1913 / 90 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 16 Apr 1913 18:00:01 GMT) scan diff

Land- und Forstwirtschaft.

Getreidemarkt in Italien während des Monats März 1913.

Weichweizen. Der \{chleppende Geschäftsgang des Vormonats auf dem hiesigen Markt hatte in der ersten Hälfte des Monats März ae zugenommen. Dieser Zustand wihch dann einer langsamen Besserung, die auch heute noch anhält und in den allerleßten Tagen [g0ar zu einer recht festen Stimmung geführt hat. Die Wendung st durch den Rückgang der raschen Aufeinanderfolge der Ankünfte aus Argentinien, durch die gebesserte Tendenz des Auslandsmarktes und das Steigen der Preise für Inlandweizen herbeigeführt worden. Man erwartet für den Monat April keine größeren Sendungen aus Argentinien und wenig aus anderen Exportländern. Dagegen glaubt man für Anfang Mai neuen größeren Ankünften aus Argentinten ent- egenzusehen; auch hält man zurzeit die Aussichten für die neue Ernte n Italien für recht günstig.

Hartweizen. Die Preise für Noworo\sijk und Taganroger Ware haben sich die Wage gehalten und sich eher zuungunsten' von Noworossük vershoben. Die heutigen Forderungen, die fast die gleichen sind, wie die im Vormonat, geben zu keinem umfang- reihen Geschäft Anlaß, da sie niht im Verhältnis zu den jeu für die Produkte erzielbaren Preisen stehen. Auch machen n diesem Jahre die nordamerikanischen oder indishen Hartweizen den russischen große Konkurrenz. Mai s. Bei geringer Nachfrage blieb das Geschäft in alter Ware ganz belanglos. Die bereits etwas er- mäßigten Forderungen der Exporteure von neuer Plataware sind dcn Käufern immer noch zu hoh. Hafer. Das hiesige Geschäft be- \hränkte si aus\chließlich auf Plataware. Die Umsäße sind regelmäßig. Die Preise sind etwas gestiegen. Nach Mitteilung aus Bankkreisen imporiierte Italien an Weizen im Berichtsmonat 169 706 t; die Gesamteinfuhr seit 1. Juli 1912 bis Ende März d. I. beträgt 1 303 630 {&.

Am 7. April stellten \ich die Preise für 100 kg cif Genua wie folgt: Donauweizen 78—79 kg, Aprilverschiffung 22 Fr., desgl. 79—80 kg, 222 Fr.; Plataweizen, 78 kg, April-Mai-Ver\chtiffung, 214—21# Fr.; desgl. 79 kg, 212 Fr.; Ulka-Taganrog, 215 Fr. ; desgl. Aprilverschiffung, 214 fe: Northern Spring Nr. 1, April- Mai-Verschiffung, 21F—214 Fr.; Hardwinter Nr. 2, 225—22 Fr. ; italtenisher Landweizen, lombardishe Mittelqualität, 30—304 L. franko Mailand; Mehl, weiß La, je nah Marke und Müller, 36,50 bis 3725 L. franko Genua; Noworossijk-Hartweizen, 235 Fr.; Taganrog-Hartweizen 234 Fr.; desgl. Maiverschiffung, 23 Fr.; Maccaroni-Durum Nr. 1, prompte Verschiffnng, 234—22F Fr.; Plata-Mais, gelb rot, 144 Fr.; desgl. neuerntig, April-Mai-Ver-

\chiffffung, 14} Fr; desgl., Juni-Juli-August verteilt, 143—14,05 Fr. ; desgl. rot, § Fr. mehr; Mais, inländise Mittelqualität, 18—19 Lire; franko Mailand, Plata- Hafer, 45 kg, 15 Fr.; desgl. April-Ver- \hifung, 142 Fr.; desgl. Mai-Verschiffung, 145 Fr.; Hafer, inländische Mittelqualität, 21—21,50 Lire franko Mailand.

