1894 / 75 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 30 Mar 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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Nichtamtliches.

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 30. März.

Jhre Majestäten der Kaiser und König und die Kaiserin und Königin unternahmen, wie „W. T. B.“ aus Abbazia meldet, heute Vormittag einen Spaziergang auf dem Strandwege und begaben Sich mit Gefolge gegen 11 Uhr an Bord der Yacht „Christable“. Es wurden Jagdgewehre mitgenommen. Das Wetter ist prächtig.

Ueber den gestrigen Besuch Seiner Majestät des Kaisers Franz Joseph bci Jhren Majestäten dem Kaiser und König und der Kaiserin und Königin in Abbazia liegen folgende ausführlichere Mittheilungen des „W. T. B.“ vor:

Der Hofzug Seiner Majestät des Kaisers Franz Joseph lief um 9 Uhr Vormittags in den Bahnhof Mattuglie ein. Als Allerhöchstderselbe den Salonwagen verließ, eilte Seine Majestät der Kaiser Wilhelm dem Kaiser Franz Joseph entgegen, und beide Monarchen umarmten und küßten Sih. Nach der Begrüßung der Gefolge traten die Majestäten aus dem Bahnhof, um die bereit stehenden Wagen zu besteigen. Die auf dem Play vor dem Bahnhof und auf den überhängenden Felswänden zu Tausenden ver- sammelte Bevölkerung brach in diesem Augenblick in lebhafte „Evviva-“, „Zivio-“ und „Hoch- “Rufe aus. Die Majestäten traten alsdann über Volosca durh die mit Fahnen, Guir- landen und Blumen geschmückten, sowie von Landleuten und Fischern dicht beseßten Straßen, auf dem ganzen Wege be- geistert begrüßt, die Fahrt nah Abbazia an. e

Gleih nach der Ankunft in Abbazia stattete Seine Majestät der Kaiser Franz Joseph Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin in der Villa Amalia einen Besuh ab. Später fuhr Allerhöchstderselbe zum Besuch der Großherzogin von Toscana nah Volosca, von wo die Rückkehr um 111/23 Uhr erfolgte. Nach Besichtigung des Militär-Kurhauses begab Sich Kaiser Franz Joseph in das Hotel „Stefanie“, legte dort preußishe Uniform an und fuhr gegen 1 Uhr nach der Villa Amalia zur Frühstückstafel bei den Kaiserlihen und Königlihen Majestäten. Während der Tafel spielte die Kurmusik im Park der Villa Amalia. Gegen 21/5 Uhr \chifften Sih die beiden Monarchen auf cinem Boot der „Christable“ ein. Kaiser Wilhelm hatte die Uniform Seines osterreichishen Husaren-Regiments angelegt, in der Begleitung befand sich der Kontre-Admiral Freiherr von Senden-Bibran ; Kaiser Wilhelm steuerte Allerhöchstselbst das Boot der Yacht „Christable“ zu. Jn einem zweiten, von Schiffsjungen des „Moltke“ geruderten Boot fuhren Jhre Majestät die Kaiserin und Königin, der Erzherzog Joseph, die Erzherzogin Clotilde mit der Erzherzogin Marie Dorothea und dem Erzherzog Ladislaus. Jn zwei anderen Booten des „Moltke“ fuhren der Statthalter Ritter von Rinaldini, Graf Paar, General-Major von Plessen und andere Herren der beiderseitigen Gefolge. Als die „Christable“ mit den Allerhöchsten Herrschaften vor dem „Moltke“ vorüberfuhr, gab derselbe den üblichen Geschüß- falut ab, die in den Raaen stchende Mannschaft rief Hurrah und die Schiffskapelle intonierte die österreichishe Hymne. Längs des ganzen Parkes waren alle Pläße, von denen sich ein Ausblick auf das Meer bot, von Kurgästen dicht be- seßt. Die Monarchen wurden von der Bevölkerung und den Gästen überall stürmisch begrüßt. Zwei österreichische Dampfer gaben der „Christable“ das Geleit. Der Ausflug wurde bis Lovrana und Moscenice ausgedehnt, die Nückkehr erfolgte gegen 4 Uhr. Alsdann begaben Sich die Allerhöchsten Herrschaften von der Yacht direkt an Bord des Schulschiffs „Moltke“ ; bei Be- treten des Schiffs spielte die Musik die österreichische National hymne und am Großtopp wurden beide Kaiserflaggen, die öôster- reichishe und die deutsche, gehißt. Nachdem Kaijer Franz Joseph die Front der Mannschaft abgeschritten, begab Sich Jhre Majestät die Kaiserin in das salonartig als Empfangsraum ein- gerichtete Zelt und hielt daselbst Cercle ab, während Kaiser Franz Joseph und Kaiser Wilhelm einzelne Herren aus der dort versammelten Gesellshaft mit längeren Ansprachen auszeihneten. Es waren etwa 60 Persönlichkeiten geladen, darunter der Statthalter Nitter von Rinaldini, der Bezirks- Hauptmann Fabiani, der Gouverneur Graf Bathyany, der General-Major Spicß, der Kontre-Admiral Seemann und Graf Andrassy. Gegen 6 Uhr verließen die Majestäten unter dem Donner des Kaijersaluts das Schulschiff und begaben Sich an Land. Bei der Landung vor der Villa Angiolina brach die Menge in brausende Hurrahrufe, Evvivas und Zivios aus. Kaiser Franz Joseph geleitete die Kaiserin Auguste Victoria am Arm bis zur Villa Amalia und begab Sich als- dann nah dem Hotel „Stefanie“, um gegen 6!/z Uhr wieder zur Theilnahme an der Abendtafel bei den Kaiserlichen Majestäten nach der Villa Amalia zurückzukehren. Zu der Abendtafel hatten Einladungen erhalten der General- Adjutant Graf Paar, der Statthalter Ritter von Rinal- dini, der Gesandte Graf Philipp zu Eulenburg, der Kommandant S. M. Sqculshiffs „Moltke“ Kapitän zur See Koch, der Hofprediger Frommel sowie das Gefolge der Majestäten. Bei der Tafel brachte, wie der „N. Fr. Pr.“ gemeldet wird, Kaiser Wilhelm einen Trinkspruh auf Kaiser Franz Joseph aus, den Seine Majestät hier in diesem Eden begrüße, wo es Seiner Familie so wohl gefalle und das Seinen Kindern zur Gesundheit und Kräftigung diene. Nach der Tafel fand Cercle statt. Um 8 Uhr 20 Minuten bestiegen Kaiser Franz Joseph und Kaiser Wilhelm vor der Villa Amalia den Wagen zur Abfahrt nach Mattuglie, während die Kurkapelle die österreichishe und die preußishe Nationalhymne spielte. Der ganze Ort, der Park, die Ufer und die Höhengelände strahlten in feenhafter Beleuchtung, und brausende Jubelrufe der Bevölkerung aaben den Monarchen das Geleit. Wie Abbazia so waren auch Volosca und die Felswände der Umgegend mit Magnesiafackteln prächtig illuminiert. Auf dem Bahn- hof Mattuglie hatten sih der Landes-Hauptmann von Fstrien Campitelli und der Bezirfks-Hauptmann Fabiani ein- gefunden. Ersterem gegenüber sprach Sich Kaiser Franz Joseph ehr lobend über die Haltung und die patriotischen Kund- gebungen der Bevölkerung aus und beauftragte ihn, der Be völkerung Seinen Dank auszudrücken. Auf dem Bahnsteig verabschiedeten Sich die beiden Monarchen in herzlihster Weise. Während der Zug sich um 8 Uhr 50 Minuten unter hbe- geisterten Zurufen in Bewegung sehte, grüßte Kaiser Franz Foseph wiederholt vom Fenster des Salonwagens aus. Kaiser Wilhelm traf um 9 Uhr 20 Minuten wieder in Abbazia cin.

