1894 / 92 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 19 Apr 1894 18:00:01 GMT) scan diff

zweifelhaft einen Betrieb dort eröffnen. Die bezüglihen Be- \chlüfse sind gefaßt. Jch kann, wie gesagt, nur aussprechen : es ist höochst zweifelhaft, ob das überhaupt möglich sein wird, weil wir die Natur nicht zwingen können; aber der Versuch wird gemacht werden, und es s\tcht fest, daß solhe Versuche niemals von Privat- unternehmungen gemaht werden, wohl aber von dem Fiskus, wenn ex die Sicherheit hat, daß dieses Gesez angenommen wird, und wenn er die Sicherheii hat, daß der Kalivertrieb niht Gegenstand der all- gemeinen Spekulation wird. Die Sorge, daß nah Ablehnung des Gesetzes die Kalisalze ein Objekt der freien Spekulation werden, muß auch den Fiskus dazu führen, Bedenken zu tragen, seine jeßt {hon vorhandenen Betriebe zu verstärken, um au da, wo er ganz sicher ist, Kali zu haben, mit der Neueröffnung von “neuen Be- trieben vorzugehen. Er muß Bedenken tragen, große Kapi- talien in Unternehmungen zu s\tecken, deren Rentabilität DObUI Well Dub, M6 fe mit der Speli- lation in dem ganzen Gebiet, wo Kalisalze vorhanden sind, in Kon- kurrenz treten. Findet das Geseß Annahme, fo sind bereits die Be- \chlüsse gefaßt, sofort mit der Neueröffnung eines Betriebes, und zwar nicht in der unmittelbaren Nähe von Staßfurt vorzugehen, sodaß wir im Jahre 1899, wo das Kalisyndikat abgelaufen sein wird, in der Lage sein werden, durch die vorhandenen und neu zu eröffnenden Be- triebe, allcin die ganze Menge von Kalisalzen zu fördern, welcher die preußische Landwirthschaft bedarf. Das kann selbstverständlich alles nur geschehen, wenn das Geseß angenommen wird, weil, wie gesagt, der Fiskus Bedenken tragen müßte, ein großes Unternehmen einzu- leiten, dessen Erträge dur die Spekulation auf- und niedergehen und zu Zeiten ganz vershwinden können.

Meine Herren, der Herr Abgeordnete von Bockelberg hat bemerkt, daß er erwarte oder seine Stellung zum Gese abhängig machen müsse von Erklärungen, die bezüglich der Stellung zum Syndikat abgegeben werden, und von weiteren Erklärungen, daß meine Absicht dahin gehe, auch in anderen Landestheilen Bohrungen anzustellen. In leßterer Beziehung glaube ih ihn befriedigt zu haben; in erster Be- ziehung gestatte ih mir, ihm mitzutheilen, daß das Staats-Ministerium den Beschluß gefaßt hat, von dem ich bereits in der Kommission als meine persönlihe Auffassung Kenntniß gegeben habe, daß es den Beschluß gefaßt hat, nah Ablauf des Syndikats mit den fiskalischen Werken nur dann wieder in das Syndikat einzutreten, wenn der Fiskus die aus\chlaggebende Stellung bei der Preisgestaltung der Kalisalze erhält. (Hört! hört!) Damit ist meines Erachtens alles erreicht, was seitens der Herren verlangt werden kann. Ob dann noch ein Syndikat ge- {lossen wird oder nicht, das wird in andern Momenten seinen Grund haben, z. B. in der Vereinfahung des Betriebes, in gemeinsamen Unternehmungen für die Preisgestaltung wird das Syndikat keine Bedeutung mehr haben, da der Fiskus, wenn er überhaupt beitritt, nur unter der Bedingung beitritt, daß er die aus\hlaggebende Stellung bei der Preisgestaltung einnimmt. Dieser Beschluß is vom Staats- Ministerium gefaßt, er ist nicht nur der Beschluß eines einzelnen Ressorts, und kann infolge dessen auch nur durch Beschluß des Staats- Ministeriums geändert werden. Es ift also, glaube ich, die Sicherheit gegeben, welhe seitens der Herren in dieser Beziehung verlangt werden tann.

Der Herr Abg. Schmieding hat bemerkt, in dem Gesetz finde er wenigstens einen gesunden Gedanken, und zwar den Gedanken des Schutzes der produktiven Stände. Allerdings, meine Herren, das ist auch der Grund dieses Geseßes. Der Grund dieses Gesetes ist wesentlich dieser, nicht der, ein Syndikat zu {hüßen, was der Herr Abg. Schmieding noch allenfalls für rihtig und gesund hielte. Nein, der Grund is der, daß man glaubte, hier für die Landwirthschaft einen ganz erheblichen Dienst leisten zu können, den Dienst der Zu- sicherung eines beständigen Bezuges guter und nah Möglichkeit billig gestellter Waaren. Der bezügliche Beschluß des Staats-Ministeriums beginnt folgendermaßen:

Um die Absiht des Gesetzes, betreffend die Aufsuchung und Gewinnung der Kali- und ¡Magnesiasalze, zu erreihen, den in Preußen vorhandenen Schaß an solhen Salzen vor Verderben und unwirthschaftlicher Ausnußung zn bewahren und ihn der heimischen yroduktiven Thätigkeit in guter Beschaffenheit und zu möglichst billigen Preisen zuzuführen, beschließt das Staats-Ministerium, dem Syndikat beizutreten, wenn dem Fiskus die ausshlaggebende Stellung bei der Preisgestaltung gewahrt bleibt.