Die in Genua lagernden Getreidevorräte wurden geschäßt:

am 28.2. 13 amt 31: 5. 13 dz dz 72 000 219 600 35 100 18 500 65 000 26 000 4 000 2 900 45 000 35 000

Weichweizen Hartroeizen . Mais. Noggen . Haser. s Fn Savona betrugen die Preise: für Weizen . . , 30—31 Lire für 100 kg für Hafer M L100: (Bericht des Kaiserlichen Generalkonsulats in Genua vom 9. April 1913.)

Verdingungen.

(Die näheren Angaben über Verdingungen, die beim „Reichs- und Staatsanzeiger“ ausliegen, können in den Wochentagen in dessen Expedition während der Dienststunden von 9—3 Uhr eingesehen werden.)

Oesterreich-Ungarn.

Längstens 30. April 1913, 12 Uhr. K. K. Staatsbahndirektion Wien: Lieferung von vegetabilishen und Mineralölen bezw. von diversen Fettwaren. Näheres bei den in der Lieferungtausschreibung bezeichneten K. K. Direktionen (Betriebsleitung), Abteilung IV, und beim „MNeichsanzeiger“.

Landesregierung für Bosnien und die Herzegowina: Bau der Zentralheizungs- und Ventilationsanlage für das im Bau befindliche Sustizpalais und Gefangenhaus in Sarajevo. Ablauf der An- gebotsfrist: 31. Mai 1913, Mittags. Als Sicherheit sind 5 °/0 der

eater. Th 8 Uhr: Filmzauber.

tag: Opernhaus. stellung. Dienst- und Freipläße sind auf- gehoben. Die Walküre in drei Akten | sauber. von Richard Wagner. Mukßkalische Leitung: Herr Kapellmeister Ble. An- Rofincn. fang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 91. Abonnementsvor- stellung. Veit Stoß. Schausptel in fünf Straße. Aufzügen von Tim Klein. In Szene ge-

7F Ubr.

A ll T Biatett La T mentsvorslelung. oletta. a Tra- f viata.) Oper in vier Akten von AREE B Giuseppe Verdi. Text von Piave. An- fang 74 Uhr.

Schauspielhaus. stellung. Der große König. Mee aus seinem Leben von Joseph Lauff.

usik von Weiland Seiner ‘Majestät

98. Abonne-

2. 9 N Aen nor Akten von Hermann Bahr.

onnabend: Erste

eingerichtet von Joseph Schlar. Anfang 74 Uhr. Neues Operntheater (Kroll). Sonntag, ee Sefehl: Elft en efehl: e stellung für die Berliner Arbeiter- | 2 Uhr: Alt-Heidelberg. saft: ch dem, der lügt! Lust- | Harry Walden.) / piel in fünf Aufzügen von Franz | Freitag und Sonntag: Grillparzer. (Die Eintrittskarten werden berg. durch die Zentralstelle für Volkswohl-

usw. abgegeben. Ein Verkauf an einzelne Personen findet nicht statt.)

S Dr:

uungen.

Deutsches Theater. Donnerstag,

Freitag: Der blaue Vogel. Sonnabend und Sonntag: Der lebende | Stiftungsfest. Leichuam. Kammerspiele. Donnerstag, Abends 8 Ubr: Die Ein- nahme von Berg-op-Zoom.

Freitag bis Sonntag: nahme von Berg-oþp-Zoom.

zügen von Paul Lindau.

Berliner Theater. Donnerst., Abends

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Große

Theater in der Königgräßer Donnerstag, Abends 8 Uhr:

sezt von Herrn Regisseur Patry. Anfang Dos P E O ia

Freitag: Die fünf Frankfurter. Sonnabend und Sonntag: Das Buch

Lessingtheater. Donnerstag, Abends i 7 8 Uhr: Das Prinzip. Lustspiel in dret | Abends: Das Mädchen aus dem y

De: Tantris der Narr. Zyklusvorstellung :

dem König. Für die szenishe Aufführung | Gabriel Schillings Flucht.

