1913 / 89 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 15 Apr 1913 18:00:01 GMT) scan diff

Kräftigung und Konsolidierung. Wir hoffen, daß wir bei den bevor- stehenden Verhandlungen an unserem Teile mitwirken können, daß ihr die Erfüllung dieser Aufgaben nicht ershwert wird. (Beifall)

Abg. Bernstein (Soz): «Was heute der Staatssetretär erklärt Vat ‘teht zum Teil im Widerspru mit den dar be en, die wir von dem Reichskanzler am 7. April gehört haben. er Reichskanzlérx es von der Möglichkeit einer europäishen Kon- flagration, er spra von einem Zusammenstoß zwischen Slawentum und Germanentum: wenn der Krieg au nicht unausbleiblih sei, es müsse vorgebeugt werden. Seine Bemerkung über Slawentum und Germanentüm hat ér dann am 9. April berichtigt. Wir sind 1a über- zeugt, daß der Kanzler den Frieden wünscht; aber mit seiner Be- rihtigung hat er zu viel. berichti t, er hat, was er sicher nicht wollte, damit einen guten Teil feiner Wehrvorlage aus der Hand gegeben, An dieser ganzen Darstellung. stimmt etwas niht. Gs wixd be- dauert, daß die Balkanvölker sich gegen die Türkei erhoben haben. Ja, fonnte denn das jemand überraschen? Das war doch kein Zufall, sondern die notwendige Folge einer eihe von Ereignissen, an welchen unsere auswärtige Politik durchaus nicht unbeteiligt- und für die fie mitverantwortlih ift. Die grausamen Meyeleien, die vorgekommen ind, verurteilen wir aufs entshiedenste. Wir begrüßen: es aber, daß die Balkanvölker von der Herrschaft der Türken frei geworden sind, wir begrüßen das auch im Interesse des türkischen Volkes selbst. (Am Tische des Bundesrats. sind noch die Staatssekretäre Delbrück und Solf ershienen.) Die: Annerxion Bosniens, die unter der Billigung Deutschlands vor sich ging, ist der Ausgangspunkt der neuen, raschen GEntwicklung gewesen. Gerade wie der Hauptanstoß zur französischen Nevolution 1789 durch die Politik des Wiener Kabinetts gegeben worden ist, fo’ ift es auch jeßt wieder gekommen. Die Unruhen in Albanien, die Manöver Italiens in Tripolis, alles - dies ist eine Folge der Annexion Bosniens. Die Balkanvölker haben einen Be- freiungskrieg geführt, Unsere Gesinnungsgeno}jen auf dem Balkan wollten keinen Krieg, fie wollten die Lösung der Krise auf dem Boden des Rechtes und der Verhandlungen. Die sozialistische Minderheit in der bulgarishen Sobranje hat sich gegen den Krieg erklärt. Das türkische Heer ist unterlegen, obwohl es aus geübten Soldaten. mit zweijähriger Dienstzeit bestand, das bulgarische Heer hat gesiegt, obwohl es zum größten Teile aus Reserven und aus unge- übten Dlatnscbäften bestand. Es ist ein weltgeschichtliches Grempel; hier brach ein Imperium zusammen, der türkische Militarismus ist in sih zusammengestürzt. Die Türkei kann sih aber regenerteren, wenn ‘die Großmächte ihr nicht dazwischenfahren. Sehr rühmlich war die Nolle nicht, die das europäische Konzert gespielt hat. Den WWeltkrieg hat es vermieden; aber ist denn das ein Lob? Die Bot- \chafterkonferenz prokflamierte den status quo, der doch nicht etwa im Interesse der Balkanbyölker oder der europäischen Kultur lag; er lag lediglih im Interesse der österreichischen Kabinettspolitik und allenfalls noch im Interesse Rußlands, dessen doppelte Buchführung in der Oeffentlichkeit und hinter den Qukifsen wir ja kennen. Was sich heute abspielt, erinnert an das unrühmliche Beispiel des Kon- gs es von 1815, wo man die Völker ohne jede Nücksicht verschacherte.

nsere Diplomatie, so hat der Staatssekretär in der Kommission agus- eführt, unterstüßt die „berechtigten“ Interessen Numäniens. Dieses ordert Silistria, das zu 3 Vierteln von Bulgaren bewohnt ist. Das L doch eine unberehtigte Forderung. Dadurch werden nur neue onflifte geschaffen. Die Bulgaren will man mik Saloniki _ent-

ädigen. Dort wohnen aber fast gar feine Bulgaren. Diese Stadt

„Meigdeau dazu getan einen neutralen Pee aen unter dem 5chuß der Mächte zu bilden. Den serbischen Anspruch auf Albanien Fönnen wir nit unterstüßen. - Aber Serbien will ja auch nux etnen Zugang zum Meere. Wir wünschen, daß die Türkei fich in Zukunft frei entwideln fann. Dazu ist es doch aber nicht nôtig, daß man ihr die Inseln MperlanE, die nur von Griéchen bewohnt sind. YAéndert S das türkische System nicht, dann ist auch der türkische Besiß in Asien nicht besser geschüßt als der in Guropa. Jn- erster Linie muß Daß dies noch nicht ge- Als nach den

deshalb die armenische Frage gelöst werden. Vaß ist Nußlands und Deutschlands Schuld.

ina ist j : rmenter-Mebßeleien die anderen Mächte einschreiten wollten, hat es Deutschland verhindert, um die Cigenliebe der Türkei nicht zu ver- En Auf Rumänien follte man, ehe mar e Forderungen an-

