1894 / 101 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 30 Apr 1894 18:00:01 GMT) scan diff

Z i vom Gegenstand der Besteuerung.

Laufende Nr.

Steuersaß

Berechnung der Stempelabgabe.

Laufende Nr.

Gegenstand der Besteuerung.

P E E E E E N B Ea E C E E

Steuersaßz vom Berechnung

der Stempelabgabe.

Hundert. Tausend

Kauf- und sonstige Anschaffungs8geschäfte. a. Kauf- und fonstige Anschaffungsgeshäfte über 1) ausländische Banknoten, ausländishes Papier- geld, ausländishe Geldforten ; 2) Werthpapiere der unter Nr. 1, 2 und 3 des Sa DEMNeten A ae o ao e Den Kauf- und fonstigen Anschaffungs- eshäften steht gleich die bei Errichtung einer ftiengesellshaft oder Kommanditgesell chäft auf Aktien erfolgende Zutheilung der Aktien auf Grund vorhergehender Zeichnung, die bei Errichtung einer Aktiengesellschaft \tatt- findende Uebernahme der Aktien durch die Gründer und die Ausreihung von Werth- papieren an den ersten Erwerber. Ermäßigung. O

Hat ein Kontrahent nahweislich im Arbi- trageverkehr unter die Tarifnummer 4a 1 und 2 fallende Gegenstände derselben Gat- tung im Inlande gekauft und im Auslande verkauft oder umgekehrt, oder an dem einen Börsenplaß des Auslandes gekauft und an dem anderen verkauft, so ermäßigt ih die Stempelabgabe von jedem dieser Geschäfte, soweit deren Werthbeträge \sih decken, zu Gunsten dieses Kontrahenten um 1/20 vom Tausend, wenn die beiden einander gegen- überstehenden Geschäfte zu festen Kursen an dewselben oder an zwei unmittelbar auf einander folgenden Börsentagen abgeschlossen find. Es macht keinen Unterschied, ob der Kon- trahent die Geschäfte im Auslande selbft oder durch eine Metaverbindung abgeschlossen hat.

Unter den gleichen Viragsséiingen tritt diese Steuerermäßigung ein, wenn An- und Verkäufen von ausländishen Banknoten oder ausländischem Map lengeld Geschäfte über Kontanten oder Wechsel gegenüberstehen.

Eine einmalige, längstens halbmonatliche Prolongation im Ausland abgeschlofsener Geschäfte dieser Art bleibt steuerfrei.

Die Geschäfte sind zunächst nah dem vollen Betrag zu versteuern. Der Bundes- rath erläßt die näheren Vorschriften darüber, auf Grund welcher Nachweise die Erstattung des zuviel verwendeten Stempels erfolgt.

b. Kauf- und sonstige Anschaffungsgeschäfte, welche unter Zugrundelegung von Ufancen einer Börse geschlossen werden (Loko-, Zeit-, Fix-, Termin-, Prämien- u. \. w. Geschäfte), über Mengen von Waaren, die börsenmäßig ge- Ae C e dee

Als börsenmäßig gehandelt gelten diejenigen Waaren, für welhe an der Börse, deren

Befreiungen.

an einem

vom Werthe des Gegen- standes des Geschäfts, und zwar in Abstufungen von 20: bezw. 40 Z sür je 1000 M oder einen Bruch- theil dieses Betrags. Der Werth des Gegen- standes wird nah dem ver- einbarten Kauf- oder Liefe- rungspreis, sonst dur den mittleren Börsen- oder Marktpreis am Tage des Abschlusses bestimmt. Die zu den Werthpapieren gehörigen Zins- und Ge- winnantheilsfcheine bleiben bei Berechnung der Abgabe / außer Betracht. Bei Ge- schäften über die unter Nr. 2 Befreiungen Nr. 1 und Nr. 3 des Tarifs auf- geführten Papiere bleibt der den Nennwerth über- steigende Werth der an- geshaften Werthpapiere dieser Gattung außer Be- tracht, wenn der gesammte Nennwerth 5000 46 nicht übersteigt. Ausländishe Werthe sind nah den Vorschriften wegen Erhebung des Wechselstempels umzu- rechnen.

durch denselben

füllen find;

gegen Verloofung

einsätze bei

Befreit find:

nicht übersteigt.

Usancen für das Geschäft maßgebend find, Terminpreise notiert werden.

Die vorbestimmte Abgabe wird nicht erhoben :

1) falls der Werth des Gegenstandes des Ge-

[chäfts niht mehr als 600 4 beträgt. Werden zwischen denselben Kontrahenten

Tage zu bestimmungen mehrere Ge stände derselben Art ohne Vermittler oder Vermittler deren Gesammtwerth mehr als 600 A be- trägt, so greift für die einzelnen Geschäfte, auch wenn der Werth des Gegenstandes der- selben den Betrag von 600 4 nicht über- steigt, diese Befreiung nicht Platz; falls die Waaren, welche Gegenstand eines nah Nr. 4b s\tempelpflihtigen Geschäfts find, von einem der Vertragschließenden im Inland erzeugt oder deroeftell für die Ausreihung der von den Pfandbrief- instituten und Hypothekenbanken ausgegebenen auf den Inhaber lautenden Schuldverschrei- bungen als Darlehnsvaluta an den kredit- nehmenden Grundbesißer ; ür sogenannte Kontantgeschäste über die unter îr. 4a 1 bezeihneten Gegenstände sowie über ungemünztes Gold oder Silber.

