1894 / 101 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 30 Apr 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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beschränkt ist und die Mutter dem Kinde den Unterhalt zu ewähren hat. Die Vorschriften des § 1598 über die Unter- Raltapfliht des Vaters gegenüber dem Kinde und dessen Abkömmlingen sowie die Vorschriften des § 1599 über den Einfluß der Verheirathung des Vaters auf die elterlihe Gewalt über das Kind erfuhren keinen Wider- \spruch. Auch die Bestimmungen des § 1600 über die An- fehtung der Ehelichkeitserklärung wurden nicht beanstandet. Die Berathung wandte sich sodann dem von der A n- nahme an Kindesstatt handelnden Titel (S8 1601 bis 1631) zu. Der § 1601, welcher die Wirkung der Annahme an Kindesstatt im allgemeinen bestimmt und den rechts- geschäflihen Charakter derselben zum Ausdruck bringt, wurde seinem Jnhalt nah genehmigt. Ebenso fanden die S8 1602 bis 1611, welche die sachlichen Vor ausseßzungen der Annahme an Kindesstatt regeln, im wesentlichen ZU- stimmung. Zu der Vorschrift des § 1602, wonach derjenige, welcher einen ehelihen Abkömmling hat, nicht an Kindes- statt annehmen kann, war der Antrag gestellt, Dis- pensation zuzulassen ; derselbe wurde jedoch abgelehnt. Ge- ftrihen wurde der 8 1605, der ausdrüdlih vorsehen will, daß die Befugniß zur Ertheilung der Dispensation in den Fällen der 88 1603, 1604 dem Staat zusteht und über die Ausübung dieser Befugniß die Landesregierungen zu bestimmen haben. Ein Antrag, den § 1609, wonach ein Ehegaite nur mit Ein- willigung des anderen Ehegatten an Kindesstatt angenommen werden kann, zu streichen oder doch auf den Fall zu beschränken, wenn eine Ehefrau an Kindesstatt angenommen werden soll, fand nicht die Zustimmung der Mehrheit. Die Vorschrift des 8 1611 Saß 1, wona es der zufolge S8 1606, 1609, 1610 erforderlichen Einwilligung eines Dritten dann nicht bedarf, wenn der Dritte gestorben oder für todt erklärt ist, wurde dur die Bestimmung erscht, daß dic Einwilligung des Dritten nicht erforderlih is, wenn er zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer stande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist. Zugleih wurde beschlossen, dem S 1619 den Zusaß zu geben , daß die Wirksamkeit einer Annahme an Kindes- statt durh den Mangel der nach Den S8 1606, 1609, 1610 erforderlihen Einwilligung eines Dritten nicht ausgeschlossen wird, wenn die Verhinderung des Dritten oder die Unbekanntschaft seines Aufenthalts zu Unrecht als dauernd angesehen worden ist. Einverstanden war man ferner darüber, die Vorschrift des § 1611 Saß 2, wonach der Mangel der Einwilligung eines Dritten durch seine vor der Bestätigung des Annahmevertrags (8 1617) erfolgende Genehmigung dieses Antrags geheilt wird, als entbehrlich zu streichen. Auch die Vorschriften der §8 1612 bis 1614 über die Zu- lässigkeit einer Vertcetung der Betheiligten bei Schließung des Annahmevertrags sowie über das Erforderniß der

Einwilligung des geseßlichen Vertreters und der

Genehmigung des Vormundschaftsgerichts wurden ihrem sahlichen Juhalt nah mit cinigen nicht erheblichen Aenderungen gebilligt. Einem Antrage, die Vorschrift des 8 1612 Saß 1, wonah das Kind, wenn es das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, bei dem Annahme-

vertrage durch seinen geseßlichen Vertreter vertreten

werden kann, auf den Fall der Geschäftsunfähigkeit des Kindes auszudehnen, wurde keine Folge gegeben, ebenjowenig

- dem Antrage, die Annahme an Kindesstatt durch eine in der

Geschäftsfähigkeit beschränkte Person nicht zuzulassen. Gegen die Vorschrift des § 1615, wonah die Annahme an Kindes- statt niht unter einer Bedingung oder ciner Zeitbestimmung erfolgen kann, erhob sih kein Widerspruh. Genehmigt wurden ferner die Vorschriften der §8 1616, 1617 Über die Form des Annahmevertrggs und der nah den §8 1606, 1609 bis 1611 erforderlihen Einwilligung eines Dritten sowie über das Erforderniß der. Bestätigung des Annahmevertrags durch das zuständige Gericht. Der 5 1618 bestimmt, daß die Annahme an Kindesstatt nicht wirksam wird, wenn das Kind oder der Annehmende vor der Bestätigung des An- nahmevertrags gestorben ist. Soweit sich die Bestimmung auf den Fall des Todes des Kindes bezieht, erfuhr sie keine An- fehtung. Anlangend dagegen den Fall, wenn der Annehmende

- vor der Bestätigung gestorben ist, wurde, entsprehend dem zu

S 1595 gefaßten Beschlusse, der Entwurf dahin abgeändert, daß die Wirksamkeit der Annahme an Kindesstatt durch den Tod des Annehmenden nicht ausgeschlossen wird, sofern dieser den Anirag auf Bestätigung schon vorher gestellt hat, und zwar foll es diesfalls genügen, wenn bei oder nah der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung des Vertrags das Gericht oder der Notar von dem Annehmenden mit der Einreichung des An: trags bei der zuständigen Behörde betraut worden ift; erfolgt die Bestätigung nah dem Tode des Annehmenden, so foll ihre Wirkung als schon vorher eingetreten gelten. Der Z 1619, welcher bestimmt, daß die Bestätigung des Annahmever- trags nur dann zu versagen ist, wenn ein gesetliches Erforderniß der Annahme an Kindesstaitt mangelt, fand allseitige Zustimmung.