Sie finden es also au in diesem Beschluß ausdrücklich aus- gesprochen, daß es die Absicht des Staats-Ministeriums ist, durch dieses Geseß der Landwirthschaft vor allen Dingen den Bezug von reinen und möglichst billigen Düngemitteln zu sichern. Sie glaubt sich in der Lage, durch Verringerung der Produktionskosten die Preise des Düngesalzes herabsetzen zu können und dadur die Produktions- kosten für die Landwirthschaft zu vermindern. Aus diesem Grunde, wie gesagt, ist sie zu diesem Geseyßentwurf geschritten, und sie glaubt die Absicht, die der Herr Abg. Schmieding für gesund erklärt, die produktiven Stände zu \chüßen, so zu erreichen, niht dadur, daß sie das Syndikat {üßt. Meine Herren, der Herr Abg. Schmieding macht die Bemerkung: Ja, wenn es noch ein allgemeines Monopol wäre, um das es fich handelte, dann würden wir vielleiht der Frage niht so abgeneigt sein. Jch kann annehmen, daß er dann der Frage sehr zugeneigt sein würde mit feinen sämmtlichen Fraktionsgenossen; denn in der Kommission haben die Mitglieder seiner Fraktion den Antrag gestellt, man möge zwar das Gese ablehnen, aber ein anderes Geseß einbringen, in dem der Staat das aus\schließlihe Recht des Verkaufs der Kalisalze hat. (Hört! hört!) Ich habe mir gestattet, darauf hinzuweisen, daß das dasfelbe bedeute, wie die Beschränkung der Bergbaufreiheit. Denn wenn ih zunächst das Produkt gewinnen lasse, es dann aber mit Be- schlag belege und nah meinem Gutdünken verkaufe, so bleibt von Bergbaufreiheit außerordentlich wenig übrig. Ich wenigstens würde mich für diesen, Zustand ebenso bedanken, als für die Aufhebung der Bergbaufreiheit. JIch würde garniht so abgeneigt sein, über die Frage eines reinen Kalimonopols hier im Hause zu ver- handeln, wenn nicht die enormen Kosten entgegenständen. Es handelt sih um ein Objekt, was mindestens 150 bis 200 Millionen ‘darstellt, das würde der Fiskus in die Betriebe hineinstecken, in Betriebe, deren Erträglichkeit immerhin nicht ganz außer Zweifel cht. Mit dem Gesetz kommt er zu einem befriedigenden Zustand, in dem die Bergbaufreiheit und damit die Konkurrenz eingeshränkt wird; der Staat hat gar keine Opfer dafür zu bringen, er ist in der Lage, seine produktive Thätig- feit im Kalibergbau den Ansprüchen der heimischen Landwirthschaft entsprehend zu vermehren.

Nun, meine Herren, Herr von Bockelberg ih gestatte mir hierauf noch mit einem Wort einzugehen hat der fiskalishen Ver- waltung einen Vorwurf daraus gemacht, daß sie es nicht verstanden hat, \sich den Händen des Syndikats zu entziehen und nicht ihrerseits bereits in der jeßigen Lage der Dinge bestrebt gewesen ist, die Preise für die Landwirthschaft billig zu gestalten. Nun, meine Herren, daß sie nicht bestrebt gewesen wäre, die Preise billig zu ge- stalten, das kann ich nicht zugeben. Jch habe, soweit es die Stellung im Syndikat gestattete, darauf hingewirkt, daß diese Preise ermäßigt würden, und ih glaube, die lezten Verhandlungen, die mit den Ver- tretern des ländlichen Genossenschaftswesens gepflogen worden sind und mit den Vertretern der deutshen Landwirthschaftsgesellschaft, dürften denn doch den erneuten Beweis dafür geben, daß wir, soweit wir in der Lage dazu waren, versuchten, darauf hinzuwirken, die Preise für die Landwirthschaft billig zu gestalten. Daß der Fiskus nicht früher es ist ja hon geraume Zeit her, daß er in das Syndikat eingetreten ist —, daß er niht früher das Syndikat aufgegeben hat, das liegt einfah daran, daß bisher die Kaliwerke vorwiegend die Be- stimmung hatten, dem Staat Geld einzubringen. Die Kali-Berg- werke waren einfah werbende Betriebe des Staats, wie z. B. seine Steinkohlengruben es auch sind. Eine Aenderung in dieser Be- ziehung fann erst eintreten, wenn das hier vorgelegte Geseß ange- nommen wird. Dann wird der Staat davon absehen können, weil er feine Konkurrenz vor sich hat oder doch nur eine beschränkte, sie lediglih als werbenden Betrieb zu betreiben, dann fann er den Betrieb der Kali-Bergwerke volkswirthschaftlih zu Gunsten unserer produktiven Stände, unserer Landwirthschaft einrichten. Dan let die Se erheb) anders. Gr wird das können ohne die Einnahmen, die er bisher aus seinem Kalibetriebe hatte, zu beschränken. Es wird die Folge eintreten, daß, wenn das Geseß angenommen wird, durch Vermehrung und Verstärkung der Produktion und durch Verbilligung derselben die Kosten der Kalisalze herabgeseßt werden können, und diese Herabseßung der Pro- duktionskosten \oll nach der Auffassung des Staats - Ministe- riums der heimishen Landwirthshaft zu gute kommen, nicht dem fisfalishen Säckel. Wenn der Herr Finanz-Minister zur Stelle wäre, würde er mir bestätigen, daß diese Auffassung bei ihm und bei allen Mitgliedern des Staats-Ministeriums vorhanden ist. (Hört! hört!)

Damals lag die Sache ganz anders: die fiskalishen Be- triebe waren aus\chließlich} werbende Betriebe, wie die Steinkohlen- gruben, und deshalb begab sih der Staat in das Syndikat, um die Konkurrenz anderer Gruben nah Möglichkeit auszuschließen.

Auf die tehnishe Seite der Frage möchte ih im gegenwärtigen Augenblick niht näher eingehen, es finden sich da unvereinbare Wider- sprüche. Die Herren Gegner des Gesetzes bleiben dabei, daß die teh- nischen Gründe der Regierung nicht hinreichend sind. Wir sind aber anderer Meinung. Unsere Techniker sind der Ansicht und der sehr be- stimmten Ansicht, daß die jeßigen Zustände in Bezug auf das Hereinbrehen der Wassersgefahr in den Kali- werken außerordentlißh, im höchsten Grade bedenklich ind, und daß die jeßige Gesetzgebung nicht genügende Mittel an die Hand giebt, um diese Gefahr in Zukunft abzuwenden. Die tehnishe Seite der Gefahr des Wasserzuflusses, die wirthschaftlihe Seite der Absicht, der heimischen Produktion, der Landwirthschaft die Kalisalze möglichst billig und gut zuzuführen, das waren die beiden Gründe, die uns veranlaßt haben, das Gesetz vorzulegen.

Herr Schmieding hat darauf hingewiesen, daß Unglücksfälle, die bei zwei großen Werken vorgekommen sind, geradeso vorgekommen wären bei fiskfalishem wie bei privatem Betriebe. Meine Herren, mit Sicherheit wird er das kaum behaupten können. Ich möchte an- nehmen, daß wenigstens einer dieser Unglücksfälle dadurch Verbeiaeubt worden l, daß mnn mr dem Abbau des Kainits zu weit vorgegangen ist. Aus dem infachen Grunde, wel Kant das leder bverwerthbare das werthvollere Objekt ist, ist man schneller und vielleiht weiter mit dem Abbau desselben vorgegangen, als es die Vorsicht räthlih erscheinen ließ. Ob das auf fiskalischem Gebiet vorgekommen wäre, das be- zweifle ih. Ich kann es natürlih auf der anderen Seite nicht ab- folut bestreiten, daß durch Unvorsichtigkeit oder Verschulden eines dirigierenden Beamten ähnlihe Verhältnisse auch da vorkommen können.

