1894 / 62 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 13 Mar 1894 18:00:01 GMT) scan diff

L F M L M j N Lf

10. September 1873 für die Provin{en Preußen, Branden- burg, Pommern, Posen, Schlesien und Sachsen (Geseßz- Samml. S. 147), und vom 3. Juni 1876, betreffend die evange- lische Mgen verfasiung in den aht älteren Provinzen der Monarchie (Geseß-Samml. S. 125). Berichterstatter ist der Minister des Königlichen Hauses von Wedel.

Zu der zweiten Berathung des Geseßentwurfes, betreffend die Gewährung eines Beitrages Preußens zu den Kosten der Herstellung des Elbe-Trave-Kanals durch die freie und Hansestadt Lübeck, im Hause der Abgeordneten be- antragt der Abg. Wentorp (fr. kons.): „Dem § 1 folgende Fassung zu geben: 1, Zu den Kosten der Herstellung des Elbe—Trave- Kanals dur die freie und Hansestadt Lübeck wird von Preußen ein Beitrag von einem Drittel der Gesammtherstellungskosten bis zum HLGiDeludgs von 7 600 000 Æ, inkl. der von dem Kreise Herzogthum

auenburg bereits bewilligten 600 000 4, unter der Vorausseßung gewährt, daß das Ratzeburger Seengebiet \hifffbar an den Kanal an- ge\{chlossen wird.“

N 10 S „ZEeutxälblätts ber Bauverwaltung“, herausgegeben im Ministerium der öffentlihen AÄr- beiten, vom 10. März hat folgenden Inhalt: Wettbewerb für ein städtishes Amtshaus in Nürnberg. (Fortseßzung.) Ausstellung von Erzeugnissen des amerikanischen Kunstgewerbes. Die Preisbewerbung um Entwürfe für ein Rathhaus in Elberfeld. I1V. Hubbrücke in Chicago. Vermischtes: Schinkel-Preisbewerbung im Berliner Architekten-Verein, Preisbewerbung für Entwürfe zum Erweite- rungsbau des Kreishauses in Nauen. Wettbewerb für eine zweite Realschule in Stuttgart. Die Altyäterbrücke bei Freiberg i. S. Stadtbahn in Wien. Bücherschau. Neue Patente.

Entscheidungen des Reichs8gerichts.

Ein Waarenkaufmann , welcher mit einem Bankgeschäft in der Weise in Verbindung steht, daß er sog. Kundenwechsel, d. h. nicht acceptierte Tratten, welche auf Kunden des Trassanten und auf Beträge gezogen sind, die diese dem letzteren für gelieferte Waaren schulden, bei dem Bankgeschäft diskontiert, ist, nah einem Urtheil des Neichsgerichts, TV. Strafsenats, vom 15. Dezember 1893, wegen Betruges zu bestrafen, wenn er eine von ihm ausgestellte Tratte als Kundenwechsel zum Diskont hingiebt, obgleich der Bezogene ain oder weniger, als die Wechselsumme beträgt , für Waaren

uldet.

Die Beförderung von Briefen in vershlossenen Packeten als Frachtgut nah auswärts an den Inhaber einer Privat-Post- anstalt, damit dieser auf Grund einer mit ihm getroffenen Ver- einbarung die Briefe an Einwohner seines Privat-Postbezirks weiter befördere, maht, nach einem Urtheil des NReichsgerichts, 1. Straf- senats, vom 8. Januar 1894, den die Weiterbeförderung be- sorgenden Inhaber der Privatpost wegen Portodefraudation gemäß § 27 Z. 1 des Postgesetes strafbar, gleichviel ob die Briefe verschlossen oder uovetaten verschiedenen Inhalts oder gleichen Inhalts (gleihlautende Zirkulare, Offerten 2c.) waren, mit Adressen versehen waren oder keine Adressen hatten, indem dem Ermef}sen des Inhabers der Privatpost überlassen worden war, die Briefe einer bestimmten Kategorie von Ortseinwohnern zustellen zu lassen.

Verkehrs-Anftalten.

Der Postdampfer Spaarndam“ derNiederländisch-Ameri- kfanishen Dampfschiffahrts-Gesellschaft ist am 12. März in New-York angekommen.

Theater und Musik.

Konzerte. Die Konzertsängerin Frau N icklaß-Kempner aus Wien, deren seltenes Vortragstalent hier bereits viel Bewunderung erregte, gab am Sonntag in dem dicht gefüllten Saal Bechstein ihren dritten Lieder-

Wetterbericht vom 13. März, 8 Uhr Morgens.

| | î | | j j | í

¡n -

4°R.'

Wetter.

Stationen.

in 9 Celsius !

s.

í T

Bar. auf 0 Gr. t. d. Meeres\y t

il.

red. in Millim. Temperatu

c, 0

bededt wolkig wolkig Regen!) bedeckt bedeckt

Sine Schnee _

Belmullet . . | 741 Aberdeen . . | 733 Christiansund | 737 Kopenhagen . | 749 Stockholm . | 748 aranda . 752

t. Petersbg. | 753 Moskau . .. | 759

Cork, Queens- wn. 744 Cherbourg . | 744 «1740 E el 44 bia .. | T47 winemünde | 752 Neufahrwasser| 756 Memel ... | 754

40 arlsruhe . . | 755 Wiesbaden . | 753 München . . | 757 Chemniß .. | 755 Berlin... | 754 E O bedeckt

et De 4 E E le Al O2 5/bededckt L He 1 708 Fill bedeckt 11

1) Dunst. E Gewitter mit Regen. #) Nachmittags | Nollet.) ewitter mit ftarkem Regen.

Uebersicht der Witterung.

als Gast.

pk Oa O O e “J

bo O D O D L Z

heiter bedeckt Regen Negen bedeckt2) beded13) wolkig bedeckt bededt halb bed. bedeckt halb bed. bedeckt bededckt 4)

00 ck

D S R C D R D 00ck s E

A NNNNDO

Nordschottland erschienen, einen Ausläufer nah der Nan gend entsendend, wo stürmische Luftbewegung aus südwestlicher bis nordwestliher Richtung ein- etreten ist; auch an der westdeutshen Küste sind die südli en Winde stark aufgefrisht und {eint weitere

dem nördlihen Rußland. In Deutschland ist bei

südlicher Luftströmung das Wetter mild und trübe, Herr Kapellmei allenthalben, außer im südlichen Deutschland, ist Regen gefallen. An der westdeutshen Küste fanden, ostwärts fortshreitend, am Nachmittag Gewitter

Windiges, etwas fühleres Wetter wahrscheinlich. ball Deutsche Seewarte.