Die 88 1620 bis 1627 handeln von den Wirkungen der Annahme an Kindesstatt. Die Vorschriften des Entwurfs wurden im wesentlichen gebilligt. Eine Aenderung erfuhr die

Vorschrift des § 1622 Abs. 2, wonach das angenommene Kind verpflichtet ist, dem durch die Annahme an Kindesstatt er- langten Familiennamen des Annehmenden seinen früheren Familiennamen hinzuzufügen. Die Mehrheit entschied ih dafür, dem Kinde die Beifügung seines früheren Familien- namens nicht zur Pflicht zu machen, sondern lediglich zu gestatten, und auch dies nur dann, wenn

nicht in dem Annahmevertrage ein Anderes ver-

einbart worden ist. Gestrihen wurden die Vorschriften des 8 1623 Abs. 1 Say 2, 3, welche ein Einschreiten des Vor- mundschaftsgerichts gegenüber dem Annehmenden, der die elter-

“liche Gewalt über das angenommene Kind erlangt hat,

in weiterem Umfange - zulassen, als dies im §8 1547 be- stimmt is}, ebenso die ‘besonderen Vorschriften des Z 1623 Abs. 2, 4. Jn letzterer Hinsicht ging man davon aus, daß die Vor)chriften, soweit richtig, sich aus dem Grund- say des § 1601 von selbst ergeben. Nach dem 8 1626

verlieren durch die Annahme an Kindes|statt die leiblihen Eltern die elterlihe Gewalt über

das angenommene Kind dauernd; sie erlangen die elter- lihe Gewalt auch dann nicht wieder, wenn die Annahme an Kindesstatt wieder aufgehoben wird. Demgegenüber

“war beantragt, in diesem lehteren Falle die elterliche

Gewalt der leiblihen Eltern wieder eintreten zu lassen. Von anderer Seite war vorgeschlagen, dem Vormundschaftsgerichte

_die Befugniß beizulegen, in dem bezeichneten Falle sowie in

den Fällen, in welchen die elterlihe Gewalt des Annehmenden

aus einem anderen Grunde beendigt sei oder in welchen sie :xuhe, den leiblihen Eltern des Kindes auf deren Antrag

die elterliche Gewalt wieder zu übertragen, wenn dies dem Interesse des Kindes entsprehe. Beide Anträge fanden nicht die Zustimmung der Mehrheit. Dagegen wurde ein Zusaß beschlossen, wonach, wenn die elterlihe Gewalt des Annehmen- den beendigt ist oder in der Weise ruht, daß der Annehmende au die Sorge für die Person des Kindes nicht ausüben kann, diese Sorge mit Ausschluß der geseßlichen Vertretung den leiblichen Eltern zustehen soll, sofern ste dem Kinde den Unterhalt zu gewähren haben.

Die Vorschriften der §8 1628, 1629 über die vertra g s- mäßige Aenderung der geseßlichen Wirkungen der Annahme an Kindesstatt und über die vertragsmäßige Aufheb ung des durch die Annahme begründeten Ver- hältnisses wurden ihrem sachlichen Snhalle na g& billigt, ebenso die Vorschriften des § 1630 über die Anfehtung des Annahme- oder des Aufhebungs- vertrages und der zu der Annahme an Kindes- statt erforderlichen Einwilligung Dritter. Ein Antrag: dem Annehmenden das Recht zu geben, auf Aufhebung des dur die Annahme begründeten Verhältnisses zu klagen, wenn das angenommene Kind eine Handlung begangen habe, welhe nah 8 2001 die Entziehung des Pflichttheils rechtfertigen würde, erlangte nicht die Zustimmung der Mehrheit.

Gegen die Vorschriften des § 1631 über den Einfluß der Eingehung einerwegenAdoptivverwandtschaft ver- botenen Ehe auf das durch die Annahme an Kindesstatt zwischen den Eheschließenden begründete Verhältniß erhob sich fein Widerspruh. Eine Ergänzung erfuhr der Entwurf durch Aufnahme der Vorschrift, daß mit ‘der Aufhebung der An- nahme an Kindesstatt diejenigen, auf welche fich die Wirkungen der Aufhebung erstrecken, das Recht verlieren, den Familien- namen des Annehmenden zu führen; diese Vorschrift soll jedo feine Anwendung finden, wenn in den Fällen des § 1621 die Annahme an Kindesstatt nah dem Tode eines der Ehegatten aufgehoben wird.

Die Vorschriften des § 1632 über die Feststellung familienrehtliher Verhältnisse wurden sahlih nicht beanstandet. Man war aber einverstanden, sie in die Zivil: prozeßordnung zu verweisen.

Die Kommission ging sodann zur Berathung des von der Vormundschaft handelnden dritten Abschnitts des Famikien- rets über. Die 88 16383 bis 1725 regeln die Vormund- \haft über Minderjährige.

