petition ohne Diskussion für erledigt zu erklären.

Das Haus beschließt nah diesem Antrage.

__ Schluß 214 Uhr. Nächste Sißung: Donnerstag, den 15. März, 11 Uhr (Novelle zu dem Gesetz, betreffend die Kirchenverfassung und Synodalordnung).

Haus der Abgeordneten. 32. Sißung vom 9. März 1894.

Jn der weiteren Fortseßung der zweiten Berathung des Etats des Ministeriums der geistlihen 2c. An- gelegenheiten, und zwar des Kapitels „Höhere Lehr- anstalten (den Anfangsbericht in der Freitags-Nummer des Blattes) nahm nachdem Schmidt-Warburg (Zentr.), welcher bemängelte, daß in den Vorschulen der Berliner höheren Lehr- anstalten kein konfessioneller katholisher Religionsunterricht ertheilt werde, der Staats-Minister Dr. Bosse das Wort zu folgender, bisher nur auszugsweise mitgetheilter Nede.

Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Meine Herren! Ich kann dem Herrn Abgeordneten nur erwidern, daß es unser Wille ist und auch unsere Hoffnung, die Sache sobald als möglich zum Abs{chluß zu bringen. Wenn mein Kommissarius auf die Verhandlungen von 1878 verwiesen hat, auf welche in der Ver- fügung aufmerksam gemacht ist, so darf ih darauf hinweisen, daß diese Verhandlungen von 1878 auch ein gutes Resultat gehabt haben. Wir haben ja fkatholischen RNeligionsunterriht eingerihtet in immer verbesserter Form - für die Schüler der höheren Klassen. Nun treten bei den kleinen Schülern der Vorklasse in der That dur die weiten Wege große Mißstände ein, und wir müssen darüber doch in jedem einzelnen Falle mit den städtishen Organen verhandeln, hon um die Schulklassen zu bekommen und um die Lehrkräfte zu bekommen. Deshalb müssen wir eine verständige Gruppenbildung machen, und müssen in dieser Beziehung mit haltbaren Vorschlägen an die Schulverwaltung herankommen. Das ist in vollem Gange, und ih hoffe, daß es gelingen wird, in ganz kurzer Zeit diese Sache zum Abschluß zu bringen; es liegt uns selbst daran, diesen Mangel, daß die Vorschulkinder katholischer Konfession keinen Religionsunter- richt haben, abzustellen.

An Zuschüssen für die vom Staate zu erhalten- den Lehranstalten sind 5547 078 M erforderlih, 902 0644 mehr als für 1893/94.

Abg. Bandelow (kons.) bittet die Negierung um möglichste Förderung der Anlage von Spielpläßen für die Schuljugend und um wohlwollende Unterstüßung der Bestrebungen zur Förderung der Iugendspiele.

Abg. Dr. Haniel (fr. kons.) befürwortet die baldigste Jnangriffnahme und Vollendung des Neubaues für das jeßt verstaatlihte Gymnasium in Mörs.

Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Meine Herren! Nachdem die Verstaatlichung des Gymnasiums in Mörs durch den laufenden Staatshaushalts-Etat bewilligt worden ist, ist sofort mit der Ausarbeitung des Neubauprojekts für den als nothwendig erkannten Neubau vorgegangen. Das Projekt ist fertig- gestellt, superrevidiert und hat der Budgetkommission vorgelegen. Das Projekt {ließt ab mit ungefähr 200 000 4 Vertragsmäßig ist die Stadt verpflichtet, 45 000 M. zuzuzahlen; der Rest wird so bereitgestelt werden, daß die etwa 150000 Æ betragenden eigenen Kapitalien der Anstalt mit verwendet werden und der Zinsausfall, welcher dadur entsteht, dur Zuschüsse aus allgemeinen Staatsfonds gedeckt wird. Der Bau soll begonnen werden am 1. April d. J. Für die erste Baurate genügt der Betrag von 100 000 4; diese 100 000 A werden gedeckt werden durch die 45 000 M, welche die Stadt zu tragen hat, und durch die Entnahme von 55 000 M aus den eigenen Kapitalien der Anstalt. Der Zinsausfall dafür beträgt etwa 1900 4, dessen Bewilligung dur den jeßt zur Berathung stehenden Staatshaushalts-Etat 1894/95 beantragt wird. Die Flüssigmachung des Zinsenausfalls für die im Jahre 1895 zum Bau zu verwendenden Kapitalien wird durch den nächstjährigen Staats- haushalts-Etat vorgesehen werden.

Abg. Dr. Warten ber g (Pole) verliest aus einem umfangreichen Manuskript eine Nede, in welcher er die Aufhebung des Gymnasiums in Tremessen beklagt und eine Verstärkung des Staatszuschusses für das in Tremessen errihtete Progymnasium fordert. Redner wünscht außerdem staatliche Maßregeln zur Wiedererrihtung eines Alumnats in Tremessen.