Als Kontantgeschäfte gelten solche Geschäfte, welche vertragsmäßig durch f Gegenstandes seitens des Verpflichteten an dem Tage des Geschäft8abschlusses zu er-

von den zur Versicherung von Werthpapieren

geschlossenen Geschäften,

unbeshadet der Stempelpfliht der nah er- folgter Verloosung stattfindenden Kauf- oder sonstigen Anschaffungsgeschäfte.

| Lotterieloofe.

Loose öffentlicher Lotterien, sowie Ausweise über Spieleinlagen bei öffentli veranstalteten Aus- spielungen von Geld- oder anderen Gewinnen

Den Spieleinlagen stehen gleich die Wett- öffentlih veranstalteten Pferde- rennen und ähnlichen öffentlichen Veranstaltungen.

Loose der von den zuständigen Behörden ge- nehmigten Ausspielungen und Lotterien, \ofern der Gesammtpreis der Loose einer Ausspielung die Summe von einhundert Mark und bei Aus- spielungen zu aus\hließlich mildthätigen Zweken die Summe von fünfundzwanzigtau?end Mark

leichen Vertrags- {äfte über Gegei1-

abges{chlo}en,

t sind;

Lieferung des

bei inländischen Loosen vom planmäßigen Preise (Nenn- werth) sämmtlicher Loose oder Ausweise; bei aus- ländischen Loosen von dem Preise der einzelnen Loose in Abstufungen von 50 für je 5 6 oder einen Bruchtheil dieses Betrags.

Preußischer Landtag. Herrenhaus. 14. Sißung vom 28. April 18924, Zu der Spezialberathung des Staatshaushalts - Etats für 1894/95, über deren Beginn bereits in der Sonn-

abend-Nummer berichtet wurde, sind noch folgende Reden der Staats-Minister Dr. Miquel und Thielen im Wortlaut nah-

is : ei dem Etat der Forstverwaltung erwiderte dem Grafen

Mirbah, welcher die Beibehaltung der imprägnierten hölzernen Schwellen anstatt der von der Eisenindustrie ver- langten eisernen zu Gunsten des Ostens empfahl der

Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Ich kann Herrn Grafen Mirbach nur antworten, daß die Staats-Eisenbahnverwaltung durchaus nicht beabsichtigt, das System der hölzernen Schwellen zu verlassen, daß im Gegen- theil die Verwendung hölzerner Schwellen in den leßten Fahren zugenommen hat. Es lag dies zum größten Theil in finanziellen Rücksichten. Die Holzschwellen sind in den leßten Jahren so außerordentli billig geworden, daß die eiserne Schwelle nur unter ganz besonders günstigen Verhältnissen dagegen konkurrieren kann. Bei den leßten Ausschreibungen sind kieferne Schwellen zu 1,70 A pro Chwelle angeboten worden. (Hört! hört.) Ob da der große Windbruh mitgewirkt hat, kann ih niht entsheiden. Etwa ®/10 unseres Konsums an Holzshwellen wird durch dasAusland geliefert, dasfelbe wird aber, das kann man mit einiger Sicherheit {hon übersehen, in Zukunft in diesem Maße hierzu nicht mehr im stande und wir dann genöthigt sein, im höheren Maße das inländishe Holz zu Schwellen zu benußen. Wipfelholz, wie der Graf von Mirbach vorschlägt, Fönnen. wir zu Schwellen sehr wenig benußen, es muß das hon eine ganz untergeordnete Nebenbahn als Kleinbahn sein, die Wipfelholz von starken Stämmen benußen kann, uns sind die Schwellen aus den stärksten Stamm-Enden die willklommensten. Von inländishem Holz kommt für die Zukunft wohl hauptsächlich die Kiefer in Betracht. Daneben steht die große, bis jeßt leider noch ungelöste Frage, der Verwendung der Buche zu Schwellen. Es würde vom allergrößten Werth für unsere gesammte Forstwirthschaft sein, wenn endlich ein Mittel gefunden würde, die buchene Schwelle zu imprägnieren, daß fie vor dem Fäulnißprozeß be- wahrt bleibt. Ist erst eine Methode erfunden, diese Fäulniß hintar- zuhalten, auch nur für eine prafktisch brauchbare Zeit, so ist damit für die deutshe Forstwirthschaft ein Absaßgebiet geschaffen, wie sie es bis jeßt noch nicht gefunden hat.

Bei dem Etat der direkten Steuern nahm nach dem Grafen von Königsmarck, welcher der Annahme entgegentrat, als ob die Außerhebungseßzung der Grund- und Gebäudesteuer eine Liebesgabe für die Landwirthschaft sei, das Wort der