ertennt, einwirken, daß es- die im Berliner Vertrag übernommenen Verpflichtungen erfüllt. So sind die dortigen Juden noch nicht gleich- berechtigt. Seit 34 Jahren find dort im ganzen nur 200 Juden naturalisiert worden. Deshalb fürchten auch die Juden Silistrias, die jeßt’ mit den Bulgaren gleichberechtigt sind, daß sich nach Ab- tretung der Stadt an Rumänien ihre Lage verschlechtert. - In - der Kommission wurde auf die Notwendigkeit hingewiesen, gute Be- fiehungen mit der Republik China zu unterhalten. Vie friedliche mwälzung der Staatsform in China ist geradezu vorbildlih. Die 6 Mächte haben China die Pistole auf die Brust geschßt und gesagt, entwéder du nimmst die Anleihe nach unseren Bedingungen auf, oder wir erkennen dich nicht an. Dann kam die Zeit, wo Nußland und Frankreih dagegen Einspruch erhoben, daß die chinesische Finanz- verwaltung einen Deutschen angestellt hatte, da war die Gelegenheit gegeben, daß Deutschland vorging. Die Union is uns in der An- erkennung jeßt mit gutem Beispiel vorangegangen. Die - œrsten Nedeu. des neuen amerikanishen Präsidenten können überhaupt mit großem Beifall qufgenommen werden. Was dié Frage der deut- en Schule in China betrifft, so kann die große Masse des cinest- chen Volkes nicht gezroungen werden, zwei Sprachen zu lernen. In Norden und Westen werden die Chinesen, wie die Verhältnisse liegen, gezwungen. sein, Russisch zu lernen, und im Osten werden sie Gnglisch lernen; das ist zu bedauern, aber nicht zu ändern. Jnfolgedessen werden wir mit unseren Schulen nicht viel erreichen fonnen, und das Wenige auch nur durch ein Entgegenkommen gegen die Chinesen. Eine Politik des: Entgegenkommens ist sehr wohl vereinbar mit einem ent- {chiedenen Auftreten, wo es sih um gerechte orderungen handelt wie gegen Rumänien. Es kommt nur auf die Form an, mit der man auftritt, darauf, die öffentliche Meinung für fih zu gewinnen. Das kain man au in bezug auf die Anwerbungen für die französische Fremdenlegion sagen. Ein deutscher Vater, der Beo unmündigen Sohn nicht freibeklommen fonnte, wandte sich von Pontius zu Pilatus, ging nah Marokko und erreichte nichts bei den Behörden. Sein Sohn i in Marokko gefallen. Der 74jährige Vater hat feinen einzigen Sohn verloren. Hätten unsere Behörden den direkten Weg beschritten- und sih an den französischen Präsidenten gewandt, so wáre es anders gekommen. Statt dessen hat die deutsche Botschaft in Paris die Sache einfach zurückgewiesen. Gegen eine einseitige Begünstigung der Union hat England Ginspruch erhoben; wir sollten uns dem ans{licßen. Deutschland hat den Fehler gemacht, den Ver- trag -mit der Union stillschweigend zu billigen. Es sollte jede Ge- legenheit benußt haben, die Gemeinsamfkeit der Interessen der Staaten zur Geltung zu bringen. Der Balkankrieg hat das Gute gehabt, England und Deutschland in engere Beziehungen zu bringen. Es besteht kein Gegensaß der Interessen zwischen England und Deutfsch- land, der einen Krieg lohnte, das hat jeßt auch der Kanzler selber anerfannt, auch das Zentrum und andere Ge fu Die Nüstungen dauern fort; augenblicklich hat man eine Pause gemacht in der Ein- bringung neuer Flottenvorlagen. Jh fürchte, daß, wenn erst die Militärvorlage vorbei ist, dann werden die Panzerplattenfabrikanten auf eine Verstärkung unserer / Flotte drängen. Wie es mit den Snteressenten für Flottenvermehrung aussicht, hat der „Vorwärts" beute in einer Zusammenstellung gezeigt, wie die Interessenten fch ver- ständigen, damit diejenigen, die ‘den betreffenden Auftrag niht er- halten, beteiligt werden. Wir können erwarten und verlangen, daß die Reichsregierung die dargebotene Hand Churchills ergreift und eine Verständigung mit England zu erreichen fucht; dieser Versuch muß gemacht werden. Es ist ja diese Pause nicht das erste Anerbieten Englands, troßdem sind die Rüstungen hocgetrieben worden. Nicht nur die Kiberalen, au der konservative Minister Balfour hat 1902 dasselbe Anerbieten aemacht. Die ewige Grhöhung der Rüstungen ift eine geradezu wahnwißige Verschleuderung des Volksvermögens. So ut wie mit: Gngland können wir mit Frankrei einen ehrlichen Eiben haben; die große Masse der Franzosen wünscht den Frieden.

Die Militärvorlage hat unser Verhältnis zu Frankreich ohne Not vershlechtert. Deutschland war niht bedroht, und es ist nicht bedroht; zum Verteidigungskrieg aber können wir uns anders organisieren. Die slawishe Welt ist so wenig eine Einheit wie die germanische Welt, zu der leßteren gehört doc auch Standinavien, Holland, Enge land, die deutsche Schweiz. - Das. Deutsche Meich könnte die Welt u Freunden haben auch ohne Rüstung, wenn mehr Vertrauen in reiheit und- Recht bei uns vorhanden wäre. Aber wir Male uns Feinde, wo es gar nicht nôtig ist; unsere Ostmarkenpoliti?k steht der Freundschaft zwischen Slawen- und -Germanen entgegen. Diese Politik bedeutet feine Stärfung, sondern eine Schwächung Deutsch- lands. Die 20 Millionen Polen kann auch das Deutsche Neich nicht aus der Welt schaffen; für Deutschland einzutreten, baben wir durch diese Politik ihnen unmöglih gemacht. Die Enteignungspolitif aber fann thr Ziel nicht erreichen; #0 wie diese Politik es verlangt, können wir die Kultur niht mit Füßen treten. Das Deutsche Neich ist stark genug, um gerecht und hochherzig zu sein. Aber immer wieder stoßen wir auf dié alte Kabinettspolitik, wie es ja bei der Erziehung unserer Diplomaten begreiflich ist. Zwischen den Herxschern-von Däne- mark und Deutschland wurden noch vor kurzem lebhafte Freundschafts- bezeigungen ausgetäusht; in welchem Kontrast steht dazu die deutsche Politik in Nordschleswig? Im Elsaß sind unsere Genossen mit dén anderen Parteien bei einer großartigen Friedensdemunstration zu- sammengegangen, die au in ¿Frankreich ihren Eindruck mcht verfehlt hat. Unsere Gesinnungsgenosjen in Frankreich sind ganz ebenso den Kriegsrüstungen und der Kriegsheße abhold, wie wir; dank ibrer un- quégeseßten Arbeit is die Nückfehr zur dreijährigen Dienstzeit in Frankreih {on sehr fraglih geworden. Was aber tüút unsere Ne- gierung? Sie verbietet dem Franzosen Compère Morel, der gestern in Mágdeburg in demselben Sinne zu unseren Landsleuten in Meagde- burg sprechen sollte, sie verbietet thm zu reden und sogar, in der Ver- sammlung zu erscheinen. Das war Arbeit für das Ausland; wenn der Staatssekretär die Politik, die der Kanzler zu wollen erklärt, auch seinerseits vertritt, so muß er die Abseßung des Beamte L0r- langen, der das veranlaßt hat. Bei der Reform des diplomatischen Dienstes, wie sie jeßt die Linke verlangt, wird nicht -viel heraus- fommen. Man will, daß er niht mehr ein Privileg der Plutokrazte sein soll; damit is nicht viel gewonnen. Db wir mit Diplomaten nach dem Herzen der Abgg. Bassermann und Crzberger besser fahren würden, möchte ih doch sehr bezweifeln. Das ganze System ist über- lebt, es stammt noch aus dem Zeitalter des beschränkien Menschen- verstandes, des beschränkten Untertanenverstandes, aus dem Zeitalter, wo es noch keine Presse, noch keine öffentliche Meinung gab. Die Erinnerung an 1813 hat man von neuem benußt, um der Sozial- demokratie Vaterlandslosigkeit vorzuwerfen. Jch erhebe den schärfsten Protest dagegen. Wir lieben unser Vaterland und wollen es in zeder Meile fördern; wir wollen aber kein Vaterland gegen die Menschheit; wir lassen uns nicht zum Hassen von oben fommandieren. Das üt unsere ganze Vaterlandslosigkeit. Die wahren Interessen der Völker verbinden diese zur gemeinsamen Arbeit. Diejenigen Parteten, dié in Frankreich, England und überall unseren Patrioten entsprechen, sind ja nach deren eigener Darstellung Deutschlands Feinde. Unsere Klassen- genossen dagegen im Auslande sind die Freunde Deutschlands, die