Theater - Unuzeigen.

Königliche Schauspiele. Mittwoch: Opern- haus. 65. Vorstellung. Falstaff. Lyrishe Komödie in 3 Akten von Giuseppe Verdi. Text von Arrigo Boito, deutsch von Max Kalbeck. Jn Scene gesetzt vom Ober-Regisseur Teßlaff. Dirigent : Kapellmeister Dr. Muck. Anfang 74 Uhr.

Schauspielhaus. otte O in Gräfin Den von E

o phraim Lessing. Sräfin Drsina: Fräulein | Fn Scene geseßt von Siamun e 1 Pauline E “i eti Reborid H Dresden, Doe, D is Ge cht ber a Sun Akt | Nenz-Stark; die ikarischen Spiele in dex Luft, ausge-

arinellt: VDerr Friedri) Haase. als | von Eduard Kraemer. Anfang 7: ; Gast.) Regie: Herr Plaschke. Anfang 7# Uhr. s 100g Le Uhr

Donnerstag: Opernhaus. 66. Vorstellung. Mien,

rin. Romantische Oper in 3 Akten von Ri

agner. (Telramund: Herr Pröll, vom Hoftheater in S T als Gast.) Anfang 7 Uhr. auspielhaus. h i ene Ti Traumstück in 2 Theilen von Gerhart Hauptmann, | mit großem Ballet in 12 Bildern. Musik von Mar Marschalk. Die Minnuekönigin. ot M if von Lans RaL D in ra S Ie umm. rigtnal-Lusl]ptel in | Der Oberfteiger. Anfan L ; 1 Äufnag von F. Silesius (G. K O U S 5 r.

Senator. Anfang 74 Uhr. Donnerstag: Der Herr Seuator. Freitag: Die Jüdin von Toledo.

Berliner Theater. Mittwoch: Aus eignem Recht. Anfang 7F Uhr. F U 4 Bie Cen Borken König | sunder J Pof Gef d T reitag: 29, Abonnements-Vorstellung. önig | sunder Junge. ofse mit Gesang und Tanz in O -Lieut. a. D. er von Lear. (Marie Pospischil, Elise Sauer, Ludw. | 3 Akten von Jean Kren. Musik von Julius | C 0rben: Hr. Oberst-Lieut. a. D. Alexand 2?) Gestern Nachmittags Gewitter. | Barnay, Arthur Kraußneck, Ludw. Stahl, Paul | Einödshofer. Anfang 74 Uhr. Donnerstag: Ein gesunder Junge.

Lessing-Theaier.

Gin tiefes barometrishes Minimum ist über | Mavame Saus-Gêne.

Friedrich - Wilhelmstädtishes Theater. Chaufseestraße 25.

Zunahme der Windstärke wahrscheinli. Hochdruck- | , A: S An R E. lerne in | von Liszt.

gebiete lagern über der Balkanhalbinsel sowie über Sohann Strau L Federmann. Donnerstag: Der lustige Krieg.

Refsidenz-Theater. Direktion: Sigmund Lauten-

statt; au Berlin hatte Gewitter mit starkem Regen. | burg. Mittwoch: Zum 23. Male. Der Maskeu- Veglione).

von Alexandre Bisson und Albert Caré. Deutsch

abend. Die Künstlerin hatte 19 Lieder in ihr Programm auf- enommen, denen fie noch drei weitere hinzufügte; außerdem wurden

chumann's , Wenn ichin den Garten geh“, „Vergebliches Ständchen“ von Brahms und der „Persische Liebesreim“ von Sevffert auf Wunsch wieder- holt. In ihrer originellen Vortragsweise, mit der sie oft eine interessante dramatische Belebtheit vereinigt, steht sie fast unerreicht da. Diese Vorzüge famen nicht nur in Schubert's Ug. zur Ea sondern auch in dem heitern Liede von Brahms „Vergebliches Ständchen“, in welchem sie die Hast des stürmischen Knaben und die ruhige Zurück- weisung der standhaften Schönen mit treffender Komik charakterisierte. Ihr Pianissimo is von bezaubernder Wirkung. Die ernsten Gesänge von Mozart, Schubert, Schumann, wie die heiteren von Brüll, SUN Wr und anderen fühle fle mit _gleider Vollendung aus. Daß die geniale Sängerin auch Gewandt- heit in Koloraturen und Trillern besißt, zeigte sich ebenfalls in manhem ihrer Vorträge. Nauschender Beifall folgte nah jedem Liede. Der Violinvirtuose Herr Ludwig Bleuer, der das Konzert unterstützte, trug die Nomanze in l-dur von Beethoven und zwei Salonstücke von Hußla und Bazzini ‘vor und bewies in diesen wiederum glänzende Technik und zarte Ausdrucksweise. Schließ- lich fei noch erwähnt, daß die Konzertgeberin, welche mehrere Fahre hindur Lehrerin Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kron- prinzessin-Wittwe Erzherzogin Stephanie war, von Seiner Majestät dem Kaiser und König Franz Joseph mit dem Titel „Professorin“ aus- gezeichnet worden ist. 2

Nach der gestrigen Vorstellung von Wagner's „NRheingold“ im Königlihen Opernhause licß Seine Majestät der Kaiser durh den General-Intendanten Grafen von Hochberg sämmt- lichen Mitwirkenden Allerhöchstseine Zufriedenheit aus\prehen und den Königlichen Kapellmeister Sucher in die Hofloge befehlen, um an ihn ne G der Anerkennung zu rihten. Morgen wird Verdi's „Falstaff“ gegeben. :

Im KöniglichenSchauspielhause eröffnet morgen Friedrich Haase sein Gastspiel mit dem Marinelli in Lessing's „Emilia Galotti“. Für Fräulein Poppe, welche erkrankt ist, tritt Fräulein Pauline Ulrih vom Dreédner Hof-Theater als Orsina ein. Die übrige Beseßung is nachstehende: Emilia: Frau von Hochenburger, Prinz: Herr Matkowsky, Odoardo: Herr Molenar, Claudia: Frau Stollberg, Angelo: Herr Arndt, Graf Appiani: Herr Ludwig, Conti: Herr Purschian.