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Fch bedaure, daß der Herr Berichterstatter nicht die Güte gehabt hat, mir mitzutheilen, daß er diese Zahlenvergleihung vorzutragen beabsichtige. Ih habe das Material nicht zur Hand, aber nah dem, was ich gehört habe, können diese Zahlen doch unmöglih ganz stimmen. Denn, wenn ih recht verstanden habe, blieben bei der Ver- theilung der Gebäudesteuer, die jeßt etwa 47 Millionen Mark be- tragen wird, in Zukunft fast 20 Millionen Mark unvertheilt; alfo

stimmen kann das wohl fo nicht? Ich habe mir früher bereits die Ehre gegeben, dieser Behauptung, daß die Steuerreform eine einseitige Begünstigung des platten Landes gegen- über den Städten enthielte, entgegenzutreten. Ich habe damals die Zahlen au genau genannt, ih habe damals genau nachgewiesen, daß, auf den Kopf der Bevölkerung genommen, diese vom Staat aufgegebenen Steuern in den Städten erhebliß mehr aus- machen, als auf den Kopf der Bevölkerung des platten Landes. Dieses damalige Verhältniß hat sich später noch gesteigert dur die Revision der Gebäudesteuer, die zu unserer eigenen Verwunderung etwa 74 Millionen Mark mehr ergeben hat. Es zeigt fich allerdings, daß die Bauthätigkeit in dieser Beziehung und die Entwickelung des Werths der Gebäude im allgemeinen ein sehr günstiger gewesen ift, worüber wir uns alle ja nur zu freuen haben. Ich habe es nicht genau im Kopf, aber ih meine mich zu erinnern, daß von den 75 Millionen nahezu 6 Millionen Mark auf die Städte fallen. Also wenn man einfach das Verhältniß der Realfteuern auf den Kopf der Bevölkerung zu Grunde legt, so würde sich das zu Gunsten der Städte durh die Revision der Gebäudesteuer noch erheblih besser stellen.

Nun, bei allen diesen Rechnungen kommt aber garnichts heraus. Die Städte können erwidern: wenn der Staat 100 Millionen aus- gegeben hat, wodurch war denn der Staat hierzu in die Lage geseßt ? Durch die 40 Millionen Mehraufkommen von der Einkommensteuer, die doch ganz vorzugsweise auf die Städte und auf die Industriebezirke gefallen sind; ferner durch die Veranlagung einer neuen Vermögens- steuer, die auf den Kopf der Bevölkerung in den Städten mehr er- geben wird. Also mit solchen Nehnungen kann man garnihts machen. Diese Neform ist insofern allerdings eine Reform auch nach der rein finanziellen Seite, als fie den Grundbesiß, in welher Form auch, ob als Gebäudebesit oder als ländlihen Besiß von einer ungerehten Doppelbesteuerung befreit hat, und zweitens insofern, als eine verkrüppelte und in keiner Weise genügende Einkommensteuer jeßt eine reelle geworden ist und die stärkere Heranziehung namentlich des Kapitalbesitßes ermögliht hat. Jn dieser einfahen Thatsache liegt niht die Begünstigung, sondern die Herstellung einer gerechten Steuervertheilung, die, weil fie früher ungerecht wesentlich auf dem Grund und Boden und auf dem Gewerbebetrieb lastete, nunmehr entlastend auf diese wirkt. Das is der Grundgedanke der ganzen Reform. Meine Herren, wie unsicher der Besiß der lex Huene war, ergiebt sh glei, wenn Sie vom Jahre 1885 bis heute die Schwan- kungen des -Betrags vergleihen. Grund- und Gebäudesteuer sind fest berehenbare Zahlen, darauf kann man eine vernünftige Finanzpolitik auch in den Kreisen aufbauen, aber auf einer Steuer, die von 5 auf 57 Millionen, wie es in diesem Jahre etwa der Fall fein wird, auf 31 Millionen heruntergeht, darauf ist überhaupt keine Finanzpolitik zu bauen. Nachgewiesen habe ih früher aber auch hon, daß, mit Ausnahme eines einzigen Kreises, auf dem Harz, keine Kreise in der ganzen Monarchie existieren, bei welhen nicht, wenn wir den Werth der lex Huene auf 30 Millionen durchs{nittlich \{chägen, die Grund-, Gebäude- und Gewerbe- steuer, die jeßt zur Disposition der Kreise ja auch mitsteht, mehr als das Doppelte der lex Huene betrügen. Das habe ich damals hier vollständig zahlenmäßig nachgewiesen. Wer mehr Vor- theil hat oder wer weniger, darauf kommt es bei folchen großen Re-

formen nit an, sondern darauf kommt es an, daß wir zu elner ge rehten Lastenvertheilung gekommen find. Unser jeßiges Steuersysten beginnt {hon Propaganda zu machen, auch in Deutschland; wir sehen ja, was die bayerishe Kammer in dieser Beziehung beschlossen hat; selbst in anderen außerdeutshen Ländern kommt man immer mehr dazu, daß diese Lastenvertheilung, wie wir sie jeßt durhgeführt haben, worin ja auch ein Hauptmoment einer zweckmäßigen Vertheilung der Steuerquellen zwishen Staat und Gemeinden einbegriffen ist, der sozialen Gerechtigkeit entspriht und die Lastenvertheilung bewirkt nah der Leistungsfähigkeit.

Dem Grafen von Königsmarck, welher nochmals be- tonte, daß er hauptsählih gegen den Vorwurf der Liebesgabe habe protestieren wollen, entgegnete der Finanz - Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! In diesem Punkte bin ih mit dem Herrn Vor- redner vollkommen einverstanden. Ich sage: hieraus eine neue Liebes- gabe zu konstruieren, wäre geradezu unsinnig. Ich habe ausdrülich hervorgehoben, daß die ganze Vertheilung von Last und Vortheil auf Stadt und Land an und für sch gar keinen Werth hat; wir haben es vielmehr mit den einzelnen Steuerpflichtigen zu thun. Jch halte des- halb der Stadt Berlin nicht das geringste zu gute, daß sie jeßt mehr Steuern aufbringt als früher. Jch halte mich an die Einzelnen, ob diese nun in Berlin oder in einem anderen Ort wohnen. Sie sind dem Staat nur die steuerkräftigen und leistungsfähigen Staatsbürger, Also eine solche Vergleihung von Stadt und Land hat gar keine Bedeutung. Will man aber diese mechanische Vertheilung auf den Kopf der städtishen und ländlihen Bevölkerung machen, so bleibe id dabei \tehen und ih wiederhole nur, was ih bereits gesagt habe daß nach diesem einseitigen, aber nihts bedeutenden Gesichtspunkt di Städter besser fortgekommen sind als die ländlihe Bevölkerung.

