1894 / 87 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 13 Apr 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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dampfer „Preußen ' Neapel - angekommen.

500 m Hessian-Leinewand,

890 m Fagçon-Leinewand,

600 m Twist-Leinewand,

150 Stü fertig genähten Handtüchern, 1500 m Litioleum

70 Stück Plüschteppichen.

Bedingungen und Angebotsformulare an Ort und Stelle und beim ,Reichs- nzeiger“ (in Bere Sprache).

: gypten.

10. Mai. General-Inspektor der Gefängnisse, Kairo. Lieferung von 1000 Stück Stahlschienen, 2000 Eisenshhienen, 4000 Bolzen, 12 090 Klammern für drei Kilometer Schienenweg der Straßen von Turah. Lastenheft im Ministerium des Innern einzusehen.

Verkehrs-Anstalten.

Bremen, 13. April. (W. T. B.) Der Schnelldamvfer des Norddeutschen Lloyd „Spree“ ist gestern Vormittag in New- d eingetroffen ; ‘er batte am 8. April einen {weren Orkan zu be- tehen; durch eine Sturzsee wurde das Turtledeck theilweise beschädigt; im übrigen hat der Dampfer keinen Schaden gelitten. Troß des Ma E kam die „Spree“ nur mit geringer Verspätung in

ew-York an. i

Bremen, 12. April. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Havel“ hat am 10. April Abends die Reise von Southampton nach Bremen fortgeseßt; er überbringt 495

Passagiere und volle Ladung. Der Postdampfer „Ohio“ hat am

10. April Nachmittags Las Palmas passiert. Der Neichs-Post- G am 10. April Nachmittags in ( Der S@hnelldampser „Trave“ ist am 10. April Vormittags von New - York nach der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Stuttgart“ hat am 11. April Morgens Dover passiert. Der Schnelldampfer „Lahn“ hat am 11. April Nachmittags die Reise von Southampton nah New-York fortgeseßt. Der Postdampfer „Mark“ hat am 11. April, Nachmittags die Reise von Antwerpen nah Southampton fort- gesebt. Der Reichspostdampfer „Salier“ hat am 11. April Nach-

mittags die Reise vvn Neapel nah Genua fortgeseßt.

T ONDON/ 12, Ul. (W. T. D) Die Unton-Damypfer „Goth“ und „Tartar“ sind gestern auf der Heimreise von Kap - stadt abgegangen. Der Castledampfer „Roslin Castle“ ist gestern auf dek Ausreise in Kapstadt angekommen. Der Castle- dampfer „Dunottar Castle“ hat heute auf der Ausreise Madeira

* passirt. Der Union-Dampfer „Spartan“ if gestern auf der

Heimreise von Madeira abgegangen.

Theater und Musik.

Königliches Opernhaus. Herr Szirowatka seßte sein Gastspiel gestern Abend als Faust in Gounod?’s Oper „Margarethe“ fort. Der Leistung des ersten Abends im „Troubadour“ gegenüber konnte man etwas Belebung des Tons und eine freiere Kraftentfaltung der jungen frischen Stimme bemerken, die um fo erfreulicher wirfte, als die Stimme des Sängers an si wohlthuend *ist und der Hörer niht durch Mangel. an Neinheit und Klarheit des Tons geftört wird. Unter diesen günstigeren Be- dingungen ergab fich eine Leistung, die, was den Gesang -anbe- trifft, mehr befriedigte, wenn sie auch nicht überall tadellos war. Ueber das Spiel und die darstellerishen Ausdrucksmittel des Gastes konnte {ih das Urtheil auh gestern niht wesentlih günstiger gestalten ;

. hier fehlt es dem Sänger an Temperament, an Gefühlswärme und

an Begabung für die Charakteristik alles Erfordernisse, die für eine so ftark mit sinnlicher Leidenschaft getränkte Rolle, wie es der Gounod’sche Faust ist, niht entbehrt werden können. Iroß des Mangels an seelischem Feuer und äußerer Beweglichkeit konnte der Sänger aber zuweilen durch die Schönheit seinerStimme in der Höhenlage den Beifall der Hörer gewinnen. Frau R og sang zum ersten Mal die Partie der Margarethe mit {önem Gelingen. er Glanz ihres hellen und doch traftvollen und empfindungs8warmen Soprans kam der poetischen Mädchengestalt überall aufs beste zu statten; in der Shmuck-Arie zeigte die Sängerin ihre Meistershaft im Koloraturgesang; in der

Kirchen- und in der Gefängnißscene gewann die Stimme durch die dramatische Kraft des Spiels eine ergreifende Wirkung. ‘Herr Kr ol op sang den Mephistopheles und Herr Fränkel den Valentin mit s{öner Tongebung. In der Partie des Siebel zeichnete fich Fräulein Kra inz durch Gewandtheit der Bewegungen und Wärme und Frische des Vortrags aus. j

Königliches See aus :

A den beliebtesten und bekanntesten Rollen des Herrn Friedri ch Haase, dessen Gastspiel an der Königlihen Bühne bereits in den nächsten Tagen sein Ende erreicht, gehört auch der Marquis von Seiglière in dem nah seiner Tochter benannten Sandeau ‘hen Schauspiel „Das Fräulein von Seiglière“. Der von dem Dichter niht gerade glückli charakterisierte Marquis, welcher den Code civil niht kennt und nit kennen will, die Verfassung nicht gereen hat und doch haßt, die Verbindung seiner Tochter mit einem

ürgerlihen für eine Mißheirath hält, sie aber aus Liebe zur Tochter und zu dem sonst verlorenen Familienbesiß nicht nur genehmigt, sondern fast erzwingt, der mit einem Wort in seinen verrotteten Grundsäßen mehr ein halber Narr als ein vornehmer Kavalier ist, wurde von dem geschäßten Künstler mit fo feinem Humor und solcher Virtuosität gegeben, daß dadur das stark veraltete Werk bei dem zahlreich erschienenen Publikum wenigstens an einzelnen Stellen neues Interesse erregte und mit Beifall aufgenommen wurde. Von den übrigen Mit- wirkenden gefielen besonders Frau Kahle als intrigante Baronin von Vaubert und Fräulein Lindner als Fräulein von Seigliòre. Um die unglaubliche Nolle des shlauen und rachsüchtigen, zuleßt über alle Erwartung edelmüthigen Advokaten Destournelles bemühte ih Herr Keßler mit gutem Erfolge.