Im Berliner Theater kommt morgen auf besonderen Wunsch Wichert’'s Schauspiel „Aus eignem Recht“ zur Aufführung. Die erste Darstellung des neu einstudierten „König Lear“ mit Ludwig Barnay in der Titelrolle wird deshalb auf Freitag verschoben.

Im Wallner-Theater wird bei dem Gesammt-Gastspiel des Friedrih-Wilhelmstädtishen Theaters am nächsten Sonntag Offenbach's Operette „Die {öne Helena“ in den Hauptrollen mit den Damen Cornelli, E. Schmidt, Delmar und den Herren Wellhof, Hanno, Bruch, Matthias Ernsthaft und Broda besetzt fein.

Die aus der Klindworth’shen Schule hervorgegangene junge Pianistin, Fräulein Käthe Hüttig läßt ihrem neulichen Orchester- konzert morgen Abend 7F Uhr einen Klavierabend im Saal Bech- stein folgen, in welhem sie Schumann's „Karneval“, Chopin?'s B-moll-Sonate, die Variationen mit Fuge in Es-dur und das Prä- ludium in H-moll von Bach, die Ballade in H-dur von Brahms

und Liszt's Tarantellenphantasie zu Gehör bringen wird.

Die „Berliner Liedertafel“ (Chormeister A. Zander) ver- anstaltet am Donnerstag Abends 8 Uhr unter Mitwirkun von Frau Emilie Herzog und des Herrn Dr. Heinri Reimann (Orgel) in der Philharmonie ein Konzert, dessen Pro- gramm von neueren Chorwerken ein „Alleluia“ von Edgar Tinel, dem Komponisten des „Franciscus“, ferner Eyrich's „Beim Scheiden“ und C. Jul. Schmidt's „An der Wiege“ enthält. Das Programm des Konzerts, welches die Sängerin Fräulein Minny Cortese aus Frankfurt a. M. unter Mitwirkung des Königlihen Kammermusikers L Hugo Dechert an demselben Tage, Abends 7% Uhr, im Saal Bee ch-

ein giebt, bringt u. a. zwei Kanzonen von Händel und Hasse, eine Ballade von Shelley, Delibes? „Chanson ospagnole“, fowie Lieder von Schumann, Franz und Brahms. Im nächsten, letzten phil - harmonishen Konzert unter Hof-Kapellmeister Rich. Strauß? Leitung, in welchem Beethoven's 1X. Symphonie mit Chören zur Aufführung gelangt, wird Fräulein Clotilde Kleeberg auf vielseitigen Wunsch Schumann?s A-mol]1-Konzert vortragen.

Vorher : Marimilian Bern. Anfang 7{

72. Vorstellung.

73. Vorstellung. Hanunele. | Kinder des Kapitän Grant.

ruse.) Anfang

Eharley’# Zante.

Deutsches Theater. Mittwoch: Der Herr | Brandoa Thomas. Vorher: Parodistische Posse mit Gesang in 1 Akt von Cd.

Musik von Franz (Frnfît. Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

Bentral-Theater. Alte Zakobstraße Nr. 30. Novität! Ein ge-

Jacobson und Benno Jacobson. Roth. In Scene gesez1 von Ab.

Mittwoch: Zum 9. Male.

von Benno Jacobson. Regie : Hermann Haak.

Donnerstag: Dieselbe Vorstellung.

D | Viktoria-Theater. Belle - Alliancestrae 7/8. Mittwoch : Mit vollständig neuer Ausstattung. Die Ausf\tattungs\tück

Adolph Ernst-Theater. Mittwoch), 74 Uhr: Schwank in 3 Akten von

Mannigfaltiges.

Der unter dem Protektorat Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin slehende Verein zur Fürsorge für die weiz, lihe Jugend feierte gestern im „Marienheim“ in der Borsigstraße sein zweites Jahresfest, dem u. a. auch der Geheime Ober-Regierungs. Nath, Kammerherr Graf von Bernstorff beiwohnte. Den Bericht erstattete der Prediger SIEDSEHE, Neu begründet sind eine Kohscule und eine Haushaltungsshule. Die Kochschule is auf besonderen Wunsch Ihrer Majestät mit Unterstützung des Vaterländischen Frauen: vereins eingerichtet. Jeder Kursus dauert se{ch8 Wochen und ist für aht Schülerinnen bestimmt. Die Eröffnung eines Abendkursus steht bevor. Der einjährige Kursus in der Haushaltungs\hule wird vou zehn Schülerinnen besucht ; für April liegen bereits fünfzehn neue Meldungen vor. Mit der Schule is eine Waschanstalt ver, bunden. Neu eingerichtet is ferner eine Stellenvermittelung, bei der ih seit August v. J. 960 Herrschaften, aber nur 9517 Dienstboten gemeldet haben. Jn 176 Fällen war die Vermitte. a nahweislich von Erfolg. Im „Marienheim"“ haben im [eßten Jahre 554 junge Mädchen Unterkunft gefunden, davon 480 gls Aga, 493 waren evangelisch, 54 fatholish, 7 jüdisch. An dem Mittagstisch nahmen auh andere junge Mädchen theil, es wurden insgesammt 21 793 Mittagsportionen ausgegeben. Das Hospiz hatte 1010 Gâste, die 4725 Nächte verblieben. In der Erziehungéanstalt „Zoar“ sind z. Z. 11 Kinder. Die Zahl der Abonnenten des Mägde- blatts ist von 5500 auf 10000 gestiegen. Der Bau eines zweiten Ros auf dem Grundstück der Gemeinnüßigen Baugesellschaft in der

asserthorstraße steht bevor.

D VITE Hauptversammlung des unter dem Protektorat Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich stehenden Berliner Hauptvereins für Knaben- Handarbeit findet Sonnabend. den 17. März, Abends 8 Uhr (pünktlich), im Bürgersaal des Berliner Rathhauses (Eingang von der Königstraße) ftatt. Die Tagesordnung lautet: 1) Berichterstattung über die Thätig- keit des Vereins im leytvergangenen Jahre, vom Vorsizenden, Abg. von Schenckendorfff; 2) Berichterstattung über die Ver- mögenslage des Vereins, von dem Schaßmeister General- Konsul F. Borchardt; Vorstandswahl; 3) Mittheilungen über „Die Ausftellung von Erzeugnissen des Handfertigkeits-Unterrihts aller Länder auf der Welt-Ausstellung zu Chicago“, von Herrn Professor Dr. Woeßold, Direktor der Königlichen Elisabethshule. Die Mitglieder des Vereins sowie alle Freunde seiner Bestrebungen, insbesondere auch Damen, sind zu der Versammlung eingeladen. Gleichzeitig findet im Oberlichtsaal des Rathhauses eine Ausstellung der fünf Berliner Schülerwerkstätten statt, welhe am Sonnabend, 17. März, von 3 bis 8 Uhr, Sonntag, 18. März, von 12 bis 7 Uhr, und Montag, 19. März, von 12 bis 7 Uhr, geöffnet ist. Ausgestellt sind Schüler- und Lehrerarbeiten und zwar : Holzschnißerei-, Hobelbank-, Papp-Arbeiten sowie Papier- und Holz-Arbeiten jüngerer Alters\tufen. Der Eintritt ist für jeder- mann unentgeltlich.