Dem Ober-Bürgermeister Struckmann-Hildesheim, welcher eine Vermehrung der Kataster - Kontroleure wünschte, et- widerte der

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren, ih glaube, ich habe dem Herrn Vorredner {on im vorigen Jahre erwidert, daß wir darauf bedacht sind, die Zahl der Feldmesser und Katasterbeamten, soweit das Bedürfniß reicht, zu ver- mehren, daß wir aber dabei bisher auf die große Schwierigkeit ge- stoßen sind, daß ausgebildete Feldmesser in zu geringer Zahl vorhanden waren. In den leßten Jahren hat sich das aber erheblih gebessert und die Zahl der diese Karriere ergreifenden jungen Männer ist außer- ordentli gewadsen, sodaß dem Bedürfniß wohl in Zukunft in vollem Maße wird abgeholfen werden können.

Nicht bloß auf dem Gebiet der Steuerveranlagung, sondern auch auf einer Reihe anderer Gebiete, namentlich auch in der landwirth» schaftlichen Verwaltung hat \sih dieser Mangel an ausgebildeten Feld- messern schr fühlbar gemaht. Es find dabei aber allerdings mit- wirkend gewesen eine Reihe vorübergehender befonderer Verhältnisse, die in Zukunft do in dieser Weise nicht wiederkehren werden. Eine große Anzahl Feldmesser is absorbiert worden durch die Ein- führung der Grundbuhordnung in Rheinland und Westfalen. Die Bildung der Nentengüter hat auch eine sehr große An- zahl von Kräften in Anspruch genommen. Die Revision der Gebäudesteuer hat die Arbeitskraft der Katasterkontroleure und der Beamten der Katasterverwaltung in ganz hervorragender Weise in

Anspru genommen. Jebt sind sie wieder befaßt mit der BVer- anlagung der Ergänzungssteuer. Das sind aber vorübergehende Dinge, wo allerdings eine Ueberlastung der Beamten. kaum zu vermeiden war. Ich hoffe, daß auf der einen Seite die wachsende Vermehrung der Zahl der ausgebildeten Feldmesser und auf der anderen Seite das Norübergehen dieser besonderen Verhältnisse dem jeßigen Mangel wohl bald vollständig abhelfen wird.

Außerdem haben wir Vorsorge getroffen, daß, wo besonders große Arbeiten erforderlih waren, beispielsweise bei Anlagen von Klein- bahnen, wir den Kleinbahnverwaltungen die Befugniß gegeben haben, das ganze Kartenmaterial der Verwaltung, und zwar unentgeltlich zu benußen und dasselbe durch von ihnen angestellte Privatzeichner zu yerwerthen.

Bei dem Etat der Lotterieverwaltung empfahl Dber- Bürgermeister Struckmann- Hildesheim, die Zahl der Kol- lekteurstellen, die für pensionierte Offiziere bestimmt sind, zu vermehren, wenn sih diese Maßregel bewährt habe.

Darauf entgegnete der

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Ich habe zu meinem Bedauern dem Herrn Vorredner nicht ganz folgen können. Die Frage geht ja wohl dahin, ob pensionierte Offiziere jegt als Lotterickollekteure angenommen werden. (Struckmann: Ja, und ob sich das bewährt hat.) Die Frage fann ih bejahen, es hat si das durchaus bewährt, Unzuträglikeiten sind in keiner Weise für die Lotterieverwaltung entstanden und infolge dessen haben auch die Stellen, die für pensionierte Offiziere reserviert waren, erhöht werden können und wir werden weiter damit vorgehen.

Bei dem Etat der Eisenbahnen erklärte der

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Ih möchte im Anschluß an die Mittheilungen des Herrn Referenten die Gelegenheit benußen, um dem hohen Hause den Stand der Einnahmen und Auëgaben aus dem Jahre 1893/94, wie fie zur Zeit übersehen werden können, etwas näher mitzutheilen. Mir nehmen in diesem Jahre nach unserer jeßigen Rechnung die aber noch keineëwegs in vollem Maße sicher ist an, daß die Cisen- bahnverwaltung sih um etwa 35 Millionen besser stellen wird als der Etat. Ganz genau kann man die Sache noch nicht übersehen, weil wir noch nicht die vollen Abschlüsse in Beziehung auf die Einnahmen haben und naturgemäß die Gesammtheit der diesem Jahre zur Last fallenden Ausgaben au noch nicht genau übersehen werden fann. Die Abschlüsse werden in dieser Beziehung erst im Mai statt- Aber ih glaube doch wohl mit Sicherheit annehmen zu fönnen, daß im ganzen die Eisenbahnverwaltung gegen den Etat um etwa 35 36 37 Millionen besser abschließen wird. Das liegt sowohl in der Vermehrung der Einnahmen gegen den Etat als, was noch erfreulicher ist, in einer Nerminderung der Ausgaben, welche fonkurriert sogar mit der Vermehrung der Einnahmen ; und diese Ausgaben sind wohl dauernd erspart, sind also nicht verschobene Ausgaben, die man nachholen muß in den folgenden Jahren, fondern es ist dur eine sehr pflegsame und vorsichtige und s\parsame Verwaltung die Betrieb8ausgabe wohl dauernd um diesen Betrag vermindert.