Darauf folgte das ebenfalls veraltete Scrib e’she Lustspiel „E in-+feiner Diplomat“, das wohl rihtiger als „der Diplomat wider Willen“ bezeichnet werden könnte. Jn diesem vor wenigen Tagen bereits in einer Matinée im Königlichen Opernhause zum Besten des Vereins „Berliner Presse“ cufgetfibrtea Werk konnte Herr Friedri ch Haase als Chevalier von Chavigny wieder Beweife seiner außer- ordentlihen jugendlihen G.schmeîidigkeit und Verwandlungsfähigkeit eben, während Herr Grube durch feinen diskreten Humor als fäch- iwer Gesandter Baron von Saldorf die Zuschauer erheiterte.

Im Königlichen Opernhause wird morgen Rosfini's „Barbier von Sevilla“ (Figaro: Herr Bulß, Rofine: Fräulein Dietrich, Almaviva: Herr Sommer, Basilio: Herr Mödlinger) unter Kapellmeister Weingartner's Leitung gegeben. Hierauf folgt das Ballet „Carneval“ (Damen dell’ Erà, Urbanska).

Im Königlihen Schauspielhause gelangt morgen Shakespeare’s „Was ihr wollt“ zur Aufführung. Viola: Frau von Hochenburger, Olivia: Fräulein Lindner, Maria: Frau Conrad, Malvolio: Herr Grube, Sebastian : Herr Herßer, Herzog : Herr Ludwig, Junker Tobias: Herr Arndt, Junker Christoph: Herr Bollmer, Marr : Herr Purschian. Am Dienstag geht Shakespeare’'s „Hamlet“ neu- einstudiert mit Herru Ludwig in der Titelrolle in Scene.

Im Deutschen Theater kommt, wie bereits gemeldet, am nächsten Montag nach längerer Pause „College Crampton“ mit Georg Engels in der Titelrolle wieder zur Aufführung. Die übrigen Haupt- rollen sind in den Händen der Damen Meyer und Retty sowie der Herren Kainz, Nissen und Retty.

Das Schauspiel „Eva“ von Richard Voß, das in neuer Ein- \studierung am Sonnabend im Berliner Theater nah fehr langer Pause wieder in Scene geht, wird in der Hauptrolle von Frau Prash-Grevenberg, in den übrigen größeren Nollen von den Damen Baumeister, Boch, Wilke, und den Herren Formes, Jacobi, Kraußneck, Stahl und Suske dargestellt. : N Z

Clementine Krauß, eine Wiener Künstlerin, wird im der nächsten Woche im Lessing -Theater ein auf Engagement abzielendes Gastspiel eröffnen. Die junge Dame, eine Schülerin Bernhard Bau- meister’s, wird zunächst in der Titelrolle des Schwanks „Niobe“ auftreten. :

Im Friedrich - Wilhelmstädtishen Theater gelangt morgen die Strauß’she Operette „Die Fledermaus* zur Aufführung. Als Eisenstein gastiert Herr Adolf Pauli. Die übrigen Hauptrollen sind mit den Damen Jerg, Cornelli, Kluge und den Herren Wellhof, Hanno, Broda und Bausenwein beseßt.

Adolf Sonnenthal giebt morgen im Neuen Theate Rolle feines diesjährigen Gastspiels den Fürsten Lübbenau in B leh feld’s Lustspiel „Aus der Gesellschaft“. Neben ihm erscheint in dieses Stück noch ein anderer Gast auf der Bühne: Fräulein Rosner A Stadt-Theater in Brünn, die in der Rolle der Magda Werner L al Engagement abzielendes Gastspiel beginnt. Am Sonntag V ab\chiedet sih Sonnenthal von dem Berliner Publikum, da ex Mia am Dienstag wieder im Burg-Theater zu Wien auftreten muß, (13

Mannigfaltiges.

__ Die gemischte Deputation zur Berathung über die Stellung d städtishen Behörden zur Berliner Gewerbe-Ausstel[y f 1896 hat gestern unter Vorsiß des Bürgermeisters Kirschner besGloße, den Gemeindebehörden zu empfehlen, für diese Ausstellung f Treptower Park zu gewähren. Ferner soll eine Beisteuer vin 300 000 Æ seitens der Stadt geleistet werden mit der Maßgabe des über die etwaigen Uebershüsse des Ausftellungsunternehmens big L Höhe der bewilligten Summe von den städtischen Behörden zu gettein nüßigen Zwecken disponiert werden könne. das

Wie der „Köln. Ztg.“ von hier mitgetheilt wird, wur 10. d. M. in der Sißung des Ausschusses der Deutschen Koloe; M S über die geplante Expedition nah Togo per, andelt. Graf Pfeil sei von der Leitung zurückgetreten, und es hâtten sich erhebliche Bedenken in der Richtung geltend gemacht: oh nicht wenn man diese Expedition unternehme, andere Unternehmungen zurückgestellt werden müßten, die vielleiht doch wichtiger er dienen Zur endgültigen Entscheidung ift eine Sitzung nah Frankfurt g M einberufen worden. E

Wien, 12. April. Der Niederösterreihische Gewerbe, verein hat, wie ,W. T. B.* berichtet, namens des vorbereiteabes Comités der bedeutendsten Handels- und Gewerbekorporationen Nieder. österreihs ein Zirkular an fämmtliche diesseitigen Landesvertretungen die Bürgermeister der Landeshauptftädte, die Handelskammern und die industriellen Körperschaften gerichtet und sie auf den 29. d. M zur Berathung und Beschlußfassung über eine anläßlich des Regie- rungs-Jubiläums Seiner Majestät des Kaisers Franz Josef m L ahre 1898 zu veranftaltende Reichs-Ausstellung ein geladen.

