1913 / 85 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 10 Apr 1913 18:00:01 GMT) scan diff

S i jetigea Betrage von 186 Millionen Mark; und wenn man die ein- maligen Ausgaben s\ämtliher Vorlagen aus dieser Zeit zusammen- rechnet, so reihen sie noch lange nit an eine Milliarde heran, während jeßt für die Jahre 1913, 1914 und 1915 fast 1300 Millionen Mark gefordert werden; das ist, wenn man diese Summe auf die 3 Jahre verteilt, für jedes einzelne der dret Jahre mehr als seinerzeit der gesamte Jahresertrag der großen Steuergescezgebung von 1909 ausmachte.

Es kommt k. inzu, daß die Finanzgebarung noch vor kurzem an s{chweren Schäden fkrankte, daß sie erst seit wenigen Jahren, eben nach dem Jahre 1909, zu einer gewissen Festigung gelangt ist, daß aber die Vollendung des Sanierungsprozesses auß noch erst in allerdings furzer Frist erwartet wird, ein Eingreifen in diesen Prozeß also die Entwicklung unseres Finanzwesens in ihrem Lebens- nerv berühren würde. /

Zu einem folchen Zeitpunkt, um zunöc# von den einmaligen Ausgaben zu sprechen, etwa etne Milliarde mehr zur Verfügung zu stellen, hätte auf den ersten Blick von vornherein unmögli erscheinen können. Jedenfalls erheishte das außerordentlihe Erfordernis der Stunde auch cine außerordentlihe Maßnahme.

Was die verbündeten Regierungen für das Richtige erahten : die Leistung eines einmaligen Vermögensbeitrages von F Prozent ist Ihnen unter Nr. 871 der Drucksachen unterbreitet. Der Vorschlag mag Sie überrasht haben; er verliert aber das Ueber- raschende bei genauerer Betrahtung. Sie werden erkennen, daß man auch ohne die patriotische Erinnerung an das Jahr 1813, die wir uns allerdings nit verkümmern lassen wollen, zu einer solchen Lösung ge- langen mußte.

Das in den Augen vieler nächstliegende Auskunftsmiitel, eine Anleihe aufzunehmen, war uns verschlossen. Jh spreche gar nicht davon, daß der gegenwärtige Leitec der Reichsfinanzverwaltung Jhnen mit einem solhen Vorschlage niht kommen durfte, nahdem er noh vor Jahresfrist von diesem Platze aus unter der Zustimmung des, ganzen Hauses fich zu den Finanzgrundsäten seines Amts- vorgängers bekannt hat. (Sehr rihtig! bei den Nationalliberalen.) Auch kein anderer an meiner Stelle hätte die Verantwortung über- nehmen können, das Reich, das eben im Begriffe steht, ih aus dem Sumpfe der Sculdenwirtschaft emporzuarbeiten, wiedec für alle Zeiten dorthin zurückzustoßen. Jch bitte, meine Worte niht mißzu- verstehen. Jh meine nicht, daß sich für das Nei niemals . die Eventualität ergeben könnte, zu einer Anleihe für andere als werbende Zwecke zu \{hreiten. Es können ich weiß es wohl Umstände eintreten, über die ich mich hier nicht verbreiten will, die zu einem folhen Schritte gebieterisch zwingen; aber in dem gegenwärtigen Stadium unserer Finanzentwicklung und überdies zu einer solhen Zelt des Friedens und hohen Wohlstandes ist kein Raum dafür.

Man hat auch vergebens nach Gründen gesucht, eine Anleihe sahlich zu rechtfertigen. Es ist niht richtig, wênn man gesagt hat: die Maßnahmen, die wir mit der Milliarde bestreiten wollen, kommen im wesentlichen der Zukunft zugute, so mag auch die zukünftige Generation ihren Anteil dazu beisteuern, Nein, die Maß- nahmen, die wir mit der Milliarde bestreiten wollen, sind eine Forderung der Gegenwart. Es sind sogar hier aus dem Hause, und zwar von verschiedenen Seiten, noch gestern Stimmen laut geworden, daß die Maßnahmen zum Teil {hon früher hätten getroffen werden sollen. Die Ausgaben würden insoweit auf etner Unterlassung früherer Jahre beruhen, und was wir selbst versäumt haben, follen wir auch selbst zahlen und nicht künftigen Geshlehtern zur Last schreiben, die wahrhaftig auh an ihrem Teile für militärische Aufgaben genug zu leisten haben werden.

Und was wäre au mit der Verweisung des Bedarfs auf die Anleihe gewonnen worden? Die Verzinsung und Tilgung allein bätte eine sehr erheblihe neue Steuer erfordert, eine Steuer etwa in der Höhe der Besigsteuer, während doch die großen Einnahme- quellen, auf die sih das Neich in erster Reihe angewiesen sieht, erst vor wenigen Jahren sehr stark in Anspruch genommen worden sind und einen alsbaldigen nochmaligen Zugriff {wer ertragen haben würden.

Sodann darf man do nit übersehen, unter welchen Bedingungen die Anleihe auf den Markt gekommen sein und wie sie thn beeinflußt haben würde. Die Anleihe hätte nur zu einem überaus niedrigen Kurse begeben werden können, der Kurs hätte wiederum auf die sonstigen Neichsanleihen und die Anleihen der Bundesstaaten gedrückt, alle weiteren festverzinslihen Papiere wären in Mitleidenschaft ge- zogen worden, und die Inhaber dieser Papiere hätten einen sehr be- deutenden Verlust, siherlich mehr als ? °%%, zu verzeichnen gehabt, darunter wiederum in erster Linie die Staatsgläubiger, die ohnehin unter der ungünstigen Entwicklung der Kurse seit Jahren s{chwer leiden, und denen zu helfen wir bis jegt vergebens bemüht gewesen sind. Eine solche Ecshütterung des Marktes bei der vorgeschlagenen Maßnahme ist \chon wegen der Verteilung auf eine möglichst große Zahl von Beitragspflichtigen auf einen größeren Zeitraum nicht zu erwarten.