Wenn ih dies zu Grunde lege, und soweit wir jeßt die Sache übersehen können, wird das Defizit, welches mit 57,8 Millionen ver- ansclagt war, sich um nit ganz 20 Millionen vermindern, troßdem die Matrikularumlage Preußens auch son in dem laufenden Jahre um 15 Millionen gestiegen ist. Es wird, glaube i, kein Interesse haben, wenn ich die sonstigen Einnahme- und Ausgabepositionen mit- theile. Es wird dem Hause aber wohl doch erfreulih sein wie mir, daß wir doch wahrscheinlich mit einem Defizit in diesem Jahre von nur 38 Millionen abschließen. (Heiterkeit.) Ja, das ist ja ver- hältnißmäßig erfreulich, aber in Wahrheit doch höht unerfreulih. (Sehr richtig!)

Bielleiht wird das Haus Gelegenheit nebmen, im Anschluß an das Vorgehen des Abgeordnetenhauses noch einmal die gesammte Finanzlage Preußens und die Gründe und Ursachen dieser peinlichen Uge zu erörtern und auf Mittel Bedacht zu nehmen, wie wir aus dieser {wierigen Lage herauskommen können, und dann werde ih in der Lage sein, in dieser Beziehung das Nähere noch zu entwickeln.

Dem Wirklichen Geheimen Rath von Leveßow welcher bemängelte, daß nah dem Fortfall

finden.

der Staffeltarife am 1. August cin besonderer Staffeltarif von Königsberg bis Berlin in Kraft treten solle, und den Minister um die beruhigende Erklärung bat, daß er davon absehen wolle erwiderte der

Minister der öffentlihen Arbeiten Velen:

Meine Herren! Zu meinem lebhaften Bedauern kann ich diese beruhigende Erklärung dem Herrn von Levetzow nicht abgeben. (Bravo!) Meine Herren, der sogenannte Ostbahn-Staffeltarif ist eine ganz alte Einrichtung, die, soviel mir bekannt ist, nur segensreih gewirkt hat. Es sind auch seit dem Bestehen desfelben Klagen aus der Mark Branden- burg gegen diesen Tarif nicht laut geworden. Wenn wir diesen Tarif aufheben würden, so würden wir eine so einshneidende Schädigung unseren östlich von Berlin gelegenen Provinzen zufügen, daß, glaube ih, der verhältnißmäßig geringe Vortheil, den die Mark Brandenburg erhalten würde, dagegen gar nit ins Gewicht fällt. Meine Herren, wenn der Kanal, „der nah dem von Herrn von Leveßow gewählten Bilde durch Einrichtung des Staffeltarifes am 1. September 1891 gegraben worden ist, für die Abfuhr des brandenburgischen Getreides nah dem Westen in neuester Zeit wieder zugeshüttet worden ift, so hat die Mark Brandenburg auch ihrerseits den Spaten in die Hand genommen, um sich an der Zushüttung des Kanals zu betheiligen. Denn auch aus der Mark Brandenburg sind die Proteste gegen den Staffeltarif, den wir eingerichtet hatten und der zum 1. August aufgehoben werden soll, ér- gangen. Meine Herren, der alte Staffeltarif der Ostbahn ist überhaupt durch den allgemeinen Staffeltarif vom 1. September 1891 nit allgemein aufgehoben worden; er ist nur außer Kraft ge- seßt worden für diejenigen Beziehungen, welhe durh den 189er Staffeltarif billiger wurden. Durch den Staffeltarif der Ostbahn werden auch der Provinz Brandenburg billigere Tarife als der Normal- tarif bewilligt. Gerade das Beispiel, das Herr von Levetzow .ange- führt hat, Landsberg, hat dur den Staffeltarif der Ostbahn billigere Tarife, als wenn wir diesen Tarif aufheben. Der Sltaffel- tarif ist für Landsberg billiger, als der Normaltarif, weil dieser Staffeltarif der Ostbahn bereits mit 50 km in Geltung tritt und Landsberg, foviel mir bekannt ist, eine größere Entfernung von Berlin hat als 50 km. Es fann auch niemals eintreten, was Herr von Leveßow befürchtet, daß Königsberg billiger nach Berlin liefere als

Landsberg ; denn der Tarif ist so eingerichtet, daß die nähere Station immer absolut billiger ift als die weiter gelegene. Aus diesem Grunde sind die Befürchtungen, die Herr von Leveßow an den ferneren Fort- bestand nicht die Neueinführung des fogenannten Ostbahn- staffeltarifs knüpft, doch niht geeignet, die Beseitigung dieses für unsere sämmtlichen östlichen Provinzen nothwendigen Tarifs zu empfehlen.