Linz, 12. April. Den ganzen Tag über von früh an wüthete

dem „W. T. B.“ zufolge am Sonnen stein bei Ebensee ein großer Waldbrand, durch den die Ortschaften Ebensee und Sangbath ge, fährdet waren. Durch Aufgebot der Forft- und Salinenarbeiter, sowie der Feuerwehren der Nachbarorte gelang es Abends, den Brand zu lofalifieren. Ein Arbeiter wurde bei dem Brande leicht verleßt.

Jnusbrutck, 12. April. Der im Staatsforsst bei Kranebitten ausgebrohene Brand (vergl. Nr. 86 d. Bl.) is gelöscht. Der Schaden ist wegen des minderwerthigen Holzbeftandes unbedeutend.

London, 13. April. Gestern Abend fand laut Meldung dez „W. T. B.“ im Hotel Métropole das Jahresfestmahl des deutschen Hospitals in Dalston statt. An dem Mahl nahmen theil der deutsche Botschafts - Sekretär Graf Metternich, der öster: reichische Botschafts - Sekretär Graf Mensdorfff und der italienische Botschafter Graf Tornielli. Der Vorfißende, Prinz Christian zu Schleswig - Holstein brachte den Toast auf Ihre Majestät die Königin Viktoria und die Königliche Familie sowie auf Jhre Majestäten den Kaiser Wilhelm und den Kaiser Franz Joseph aus. Die Grafen Metternich und Mensdorff antworteten. Graf Tornielli trank auf das Wohl des Vorsitzenden und hob die innige Freundschaft hervor, welche die Souveräne und Völker des

Dreibundes untereinander verbinde. Die Gaben und Subskriptionen

im verflossenen Jahre betrugen 2900 Pfd. Sterl.

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Stationen.

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Wetterbericht vom 13. April, 8 r Morgens.

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1) Nachts wenig. Regen. ?) Nachts Regen.

3) Nachts Regentropfen. Uebersicht der Witterung.

Eine Zone höchsten Luftdrucks erstreckt fich von der mittleren norwegishen Küste ostsüdostwärts nah dem zentralen Rußland, während über der Südwest- Hälfte Europas B niedriger und sehr

leihmäßig vertheilter Luftdruk mit {wachen ver- Lberlichen Winden lagert. In Deutschland ist das Wetter im Westen trübe, im Osten heiter ohne er- beblihe Wärmeänderung; in den südwestlichen Ge- bietstheilen sowie an der oftdeutschen Küste ist Ren

efallen, in erhebliher Menge 26 mm zu Mühl-

Liufen, wo E Nachmittag ein Gewitter mit

ftarkem Hagelfall niederging. ? Deutsche Seewarte.

Theater - Auzeigen.

Königliche Schauspiele. Sonnabend: Opern- haus. 93. Vorstellung. Der Barbier von Sevilla. Komische Oper in 2 Aufzügen von Gioachimo Rossini. Dichtung nah Beaumarcais, von Cesar Sterbini, überseßt von Ignatz Kollmann. Dirigent: Kapellmeister Weingartner. Carneval. Ballet- Burleske in 2 Aufzügen von Emil Graeb. Musik von Adolf Steinmann. Dirigent: Musik- direktor Steinmann. Anfang 74 Uhr.

Schauspielhaus. 100. Vorstellung. Was ihr wollt. Lustspiel in 4 Aufzügen von Shakespeare, nah Schlegel's Ueberseßung. In Scene geseßt vom Ober-Regisseur Max Grube. Anfang 72 Uhr.

Sonntag: Opernhaus. 94. Vorstellung. WVajazzi (Pagliacci). Oper in 2 Akten und einem Prolog. Musik und Dichtung von R. Leoncavallo, deuts von L. Hartmann. Carneval. Ballet-Burleske in 2 Aufzügen von Emil Graeb. Musik von Adolf Steinmann. Anfang 74 Uhr.

Schauspielhaus. 101. Vorstellung. Der Königs- lieutenaut. Lustspiel in 4 Aufzügen von Karl Gußkow. (Graf Thorane: Herr Friedrih Haase, als vorlegte Gastrolle.) Anfang 73 Uhr.

Deutsches Theater. Sonnabend: Der Herr Senator. Anfang 74 Uhr.

Sonntag: Der Herr Senator.

Montag: College Crampton.

Berliner Theater. Sonnabend: Neu ein- studiert: Eva. Anfang 7X Uhr.

Sonntag, Nachm. 24 Ühr: Uriel Acosta. Abends 7# Uhr: Maria uud Magdalena.

Montag: Eva.

Lessing-Theater. Sonnabend: Niobe. (Vor- leßtes Auftreten von Jenny o Greggntag: Niobe. (Lettes Auftreten von Jenny roß.