keinen Krieg wollen. Abg. Fürst zu Loewen stein (Zentr.): Auch meine politischen

Freunde meinen, daß unsere Polenpolitik vom Standpunkt der Frage unserer äußeren Beziehungen als durchaus verkehrt erscheint. Wenn eine bessere Behandlung der Dänen dazu führt, daß unsere Bez ziehungen zu deu nocdischcu Neichen besser werden, sg ist das mit are, ¿zu begrüßen. Jn dexr. Kommisfion ist auch diesmal wieder ehr ausfübrli- über die Zusamm-nseßzung dex Angehör'gen unseres diplomatischen Dienstes. Dane worden H it wiederum gefordert wo1den, daß dabei die Einstellung xur 4 pen Fähigkeiten erfolgt, Die Resolution der Budgetkommission milz1-km Uebel abhelfen, daß befähi,.te Leute in den diplomatischen Dienst nit eintreten können, weil sie nit über die nötigen pefuniären Mittél verfügen. Nun fommt aber hinzu, daß der betreffend- Bewerber nicht nur den nötigen NVer'!and und die nöôtige Bildung b-siten muß, ‘er muß au eine gründliche Erziehung genossen hahen, die ibn befähigt, tas Reich überall würdig zu vertreten Unsere Beziehungen zu. China sind mit Recht in der Kommission sehr eingehend eröitert worden. Durch die politishen E-eignisse ercffet sich dort die Möglichkeit, fulturellen und wirtschaftlichen Einfluß zu erringen. Andere Staaten sind uns. da vielsah zuvorgekommen. Ganz besonders haben Gng- land und Amerika tur ihre Schulen uvd durch ih en Handel den Augenblick \chnellec ausgenußt, sodaß sie dort Ginfluß gewonnen haben, der den unserigen weit überrogt. Allerdings liegen unsere Be säumnisfehler mehr in der Vergangenheit. An der Holz- einfuhx find wir fast gar nit beteiligt. Ih möchte da arregen, ob nicht der Holzreihtum unserer Besißungen in der Südsee, besonders Neu Guineas, hier einen aufnahmefähigen Markt finden ftönnte. Natürlich foll dort kein fornlicher Naubbau getrieben werden. Es is nötig, daß das Auswärtige Amt die Unternehmungslust des deutschen Kaufmanns in China fördert. Deshalb müssen wir uns an den, Reformen bèeteiligen, die in China jeßt vorgenommen werden, so im Schulwesen, in der &ustiz, im Verk heswesen und im Finanzwesen Auch müssen wir versuchen, Einfluß auf die chinesische Presse zu gewinnen. In der Kommission wurde mit echt gefordert, daß unsere Bertreter der chtnesfishen Sprache mächtig find. Auch unsere Kgufl: ute sollten die Gelegenheit nicht versäumen, die das ODrieutalishe Seminar ibnen bietet. Empyfehlenswert ist es au, die cinesicben Studenten mehr zu den deutshen Hochschulen heranzuziehen. Die PViissionsschulen sind besonders zu fördern. Wie wichtig das ist zeigt ja das Beisptel Amerikas und Englands. Es wird mir natürlih nicht ganz leiht, zu empfehl n, daß das Produkt etner Mcvolut:on von Deutschland anerkannt wird. Aber diese. U Ziemlich rubig und unblutig verlaufen. Die jeßigen Machthaber jcigen guten Willen, geordnete Zustände zu \c{chaffen, und die Dynastie hat abgedankt, bevor die Republik proklamiert wurte. Wenn die jeßigen Zustände in China voraussichtllch von Bestand fiad, dann sollte das Au wä:tige Amt mit der Anerkennung der Ye- publik nicht allzu lange warten. Ueber die auswärtige Politik im allgemeinen zu sprechen, ist heute nicht dankbar, denn über die Balkanfrage, die uns am meisten inter ssiert, hat dec Neichétaa in der vorigen Woche verhandelt. Ju französischen und rusfischen Zeitungen ist den Grceßmächten vorgeworfen worden, fie hätten die den Kriegführenden zugebilligte Neutralität verleßt, indem fie Montenegro aufforderten, von der Belagerung Skutaris ab- zulassen. Dagegen muß ih protestieren. Es handelt sich da nit um eine türkishe, sondern albanishe Frage. Der Balkan hat selbst die Forderung aufgestellt: Der Balkan den Balkan-ölkern. Damit haben: fich die G-oßmächte einverstanden erklärt. Montenegro hat diese ihre eigene Theorie verlegt. Der Kamvf des Kreuzes gegen den Halbmond steht in scltsamem Wider- pru gegen die Art der Kricaführung der Balkanstaaten. Christen werden gemartert wie zu den Zeiten Diokletians, nur daß es von Ghristen felbst geschieht. Bei dem Kampf gegen Skutari handelt es ih nit um einen Befreiungskrieg, sondern um einen Eroberungs- krieg. Oesterreih hat sich eine Zurückhaltung auferlegt, für die die Mächte ihm dankbar sein müßten. Es war keine Verlegung der Neu- tralität, sondern human, wenn die Großmächte versuchten, Montenegro und Sexbien von einer Belagerung Skutaris abzuhalten. Die Flotten- demonstration scheint mehr genüßt zu haben, als man geglaubt hat. Nußlands offizielle Kundgebung können wir begrüßen, es hat fich ein großes Verdienst erworben, daß Serbien scine Truppen zurückzieht. Aber es ist die Frage, ob Rußland nicht etwas früher hätte vorgehen sollen. Die Frage ist nun, ob es der Türkei gelingen wird, etne asiat!sche Yacht zu bleiben. Die Türkei sollte durh Schaden ïlug werden und in. Asien Ordnung schaffen, den Luxus armenisher Greuel darf sie nit gestatien. Wir. haben in Anatolien vitale Interessen. Ju Wahrung unserer Interessen in Kleinasien können wir schr wohl im Ginvernehmen mit England fein. Gegen den englischen Vesiß. vor- zugehen, haben wir keinen- Grund. - Wir teilen die Befriédigung über die Annäherung mit England, wenn qauch von über-

spannten Gefühlen nicht die Nede sein kann. Die Entspannung, das gegenseitige Vertrauen beruht auf der Erkenntnis, daß beite Nationen sich selbst am besten denen, wenn fie freundliche Beziehungen zueinander baben. Ich freue mich, da der Kan;ker unsere Bundestreue zu Lestérreih als etwas Selbstperstäntliches hingestellt hat. Das deutsche Volk stimmt ibm zu: Das Bündnis zwis{en Deu {land und Oesterieih basiert nidt auf politiscer Zweckmäßigkeit allein. Der Kampf um die Hegemonie war nötig. Der. Kampf von 1866 war ein s{chmerzlicher Bruderkrieg, aber dann fanden fich die deutshen Völter. Die hinter uns liegenden Monaté zeigen uns, wie einig wir mit Oesterreich sind. Für Oesterreich handelte es sich an der Adria um schr wichtige Fragen, für uns darum, daß unser Bundesgenosse stark war. Wir haben unsere eigenste Sache verfohten, denn für uns kann auch die Zeit kommen, wo es darauf anfommt, daß unser Sekundant nicht bloß treu, sondern au stark ist. Wir unkerstütßen ‘die Regierung in allen Bestrebungen, die den Weltfrieden sichern. Ich bedauere, daß uns der Vorgänger des jegigen Staatssetretärs des. Auswärtigen so früh durch den Tod ent:issen wurde. Mit der Fortseßung feiner Politik können wir durchaus einverständen sein.