Der 8 1633, welcher die Vorausseßungen für die Anordnung einer Altersvormundschaft bestimmt, gelangte mit dem zu 8 1556 bereits beschlossenen Zusaße zur Annahme, daß ein Minderjähriger auch dann einen Vormund erhält, wenn sein Familienstand nicht zu ermitteln ist. Auch der § 1634, welcher den Grundsaß zum Ausdru bringt, daß eine Vor- mundshaft immer nur auf Anordnung des Vormund- schaftsgerihts eintreten soll, wurde gebilligt. Eine Aus- nahme von diesem Grundsaß läßt der Art. 79 des Entwurfs des Einführungsgeseßes zu, indem danach die Landesgesege be- stimmen können, daß der Vorstand einer unter der Ver- waltung des Staats oder einer Gemeindebehörde stehenden Verpflegungsanstalt, in welche ein Minder- jähriger aufgenommen ist, die Pflichten und Rechte eines Vormundes dieses Minderjährigen bis zu dessen Volljährigkeit haben soll, unbeschadet der Befugniß des Vormundschaftsgerichts, statt des Vorstandes einen anderen zum Vormund zu bestellen. Beschlossen wurde, den bezeichneten Vorbehalt auch auf die landesgeseßlihen Vorschriften auszudehnen, welche bestimmen, daß der Vorstand ciner unter der Verwaltung oder der Auf- sicht des Staats stehenden Erziehungs- oder Verpflegungs- anstalt oder ein öffentlicher Beamter die Rechte und Pflichten eines Vormundes über solhe Minderjährige hat, die in der Anstalt oder unter der Aufsiht des Vorstandes oder des Beamten in einer von ihm ausgewählten Familie oder An- stalt erzogen oder verpflegt werden, und daß dieses Verhältniß auh nach der Beendigung der Erzichung oder Verpflegung bis zur Volljährigkeit fortdauert, unbeschadet der Befugniß des Vormundschaftsgerichts, einen anderen Vormund zu bestellen. Ferner jollen unberührt bleiben die landesgeseßlichen Vorschriften, nah welchen das Gleiche bei unehelichen Minder- jährigen auch dann gilt, wenn sie in der mütterlichen Familie unter der Aufsicht des Vorstandes oder des Beamten erzogen und verpflegt werden, sowie die Vorschriften, nah welchen der Vorstand beziehungsweise ein von ihm zu bezeichnender Beamter der Anstalt oder der öffentlihe Beamte Vor Dn a S O80 Des Burgen Géejebe buchs Berufenen zum Vormund bestellt werden fann. Endlih wurde die Schlußbestimmung des Art. 79 des Entwurfs des Einführungsgeseßes in dem Sinne gebilligt, daß auch die landesgeseßlichen Vorschriften unberührt bleiben sollen, nah welchen im Falle einer auf Grund der zuvor bezeichneten Bestimmungen stattfindenden Bevormundung ein Gegenvormund nicht zu bestellen ijt, und dem Vorstande oder Beamten die nah dem § 1690 des Bürgerlichen Geseßbuchs zulässigen Be- freiungen zustehen.

Die S8 1635 bis 1637, welche die geseßliche Be- rufung zur Vormundschaft regeln, wurden nah dem Entwurf angenommen. Eine Meinungsverschiedenheit ergab sich darüber, ob bei einem Widerstreit zwischen einer An- ordnung des Vaters und einer Anordnung der Mutter die Anordnung des Vaters oder vielmehr die Anordnung des- jenigen unter ihnen maßgebend sein solle, dem zuleßt die Sorge für die Person und das Vermögen des Kindes zugestanden habe. Die Mehrheit entschied sich mit dem Entwurfe dafür, der Anordnung des Vaters den Vorzug zu geben. Nach dem § 1636 fann der Vater oder die Mutter einen Vormund nur durch Verfügung von Todeswegen benennen; für die Form der Benennung sind die allgemeinen, für Verfügungen von Dodes- wegen geltenden Vorschriften maßgebend. Demgegenüber war beantragt, dem § 1636 hinzuzufügen, daß es genüge, wenn die Versügung durch eine eigenhändig geschriebene und unter- schriebene oder durch eine gerictlich oder notariell beglaubigte Urkunde errichtet \ i. Die Berathung des Antrags wurde jedoh bis zum Erbrecht vertagt.

Die Vorschriften des Z 1638 über die Berufung zur Vormundschaft durch das Vormundschaftsgericht erfuhren keine Anfehtung. Der von mehreren Seiten befür- wortete, dem- S 19 Abs. 2 der preußishen Vormundschafts- ordnung entsprechende Zusaß, daß bei der Auswahl des Vor- mundes auch auf das religióse Bekenntniß Rücksicht zu nehmen sei, wurde abgelehnt. Die Mehrheit war der Ansicht, es ge- nüge die allgemeine E E des 8 1638 Abs. 1, wonach das Vormundschaftsgeriht eine Person als Vormund auszuwählen habe, die nah ihren persö nlich en Verhältnissen sowie nach den Umständen des Falls zur Führung der Vormundschaft

geeignet sei. Auch die Best immungen der §Z 1639, 1640 über die Verp flihtungzurUebernahmeeinerVormundschaft und über die r H Vormund zu sein, wurden genehmigt, ebenso die Vorschriften der S8 1641, 1642, nah welchen - eine Ehefrau nur mit Zustimmung ihres Ehe- mannes, ein Beamter oder ein Religionsdiener nicht ohne die landesgeseßlih vorgeschriebene Erlaubniß zum Vor- munde bestellt werden darf. „Fm wesentlichen fanden auch die Vorschriften des § 1643 Zustimmung, welche die Gründe auf- führen, aus denen die Uebernahme einer Vormundschaft abgelehnt werden darf. Die Vorschrift der Nr. 5, wonach zur Ablehnung berechtigt ist, wer nicht im Bezirk des Vormund Hatt gerichts seinen Wohnsiß hat, soll jcdoh dur die Vorschrift erseßt werden, daß die Entfernung des Wohnsißes von dem Sige des Vormundschaftsgerihts nur dann berechtigt, die Vormundschaft abzulehnen, wenn diese wegen der Entfernung niht ohne besondere Belästigung geführt werden kann. Ab- weichend von der Nr. 8 des § 1643, wonah wegen Führung mehrerer Vormundschaften oder Pflegschaften die Uebernahme einer neuen Vormundschaft abgelehnt werden kann, hierbei aber die Führung einer Gegenvormundschaft niht in Betracht kommt, wurde ferner beschlossen, die Führung von zwei Gegen- vormundschasten der Führung einer Vormundschaft gleich- zustellen.