Wallner-Theater. Gesammt - Gastspiel des Friedrich-Wilhelmstädtishen Theaters. /

Sonntag: Der lustige Krieg. Operette ia 3 Akten von F. Zell und Rich. Genée. Musik von Iohann Strauß. Anfang 75 Uhr.

Friedrich - Wilhelmstädtishes Theater. Chausseestraße 25.

Sonnabend: Zum 584. Male. Die Fleder-

maus. Komische Operette in 3 Akten nah Meilhac

und Halevy, bearbeitet von Carl Haffner und Rich.

Ae Musik von Johann Strauß. Dirigent:

Herr Kapellmeister Federmann. (Gabriel von Eisen- stein: Herr A. Pauli als Gast.) Anfang 7# Uhr. Sonntag: Die Fledermaus.

Residenz-Theater. Direktion : Sigmund Lauten- burg. Sonnabend: Zum leßten Male. Der Masken- ball (Veglione), Schwank in 3 Akten von Bisson und Carrs. Deutsch von Benno Jacobson. Anfang 74 Uhr.

Sonntag: Zum 1. Male. Dekorirt (Decoré).

Schwank in 3 Akten von Henry Meilhac.

Montag und folgende Tage: Dekorirt.

Ueues Theater. Direktion: Sigmund Lauten- burg. Sonnabend: Gastspiel des K. K. Hofburg- Schauspielers Adolf Sonnenthal. Vorletßter Abend. Zum ersten Male. Aus der Gesellschaft. Lust- spiel in 4 Akten von Eduard von Bauernfeld. An- sang (4 Uhr: i,

Sonntag: Abschiedsvorstellung des K. K. Hofburg- Schauspielers Adolf Sonnenthal. Aus der Ge- sellschaft. Lustspiel in 4 Akten von Eduard von Bauernfeld.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr, zu halben Preisen. Zum 143. Male. Bu end. Ein Liebesdrama in 3 Aften von Mar Halbe.

In Vorbereitung: Eheglück (Le bonheur conjugal). Lustspiel in 3 Aufzügen von Albin Valabrègue.

Viktoria-Thegter. Belle - Alliancestraße 7/8. Sonnabend: Mit vollständig neuer Ausstattung. Die \chöne Melusine. Großes Ausstattungs\tück mit Gesang und Ballet in 10 Bildern. Anfang 74 Uhr.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr, bedeutend ermäßigte Preise: Lumpaci vagabundus.

Theater Unter den Linden. Sonnabend:

Zum 77. Male. Der Obersteiger, Operette. Hierauf: Columbia. Ballet. Anfang 7ck Uhr.

Adolph Ernst-Theater. Sonnabend, 74 ühr:

Gharley’'s Tante. Schwank in 3 Akten von Brandon Thomas. Vorher: Die Bajazzi. Sa Me Posse mit Gesang in 1 Akt von Éb acobson und Benno Jacobson. Musik von Franz Roth. In Scene geseßt von Ad. Frust. Sonntag: Dieselbe Vorstellung.

Pentral-Theater. Alte Zakobstraße Nr. 30. Sonnabend: Zum 5. Male. Der neue Kurs. gie mit Gesang in 3 Akten von Leopold Ely.

usik von Julius Einödshofer. Anfang 74 Uhr.

Sonntag und folgende Tage: Der neue Kurs.

Konzerte.

Konzert-Haus. Sonnabend: Karíï Meyder- Konzert. Operetten- und Walzer , Abend, Hotel Kölnischer Hof, Krausenstr. 48. Hotel-Gäste haben freien Eintritt.

Schluß der Konzert-Saison am 29. April cr.

Saal Bechstein. Sonnabend, Abends 7} Uhr: IV. Kammermusik-Abend. Carl Halir, Carl Markees, Ad. Müller, H. Dechert, unter gütiger Mitwirkung des Herrn Eugen d’Albert.

BPirkus Renz (Karlstraße). Sonnabend, Abends 74 Uhr: Benefiz-Vorftellung für Herrn R. Ren und Familie. Zum 1. Male: Der Trakehner Hengst Edinburgh, in kurzer Zeit dress. und vorgef. von Herrn R. Renz; zum 1. Male: der arab. Vollblut-

engst Gyd, geritten von Frau Renz - Stark; die Post mit 12 Pferden, geritten von Herrn Gustav; zum 1. Male: der Pony Polichinell, kom. dress. von Mr. Lavater Lee; die Luftgymnastiker Gebrüder Wortley 2c. Zum Schluß: Ein Künstlerfest, Großes Pracht-Feuerwerk.

Sonntag: Zwei Vorstellungen, Nachm. 4 Uhr (1 Kind frei): Komiker - Vorstellung, und Abends 7x Uhr: Ein Künstlerfest.

É H E A E H I Es R I F Et E

Familien-Nachrichten.

Verlobt: Frl. Vally von Nadonißtz - Belgrad mik Hrn. Prem.-Lieut. Nüdiger Olearius uns (

Fyl. Elsa Hornemann mit Hry. Rittergul®- besfiger Curt von Brockhausen (Berlin— Wusterwiß).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Oberlehrer Gerhard Schaper (Magdeburg). Ó

Gestorben: Hr. Geistlicher Nath, Erzpriester em Nobert Bargander (Breslau). Fr. Justiz-Ratb Clementine Wandel, geb. Jacobi (Liegnip A Hr. Regierungs-Präsident a. D. Richard Wegntl (Berlin). Freifrau von und zu Egloffstein, eb, Vitthum von Ekstätt, verw. gew. von Tr 1 (Dresden). Hr. Rittergutsbesißer Rudolf V (Maraunen).

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Redakteur: Dr. H. Klee, Direktor.