Abg. Freiherr von Richthofen (nl.): Die Aufrechterhaltung des Dreibundes ist au) für uns eine Frage von der größten Be- deutung. Ebenso müssen wir bestrebt sein, uns die Freundschaft Numäniens zu erhalten. Das gilt auh von der Silistriaîrage. Der: Türkei wird es ja nicht leicht sein, den ihr verbleibenden eurcpäischen Besiy zu erhalt.zn, Darum muß es die JInfeln b. halten, die die Dardanellen hüten. Die Unterdrückung der Armenter bedauern auch wir: aber der ge¿enwärtige Augenblick ijt nicht geeignet, an diefer Frage zu rühren. Schneiden wir dieje Frage an, so geben wir Rußland daniit Gele, cnhett, Armenien zu offupieren. Was unsere Wirtschaftspolitik be- trifft, fo hat der Staatsséfretär die Hoffnung ausze\prochen, daß der Frieden auf dein Balkan bald kommen möge. An geordneten Zuständen haben wir auch ein wirts{aftlihes Interesse. Die Türkei hat politis alles zugestanden, was von ihr verlangt worden ist. Sie verliert ihre albanishen Besitzungen. Dabei ist die Fortführung des Krieges mehr eine Pcefsion, die auf die Mächte geübt wérden foll und bei der die Türkei der Prügelknabe ist. Wir können die Regierung nur bitten, auf den fo wichtigen Frieden hinzuarbeiten. An der wirtschaft lichen Erschließung Kleinasiens haben wir ein starkes Interesse. Darum muß die Türkei in Asien gestärkt, ihre wirtschaftlichen Kräfte müssen gefördert werden, damit sie dort Meformen durch- führen kann. Daß die Frage der Bagdadbahn für alle Teile be- friediaend gelöst werde, hoffen wir zuversichtlih. Wir müssen für die Türkei etntreten in der Frage der finanziellen MNegulierung. Auf der Konferenz tn Paris soll ja übec das finanzielle Schicksal der Türkei entschieden werden. Der Kanzler hat darauf hinaewiejen, daß ih unser Verhältnis zu Frankreich gut geitaltet bat. Wir begrüßen dies und hoffen, daß die vorbandenen Gegensäße sich wieder beseitigen lassen. Es. ist mir ein Telegramm vorhin überreicht worden, wona es zu einem unangenehmen Zusammenstoß zwischen Deutichen und Franzosen gekommen ist. Derartige Vorgänge sind nicht. ge: ignet, dic Bezichungen zwishen uns und dem benachbarten Frankreich zu verbessern. Die Beziehungen zwishen beidèn Laadern müssen korrekt sein und die Beiträge loyal ausgelegt werden. Das bezieht ih aud auf den Maroktovertrag. CGisenbahn- bauten hat die französishe Regierung leider der Submisston entzoven. An der Konsolidierung der Verhältnisse und der Stärkung der Ünabbängigkeit Chinas hahen wir ein Interesse. Ob die Anerkennung der chinesishen Republik schon jeßt angezeigt ist, ist eine andere Frage; das hângt auch von den arderen Staaten ab. Aber die offene Tüx mit China müssen wix anstieben. Leider \{Metrt die Vinesishe Regierung Deutsche als Berater nicht in deim erwünschten

aße zuzuzichen. it den - Vereinigten Staaten follten wir in Thina an demselhen Strang ziehen. Wir sind mit die größten Ab- nehmer von Amerika, gute As iehungen. mit A} aita liegen in beiderfeitigem Interesse. as ben Vendtiafaual betret, fo hoffen wir, daß Amenifa nicht Macht vor Recht gehen lassen wird, sondern Gerechtigkeit wird walien lassen. In der Frage der Reform des diplomatischen Dienstes möchte ih betonen, daß die g(æ- aenwärtige diplomatishe Karriere ein Ausnahmezuständ üt. (Ein folcher Ausnahmezustand wäre nur zu billigen, wenn es sih um ganz, außerordentlihe Leistungen der Diplomatie hga«delte. Mit der Frage, ob bürgerlih oder adlig, hat diefe Angelegenheit gar nichts zu tun: cs soll lediglih die Tüchtigkeit entscheiden. Es kann ja manchmal von einém gewissen Vorteil sein, wenn Personen mit hochtönendetin Namen Deutschland im Auslande repräsentieren ; aber eine Notwendigkeit ist es niht. Grklagt wird vor all.m über den itarken Wechsel in den Posten und über die geringe zur Verfügung stehende Auswahl. Der Hr: b.l muß angeseßt werden, indem man eine breitere B sis für. die ganze Karriere schaft; dafür ist aber die be- antragte Resolution die conditio sine qua non. Die Reform witd nur durchführbar sein, indem für die Vorbildung jeder Unterschied zwishea der diplomatischen und der fonsularisGen Karriere wegfällt. Auch an eine Neibe der wichtigsten Stellen find s{hon heute durch die Regierung Persönlichkeiten geseßt, die aus der Konsulatskarriere hervorgegang{n sind. Der Staatssekretär hat in der Kommission unseren Forderungen gegenüber eine Stellung ein- genommen, lo entgegenkommend, daß sie uns unsere Stellung- nahme zur Militäryorlage ganz bedrutend erleihtert hat. Wir haben ja auch mit Genugtuuvg zu konstatieren, daß über die au8wä: tige Politik uns jeßt mit größerer Klarheit und Offenheit Auskunft erteilt wird als früher. Natürlich ist für das Maß von Vertrauen, das die Negierung bean|\prucht, eine offene Aussprache von großem Nutzen : wenn man eine auswärtige Politik mit Erfolg führen will, auß man Ziele, große Ziele haben, und auch die Bolktêvertretung muß im großen und ganzen wissen, woran sié in dieser Be- ziehung ist.

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Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Wirklicher Ge- heimer Rat von Ja go1wv:

Einen ziemli breiten Raum in den heutigen Reden hat China eingenommen. Ih möchte mir daher gestatten, über die chinesischen Verhältnisse einige Worte an Sie zu ricien.

Zunächst möchte ih unsere Genugtuung über die zunehmende Konsolidierung der dortigen Verhältnisse ausdrücken. Nach ciner Periode rev-lutionärer Bewegungen tritt China jegt in cine neue Zeit ein, in die wir es als alte Freunde des chinesischen Reiches mit unseren besten Wünschen begleiten.

Es ist hier das Bedenken laut geworden, daß wir die An- erkennung ter neuen Republik von der Anleihe abhängig machen. Id) fann das Bedenken zerstreuen, es ist nicht rihtig. Wir vertreten den Standpunkt, daß die Anleihe nihts mit der Anerkennung zu tun hat. (Bravo !)

Wie Sie wissen, ist soeben das chinesische Parlament zusammen - getreten und beschäftigt fih mit der Beratung der Konstitution. Es wird demnächst zur Wahl des Präsidenten s{chreiten. Wenn die Wahl stattgefunden hat, werden wir der Frage der Anerkennung nähertreten Tönnen.