Wirklicher Geheimer Ober-Regierungs-Rath Dr. Stauder giebt bezüglih des leßteren Punktes eine den Wünschen des Vorredners entgegenkommende Erklärung ab.

Abg. Szmula (Zentr.) erklärt sich durh die vom Minister ab- gegebenen Erklärungen hinsihtlich des polnishen Sprachunterrichts an den Gymnasien nicht zufrieden gestellt. In Leobshüß habe man diesen Unterricht, obwohl das Gymnasium aussließlich von Deutschen besucht werde; dagegen fehle er an den Gymnasien, die einen stärkeren Prozentsaß polnischer Schüler hätten, so in Gleiwiß, Ratibor, Beuthen, Königshütte, Pleß, Neustadt. Der Unterricht in der polnishen Sprache sei niht bloß mit Rücksicht auf das Dolmetscherwesen, sondern über- haupt für E und Wandel in Oberschlesien ganz unentbehrlich. Von den Offizieren werde dort auch einige Kenntniß des Polnischen und des Russischen verlangt. Wie sollten sie sih diese aneignen, wenn niht durch Schulunterriht ? Andererseits eröffne der neue Han- delsvertrag mit Rußland eine so weite Perspektive für die künftige

Erweiterung des Absaßmarktes von Oberschlesien, daß auch aus diesem Grunde die Möglichkeit, polnische und russishe Sprachkenntnisse zu erwerben, geschaffen werden müsse. :

Der Titel wird bewilligt, desgleichen die Staats- zushüsse für die vom Staat u. a. gemeinschaftlich zu unterhaltenden Anstalten.

An Zuschüssen für die von Andern zu unterhaltenden, aber vom Staate zu unterstüßenden Anstalten sind 1 377 734 M6 ausgeworfen.

Abg. Krah (fr. kons.): Nah dem Geseß vom 25. Juli 1892 \oll für die höheren Schulen das Dienstalterszulagen - System die Regel sein. Es steht aber den Gemeinden frei, bei dem bis- herigen Stellenetat zu bleiben. Nur eine verschwindend geringe Anzahl von Gemeinden ist beim Stellenetat geblieben, und diese meistens des- wegen, weil sie dendurh die Durchführung der Dienstalterszulagen er- forderlichen Mehraufwand niht aufbringen können. Die Lage der Lehrer an diesen Anstalten ist aber im Verhältniß zu derjenigen an Anstalten, welhe das neue System durchgeführt haben, eine un- günstige und mißlihe. Zu den wenigen Anstalten, die am Stellen- Etat festgehalten haben, gehört auch das Progymnasium in Neumünster. Die Negierung möge doh in Erwägung ziehen, ob nicht die Mehr- kosten auf den Staat übernommen werden könnten, oder eventuell eine Aenderung des Geseßes in der Richtung ins Auge zu fassen wäre, daß die Stadt zur Durchführung des Systems der Alters- zulagen gezwungen würde. |

Geheimer Ober-Regierungs-Rath B oh: Der Staat ist nicht in der Lage, den Anforderungen der Lehrer an den städtischen Anstalten in Bezug auf das Aufrücken zu folgen. Es is das gute Recht der Städte, den Stellen-Etat einzuführen; ein solcher Zwang würde dieses Recht verkümmern. Die Städte können ja auch die Bildung größerer Ver- bände herbeiführen, um so die durch das neue System bedingten Schwankungen in den Etats der einzelnen Städte auszugleichen.

Abg. Dr. Lotichius (nl.) wünscht für das Real-Progymnasium

zu Oberlahnstein eine Erhöhung des Staatszuschusses. __ Abg. Fuchs (Zentr.): Das Gymnasium zu Bochum ist bisher ein paritätishes, entsprehend der Vertheilung der Bevölkerungszahl auf die beiden Konfessionen. Neuerdings hat die liberale Stadt- vertretung von Bochum ein neues Statut beschlossen, welhes diesen Charakter der Anstalt beseitigt. Es bewährt sih auch hier wieder, daß Parität bei den Liberalen die Unterdrückung der fatholishen Kon- fession bedeutet. Der Geheime Kommerzien-Rath Baare hat freilich diesen Beshluß nicht mitmachen mögen, aber die übrigen liberalen Kapitalisten in der Stadtvertretung wollen der ganzen käholischen Bepölkerung thren Willen aufdrängen. Wir bitten im Anschluß an eine von Taufenden von Bürgern beider Konfessionen hierher gesandte Petition den Minister, die Statutenänderung nicht zu genehmigen.

Minister der geistlihen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Meine Herren! Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß ih prinzipiell immer geneigt sein werde, die bestehende Parität, wie sie au in Bochum bisher gewesen ist, die ein friedlihes Verhältniß herbeigeführt hat, zu \{chüßen, soweit irgend meine Kraft dazu ausreicht. Indessen ist der Bericht über die Aenderung dieses Statuts erst soeben bei mir eingegangen, er ist noch nicht geprüft und ih möchte mir de8halb meine Erklärung über die Entscheidung vorbehalten , bis eine eingehende Prüfung der gesammten Verhältnisse bei mir statt- gefunden hat.