Berlin: - Verlag der Expedition (S olz). Druck der Norddeutschen Buchdrukerei und Verlag!“ Anstalt, Berlin 8W., Wilhelmstraße Nr. s2. Sechs Beilagen (eins{chließlich Börsen-Beilage),

und das Verzeichniß der gezogenen Priorität® Aktien Pitt, B. ber Bherschlesischen Eisenbahn-Gesellschaft.

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlih Preußischen Staats-Anzeiger.

Berlin, Freitag, den 13. April

1894.

X 87.

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Deutscher Reichstag. 80. Sißung vom Donnerstag, 12. April, 1 Uhr.

Aus der auf. der Tagesordnung stehenden dritten Be- rathung des Geseßentwurfs, betreffend die Abzahlungs- eshäfte, über deren Beginn bereits in der Nummer vom Donnerstag berichtet worden is, tragen wir zunächst die in diesem Bericht kurz erwähnte Rede des Staatssekretärs Nieber- ding gegen den auf Antrag der Abgg. Tußauer und Auer Soz.) in die Vorlage in zweiter Lesung aufgenommenen § 7 im Wortlaut nah: —— Staatssekretär Nieberding: Meine Herren ! Jch bedauere sehr, die dankenswerthe Beschleunigung der Berathung dieses Entwurfs dur einige Bemerkungen zu § 7 noch aufhalten zu müssen. Dieser § 7 ist bekanntlih bei der zweiten Berathung in den Entwurf aufgenommen worden auf Grund eines Antrags der Herren Tußauer und Auer. Jch hatte nah dem Inhalt

des Antrags nicht die Meinung, und nah den Besprechungen, die ih [

mit einzelnen Herren aus verschiedenen Theilen des Hauses gehalten, auch später nicht den Eindruck, daß das Haus geneigt sein würde, diesen Paragraphen anzunehmen. Ich war deshalb überrascht, als bei der Diskussion so wenig Bedenken gegen seinen Inhalt laut geworden sind, und dies zwingt mich, die Bedenken, die vom Standpunkt der verbündeten Negierungen dagegen geltend zu machen sind, noch jeßt in leßter Stunde Ihnen vorzutragen.

Meine Herren, ih möchte Ihre Aufmerksamkeit darauf richten, daß der § 7 in der Fassung, in welcher er vorliegt, keineswegs aus- hließlich das Abzahlungsçges{chäft im Auge hat. Der § 7 trifft jedes Geschäft, in welchem eine beweglihe Sache verkauft wird, wenn nur der Kaufpreis nicht auf einmal, fondern ‘in Theilzahlungen entrichtet wird, und zwar jedes Geschäft, au) wenn es sih nur um zwei Theil- zahlungen handelt, auch wenn die Sache beim Abscchluß des Geschäfts überhaupt noch nicht einmal übergeben wird. Wenn ih also in die Lage komme, ih will einmal fagen, mir ein Pianino zu kaufen für 9000 M, und ih verabrede mit dem Fabrikanten: ih will dir heute vor der Uebergabe des Instruments 1000 46 zahlen, mnd na einigen Veonaten, wenn (O mch von der Güte des Instruments überzeugt habe, eine zweite Zahlung mit wieder 1000 M leisten, so fällt dieses Geschäft unter den Paragraphen. Wenn ih dann dem betreffenden Verkäufer eine urkundlihe Er- flärung darüber ausftelle, daß ih die zweite Hälfte des Kaufpreises nah einigen Monaten zahlen werde, und wenn mir der Verkäufer dann nit eine besondere Ausfertigung der Erklärung zustellen läßt oder selbst zustellt, so wird er nah Maßgabe dieser Bestimmung strafbar; ja er muß bestraft werden, da wir das Legalitätsprinzip in unserem Strafprozeß haben, ohne Rücksiht auf die ganz un- bedenklichen Verhältnisse des Geschäfts, auch ohne daß es auf den Willen des Käufers, ob er eine Ausfertigung haben will, weiter an- fommt. Sie werden mir vielleiht dagegen einwenden, der Käufer fann doh auf das Recht, das der § 7 ihm gewährt, verzihten. Jch erwidere dagegen, das ist in dem Paragraphen jedenfalls niht klar ausgedrückt. Soll aber auch der Käufer berehtigt sein, auf die Aus- stellung einer zweiten Ausfertigung zu verzichten, so, erwidere ich weiter, ist die ganze Bestimmung gegenstandslos; denn dann brauchen die Geschäftsleute bloß in jedes Kontraktformular hineinzuseßen, und das würde vorausfsihtlich sofort geschehen, wenn der Paragraph an- genommen wird, eine neue Vertragsbestimmung des Inhalts, daß der Käufer auf die Zustellung einer zweiten Ausfertigung verzihte. Da- mit ist dann der Zweck des Gesetzes hinfällig gemacht.

Also, meine Herren, wenn der Paragraph die leßtere Bedeutung haben soll, ist er nach meiner Meinung gegenstandslos; hat er die erstere Bedeutung, dann greift er, weit über den Bereih der Ab- zablungsgeschäfte hinaus, in den ganzen Geschäftsverkehr in einer nah meiner Meinung hö} bedenklichen Weise ein. Jch glaube nicht, daß es die Absicht des hohen Hauses gewesen ist, in dieser Weise Formalitäten auch des einfahsten Kaufvertrages unter den Schutz von Strafbestimmungen zu stellen.

Nun, meine Herren, was i} denn aber zur Begründung dieses Paragraphen von der linken Seite dieses Hauses angeführt worden ? Zweierlei. Zunächst is gesagt worden, in Oesterrei, wo ein ent- sprehender Geseßentwurf aufgestellt ist, der, soweit mir bekannt, bis jeßt noch niht Geseg wurde, finde sich in dem Entwurf auch eine solche Bestimmung vor. Aber die Herren mußten selbst sofort hinzu- fügen: ohne die Strafbestimmung, die hier aufgenommen worden ist, (Zuruf links.) in dem österreichishen Geseßentrourf.