Nach den im Reichs-Versicherungsamt gefertigten Zu- sammenstellungen, welche auf den Angaben der Vorstände der Versicherungsanstalten und der zugelassenen Kasseneinrichtungen beruhen, betrug am 1. April 1894 die Zahl der seit dem Fn- krafttreten des Jnvaliditäts- und Altersversicherungsgeseßes erhobenen Ansprüche auf Bewilligung von Altersrente bei den 31 Versicherungsanstalten und den 9 vorhandenen Kassen- einrichtungen 271 463. Von diesen wurden 215 384 Nenten- ansprüche anerkannt und 46 422 zurückgewiesen, 3754 blieben unerledigt, während die übrigen 5903 Anträge auf andere Weise ihre Erledigung gefunden haben.

Von den erhobenen Ansprüchen entfallen auf Schlesien 31536, Ostpreußen 24315, Brandenburg 20 824, Rhein- provinz 17 672, Hannover 15 693, Sachjen-Anhalt 15 691, Posen 14046, Schleswig-Holstein 10 386, Westfalen 10 330, Westpreußen 10277, Pommern 9111, Hessen - Nassau 5973, Berlin 3065. Auf die 8 Versicherungsanstalten des König- reihs Bayern kommen 27 275 Rentenansprüche, auf das König: reich Sachsen 11 563, auf Württemberg 6083, Baden 5199, Großherzogthum Hessen 4343, beide Mecklenburg 5712, die thüringishen Staaten 5704, Oldenburg 980, Braunschweig 1923, Hansestädte 1993, Elsaß-Lothringen 7775 und auf die 9 zugelassenen Kasseneinrihtungen insgesammt 3994.

Die Zahl der während desselben Zeitraums erhobenen Ansprüche auf Jnvalidenrente betrug bei den 31 Ver- siherungsanstalten und den 9 Kasseneinrichtungen insgesammt 97 163. Von diesen wurden 64 204 Rentenansprüche anerkannt und 21 687 zurückgewiesen, 6680 blieben unerledigt, während die übrigen 4592 Anträge auf andere Weise ihre Erledigung gefunden haben. Von den geltend: gemachten Ansprüchen ent- fallen auf Schlesien 13 494, Rheinprovinz (845, Ostpreußen 6807, Brandenburg 5336, Hannover 4991, Sachsen-Anhalt 4366, West- preußen 3706, Westfalen 3680, Posen 3494 Pommern 3493, Hessen- Nassau 2157, Schleswig-Holstein 1530 und Berlin 1471. Auf die 8 Versiherungsanstalten des Königreihs Bayern kommen 11 478 Ansprüche, auf das Königreih Sachsen 3697, auf Württemberg 2594, Baden 2665, Großherzogthum Hessen 1216, beide Mecklenburg 1057, die thüringishen Staaten 1693, Oldenburg 269, Braunschweig 665, Hansestädte 590, Elsaß- Lothringen 1816 und auf die 9 Klasseneinrihtungen ins- gesammt 7053.

Inter den Personen, die in den Genuß der Jnvaliden- rente traten, befinden sih 1583, die bereits vorher eine Alters- rente bezogen.

Der Königlich großbritannishe Botschafter am hiesigen Allerhöchsten Hofe Sir Edward Malet hat Berlin mit Urlaub verlassen. Während seiner Abwesenheit fungiert der Erste Botschaftssekretär Mr. Martin Gosselin als Geschäftsträger.

Den Archiv-Hilfsarbeitern Dr. phil. Paul Richter bei dem Staats - Arhiv in Koblenz und Dr. phil. Dtto Merx bei dem Staats-Archiv in Hannover is der Amtstitel Archiv- Assistent beigelegt worden.

Das Ober-Kommando der Marine giebt folgende Schiffs- bewegungen bekannt : A

S. M. Kbt. „Lorel ey“, Kommandant Korvetten-Kapitän Grolp, ist am 28. April in Konstantinopel angekommen.

S. M. Kbt. „Iltis“, Kommandant Korvetten-Kapitän Graf von Baudissin, ist am 27. April in Swatow ange- fommen und will am 1. Mai von da nah Shanghai in SiCe chen. e S. M. Krz. „S eeadle r“, Kommandant Korvetten-Kapitän von der Groeben, wird am 1. Mai von Sansibar cinc Erholungsreise nah den Seychellen antreten. L

Der Lloyddampfer „München“ ist mit dem Ablösungstrans- port für S. M. Schiffe „Arcona“, „Alexandrine“ und „Marie“, Transportführer: Korvetten - Kapitän Credner, am 24. April bei Cap Frio (Brasilien) angekommen und zur Vornahme des Besaßzungswechsels, ebenso wie die genannten drei Schiffe, nah Jlha Grande gegangen.