Deutsches Schauspielhaus. (Direk- | in drei Akten von Emmerih Kálmán.

| tion: Adolf Lany. NW. 7, Friedrich- Sin n straße 104—104 a.) Donnerstag, Abends | Zigeunerprimas.

(Karl Heinz: | Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Der Schlafwagenkontrolleur.

Alt - Heidel- Karl Heinz: Harry Walden.) Sonnabend: Der Dummkopf. (Justus

fahrt nur an Arbeitervereine, Fabriken Häberlin: Harry Walden.)

Hochherrschaftliche

reitag und folgende Tage: Abends 72 Uhr: Der lebeude Leichnam. becrschattliche E ate

Schillertheater. Q. (Wallner -| Donnerstag, Abends 8 Uhr: Der Extra- theater.) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Die Einu- | Der Andere. Schauspiel in vier Auf-

Angebots\summe zu binteclegen. Die Unterlagen der Ausschreibung und das ausfcließlich zu benuzende Angebotsformular können während der Amtsstunden bei der VI. Abteilung der Landesregierung ein- gesehen oder daselbst bezogen werden.

Ftalien.

Direktion des Militärkommissariats des 1X. Armeekorps in Nom, 19. April 1913, Vorm. 10 Uhr: Lieferung des Bedarfs an Mehl für das Besazungskorps in Lbyen und auf den A-gäischen Inseln für die Zeit vom 1. Mai bis 31. August 1913 in 2 Losen. T. Los mindestens 4000 dz, 2 Lo8 mindestens 6000 dz pro Monat. Vorläufige Sicherheit 33 500 L., endgültige 67 000 L. Ablieferung an die O der Militärverwaltung in Neapel. Näheres in italienisher Sprache beim „Reichsanzeiger“.

Spanten.

14. Juli 1913, 12 Uhr. Fomentoministerium in Madrid: Vergebung der Konzession für eine (strategische) Eisenbahn von Torre del Mar bis zur Eisenbahnlinie von Murcia nah Granada. Sicher- heitsleistung 1261 850,98 Pesetas. Francisco Javier Cervantes, Hafenbauingenieur in Almerîa, der um die Verleihung der Konzession nahgesucht hat, hat ein Vorzugsreht (derecho de tanteo), wonach er unter gewissen Vorausseßungen berechtigt ist, den Bau der Bahn zum billigsten, bei der Ausschreibung eingehenden Angebot selbst aus- zuführen. Näheres in dem genannten Ministertum und in spanischer Sprache beim „Deutschen Reichsanzeiger“ sowie in der Nedaktion

‘der „Nachrichten für Handel, Indujtrie und Landwirtshaft“ im

Reichsamt des Innern. Belgien. Lastenhefte und Pläne können vom Bureau des adjudications in Brüssel, Rue des Augustins 15, bezogen werden.

93. April 1913, 12 Uhr. Salle de la Madeleine in Brüssel: Neuverdingung der Lose 1, 2, 6, 7 und 8 des Speziallastenhefts Nr. 1402: Lieferung von 100 000 kg Zinn, 5 Lose zu je 20 000 kg, Anlieferung în Mecheln und Brüssel.

30. April 1913, 12 Uhr. Ebenda: Neuverdingung des 1. Loses des Speziallastenhefts Nr. 1404: Lieferung von 15 735 feuerfesten Ziegeln für Lokomotiven. Eingeschriebene Angebote zum 26 April.

94. Mai 1913, 11 Uhr. Gouvernement provincial tn Brüffel: Ausbau des Kanals Charleroi—Brüssel, auf den Gebieten der Ge- meinden Fttre, Clabecq und Tubize. Anschlag 1 450 336 Fr., Sicher- heitsleistung 72 000 Fr. Lastenheft Nr. 37, Preis 5,70 Fr. ; Preis der Pläne 125,10 Fr. Eingeschriebene Angebote zum 20. Mai.