Nun, meine Herren, möchte ih nochmals kurz darauf hinweisen, was denn geschieht, wenn das Geseß nicht angenommen wird. Wenn das Geseß niht angenommen wird, fo wird die Regierung von ihrem bisherigen System, die Privatunternehmungen dur&® Kon- kurrenzbohrungen auszuschließen, neben“ jede Bohrung eine andere Bohrung zu seßen, um ihr überzukommen, abgehen müssen. Ich bin der Ueberzeugung, daß an sich dieses System kein lobenswerthes ist. Ich habe es in der Verwaltung vorgefunden; ih war sehr bald ent- chlossen, von diesem System abzugehen. Ich habe das bisher niht gethan, weil ih die Absicht hatte, dem Landtage ein Geseß vorzulegen , welches neue konkurrierende Unternehmungen durch die Aufhebung der VBergbaufreiheit überhaupt aus\{chließt. Also dieses System wird aufgegeben werden. Die Folge davon ist die, daß der Kali-Bergbau ganz unbeschränkter Spekulation übergeben werden wird. Es werden sich die Betriebe vermehren, und I n O e eIba Da ene Set ommen 0D, wo infolge der erhöhten Konkurrenz die Salze billiger werden. Wie lange wird das währeny Das wind so lange währen, bis ein Theil der betreffenden Werke dur Unterbieten anderer Werke derartig ge\{wächt ist, daß er seinen Betrieb einstellen muß, dann werden die wenigen mächtigen kapital- und betriebskräftigen Werke die noch vorhandenen {wächeren Werke aufkfaufen und ein Monopol herstellen, in dem die Regierung nihts oder nur wenig zl sagen. baben V. Denn, mene Herren, de BVer- stärkung der fiskalishen Betriebe, sodaß der Fiskus - die Gewalt innerhalb der zukünftigen Produktion haben würde, erscheint, wenn freie Konkurrenz herrscht, ausgeschlossen, weil der Fiskus nicht das Risiko laufen kann, Produktionsstätten zu errichten, deren Erträge durch die allgemeine Konkurrenz Schwankungen unter- liegen, zeitweise auf Null herabgehen. Also die Verstärkung der fis- falishen Betriebe so, daß sie im stande wären, allein die Bedürf- nisse der heimischen Landwirthschaft zu befriedigen, is meines Er- achtens nur zulässig, wenn die Konkurrenz durch ein Geseß ausge- chlossen wird.

Ich möchte nun noch darauf aufmerksam machen: wenn das Gesetz jeßt abgelehnt wird, is es meines Erachtens für immer ab-

gelehnt! (Bravo! links.) Allerdings Ihnen is das ja felbstver, ständlih angenehm; ih erwähne das auch nicht für Sie, sondern für diejenigen Herren, die dem Geseße zugeneigt sind. Wen das Geseß abgelehnt wird, ist es meines Erachtens niht wieder eins zubringen. Jett find wir noch in der Lage, mit einer beschränkten Anzahl von Werken zu rehnen; wird das Geseg aber abgelehnt, sg wird, wie gesagt, bald eine große Zahl neuer Betriebs\tätten erstehen und dann ist eine Aenderung des bestehenden Zustandes nicht mehr möglich.

Auch dann noch, ih stelle mich durchaus nicht auf den Stand, punkt eines Mannes, der sih dafür rächen will, daß man seine Vorlage

ablehnt, au dann noch wird die Regierung bestrebt sein müssen, nah Möglichkeit den Gefahren, die durch Wafserzuflüsse drohen, zu begegnen; eg wird eine Vermehrung der geseßlichen Befugnisse der Bergbehörden noth, wendig werden, die eine starke Einschränkung der Bewegungsfreiheit zur Folge haben. Aber die feste Ueberzeugung haben wir, daß es uns durch nihts gelingen wird, die Gefahren, die diesem großen Sthaße unseres Vaterlandes durch die Wasserdurhbrüche und die unwirth, schaftliche Benußung drohen, anders auszuschließen als im Wege dieses Gesetzes. Keine andere Maßregel kann uns dazu führen, und deshalb bitte ih Sie, meine Herren, das sich wohl zu überlegen. Sie würden unrecht thun, dieses Geseß abzulehnen. (Bravo!)

Abg. Freiherr von Zedliß (frkons.): Ein kleiner Theil meiner Freunde verhält sih ablehnend gegen die Vorlage. Wenn ich für diefelbe eintrete, so geschieht es in dem Bewußtsein, daß, wenn der jeßige Moment nicht benußt wird zur Sicherung dieses Schatzes, der Zeitpunkt dafür niemals wiederkehren wird. Der große Schatz dieser Kali. falze verdient aber eine pfleglihe Behandlung, die dadurch gefähntet wird, daß der nur auf Gewinn bedahte Privatbergbau auf Kai sich ausdehnt, daß mit der Zunahme der Betriebe die Wassersgefahr wächst. Die freie Konkurrenz wird die Ausfuhr der Salze ing Ausland fördern und zum Abbau der werthvollen Salze drängen so daß es sih nachher nicht lohnt, auf die minder werthvollen no6 zu bauen. Unter der Bergbaufreiheit hat man in den östlichen Pro, vinzen kein Kaliwerk errichtet; der Fiskus wird aber die Pflicht dau haben, wenn die freie Konkurrenz beseitigt sein wird, welche dur) die Unterbietung der Preise auh die Qualität der Waaren \ch{lechter macht. Darin, daß man mit einem Monopol die Privilegierung einiger vorhandener Großbetriebe verbindet, liegt die Gefahr, daß der Fiskus sih von den heute proklamierten wohlthätigen Absichten ah, drängen läßt dur die ihm innewohnende fiskalische, privatwirthscaft liche Natur, welche nah hohem Gewinn strebt. Auch nach den heutigen Erklärungen des Ministers werde ih nicht für das Gesetz stimmen können, wenn niht klar in demselben ausgesprochen wird, daß die Absicht des Geseßes dahin geht, dem Fiskus einen maßgebenden Einfluß auf die Preisgestaltung zu geben. Für das Inland müssen die Preife mög; lichst billig sein, dafür kann die Kali-Industrie sich im Ausland \chadlos halten. Die Minister für Handel und Gewerbe und für Landwirth: haft sollten in erster Linie bei der Preisgestaltung mitwirken, und dazu wäre die parlamentarische Kontrole einzuführen, wie das ver schiedentlih beantragt wird. Wenn diese Dinge im Gesetze selbst zum Ausdruck kommen, dann können wir überzeugt sein, daß allen gere(ten Ansprüchen der Landwirthschaft genügt werden wird, dann wird das Gesey zum Segen des Landes wirken. Daß der Aus\{luß der Provinz Hannover dieses Ziel durhkreuzt, ist rihtig. Es muß ein Weg gesucht werden, die Ansprüche der hannoverschen Grundeigenthümer in billiger und gerehter Weise abzufinden. Es wäre möglich, eine längere Frist einzuführen, innerhalb welcher die hannoverschen Grund- eigenthümer ihre angeblihen Rechte o machen können. Diese Dinge sind aber niht im. Plenum zu behandeln; deshalb beantrage ih die Zurückverweisung der von mir gestellten Anträge und der be- treffenden Theile der Vorlage in die Kommission.