Den chinesischen Staatsmännern stehen {were Aufgaben bevor. Vor allen Dingen heißt es, eine gesunde Finanzpolitik zu machen. (Abg. Dr. Südekum : Ganz wie bei uns! Heiterkeit.) Zur Auf- bringung ‘der Mittel für diesen Zweck und zur Ordnung seines Finanzwesens ist China nicht allein imstande, es ift auf die Hilfe des Auslandes angewiesen. Wir unterstüßen daher die große internationale Anlethe, weil wir glauben, daß China mit dieser besser fährt, als wenn- es - viele feine:Finanzgeschäfte mil anderen kleinen Finanzgruppen macht, die ihm große Opfer und

‘drückende Bedingungen auferlegen und ihm doch nur ermögli@en, aus der- Hand in den Mund zu leben.

Soweit China bei seiner Neformarbeit auf die Mitwirkung des ssuslandes rechnet, wird ihm auch der d.utsche Rat nit fehlen. (s ist hier gesagt worden, wir wären in China von „anderen Mächt n zurückgedrängt. worden. Meine Herren, ih muß das bestreiten. Mir haben unferen Plaß voll behauptet, und ih glaube, tas wird sih auch bei der Erledigung der Beraterfrage zeigen, die dem- nächst zur Frage steht.

Auch unsere Handelsverhältnisse mit China sind berührt worden. Wir widmen der Autgestaltung derselben dauernd die vollste Aufmerksamkeit. Wenn sie in den leßten Fahren nit derartige Fortschritte gémaht haben, wie dies vielleiht zu wünschen wäre, so liegt das dcch in erster Linie an der allgemeinen Stagnation, die in Ching infolge - dex revolutionären Bewegung entstanden war. Aber ih habe das Vertrauen in unseren tüchtigen deutschen Kauf- mann, daß zr diese Krisis überwinden wird, und er wird. dabei ftets unsere Unterstüßung finden, Ein Beweis dafür. mag Ihnen sein. die auch von dem Herrn Berichterstatter bereits erwähnte Neuforderung für ein Konsulat in Tschangscha in. der Provinz Hunan und die Er- wägungen über eine weitere Konsulats behörde in Yünnanfu in der Provinz Yünngng, wo wir noch nit konsularisch vertreten sind.

Non besonderer Bedeutung für die Entwicklung unserer Interessen in China ijt au die Förderung unseres Schulwesens. Wir untex- stüßen zurzeit sieben deutsh-chinesishe Spyrachshulen, ferner eine Medizinshule und eine tehuishe Schule in Schanghai. Der Herr Berichterstatter hat auf- eine Zeitungsnotiz- Bezug genommen, nah welcher unsere deutshen Schulen vor einer Krisis ständen. Ich kann diese Nachricht widerlegen, Von einer Krisis, von unzulänglicher Be- zahlung kann nicht die Rede sein. Die für den SMhuldienst t den deutsch-chinesishen Schulen bestimmten Volksschullehrer und nur

diese können in Frage kommen erbalten folgende Remunerationen

und Beiträge : erstens während der Vorbereitung .im hiesigen Orientali- \chenu Seminar monatlich 200 6, während der. ersten vierjährigen Bertragspcriode jährlich 6- bis 7000 4, und, falls fie noch weitere vier Jahre in China bleiben, - jährlich 7=-- bis 9000 . 4. Diese Beträge, meine Herxen, entsprechen den: in Tfingtau gewährten Bezahlungen, und von 15 „nah (China gesandten Lehrern haben nur zwei „erklärt, daß ihnen . die Bezüge nicht genügten, und daß sie nah Ablauf der vierjährigen Periode zurück- kehren wollten. Aber im allgemeinen will ich. vollständig zugeben, daß di- für unsere Schulen bewilligten und vorhandenen Gelder nit ausreichen, und ih begrüße daher mit besonderer Genugtuung nicht nux in hezug auf China, fondern quch auf andere Länder, daß uns der Schulfonds erhöht werden soll. Ich hoffe, daß der nächste Etat dem Rechnung tragen kann. Wir sind in China darin etwas im Nückstand hinter anderen Ländern, weil diese früher angefangen haben und mehr Mittel dazu verwandt haben. England, Frankreich und Amerika ver- wenden bedeutend größere Mittel dafür.

Mit dem Hexrn Abe Fürsten zu Loewenstein bin ich aus vollfter VNeberzeugung füx: -die- Förderung. der M ifsions\fch{u len. (Bravo! im Zentrum.) Wir befißen eine. Reihe ausfihtêreicher Missions\cchulen. Sie find aber leitex finanziell -niht genügend fundièrt. Den Missionen - anderer Länder stehen füx ihre Schulen größere Mittel zur Verfügung, und - hauptsächlih aus Privat: stiftungen ihrer Landsleute. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn auch unsere Missionen im ähnlichen Umfang Gelder. erhielten und tadurch auf diesem Gebiet exfolgreicher als bisher in Wettbewerb mit anderen Nationen eintreten könnten.

Bon einem Herrn Vorredner ist auch die Mongoleifrage- berührt worden. Mit tieser Frage erwächst für China eine sehr -f{{chwierige Aufgabe. Wir werden uns bemühen, und unser Jnteresse richtet fi darauf, daß sie eine Lösung findet, die unseren uicht sehr großen, aber entwicklungsfähigen Interessen daselbst gerecht wird. Diese Interessen werden wir immer zu {üßen suchen. (Bravo!)