Nun hat man in der Presse verschiedene Vorschläge ge- mat, die meist auf cine Art von Zwangsanleihe hinaus- laufen, wobei dann von der. Verzinsung ganz oder teilweise abgesehen, die Tilgung hinausgeshoben werden sollte und der- gleihen mehr. Daß in einem solchen Falle dem Reiche der niedrige Gmissionskurs erspart werden würde und man auch sonst mancherlei Nachteile vermieden hätte, wer wollte das leugnen! Ich glaube aber nit, daß eine solhe Proposition in diesem Hause auf Zustimmung zu rehnen gehabt hätte. Die Gegner der Schulden- wirtschaft hätten sich gegen dieses Projekt wie gegen jede andere Anleihe wenden müsen, und überdies würde ein derartiges Vorgehen im Auslande den Eindruck einer nur \{chlecht ver- hüllten Anmeldung des Staatsbhankeroits erweckt haben. Genau das Gegenteil wirb bei der jeßt vorges{chlagenen Maßnahme der Fall sein. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Meinen Sie das wirkli ?) Ja, das meine ich. (Zuruf bei den Nationalliberalen: Sonst würde er es ja nicht gesagt haben!) Denn, meine Herren, nicht, daß die verbündeten Regierungen es wagen durften, der Nation éinen der- artigen Vorschlag zu unterbreiten, niht, daß der Reichstag die Ab- gabe genehmigen, nit, daß sie gezahlt werden, nein, daß fie ohne Unterschied tes Standes und Vermögens unter Vorantritt ‘unserer Fürsten bereitwillig gezahlt und verchältnismäßig leiht verwunden wérden wird, das wird unsere Widerstandsent\{lossenheit und unsere

rie

Widerslandsfähtgkeit gegen jeden noch so fark gerüstetcn Feind vor aller Welt dokumenttecen !

Daß man, wenn man das Prinzip billigt, über die Ausführung abweihender Meinung sein kana, ist selbstverständliß. Hierüber werden wir noch vtel zu verhandeln baben, und ich will deéhalb hier wie bei den anderen Steuergeseßen auf Einzelheiten zunächst nicht eingehen.

Die wesentlihsten Bedenken gegen den Wehrbeitrag werden daraus hergeleitet werden, daß die Leistungsfähigkeit der Beitragspflichtigen niht in genügendem Maße berücsihtigt sei. Man kann, wie gesagt, darüber streiten. Das eine wird fich aber sicher bei den Verhandlungen ergeben, daß es überhaupt unmöglich ist, diese Leistungsfähigkeit voll zu erfassen. Das is mit keiner Steuer mögli, insbesondere auch mit keiner Besißsteuer, mag es etne Vermögens-, Einkommens-, Ertrags- oder Erbschaftssteuer oder eine Kombination von folchen Steuern fein. Man muß sich an dem Erreichbaren genügen lassen. Die verbündeten Regierungen haben geglaubt, den Wehrbeitrag möglichst einfach und möglichst einheitlih gestalten zu sollen, {hon detbalb, um ihm so ten Charakter einer ein- maligen Opfergabe in denkbar weitestem Maße zu wahren. Jch brauhe wohl nicht zu betonen, daß die Einmaligkeit des Wehr- beitrages eines seiner wesentlichsten Merkmale ist. Der Gedanke würde in der Tat setner politishen und seiner ethishen Bedeutung entkleidet werden, wenn man auch nur mit der Möglichkeit eincr Wiederholung rechnen wollte.

Und man soll ihm die Bedeutung nit nehmen, die ihm inne- wohnt, und die ihm auch in Zukunft innewohnen wird, vielleicht derart, daß das Jahr 1913 als ein Markstein in der Geschichte der Entwicklung unseres Heeres- und unseres Finanzwesens dastehen wird.

Jedenfalls wirkt der Wehrbeitrag {hon jeßt nah den verschiedensten Richtungen hin ein. Insbesondere ist er be» stimmend und beeinflussend für alle Steuerprojeklte, die bei der Dedck@ung der Ausgaben in Betracht kamen. Jeder dieser Steuer- pläne mußte daraufhin geprüft werden, ob er sich neben dem Wehr- beitrage behaupten könne, und wie er sich ihm anpassen lasse, sodaß denn au der Vorwurf der Plan- und Systemlosigkeit, den man der Vorlage gemacht hat, in keiner Weise gerechtfertigt ist.

Es kam zuerst die Besi steuer in Frage, für die der Grund in der „lox Bassermann-Erzberger“ vom 14. Junt 1912 gelegt ist. Auch diese lex Bassermann {on vermag sich dem Einfluß des Wehr- beitrages nit zu entziehen. Es ist gesagt und mit Gründen belegt worden, daß jenes Geseß durch den Wehrbeitrag bereits erledigt set, indem der Wehrbeitrag ein Aequivalent für eine sehr erhebliche dauernde Vermögensgabgabe darstelle, noch vershärft dur die Bedingung der sfofortigen Vorwegzahlung. Jch enthalte mi eines Urteils über diese Frage. Die Regterungen \ch{lagen Ihnen, wie fie ja dem Wehrbeitrage den Charakter einer Ausnahmeabgabe bewahren wollen, ein besonderes Besißsteuergeseßp in den §8 1 und 2 des Gesetzes, betreffend Aenderungen im Finanzwesen, und in der Anlage dazu vor. Diesem Besibsteuergeseße fällt jet cine wesentlich andere Aufgabe zu, als es im Jahre 1912 gedacht war. Während es fich damals um cine Ab- gabe von mäßigem Ertrage handelte, lediglih bestimmt, die Geseß- gebung von 1909 abzuschließen uad zu regulieren, soll die Steuer jeßt sehr wesentlih zur Deckung der neuen Ausgaben beitragen. Es werden mehr als 80 Millionen, also beinahe die Hälfte der fortdauernden Ausgaben davon erwartet. :