Abg. Horn (nl.) ist mit den Ausführungen des Abg. Schmieding vollständig einverstanden und hält es besonders für bedenklid, daßgin Hannover den Grundeigenthümern ihre Nechte genommen werden sollen. Das werde man dort niemals begreifen können troß aller juristishen Tifteleien. Hannover wolle von den Vortheilen dieses Gesetzes gar nichts wissen, weil durh das Gesetz eine Industrie unter- drückt werden könnte, welche für Hannover dieselbe Bedeutung habe wie die Kohlenindustrie für Westfalen.

Abg. von Puttkamer- Ohlau (kons.) bedauert, daß die Zahl der Gegner sich vermehrt zu haben scheine. Man spreche von den großen Vorräthen, die 2000 Jahre reihen würden. Aber das gelte nur für die Kalirohsalze im allgemeinen; die Vorräthe der besseren, für die Landwirthschaft werthvollsten Salze seien nicht so bedeutend, und die Gefahr des Wassercinbruhs werde do vielfa unterschäßt. Bei Ablehnung der Vorlage werde das Syndikat im Jahre 1898 ablaufen, und es werde der Raubbau mit allen seinen Gefahren eintreten. Dann würde man wieder den Abschluß eines Syndikats versuchen, ‘aber dann müßte die Regierung den Abschluß hindern, um die Preise nicht zu hoch steigen zu lassen. Die Erklärungen des Ministers für die Zukunft seien erfreulih; es wäre nur zu wünschen gewesen, daß man früher {hon so verfahren wäre. MNMedner erklärt sih dafür, daß die Preisfeststellung seitens des Staats in das Geseh hineinges{oben werde, und daß das Parlament eine gewisse Kontrole ausübe. Aber für eine Zurückverweisung der Vorlage in die Kot mission liege kein Grund vor.

Abg. Herold (Zentr.) erklärt sich gegen die Vorlage, wel ein bedenklihes Monopol \hafe, dem die Landwirthschaft auf Gnade und Ungnade unterworfen sei. Auch ohne Annahme des Gesetzes könne der Fiskus nah Ablauf des Syndikats die Preise herabseßen und neue Bohrungen vornehmen lassen. Die Konkurrenz werde ihn nid! schädigen, sie werde nur verhüten, daß der Fiskus cinmal zu hohe Preise nehme. In der jährlichen Vorlegung cines Rechenschaftsberiht? könne eine Garantie dagegen nit gefunden werden. Wie das pon Grafen Kaniß vorgeschlagene Getreidemonopol, so würde auch diese Monopol zum Schaden der Landwirthschaft gereichen und in politischer Beziehung bedenklich werden können.

Minister sr Handel und Gewerde Werle: ,

Der Herr Vorredner hat bemerkt, wenn er vorurtheilsfrei an dlé Prüfung dieses Entwurfs herangeht, so könne er zu keinem andere! Resultat kommen, als zu seiner Ablehnung. :

Ob er wirflich vorurtheilsfrei an die Vorlage herangegange! i ist mir zweifelhaft geworden, nachdem er von vornherein ausgesproet hat, daß ihm namentlich in politischer Beziehung dieser Geseßentwull außerordentlich bedenklih erscheine. 3

Meine Herren, wenn man so weit geht, cine der Landwirths& angebotene Wohlthat denn um eine solche handelt es fich E zulehnen, weil man daran denkt, daß einem landwirthscaftlión! Verein seiner politishen Richtung wegen eine Bevorzugung L dem anderen, der der Regierung nicht so angenehm ist, gewährt 20 wenn man an so etwas denkt, so, meine ih doch, ist die VorutiE freiheit nicht in dem Maße vorhanden, wie ih es für E halte, um ein derartiges wirthschaftlihes Gese richtig zu beurtheilt

Der Herr Vorredner ist der Meinung gewesen und au

ch das führt ihn zu der Ablehnung des Gesetzes —, daß die Vorzüge, E man im Entwurf findet, auch heute s{on, wenn man neue wolle, vorhanden seien. Der Fiskus ih hätte das e geführt sei heute hon in der Lage, seine Produktion in der e zu verstärken, daß er der Landwirthschaft allein den nothwen Bedarf liefert; der Fiskus sei heute {hon in der Lage, duen

seßung der Preise die Bedürfnisse dex Landwirthschaft zu b

Freiherr von

und die Konkurrenz auszuschließen. Jn meinen Ausführungen habe ih gleich hinzugefügt: er ist heute dazu nicht in der Lage und er wird au ohne das Geseß zukünftig nit in die Lage kommen, weil er nicht risfieren kann, Kapitalien in Unternehmungen zu \stecken, deren Er- trägnisse im höchsten Grade ¿weifelhaft sind. Und diese sind im höchsten Grade zweifelhaft, sobald die freie Konkurrenz auf diesem Ge- biet bestehen bleibt. Wir kriegen die Sicherheit eines. angemessenen Ertrags nur dann, wenn in Zukunft die Kalisalze der freien Speku- sation entzogen werden. Ich hatte das ausdrücklih angeführt und nehme an, daß der Herr Vorredner das überhört hat. Wenn er meint, daß wir au heute {hon dur billigere Preise die Konkurrenz ausschließen, jedes Verlangen vertreiben könnten, an der Kali- gewinnung sich weiter zu betheiligen, so halte ih auch das für unrichtig. Der Hauptgewinn kommt ja, wie Ihnen bekannt ist, nit aus der Ge- winnung der Kainitfalze, sondern aus dem Absayß der Fabrifate; er fommt aus dem Absay namentli der Fabrikate im Auslande. Ver- langt der Herr Vorredner nun, daß die fiskalishen Betriebe jeßt ihre Preise für die im Inlande abgeseßten Fabrikate so herunterseyen, daß feiner Lust hat, mit ihnen zu konkurrieren? Verlangt er, daß wir die Yreise für die Salze, welche wir im Auslande abseßen, so herunter- hringen, daß keiner Luft hat, zu konkurrieren? Wo sollen wir dann bleiben? Die Herabseßung der Preise für Kainit und Karnallit ih bemerke, daß der Preis für Karnallit {on auf oder unter den Selbstkosten steht ist doch nur mögli, wenn wir in der Lage sind, aus den Fabrikaten entsprechende Gewinne zu ziehen bei der Ab- sezung im Auslande. Also die Deduktion halte ih für durchaus unrichtig.