Demnächst. Salle de la Madeleine in Brüffel: Lieferung von Zinkweiß, Leinöl, Terpentinöl, Kopalficnis, Benzin, verschiedenen Farben, Talg, Seilwerk usw. für die Staatebahnen. 25 Lose. Ge- famtsiherheitsleistung 22500 Fr.

Theater und Musik.

Theater des Westens.

Im Theater des Westens wurde gestern die Operette , Wiener Blut“ von Viktor Leon und Leo Stein, Musik von Johann Strauß, in neuer Einstudierung gegeben. Das W:rk, das von Adolf Müller jun. für die Bühne bearbeitet ist, vereinigt eine Rethe der s{önsten Straußshen Walzer, die etne lustige Handlung angenehm beleben. Die Aufführung konnte sich hören und sehen lassen, besonders Mizzi Freihardt in der urwienertshen Rolle der Probiermamsell Pepi Peintnger. Ste hat das rechte Temperament und die rechte Drolligkeit für die Operette; sobald fie auf der Bühne erscheint, kehrt mit ihr au die frohe Laune ein. Poldi Deutsch als wißig extemporterender Minister, der stimmbegabte Ludwig v. d. Bruch, der auch gewandt die Regie führte, als Gesandter, die Damen Kriwißtz und Karowska, die Herren Feiner, Walters, Brückner und andere bildeten ein einwandfreies Ensemble. Die prickelnden Straußschen Weisen übten unter der gewandten musikalischen Leitung des Kapell- meisters Redl ihren vollen Zauber aus.

Sm Königlichen Opernhause findet morgen, Donnerstag, eine Wiederholung der „,Walküre“ in der Neueinstudierung statt. Die Damen Denera (Sieglinde), Kurt (Brünnhilde), Goeße (Fricka) sind mit den Herren Berger (Siegmund), Bachmann (Wotan), Knüpfer (Hunding) Träger der Hauptrollen. Dirigent ist der Kapellmeister Blech. (Anfang 7 Uhr.)

Im Köntglihen Schauspielhause wicd morgen das Schausptel „Veit Stoß“ von Tim Klein, mit Herrn Kraußneck in der Titelrolle, wiederholt. Die anderen Hauptrollen sptelen Fräulein Thimig und Frau Buye sowie die Herren Geisendörfer, Vallentin,

Eggeling, Zimmerer, Mühlhofer, Sommerstorf, Mannstädt und von Ledebur.

Im Lustspielhause spielte in der 100. Aufführung des Schwaukes „Majol ika“, die am Montag vor vollbesetßtem Pase stattfand, Leo Peuckert die bisher von Herrn Burg darge tellte Rolle des Herzogs Firiedrih. Auch er fand dafür den rechten Ton und ge- staltete den jungen Fürsten liebenswürdig und \ympathish. Die an- deren Hauptrollen sind in den bewährten Händen der Damen Kollendt und Koeler, der Herren Schönfeld, Georg und Arnold geblieben. Das Be Stück und die flotte Darstellung fanden wieder stürmischen

eifall.

Mannigfaltiges. Berlin, 16. April 1913.

Eine Vorlesung aus eigenen Werken veranstaltete am Montag im Klindworth-Scharwenkasaal der blinde Schrift- steller Oskar Baum. Er wußte mit seinen Novellen und Roman- bruchstücken \{nell eine wohltuende, barmonishe Stimmung zu er- zeugen, vor der alles Aeußerlih- versank. Die Natürlichkeit und mehr noch die Innerlichkeit des Gefühls zwang jeden Hörer in den Bann dieser ergreifenden Dichtungen. Bis auf die dramalis bewegte, in fknappen Strichen gezeichnete Novellette „Die Mutter“ beschäftigen sich die Dichtungen mit den Schicksalen von Blinden; und ihr Leben erscheint so mannigfaltig gestaltet, ihre Jnnenwelt gibt sih so klar und rein, ja selbs von einem nigen Humor verklärt, daß eine befreiende und erhebende Kraft davon aus- strahlt. Ein prächtiges Beispiel dafür ist die kleine Novelle „Die Gefahr“; wie der Held nah außen und nah innen seine Kräfte regt, wie er sein Leben gesund und harmonis gestaltet, ist fröhlih und launig geschildert. Der Beifall, den die Hörer syendeten, kam. un- mittelbar vom Herzen; es konnte jeder ein frohes, reines Gefühl aus dieser Vorlesung heimtragen.