In der Urania findet morgen Abend um 6 Uhr der zehnte und leßte Abonnements-Vortrag der gegenwärtigen Saison statt, und zwar wird Herr Professor Dr. Möbius, der Dircktor der Zoologischen Sammlung des Museums für Naturkunde in Berlin, „Ueber ete

Perlen“ sprechen. S

Wittich (Nheinprov.), 9. März. Der älteste Beamte im Deutschen Reich, der Gefangenwärter Johann Müller, ist, der oel Ztg.“ zufolge, heute im Alter von 101 Jahren und 20 Tagen gestorben.

Wien, 12. März. Wie die „N. Fr. Pr.“ meldet, wurde am Sonnabend Nachmittag gegen 2 Uhr în Abbazia eine ziemlich starke Erderschütterung verspürt, die eine Sekunde währte und sih von Südost nah Nordwest bewegte.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten Beilage.)

Baal Lechstein, Mittwoch, Abends 74 Uhr:

Vermischte Auzeigen. Schwank in Dr ut Dr “Ut 1 Akt, nah dem Französischen des R. Dreyfuß, von IT. Konzert (Klavier-Abend) von Käthe Hüttig.

Uhr. Donnerstag und folg. Tage: Dieselbe Vorstellung.

Pirkus Renz (Karlstraße). Mittwoch, Abends 73 Uhr: Anf auf zur fröhlichea Jagd. Par-

Ueues Theater. Direktion: Sigmund Lauten- | force- und Kaskadenritt. Ballet von 100 Damen. , | burg. Mittwoch): Z. 26. Male. A Bass0 Porto. | Meute von 40 Hunden. Außerdem: das Feuerpferd Emilia | Scenen aus dem neapolitan. Volksleben in 3 Akten | Elimar, vorgeführt von Frl. Oceana Renz; das von Goffredo Cognetti. Deuts von Emil Dürer. | Shulpferd Cyd, geritten von Herrn R. Renz;

Beautiful und der Steiger Solon, geritten von Frau

führt von der Familie Daineff; die Handakrobaten Gebr. Detroit 2c. Donnerstag: Anf auf zur fröhlichßen Jagd.

Familien -Nachrichteu.

Verlobt: Frl. Elisabeth von Estorf mit Hrn. Hauptmann Franz Grafen von Haslingen (Oranien- stein). Frl. Lisi von Kleist mit[Hrn. Lieut. Achim von Quast (Nheinfeld—Hannover). Frl. Mar- garete Meißen mit Hrn. Regierungs-Rath Dr. Edwin Sander (Berlin). Frl. Else Eschke mit

Beh e lLBE, Sar Bel Gran Lindic (Feil,

Die 22, erehelicht: Hr. Lieut. Paul von Weller mi

Die Bajazzi Frl. Helene Bâärenß (Charlottenburg). Hr. Nec tun Selle aul Berger mit Frl. Emma Schulze-Bellinghausen (Dortmund).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Hauptmann Bodo von Ditfurth (Colmar i. E.). Hrn. Regierungs- Assessor Heinrih Freiherrn von Zedliy u. Neu- kirh (Dsnabrücf). Hrn. Grafen Rangau (Alt- Döberitz).

Anfang 72 Uhr.

Derschau (Polnischdorf bei Wohlau). Fr. Konsul Henriette Luise Meier, geh. von Gröning (St. Louis, Mo., U. S.). Hr. Major a. D., S{hloß-

Mittwoch u. folg. Tage :

Konzeri-Ÿaus. Mittwoch: Konzert. Ouv. „Leonore II.“

usik von | (neu) von Smetana.

Regie: Herr Epstein. Dirigent: | Walzer von Strauß. Scenes de la Csárde Nr. 4 für die Violine von Hubay (Herr Neumann). „Edel- weiß vom Semmering“ für Piston von Hoch (Herr

nfang 74 Uhr.

——-—— Werner).

Sing-Akademie. Mittwoch, Schwank in drei Akten

Konzerte.

„Die Felsenmühle“ von Reissiger. Slavische Tänze Nr. 7 und 8 von Dvorak. Ungar. Rhapsodie Nr. 1 | Berlin: —— Phantasie aus „Die verkaufte Braut“ „Rosen aus dem Süden“, | Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlags-

hauptmann und Kammerherr Carl von P Gehag (Freienwalde a. O.). Hrn. Eisenhahn- Direktor A. Becké Tochter Adda (Rosto).

Karl Meyder-

von Beethoven. Redakteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Verlag der Expedition (Scholz).

Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Sieben Beilagen (einshließlich Börsen-Beilage),

sowie vie Juhaltsaungabe zu Nr. 6 des öffent- Abends 8 Uhr: | lichen Anzeigers (Kommanditgesellschaften auf Aktien und Äktieugesellschafteu) für die Woche

vom 5, bis 10, März 1894.

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

M 62.

Deutscher Reichstag. 69. Sißung vom Montag, 12. März, 12 Uhr.

Ueber den Beginn der L bereits in der Nummer vom Montag berichtet worden. Bei Fortseßung der zweiten Berathung des deuts - russishen Handelsvertrags nimmt im Verlauf der Berathung zum § 19 nah dem Abg. Grafen Mirbach das Wort der

Regierungskommissar Königlih preußishe Gesandte in Hamburg von Thielmann: /

(Wir lassen des Zusammenhanges wegen diese Nede voll- ständig folgen, obwohl über den Jnhalt derselben theils {hon gestern berichtet worden ist.)