In Betrach1 kamen für die Besißsteuer die verschiedenen Arten von Vermögens- und Erbschaftssteuern. Eine reine Netichs- vermögenssteuer mußte aus|heiden, und zwar niht nur für den Augenblick, weil cine solche Steuer ja in dem Wehrbelttrage bereits für eine lange Meihe von Jahren geleistet wird, sondern auh für die Zukunft, weil wir diese Einnahmequelle ebenso wie die Einkommenj{teuer den Bundesregierungen ohne Schädigung ihrer eigenen Aufgaben niht entziehen dürfen. Eine Erb- \chafts\teuer ih verstehe darunter hiec wie im weiteren die Aus- dehnung der Steuer auf Kinder und Ehegatten empfahl sich eben- salls nit, oder, um mich genauer auszudrücken, sie entpfahl sh wenigstens nit in der Form, wie sie uns von früher her vorschwebt, und wie sie au in älteren Entwürfen der verbündeten Regierungen Ihnen vorgeschlagen war. Es waren ganz abgesehen davon, daß im neueren politishen Leben {on das Wort „Erbschaftssteuer“ die Geister scheidet (hört, hört! links) und es nicht geraten erscheint, den Erisapfel in eine Versammlung zu werfen, mit der man tunlicst einmütig ein großes Werk fördern möHte, doh auch Gründe ret praktischer und nüchterner Art, dic dagegen sprechen.

Zunächst griff auch hier der Wehrbeitrag hemmend cin. Es kann nit gut ein Vermögen, das als folches einer jehr hohen Abgabe, dem Wehrbeitrag, unterlegen hat, unmittelbar hinterher, wenn der

Tod des Inhabers des Vermögens inmitten licgt, {hon wieder ciner .

Besteuerung durch seine Abkömmlinge unterworfen werden. (Sehr richtig! rechts.) Sodann aber kann der jeßt in Frage stehende Betrag durch eine Erbschaftssteuer, die nah dem früheren Aufbau höchstens 50 bis 60 Millionen erbringen sollte, niht gedeckt werden, wenn man nit zu cxorbitant hohen Säßen schreiten will.

Dagegen wies die Einbringung des Wehrbeitrags auf eine neue Steuer, die Steuer vom Vermögenszuwachs hin. Es wirkt in der Tat logisch und wtrtschaftlih überzeugend, wenn maxn den Saß aufstellt, daß man das Vermögen, nahdem es cinmal mit einec hohen Abgabe belegt worden ist, in Zukunft \{honen und nur insoweit zur Steuer heranziehen foll, als es entweder in der Hand desfelben Besißers einen Zuwachs erfährt oder als es beim Uebergang auf den MNechtsnachfolger einen Zuwachs zu dessen Vermögen bildet. Tritt die Nechtsnachfolge beim Erbgang ein, so würde in der Besig- steuer, da sie den Zuwachs in jeder Form erfassen will, auch etne Erbschaftssteuer, auch eine solhe von Abkömmlingen liegen. Aber die Erbschaftssteuer träte nit in der Gestalt auf, in der si? sich fcüher so viel Fetnde geschaffen hat. Es würde viclmehr au, abgesehen von den niedrigen Sägen, die dann erhoben werden könnten, eine Erb- schaft6steuer in milderer und, soweit man das Wort in folhem Zusammenhang überhaupt gebrauhen kann, in vollkommener Form sein.

Um mich niht in Einzelheiten zu verlieren, will ih nur auf dret anerkannte große Mängel aller bisherigen Grbschaftssteuergesetze ‘hin- weisen. Danach trat die Erhebung der Steuer einmal tim Momente tiefer Trauer ein, oft beim Tode des Ernährers des Steuerpflichtigen. Sodann berüsihtigte die Steuer niht und konnte nicht berück- sichtigen das Vermögen des Erben felbst, und endlich gibt es unter

‘dürfnisse setner Glieder geboten.

den Erbschaftssteuersystemen aller Länder nicht cines, das Be- steuerung der Schenkungen unter Lebenden, wie si2 nament- lih beim mobilen Kapital fich schr leiht vollz!ehen, in einer einigermaßen befriedigenden Weise regelt. Alle drei Fragen löôft die periodisch einseßende, das Vermögen naŸH scinem jeweiligen Stand erfassende Vermögenszuwachssteuer in denkbar einfahster und glüdck- lihster Weise.

Auch sonst begegnete die Durhführung verhältnismäßig nicht großen Schwierigkeiten. Nur der Grundbesig erheishte eine gesonderte Behandlung, um die Kollision mit der seit zwei Jahren bet uns be- stehenden Grundwertzuwachssteuer zu vermeiden.