Wiesbaden, 28. April. Jn der gestrigen sechsten Sißung des Kommunal-Landtags wurde zunächst beschlossen, ene gemeinsame Wittwen- und Waisenkasse für die Kommuna? beamten des Regierungsbezirks Wiesbaden zu errichten, und dem für diese Kasse von dem Landesaus\{uß ausg& stellten Reglement mit den von der Finanzkommission vorgeschlagenen Aenderungen die Genehmigung zu erthei en. Es wurde ferner beschlossen, den Landesausshuß zu beauftragt wegen Errichtung einer gemeinsamen Pensionskasse für i Kreise und Gemeinden des Bezirks die erforderlichen Schritle zu thun und demnächst dem Kommunal-Landtag darüber Vor- lage zu machen, nachdem von dem Regierungs-Präsidenten v 0 n Tepper-Laski darauf hingewiesen worden war, daß, was die hier wesentlih in Betracht kommende Pensionierung der kom- munalen Forstshußbeamten betreffe, die Nothwendigkeit derselben auch seitens / der Königlichen Staatsregierung anerkannt sei, und ein die Pensionsberechtigung dieser Beamtenkategorie

regelnder Geseßentwurf voraussitli bereiks dem nächsten Landtage zugehen werde. Das Gesuch von Einwohnern der Gemeinde Kirberg um Einführung von Pensionierung und Neliktenversorgung für die Gemeinde-Forstshußbeamten des Re- gierungsbezirks wurde durch den vorgedachten Beschluß des Kom- munal-Landtags für erledigt erklärt. Die Gesuche des St. Va- lentinus-Hauses zu Kiedrich, des Vorstands des Paulinenstifts hier- selbst, des Vorstands der Jdiotenanstalt zu Scheuern und der Direktion der Jdiotenanstalt zu Marienhausen um Bewilligung bezw. Weitergewährun einer Unterstüßung wurden abgelehnt. Der Antrag auf Bereitstellung von Mittein für Ausführung von Vorarbeiten für die Lahn-Kanalisierung wurde zur Zeit abgelehnt und beschlossen, den Landesausshuß zu ersuhen, das jeßt noch nicht vollständig vorliegende Material für die spätere Berathung und Beschluß- fassung des Kommunal - Landtags sachgemäß vorzubereiten. Dem Antrage des Landesausschusses, die Zahl der selbst- ständig verwalteten Landesbank-Agenturen um eine Agentur zu erhöhen, wurde stattgegeben. Das Gesuch des 2c. Bastian zu Niederems um Gewährung einer Entschädigung für infolge des Straßenbaus Jdstein—Esch—Landstein ihm erwachsene Nachtheile wurde dem Landesausshuß zur Prüfung und Beschei- dung des Bittstellers überwiesen, und das Gesuch von Ein- wohnern der Gemeinde Strinz-Margarethä wegen Erbauung der Scheidterthalstraße gleichfalls dem Landesaus\{huß zugewiesen, mit der Anheimgabe, mit den betheiligten Gemeinden wegen Ausbaus dieser Straße als Vizinalweg in weitere Ver- handlung zu treten. Alsdann wurde von der Geschäftsordnung für die Rehnungs-Prüfungskommission des Landesauss\chusses, sowie von der Geschäftsinstruktion für das Rechnungs-Revisions- bureau Kenntniß genommen, und demnächst bezüglih der vorgelegten Jahresrehnungen ständischer Fonds und Justitute Entlastung ertheilt. Die vorgekommenen Etatsüberschreilungen wurden genehmigt. Endlich wurde die von dem Landesbank Direktor Olfenius erbetene Dienstentlassung unter Gewährung der geseßlichen Pension bewilligt. Nachdem alsdann noh dem Landesbank-Direftor Olfenius von dem Vorsißenden des Kommunal-Landtags der Dank des leßteren für die lang- jährige gewissenhaste und umsihtige Geschäftsführung aus- gesprochen, wurde zur Wahl eines neuen Landesbank-Direktors geschritten. Es wurde zum Landesbank-Direktor durch Stimm- zettel einstimmig gewählt der bisherige Landesbank - Rath Neusch hierselbst, und demnächst zum dritten Mitgliede der Landesbank-Direktion in derselben Weise der Königliche Amts- rihter von Sachs zu Königstein. Sachsen.

Jhre Majestäten der König und die Königin werden sich, wie das „Dr. J.“ meldet, voraussichtlih am 5. Mai zu einem mehrwöchigen Aufenthalt nah Schloß Sibyllenort in Schlesien begeben.

Vaden.

Am Sonnabend Nachmittag haben sich Jhre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin nah Schloß Baden begeben, um daselbst einen Erholungsaufenthalt von etwa 14 Tagen zu nehmen. Höchstdieselben hoffen, wie die „Karlsr. Ztg.“ berichtet, durch Luftveränderung die Folgen

halten wurden. Die Geistlichkeit wohnte den offiziellen Empfängen p der Präfektur nicht bei. Bei der gestern Nachmittag erfolgten Eröffnung der Ausstellung hielt der Handels-Minister Marty eine Rede, worin er auf die Be- deutung der Ausstellung hinwies, die Frankreich zur Ehre ge- reichen und zur Hebung des Handels beitragen werde.