Meine Herren, der Abg. Graf Mirbach begann seine Rede mit der Ankündigung, er würde über den Art. 19 und zugleich über das Schluß- protokoll zu Art. 19 sprechen. Er hat sein Wort gehalten und hat sogar noch ein Mehreres gethan, er hat den größten Theil seiner Rede auf die Staffeltarife verwendet, welhe mit Art. 19 nihts zu {hafen haben. Denn | die Staffeltärife in Preußen follen zur Aufhebung kommen, nicht weil wir einen Vertrag mit Rußland hließen wollen, sondern weil sie geeignet sind, große Theile des deutshen Vaterlandes zu schädigen. Darauf brauche ih also weiter nit zu antivorten, das wird vielleicht von anderer Stelle geschehen. Fch beschränke mi) auf den Artikel 19, und mit Erlaubniß des Abg. Grafen Mirbach werde ich das trennen, was er zusammengefaßt hat; ih werde erst den Ärt. 19 im Vertrag behandeln, und nachher die Be- merkungen zu Art. 19 in Schlußprotokoll. Der Abg. Graf Mirbach hat bedauert, daß bei den Unterhändlungen mit Rußland Deutschland sich gebunden hat, feine Eisenbahntarife auch russishen Waaren zu gute kommen zu laffen. Dieser Vorwurf richtet sich an erster Stelle niht gegen die gegenwärtige Negierung, er rihtet sich viel- mehr gegen das preußische Ministerium Manteuffel; denn dieses Ministerium war das erste, welches dies gethan hat. Das preußische Ministerium Manteuffel hat im Jahre 1857 die Eisenbahnverträge mit Rußland geschlossen, welche Sie in der Geseßsammlung finden und welche diesen Grundsay auch aussprehen. Das preußische Ministerium Manteuffel hat aber {hon im Jahre 1853 einen Ver- trag mit Oesterreich geschlossen, in welchem die gleihen Grundsäße auch zum Ausdruck kommen, und L e Grundsäße ziehen sich vom Jahre 1853 ab dur alle Verträgë, welche wir mit Desterreih ge- shlossen haben. Es sind also Verträge, die zu einer Zeit geschlossen wurden, als das Ministerium Manteuffel nicht mehr und die gegen- wärtige Kaiserliche Regierung noch nicht am Ruder war. Daß nebenbei die gleihen Grundsäße in dem Vertrage mit Belgien nieder- gelegt sind, hat der Referent bercits bemerkt. Ich glaube, gegen diese Grundsätze des Art. 19 in dem Vertrage läßt sich also weiter nicht polemisieren. Der Abg. Graf Mirbach sagte nun : uns {haden diese Grundsäße, wénn wir sie auf russishe Waaren anwenden. Ih glaube, sie schaden nicht. A Andererseits sagte er, sie nützen aber nicht, soweit deutshe Waaren, die nah Rußland transportiert werden, zur Frage kommen. Er wandte zunächst ein, betreffs der Kohle könnten die Russen dieses Zugeständniß jederzeit illuforisch machèn dur künstlichen Wagenmangel. Jch will darauf erwidern, daß, wie bereits in der Kommission gesagt worden is, gerade der Artikel Kohle ein sehr {lechtes Beispiel abgiebt. Denn in Oberschlesien haben wir Quali- tätskohle, die die Flöße auf der russis@en Seite nicht haben; in- folge dessen werden die Russen unsere Qualitätskohle auch durch Wagenmangel nicht aus\{ließen können. Der Abg. Graf Mirbach hat aber das Eisen ganz vergessen ; ih möchte wissen, was unsere ober- s{lesishen Eisenindustriellen dazu sagen möchten, wenn den polnischen Werken hart jenseits der Grenze, kaum 1 km von der Grenze ent- fernt, Tarife nah Kiew oder nach anderen Gegenden des süd- westlihèen Nußlands erstelt werden, die erheblich niedriger sind, als die aus den obersclesischèn Eisendistrikten. Jch glaube, es würde" darübeæx in Oberschlesien ganz er- heblihe Unzufriédenheit herrschen. Ich gebe zu, daß für Waaren wie Sammet und Seide die Eisenbahntarise ziemlih gleichgültig sind; es sind aber die Cisenbahntarife von \{chwerwiegender Bedeutung, wenn es sich beispielsweise um Eisen handelt, und daß das Eisen in unserem Export nach Nußland eine ganz hervorragende Nolle spielt, brauche ih gar nicht hervorzuheben. Ich kann also gleih zum Schlußprotokoll lommen, zu dem Artikel, welcher die näheren Erläuterungen und Bestimmungen über den Verkehr nach Memel, Königsberg und Danzig giebt. Ich {ließe Memel ‘vorläufig aus, weil, wie ih glaube, auh von den Gegnern nit behauptet worden ist, daß die Tarife nah Memel uns besonders zu shädigen geeignet wären, und [prehe nur von Königsberg und Danzig. Es ist gesagt worden, _wir unterwürfen uns blindlings der russischen Willkür in Bezug auf die Tarife nah Königsberg und Danzig. Da erlaube ih mir nur, Ihnen aus - dem Wortlaut des Artikels 19 im Schlußprotokoll eine kleine Stelle vorzulesen, welche, wie mir scheint, nicht die gebührende Würdigung gefunden hat. Sie steht auf Seite 77 und lautet: „Diese Verpflichtung bezieht sich nur auf die beiderseitigen Staatsbahnen; doch werden die beiden Negierungen dahin zu wirken suchen, daß die Privatbahnen bei der Tarifbildung und Frachtver- theilung auf ihren Linien die gleihen Grundsäße anwenden. Sollten sich jedoch troßdem die am Verkehr in einer der bezeihneten Rich- tungen betheiligten Privatbahnen diesen Grundsätzen der Tarifbildung und Vertheilung nicht unterwerfen, fo sollen diese Grundsäße auch für die Staatsbahnen der vertragschließenden Theile niht mehr bindend sein.“ Was folgt daraus, meine Herren? Es folgt daraus, daß, wenn Nußland sich etwa gemüßigt finden sollte, auf seinen Bahnen nah Riga und Libau folche Tarife einzuführen, welche den beiden bei uns in Betracht kommenden Privatbahnen, nämlich der Ost- preußishen Südbahn und Marienburg-Mlawka, kein genügendes Benefiz bieten, diese Bahnen {h berehtigtermaßen einfah weigern werden, diese Tarife einzuführen, womit auh für unsere Staatsbahnen jede weitere Verpflichtung wegfällt; bei den Staatsbahnen habe ih namentlih die Anschlußlinie Marienburg-Danzig im Auge. Nun ist ferner gesagt worden und zwar auf Grund einer Aeußerung oder einer Denkschrift des russishen Finanz-Ministers Witte, welche mit sehr genauen Daten über die Schiffsfrachten belegt war, daß die Beförderung des russishen Getreides über Königsberg oder Danzig fo ee im rufssishen Interesse läge, daß selbst ohne eine solhe Bestimmung im Schlußprotökoll ein großer Theil des russischen Getreides jeder Zeit über Königsberg und Danzig werde ver- frachtet werden. Meine Herrèn, ich kann nur wiederholen, was ich über diesen Punkt bereits in der Kommission gesagt habe: Die