Nach dem, was ich mir vorhin über die nôtige NReservierung einzelner Steuergruppen für - die Bundesstaaten zu sagen gestattet habe, bestehen indessen bei den Bundesregierungen \{werwtegende Bedenken dagegen, daß die reihsgeseßlihe Einführung auch nur der Vermögenszuwa chs steuer hiermit noch vereinbar sci. Auch ist ohne weiteres anzuerkennen, daß in verschiedenen Bundesstaaten, die bereits ausgebildete WVermögens- , Einkommens- , Ertrags- oder Erbschafts]teuern besißen, die neue Abgabe sich nur {wer den einzelnen bestehenden Steuersystemen anpafsen würde, und ferner, daß der leßte Zweck des Geseßes vom 14. Juni 1912, die Steuer auf die Schulter der besißenden Schichten der Bevölkerung zu legen, auch durch den weiteren Ausbau der in diesen Staaten bereits vorhandenen entsprehenden Steuern erreiht werden kann, fofern nur die rethsgeseßlihe Garantie dasür geschaffen wird, daß der in Nede stehende Betrag au wirklich im Wege einer „Besißsteuer“ im Sinne jenes Geseßzes aufgebraht wird. Bei Abwägung aller dieser Gesichts- punkte will nun der Gesetzentwurf, betreffend Aenderungen tm Finanz- wesen, den nachfolgenden Nechtszustand schaffen. In der Anlage zum Entwurf liegt ein Besiysteuergesey, cin Gesetz, das den Zuwachs zum Vermögen in jeder Form trifft und auf einen jährlihen Ertrag von ?/; 4 auf den Kopf der Bevölkerung, im ganzen also auf über 80 Millionen Mark für das Reich ab- gestimmt ist, vollständig ausgearbeitei vor. Der Name „Besitzsteuer- gese“ statt etwa „Vermögenszuwachssteuergesetz“ ist gewählt worden, teils der Kürze halber, teils um Verwechselungen mit dem Zuwachs- steuergeseß vom 14. Februar 1911 zu vermeiden. Dieses Gesetz, das den ganzen Vermögensbesiß nah und nach steuerlih ergreift, tritt jedoch, und zwar am 1. April 1916, nur in denjenigen Bundesstaaten in Wirksamkeit, die nicht bis zu diesem Tage ein besonderes Geseß in Kraft seten, das ihrem Steuersystem angepaßt sein ïann, aber allen Anforderungen, die man an ein Besißsteuergesez zu stellen hat, entsprehen muß: Ob leßteres der Fall ist, prüft und entscheidet der Bundesrat. Ueberdtes spielt sih das geseßgeberische Vorgehen der Bundesstaaten vor aller Augen ab und unterliegt der öffentlichen Kritik in weitem Maße. Der Termin vom 1. April 1916 ist vorgeschlagen, teils, um den Bundes- staaten für ihre Gesetzgebung Zeit zu lassen, teils au, weil ein gewisses Spatium belassen werden muß für die Bildung etnes Zuwachses gegenüber dem anfangs 1914 zum Zwecke der Wehrbeitragserhebung festgestellten Vermögen. Von den Staaten, die den Weg der Sondergeseßgebung beshreiten, wird statt des Grirags der Besißsteuer ein fester Jahres- betrag als Anteil an den 80 Millionen an das Reich abgeführt. Es erschien zweckdmäßig, diesen niht nah dem Matrikularfuß umzulegen, sondern einen anderen Maßstab anzulegen, der si der Leistungsfähig- feit der Einzelstaaten mehr anpaßt, nach dem wir früher lange gesucht haben, der fihch aber jegt auf Grund der Veranlagung für den Wehrbeitrag ohne weiteres darbietet. Der leztere Umstand er- leihtert wesentlih die Durhführung des Planes, der sich mit ?den früheren Anregungen aus dem Hause selbst deckt. Ich darf erinnera an die Anträge von Gamp und Herold aus dem Jahre 1909, denen damals neben fonstigen Bedenken hauptsächlich auh das Fehlen eines geeigneten Verteilungösmaßstabes entgegengehalten wurde.

In der skizzierten Weise wird fih ein Ziel erreichen lassen, das sh mit rem, was durh das Gese vom 14. Juni 1912 erstrebt wurde, wesentlich dedckt, nämlich eine wirksame Heranziehung der be- fißenden Klassen zu den Lasten des Reichs. * Und zwar würde dieses Ziel erreiht werden, ohne daß die Bundesstaaten gezwungen wären, das System ihrer direkten Steuern behufs Anpassung an eine für ihre Verhältnisse nicht geeignete neue Steuer umzuformen, und ohne daß grundsäßlich die Grenzen zwishen den dem Reich und den den Bundes- staaten vorbehaltenen Steuergebieten verschoben werden.

Diesem letzteren Moment bitte ih Sie Ihre besondere Aufmerk- samkeit zuzuwenden. Es ist in Deutschland bet seiner staatlichen Gliederung niht so leiht wie in einem Einheitsstaate, ein Steuer- geseß zu entwerfen. Bei Ordnung der Rechte und Bedürfnisse des Neichs is eine umfassende Nücksihtnahme auf die Nehte und Be- Aber wir alle follten uns doch dieser Aufgabe stets und gern unterziehen, nicht nur im Hinblick auf die verfassungsrehtlihe Grundlage des Neichs, sondern niht zum wenigsten auch eingedenk der geschichtlichen Entwicklung unseres bundesstaatlichen Wesens und der großen kulturellen Vorteile, die wir alle dem ver- danken, und die gewiß niemand unter uns missen möchte.