Kaiser Franz Joseph is heute Vormittag um 9 Uhr 40 Minuten wieder in Wien eingetroffen.

Auf den Bericht eines Provinzial-Steuer-Direktors an den“ inanz-Minister hat déèr Minister unter dem 18. März d. J. olgenden Bescheid ertheilt, der auch den anderen Provinzial-

Steuer-Direktoren zur Kenntniß und gleihmäßigen Beachtung in Abschrift zugestellt worden ist: :

Die in öffentlihe Niederlagen oder in Privatläger unter amt- lihem Mitvershluß zur Befüllung mit Getreide eingebrachten inländishen Säcke sind dem zollpflihtigen- Lagerbestande zuzu- schreiben, und das Getreide ist sodann nah dem Bruttogewicht von der Niederlage abzufertigen, fofern die Sädcke thatsählih zur Lage- rung aufgenommen werden. i E

Als eine Lagerung bezw. Aufnahme in die Niederlage im Sinne von § 3 Abs. 2 und § 21 Abs. 2 des Niederlage-Regulativs is} es aber nicht anzusehen, wenn inländishe Säcke in ein derartiges Lager lediglih zu dem Zwecke verbraht werden, um nah Maßgabe der Ab- meldung die Entfernung des lose gelagerten Getreides zu bewerk- stelligen. Jn solchen Fällen ist stets das Nettogewiht des Getreides als zollpflihtig zu behandeln und zwar nicht nur dann, wenn das in Niederlagen lose gelagerte Getreide unter Benußung inländischer Säcke zur Verzollung abgemeldet oder bei der Versendung unter Be- gleitscheinkontrole in Kähne verbraht wird, um demnächst wieder lose weiter befördert zu werden, sondern au dann, wenn die Versendung derartigen, mit Begleitschein abgemeldeten Getreides in den inländischen Säcken erfolat.

| Desalei@en ist in losem Zustande über die Grenze eingeführtes, demnächst unter Zollkontrole in inländishen Säcken nah einer öffent- lihen oder unter amtlichem Mitvershluß stehenden Privatniederlage befördertes Getreide im Niederlage-Negister nah dem Nettogewicht anzuschreiben, wenn die Säke sofort bei der Aufnahme in das Lager entleert und aus dem letzteren wieder entfernt werden, sodaß das Getreide lofe zur Lagerung gelangt. S

Bei Getreide, welhes in Säcken über die Grenze eingeführt und demnächst lose in einer Niederlage gelagert wird, gehören die Sâce, da Getreide tarifmäßig der Bruttoverzollung unterliegt, zum zoll- pflichtigen Gewicht und sind bei dem Uebergange in den freien Ver- fehr nah Beschaffenheit ihres Inhalts zur Verzollung zu ziehen.

Die betheiligten Zolstellen find demgemäß mit Anweisung zu versehen.

Der General-Lieutenant von Leipziger, Gouverneur von Köln, ist in Berlin eingetroffen.

Bayern.

Zu Ehren Seiner Königlichen Hoheit des Herzogs von Sachsen-Coburg und Gotha fand vorgestern bei Seiner

Königlichen Hoheit dem Prinz-Regenten Galatafel tatt, an der die Mitglieder des Königlichen Hauses, der Ehrendien|t der Höchsten Herrschaften, die Minister, der bayerische Gesandte in Berlin Graf von Lerchenfeld-Köfering u. f. w. theil nahmen. Abends wohnten die Höchsten Herrschaften der Vorstellung im Theater bei. Nah Schluß der Vorstellung geleitete der Prinz Regent den Herzog zum Familien-Souper, das Prinz und Prinzessin Leopold aus Anlaß des Erlauchten Besuches gaben. Dazu erschienen ebenfalls alle übrigen Mitglieder des Königlichen Hauses. Gestern Morgen 7 Uhr geleitete der Prinz-Regent seinen hohen Gast zum Zentral-Bahnhof, auf dessen Perron die herzlihste Verabschiedung stattfand.

Württemberg. Zu der am 5. April stattfindenden Vermählung Jhrer Königlichen Hoheit der Herzogin Maria Jsabella von Württem- berg mit Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Johann Georg von Sachsen. werden dieser Tage, wie der „St.-A. f. W.“ meldet, Jhre Majestät die Königin von Sachsen, Jhre Königlichen Hoheiten der Prinz Georg von Sachsen und die Geschwister des Bräutigams, Jhre Kaiserlihen und König- lichen Hoheiten die Erzherzoge Albrecht, Ludwig Viktor und Otto sowie Jhre Königlichen Hoheiten die Herzoge Wilhelm und Nikolaus von Württemberg in Stutt- gart eintreffen. Sachsen-Coburg-Gotha. Seine Königliche Hoheit der Herzog ist gestern Nach mittag von München wieder in Coburg eingetroffen. Deutsche Kolonien, Nach Meldung des Majors von Franço1s

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t Deer,

h wie „W. T. B.“ berichtet, am 20. Januar und am 2. Februar südlich von dem bisherigen Krieasschauplaß im Tfoukhab-Thal

f il den Witbooi's zwei empfindlihe Niederlagen beigebracht.