Beuthen (Oberschlesien), 16. April. (W. T. B.) In ganz Oberschlesien ist vergangene Nacht heftiger Schneefall einge- treten. Der Schnee liegt überall 25 ecm hoh.

Bitterfeld, 16. April. (W. T. B.) Heute morgen 7 Uhr 44 Minuten erfolgte ein Aufstieg des für die türkische Negie- rung bestimmten Luftshiffs „P. L. 9“ unter Führung des Negierungsbaumeisters Hackstetter zu einer Prüfungsfahrt. An Bord befand sih die türkishe Abnahmekommisston. Das Luftschiff ist mit etnem Motor von 40 PZ sowie einer funfken- telegraphischen Einrichtung ausgerüstet; es besißt etne Geschwindigkeit von: 118 Sekundenmetern. Nach zweistündiger Fahrt landete das Luftshif glatt vor der Halle. Es hatte in 16 Minuten eine Höhe von 1100 m erreicht und damit die Abnahmebedingungen erfüllt. Das Luftschiff wird demnächst mit der Bahn nach der Türkei abgesandt werden.

London, 15. April. (W. T. B.) Wie bekanntgegeben wird, hat die Regierung infolge der leßten Ausschreitungen Versamm- lungen von Anhängerinnen des Frauenstimmrehts auf öffentlihen Pläßen Londons verboten.

Warschau, 16. April. (W. T. B.) Zwischen Meistern und Arbeitern etner hiesigen Baumwollfabrik kam es wegen der Lohnberechnung zu einem blutigen Zusammenstoß. Durch Schüsse wurden zwei Personen getôtet und vier ver- wundet. Es wurden viele Verhaftungen vorgenommen.

New Vork, 15. April. (W. T. B.) Das Bundesgericht hat die Frist für tie Etnreihung von Entschädigungs- ansprüchen gegen die Ocean Steamihip Company wegen des bei dem Untergang des Dampfers „Titanic“ erlittenen Schadens in ungefähr 60 Fällen verlängert Für sieben Schweizer wurde die Frist um 30 Tage, für über 50 Ginwanderer um eine Woche ver- längert. Die Gesamtschadenersaßansprüche betragen 11 774 604 Dol. in zusammen 685 Fällen. Weitere Ansprüche werden niht mehr berücksichtigt. Der Leuchtturm zum Andenken an die Ver- unglücckten der „,Titanic“ ist heute mit einer eindrucksvollen Feier eingeweiht worden. Der Leuchttunm wurde von der Re- gierung übernommen.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten, Zweiten und Dritten Beilage.)

Freitag: Der Andere.

udolf

Film- |8 Uhr: Uriel Acosta. Trauerspiel in

fünf Aufzügen von Karl Gußkow. Freitag: Cyrano von Bergerac. Sonnabend: Klein Dorxrit.

Deutshes Opernhaus.

2 lottenburg, Bismarck - Straße 34—37.

Lustspiel in Direktion : Georg Hartmann.) Donnerstag, Freita

Abends 8 Uhr: Das Müdchen aus | lita.

dem golduen Westen. \ Mrettag. Eugen Onegin.

onnabend:

Der Schleier der Pierrette.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Fidelio. Voß

goldnen Westen.

Neues Theater.) Donnerstag, Abends | drei Akten 8 Uhr: Der Zigeunerprimas. Operette | P-_Beber.

Freitag und folgende Tage:

fidele Bauer.

Zoologisher Garten.

tümlihen Preisen: Woh- | Strauß.