Neben der Besißsteuer, die mit 80 Millionen Ertrag {on weit über das hinaus gesteigert ist, was früher davon erwartet wurde, war die Sicherstellung weiterer Einnahmen notwendig. Hierbet sahen wir uns, wenn die Neueinführung oder Steigerung von Verbrauhs- abgabew vermieden werden sollte, auf das große Gebiet der Steuern vom Nechtsverkehr, zumal der Stemvyelsteuern verwiesen. Man hat den Vorschlag gemacht, die gesamten Landesstempel an das Reich heranzuziehen. Derartige Maß- nahmen haben ihr Bedenkliches; denn es wird damit keine neue Deckung geschaffen, sondern für jede Lücke, die im Haushalt des Reichs ausgefüllt wird, wird eine neue Lücke in den Etat der Bundesstaaten gerissen. Man foll daher nur dann dazu greifen, wenn besondere Gründe die Vereinheitlihung der Abgabe wünschenswert mahen. Das ist nun vorwiegend bei den Gesellschaften und bei den Ver- siherungsverträgen der Fall. Bei den ersteren fiel bisher zum großen Teil die landesgeseßlihe Abgabe von der Errichtung der Gesellschaft mit der Abgabe nah Tarifnummer 1 des Neichsstempelgeseges zu- fammen. Nur der zufällige Umstand, daß die Errichtung der Gesell- haft und die Ausgabe der Aktien vershiedene Vorgänge sind, er- möglichie es, beide Akte durch Staat und Reih zu besteuern. Es eipfiehlt sh, die ausschließliche Zuständigkeit des Reichs für diese Besteuerung festzusetzen.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

.

Rheraus. (Sehr richtig! im Zentrum.)

N

zum Deutschen Reichsan

De

(Schluß aus der Ersten Beilage.)

Eine Erhöhung der Abgabe braucht damit nicht notwendig ver- bundèn zu sein. Wenn in verschiedenen Fällen eine folhe eingetreten ist, so war ein besonderer Anlaß dafür gegeben. So bei den neu zu errichtênden Aktiengesellshaften, weil bet diesen jeßt der höhere Emissionskurs der Aktie auch für die Gesamtabgabe maßgebend sein muß. So béi den Gesellshaften mit beschränkter Haftung, weil diese in neuêrer Zeit vielfah die Funktion der Aktiengesellshaft übernommen haben, und weil diese Gesellshaftsform auch häufig gewählt wird, um auf andéren Gebieten die Einnahmen des Reichs zu \{chmälern.

Bet der zwelten in Betraht kommenden Stempelgaitung, der Abgabe von Versicherungsverträgen, wurde bisher in vielen Fällen, wenn Versicherer, Vetmittler und Versitherungsnehmer in ver- schiedenen Bundesstaaten wohnten, von jedem diefer Staaten die Ab- gabe erhoben, sodaß oft eine zwei- und mehrfahe Besteuerung vor- lag. Hierüber ist lange und viel von den Interessenten Klage geführt

Ï worden. Der Versuch einer Abhilfe dutch Abmachungen von Staat

zu Staat war nur teilweise von Erfolg begleitet, und so bletbt nichts

4 übrig, als den Weg der Reichsgeseßgebung zu beschreiten. Daß bei

der Ausgleihung der Stempel der einzelnen Staaten mehrfach eine

/ Erhöhung eintreten mußte, ist bei einem Einnahmegeseß von vorn- F herein erklärlich und auch an \sich nicht vermeidbar: zum Teil ist aber | au eine Ermäßigung des bisherigen Landesstempels eingetreten.

Die besondèrs hohe Belastung der Mobiliarversiherung

beruht auf der Erwägung, daß bei den übrigen Ihnen vorgelegten . ] Steuergeseßen, sowohl bei dem Wehrbeitrage wie bei der Besibsteuer, | diese Art des Besißes, und zwar hauptsählich aus \teuertechnishen j Gründen, völlig freigelassen wird, während gerade auch der oft überaus

wertvolle Mobiltarbesiß ein Gradmesser für die Wohlhabenheit des Besiters sein kann, und es nicht billig ershetnt, bet starker Belastung des Kapital- und Grundvermögens an dem Mobiliarvermögen ganz vorüberzugehen. Die vorgeschlagene Besteuerungsart ermöglicht eine

J Belastung des Besitzers ohne gleichzeitige Belästigung.

Vaß auh bei dem gegenwärtigen Stempelentwurf die Bundes- staaten finanziell, je nah Lage ihrer Geseßgebung, die einen mehr, die anderen wentger, in Mitleidenschaft gezogen werden, ließ \ich leider nicht umgehen. Doch ist Vorkehrung getroffen, daß den Bundesstaaten noch auf Jahre hinaus zunächst vollständig, später teilweise Ent- schädigung aus Neichsmitteln gewährt wird.

Als leßter Dékungsentwurf {ließt \sich das Gesez über das Erbrecht des Staates an. Es ist ein alter Bekannter von Jhnen. Der Entwurf unterscheidet sich von seinem Vorgänger nur dur die For i und durch die Milderung einzelner Bestimmungen. Gerade in neuexêr Zeit hät etne Rethe hervorragender Männer der Wissenschaft wieder, den Gedanken in den Vordergrund gehoben, daß der Staat

j in gewissen Fällen an die Stelle der Jntestaterben treten solle. Auch

muß wohl allgemein anerkannt werden, daß der jeßige Nechtszustand, wonach oft jahrelang nah entfernten Verwandten eines Erblassers geforsht werden muß, lediglich um ihnen dessen Nachlaß aushändigen zu können, vom grundsäßlihen wie vom praktishen Stand- punkt aus recht anfehtbar ist. Stellt man \ich nun aber au einerseits auf den Standpunkt, daß man die Verwandten niht über den mutmaßlihen Willen des Erblassers hinaus in dessen

N Nachlaß einweisen und der Fiskus des \sozusagen herrenlos gewordenen

Guts sih bemähtigen solle, so wird doch anderseits über die Grenze, bei der die Ausschließung der Verwandten zu erfolgen hat, gestritten werden können. Man muß hierbei ebenso das Gebot der Billigkeit

ÿ berüdsihtigen wie den Umstand, daß bei zu wett gezogener Grenze 5 die Maßnahme thren finanziellen Effekt verlteren würde.