Bei einem den Ministern zu Ehren in Lyon veranstalteten Banket sprach sich der Minister-Präsident Casimir Périer über die innere politishe Lage aus. Der Minister- Präsident führte dem „W. T. B.“ zufolge aus: Reformen fönnten nicht gegen die Regierung, sondern nur unter Mit- wirkung und -auf die Jnitiaiioe der Regierung durchgeführt werden. Das gegenwärtige Kabinet habe der Kammer bereits mehrere Reform - Gesezentwürfe vorgelegt und bestehe auf der Umgestaltung des Budgets. Gleich- zeitig mit den Geseßen müßten aber die Sitten ge- ändert werden. Es sei nöthig, daß die Vorurtheile shwänden. Die Privilegierten, die im Ueberfluß lebten, müßten ihre sozialen Verpflichtungen als weitergehend auffassen und sich darin finden, einen etwas shwereren Antheil an den öffent- lichen Lasten auf sih zu nehmen, damit diejenigen erleichtert würden, die das tägliche Brot für ihre Familie mit ihrem Tagelohn erkaufen müssen. Der Minister - Präsident {loß mit den Worten: Wir kennen aus unserer National- geshihte von zehn Jahrhunderten die unausgeseßten Bestrebungen der Monarchie für die Bildung des französischen Staats. Wir unsererseits wünschen, daß die Republik, die Tochter der Republik von 1789, die endlich über Kaiserlichen Despotismus und demagogische Tyrannei triumphierte, der Welt das Schauspiel einer moralischen Einheit darbiete, die so in sich gefestigt sei, daß sie dazu berechtigte, nihts zu fürchten und alles zu hoffen. : Die Deputirtenkammer hat in ihrer vorgestrigen Sißung den Geseßentwurf, über Assanierung der Seine, angenommen.

Die weitere Verhandlung in dem Prozesse gegen den Anarchisten Henry wurde am Sonnabend Mittag unter starkem Zudrange des Publikums wieder eröffnet. Die Ver- nehmung der Zeugen wurde fortgeseßt. Der Direktor des Laboratoriums Girard erklärte, Henry habe die in der Rue des bons Enfants explodierte Bombe nicht allein anfertigen können. Henry versicherte dagegen, daß er der allein Schuldige sei. Nach der Vernehmung von Lehrern und Milschülern Henry's, die zu seinen Gunsten aussagten, behauptete ein der Familie Henry's befreundeter Arzt, Henry sei wahnsinnig, wogegen leßterer lebhaft protestierte. Das Zeugenverhör war damit beendigt. Nachdem Henry sodann ein langes Schriftstück verlesen hatte, worin er seine Theorien darlegte, plädierte der Vertheidiger in Anbetracht der Jugend, des Mangels an Einsicht und der angeborenen Eigenschaften des Angeklagten für mildernde Um- stände. Der Staatsanwalt beantragte in seinem P A die Todesstrafe gegen Henry, der fürseine Thatin vollem ck aße verant- wortlich sei. Nach 3/4 stündiger Berathung verurtheilte das Schwur- geriht Henry zum Tode. Der Angeklagte rief nah Verkün- digung des Urtheils aus: „Muth, Kameraden ; es lebe die Anarchie!“ Am Sonnabend Abend wurde Henry in das Ge-

Serbien. Ein Ukas des Königs erklärt, wie „W. T. B.“ meldet,

auf Vorschlag des Ministerraths die Entf cheidung der NegcntiGai des Königs für verfassungswidrig und ertheilt dem König Milan und der Königin Natalie die ihnen als Mit- gliedern des Königlichen Hauses verfassungsmäßig zustehenden Rechte wieder.

t und der Skupschtina bezüglih der Eltern

Die „Frankfurter Zeitung“ meldet aus Belgrad, in der Kreisstadt Pal anka habe sich die radikale Gemeindeverwal- tung geweigert, den Anordnungen des Finanz-Ministers Petrowic betreffs der Steuereintreibung nahzukommen. Dem Gesetz entsprechend, sci am Sonnabend die Staatsverwal- tung hiermit beauftragt worden, der aber die Gemeinde die Ausfolgung der nothwendigen Belege verweigert habe. Es sei zu einer Revolte gekommen, sodaß die be- waffnete Macht habe einschreiten müssen. Nach Verlauf einer Stunde sei die Ordnung wieder vollständig hergestellt gewesen, mehrere Aufrührer seien verhaftet, einige Personen verwundet worden. Jm Laufe des Nachmittags hätten alle Einwohner ihrer Steuerpflicht genügt. Schweden und Norwegen.

Der Finanzaus\shuß hat, wie „W. T. B.“ aus Stockholm berichtet, im Reichstag einen Antrag eingebracht, wonach der Kaffeezoll von 12. auf 25 Oere für ein Kilo- gramm und der Zoll für Kaffeesurrogate von 20 auf 35 Oere für ein Kilogramm erhöht werden soll. Zur Begründung der Maßnahme wird angeführt, daß durch den dadurch erzielten Mehrertrag der Zölle der infolge der starken Steigerung der einheimishen Zukerfabrikation entstandene Ausfall in den Staatseinnahmen gedeckt werden solle. Nach einer Meldung aus Christiania hat das Storthing am Sonnabend gemäß dem Antrage des Militär- aus\husses mit 77 gegen 34 Stimmen die Bewilligung eines Kredits von 253000 Kronen für die Feld manöver dieses Sommers abgelehnt.

Dänemark. Die Königin begiebt sich dem „W. T. B.“ zufolge morgen an Bord des „Danebrog“ nah Lübeck und seßt am Mittwoch früh die Reise über Leipzig und München nach Hohenberg zum Besuh ihrer Schwester, der verwittweten Prinzessin Friedrih von Anhalt, fort.

Amerika. Jn Paris sind Meldungen aus Montevideo einge- troffen, wonah Saldanha da Gama und die übrigen entkommenen und gelandeten Brasilianer fortdauernd versuchten, wieder in Rio Grande einzudringen; die brasilianischen Kriegsschiffe scien mit 170 Bra silianern nah der Nel Ascension abgegangen.

Afrika.