Im weiteren Verlauf der Spezialberathung des Eisenbahn- Etats nimmt hierauf das Wort:

Freiherr von Maltzahn-Roidin: Im Interesse der Wohl- fahrt und der sittlichen Hebung der Arbeiter kann nicht genug gesehen; aber wenn bloß eine Verbilligung der Tarife eintritt ohne Berücksichtigung der Förderung der Sittlichkeit, so wird der Zweck der Verstaatlichung verkannt. Der Verkehr nah den Berliner Vor- orten soll möglichst billig sein; aber nicht gutzuheißen ist es, daß Ar- beiter billig am Montag nah Berlin, am Sonnabend in ihre Heimath zurückgeführt werden auf Entfernungen von 150 und mehr Kilo- metern. Redner hat sich an die Cisenbahn-Direktion und an den Minister des Innern gewendet, der bei dem Minister der öffentlichen Arbeiten eine Einschränkung folcher Arbeiterkarten auf 80 km an- geregt habe. Es sei aber alles beim Alten geblieben. Dadurch würde die Sozialdemokratie auf das Land getragen.

Minister der öffentlihen Arbeiten Thielen:

Meine Herren! Mit den allgemeinen sozialen Ausführungen des Herrn von Malßahn würde ih mich einverstanden erklären fönnen. Es fragt sich nur, ob die Maßregel, die seitens der Cisenbahnverwal- tung bezügli der Beförderung von Arbeitern getroffen ist, dazu bei- trägt, das sozialdemokratishe Gift weiter zu verbreiten. Zu- näht möhte ih bemerken, daß die Arbeiterrückfahrtkarten niht etwa eine Einrichtung sind, die speziell nur für Berlin getroffen ist, sondern ganz genau dieselbe Einrichtung besteht für das ganze Gebiet der preußishen Staatsbahnen. Sie sind ein- gerihtet worden, weil nah sehr eingehenden Ermittelungen eine der- artige Maßregel als im wohlverstandenen fozialen úöInteresse liegend anerkannt worden ist.

Es fann allerdings fraglich sein, ob das Beispiel, welches Herr von Maltzahn Ihnen angeführt hat, daß von der Station Jaznick, wenn ih recht verstanden habe, nach Berlin Rükfahrtkarten bestehen, ein richtiges ist, ob man cin wirkliches Bedürfniß für die Einrichtung dieser Karten von der Station Jagnick nah Berlin als nachgewiesen ansehen kann. Meine Herren, in dieser Beziehung bin ich natürli fehr gern bereit, in eine nähere Prüfung dieser Angelegenheit ein- zutreten und ebenso gern bereit, die Direktionen noh einmal anzuweisen, die Bedürfnißfrage allgemein auf das schärfste zu prüfen.

Meine Herren, wenn die Rükfahrtkarten nicht gewährt würden, fo wird ein großer Theil der Arbeiter docy bei der alten Arbeits\tätte verbleiben, sie würden nur von der betreffenden ländlihen Gemeinde, in der fie jeßt wohnen, ihren Umzug bewerkstelligen, also beispielsweise nah Stettin oder nah Berlin, wo sie ihre tägliche Arbeit finden, und ob das wünschenswerth wäre in sozialer Beziehung, das, meine Herren, kann do noch sehr die Frage sein. (Sehr richtig!) So wird wenigstens erreiht, daß der Arbeiter wöchentlih wieder in seiner alten Heimath erscheint und dort innerhalb seiner Familie, innerhalb seiner ge- wohnten Umgebung verbleibt. Jch gebe zu, daß die Grleichte- rung des Zuzugs aus fernen Gegenden nach Berlin ihre sozialen Bedenken hat und, wie gesagt, i. Werde ‘gern bereit sein, nach dieser Richtung hin nohmals die bestehenden Verhältnisse einer Prüfung zu unterziehen. Eine all- gemeine Aufhebung der Rückfahrtkarten würde aber meines Erachtens doch von sehr weitgehendem Nachtheil begleitet sein. Die ganze Frage der Arbeiterbeförderungen ist ja auch bereits im anderen Hause erörtert worden und hat dort zu einer sehr lebhaften Auseinander- sezung der verschiedenen Meinungen in dieser Frage geführt. Jch be- trachte die Sache indeß nicht als abgeschloffen im Sinne der jeßt be- stehenden Einrichtungen. Die Staats-Eisenbahnverwaltung wird die- selbe aufmerksam im Auge behalten.

Ober-Bürgermeister Bräsicke-Bromberg bedauert, daß man auf dem Eisenbahngebiet noch nicht zu Reformen gekommen fei. Wenn der Minister erklärt habe, daß ihm dazu der Boden unter den Füßen fehle, so habe er damit Recht; er sei aber nicht selbs {huld daran, fondern dur das Eisenbahngarantiegeseß trage auch der Landtag seinen Theil an der Schuld. Man habe mehr auf große Uebershüsse und auf Sparsamkeit gesehen, als auf Reformen, die vielleicht anfänglich Min- dereinnahmen brächten, die der Finanz-Minister nicht vertragen könne. Der Finanz-Minister müsse sich mit einem festen Betrage aus den Eisenbabnüberschüssen begnügen, aber 130 Millionen seien zu hoch; er müsse eine gleitende Skala von 115, 105 und s{ließlich 100 Millionen jährlich festsezgen. Man könne mit sih handeln lassen und könnte sich auch auf 130 Millionen festlegen, wenn der Finanz-Minister nur damit einverstanden wäre, sih mit einer solchen festen Summe zu begnügen. Zur Schuldentilgung brauche man die übrigen Gelder nicht zu ver- wenden, sondern man müsse einen Neservefonds schaffen. Es seien 189 Millionen Reservefonds bei den Privateisenbahnen vorhanden ge- gewesen, die zum Vau von Sekundärbahnen verwendet seien. Aus dem Reservefonds müßten Mindereinnahmen aus Tarifreformen u. f. w. gedeckt werden, damit die Verwaltung freier werde von finanziellen Rücksichten. Wenn der Reservefonds 150 Millionen betrüge, dann könnten weitere Vebershüse zur Schuldentilgung verwendet werden. Redner empfiehlt auch die Einführung von Erneuerungs- fonds, um das Schwanken der Ausgaben für die Erneuerung zu ver- meiden, und kündigt, wenn die Regierung nicht vorgehe, seinerseits ein folhes Gesetz an.