Der gegen diesen wie gegen andere Entwürfe erhobene Ein-

Ï wand, daß das Reich sein Steuerrecht preisgebe, indem es nunmehr Ÿ die Erhebung und Verwaltung der Abgaben den Bundesstaaten aus- antworte, geht fehl. Y Vollzugsorgane niemals besessen hat, nicht um ein neues Vorgehen, Y sondern um ein Verfahren, das noch aus der Zeit des Deutschen

Es handelt sich für das Neich, das ja eigene

Zollvereins stammt, und das seit Errichtung des Reichs unverändert

1 beibehalten worden ist.

Die günstigen Ergebnisse der leßten Jahre ermöglichen, zur Er-

Yleihterung unserer Aufgabe einige Reserven aus dem Etat heraus- H zuztehen. So konnten wir aus den Uebershüssen von 1912 die Summe von 75 Millionen für die einmaligen Ausgaben mit zur Verfügung stellen. Auch ershien es angängig, die Einnahmepositionen für das A Jahr 1913 und auch für die folgenden Jahre etwas zu erhöhen.

Aus diesem Anlaß ist in der Presse sofort der Vorwurf erhoben worden, daß wir wieder einmal den Etat frisiert hätten. Nun, meine Herren, die Frisur, die wir ih beziehe das Haus mit in

dieses „wir“ ein vor einem Jahr an dem Etat vorgenommen haben,

hätte gut und gern noch einmal so hoh toupiert werden können, wie gefchehen. Das stellt sich jeßt um die Wende des Rechnungsjahres Ia Wirklichkeit liegt eben doch immer nur das Bestreben der verbündeten Regterungen vor,

A falls ein neuer Bedarf sich zeigt und auf der anderen Seite die Ein- Fnahmen eine Steigerung erwarten lassen, dann lieber eine Erhöhung

der Eitnnahmeshäßung vorzunehmen, als Ihnen neue Steuern vor- zushlagen. Dieses loyale, dem wirtschaftlichen Interesse der Be- völkerung Nehnung tragende Vorgehen, diese Steuersparsamkeit, möchte ih sagen, sollte Anerkennung und nit Kritik herausfordern.

Ganz ähnli liegt es mit der Absicht, unter den gegenwärtigen Verhältnissen die Grundwechsel- und Zuckersteuer in bis- hertger Höhe noch auf eine Reihe von Jahren aufrecht zu erhalten. (Zuruf links: Sehr bedauerlich !)

Zunächst möchte ih hier der Annahme entgegentreten, als ob damit ein Versprehen nicht eingehalten sei, das früher gegeben worden. Es handelt sich niht um ein Versprechen, es hanvelt ih um “eine geseßlich festgélegte Vereinbarung zwischen Negterung und Reichstag, die mit Zustimmung beider Faktoren, aller- dings auch nur mit Zustimmung dieser beiden Faktoren, jeden ZAugenblick wieder geändert werden kann, Vorlicgend kam

Zweite Beilage

Berlin, Donnerstag, den 10. April

nun noŸ hinzu, daß bei Finanzierung der Heeresvorlage von 1912 bereits von der Vorausfeßzung des Fortbestehens der de- samten Zukèrsteuer bis zum 1. Oktober 1916 gerechnet worden war, fodaß also eine Ermäßigung ohne \ofortigen Ersatz jeßt an ih aus- ges{lossen war.

In dem Gesetzentwurf, betreffend Aenderungen im Finanzwesen, finden fich noch zwei Maßnahmen, die mit der Heeresvorlage zunächst nichts zu tun zu haben \cheinen, aber do, indem sie unsere finanzielle Kriegsbereitschaft aufbessern, in einem inneren Zusammenhang damit stehen, wenngleich ihre Wirkung weit darüber hinaus der Allgemeinheit zu gute fkomiten wird. Ih meine die Beschaffung eines außerordentlichen Bestandes an Silber- und Goldmünzen bis zum Betrag von je 120 Millionen Mark. Es braucht kaum mehr dargelegt zu werden, daß die modernen Krtege größere Mittel erfördern als die früheren: Dabei bereiten ja gerade die ersten Wochen und Tage besondere Shwierigkeiten, weil in dieser Zeit für Heer und Glotte die nötigen Zahlungsmittel zur Verfügung gestellt werden müssen. Die gewöhn- lihen Betriebsmittel der Netichshauptkasse reihèn für etnen solchen Zweck nicht aus. Daß nun für die ausrückenden Mannschaften be- fonders auch Silbergeld in erhöhtem Umfang nötig ist, ist ohne weiteres klar. Jn Kriegszeiten Handelt es ih aber nt{ht bloß um die Deckung des militärishen, sondern auch des allgemeinen Bedarfs. Diesèr tritt oft \{chon vor dem Krieg8ausbruh ein. In der Begründung zu dem Gesezentwurf finden die Herren eine Darlegung darüber, in welchem Maße die Reichsbank tim vortgen Herbst {on allein wegen der Beunruhigung infolge der Greigniss auf dem Balkan in Anspru genommen wurde. Die Beanspruchung insbesondere auch von Metallgeld, war erheblih Höher als z. B. in dem Krisenjahr 1997.

Die Kriegspanik zeitigt eben nah doppelter Nichtung nateilige Folgen. Einmal tritt das Bestreben auf, die gewährten Kredite zu realisieren, sodann gleichzeitiz die Zahlungsmittel, insbesondere die metallischen, zurückzuhalten. Daraus ergibt \sich mit Notwendigkeit eine starke Verschärfung des Zahlungsmittelbedarfs, für dessen Negulterung leßten Endes die Reichsbank aufzukommen hat. Es besteht nun die Gefahr, daß die Reichsbank auf solhe Weise {hon cine grcße S{wächung erleidet, noch ehe der Krieg tatsächlich zum Ausbruch gekommen ist. Eine Zuführung von Metallgeld gerade zurzeit des Kriegsausbruchs ist also von allergrößter Wichtigkeit niht bloß vom Standpunkt der Finanzen des Reichs, das in diesem Moment über fofort greifbare Mittel verfügen muß, sondern ganz besonders auch vom Standpunkt der Allgemeinheit.