___ Abg. Dr. Heck}cher (fortshr. Volksp.): Zu den Wünschen, die deutschen Interessen in Kleinasten aufs nachdrücklichste zu wahren, wird sich hoffentlich auc der feste Wille gefellen. Auf ‘unsere jeßigen besseren Beziehungen zu Eugland haben s{on die Vorredner aus dem Vause hingewiesen; darüber hinaus hat die Balkankrise gezeigt, wie untrennbar die englischen und die deutschen Interessen zusammengehö- ren. Wir hoffen, daß sie auch ferner Schulter an Schulter zusam- menstehen werden. Der Dreibund hat, wie wir mit Genugtuung verzeichnen, troßdem er {on oft totgesagt war, wieder seine unver- wüstliche Lebenskraft bewiesen. Treue zu Oesterreich, ganz gewiß; aber wir sind es unserer selbständigen deutschen Politik schuldig, uns nicht aus\chließlich in den Dienst Desterreichs zu stellen. Was unsere Beziehungen zu Frankreich betrifft, so würde der Fall in Nancy, gleichviel, ob die Zeitungsnachrichten zutreffen oder nicht, nur ein neuer Beweis für den französischen Chauviniómus fein. Ich muß meinem tiefen Bedauern Ausdru geben, daß es möglich ist, daß eine Zeitung wie der „Matin“, der Tag für Tag gegen Deutschland und deutsche Art bett, eine so weite Verbreitung in Frankretch haben kann. Viese weite Verbreitung ist doch ein Beweis dafur, wie diese chauv1- nistischen Regungen in Frankreich auf einen günstigen Boden fallen. n der ersten Zeit des Aufschwungs der Flugtehnik 1 der Chauvinis- mus in ¿rankreih wieder lebendig geworden, und seitdem ist er wie- der gewachsen. Jch freue mich, daß der Staatssekretär sich auch über die chinesische Frage geäußert hat. Der Geograph von Richthofen hatte auch die hohe Bedeutüng der Entwicklung Chinas für die euro- päischen Interessen und speziell Deutschlands vorausgesehen. Von unjerer Politik gegenüber dem fernen Osten habe ich den Eindruck der Passivität, namentlich in der Anleihefrage und inder Mongoleifrage. Jch hatte erwartet, daß die deutsche Regierung dem Beispiele Ame- rifas folgen würde. În China bestehen 1445 englifche Volksschulen, 1992 amerikanishe und nur 164 deutsche. Aehnlich verhält es ih mit den Hocfschulen. Auch ih glaube, daß es eigentli viele Be- rührungspunkte zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland gibt. In einer hochbedeutsamen Rede hat der neue Präsident auf die sozialen Pflichten des Staates den Arbeitern, den Angestellten und dem Volke gegenüber hingewiesen. Jch hoffe, daß unsere vorbildliche RNeichsgesebgebung dazu führen wird, daß die ohnehin son starken Jaden zwischen Amerika und Deutschland sich fester knüpfen werden. WMe Amerikaner haben zurzeit einen stellvertretenden Gesandten "in Peking, der einen großen Teil Chinas bereist hat ‘und die chinesische Sprache beherrscht. Demgegenüber stelle ich fest, daß der gegenwärtige deut che - Gesandte in Peking kaum ein halbes Jahr dort war, als die Revolution ausbrach. Det erste Dolmetscher war auf Heimats- urlaub, der zweite Attahs mit zwei Dolmetschern war gal allein da, ohne Kenntnis von Land und Leuten. Wir legen Wert ‘darauf, da Me dauernde Wechsel in der Diplomatie vermieden wird, Und daß unsere Vertreter - in China die inesishe Sprache beherrschen. Wir leiden an einer organisatorischen Sthwiert teit. Wir haben in Kiautschou eine mustergültige Verwaltung ge! afen. Aber was uns dringend nottut; ist einè einheitlihé Leitung der chinesishen Dinge. Vas eine Einfallstor deutscher Kultur ist Kiautschou, das andere das Generalkorsulat in Schanghai. Jch wünsche, daß das Auswärtige Amt mit der Verwaltung in Kiautschou sich ernstlich bemüht, cinen

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Weg zu finden, die gemeinsame Arbeit in China einheitlich guszufüh- ren, - Der Staatssekretär hat mit ciner gewissen Freude von Unseren Hanbelsbeziehungen mit Ching flixocten. Nun- haben ‘die Yeltestên Dex S ourwanni aft die Entsendung eines zweiten Sagchverständigsn nach China beantragt, Das Auswärtige Amt hat dies abgelehnt, in der Kommission ist aber wieder Hoffnung gemacht woxden. Die Ab- lébnung stüßt sich auf einén sonderbaren Berit. “Es heißt darin, die epur nte in Ghina seten einstweilen bei allen Bewohnern gleich- mäßig, die allernotwendigsten Bedürfnisse eines Menschen bestimmten sich nach dem Klima, der Norden habe neben großer Winterkälte ein Somnuerklima. Jn diesem SUI geht es weiter. Für diesen Bericht ift ja das Auswärtige Amt nicht in vollem Umfange verantwortlich. Aber es war keine alücklihe Wahl, daß sih das Auswärtige Amt seine Informationen -von dem Handelsfachverständigen in Schanghai einholte, der gar nit in der Lüge war, ein Urteil über ganz China abzugeben. In der Resolution wird gefordert, daß der Tüchtigste an die richtige Stelle geseßt werde. Jch glaube, es handelt fich hier ledig- lich um eine Sache des Personalreferenten. Die Frage ist einfach die: nimmt man, wenn sich ein Tüchtiger meldet, ihn ohne Ansehen dêr Persönlichkeit, ohne Ansehen der Geburt? Wenn der Staatssekre- tär fich die Tüchtigsten ohne Nücksicht auf Protektion aussucht, dann Fönnen wir uns alle Resolutionen ersparen. Schwierig ist die Frage allerdings dann, wenn der Kandidat in, der Wahl seiner Eltern nicht vorsichtig genug ist. Darum wollen wir eben dem Staatssekretär die Möglichkeit verschaffen, den betreffenden tüchtigen Kerl doch an- zustellen. Man foll allerdings nicht alle Schuld den Diplomaten in die Schuhe schieben, wenn man mit den Ergebnissen unserer Politik nicht zufrieden ist. Diese find im Auslande abhängig von der Zen- trale 1n der Wilhelmstraße. Man braucht ja nicht mit allem ‘ein- verstanden sein, was der Staatsfekretär von Kiderlen getan hat. Aber er war ein ganzer Kerl. So friedferlig das deutsche Bolk ist, will es keine Passivität in der deutschen Staatskunst. Es will im europäischen Konzert mt das Mauerblumchen sein. Wir erwarten von derx deut- schen Staatskunst und von dem Nachfolger des Staatssekretärs von Kiderlen, daß er nicht nur in den Beziehungen zu den Völkern korrekt ist, sondern wir wünschen und hoffen, bet aller Friedfertigkeit der deutschen Politik, daß die Handlungen der Negierungen und des Auswärtigen Amtes im Einklang mit der starken politischen, mili- en, wirtschaftlichen und kulturellen Macht des deutschen Volkes tehen. i Unterstaatäsekretär

Wenn wir tn China Heben, fo «Ut zu

im Auswärtigen Amt Zimmermann: auh hint:-r anderen Mächten zurück- t beteufen, daß diese Mächte fckchon Jahrzehnte vorher mit ihrer Tätigkeit dort eingeseßt haben. Unsere . Kaufleute famen erst fehr spät. ‘- Der Abgeordnete würde gut tun, wenn er namentlich in den hanseatishen Kreisen dafür sorgen wollte, daß die Bestrebungen der Regierung, die deutsche Sprache in China zu fördern, von den deutshen Kaufleutea kräftig unterstüßt würden. . Den übrigen Staaten stehen für das Schul- wesen sehr reihliche Mittel“ zur ‘Verfügung. Auch das Privat- Eapital ist dort entgcgentommender als bei uns. Der Abg. Hecfscher hat danú erwähnt, daß die Tätigkeit unsever Gesandtschaft in Peking man§es zu wünschen“ übrig lasse. Unser dortiger Vertrêter kann allerdings nicht Chinesisch. Er hat aber langjährige Erfahrungen im Konsulatsfah und ist mit den Handelsinteressen schr vertraut. Gs ift richtig, daß der Legations- sekcetär gbgerufen worden ist. Er ist aber erseßt worden duch einen Hexrn, der bei uns ‘die chinefishen Sachen bearbeitet hat. Es ift auch richtig, daß der erste Dolme!scher zurit der Unruhen in Deutfch- land war. Ex wollte selbst zurückehren. Ih habe 1hn aber davon abyuehalten, da es reähßrend der - Revolution doch keine Gelegenheit gab, politishe Geschäfte zu machen. ‘Dex rage von - Handelsfachverständißzén wenden wie ganz befondere Aufmerksamkeit zu. Ich hoffe, daß wir dann immer \o geeignete Herren finden wie in Schänghät.“ Dork haben wir einen Kaufmann, det 2 Jahre dort tätig ist Und an der Spiße einer deutschen Firma steht. Die Frage der Anstellung eines zweiten Sachverständigen behalten wir im Auge. Der Abg. Bernstein hat dann die Sprache auf den Fall eines Fremdenlegionäis gebracht. Da der Betreffende in der Pfalz geboren ist, so hat die bayerische Iegierung den Fall ju: bearbeiten. Wir habe diefe gebeten, uns auf dem laufenden zu erhalten. Auf Ansuchen „der bayerishen Negterung hat die fran- zösilche eine Untersuchung eingeleitet, aber den Antrag auf Entlassung abgelchnt. Selbstverstäudlih uutersuchen wir alle die Fälle, die ent- weder direkt oder aus der Presse zu unserer Kenntnis gelangen. In 17 dieser Fälle haben fih nun die Angaben als haltlos ergeben. G8 handelte fih meisteus um große Uebertreibungen, um Versuche der jungen Leute, fih einer Bestrafung wegen Entziehung von der Mili ärpfliht zu entziehen. Wir treten felbstverständlih dem M der franzöfischen Agenten, wo wir es können, mit aller Energie entgegen.