Oesterreich-Ungarn.

Wie die „Politishe Korrespondenz“ vernimmt, hat der Kaiser dem Präsidenten Carnot das Großkreuz des Stephans-Ordens verliehen und den Botschafter in Paris Grafen Hoyos beauftragt, dem Präsidenten die Ordens- Insignien zu überreichen. - y

Die gemeinsamen Ministerkonferenzen snd, wie „W. T. B.“ meldet, gestern geschlossen worden. Die Ein- berufung der Delegationen ist für Ende Mai in Aussicht genommen. Der ungarische S S G dd Dr. Wefkerle ist gestern Abend nah Budapest zurückgekehrt.

Einer Meldung des „Hlas Naroda“ zufolge ist die Gemeindevertretung von Lomnißt infolge der Vorgänge bei einer am vergangenen Sonntag abgehaltenen Versammlung der Jungcezechen, worin der im Omladinaprozeß verurtheilte So kol gesprochen hatte, aufgelö st worden.

Der Sonderzug mit der Leiche Kossuth's traf gestern Mittag 11 Uhr 21 Minuten in Udine ein und wurde von dem Präfekten, dem Deputirten Guardini, dem Senator Prampero, dem Bürgermeister, den Spißen der Behörden und einer großen Anzahl Mitglieder von Vereinen, welche mit ihren Fahnen erschienen waren, empfangen. Seitens der Munizipalität wurde ein prachtvoller Kranz überreicht. Der Bürgermeister, der Präsident des Veteranen- vereins und der Deputirte Guardini hielten Ansprachen, auf die der Sohn Kofsuth's erwiderte. Um 3 Uhr erfolgte die Weiterfahrt nah Budapest. Die Veteranen gaben die Ehren- wa he

Großbritannien und Jrland.

Das Oberhaus hat fh, wie „W. T. B.“ meldet, bis zum 9, April vertagt. Das Unterhaus nahm gestern die erste Lesung der Bill zur Durchführung des Schiedsspruchs in der Beringsmeer-Frage an. Im weiteren Verlauf der Sißung wurde die erste Lesung der Vorlage zur Gleich- stellung der lokalen Abgaben in den verschiedenen Londoner Stadttheilen angenommen, ebenso die Vorlage wegen Errichtung von Schiedsämtern zur Schlihtung von Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitern.

Frankreich.

Der Ministerrath hat der „Magd. Ztg.“ zufolge be- {lo}sen, der Kammer einen Geseßentwurf vorzulegen, der alle Staatsbeamten, sowie seitens der Gemeinden besoldeten Professoren und Lehrer von der Wählbarkeit für Kammer und Senat ausschließt. :

Die Uebersiedlung des Seinepräfekten in das Hôtel de Ville erfolgte gestern Vormittag troß des Wider- spruchs des Gemeinderaths. 45 Gemeinderäthe übersandten dem Minister des Jnnern Raynal einen Protest dagegen.

Nußland.

Der Direktor des Zoll-Departements Tucholka soll, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg erfährt, zum Senator und zu seinem Nachfolger der Wirkliche Staatsrath und Rechts- beistand des Finanz-Ministeriums Beljustin ernannt werden, Der Vize-Direktor des Handels-Departements Timirjasew ist zum Mitglied des Conseils des Finanz-Ministeriums und an Stelle des Wirklichen Staatsraths von Kumanin zum Handels-Agenten bei der russishen Botschaft in Berlin ernannt worden.

Ftalien.

Der Papst empfing gestern den Prinzen Maximilian von Baden.

Schweiz.

Der Ständerath hat dem ¡W. D. D“ zupolge das Anarchistengesehß einstimmig angenommen.

Velgien.

Der gestern unter dem Vorsiß des Königs abgehaltene Ministerrath hat, wie die. „Magd. Ztg.“ erfährt, beschlossen, den Antrag auf Vertagung der Kammerwahlen zurück- zuziehen, die Konstituante anfangs Mai zu vertagen und die Neuwahlen für die erste Hälfte des Oktober auszuschreiben.

Bulgarien.

Nach einer Meldung der „Politischen Korrespondenz“ wird in der aus Anlaß des jüngsten Zwischenfalls an der serbisch-bulgarishen Grenze nach Belgrad gerichteten Note der bulgarischen Negierung Genugthuung gefordert dur Abseßung des Chefs des serbishen Grenz-Zollamts, durh Be- strafung der Zollwächter und durh Zahlung einer Geldent- schädigung für die verwundeten Bulgaren, sowie für die Familie des getödteten Bauern. :

Durch einen gestern veröffentlihten Ukas it, wie M: L, B Meldet, die Zahl Dex Ut iten Zahre auszu ebenden Rekruten auf 16 000 festgeseßt worden, darunter 782 Mohamedaner.

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Schweden und Norwegen.

Wie „Nya Dagligt allehanda“ meldet, wird der Konig Anfang Mai eine Reise nah dem Süden antreten. Zunächst wird der König den Rhein besuchen und sih sodann nach der Niviera begeben, wo in Nizza ein kurzer Aufenthalt geplant ist. Auf der Nückreise wird der König in Ems eine Brunnenkur gebrauchen und anfangs Juli in Schweden wieder eintreffen. Am 27. Juli wird der König der silbernen Hochzeit des Kron- prinzen und der Kronprinzessin von Dänemark in Kopenhagen beiwohnen.

Dänemark.

Der gestern veröffentlichte Handelsberiht des Borjen- comités- enthält, nah einer Meldung des „W. T. B.“ aus Kopenhagen, die Mittheilung, daß zwischen der russischen Negierung und der dänishen Regierung Verhandlun- gen behufs Abschlusses eines neuen gegenseitigen Meist begünstigungsvertrags eingeleitet seien und daß das dänische Ministerium des Auswärtigen einen Vertragsentwurf bereits ausgearbeitet habe.

Amerika.