Von den beiden in Vorschlag gebrachten Beständen nimmt die

Goldreserve selbstverständlih die größere Bedeutung für {h in“ Anspruch, {on deshalb, weil bei threr Abführung an die Neichsbari! diese in den Stand geseßt wäre, den dreifachen Betrag in Noten aus-

zugeben. Der Goldvorrat soll darum die Zweckbestimmung des Reichs- kriegs\haßes enthalten und gemäß § 1 des Geseßes vom 11. No- vember 1871 erst nach Eintritt der Mobilmachung verwendbar sein. Für die S ilberreserve is eine größere Bewegungsfreiheit vor- gesehen; indessen wird auch hier im wesentlichen nur der Kriegsfall in Betracht lommen.

Der Aufwand für die beiden Metallreserven ist im Verhältnis zu ihrer Bedeutung außerordentlich gering. Die Herstellung von 120 Millionen Mark in Silber erfordert, bet der Unterwertigkeit der Silbermünzen, nur wenig über 50 Millionen Mark, wovon ein Bruchteil aus den Uebershüssen von 1911 und 1912, der Rest aus den Münzgewinnen der folgenden Jahre genommen werden. foll- S{hwerer würde die Beschaffung von 120 Millionen Mark Gold ins Gewicht fallen. Hier ist nun vorgesehen, in gleiher Höhe NReichs- kassensheine auszugeben. Wenngleich der niedergelegte Goldbestand im formellen Sinne keine Deckung für diese Kassenscheine bietet ebensowenig wie das mit dem Neichskriegs\hay im Juliusturm be- züglih der alten Kassenscheine der Fall ist —, so begegnet doch die Ausgabe der Scheine, unter Niederlegung eines gletch Hohen Gold- bestandes, keinen kredit- oder währungspolitishen Bedenken. Die Kassenscheine vertreten eben gleihsam den Goldvorrat und machen ihn für den Zahlungsverkehr nugbar.

Die Ausgabe erfolgt übrigens, wie ih hier betonen möchte, nit bloß zu einer Ersparung des Zinsverlustes, sondern ganz besonders au wegen der überaus großen Nachfrage nah Kassenschetnen, insbesondere in Zehnmarkabshnitten, wie sie in neuerer Zeit hervorgetreten ist. Die Befriedigung dieses Bedürfnisses bildet seit langem einen Gegen- stand der Sorge für die Neichsfinanzverwaltung. Sie hätte êrfolgen können, wenn man etwa die Reichsbank ermächtigte, ihrerseits Reichs- banknoten in Abschnitten zu 10 # auszugeben. Das hätte fch aber wiederum nur ermöglihen lassen, wenn das Nei, unter Ein- ziehung der Zehnmarkscheine, sh auf die Ausgabe von Fünf- märfksheinen beschränkt hätte einen völligen Verzicht auf Kassenscheine, wie ihn der Herr Abgeordnete Arendt wünscht, möchte ih nicht befürworten —, oder wenn man damit etnver- standen war, daß die Zehnmarkkassensheine und die Zehnmarkbank- noten nebeneinander herliefen. Beides hätte zu Unzuträglichkeiten führen müssen, während die jeßt vorges{lagene Maßnahme das Be- dürfnis des Verkehrs in einwandfreier Weise befriedigt und zugleich eine beahtlihße Lüdke in unserer geldlichen Kriegsbereitshaft ausfüllt. Der erwähnte große Bedarf an Kassenscheinen bietet zugleich die beste Gewähr dafür, daß die neuen Scheine vom Verkehr voll aufgenommen werden und niht etwa wteder in die Kassen der Reichsbank zurück- fließen. Ih möthte mih daher der Hoffnung hingeben, daß der Vor- \chlag der Schaffung der Gold- und Silberreserve von Ihnen im wesentlihen unverändert angenommen werden wird.

Shwerér, sehr viel s{chwerer wird es natürlih fein, bei den Deckungsvorlagen eine Einigung zu erzielen. Mit Steuerprojekten, auh wenn der Ausarbeitung nit so überaus große Hemmnisse ent- gegenstanden wie diesmal, es allen recht zu machen, ist eine Kunst, die niemand kann, (Sehr richtig!) Hätte ih mih in dieser Be-

zeiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.