Freitag und folgende Tage: Wiener SHoch- | Blut.

Sonntag, Nachmittags 3} Uhr: Der

Theater am Nollendorfplaß. | und Nancey. ug nah Nizza. Vaudeville in drei | dame X. ften von Arthur Uppshig und Marx Schönau.

Sonnabend: Z sten Male: G ELtcati A Ni V Î Große Posse mit onnabend: Zum ersien ale: eo- | Extrazug ua AZE. Königliche Schauspiele. Donners- | Gesang und Tanz in 4 Akten von Rudolf | graphie und Liebe. 97. Abonnementsvor- | Bernauer und Rudolph Schanzer. Freitag und folgende Tage:

Sonnabend,

Charlottenburg. Donnerstag, Abends L R E Es des |8 Uhr: Konzert von Julia Parody

Lustspielhaus. (Friedrichstraße 236.) | monischen

(Char- Donnerstag, Abends 84 Uhr: Majolika. | Paulson Schroank in drei Akten von Leo Walther | Scheinpflug.

Stetn und Ludwig Heller.

und folgende Tage:

L Ea füh 3 Kons

- + ileraufführung des Konser- | maun und George Armin. Tante Simoua und vatoriums Hans Tuerschmann. fj Mil g 2 Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Cornelius

Residenztheater. Donnerstag, Abends | —" Zum 8 Vhr: Die

Montis Operettentheater.(Früher: | (Madame la Présidente.) Swank in von M. Hennequin und T E T E N N E M As Lit A

Freitag und

es E Der En i Tecbuitags 3 Uhr: Der | Verlobt: Marie Frein von Mahs mit

Thaliatheater. (Direktion: Kren und l Theater des Westens. (Station: | Schönfeld.) Donnerstag, Abends 8 Uhr: A Hr. Kantstraße 12.) | Puppchen. Posse mit Gesang und Tanz Donnerstag, Abends 8 Uhr: Zu volks- | in drei Akten von Curt Kraay und Jean 4 Wiener Blut. | Kren. Gesangstexte von Alfred Schönfeld. Komödienhaus. Donnerstag, Abends | Operette in drei Akten von Johann | Musik von Jean Gilbert. Freitag und folgende Tage: Puppchenu.

Freitag und folgende Tage:

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Der selige Toupinel.

folgende Tage: Der 3E“ Uhr:

Konzerte. Nachmittags Saal Bechstein. Donnerstag, Abents

(Klavier) und Luisa de Menarguez

Sonntag, Nachmittags 34 Uhr: Die | (Harfe). Studenteugräfin.

Beethoven-Saal. Donnerst., Abends 8 Uhr: Konzert mit dem Philhar- Orchester von Coriune (Klavier). Mitw.: Paul

Harmoniumsaal. Donnerst., Abends 8 Uhr: Erster Karl Spitteler-Abend, 34 Uhr: | veranstaltet von Dr. Herbert Stege-

Ma- Nachmittags

Pirkus Vchumann. Donnerst., Abends 8 Uhr: Große Abschiedsvorstellung. Auftreten sämtlicher Spezialitäten. Schluß: Der unsichtbare

Frau Präsideutiu. | Mensch! Vier Bilder aus Indien.

folgende Tage: Die Familiennachrichten,

ta Oberleutnant Hans-Caëp ir von

nobelsdorff-Brenkenhoff (Berlin).

Geboren: Eine Tochter: Hrn. Bür- germeister Dr FJeglinsky (Landeck i.

Landgerichtsdirektor Alfred Mery (Berlin- Friedenau). Hr. Kommerzienrat Adolf Cosack (Ne- heim). Hr. Major a. D. Wilhelm Oertel (Klein Heidau b. Dtsch. Lissa).

Verantwortlicher Redakteur:

Trianontheater. (Georgenstr., nahe | Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Das | liebe Augustin. S riedrich\tr.) Donnerstag, Abends t: enn spiel in vier Akten von Mouezy - Eon

Verlag der Expedition (Heid r i ch) in Borlin.