Wie W. D. B. aus Washington meldet, hat dex Präsident Cleveland gegen die Vorlage über die Silber- ausprägung sein Veto cingelegt. Jn der betreffenden Botschaft an den Kongreß - heißt es, das Gescß würde das wicdererwachende Vertrauen \{chwächen, wenn es dasselbe nicht sogar vernichten würde. Jeder Artikel des Geseßes sei schwankend, der Sinn unbestimmt. Die Botschaft betont die Nothwendig keit, die Gleichberehtigung des Goldes und des Silbers auf- recht zu erhalten. Der Antrag Bland würde eine große Per- mehrung der Silberzirkulation und eine entsprehende Ne- duktion des Goldes im Schaß herbeiführen; dies würde die gesunde Finanzpolitik, die einen vernünftigen Bimetallismus aufrecht erhalte, untergraben. Die Botschaft empfiehlt \chließlih eine Ausdehnung der Vollmacht des Schaßseïiretärs, Obligationen mit niedrigem Zinsfuß auszugeben, damit die Goldreserve geshüßt werde. Jn diesem Fall könne man zur Silberausprägung schreiten. :

Der Admiral Walker, Befehlshaber des Geschwaders 1m östlichen Theil des Stillen Ozeans, ist gestern von Washington nah Honolulu abgereist. e :

Wie aus Rio de Janeiro gemeldet wird, sind die von Montevideo kommenden Schiffe Peixoto’'s dort eingetro}sen.

ie Negierungsflotte rüste sich, nah dem Süden zu gehen, um den „Aquidaban“ und die „Republica“ zu bekämpfen.

Jn Paris eingetroffenen Meldungen aus Montevideo zufolge hat sih das Kabinet des Präsidenten Borda folgender maßen konstituiert: Auswärtiges Pineiro Campos, Finanzen Vidiella, Krieg General Duaz, Jnneres Miguel Herrera, öffentlihe Arbeiten Castro. Die Zusammenseßung des Kabinets habe einen günstigen Eindruck hervorgerufen.

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Parlamentarische Nachrichten.

Nach einer vom Bureaudirektor des Hauses der Abgeordneten, dem Geheimen Regierungs-Nath Kleinschmidt angefer Zusammenstellung beläuft fich die Zahl der im Vau|èt der E geordneten noch nicht zur Erledigung gebra! Negierungsvorlagen auf fünfzehn. Es stehen noch e t Berathungen über die Verhandlungen des Landeseisenbahnraths Jahre 1893, über den Bericht betreffs der Ergebni}je 9/93 triebes der preußischen Staatsbahnen im Betriebsjahre 18/2" die zweite und dritte Berathung des Entwurfs über dl Gie wirth\haftskammern, desgleihen über drei MRechnungsvortaß

die Fortseßung der zweiten und die dritte Berathung v4 f Staatshaushalts-Etat für 1894/95, die Berathung des ch eri alen die Bauausführungen und Beschaffungen der Eisenbahnverwa “und vom 1. Oktober 1892 bis 1893, die zweite und dritte Beri h des Geseßentwurfs über die Stadterweiterungen und Dol eignungen, desgleichen des Vertrags „bezüglich des Elbe-Trave-

und des Entwurfs betreffs der Aufsuhung und. Gewinnung von Kali- und Magnesiafalzen. Noch gar nit zur Erörterung gelangt sind die Entwürfe, betreffend die Aufhebung der im Geltungs- bereih des Rheinischen Rechts bestehenden Vorschriften über die in die Geburtsregister einzutragenden Vornamen und betreffend die Aenderung der Kirchenverfassung, sowie der Bericht der Staals- shuldenkommission und die Rechnungen der Kasse der Ober- rechnungskammer für 1892/93. An Interpellationen und An- trägen aus dem Hause liegen noch fünf vor, darunter die Anträge betreffend die Staffeltarife, und die Interpellation über die Ausprägung der silbernen Reichsmünzen. Von Kom missionsberihten sind zehn unerledigt, Im Herrenhause is der Entwurf über das Pfandreht an Privateisenbahnen und Kleinbahnen noch nit erledigt ferner der Geseßentwurf über das Ruhegehalt der Lehrer an mittleren Schulen und die Sekundärbahnvorlage fowie die Denkschrift der An- siedelungskommission für Westpreußen und Posen. A O

Entscheidungen des Reichs8gerichts.

Sind Personen, welche nah den Bestimmungen des Strafgeseßz- buchs unfähig sind, als Zeugen eidlich vernommen zu werden, oder welche hinfichtlich der den Gegenstand der Untersuchuna bildenden That als Theilnehmer, Begünstiger oder Hehbler verdächtig oder be- reits verurtheilt sind, dem § 56 Ziffer 2 oder 3 der Strafprozeß;- ordnung zuwider als Zeugen eidlich vernommen worden, und haben sie hierbei ein falsches Zeugniß abgelegt, so sind sie, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, 11. Strafsenats, vom 14. November 1893 wegen Meineides zu bestrafen. „Das dur die 8 163, 154 Strafgeseßbuhs definierte Vergehen erfordert als Îhbatbestands- merkmal, daß das falsche Zeugniß vor einer zur Abnahme von Eiden zuständigen Behörde eidlih abgegeben is. Zur Erfüllung dieser Boraus!eßungen gehört nun allerdings, daß der Thäter zur Zeit der Eidesleistung eidesmündig war (§56 Nr. 1 St.-P.-O.), sowie, daß bei der Eidesleistung die vom Geseyße vorgeschriebenen Formen be- obachtet wurden; keineswegs aber fällt dem zur Aburtheilung des Vergehens berufenen Strafrichter auch die Aufgabe zu, zu prüfen, ob die zur Abnahme von Eiden zuständige Behörde, vor welcher der Eid geleistet worden ist, nah den Regeln des bei ihr anhängigen Ver- fahrens den Zeugen mit Recht oder Unrecht beeidigte.“ E

Ist das Beisichführen von Schußwaffen polizeilich ohne Grlaubniß verboten, so haftet, nah einem Urtheil des Reichs- gerichts, VI. Zivilsenats, vom 15. Januar 1894, im Gebiet des preuß. Allgem. Landrechts derjenige, welher eine Shußwaffe ohne polizeiliche Grlaubniß bei si führt, hierbei für allen Schaden, der auch obne sein Verschulden durch die Waffe angerichtet wird.