Zweitens wurde ausgeführt, es käme ja häufig vor, daß der Ab zahlungöhändler beim Verkauf einer Sache an den bedrängten Käufer einen Vertrag vorzeige, nahdem er aber das Papier vorgezeigt habe, es sofort wieder in die Tasche stecke, sodaß der Käufer gar nicht in der Lage sei, sich von dem Inhalt des Vertrages dauernd und laufend unterrichtet zu halten. In welchem Umfange letzteres der Fall ift, lasse ih dahingestellt. Daß große, shwerwiegende Uebelstände, die es nothwendig machten, mit einer Strafvorschrift vorzugehen, damit ver- bunden wären, ist in dem ufe der Diskussionen, die über diefen Gegenstand \{chon mehrere Jahre gepflogen werden, niht hervorgetreten. Daß ih ein solhes Verfahren mißbillige, brauche ih gar nicht zu sagen; es verurtheilt sich selbst. Aber, meine Herren, eine andere Frage if és denn do, ob die Dinge so liegen, daß wir deshalb fofort die Bürger unter eine neue Straf- vorschrift stellen müssen. Mit demselben Rechte würde man verlangen können, daß dem kleinen Mann, wenn er einen Miethsvertrag ab- shließt, eine Vorschrift zur Seite geseßt würde, wonach der Ver- miether verpflihtet wäre, ein zweites Exemplar des Miethsvertrags dem Miether auszuhändigen und einer Strafe verfällt, falls er dieser Verpflichtung nit genügt. Ih sehe nicht ein, daß zwischen diesen beiden Fällen irgend ein erheblicher Unterschied vorhanden wäre; ja, im Gegentheil, wenn Bedrückungen des kleinen Mannes vorkommen, so werden sie auf dem Gebiete des Wohnungswesens vielleiht in viel größerem Umfange vorkommen als auf dem Gebiete dex Abzahlungs-

geschäfte. Wenn Sie also für Abzahlungsgeschäfte die Konzession machen, daß in dem hier fraglichen Fall eine Strafvorschrift play- greifen soll, so wird später an Sie mit vollem Recht das Verlangen gestellt werden können, in anderen wirthschaftlihen Verhältnissen des leinen Verkehrs, mit ähnlihen Strafvorschriften vorzugehen.

Ich wollte mir nur erlauben , diese Erwägungen dem Hause vor- zulegen, bevor es sich in dritter Lesung über die Bestimmungen des Entwurfs entshließt. Ih bin der Meinung, der Entwurf greift jeßt schon fo tief in das wirthschaftlihe Lebea ein und ist so durchaus geeignet, die Interessen der kleinen Leute zu {üßen, daß wir nicht nöthig haben, in leßter Stunde noch überhastet eine neue Bestimmung von im Augenblick niht genau abzusehender Tragweite in den Gesetz- entwurf aufzunehmen. Meine Herren, ih glaube, Sie sollten nicht in diesem Augenblick das Zustandekommen des Gesetzes erschweren und Sie würden weise handeln, wenn Sie diese Bestimmung ablehnen.

Im weiteren Verlauf der Verhandlung erhält nah dem Abg. Lenzmann das Wort der

Abg. Auer (Soz.): In zweiter Lesung haben fast alle Parteien dem Antrage zugestimmt, es muß also doch ein guter Kern in ihm stecken. Die Fälle, daß Käufer über den Inhalt der Urkunde getäuscht wurden, ja, daß zwei in fich verschiedene Fremplare vorhanden waren, find wiederholt vorgekommen, und deshalb haben wir den Versuch gemacht, dem durch das Geseß entgegenzutreten. Wenn aber jeßt so s{chweres Geshüy dagegen aiiaefabcin wird, wenn gar \ch{ließlich das ganze Geseß im Bundesrath an diesem Paragraphen scheitern könnte, so wollen wir dieses Resultat verhüten ; denn wir sind der Meinung, daß an diesem Punkt das Gesetz, das wir für eine werth- volle Errungenschaft halten, nicht scheitern darf. Wir werden daher, auch wenn § 7 fällt, der Vorlage zustimmen.

Abg. Spa hn (Zentr.) bemerkt, daß das Zentrum in zweiter Lesung gegen den § 7 gestimmt hat.

Abg. Dr. Meyer - Halle (fr. Vg.) hofft, daß nah diesem Er- gebniß der Debatte § 7 abgelehnt werden wird. Wohin eine solche aus dem Aermel geschüttelte S führe, Tönne man recht einleuchtend aus dem heute eingebrahten Amendement ersehen. Da- nach könne es dahin kommen, daß ein Käufer, der aus Chikane seine Unterschrift auf der Urkunde nit vollziehe, den Verkäufer denunziere, eine niht gehörig vollzogene Urkunde ausgehändigt zu haben.

Abg. Dr. von Buchka (dkonf.): Die Deutschkonservativen haben das Bestreben, die Vorlage zur Annahme zu bringen, und werden daher heute gegen den § 7 stimmen.

Abg. Dr. von Marquardsen (nl.) ist der Meinung, daß {hon in der zweiten Lesung nur durch einen Irrthum des Bureaus eine Mehrheit für den § 7 konstatiert worden ist.

Das Amendement Auer und Z 7 werden darauf ah- gelehnt. :

Zu § 8 bemängelt der Abg. Dr. Meyer- Halle (fr. Vg.) daß neben Loosen und Prâmienpapieren auh (nah einem in zweiter Lesung angenommenen Antrag Enneccerus) alle sonstigen Werthpapiere vom Verkauf gegen Natenzahlung bei 500 4 Geldstrafe ausgeschlossen werden follen.