Finanz-Minister Dr. Miquel: :

Die Erwägungen, die eben der Herr Vorredner entwickelt hat, sind nicht neu (Heiterkeit), sie sind hier hon sehr oft vorgetragen und ih habe solche allgemeine Betrachtungen auch schon mehrfach hier ge- äußert. Allerdings wird jeßt die Sache dringlicher, weil der Herr Norredner warnend uns zuruft: wenn ihr diese Frage im nächsten Etat nicht löst, so werde ih dem Eisenbahn-Minister zu Hilfe kommen mit einem Geseßzentwurf und dann wird das Haus sih {hon fügen müssen, ebenso der Finanz-Minister. (Heiterkeit.)

Diese Bestrebungen, eine größere Scheidung der Eisenbahn- finanzen und der allgemeinen Staatsfinanzen herbeizuführen, gehen von ganz verschiedenen Gesichtspunkten aus, die man sehr wohl unter- heiden muß. Viele betrahten die Nothwendigkeit einer solhen Aus- einandersezung vom Standpunkte der allgemeinen Finanzverwaltung. Sie finden es nothwendig, daß die Schwankungen der Einnahmen und Ausgaben, der Ueberschüsse der Eisenbahnverwaltung sich ‘von Fahr zu Jahr mehr ausgleichhen. Sie gehen dabei von ähnlichen Gesichtspunkten aus, wie die Bestrebungen der Reform der Neichs- finanzen in ihrem Verhältniß zu ; den Einzelstaaten, diefe \{wankenden Anforderungen des Reichs an die Einzelstaaten auszugleihen und in einem bestimmten Durchschnitt zu bringen. So- fern dies beabsichtigt wird, kann ih diefe Bestrebungen und ih habe das als Abgeordneter {hon bei der Verstaatlihung der Eisen- bahnen gethan nur in vollem Maße billigen. Sofern die Be-

strebungen 7aber einen zweiten Hintergrund haben, mehr und mehr diese Eisenbahnen auf \ich felbst zu stellen, die Intraden und Ablieferungen der Ueberschüffffe an die allgemeine Finanzverwaltung zu dem Zweck zu verhindern, um nun durch Herabseßung der Tarife bestimmten wirthschaftlichen Gesichtspunkten und Wünschen näher zu treten, muß man fie \{chon vorsihtiger betrachten. Meine Herren, einen Staat im Staate aus den Eisenbahnen zu machen, die fich ein- für allemal gegenüber den allgemeinen Be- dürfnissen des Landes in Bezug auf die Abführung von Uebershüssen abkaufen und die nun die volle Freiheit hätten, mit dem zurüd- behaltenen Theil der Uebershüsse zu wirthshaften: das halte ich für nicht mögli. Ich glaube, in dieser Beziehung mit meinem hoch- verehrten Herrn Kollegen [und Nachbarn ganz auf derselben Stufe zu stehen. Die Frage, die hier je8t vorgelegt ist, ist von so kolossaler Tragweite und so shwierig zu lösen, daß ih neugierig und erfreut bin, wenn der Herr Vorredner uns dur seinen Gesegentwurf, den er in Ausficht zu stellen die Güte hatte, im nächsten Jahre zu Hilfe fommt. (Heiterkeit.)

Meine Herren, was man auch über die Sache denken mag, das muß man doch zugeben, daß jede solhe Auseinanderseßung, weldhe die Vebershüfse der Eisenbahnen für die allgemeine General-Staatskasse fixiert, eine der bedeutendsten Finanzfragen i, und daß eine folche Frage zu lösen in einem Augenblick, wo wir einen Etat mit 56 bis 58 Millionen Mark Defizit vorlegen, wo wir vier Jahre bereits in der Nechnung wirklich solhe Defizits haben, eine gewaltige Anfor- derung sein würde, in einem Augenblick, wo unsere ganzen Finanzen in völligem Dunkel und Unfklaren sind, solange wir niht wissen, wie die Finanzen des Reichs sih tellen, und ob und in welchem Maße es gelingen wird, die Reichs-Cinnahmen zu vermehren, solange es völlig unmöglich ist, die nächste Zukunft der vreußishen Finanzen zu übersehen. Wenn wir jeßt das thäten, was der Herr Vorredner vorschlägt, so würde das heißen einen Fonds an- sammeln, den wir anfüllen müssen materiell niht durch die Ueber- \hüsse der Eisenbahn-Verwaltung, sondern durch Anleihen. Denn wenn Sie die UVebershüsse der Eisenbahnen in diesem Augenblick den allgemeinen Staatsfinanzen entziehen, so thun Sie zur Zeit weiter nihts, als das Defizit, welhes Sie durch Anleihen decken müssen, erhöhen. Ein solches Unternehmen in diefem Augenblick anzufangen, scheint mir fast unausführbar. Daß es wünschêns- werth ift, eine größere Stabilität in dem Verhältniß der allgemeinen Staatsfinanzen zu den Eisenbahnen herbeizuführen, ist gewiß; es ist cbenso wünschenswerth, eine größere Garantie für eine angemessene Sduldentilgung zu finden, und es ist außerordentlich wünschenswertb, Fonds zu besißen, welche die Schwankungen von Jahr zu Jahr ausgleihen, auch Erneuerungsfonds zu besißen, darüber habe ih mich sehr oft ausgesprohen; mit diesen Gesichts- punkten bin ich vollkommen einverstanden, aber gegenwärtig in diesem Augenblicke dies durchzuführen, das halte ih, weil die Finanzverhält- niffse gar nicht zu übersehen sind, für kaum möglih. Der Abgeordnete Hammacher, den der Herr Vorredner als Autorität angeführt hat, hat hierzu ausdrücklih im Abgeordnetenhause seine Zustimmung erklärt. Er hat erklärt, er sähe wohl ein, gegenwärtig könne man an eine durchgreifende Revision des Garantiegeseßes von 1882 nit gehen.