Der Herr Vorredner ist dann der Meinung gewesen, daß aus der Weigerung oder dem Proteste, den ich in der Kommission ausgesprochen habe gegen eine Aufnahme der Bestimmung in das Gefeß, daß alljährlih dem Landtag Rechnung über die Kali- werke gelegt werden solle, zu {ließen sei, daß wir doch wohl andere Ideen bei dieser Sache hâtten. Das is keineswegs der Fall. Ich habe gesagt: ih halte eine Aufnahme in das Geseß deshalb nit für rihtig, weil sih die Rechnungslegung, die Mittheilung über alle Ver- hältnisse des Kalibaues von selbst versteht. Es solle dies alljährlich geschehen. Solche Mittheilungen werden Ihnen jeßt {hon gegeben werden in den Nachrichten, die über unsere bergbaulichen Verhältnisse jährlih dem Abgeordnetenhause vorgelegt werden. Dieselben werden in der Weise vervollständigt werden müssen, daß nihts in Zweifel bleibt in Bezug auf die Kalibergwerke, ihre Selbst- {osten, ihre Verkaufsbedingungen, ihre Preise u. \. w. Wenn aus diesem meinem Protest im Hause die Schlußfolgerung gezogen wird, daß man do seitens der Regierung diese Mittheilungen nicht ernstlich wolle, so erkflâre ih, daß i meinen Protest zurückziehe und mi mit der Aufnahme einer bezüglichen Bestimmung in das Gesetz einverstanden erflâre. Allerdings würden Sie eine andere Fassung finden müssen, als sie von den Antragstellern von Bockelberg und Genossen beliebt ist. Nah der Fassung dieser Herren liegt die Sache meiner Auffassung nach so, daß dem Landtage nicht nur über die fiskalischen, sondern au über alle anderen Betriebe die betreffenden Mittheilungen ge- geben werden sollen. Ich meine, daß das nicht die Absicht der Antragsteller gewesen sein kann, denn wir wären niht in der Lage, über die Privatbetriebe dem Landtage die verlangten Mittheilungen zu mahen. Ich darf wohl annehmen, daß der Antrag sich nur auf die Staatsbetriebe beziehen soll, und, wie gesagt, in dieser Beziehung habe ih keine Bedenken, wenn eine Bestimmung in das Gesetz aufgenommen wird, daß die Negierung verpflichtet ist, dem zandtag alljährlih ausführlidze Mittheilungen über die Verhältnisse der Kaligewinnung und des Verkaufs der Kalisalze zu geben; und damit würde eine weitere Sicherheit gegenüber der Befürchtung des Herrn Vorredners gegeben sein.

Ich möchte nun doch noch einige kurze Bemerkungen zu dem Antrag von Zedlitz machen, obgleich derselbe ja erst später zur Be- rathung kTommen wird; indessen ist es doch zur Beurtheilung des zur Erörterung stehenden Art. 3 wichtig, daß ih dazu schon jeßt einige Vorte sage. So, wie er gestellt ift, ist er meines Erachtens nicht aumehmbar. Alle die Bedenken, welhe Sie bezüglih des Schußes des Eigenthums in der Provinz Hannover und bezüglih der Noth- wendigkeit, eine Entshädigung zu gewähren haben, kommen bei dem An- irag Zedlitz meines Erachtens in noch höherem Maße zur Geltung; denn hier handelt es sich in der That darum, daß man einem vorhandenen Eigenthum, worum es sih in Hannover nit handelt, seinen Werth dadur nimmt, daß man ihm den Preis von Staatswegen diktiert, ohne daß cine Entschädigung dafür gewährt wird.

__ Auch im Abs. 2 finde ich Bedenken, daß nämlih bei der Fest- leßung des Höchstbetrags des Preises auf eine angemessene Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals Nücksicht zu nehmen ist. Das könnte Unter Umständen sogar zur Schädigung der landwirthschaftlichen Inter- essenten führen, denn die heutigen Preise der Nohsalze sind zum theil ohne Berechnung der Verzinsung und Amortisation gestellt. Danach fönnte die angemessene Berüksichtigung der letzteren zu einer Erhöhung des Preises führen. Also die Fassung dieses Antrages halte ih nicht ur möglich; wenn es gelingt, einem Gedanken Ausdruck zu geben, der in Zukunft nah Ablauf des Syndikats es ausschließt, daß aus fiska- lisden Rücksichten die Preise des Kalisalzes zu Ungunsten der Land- wirthschaft gestaltet werden, wenn es gelingt, eine folche Fassung zu finden, so will ich mi dagegen niht wehren. Aber meines Erachtens ist nur daran ¿u denken, daß in dieses Geseß eine Bestimmung auf- genommen wird bezügli der Preise der aus den fiskalishen Werken swonnenen Salze; auch das würde ja von einem erheblichen Einfluß auf die Preisgestaltung sein, sogar von einem maßgebenden Einfluß, wenn ‘ben die Konkurrenz der Privatbetricbe in dem Maß ausgeschlossen wird, A durch das Gefeß beabsichtigt wird. Es könnte z. B. bestimmt werden, e die Preife der aus fisfalischen Werken gewonnenen Salze vom taats-Ministerium, niht vom Nessort-Minister, und zwar unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der heimischen Landwirthschaft und Mustrie, festgestellt würden. S beschränke mich jeßt auf diese Andeutung. Ich bin mit oge jeden Weg zu suchen, der die Unmöglichkeit herbeiführt, natürlich 7 zum Schaden der Landwirthschaft ausslagen} zu lassen;

L ad dieser Weg gangbar sein. (Bravo!)