Bifföfrahten fönnen nie für Berechnungen auf längere Zeiträume ¿u Grunde gelegt werden, die Schiffsfrachten wechseln niht von Jahr ¿u Jahr, sie wechseln von Monat zu Monat; und wenn dem entgegen gesagt worden ist: ja, die Relation zwischen den Schiffsfrachten im d warzen „Meer einerseits und in der Ostsee andererseits bleiben S diéselben, so bestreite ih das ebenso, wie {on von anderer

eite bestritten worden ist, daß die russishen Getreidepreise und der in pturs Hand in Hand gehen, daß sie parallel laufen. Sie haben fel t Kommission eine Zusammenstellung der Berliner Börse ge- bela über Getreidepreise speziell Roggenpreise und Rubelkürse. Die d q Linien laufen nichts weniger als parallel, sie kreuzen sich und

“L Zilzade. Cbenso geht es mit den Schiffsfrachten und alle

teter der Seestädte werden mir das bestätigen : Die Schiffsfrachten

Berlin, Dienstag, den 13. März

können nach der einen Relation sehr billig sein und nah der anderen sich auf der üblihen Höhe halten; fie fönnen sogar steigen, weil nicht allein verschiedene Gesellschaften, wie der Abg. Graf Mirbach zugab, nah verschiedenen Meeren fahren , sondern ganz verschiedene Klassen von Schiffen, theils große, theils fleine. Zch komme nun auf die spezielle Wirkung der Tarife, wie sie im Artikel 19 des Protokolls näher dargelegt sind. Es wurde behauptet, zwar nicht von dem Abg. Grafen Mirbach, aber von anderer Stelle früher: diese Tarife wären jeßt {hon so niedrig, daß das russische Getreide, welches nah loko Danzig oder nah loko Königsberg ge- langt wäre, mit den Tarifen immer noch bevorzugt nach dem mittleren Deutschland, sagen wir beispielsweise Berlin würde abstrômen können. Meine Herren, das ist nicht rihtig. Ich hábe der Kommission eine nähere Zlifoiniieilteltung vor ¿legt mit den nöthigen Karten, aus der Karte des Reichs - Kursbuchs ausge- schnitten, unter Berehnung der Tonnenkilometecsäße. Aus diesen Säßen ergiebt \ih, daß die rufsishen Säße bis auf eine Ent- fernung von ungefähr 1100 km von den Häfen erheblih böher sind als unsere preußischen Staffelsäße und fh erst jenseits der 1100 km unter diese Säße erniedrigen. Was folgt daraus? Daraus folgt, daß das russishe Getreide, welhes erst den Umweg über Danzig oder Königsberg machen würde, um \chließlich nach Berlin zu gelangen, doch in keiner Weise mehr bevor:ugt anlangt, sondern benachtheiligt in Bezug auf die Frachtsäße. Meine Ziffern wurden sodann in der Kommission angezweifelt, sie wären nicht richtig und entsprächen niht den thatsächlihen Verhältnissen. Darauf hat das Königlich preußishe Ministerium der öffentlichen Arbeiten, einer Aufforderung der Kommission entsprechend, die Ziffern von anderen Gesichtspunkten noch einmal zusammengestellt. Es sind hier zusammengestellt das wird auh später noch gedruckt werden die thatsählihen Frachten von aht der wichtigsten Scnitt- punkte im westlihen und südwestlihen Rußland nah Berlin, erstens über Danzig mit den ermäßigten Durhgangssätßen bis Danzig, zweitens auf dem nächsten Wege über Alexandrowo. In allen Fällen ergiebt sich, daß der Weg über Alexandrowo um eine ganz erhebliche Summe, welche zwischen 15 und 2% # für den Waggon wechselt, billiger ist als der Umweg über Danzig, selbs mit den ermäßigten Durch- gangstarifen bis dorthin. Also, meine Herren, glaube ih, daß irgend welche Befürchtung, das russishe Getreide könne bevorzugt via Danzig oder via Königsberg nah Berlin und anderen Theilen des mittleren Deutschlands gelangen, gänzlich unbegründet ist. Eine zweite Befürchtung wurde ausgesprochen und heute von dem Abg. Grafen Mirbach wieder- holt, nämlich, daß das russishe Getreide, welches zu den ermäßigten billigen Durchgangstarifen bis Königsberg oder Danzig gelangt sei, von dort wieder in das Innere der Provinzen Ostpreußen oder West- preußen würde zurüdströmen können. Darauf wurde seitens des Vertreters des preußishen Ministeriums der sffentlihen Arbeiten erwidert: theoretisch wäre das vielleißt möglih bei einem Rayon von etwa 50 km, wenn nicht die preußische Eisenbahn-Verwaltung dafür Sorge tragen würde, was geschehen wird, daß solches Getreide nicht einfach im Wege der von dem Abg. Grafen Mirbach für Bayern selbst angefochtenen Neexpedition einfah auf neue Frahhtscheine zurük- befördert wird, fondern, daß solhes Getreide vielmehr zur Zurück- verfrachtung in das Innere von Ostpreußen und Westpreußen nur dann angenommen wird, wenn es mit Landfuhrwerk dem Bahnhof zugeführt wird. Dadurch entstehen die Kosten der Ausladung aus dem Waggon, mit dem das Getreide von der Grenze gekommen ist, die Kosten des Landfuhrwerks, die Kosten der Wiedereinladung in den Eisenbahn- waggon, macht zusammen für den Waggon ungefähr 10 4 Wenn man diese 10 /( Spesen loko Danzig oder Königsberg in Betracht zieht, so kommt das Getréide, wie in der Kommission näher ausgeführt worden ist, nicht über einen Rayon von 15 km, von Königsberg oder Danzig aus gerechnet, hinaus zurück in das Land. Geht es weiter, so kommt es theurer zu stehen, als wenn es direkt von der Grenze ab befördert wird. Also auch in dieser Nichtung sind die Bestimmungen des Schlußprotokolls zu Artikel 19 gänzlich unbedenklih. Es wurde ein dritter Punkt erwähnt: es würde sich auf Grund der billigen Durchgangstarife in Königsberg und Danzig eine sehr potente Mühlenindustrie entwidckeln, welche die innerpreußischen Mühlen der Provinzen todtmahen würde. Meine Hexren, da will ih auf etwas aufmerksam machen, was allerdings jüngeren Datums ist, nämlich auf das Amendement Bachem zum Identitätênachweis. Wenn ih dasselbe richtig verstanden habe, so hat es im Sinne, auch jenen Mühlen, welche preußisches Getreide vermahlen, die Einfuhrscheine bei der Ausfuhr des Mehles zu gewähren, fodaß diese Mühlen ebenso in der Lage sind, Mehl aus preußishem Roggen zu mahlen üñd nachher vortheilhaft ins Ausland auszuführen. Hiermit, meine Herren, entfällt meiner Ansicht nah ein großer Theil des Bedenkens. Andererseits woher fommt es, daß beispielsweise Bromberg, was dem russischen Pro- duktionsgebiet erheblich näher liegt, au ohne Durchgangstarife —— ih rede von dem gewöhnlichen preußischen Tarif von 4, 5 „4 für das Tonnenkilometer von der Grenze bis Bromberg —, woher kommt es, sage ih, daß die dortige Mühlenindustrie die anderen Mühlen in den Osfprovinzen noch nicht todtgemacht hat? Nach den Ausführungen des Abg. Grafen von Mirbach hätte dies längst der Fall sein müssen. Bromberg liegt an schiffbarem Wasser, den russishen Produktions- städten näher, es kann das russishe Getreide billiger erhalten als Königsberg und Danzig. Bis jéßt habe ih aber von ciner so potenten Mühlenindustrie in Bromberg, von einer solchen, welche die Mühlen- industrie in der Provinz todt gemacht hätte, nihts gehört. Ich glaube also, daß die Befürhtung für Danzig und Königsberg nur eine theoretische ist, praktis scheint sie mir bis jeßt niht zu sein. Sollte sie es aber sein, so bitte ih Sie, au die Aufhebung des Jdentitätsnachweises mit zu berücksichtigen. Wenn fich in Königsberg und Danzig eine potente Mühlenindustrie entwickelt, wird dann diese Mühlenindustrie nah Aufhebung des Identitätsnachweises nicht auch der ostpreußishen und westpreußishen Landwirthschaft zu gute fommen? Ich glaube: sehr! Gerade wegen der Mischung des deutschen und rufsischen Getreides, welche ein befonderes bakfähiges Mehl liefert, wie allfeits bekannt ist, werden folche Mühlen an \chiff- barem Gewässer, die in erster Linie Exportmühlen sind, auch oft- und westpreußishes Getreide an sih ziehen. Das ist also ein Vortheil für die Provinzen. Ich glaube hiermit alle Einwürfe, die gegen das Schlußprotokoll zum § 19 erhoben worden find, entkräftet zu haben und wüßte niht, was von diesen Bestimmungen noch übrig bleiben könnte, um Ost- und Westpreußen, zu deren Nußen der Art. 19 im Schlußprotokoll anerkanntermaßen geschaffen worden ist, etwa in ihren landwirthschaftlißen Beziehungen zu {chädigen. (Beifall.) S Abg. Kröber (südd. Volksp.) erklärt sich namens der süd- deutshen Volkspartei gegen die Staffeltarife; aber er und seine Freunde seien nicht grundsäßlih gegen die Staffeltarife, wenn die- selben cinheitlich geordnet würden, und wenn nicht die Eisenbahnen die auswärtigen Waaren eben so billig fahren müßten, wie die ein- heimishen. Im Direktionsbezirk Breslau besichen Staffeltarife für Holz, die heruntergehen bis auf 0,2. Soll zu diesem billigen Tarife auch russishes Holz gefahren werden? Wenn die ien Staffel- tarife aufgehoben werden sollen, dann müßten die preußischen Staffel- tarife in den Bezirke Bromberg und Breslau auch beseitigt werden. bg. Dr. Hammacher 4E) : Da die Aufhébung dèr Staffeltarife beschlossene Sache ist, so hat es wenig Zweck, sie hier im Reichstag u behandeln. Ih möchte nur eau ien. mit der Aufhebung so bald als möglich vorzugehen. Von seiten der verbündeten Megie-