Abg. Erzberger (Zontr.): Auf dem Gebiete der auswärtigen Politik kann Sparsamkeit oft schr unangebraht sein, denn falsche Sparsamkeit Tann uns hier ungezählte Millionen kosten. Auch von diesem Standpunkt aus ist der auswärtige Etat einer der wichtigsten. Vielleicht hätte man fih die ganze kostspielige Flottendemonstratton gegen Montencgro sparen können, wenn man dem König Nikita ein Geschenk, vielleiht von 100 000 jährlich, gemacht hätte. Mit den überaus kleinen Summen, mit denen auf dem Gebiete der auswärtigen Politik für Schulen und andere Kultur- zwece gewirtschaftet wird, müssen wir notwendig immer mehr ins Hintert1effen fommen. Staaten, die weit weniger wirtschaftlihe Beziehungen zum Auslande haben, als Deulschland, geben für diese Zwecke: weit mehr aus. Ich hoffe, daß wir auf diesem Gebiete in den nächsten Jahren erheblich größere Summen in den Etat eingestellt finden werden. Die Durchführung der von mir in der Kommission beantragten Nesölution sollte odoch lieber nicht ia die Hände des Personalreferenten im Auswärtigen Amt gelegt werden, wie Dr. Hekscher wünschte, sondern das muß cine der bedeutsamsica Auf- gaben des Staatssekretärs selbst sein. Der Personalreferent hat gar nicht das Gericht, um fh in diefer Hinsicht von den fo mächtkiaen Protektionseinflüssen freizumachen, die von ganz beslimmten Stellen immer wteder ausgeübt werden. Die Anregung des Abg. vou Nichthofen, die Vorbildung für die Konsulats- und für die diplomati!he Karriere einheitlich zu gestalten, sollte der Staatsfekretär in Erwägung nehmen. Ueber den Ausbau des Orientalishen Seminars wtkrd etne Denkschrift verlangt. Dieses Seminar hat einen ganz eigentümlichen Ursprurg. Als ein türkischer Prinz hierherkam, Ffonnte fch vom ganzen Aus- wärtigen Amt niemand mit thm ‘verständigen, und man war gezwungen, zu diesem Zweck die Gefälligkeit eines englishen “Attachés tn An- spruh zu nehmen. Einer solchen Situation wollte Bismarck nicht wieder ausgejekt sein, uyd fo gab er die Anregung zur Errichtung dieses Seminars. Es hat gewiß in den 25 Jahren seines Bestehens sehr Gutes geleistet, aber seine heutige Zwitterftellung es wird- zur Hälfe vom Reich und zur Häifte von Preußen bezahlt, und és wird von Pr&sen verwaltet läßt sich kaum noch aufrecht- erhalten. Es ‘müßte eine Neichsanstalt werden. Erfahrungsgemäß hält es frellid sehr s{wer, von Preußen au nur den kleinsten Wunsch des Neichstags erfüllt zu ‘erhalten. Seit 10 Jahren und länger 3. B. verlangen wir ordentliche Lehrstühle für Kolonialwesen an den preußischen Universitäten. (Zurufe rechts: Ist ja «@e- schehen!) . .. Bis jeßt meines Wissens niht. In England hat man 37 Lehrstühle für Sinolvgie, in Frankrei 22, in Deut\sch- land dagegen besißen wir deren höchstens 3 oder 4. Das Reich hat das größte Interesse daran, feine Beamten in Anstalten auszu- bilden, die auch völlig seiner Kontrolle unterstehen. Ju Berlin {eint überdies die Universität niht gern zu sehen, “wenn die Dozenten am Orientalischen Seminar ih etwas selbständiger bervor- wagen. Man hat ihnen z. B. untersagt, öffentlihe Vorträge zu halten. Auch die Bibliothek ist fehr unvollständig. “Jit Interesse der- Diplomaten wie der Kaufleute sollte der Staatssekretär hier Wandel s{affen. ;

Hm 68/, Uhr wird die Beratung auf Dienstag 1 Uhr vertagt.

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Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 165. Sißung vom 14. April 1913, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von „Wolffs Telegraphishem Bureau.)

Ueber den Beginn der Sißung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.