Donrate Crdere vo ä Eynatten (Zentr.); Nachdem die Provinz noh sympathisGer gegenüber als feln Bon cim Monopol kara man nach diesem Aus\{lusse H s g i L a T bin Die J ederaufnahme der Provin h Me Ge h würde di

ä ¿ Hannover în das Geseß würde die

Yhage für mi unan ' nehmbar machen. . Abg. Jerusalem (Bentr.) hält es niht ür zweckmäßig, die

Kalifalze so sorgsam zu hüten; denn in späterer Zeit bringe viel- leiht die Chemie neue Düngemittel. Man fönme bia G Absatz ins Ausland fördern, um dafür Geld einzutaushen. Die freie Kon- kurrenz habe immer billigere Preise und bessere Qualität mit si ge- bracht ; dur die Verhandlungen des Parlaments werde man billige Preise \{chwerlich herbeiführen können.

bg. von Mendel-Steinfels (fkons.): Die deutschen Kalilager haben für uns denselben Werth wie für die südamerikanishen Staaten die großen Lager von Chilesalpcier. Dieser reiche Schaß muß ver- wendet werden zum Besten der Landwirthschaft. Ein Vergleich mit den Kohlenlagern is nicht richtig, weil Kohlen überall vorhanden sind; aber ergiebige Lager diefec Abraumsalze werden sonst nirgends weiler gefunden. Zum Schutze des Kalisalzes reichen die gegenwärtig bestehenden bergpolizeilihen Vorschriften niht aus. Die staatliche Leitung des Monopols muß dafür forgen, daß die Landwirthe ohne besondere Analyse ein gutes Düngemittel in die Hand befommen. Die Ablehnung der Vorlage würde die Kaliwerke zum Gegenstande einer wilden Spekulation machen, und dabei betheiligte Personen würden kein Interesse für die Land- und Volkswirthschaft mehr haben. Die Erklärungen des Ministers haben eine große Be- ruhigung gebracht, und bei Annahme der gestellten Anträge würde die Landwirthschaft zufrieden sein können. Aber einige Bedenken bestehen doch noch. Es liegt in der Vorlage eine kolossale Bevor- ¿ugung des Privatkapitals; es muß dafür gesorgt werden, daß dafür eine Gegenleistung eintritt. Es muß dafür gesorgt werden, daß der Staat dur das Privatkapital niht majorisiert wird, daß der Volks- vertretung die Möglichkeit gegeben wird, das Rückgrat des Staats zu stärken. Die Auslandspreise müssen höher gestellt werden als die Inlandspreise, damit niht wieder eine solhe Schädigung der Land- wirthschaft eintritt, wie beim Thomasmehl-Ning, der nah dem Aus- lande billiger verkaufte als nah dem Inlande. Ferner muß der Staat das Suchen nah Kalilägern an anderen Orten Deutschlands fortseßen ; denn der Landwirthschaft des Ostens würde ein unendlicher Dienst erwiesen, wenn im Osten Kaliläger entdecktt würden. Alle diese Wünsche werden unter den Fittichen des Staats sicherer erfüllt als unter der Privatspekulation. Das bestehende Kalisyndikat hat die Interessen der Kali-Industrie konsolidiert, aber dabei hat das Privat- kapital die Majorität gehabt. Die deutsche Landwirth]chafts- gesellshaft hat ein Abkommen getroffen auf Grund der Meistbegünsti- gung, und das Ergebniß war eine Vertheuerung des Kali. Daran war das Privatkapital \{uld. Die Grundpreise sind allerdings die- selben geblieben, aber die Rabattsäge sind ermäßigt von 17x auf 9%. Deshalb müssen die Preise vom Staat unter Kontrole des Parlaments festgestellt werden. Jett kann der Staat nicht auf die Preise der Privatwerke einwirken, aber unter dem Geseße wird er es können, wenn das jeßige Syndikat abgelaufen sein wird. Wenn die geforderten Kautelen erfüllt sind, dann werden auch die Gegner im Interesse der Landwirthschaft für das Gesetz stimmen können.

Abg. Bueck (nl.) glaubt nicht, daß die Regierung auf Betreiben der Privatbetheiligten vorgegangen sei, sondern daß sie das allgemeine Wohl verfolgt habe; sie sei dabei aber von falschen Borausfetzungen ausgegangen. Es ist nicht rihtig, fährt Rednér fort, daß nur bei Staßfurt die Kaliläger vorhanden sind. Ueberall sind neue Funde gemaht worden und werden vielleiht noch weiter gemacht werden, namentlich in der Provinz Hannover. Wir haben alfo keine Ursache, uns den Kopf darüber zu zerbrechßen, was nah 5- oder nach 8000 Jahren werden wird. Unsere Kohlenvorräthe sind von eben solcher Bedeutung wie die Kaliläger; in Bezug auf die Kohlen ist man nicht so ängstlich. Man Yat jeßt die Vorlage gemacht, den Nhein-Dortmund-Kanal zu bauen, der wesentlich dem Export von Kohlen dienen wird. Die jeßigen Preise des Syndikats scheint die Regierung für angemessene zu halten. Es wird aber behauptet, daß sie die Selbstkosten sehr weit übersteigen. Die Berechnung der Selbstkosten ist eine sehr streitige Frage. Daß der Fiskus auf das Syndikat einen großen Einfluß gewinnen wird, is niht anzunehmen. Der Staat repräsentiert nur 149/69 im Syndikat; die Privat- werke können ihre Produktion vermehren, und dadur wird der Fiskus immer mehr zurückgedrängt. Ein vollständiges Räthsel ist mir die Haltung der Landwirthe diesem Gesetze gegenüber. Ich glaube, daß dies auf die Einwirkung der Deutschen Landwirthschaftsgesell\chaft zurüczuführen ist, welche durch ihre Abtheilung für Düngemittel 25 Millionen Zentner Kali an die Landwirthe geliefert hat. Die Gesellschaft. würde ihre Bedeutung verlieren, wenn dur die freie Konkurrenz auch ohne die Deutsche Landwirthschaftsgesellshaft die Preise ermäßigt würden. Durch billige Düngemittel kann man der Ermäßigung der Preise der landwirthschaftlihen Produkte infolge ver- mehrter Produktion entgegenwirken. Aber billige Düngemittel werden durch dieje Vorlage niht geschaffen werden. Es werden jeßt nur 15 Millionen Zentner Kalisalze gefördert, aber wenn die Land- wirthe Kali ausreihend verwenden wollten , fo würde eine Förderung von mehr als 600 Millionen Zentnern noth- wendig sein. Dafür kann der Staat allein niht sorgen. Wenn auch wirklich ein neues \taatlihes Werk in Betrieb geseßt wird, was bedeutet das den bestehenden aht Privatwerken gegenüber ? Ich bin kein Gegner von Syndikaten, aber dieses Geseß enthält einen Einbruch in die Bergbaufreiheit, auf welher unser Bergbau groß geworden ist, der ohne diese Freiheit niht die Stellung in unserem wirthschaftlihen Leben hätte einnehmen können, welche er jeßt ein- nimmt, und einen Einbruch in die freie wirthschaftlihe Thätigkeit. Es ist eine Verkennung der Aufgaben des Staats, wenn er feinen Angehörigen die Möglichkeit H»erringert, ihre Intelligenz und ihr Kapital anzuwenden.