1894.

rungen ist uns mitgetheilt, daß der Aufhebung der Staffeltarife vor dem 1. August reglementarische und vertragsmäßigeKindernisse ent- gegenstechen. Darin wollen wir nit eingreifen; aber das fönnen wir nit zugeben, daß die Aufhebung des Identikätsnahweifes und der Staffeltarife“ unbedingt gleichzeitig mit dem“ russischen Vertrage er- folgen muß. Jn Bezug auf den Art. 19 hat der Re ierungskommissär von Thielmann bereits das Nöthige ausgeführt. Ich habe nit die Loyalität der russishen Regierung übermäßig gelobt, sondern nur aus- geführt, daß beim Abs{chluß eines solchen Vertrags beide Theile von etnander annehmen müssen, daß der Vertrag loyal ausgeführt wird. In Bezug auf die Eisenbahntarife würde es an der Zeit sein, eine HDentralbehörde einzuscßen, welche die Beobachtung der Verfassung in dieser Beziehung überwaht. Wenn Bayern Staffeltarife hat, dann darf es sih nicht wundern, daß Preußen auch davon Gebrauch macht. Die Bedenken des Abg. Grafen Mirbach sind vollftändig unzutreffend. Wenn russishes Getreide nah Danzig und Königsberg kommt, dann müßte es, um in Deutschland weiter verfrachtet zu. werden, umgeladen werden, was wenigstens 10 Æ Kosten pro Doppelzentner verursacht. Es würde nur in einem Umkreise von 5 km billiger verwendet werden können als deutsches Getreide. Die Hauptzufuühr- straße für rufsisches Getreide würde die Marienburg-Mlawkaer Bahn

für Danzig und die ostpreußishe Südbahn für Königsberg sein. Diese

beiden Privatbahnen werden aber niemals die Tarife so herabsegen, daß das rufsishe Getreide zu Shleuderpreisen transportiert wird. Was ' würde aus dem Verkehr mit Rußland, wenn wir den Art. 19 niht hätten ? Würde nicht erst recht Rußland freie Hand haben, seine Eisenbahntarife zu gestalten und dadurch die Zollermäßigungen illuforish zu machen?