Ein bei der Regierung des C ongostaats eingelaufenes Telegramm meldet, daß die Truppen des Congostaats nah der Einnahme von Kabambarre ihren Marsch fort-

fängniß La Roquette überführt, er weigerte sih, gegen das Urtheil des Gerichtshofes Berufung einzulegen. Die Hin-

der Influenza und des lange dauernden Bronchialkatarrhs zu beseitigen. Sachsen-Meiningen.

Jn mehreren Zeitungen wird berichtet, Seine Hoheit der Herzog, der sih gegenwärtig in Florenz aufhält, leide an Venenentzündung. Wir freuen uns, mit: theilen zu können, daß diese Nachricht nicht 3 Utt Qller- dings stellte sih vor sechs Wochen Neuralgie ein, allein es ist hierin bedeutende Besserung eingetreten und die Hemmung in der freien Bewegung wesentlich gemindert, sodaß in diesen Tagen die Uffizien in Florenz besucht werden konnten.

Die kürzlih von mehreren Zeitungen mit allerlei Aus- schmückungen gebrachte Erzählung von einer Begegnung des Herzogs mit der Königin von England bei deren An- funft auf dem Bahnhof in Florenz entbehrt jeglicher that- sählihen Begründung: die Begegnung hat nicht stattgefunden.

Sachsen-Coburg-Gotha.

Jhre Majestät die Königin von Großbritannien Und JLland hal mit: Jhpar Königlichen Hoheit der Prinzessin Heinrich von Battenberg Coburg am Sonn- abend Abend verlassen. Unter Eskorte der in Coburg an- wesenden Eskadron des 1. Garde-Dragoner-Regiments geleitete die Herzogliche Familie die Königin zum Bahnhof, woselbst ein herzliher Abschied erfolgte.

Oesterreich-Ungarn.

Der Kaiser hat am Sonnabend den Statthalter in Elsaß-Lothringen Fürsten zu Hohenlohe in Privataudienz empfangen.

Der bisherige deutsche Botschafter Prinz Neuß hat am Freitag Abend Wien verlassen und sich zunächst nah Dresden begeben. Zur Verabschiedung waren das Personal der deutschen Botschaft, der Ae6RDeanni Botschafter Monson, der sächsische Gesandte Grafvon Wallwig, die Vertreter der bayerischen Gesandt- schaft und der russischen Botschaft , sowie eine große Anzahl anderer Mitglieder des diplomatischen Korps und des Aus- wärtigen Amts am Bahnhof erschienen. :

Am Sonnabend Vormittag hat in Prag die Trauung des Herzogs von Madrid mit der Prinzessin Rohan stattgefunden. Den Trauungsakt vollzog der Kardinal - Fürst- Erzbischof Graf Schönborn.

Großbritannien und Jrland.

Die Königin ist nah einer Meldung des „W. T. B.“ gestern Abend 8 Uhr wieder in Windsor eingetroffen.

Die Polizei hat am Sonnabend früh in der Wohnung Henry van Dierck's, des Druckers und Verlegers des deutschen anarchistishen Blattes „Der Lumpenproletarier“,

„einé Haus suchung vorgenommen, mehrere Exemlare des ge-

nannten Blattes beshlagnahmt und auch die Übrigen Räume des Hauses durchsucht.

Frankreich» :

Der Minister-Präsident Casimir Périer und die Minister Burdeau und Marty trafen am Sonnabend zur Eröffnung der Jndustrie-Ausstellung inLy on ein und wurden auf dem Bahnhofe von den Spißen der Behörden empfangen. Während der Fahrt durh die Stadt fanden einige katho- likenfeindliche Manifestationen statt. " Gegen 20 Verhaftungen wurden vorgenommen, die jedoch niht aufrecht er-

rihtung Henry's dürfte voraussihtlih demnächst erfolgen. Rußland.

Der „Regierungsbote“ veröffentlicht die Bestätigung des Verwesers des Justiz-Ministeriums Murawjew als Minister, die Ernennung des Direktors des Landwirthschafts - Departe- ments Kalatschow zum Senator sowie die Beförderung des Botschafters in Konstantinopel Nelidow zum Wirklichen

Geheimen Rath, des Gesandten in Lissabon Schewitsch und des Gesandten in Stuttgart von Kozebue zu Geheimen Räthen und des Botschafts-Raths in Paris von Giers zum

Wirklichen Geheimen Rath. Jtalien.

Im Senat erklärte laut Meldung des „W. D. B. am Sonnabend der Finanz-Minister Sonnino in Erwiderung auf eine Jnterpellation Rosst's, er wünsche die Auflösung der lateinishen Münzunion niht und betrahte jeden Versuch, den Jtalien zur Durchseßung der Kündigung unternehmen sollte, als verfehlt, da die Münzunion einen weiteren Anknüpfungs- punkt zur Wiederherstellung lebhafter Handelsbeziehungen mit seinem Nachbarstaat bedeute.

Die Deputirtenkammer genchmigte in geheimer Ab- stimmung mit 167 gegen 40 Stimmen das Budget des Ministeriums des Jnnern.

Spanien.

Bei den Ergänzungswahlen zum Senat sind dem „V. T. B.“ zufolge sämmtliche ministerielle Kandidaten ge- wählt worden. Ein gleiches Resultat hatten die Erg änzungs- wahlen zur Kammer, nur in la Canniza wurde der Führer der Jung-Konservativen Silvela gewählt. - :

Viertausend aus Rom zurükgekehrte Pilger sind in Barcelona gelandet. Ein Zwischenfall ist nicht vor- gekommen.

Portugal.