Staatssekretär Dr. von Boetticher:

Meine Herren! Ih kann mich diefem Antrage nur anschließen und Sie bitten, die Regierungsvorlage wiederherzustellen. Ih will die Diskussion nicht verlängern ; ich will nur sagen, daß meiner Ueber- zeugung nah die Gründe, die Herr Dr. Meyer dafür angeführt hat, daß man das Geschäft in Werthpapieren unter Stipulation von Theilzahlungen nicht allgemein unter Strafe stellen kann, so dur{- hlagend sind, daß ich kaum glaube, daß dagegen etwas Ent- cheidendes wird ins Gefecht geführt werden können. Wir haben uns bei der Berathung des Gesetßentwurfs über den Antrag des Herrn Abg. Enneccerus nit äußern können; er war, wie ja das in neuerer Zeit mehrfach geschieht, plöblich in das Haus hinein- gebracht, und man ist ohne Diskussion dazu übergegangen, ihn anzu- nehmen, so daß Sie es uns nicht verargen können, wenn wir jeßt bei näherer Betrachtung der Wirkung dieses Beschlusses uns noch dringend dafür aussprechen, daß derselbe wieder rückgängig gemacht werde, und daß an Stelle des bei der zweiten Berathung angenommenen Antrags Enneccerus die Regierungsvorlage wiederhergestellt werde.

Abg. Singer (Soz.) weist auf das eigenthümlihe Schauspiel hin, daß die Regierung an der Seite der reinen Manchesterleute kämpft und ihren bisherigen fozialpolitischen Standpunkt zu ver- leugnen beginnt. Wenn ein Banquier in solhen Papieren mit seinen Kunden Geschäfte macht, so sind diese doch dann noch keine Ab- zahlungsgeschäfte, wenn der Banquier sich für seine Forderung an den Kupons bezahlt macht. Was hier getroffen wird, ist der Ankauf von Werthpapieren gegen Raten, der volkswirthschaftlih ebenso ver- werflich ist, wie das Abzahlungsgeshäft in Prämienloosen.

- Staatssekretär Dr. von Boetticher:

Ja, ih kann meinerseits niht begreifèn, wie der Herr Vorredner mir einen Vorwurf daraus machen will, daß ih den Antrag auf Wiederherstellung der Regierungsvorlage unterstüßt habe. An sich ift das ganz selbstverständlih für einen Vertreter der verbündeten Re- gierungen, daß er die Negierungsvorlagen vertritt und da, wo Ab- weihungen von der Regierungsvorlage beschlossen sind, fehr gründlich zu überlegen hat, ob diese Abweichungen auch innerhalb des Rahmens der Regierungsvorlage liegen, und ob sie sachlich fo berehtigt sind, daß man um des zu Grunde liegenden Gedankens willen einer Abänderung der Vorlage zustimmen kann. Jch kann also den Vorwurf des Herrn Abg. Singer nicht für be- gründet halten. Der Herr Vorredner ist ja auch damit sehr im JIrr- thum, wenn er annimmt, daß mit meiner heutigen Haltung ein Ver- lassen der bisherigen Sozialpolitik der verbündeten Regierungen zu Tage getreten wäre. Jch vermag wenigstens nicht abzusehen, was der Vorschlag des Herrn Abg. Dr. Meyer-Halle mit der Sozialpolitik zu thun hat. Aber abgesehen davon, der sahlihe Grund für diesen Vor- {lag liegt darin, daß gar kein zwingendes Motiv ersichtlih ift, welhes dazu nöthigen könnte, ein ganz ehrlibes, Legitimes, niemand schädigendes Geschäft unter Strafe zu stellen. Ob das Weib, Das der GHerr «Aba D Dee n seiner Auseinandersezung angeführt hat, gerade glücklih gewählt war, lasse ich dahingestellt. Jch bin aber bereit, dem Herrn Vorredner aufzuwarten mit einer ganzen Reihe anderer Beispiele, denen er wahrscheinlich nicht wird nachsagen können, daß sie nicht geeignet wären, die Berechtigung des in zweiter Berathung angenommenen Antrags des Herrn Abg. Dr. Enneccerus zu widerlegen. Jh nehme

beispielsweise an, es geht jemand zum Banquier und sagt: ih brauche heute für 10 000 A Effekten, Werthpapiere. Willst du sie mir ver- kaufen? Die beiden Leute werden handelseins und der Käufer sagt ih gebe dir heute die Hälfte, also 5000 A, und werde dir die übrigen 5000 A über vier Wochen bezahlen. Das is unzweifelhaft ein Geschäft, welches \ich als Verkauf von Werthpapieren gegen Theilzahlungen darstellt, und ih frage : wie kann man dazu übergehen, ein solches Geschäft als unmoralisch und unzulässig zu erklären, es unter Strafe zu stellen, ein Geschäft, das toto die gemacht wird, bei dem also der Kaufpreis zum theil kreditiert wird ? (Sehr rihtig!)) Es wird dabei garnicht, wie es bei einem Abzahlungsgeschäft im tehnishen Sinne zu sein pflegt, der Vorbehalt des Eigenthums, der Vorbehalt des Widerrufs des Geschäfts ausbedungen, sondern es wird ganz einfach verabredet, daß ein Theil des Kaufpreises erst in einer oder in mehreren bestimmten Fristen bezahlt werden soll, d. h. also, das Geschäft wird in Theilzahlungen gematht, und dieses Geschäft in Theilzahlungen würde der § 8 verbieten, wenn

er die Fassung erhält, wie sie augenblicklich lautet. Wenn Sie also

das nicht wollen der Herr Abg. Singer scheint mir selber \tußig zu werden (Zuruf bei den Sozialdemokraten) das wollen Sie also ? Sie wollen also dieses ganz legitime, ehrlihe Geschäft untersagen? Dann bin ih allerdings anderer Meinung, dann sage ih: der Gesetz- geber soll dem Verkehr keine weiteren Fesseln auflegen, als wie sie nothwendig sind, und ih bitte Sie deshalb wiederholt, diesen § 8 so zu korrigieren, wie ihn die Regierungsvorlage in Aussicht genommen hatte, d. h. also: die Regierungsvorlage wiederherzustellen.