1913,

ziehung, was nit der Fall, jemals in einer Täuschung befunden (Heiterkeit), so würden mih die Hunderte und Tausende von Zeitungsartikeln auf- gÆärt haben, die in den lezten aht Tagen darüber geschrieben worden sind. Die Presse hat es allerdings leichter als wir; fie kann Vorschläge machen, die bei der Mehrheit der Völkss vertretung otèr bet dén verbündeten Regierungen von vornhérein als unannehmbar geltén würden; sie kann au und zum Teil hat fie e getan sich auf den Tadél be- schränken und das Bessermachen cnderen überlassen. (Heitérkeit.) Anders die géseßgebenden Körperschaften. Ich sehè darum auch dèm Urteil dés Hauses über unsere Vorlagen tin Ruhe entgegen: Mag man unfern Finanzplan zum Teil gründsäßlihß verwerten, mäg män ihn zum Teil tn seinen Einzelheiten mißbilligen : das eine wikd man ehrlicher- und billigerwéise zugestehen müssen, daß hier versucht worden ist, für eine der größten Ausgaben aller Zeiten Deckung zu schaffen, ohne an dem Fündament unseres Finanzwesens zu rütteln, ohne den föderätiven Charakter des Reichs anzutasten, weittunlichsstt auch, ohne ausgesprochenen Gründsäßen der ver- schiedenen Parteirihtungen entgegenzutreten. Und das “allés, indem hierauf kann gar niht genug hingewiesen werden der Handel, der Verkehr, die Industrie und vor allem die breiten Massen der Konsumenten in einer Weise vor einer Neubelästung dür Steuern bewahrt bleiben, wie das voraussichtlich keiner von denen, die jeßt so herbe Kritik üben, vorher überhaupt für möglih géhalten hat. Daß dem Werke, das so vielseitigen Ansprüchen genügen will, das mit einer solchen Fülle {ier unüberwindbar ers{einender S{hwierigkéitèn zu kämpfen hatte, auß S{wächen anhaften können und vielleit anhaften müssen, ich bin der leßte, das zu lêugnen. Aber ich glaube doch, daß die. S{wächen nicht üÜberwiegen:

“ich glaube, daß auch im übrigen eine Basis gegeben ift, auf dêr

ih sage niht: etwas Vollkominenes, aber etwas Befriedigentès ge- \haffen werden kann. Nit bloß geschaffen werden kann, sondern geschaffen werden muß (sehr rihtig! rechts) und gefchaffen wetden wird! Denn, meine Herren, wenn wir nun einmal den Ausbau unseres Heeréswesens als nationale Notwendtgkeit anerkannt habén, arbeiten wir, indem wir zu der finänztiellen Untermauerung “diefes Baues die Steine fügen, doch lehten Endes immer nüt wieder an dem Ziele, das unser allèr Herzen am höchsten steht: an der Sicher- heit, an der Wohlfahrt, an der Größe unseres gemeinsamen Vater- landes. (Lebhaftèr Beifall.)

_ Hierauf wird um 5?/ Uhr die Fortseßung der Beratung auf Donnerstag 1 Uhr pünktlich vertagl.

Wei Das

/ Preußischer Landtag.

L A S a

Haus der Abgeordneten.

161. Sißung vom 9. April 1913, Vormittags 11 Uhr.

(Bericht von „Wolffs Telegräphischem Bureau“.)

Ueber den Beginn der Sißung, in déx die zweite Be- ratung des Etäts des Ministeriums der geist- lihen und Unterrichtsangelegenheitèn, und zwar zunächst die Besprehung der dauernden Ausgaben für die höheren Lehranstalten für weiblihe Schüler, fortgeseßt wird, ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

Auf die daselbst auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen des Abg. Dr. Wagner-Breslau (freikons.) entgegnet der

Minister der geistlihen und Unterrichtsangélegenheiten D, Dr, voi DLott JU Solz:

Die Mädchenshulrefoum von 1908 steht seit vier Jahren in Kraft, und man wird nunmehr an der Hand der gemachten Er- fahrungen sih ein Urteil über jene Reform bilden können. Das ift bon einer Reihe der Herren Redner hervorgehoben worden, sie haben ihr Urteil abgegeben, und dies Urteil hat im wesentlichen günstig gelautet. Auch die Unterrihtsverwaltung kommt nach den von ihr gemachten Beobachtungen zu dem Ergebnis, daß die damals aufge- stellten Grundsäße und Ziele richtig waren und daß an diesen Grundsätzen und Zielen festzuhalten sein wird. Es wird jeßt darauf ankommen, das Augenmerk namentlich darauf zu richten, ob die getroffenen Einrichtungen auch überall geeignet find, jenen Grund- sägen zu entsprehen und jenen Zielen zuzuführen. Es wird dafür zu sorgen sein, daß die getroffenen Etnrichtungen überall die ihnen gestellten Aufgaben erfüllen, und etwa hervorgetretene Hindernisse werden zu beseitigen sein.

Es ist schon in der Kommission die Frage aufgeworfen wordeit, ob etwa die Untérrihtsverwaltung den Studienänstalten abgeneigt sei. Ich habe dem widersprochen, habe erwähnt, daß das durhaus nit der Fall sei, wie |chon daraus hervorgehe, daß von den fünf staatlichen höheren Lehranstalten für die weiblihe Jugend vier \solhè Studien- anstalten hätten. Die Unterrihtsvèrwaltung ist keineswegs gegen die Studiènanstalten, aber sie ist auch für die Lyzeen und Oberlyczeen, an ihnen wird sie festhalten. Und wenn es richtig sein follte, tvie hier behauptet worden ist, daß gegen die Lyzeen und Oberlyzeen ein stiller Kampf geführt wird, so würde die Unterrichtsverwaltung dem cnt- gegentreten müssen und die Oberlyzeen und Lyzeen in diesem Kampf zu stüßen haben. (Bravo! rets.)

Wir halten an den Lyzeen und Oberlyzeen fest und halten au fest an dém sogenannten vierten Weg, welcher von thnen zuk Universität führt. Jch habe in der Kommission \{hon hervorgehoben, daß die Gegnerschaft, die diese Einrichtung gefitndèn hat, insofern fehlgeht, als prafktische Erfahrungen noch gar nicht in ausreihendent Maße vor- liegen, weil von den Oberlyzeen Abiturtentinnen auf dem vièrtèn Wege noch nicht zur Universität gelangt sind. Das wird erst jeßt eintreten. Nah dem allgemeinen Eindruck aber, den die Unterrihtsvêrwaltung gewönnen hat, muß ich nach wie vor dabei stehen bleiben, daß dieser sogenannte vierte Weg eine gute Einrichtung ist, daß es ih empfiehlt, an ihm festzuhalten. (Bravo!)