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

In Haynau i. Schl. sind, wie dem „Vorwärts“ gemeldet wird, nunmehr sämmtliche Arbeiter der Thomaß’shen Handschuh fabrik bis auf vier entlassen. (Vergl. Nr. 57 d. Bl.) Am vorigen Sonnabend ist au sämmtlichen Handshuhmachern der F ranke "schen Fabrik gekündigt worden.

In Heilbronn fand während der Osterfeiertage ein Müller - kongreß statt, der von 24 Delegirten zumeist aus süddeutschen Städten beschickt war. Die Verhandlungen führten zur Gründuug des Verbandes süddeutscher Müllerarbeiter und verwandter Berufs- genossen. Als Sitz des Vorstandes wurde Heilbronn bestimmt.

In Eupen ist der Weber-Ausstand bei der Firma Wilh. Peters u. Co., wie der „Köln. Z.“ geschrieben wird, dur behörd- liche Vermittelung beendigt worden. Heute sollte die Arbeit wieder aufgenommen wrden.

_ Aus Wien meldet „W. T. B.“ weiter über den Parteitag der österreihischen Sozialdemokraten, daß gestern über die Parteiorganisation berathen wurde und die Bedingungen für die Parteiangehörigkeit festgestellt wurden. Hiernach dürfen die Partei- genossen keiner bürgerlichen Partei angehören oder für eine folcze thätig sein; ferner wurde die Bezirksorganisation fesigestelt und bestimmt, daß dort, wo es die sprahlihen Verhältnisse nöthig machen, Agitationsbezirke ohne Rücksicht auf die Provinzgrenzen gebildet werden. Eine seit längerer Zeit unter den Gasarbeitern der Englischen Gasgesellshaft, der die gesammte Gasversorgung Wiens obliegt, bestehende Gährung führte, wie die „Voss. Ztg.“ berichtet, gestern zu einem Ausftand. Infolge der Entlassung eines Arbeiters stellten über 2000 Arbeiter aller sieben Gaswerke der Englischen Gesellshaft die Arbeit cin. Die Gasvorräthe reichen nur für zwei Tage. Der sozialdemokratishe Parteitag beschloß, den Ausftand zu unterstüßen. Abends kam es zu Ausschrei tungen. Die Gasgesellshaft nahm neue Arbeiter an, um die Nacht- arbeit in einigen Gaswerken fortzuseßen. Die ausftändigen Arbeiter verjagten aber die Neuaufgenommenen und nehmen überhaupt eine drohende Haltung an, weshalb die Gasgesellshaft behördlihen Schuß verlangte. Nach der Darstellung des ,W. T. B.“ stellten 150 Ar- beiter der Gasanstalt im Bezirk Döbling wegen Entlassung eines Genossen die Arbeit ein. Später dehnte sich der Strike auf fast fämmtlihe Wiener Gasanstalten aus; die Arbeiter verließen um 6 Ubr Abends in demonstrativer Weise ihre Arbeits\tellen. Da für Grsaßz gesorgt ist, wird der Betrieb der Gaswerke überall aufreht- erhalten. Ein Zwischenfall ist niht vorgekommen. Eine Versamm- lung aus\tändiger Arbeiter der Dittmar’schen und Brünner? schen Lampenfabriken, die vorgestern stattfand, wurde, wie die Berliner „Volks-Ztg.* berichtet, wegen heftiger Angriffe auf die Polizei aufgelöst.

Aus Brünn meldet ein Telegramm des „D. B. H.*: Die Ar- beiter der Nosißer Bergbaugesellschaft beschlossen, die Ab- schaffung der Accord- und Schichtarbeit von der Direktion zu ver- langen. Für den Fall, daß die Bergverwaltung die Forderungen der E nicht bewilligen follte, wird mit einem allgemeinen Strike gedroht.

Aus Zürich berihtet der Berner „Bund“ über die dortige Aus- standsbewegung: Am Mittwoch legten die Arbeiter der vier größten hiesigen Schneidergeshäfte die Arbeit nieder, darunter auch die der shweizerischen Uniformenfabrik, weil diese Geschäfte Arbeiten für Berner Geschäfte übernommen hatten. Ein allgemeiner Schneider- \trike droht auëzubrehen. Die Schneidermeister faßten am Dienstag über den Theilausstand der Schneider folgende Beschlüsse: 1) Die Arbeiter haben die Arbeit bedingungslos wieder aufzunehmen. 2) Aus- ständige Arbeiter werden nicht mehr eingestellt; es wird thnen eine Frist von drei Tagen zur Wiederaufnahme der Arbeit gewährt. 3) Der Meister, der aus\tändige Arbeiter einstellt, verfällt in jedem einzelnen Falle in eine Konventionalbuße von 100 Fr. 4) Die Solidarität der Meister wird durch Unterschrift neu bestätigt und auch gegenüber den Berner Meistern aufrecht erhalten. 14 Sattlermeister haben bereits die von den am Dienstag in den Strike getretenen Gesellen gestellten Forderungen bewilligt, sodaß der Ausstand wahr- \cheinlih bald beendigt fein wird.

Kunft und Wissenschaft.

In der Sißung des Vereins für deutshes Kunstgewerbe am Mittwoch Abend gab Herr Dr. F. Bak einen Ueberblick über die geschihtlihe Entwickelung der Holz- und Marmorintarsia und deren Stilgeseße. Zur Veranschaulihung des Vortrags waren außer einigen älteren Stücken aus dem Königlichen Kunstgewerbe-Museum eine Reihe von modernen Arbeiten der Herren Ernst Nast, W. Noggenbau, G. Schröder, G. Wenkel Nachf.,, C. G. Odorico und der Alktien- gesellschaft für Marmor- Industrie Kiefer ausgestellt. Besonderes Interesse erregten die für das Neichstagsgebäude ausgeführten Intarsien und Mosaik-Arbeiten.

_— Der zweite deutsche Historikertag wurde gestern in Leipzig in Anwesenheit des sächsishen Kultus-Ministers von Seydewiß von dem Professor Lamprecht-Leipzig mit einem Hoch auf Seine Majestät den König Albert eröffnet. Archiv-Rath Ermisch- Dresden überreihte nah dem Bericht des „W. T. B.“ sodann die im Auftrage des sächsischen Staats-Ministeriums verfaßte Festschrift. Zu Vorsißenden wurden die Professoren Lamprecht und Arndt gewählt. Den ersten Berathungsgegenitand bildete die Stellung der alten Ge- schichte im gelehrten Unterricht; Referenten waren die Professoren Jaeger, Hannak und Kämmel.