Abg. Lenzmann (fr. Volksp.) spriht sich ebenfalls für diE Wiederherstellung des § 8 nah der Vorlage aus, ebenso der Abg. Spahn (Zentr.).

Abg. Dr. Meyer - Halle (fr. Vg.) weist noch darauf hin, daß auch die Fälle, in denen die Kaution eines Beamten oder Angestellten auf dem Wege des Gehaltsabzuges aufgebraht wird, unter § 8 fallen würden. Die Klage des Abg. Singer, daß die Regierung ihre sozialpolitishen Bahnen verlasse, weil sie einmal einem fozial- E Antrage nicht zustimme, \{heint dem Redner etwas versruÿT.

Die Abgg. Freiherr von Stumm (Np.) und Dr. vonBuchka (dkonf.) beantragen gleichfalls die Wiederherstellung der Regierungsvorlage.

_8 8 der Beschlüsse zweiter Lesung wird abgelehnt, die Fassung der Vorlage fast einstimmig angenommen.

Die Gesammtabstimmung über die Vorlage wird wegen der beschlossenen Aenderungen ausgeseßt.

Letter Gegenstand der Tagesordnung ist die zweite Lesung ae betr. die Aenderung des §41 der Konkurs- ordnung.

Nach dem Entwurf foll das Vorrecht des Vermiethers im Kon- kurse sfih nur erstrecken auf Forderungen aus dem Miethsvertrage wegen des laufenden und des leßten Jahres vor Eröffnung des Kon- kurses rüdckständigen Miethszinses, sowie wegen anderer Forderungen aus dem Miethsvertrage, jedoch mit der Einschränkung, daß dem Vermiether Anspruh auf abgesonderte Befriedigung für hohe Forde- rungen nicht zusteht, die er infolge Kündigung des Verwalters geltend machen kann.

Die X. Kommission hat die Vorlage unverändert angenommen.

Abg. Rintelen (Zentr.) erklärt, daß die vom Zentrum ge- stellten weitergehenden Änträge, betreffend das Borrecht der Bau- handwerker und die Beseitigung des Retentionsrehts des Vermiethers, zurückgezogen werden, weil sich aus den Erklärungen des Justiz- Ministers im preußishen Abgeordnetenhause ergeben habe, daß beide Materien wenigstens für Preußen noch vor dem Erlaß des Bürger- lichen Geseßbuchs eine Negelung finden werden.

Die Vorlage wird unverändert angenommen.

Damit ist die Tagesordnung erledigt.

Der Präsident \s{hlägt vor, am Freitag Rechnungs- fe a und Petitionsberihte auf die Tagesordnung zu nehmen.

Auf Antrag Rickert wird auch der Antrag des Abg. Grafen Kanißtz, betr. den Einkauf und Verkauf des zum Verbrauh im Zollgebiet bestimmten ausländischen Ge- treides u. st. w. für Rehnung des Reichs auf die Tages- ordnung geseßt und zwar (nah einem Antrag Richter) an die lezte Stelle derselben.

Schluß nah 3 Uhr.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 47. Sitzung vom 12. April 1894.

Jn der ersten Berathung des Gesezentwurfs zur Abänderung der evangelishen Kirchengemeinde- und Synodalordnung und betreffend die evangelische Kirchenverfassung der aht älteren Provinzen, (\. den Anfangsberiht in der Donnerstagsnummer d. Bl.), nimmt nach dem Abg. Dr. Enneccerus (nl.) das Wort der

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten Dr. Bosse:

Meine Herren! Ich zweifle keinen Augenblick daran, daß der Herr Vorredner die Bedenken, die er in seinem eigenen und im Namen seiner politishen Freunde gegen die Vorlage hier in ausgiebigem Maße geltend gemacht hat, aus der Tiefe seiner persönlichen evan- gelishen Ueberzeugung heraus hier vorgebraht hat. Aber dennoch, obwohl ich auch für mich eine ausgesprohen evangelishe und zwar gesund evangelishe Ueberzeugung in Anspruch nehme, habe ih es nit vermocht, die Vorlage unter dieselben Gesichtswinkel zu bringen, wie das der Herr Vorredner gethan hat.

Fch darf von vornherein bemerken, ih habe im anderen Hause niht etwa die etwaigen unevangelishen Bestrebungen in der evangelischen Kirche als Gespenster bezeichnet, sondern die Besorgnisse, daß dieses Geseß cine Förderung folher Bestrebungen [enthalten könnte, habe ih als Gespensterfurht bezeichnet, und auf diesem Stand- punkt stehe ih auch jeßt noch.

Meine Herren, ih hätte mich vielleicht darauf beshränken können, auf meine Aeußerungen - im Herrenhause hier Bezug zu nehmen, [sie sind ja bekannt geworden; aber gerade der Nachdruck, mit dem der Herr Vorredner si gegen die Vorlage gewandt hat, nöthigt mich, do noch einmal etwas näher auf die Sache einzugehen.