Nach einer Mittheilung des „W. T. B.“ aus Lissabon sind die Kommandanten der Kriegsschiffe „Mindello“ und „Albuquerque“ infolge des Entweichens der brasilianischen Flüchtlinge ihrer Stellun; enthoben worden und sollen vor ein Kriegsgericht gestellt werden, das zu untersuchen hat, wen die Schuld an dem Entweichen treffe.

Niederlande. Das Ministerium hat laut Meldung des ¡W V. D! am Sonnabend seine Entlassung eingereicht.

Belgien.

Am Sonnabend Abend ist, wie „W. T. B.“ aus Lüttich meldet, an der Eingangsthür der Kirche Saint-Jacques daselbst eine Bombe explodiert, die auf einen Haufen Steine gelegt war. Mehrere Fensterscheiben der Kirche und der benachbarten Häuser wurden zertrümmert, Personen indessen nicht verlegt. Gestern verhaftete die Polizei in Lüttich sechs Anarchisten, die sofort von dem Untersuchungsrichter ver- nommen wurden. :

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Türkei.

Die „Agence de Constantinople“/ ist zu der Erklärung er- mächtigt, daß die von einzelnen Blättern _wiedergegebenen Gerüchte von einer angeblichen Réise des Sultans nach Europa durchaus unbegründet seien, und daß die hierüber verbreiteten Einzelheiten auf Erfindung beruhten Der Sultan.

habe niemals die ihm zugeschriebene Äbscht gehegt.

geseßt hätten und am Tanganika-See angekommen seien.

Parlamentarische Nachrichten.

Die Sclußberichte über die Sonnabendsißungen des Herrenhau}es und des Hauses der Abgeordneten be- finden sih in dec Ersten und Zweiten Beilage.

In der heutigen 60. Sißung des Hauses der Abs geordneten, welcher der Minister für Landwirthschaft 2c. von Heyden mit Kommissarien beiwohnte, wurde mitgetheilt, daß ein Gesetzentwurf, betreffend die Rechte des Ver-

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miethers an den in die Miethsräume eingebrachten Sachen, eingegangen ist. Auf der Tagesordnung stand die Fortsezung der zweiten Berathung des Geseßentwurfs über die Landwirth- \haftskammern, und zwar dec auf das Wahlrecht be- züglichen Bestimmungen, welche in die Kommission zurückver- wiesen worden waren, ohne daß diese jedoch zu einem Beschluß gekommen ist. :

Nach § 6 der früheren Kommissionsbeschlüsse sollten wahl- berechtigt jein: 1) in selbständigen Gutsbezirken die Guts- eigenthümer (Gutspächter); 2) in Stadt- und Landgemeinden die Eigenthümer bezw. Pächter, deren Grundbesiß oder Pachtung den Umfang einer selbständigen Ackernahrung (nach - der Vorlage: den Umfang einer die Haltung von Zugvieh zur Bewirthschaftung erfordernden Aer- nahrung) hat. Weiter werden Bestimmungen über das Wahlrecht der Pächter, der Nugnießer und der weiblichen Besißer getroffen, und s\chließlich wird bestimmt, daß die Sazungen die Berechtigung zum Wählen auch an die Eigen- thümer, Pächter und Nudnieher kleinerer Besißungen verleihen können.

Ein Antrag des Abg. Herold (Zentr.) will an Stelle der einen Wahlabtheilung, welche die Kommissionsbeshlüfse, und der zwei Abtheilungen, welche die Vorlage vorschlägt, dreîï Wahlabtheilungen seßen.

Abg. Herold (Zentr.) erklärt, daß seine Freunde einstimmig für seine Anträge stimmen werden. Von den Wahlen, führt Redner aus, hängt die Wirksamkeit der Landwirthschaftskammern ab. Wenn das Stimmrecht sich bemißt nach der Besteuerung, dann erlangen die Großgrundbesitzer einen erheblihen Vorsprung vor den andern Grund- besißern, was ihrer Bedeutung im wirthschaftlichen Leben doch nicht entspriht. Eine solhe Bevorzugung würde unbedingt dte größte Unzufriedenheit hervorrufen. Hundert Familien, welche auf ihrer Scholle sißen, haben doch wirthschaftlich eine viel ar thte Bedeutung als ein einziger Großgrundbesißer, der so viel Land besitzt als diese hundert Familien zusammen. Wenn auch die Interessen des großen und des kleinen Grundbesißes gemeinsam sind, so ist do nicht zu verkennen, daß je nach den Besitzverhältnissen die praktishen Bedürfnisse verschiedene sind für den R Mittel- und Kleinbesiz. Die Lebensstellung und Lebenéauffassung is ver- shiedenartig gestaltet. Dieser Verschiedenheit muß das Wahlrecht Rechnung tragen durch Bildung von drei Gruppen; eine Zwei- theilung allein genügt nit, weil dabei die Mittelstufe nicht berücffihtiat werden kann. Nah dem Vorschlage des Reduers sollen die Klassen gebildet werden : von den Grundstücken unter 500, von

500—2500 und über 2500 6 Grundsteuerreinertrag ; a je 300 000

Grundsteuerreinertrag soll ein Mitglied der Landwirthschaftskammer gewählt werden. Redner {ließt mit dem Wunsche, daß die Vorlage zu stande kommen möge, und daß dadurch der {wer bedrängten Landwirthschaft eine ständige Vertretung geliha en werde.

Abg. von Pappenheim (konf): ir stehen au heute noch auf dem Standpunkt des früheren Kommissionsbeschlusses, der die Wahlrechtsfrage am einfach|\ten regelt. Wenn eine Einigung darüber

nit zu stande kommt, so werden \ih diejenigen, welche überhaupt