_ Bei der zweiten Beratung des Geseßentwurfs, be- treffend die Verpflihtung zum Besuche ländlicher Fortbildungs\chulen in den Provinzen Branden- burg, Pommern, Sachsen, Schleswig-Holstein, West - falen sowie in der Rheinprovinz und in den Hohen- zollernshen Landen, und der zu diesem gestellten, gestern mitgeteilten Anträge bemerkt D Abg. Herold (Zentr.): Da bei dem freiwilligen Besuch Der Fortbildungs\hulen die Teilnahme am Unterricht erfahrungsgemäß sehr gering ift, sind wir grundsäßlich für die zwangsweise Einführung des Fortbildungsschulunterrihts. Im Jahre 1904, bei der Beratung des hessen-nassauischen Fortbildungs\chulgèseßes, hat die MNegierung erklärt, daß es lediglich Sache dec Gemeinden sci, Fortbildungsschulen zu errichten und zu unterhalten. Auf eine Frage an die Hegierung, ob sie heute noch auf demselben Standpunkt stehe, hat sie geantwortet, eine solche Grklärung könne nicht abgegeben werden. Das 1 uns nicht recht vêtständlih. Wir hätten in der Kommission absichtlih eine außerordentlich mäßige Fassung gewählt, um zu beantragen, daß die religiöse Unterweisung durch Ortsftatut als obligatorischer Unter: richtsgegenstand in die Fortbildungsshulen aufgenominen werden tonnte, weil wir glaubten, auf die Zustimmung der Mehrheit der Kommission rechnen zu können. Ueber die Bedeutung und Michtigkeit der religiösen Unterweisung kann kein Zweifel bestehen. Auch in der Kommission bestand Cinmütigkeit darüber. Man sträubte sih nur gegen den Gedanken des Zwanges. Auch der Minister hat im Herren- haus bei der ersten Beratung des Geseßes entschieden ausgesprochen, daß in den Fortbildungenschulen die religiöse Erziehung gefördert werden foll. Wir freuen uns über diese warmen Worte des Ministers. Aber auch er hat sich dagegen gewandt, daß Zwang ausgeübt werden soll. Wenn der zwangsweise Fortbildungsschulunterriht überhaupt notwendig ist, dann sollten auch diejenigen Unterrichtögegenstande hineingebraht werden, die man als notwendig erachtet. Der obliga torische Religionsunterriht ift gegenüber ‘den Einflüssen von aitßen unbedingt notwendig. Gr wird einen wohltätigen Einfluß ausüben. Leider ist unser Antrag in der Kommission einstimmig abgelehnt worden. Ich habe mich einigermaßen darüber gewundert, denn bei dex Beratung des gewerblichen Pflichtfortbildungsschulünterrihts wurde von feiten der konservativen Partei eine andere Stellung eingenommen. Damals haben die ‘Konservativen selbst beantragt, daß Der Schulvorstand den obligatorischen Religionsunterricht einführen könne. Wir haben diesen Antrag unterstüßt. Wir begreifen nicht, warum die Konservativen ihren Standpunkt geändert haben. Gegen unseren Anñ- trag wurde eingewandt, eine solche Bestimmung passe nicht in den Rahmen des Geseßes hinein, außerdem würde das Geseß durch d1e Annahme des Antrages scheitern. Das Abgeordnetenhaus ist aber jederzeit in der Lage, den Rahmen des Gesetzes zu erweitern. Wenn man also den guten Willen hät, dann kommt man über den formalen Einwand schon hinweg. Was den zweiten Einwand anlangt, so zweifeln wir noch daran, daß das Gese wirklich scheitern würde. Aber wenn dies auch der Fall sein würde, dann halte ih es nicht für möglich, daß die Regierung sich dauernd auf den ablehnenden Stand- punkt stellt, wenn das Abgeordnetenhaus fest bleibt. Im vorigen Jahre 1 der Geéséßentwurf übér das gewerbliche Fortbildungs\chul® wesen daran gescheitert, daß der obligatorische MNeligionsuntecricht durh den Schulvorstand festgescßt werden soll. Jch bin überzeugt, wir bâtten eine andere Vorlage über den gewerblichen Forthildungs- \chulunterriht bekommen, wenn der gewerbliche Fortbildungs|chul- unterricht nicht ohne geseßlihe Regelung möglich wäre. Aber Der ländliche Fortbildungsfhulunterricht kann ohne Gefeß nit einge- führt werden. Materiell besteht ja keine Verschiedenheit der Auf- fassung zwischen der Regierung und unserer Partei. Der Minister hat ja im Herrenhaus darauf hingewiesen, daß es den einzelnen Gemeinden überlassen werden könne, befondere Bestimmungen zu treffen. Wenn aber der Minister auf diesem Standpunkt steht, dann follte ¿s doc. dem Hause angenehm sein, daß diefer Standpunkt gefeßli festgelegt wird. Wir haben ja allerdings auch schon erlebt, daß die Minifterièn ihren Standpunkt ändern. “Auch in der Frage ber ESrbschaftsfteuer haben die Minifter ‘ihren Standpunkt geändert. Es wird behauptet, durch die religiöse Unterweisung würde das Geseß unpopulär wetten. Ich glaube, daß das umgekehrt der Fall sein wird. Wenn die Veehr- heit des Hauses tatsächlih eine religiöse Beeinflussung deèr Fort- bildungsschulen wünscht, müssen wir cs um so mehr bedauern, daß die Mehrheit sih scheut, den Religionsunterriht geseßlich einzuführen. Wenn das Geseh in dieser Form zur Verabschiedung gelangt, werden vir jèdenfalls niè aufhören, dafür zu wirken, daß die religiöse Unter- weisung in den Fortbildunas\{ulen zur Einführung gelangt.

Abg. Wohlfahrt (nl.): Der Gesehentwurf bestimmt nicht etwa den Zwang für die Gemeinden, Fortbildungsschulen zu errichten, sondern nur den Zwang zum Besuch der Fortbildungs\chule da, wo sie besteht. Eine Verpflichtung zur Errichtung ‘von Fortbildungsshulen fonnten die Gemeinden auch nicht übernehmen. Die Ausnahme- bestimmung für die Provinz Schleswig-Holstein, daß dort auch die Pflicht zum Schulbesuch durch Beschluß des Kreisausfchusses unter ZZu- stimmung des MRegierungspräsidenten bestimmt werden kann, also niht nur durch Gemeindebes{luß, is in der Kommission bekämpft worden, und man hat die Streichung dieser Bestimmung gewünscht, aber sie is wegen der besonderen Verhältnisse in Schleswig-Holstein doch notwendig. Der Antrag des Zentrums will den obligatorischen Neligionsunterriht durch Ortsstatut zulassen, aber es handelt fich in diesem Geseße lediglih um die Festseßung der Schulpflicht in der Fortbildungsschule und in den einzelnen Bestimmunaen um die Durh- führung dieser Pflicht gegenüber den Eltern und Arbeitgebern, aber nicht um den Inhalt des Unterrichts. Dieses Vérlangehn des Zentrums paßt also ebenso wenig wie der in der Kommission gestellte Anträg wegen Beteiligung der Geistlichen an dem Unterricht in den Nahmen diejes Gesebes hinein. Auch wir wollen die Erziehung der Jugend auf religiöser Grundlage und halten die Erteilung des Unterrichts it diesem Sinne durchaus für angängig. Aber den Religionsbunterrt{ht selbst müssen wir vermeiden, denn tn der Fortbildungsfchule ist dafür kein Raum mehr vorhanden. Dem Antrag der dänischen Abgeord- neten können wir nicht zustimmen, denn er würde den ganzen Arbeits plan stören. Wenn wir nun auch das religiös-sittliché (Empfinden der Schüler fördern wollen, fo können wir doch dié NRefolution der Kommission nicht annehmen, weil fie {ließlich auch auf die Fin- führung des Meligionsunterrichts hingusläuft.

Jnzwischen ist noch ein Antrag der Abgg. Ernst unD Kindler (forts{chr. Volksp.) eingegangen, das Gefeß auch auf die Provinzen Westpreußen und Posen auszudehnen.

Abg. G rn st (fortschr. Volksp.): Wir wünschen, daß auch in den Provinzen O und Posen der ländliche Fortbilduhgs- \chulunterricht obligatorisch gemacht wird. Er ist dort mindestens cbenso notwendig wie in den anderen Provinzen.

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlêmer:

Meine Herren! Bei den bisherigen Gesctßentwünfen, welche die Einführung des Besuchszwanges für ländlie Fortbildungsf{ulen zum Gegenstand hatten, ist die Staatsregierung davon auêgegangen, daß solche in das Leben und in die Verhältnise der einzelnen Provinzen tief einshneidende Bestimmungen ohne - vorhèrige Anhörung der Provinzialbehörden und des Proyinziallandlags nicht erfolgen können. Daran muß au in den Provinzen Posen und Weslpreußen unv ebenso in Ostpreußen festgehalten werden. Jch trage aber fein Bes