Abg. Freiherr von Ham merstein (dkonf.): Der Reichskanzler hat allerdings dagegen protestiert, daß Preußen gezwungen fei, die Staffeltarife aufzuheben. Aber etwas eigenthümlih ist die Ent- stehungsgeschichte dieser Angelegenheit doch. Im Juni 1893 erklärte die preußische Regierung, daß die Staffeltarife wirthschaftlich und finanziéll gerechtfertigt seien. Damals wußte sie doch {on, daß mit Nußland verhandelt wurde, und wenn die Staffeltarife damit direkt in Verbindung ständen, so hätte eine solche Erklärung damals doch niht abgegeben werden können. Der Abg. Dr. Lieber meinte, gegen die Wiedereinführung der Staffeltarife sichere die Ehr- lichkeit der preußischen Regierung. Wer sind denn die beiden Kontrahenten? Der eine ist die preußische Regierung, wer aber ist der andere? (Zuruf des Abg. Rickert: Hier die Herren im Reichstag!) Die können doch mit der preußischen Regierung nicht kontrahieren. Es handelt {ih alfo offenbar um ein Handelsgeschäft. Redner bleibt bei feiner in der Kommission aufgestellten Meinung steben, daß der Transport vom Innern Rußlands über Danzig nah Berlin für russis{ches Getreide sehr billig sein würde; von einer Umladung in Danzig brauche keine Nede zu sein; denn in der Komtnission ist nur erklärt worden, daß die Regierung eine folche Umladung ein- rihten könne. Die von der preußischen Eisenbahnverwaltung auf- gestellten Zahlen stimmen nicht recht mit denen überein, welche aus Speditionskreisen mitgetheilt find. Jedenfalls wird auf der Strecke Landesgrenze nach Danzig oder Königsberg das russishe Getreide billiger gefahren als das deutsche auf der gleihen Strecke. Der Getreidepreis auf dem Lande ift aber in Ost- und Westpreußen der Danziger oder Königsberger Preis abzüglich der Fracht, die für deutshes Getreide höher ist als für russishes. Wenige Tage vor Abschluß des Vertrags hat Rußland den ZoU für Zucker in Finland erhöht, soweit er niht aus Nußland kommt. Eine solche Manipulation kurz vor Abschluß eines Vertrags, der eine solhe Erhöhung verbietet, ist do auffallend. Ebenso auffallend is es, daß die Schulen der deutschen Kolonisten nicht mehr die Selbstverwaltung haben follen, daß die S@hulverwaltung niht mehr Grundbesiß erwerben kann.

Reichskanzler Graf von Caprivi:

Ich will'mich nur mit wenigen Worten gegen die Bemerkungen wenden, mit denen der Herr Vorredner das preußishe Staats- Ministerium angegriffen hat. Er hat zuerst gesagt: am 28. Juni 1893 hat der Königlich preußishe Minister für die öffentlichen Ar- beiten cine Erklärung abgegeben, die dahin ging, daß das Staats- Ministerium mit den Staffeltarifen durchaus zufrieden sei, und hat daraus gefolgert; entweder müsse das preußische Staats-Ministerium nicht in allen Stadien der Unterhandlungen hinreichend unterrichtet gewesen sein, oder der preußishe Herr Minister der öffentlichen Arbeiten hätte do wissen müssen, daß ein Vertrag mit Rußland käme. Der Einwand [öft ih fehr einfach aus dem Datum. Am 28. Juni 1893 waren wir in den ersten Stadien \{riftlißen Verkehrs mit der russis{hen Re- gierung, und weder ih, noch irgend ein Mensch hat um die Zeit mit einiger Wahrscheinlichkeit wissen können, ob ein Handelsvertrag mit Nußland, ob ein Geseg über den Identitätsnahweis zu stande kommen würde. Es kann also dem preußishen Herrn Minister für die öffentlihen Arbeiten nicht der mindeste Vorwurf daraus er- wachsen, wenn er um die Zeit etwas nicht wußte, was überhaupt kein Mensch wissen konnte.

Zweitens hat der Herr Vorredner gesagt, die Sache mit den Staffeltarifen wäre ein Handelsges{chäft, und wenn Handelêgeschäfte gemaht würden, so müßten zwei Kontrahenten da sein; der eine Kontrahent wäre zweifellos das preußishe Staats-Ministerium, der andere, wer das wäre, wisse er nicht. Jh will das dem Herrn Abgeordneten sagen, und ih bin erstaunt, daß er das nicht weiß. Hat denn der Herr Abgeordnete keine Kenntniß vom Antrage Eckels im Abgeordnetenhaus; hat er keine Kenntniß davon, wie tief im Westen Preußens die Abneigung gegen die Staffeltarife geht, und hat er niht die Rede des Herrn Freiherrn von Schorlemer im Herren- hause gelesen? JIch glaube, wer Kenntniß von diejen Dingen hat, wird wissen, wer der zweite Kontrahent ift.

Abg. Dr. Schaedler ( ah verwahrt die bayerische Kammer dagegen, daß der Abg. Graf Mirbach es komisch oder eigenthümlich ge- funden habe, daß die bayerische Kammer fi mit den preußischen Staffeltarifen befaßt habe. Die bayerische Kammer wird es fch niht nehnen lassen, fich mit Dingen zu befassen, welche das vitalste Interesse Bayerns betreffen. Von einem Che Bus für Baumwolle ist in Bayern gar keine Rede. Wenn die Aeußerung des LT Dr. Hammacher von einer Btlistel darauf hinausgehen foll, daß Bayern seine selbständige Tariffeststellung verlieren foll, so wird er sih täuschen. Alle Bayern werden fih gegen eine solche Verzicht- leistung auf ein bayerishes Recht erklären.} i;

Regterun FORATRE Königlich preußisher Geheimer Règierungs- Rath Möllhaufén: Der Abg. lf err von Hammerstein hat die Angaben der N eupien Eisenbahnverwaltung bezweifelt. Wir sind sehr vorsichtig bei der Aufstellung gewesen. Was die Umlädung in Danzig und Königsberg betrifft, so wird dieselbe vorgeschrieben werden. Es handelt ih um Ausnahmetarife für Frachten loko Danzig und Königsberg. Diese Ausnahmestellung der Tarife wird gewahrt werden, indem wir positiv eine Umladung des Getreides

vorschreiben werden.