Gestern Vormittag fand im Costanzi-Theater zu Nom in Anwesenheit Ihrer Majestätcn des Königs Humbert und der Königin Margherita die feierlihe Eröffnung des Inter- nationalen Medizinischen Kongresses statt. Die Stadt war, wie „W. T. B.“ berichtet, aus diesem Anlaß reich beflaggt, und in der Via Nazionale, wo der Tramway-Verk-ohr eingestellt war, bewegte sich eine zahlreihe Menschenmenge. Gegen 10} Uhr trafen der König und die Königin unter lebhaften Ovationen im Costanzi- Theater ein, dessen Eingänge ebenso wie das Innere auf das prâchtigste geschmüdt waren. Der Zuschauerraum war mit der Bühne auf gleihes Niveau gebracht, sodaß beide einen einzigen Festsaal bildeten. An der hinteren Bühnenseite war unter cinem großen Baldachin ein Thron für das Königspaar aufgestellt; zu beiden Seiten des Thrones standen in mehreren Reihen die Sessel für die offiziellen Vertreter. Die Minister, das diplo- matische Korps, die höheren Staatsbeamten, Vertreter des Par- laments und des Stadtraths, die auswärtigen Delegirten und Tausende von Kongreßmitgliedern hatten sich zu der Eröff- nungsfeier eingefunden. Alle Pläße des Saals, der Logen und Nänge waren von Gästen und Mitgliedern dicht beseßt. Für die Vertreter der Presse war eine Loge neben der Bühne reserviert. Bei dem Betreten des Theaters wurden der König und die Königin von dem Minister-Präsidenten Crispi, dem Unterrichts- Minister Baccelli, dem Bürgermeister und den Comité-Mitgliedern empfangen und seitens aller Anwesenden mit den wärmsten Kund- gebungen begrüßt. Der König, welcher Generals - Uniform trug, ge- leitete darauf die Königin zu dem Throne. Sodann hielt der Minister - Präsident Crispi, welher zur Rechten des Königs Aufstellung genommen hatte, in italienisher Sprache etwa folgende Rede: „Italien entbietet Ihnen durch mich seinen herzlihen Gruß. Für Italien ift es ein großes Glück, in der Hauptstadt des Königreichs Männern von solhem Wissen und solcher Erfahrung, wie sie hier versammelt sind, Gastfreundschaft zu gewähren. Die Wissenschaft des Lebens, welhe Sie vflegen und deren Apostel Sie sind, erwartet von Ihnen neue Eroberungen. Ihre Mission strebt das Heil der Menschheit auf zwei Wegen an. Sie sucht auf dein einen dem Uebel vorzubeugen, auf dem anderen das vorhandene Vebel zu beseitigen. Sie beugen durch die Hygiene vor, welche die Gesundheit der Menschen beschützt, indem fie die Luft und den Boden von Krankheits\toffen befreit. Sie beheben die Uebel durch heilende und wiederherstellende Mittel. Dank Fhrer Thätigkeit blühen vordem ungesunde Städte wieder auf, werden aus nur zum Nachtheil der Bevölkerung bewohnbaren Landstrihen fruchtbare Gärten. Ihr Wort wird hier mit sympathischer Aufmerksamkeit verfolgt werden. In Nom, der Weltstadt, deren Bürger wir Alle sind, werden Sie ein gemeinsames Vaterland finden. Rom, die Mutter Aller, gab der antiken Welt mit der Zivilisation „zugleich das Recht. Bon Nom wird heute gleichfalls, dank Ihren Bemühungen, das frucht- bare Wort des Friedens ausgehen, des Friedens, der die Noth- wendigkeit und die Hoffnung der modernen Welt i. Dieser Frieden wird durch den gegenwärtigen allgemeinen Kongreß gesichert werden, denn der Kongreß ist das Symbol der Brüderlichkeit und Soli- daritàät der Nationen. In diesem Vertrauen lade ich Sie ein, hre Avrdeiten unter den Auspizien des Königs von Jtalien zu beginnen.“ Die Rede wurde wiederholt dur Beifall unterbrohen und am Schlusse mit begeisterten Rufen aufgenommen. Hierauf hielt der Unterrichts-Minister Baccelli, der sich zur Linken der Königin aufstellte, eine Begrüßungsrede in lateinisher Sprache, in welcher er etwa Folgendes sagte: „Seitdem Italien geeinigt und Herr seiner Geschicke ist, erfreut es sich selbst inmitten der ernsten un- vermeidlichen Schwierigkeiten, welche die Wiedergeburt seines bürger- lichen Lebens begleiteten, mannigfacher Beweise von Wohlwollen und Ehrenerweisungen. Seien Sie willkommen auf diesem klassischen Boden, wo die antike Größe durch den göttlihen Hauh der Freiheit erneuert wird! Niemand wird hier als Fremder angesehen. Möge hier, wo jedes Volk der Erde seine Monumente findet, das ganze menschliche Geschleht eine einzige Familie bilden und jeder Einzelne durch seinen Nath und seine Thätigkeit zum Gedeihen des öffentlichen Gesundheitszustandes beitragen und so dem alten Spyruche: „Salus publica suprema lex esto®* neuen Glanz verleihen. Der König und die Königin, die Vorbilder aller Herrschertugenden, wohnen der Er offnung des Kongresses bei, um Sie zu chren." Der Minister be- willkTommnete fchließlich die Versammlung im Namen der Behörden und der staatlichen und [städtishen Körperschaften. Der Bürger- meister von Nom Fürst Nuspoli \prach sodann im Namen der Stadt; Professor Virchow begrüßte in talienisher Sprache namens des leßten, in Berlin abgehaltenen Kongresses den König und die Königin. Die offiziellen Delegirten hielten in alphabetischer Neihen- folge der Linder ähnlihe Ansprachen namens ihrer Regierungen. Es sprachen für Oesterreich Nothnagel, für Dänemark Salomonson, für Frankreich VBouchard, für Deuts{hland von Coler, für Norwegen Mauche, für Schweden Holgren. Sodann wurde auf Antrag Professor Virhows der gegenwärtige Vor- stand des Organisations-Comités einstimmig zum definitiven Bureau gewählt. Nachdem der Unterrichts-Minister Baccelli durch Zuruf zum Präsidenten des Kongresses gewählt worden war, erklärte derselbe im Namen des Königs den 11. Internationalen Medizinishen Kongreß für eröffnet. SchließlichÞh wurden alle ausländischen Delegirten dem König und der Königin durch das Comité vorgestellt. Als das Herrscherpaar das Costanzi-Theater verließ, wurde es wicderum von den Kongreß-Theilnehmern und der Volksmenge auf das lebhafteste begrüßt.