Geheimer Bergrath Fickler: In Bezug auf die Selbstkosten ist festzustellen, daß dieselben für die staatlihen Werke mit 85,2 S für den Doppel-Zentner rihtig berechnet sind. Die anderweitig an- gegebenen niedrigeren Selbstkosten sind nur die Betriebskosten. Die Kosten der Bauten und Verzinsung sind aber niht berechnet worden.

Darauf wird um 33/4 Uhr die weitere Berathung auf Donnerstag 11 Uhr vertagt.

Statistik und Volkswirthschaft.

Invaliditäts- und Altersversiherung Berlin.

Bei der Invaliditäts- und Altersversiherungsanstalt Berlin sind im Laufe des Vierteljahres Januar bis März 1894 121 Anträge auf Gewährung von Altersrente eingegangen ; aus der Zeit vor dem 1. Januar d. J. lagen noch 31 Anträge vor, hinsichtlich deren die Entscheidung noch ausstand. Von diesen 152 Anträgen sind bewilligt 76, abgelehnt 27, anderweit erledigt 1 und unerledigt auf das folgende Virteljahr übernommen 48. Innerhalb des gleichen Vierteljahrs sind 231 Anträge auf Gewährung von Invalidenrente eingegangen und 83 uner- ledigt aus dem Vorvierteljahr übernommen. Von diefen 314 Invaliden- rentenanträgen sind 142 bewilligt, 83 abgelehnt, 3 anderweit erledigt und 86 unerledigt auf das folgende Vierteljahr übernommen. Bis zum 1. April 1894 waren insgesammt bewilligt 2289 Altersrenten. Bon diesen sind ausgeschieden durch Tod 303, aus andern Gründen 37, zusammen 340, sodaß am 1. April 1894 1949 Altersrenten- empfänger vorhanden waren. An FInvalidenrenten sind bis zum 1. April 1894 überhaupt 816 bewilligt worden. Ausgeschieden {find durch Tod 109, aus andern Gründen 13, zusammen 122. Mithin war am 1. April 1894 ein Bestand von 694 Invalidenrentenempfängern aufzuweisen. | E

Konferenz der Zentralstelle für Arbeiter- Wohlfahr*{seinrihtungen.

Die diesjährige Konferenz der Zentralstelle wird Montag, den 7. und Dienstag, den 8. Mai d. E. in den Konferenzsälen des An- halter Bahnhofs zu Berlin stattfinden. Auf der Tagesordnung stehen die beiden Fragen: 1) Das Sparkassenwesen in seiner Bedeutung für die Arbeiterwohlfahrt. 2) Die Reinhaltung der Luft in Fabrikräumen. Wie in früheren Jahren, sind au diesmal die Verhandlungen dur Referate vorbereitet, welhe eine Uebersicht über den gegenwärtigen Stand der beiden Fragen zu geben bestimmt find, und den Mitgliedern

unentgeltlih, sonstigen Theilnebmern an der Konferenz auf Wunsch gegen Entrichtung des Selbstkostenpreises zugesandt werden. Im An- schluß an den zweiten Verhandlungsgegenstand wird, cbenfalls im An- halter Bahnhof, eine Ausstellung von Apparaten, Modellen und Zeichnungen, welche zu dem Thema in Beziehung stehen, veranstaltet werden. Sie wird in den Tagen vom 2. bis 9. Mai geöffnet sein. Anmeldungen zur Theilnahme an der Konferenz sowie Bestellungen auf die Vorberichte nimmt das Bureau der Zentralstelle, Berlin V., Königin Augustastr. 35, entgegen.

: Arbeitsvermittelung.

Nach dem XXI1RX. NRechenschaftsberiht des Stuttgarter

Bureaus für Arbeitsnahweis über das Jahr 1893/94, der von W. Falfenstein erstattet ift Cru gar, I. B. Meyler’s{che Buchdruerei, 1894), hat das Stuttgarter Bureau für Arbeitsnachweis im abge- laufenen Geschäftsjahr von 7404 Arbeitergesuhen von Arbeitgebern 6133 erledigt. Arbeitsuhende waren eingeschrieben 9056. Bemerkens- werth ift der verhältnißmäßig große Antheil von Berufsarbeitern an diefer Zahl. Auf 14508 unter der Rubrik „Tag- und Fabrikarbeiter, Laufburschen, Heizer. Gärtner und Säger“ Verzeichnete und 381 Lehr- linge fommen 7217 eigentlihe Berufsarbeiter. Die Betriebskosten werden durch Einnahmen an Abonnements- und Jahresbeiträgen, Einschreibgebühren u. \. w. gedeckt. __ Im Wintersemester 1893/94 waren bei der Mülhauser Anstalt (im Vergleih zu demselben Zeitraum des Vorjahrs) zu verzeihnen: 2204 Einschreibungen von Arbeitnehmern gegen 1761, 1256 Anerbieten von Stellen dur die Arbeitgeber gegen 1201 und 1068 erwirkte An- stellungen gegen 985, also jeut durhschnittlih jeden Tag mehr als 7 Arbeiter, welhe ihr Gesuh um Beschäftigung erfüllt sahen, die höchste bis jeßt erreihte Zahl. Seit einiger Beit hat die Anstalt be- gonnen, au für die Anstellung von Fabrikarbeiterinnen zu sorgen, wozu die Einschreibungen bei Fräulein Elise Becker, Gerbergasse 11, stattfinden. Da aber dieser Anfang erst kürzlih geschah, so können auf diesen besonderen Zweig bezügliche Zahlen jeßt noch nicht vor- gelegt werden. j

M Arbeiterschu t. ___ Zum Sqhuy der in Fabriken und Werkstätten arbeitenden Per- sonen vor Krankheit und Unfällen wurde in Holland ein Gesez- entwurf fertiggestellt, welcher der Regierung außer der Sorge für die Räumlichkeiten, die Luft, die Reinlichkeit, Beleuchtung und Maß- regeln gegen Brandgefahr die Verpflichtung auferlegt, auch für gefahrvolle Arbeit die zweckmäßigen Anordnungen zu treffen. Darunter begreift der Entwurf: 1) Arbeit, wobei Werkzeuge und Theile dersclben, Triebwerke oder Geräthe verwandt werden, welche Gefahr verursachen können ; 2) Arbeit, wobei \{chädlihe Dünste, Gas oder Stoffe sih entwickeln; 3) Arbeit, wobei durch Fallen von Gegen- ständen, durch kochende Flüssigkeiten, glühende oder ges{molzene Metalle oder durch Explosionen Gefahr entstehen kann. Diese Um-

schreibung kann noch auf dem Verwaltungêwege durch Verordnungen E werden.