Meine Herren, dann hat der Herr Vorredner aber auch gesagt, Fonds, welche aufgespart würden. um nah Maßgabe des Bedürfnisses verwendet zu werden, seien gar nicht vorhanden, weil diese an si wohl übertragbaren Fonds, wenn Ersparungen in einem Jahre statt- gefunden hätten, der Eisenbahnverwaltung sofort entzogen und in die allgemeine Staatskasse versiert würden. Das ist vollständig irrig! und der Herr Vorredner hätte sh aus den Aktenstücken, die hier vorliegen, überzeugen können, wie irrig das ist. Die Eisenbahn- verwaltung i in das vorleßte Jahr wit einem solchen über- tragbaren ¿Fonds von dreißig Millionen hineingegangen und der Herr Minister hat sich im Abgeordnetenhause {hon darüber aus- gesprohen, daß es wünschenswerth sei und beabsichtigt werde, einen solhen erheblihen Fonds, wenn auch niht gerade in dieser Größe, aber jedenfalls einen sehr bedeutenden Fonds nicht abzuführen, sondern der Eisenbahnverwaltung für die eintretenden Be- dürfnißfälle zu überlassen, sodaß er zweckmäßig disponiert werden kann, und Bauausführungen in einem Jahre vershoben werden können, wenn der Herr Minister in der Lage is}, sie mit den ibm verbleibenden Mitteln im anderen Jahre auszuführen. Es wird dies nach meiner Ueberzeugung und mit meiner vollen Billigung fortgeführt werden und es könnte fein, wenn die allgemeine Finanzlage sih bessert, wenn namentli das Reich in dieser Beziehung uns mehr als bisher zu Hilfe kommt, wenn die allgemeinen wirthschaft- lihen Verhältnisse eine weitere Vermehrung der Ueberschüsse der Eisenbahnen gestatten , es. könnte sein, daß hierin der Anfang der Ausführung derjenigen Maßregel, die uns der Herr Vor- redner entwidelt hat, läge. Denn, wenn man, wie ih vollständig dem Herrn Vorredner zugebe, in den lezten Jahren die Ueberschüsse der Eisen- bahnen in einer niht ganz vorsihhtigen Weise der allgemeinen Staats- verwaltung hat zu gute kommen lassen, wenn man die hohen Ueber- schüsse in den einzelnen Jahren für dauernde Uebershüsse gehalten hat, wenn man aus diesem Gesichtspunkte heraus dauernde Ausgaben auf \hwankende Ueberschüsse bassiert hat, wenn man vielleiht niht genug Ausgaben aus den Eisenbahnen und deren eigenen Einnahmen gedeckt und zuviel auf Anleihen verwiesen hat, fo fann man solche Zustände nicht von einem Jahre auf das andere einfa durch ein auf dem Papier stehendes Geseß kurieren. Die Beamtengehälter die wir in den vorigen Vorjahren dekretiert haben, bleiben dauernd, die UeLerweisungen an die Kreise haben wir mit 24 Millionen Grund- und Gebäudesteuer abkaufen müssen, die 50 Millionen Steigerung der Kultusausgaben bleiben dauernd die Vebershüsse der Eisenbahnen aber sind vermindert worden. Wie wollen Sie nun auf einmal denn nit nur in der Zinsenlast besteht allein die Staatsschuld, sondern ebensowohl in alten anderen Verpflichtungen, die der Staat übernommen hat wie wollen Sie eine solhe bisherige, allerdings auch nach meiner Meinung nicht rihtige Praxis mit einem Male korrigieren? Dazu gehört eine Summe von finanziellen Maßregeln, deren Durchführung fünf bis sechs Jahre dauern wird, die planmäßig Schritt für Schritt \sih entwickeln müssen. Aber ein einziges Geseß würde diese große und shwierige Frage nicht lösen. Also ih glaube, ih kann sagen, ih billige die allgemeinen Wünsche des Vorredners, aber die Art und Weise der Durhführung hängt von der Wsung einer folhen Reihe \{chwieriger Vorfragen ab, daß ih absolut ihm nicht zusichern kann, im nächsten Jahre mit einem

| Mal diese \chwierige Lage dur einen Gesetzentwurf zu heilen.