Drudck der Norddeutshen Buchdruckerei und Mas | Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 32.

Zehn Beilagen (ein\schließlich Börsenbeilage).

Frauen reisen. Lust-

Erfte Beilage zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.

M 90.

Berlin, Mittwoch, den 16. April

Deutscher Reichstag. 140 Sigung vom 15. April 1913, Nachmittags 1 Uhr. (Berit von „Wolffs Telegraphishem Bureau“.)

Auf der Tagesordnung steht die Fortseßung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Geseßes, betreffend die Fe sstt- stellung des Reichshaushaltsetats für das Rechnungs- jahr 1913, und zwar der „Etat für das Auswärtige Amt."

Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Wirklicher Ge- heimer Rat von Jagow:

Meine Herren, bereits gestern sind die Vorfälle von Nancy erwähnt worden. Wir sind über dieselben bisher nur aus den Telegrammen von Wolff und aus der Presse unterrichtet. Sollten sich diese Nachrichten in ihrem vollen Umfange bestätigen, so würden fie allerdings als höchst bedauerlich zu bezeihnen sein (fehr richtig!) und auch einen traurigen Beweis dafür geben, wie sehr die hauvtnistishen Treibereien, von denen neulih der Herr Reichskanzler gesprochen hat, Macht über die Gemüter gewinnen können, und wie gefährlich sie sind. (Sehr gut! rechts.) Der Kaiserliche Botschaster in Paris hat die Anweisung erhalten, bei der französishen Regierung um Aufklärung zu ersuchen und, falls die Nachrichten sich als richtig erweisen sollten, wegen des mangelhaften Schutzes der betroffenen Deutschen vorstellig zu werden. (Bravo!)

Meine Herren, ih möchte sodann auf die Resolution eingehen, wele gestern vor Schluß der Debatte der Herr Abg. Erzberger besprohen hat. Fh begrüße diese MNesolution freudig als ein Zeichen Ihres Interesses für den augsg- wärtigen Dienst und für die Beamten meines Nessorts. Ich begrüße sie sehr freudig. Ich muß dabei allerdings nochmals betonen, daß der diplomatische Dienst nicht eine Domäne der Pluto- fratie ist, und daß auch mir nichts ferner liegt als der Wunsch, sie zu einer solchen werden zu lassen. Wie die Dinge liegen, erfordert der diplomatische Dienst eine ziemliche Zubuße aus eigenen Mitteln, und zwar nicht nur sür die Attahés und Sekretäre, sondern in den meisten Fällen au für die höheren Posten. Den Wuns, hier zu bessern, will Jhre Resolution in den Bereich der praktishen Maß- nahmen ziehen. Ih werde es mir angelegen sein lassen, mit Sorg- falt zu prüfen, wie und mit welchen Maßnahmen dies in ersprießlicher Meise für den auswärtigen Dienst gesehen kann. Immerhin möchte ich hon jeßt die Versicherung abgeben, daß der Gedanke, der der Resolution zugrunde liegt, daß nämlih den Tüchtigen durch Ver- mögensverhältnisse der Zugang zum diplomatischen Dienst nicht ver- sperrt werden soll, mir nur sympathisch ist. (Bravo!) Ganz ohne eigene Mittel, meine Herren, wird es bei der Teuerheit der meisten diplomatischen Posten in den großen Städten, in denen sie sind, bei den besonderen Lbensbedingungen, in denen die Diplomaten stehen müssen, auch wohl in Zukunft kaum möglich sein, (sehr richtig! rets) es müßten denn den Diplomaten so hohe Gehälter bewilligt werden, daß diese doch wohl in einem zu frassen Widerspruh zu den übrigen Besoldungsverhältnissen unserer Beamten und auch zu denen der Diplomaten der anderen Länder stehen würden. (Sehr richtig! rechts.)