A Zur Arbeiterbewegung.

B Bremen hatten die Schmiedegesellen, wie im „Vör- wärts“ mitgetheilt wird, folgende Forderungen an ihre Arbeitgeber gestellt: Zehnstündiger Arbeitstag ; 18 A Minimallohn ; Selbstbekösti- gung und eigenes Logis. Da die Meisterschaft die Forderungen nicht bewilligte, haben bereits am leßten Sonnabend sämmtlihe Schmiede ihre Kündigung eingereiht.

Aus Zwickau wird demselben Blatt berichtet, daß auf dem nahen vierten Brücenbergshacht etwa 160 Mann, zumeist junge Leute, wegen Lohnstreits die Arbeit eingestellt hätten. Der Ausstand wurde aber schnell beigelegt, da die meisten Ausständigen mit einer kleinen Erhöhung des Lohns für Ausbeute \ih zufrieden erflärten ; 21 Arbeiter, die an ihrer Forderung festhielten, wurden entlafsen.

Hier in Berlin beschäftigte die Maifeier fast alle Arbeiter- Versammlungen, die in den leßten Tagen stattgefunden haben. Die Beschlüsse, die in dieser Frage gefaßt worden sind, decken fi einer Mittheilung der Berliner ,Volks-Zkg.* zufolge durchweg mit den von der Gewerkschaftsfommission gemahten Vorschlägen. Demnach werden am 1. Mai nur folche Arbeiter feiern, die es thun können, obne daß fie Nachtheile für ihre Stellung zu befürhten haben. Wer am E Mai arbeitet, hat einen Theil des Arbeitsverdienstes an die Kassen der VDrganisationen abzuführen. Im übrigen werden zur Feier des Tages besondere von der Gewerkschaftskommission und der sozial O Parteileitung zu veranstaltende Versammlungen statt- finden.

In Wien kamen, wie der „Voss. Ztg.“ gemeldet wird, gestern durch ausständige Tischlergehilfen wiederholt Rubeitêrutack ag Die Polizei verhaftete mehrere Tumultuanten. In den Ausstand trat auch ein Theil der Vergoldergehilfen ein.

Aus Lemberg wird demselben Blait berichtet: Die Bäcker-

und Fleishhauergehilfen kündigen für die nähste Zeit einen Ausstand an. Die Gewerbebehörde wird den Folgen des Brod- und Fleishmangels durch Zuhilfenahme militärisher Arbeitskräfte entgegenwirken. _ Aus Antwerpen meldet „W. T. B.“: Der Ausstand der Ziegeleiarbeiter in Boom, Numpst und Hemixem dauert fort. Die Nuhe is nicht wieder gestört worden. Der Gouverneur wird erwartet, um dem Schiedsgeriht zu präsidieren. Dem gegenüber wird der „Voß. Ztg.“ telegraphiert, die Ziegelei- besißer in Rumpst und Terhaagen hätten die Annahme eines Schiedsspruhs abgelehnt. Die Antwerpener sozialistische Genossenshaft „Werker“ hat ihren Kassenbestand von zehn- tausend Francs den ausständigen Ziegelarbeitern überwiesen. Einer Meldung des „D. B. H." aus Antwerpen zufolge \foll heute Abend eine große Versammlung der Ziegelarbolter-Deleauitanea und der Arbeitgeber unter Borsiß eines Comités stattfinden, welchem die Her- beiführung einer Verständigung obliegt. Im Strikegebiet liegen 300 Millionen unfertige Ziegel.

In Kopenhagen haben, wie „W. T. B.“ meldet, die Schuh- machergehilfen, ungefähr 800 an Zahl, gestern beschlossen, wegen Lohnfragen die Arbeiten sofort niederzulegen.

_ Einer New-Yorker Meldung des Wolff’shen Bureaus zufolge griffen strikende polnische Arbeiter in Detroit, die sih mit Piken bewaffnet_ hatten, die Arbeiter an, welche bei den städtishen Arbeiten an die Stelle der Ausständigen getreten waren. Die Polizeimann- haften gaben _Feuer, tödteten zwei A und verwundeten fünf von ihnen. er Sheriff und drei Polizisten wurden gleihfalls verwundet

Literatur.

__ Von den vor wenigen Jahren erschienenen „Sprihwört- lihen Redensarten im deutschen Volksmunde“ von W. Borchardt ist jeßt eine zweite Auflage herausgegeben worden, die von Dr. Wustmann, dem bekannten Verfasser von „Allerhand Sprach- dummheiten“ und gründlichen Kenner der deutshen Sprache und ihrer Geschichte, vollständig neu bearbeitet worden ift. Pr. 6 4, geb. 7 4, Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig. Sie bringt die Er- kÉlärung von etwa 2000 Redensarten. Ganz unerwartete Auf- klärungen werden hier gegeben, die zeigen, welher Reichthum an dichterisher Anschauung in den Tiefen der deutschen Volks\eele verborgen ist. er Sinn für seine Muttersprache und deren Humor hat, wird die „Sprichwörtlichen Redensarten“ jederzeit gern in seiner Bibliothek stehen haben. Das Buch beruht nit nur auf der steten Beobachtung der Umgangssprache, sondern auch auf volksthümlihen Schriften und O in denen die deutschen Redensarten eine Statt ati ti aben. Die Deutung, die den einzelnen Redensarten gegeben ist, Yan von umfassender wissenschaft- liher Arbeit. Während sih aber Büchmann's „Geflügelte Worte“ auf den Nachweis von Zitaten beschränken, ist hier ein tieferes Ein- ehen auf Ursprung und Sinn der „Redensarten“ gegeben. Ein reich- a s angelegtes Register erleihtert den praktischen ebrauch.