Am Nachmittag bildeten die Sektionen des Kongresses ihre Bureaur ; heute follten die Arbeiten ¡beginnen. Bis gestern waren im Sekretariat des Kongresses 6000 Kongreßzmitglieder und 1140 Damen eingeschrieben. Man {äßt die Zahl der deutshen Theilnehmer auf 900, der öosterreihis{-ungarishen auf 700, der englishen auf 700, der franzôösishen auf 600, der spanishen auf 250, der russishen auf 200, der schweizer auf 200, der nordamerikanischen auf 170, der italienischen auf 1200. Der Kongreß des Jahres 1893 in Berlin zählte 5725, der erste im Jahre 1869 in Florenz abgehaltene Kongreß nur 350 Theilnehmer.

Seine Majestät der König Humbert erhielt aus Anlaß des medizinishen Kongresses von italienischen und französishen Universi- täten Beglückwünschungstelegramme. Der „Italie“ zufolge ist dem Könige von Seiner Majestät dem Kaiser Wilhelm ein herz- liches Telegramm mit Glückwünschen zu dem Erfolge des medizinischen Kongresses, der die berühmtesten Aerzte in Nom vereinige, zugegangen.

Schulwesen.

Die Anmeldungen für das Sommer-Semester der Kauf- männishen Fortbildungs\chulen (Köllnishes, Friedrihs- Werdersches und Königstädtishes Gymnasium) sind fo zahlreih ein- gelaufen, daß nahezu alle Kurse überfüllt find und Aufnahmen nicht mehr in allen Kursen erfolgen können. Interessenten werden daher gut thun, ih \{chleunigst bei den Mitgliedern des Kuratoriums (Ver- fißender: Rechtsanwalt Dr. Haase, Alexanderstraße 16) zu melden, wenn sie sich noch einen Play sihern wollen. Die feierliche Eröffnung des Sommer-Semesters der Kaufmännischen Fortbildungsshulen sowie die Prämienvertheilung findet für alle drei Anstalten am 2. April cr., Abends Uhr, in der Aula des Friedrihs- Werderschen Gymnasiums, Dorotheenstraße 13/14, statt. Alle Freunde und Gönner der Kaufmännischen Fortbildungsshulen werden dem Kuratorium bei diesem Festakt willkommen fein.

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Land- und Forstwirthschaft.

Der Direktor der Königlich sächsischen Forstakademie in Tharandt, Geheime Ober-Forstrath Dr. phil. Johann Friedri Judeich ist am 28. d. M. im Alter von 66 Jahren verstorben. Er hat die genannte Anstalt seit dem Jahre 1866 geleitet und ihr einen weiten Ruf verschafft. Seine hervorragenden Kenntnisse, besonders auf dem Gebiete der neueren Forsteinrihtung, der Forstinsekten und der „Rein- ertragélehre“, die er zur „Bestandswirthschaft*“ weiter entwickelte, legte er in zahlreihen Fachschriften nieder. Sein Lehrbuch „Die Forsteinrihtung“ erschien im vorigen Jahre bereits in 5. Auflage. Bis 1887 redigierte er das „Tharandter forstlihe Jahrbuch“, und seit 1873 gab er (von 1882 an zusammen mit Behm) den „Forst- und IJagdkalender“ heraus.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Koblen und Koks / an der Ruhr und in Oberschlesien. __An der Ruhr sind am 29. d. M. gestellt 10 639, nit reditzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien find am 28. d. M. gestellt 3805, nit recht- zeitig gestellt keine Wagen.

A _ Hwangsversteigerungen.

Beim Königlichen Amtsgericht 1 Berlin standen am 29. März die nachbezeihneten Grundstüe zur Versteigerung: Am Weidenweg 33, der Frau Ernestine Laufer, geb. Meseritßer, gehörig; Fläche 5,97 a; Nußungêswerth 9300 M; Mindestgebot 900 Æ; für das Meistgebot von 140 000 A wurde der Schneidermeister Hermann Goldwas ser, Franseckistraße 13, Grsteher. Stephanstraße 9, dem ÜIngenieur Arthur von Krause gehörig; Fläche 6,26 a; Nutzungêwerth 12 180 4; Mindest- gebot 1900 6, für das Meistgebot von 165 000 A wurde der Kauf- mann Carl Köhne, Oranienburgerstraße 32, Ersteher.