Abg. Dr. Schulß-Bochum (nl.): In Bochum bestehen ein Gymnasium und eine Ober-Realshule. Das Gymnasium hat über 300, die Ober-Nealschule hat 400 Schüler; die meisten Schüler an beiden Anstalten sind evangelischen Bekenntnisses. Bei der leßteren Schule hat eine Mitwirkung der katholischen Konfession im Kuratorium nie stattgefunden. Nach dem alten Statut für das Gymnasium muß der Direktor abwechselnd einer der beiden Konfessionen angehören; das soll beseitigt werden. Diese Beseitigung würde eventuell den Katholiken zu gute kommen, denn der jeßige Direktor ist katholis und der nächste müßte also ein evangelischer sein. Die geborene Mitgliedschaft der beiden Geifstlihen im Kuratorium soll nit be- seitigt werden. Der Normal-Etat hat die Lehrer der Ober-Real- schulen gegenüber den Lehrern des Gymnasiums benachtheiligt, und man will das neue Statut dahin abfassen, daß ein Aufrücken der Lehrer durcheinander an beiden Anstalten ermöglicht wird. Von einem Angriff auf den konfessionellen Frieden, wie Herr Fuchs sih ausdrüdckt, kann hiernach keine Rede sein.

Abg. Schmieding (nl.): Herrn Fuchs haben wohl die Lorbeeren des Grafen Hoensbroeh vom Bonner Studentenkommers nicht schlafen lassen. Es bleibt alles beim Alten, nur daß der zufällige und e Umstand, ob der Kandidat für den Direktorposten evangeli ch oder fatholisch ist, niht mehr für die Wahl des Leiters der Anstalt entscheidend sein foll. Das Zentrum is} in dieser Session

mehr denn je darauf aus, wieder eine künstliche Scheidewand zwischen Evangelishen und Katholishen aufzurihten. Man follte doch heut- zutage gerade das, was uns eint, niht, was uns trennt, betonen. Sollen wir denn dahin kommen, daß in den Schulen ein katholisches und ein evangelishes Einmaleins gelernt wird ?

Abg. Fuchs (Zentr.): Ich habe von der Ober-Realschule kein Wort gesprohen. Warum follen denn die Herren die im alten Statut zur Gewährleistung der Parität enthaltenen Bestimmungen nicht in das neue Kluüberneuien s Die Zahl der Beisißer im Kura- torium soll aber gerade in der Absiht vermehrt werden, den Einfluß des ftatholishen Geistlichen matt zu setzen, wie man denn überhaupt eine Anzahl von Einzelfragen, die bisher der Entscheidung des Kura- toriums unterlagen, den Stadtverordneten übertragen hat. „Schiedlich, friedlih“ muß auf konfessionellem Gebiet unsere Parole sein; ohne Konfession keine Religion! Sonst kommen wir allgemein zu dem úIndifferentismus, der auf unseren Schulen bereits überwuchert.

Abg. Dr. Schulyß-Bochum (nl.): err Fuchs ertheilt der liberalen Stadtvertretung mit Unreht ein Mißtrauensvotum ; es sind ebensoviel Katholiken wie Protestanten im Stadtverordneten-Kolle- gium vorhanden; aber unter den Katholiken find einige Liberale, die nach der Taxe des Herrn Fuchs niht zu den Katholiken zählen. In Gelsenkirchen, wo eine ansehnlihe Minderheit evangelisch if}, sind sämmtlihe Stadtverordneten katholisch; es ist niht gelungen, auch nur einen bedeutenden Protestanten hineinzubringen; ebenso steht es in Steele und Wattenscheid. : :

Abg. Fuchs (Zentr.): Nach den Erfahrungen, die wir gemacht haben, Gon wir uns eben zu behaupten, wo wir nur können. Die Katholiken, die auf Ihrer Seite stehen, find so gut, wie Sie sie ge- brauchen können, und fo s{chlecht, daß wir sie niht gebrauchen können. Wir unterscheiden zwischen Kulturkämpfern und Leuten, die uns ge- recht werden. Sollte niht auch in Köln, wo die erste und zweite Abtheilung der Stadtvertretung liberal ist, einmal ein würdiger und tüchtiger Katholik hineingewählt werden können? Aber Sie überlassen es uns, tolerant zu sein.

Abg. Schmiedin E Herr Fuchs hat nur das Wort des alten Pariser Soimalisen ouis Veuillot variiert: Wo Ihr die Herrschaft habt, verlangen wir von Euch Toleranz nah Euren Grund- säßen; wo wir die Macht haben, unterdrücken wir die Gegner nah unseren Grundsäßen. :

Abg. Hobrecht (nl.) bringt zur Sprache, daß die Lehrer des

Real-Progymnasiums in Dirschau zur Steuer herangezogen worden