i: Liquidationskurse der Berliner Börse für Ende

März 1894. 30/0 Deutsche Reichs - Anleihe 88,00, 39/% Preuß. Konsols 88,00, 39% Deutsche Neichs-Anleihe u. Preuß. Konsols, gem. Stücke 88,00, Oesterreichische Kredit-Aktien 229,00, Lombarden 48,75, Franzosen 141,50, Berliner Handelsgesellschaft 141,00, Darmstädter Bank - Aktien 139,50, Deutsche Bank - Aktien 166,50, Diskonto- Kommandit - Antheile 194,00, Dresdner Bank 145,25, National- bank für Deutschland 111,75, Russishe Bank für auswärtigen Handel 10425, Wiener Bank - Verein 131,00, Aachen- Maastriht 63,90, Dortmund - Gronau 122,80, Lübeck - Büchener 148,00, Mainz - Ludwigshafener 118,50, Marienburg-Mlawka 90,50, Ostpreußishe Südbahn 95,00, Werrabahn 59,25, Böhmische Nordbahn 159,00, do. Westbahn 194,00, Buschtehrader 223,00, Kanada Pacific 69,00, Dux - Bodenbach —,—, Galizishe Karl- Ludwigsbahn —,—, Gotthardbahn 163,50, Ftalienishe Meridional 106,50, do. Mittelmeer 78,75, Jura-Simplon 68,50, Oesterr. Nord- westbahn 110,00, do. do. Elbethal 130,50, Oesterr. Lokalbahn 103,50, Prince Henri 68,90, Nuss. Südwestbahn-Aktien 79,00, Schweizer Bentralbahn 125,00, Schweizer Nordostbahn 113,75, Schweizer Union 83,25, Warschau-Wiener 241,50, Egyptische Anleihe 4 9/6 unifiz. 104,00, Italienische 5 9/0 Rente 76,25, Mexikaner 6 °/ Anleihe 61,50, do, y. 1890 60,40, Desterr. Silberrente —,—, Oesterr. 1860er Loose 145,50, Rusfische 49/4 Konsols 100,50, Nussische 49% 1880er Anl. 100,00, Nuf}. 5 % Orient-Anl. (Il. Emission) 69,00, Ruf. 5% Orient-Anl. (ITI. Emission) 69,00, Türken konv. 24,15, Türken-Loose 103,25, Türkische Tabackregie 223,00, do. Zoll-Obligat. —,—, Un- garische 4 9/6 Gold-Rente 96,70, Ungarische Papier-Rente —,—, Ungarische Kronen-Rente 91,75, Bochumer Gußstahl 141,50, Kon- folidation 173,00, Dannenbaum 96,00, Dortmunder Union 6 9/9 Stamm- Prioritäten 68,00, Gelsenkirchen 150,00, Guano 144,50, Hamburg. Packetfahrt-Akt. 103,50, Harpener 139,50, Hibernia 127,50, Königs- und Laurahütte 134,50, Norddeutscher Lloyd 115,75, Trust Komp. 139,50, Russische Banknoten 220,75. Heutiger amtlicher Durhschnitts- kurs für deutsche Fonds und Eisenbahn-Aktien, Amtlicher Durch- shnittskurs vom 30. d. M. für Oesterr. Noten, Wechsel auf Wien und St. Petersburg. : : : Dem Aufsichtsrath der Magdeburger Lebens-Ver- siherungs-Gesellshaft wurden von der Direktion der Rech- nungeabschluß und die Bilanz für das Jahr 1893 vorgelegt, die der Aufsichtsrath genchmigte. Danach beziffert sih der Ueberschuß der Einnahmen über die Ausgaben auf 462 828 4, wovon nach Dotierung des Reservefonds und Zahlung der statutenmäßigen Tantièmen den mit Gewinnantheil Versicherten 302 594 M überwiesen und 84000 M oder 21,00 4 für jede Aktie = 7 9%/ als Dividende an die Aktionäre vertheilt werden sollen.

i Die Direktion der Werra - Eisenbahngesellschaft wird, wie die „Frkf. Z.“ meldet, die Vertheilung einer Dividende von 1 9% gegen 0,85 9/9 im Vorjahre beantragen.

__— In der Generalversammlung der Bergwerksgesellschaft Hibernia, Herne, vom 29. d. M. wurde dem Vorstand und Auf- sihtsrath für die Geschäftsführung Entlastung ertheilt und der Antrag des Aufsichtsraths, für 1893 eine Dividende von 49/6 zu vertheilen, genehmigt. Die Dividende gelangt von heute ab zur Auszahlung.

_— In der Generalversammlung der Lokalbahn-Aktien- gesellschaft in München vom 29. März wurde die Bilanz und das Gewinn- und Verlust-Konto genehmigt und der Direktion und dem Aufsichtsrath die Entlastung ertheilt. Die Versammlung gab ferner die Ermächtigung zur allmählihen Ausgabe von weiteren 15 Millionen 4 9% Obligationen und genehmigte die Aenderung des Art. 26 der Statuten sowie die Vertheilung von 62 %/9 Dividende und die Ueberweisung von 10000 A an den Pensionsfonds der Gesellschaft. :

Königsberg î. P r., 29, März. (W. T. B.) Die Generals versammlung der Königsberger Hartung'shen Zeitung und Verlags- druckerei genchmigte die Bilanz und die Vertheilung einer Dividende von 8a 0/0.

Breslau, 29. März. (W. T. B.) Nach hier vorliegenden Meldungen hat das Kart ell der böhmischen Eisenwerke die Preise für Stab- und Façoneisen um einen halben Gulden per Meter- Bentner erhöht.

_Pecagdebvurg, 29. März (W. T. B) Zuckerberiel Kornzucker exkl., von 92% —,—, neue 13,70, Kornzucker exkl. 88 9/9 RMendément —,—, neue 13,10, Nachprodukte exkl., 75 9/6 Rendement 1025. MNubig. Brotraffinade 1. —,—, Brotraffinade 11. —,—, Gem. Raffinade mit Faß 26,25, Gem. Melis 1, mit Faß —,—. Still. Rohzucker. 1. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. März 12,80 bez., 12,823 Br., pr. April 12,75 Gd. 12 80 Br., ver Mat 12,80 bez., 12,823 Br., pr. Juni 12,85 bez., 12,87 Br. Nuhiger.

Bremen, 29. März. _(W. L. B.) Börsen-Schlußbericht. Naffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer Petroleum- Börse.) Fest. Loko 4,80 Br. Baumwolle. Fester. Upland middling, loko 39 4. Schmalz. Höher. Wilcox 39 „, Armour shield 385 S, Cudahy 39 4, Fairbanks: 34 4. Speck. Höher. Short clear middling loko 343. Wolle. Umsay 87 Ballen. Taback. Umsay 20 Faß Kentucky, 119 Se- ronen Karmen.

Wien, 29. März. (W. T. B.) Die heutige Generalversammlung der Desterreichishen Kreditanstalt genehmigte die Bilanz für 1893 und stimmte den bereits bekannten Anträgen des Verwaltungs- raths in Betreff der Verwendung des Reingewinns zu und beschloß, da der Reservefonds bereits die \tatutarische Maximalhöhe erreicht hat, die Schaffung eines außerordentlichen Reservefonds, über dessen Dotierung und Verwendung die jeweilige Generalversammlung zu entscheiden hat.

Verdingungen im Auslande.

: Niederlande. 4. April, 12 Uhr. De directeur der artillerie-inrichtingen zu

Delft auf seinem Bureau am van Leeuwenhoeksingel : Lieferung von Kupfer- und Messingplatten, Schellak, Alkohol für die Anfertigung