Es sind hier eine Reihe von Wünschen und Anregutgen über Verbesserung des diplomatishen Dienstes geäußert worden, zu denen ih heute noch nit endgültig Stellung nehmen möchte. Dem Vorwurf aber, daß für den Zugang zum diplomatishen Dienst die Protektion maßgebend sei, muz ich entschieden widersprechen. (Lachen bei den Sozialdemokraten.) Meine Herren, ih habe neulich \chon darauf aufmerksam gemacht, daß es einen Unterschied zwischen Protektion und Empfehlung gibt. Keiner von Ihnen wird jemand anstellen, der ihm niht empfohlen ist, oder nah dem er si nicht erkfundigt hat. (Sehr richtig! rets. Lachen bei den Sozialdemokraten.) Ferner möchte ih doch auch auf Grund meiner langen Erfahrungen im Auslande sagen, daß das vielfach so ungünstige Urteil über die deutshe Diplomatie, das man bei uns hört, im Ausland wirkli nicht geteilt wird. Schließlich sei mir au noch der Hinweis gestattet, daß ein Uebermaß einseitiger Kritik die Arbeitsfreudigkeit unserer Beamten im Ausland nicht er- höhen kann. (Sehr richtig! rechts.)

An der Ausbildung des diplomatishen Nachwuch ses arbeiten wir fleißig. Der Forderung, unsere künftigen diplomatischen und konsularishen Vertreter gründlih in die Gebiete des wirtschaft- lichen Lebens einzuführen, wi:d mit Nachdruck entsprochen. Wir haben für diesen Zweck wissenschaftlihe Kurse im Auswärtigen Amt eingeführt, denen hervorragende Männer des wirtschaftlihen Lebens und der Wissenschaft ihre Kräfte zur Verfügung gestellt haben. Diese Kurse sind für alle Anwärter des diplomatischen und konsularischen Dienstes obligatorisch. :

Zur Ausbildung unserer jungen Diplomaten gehört es ferner, daß sie auf eine längere Zeit einem Konsulat zur Beschäftigung über- wiesen werden. In den zwei Jahren, wo sie im Auswärtigen Amt arbeiten, müssen sie ebenso wie die Konsulatsanwärter hauptsächlih in der handelspolitishen und in der Rechtsabteilung arbeiten. Ferner wird von allen jungen Diplomaten, Attahés und Sekretären im Ausland verlangt, daß sie alljährlich eine größere handelspolitische Arbeit einreichen.

Bei der Beseßung der höheren Stellen des diplomatischen Dienstes fehlt es niht an aufmerksamer Berücksichtigung der handels- politishen Gesichtspunkte. Soweit dle Posten die Handels- politik in erster Linie zu pflegen haben, werden sie schon jeßt vielfa mit Beamten beseyt, die aus dem Konsulatêdienst hervor- gegangen find. Ih habe neulih {on in dek Budgetkommission darauf hingewiésen, daß von 40 diplomatishen Missionen die Leitung 15 Beamten, die aus dem Konsulardienst hervorgegangen sind, über- wiesen ist. Das ist ein Prozentsaß, wie er in keinem anderen europäischen Lande besteht. Der Herr Abg. Freiherr von Richthofen hat hieraus den Schluß ziehen wollen, daß die konsularische Vor- bereitung auch für alle diplomatischen Missionen genügen müßte. I kann mi dieser Auffassung leider nicht ganz anschließen. Es

gibt eben Posten, auf denen die Bearbeitung politischer Fragen in erster Linie steht. Wir lassen deshalb auch {hon bei der Ausbildung die diplomatischen Anwärter bei großen Botschaften arbeiten, um ihre Fähigkeiten auch auf diesem Terrain zu erproben und zu shulen. Anderseits erfordert die Konsulartätigkeit neben der wirt)chaftlihen auch eine speziell juristishe Schulung, die für die Diplomaten nicht in dem Maße erfor derlich ift.

Wie ich {on vorher ausgeführt habe, besteht eine Trennung des diplomatischen und des konsularishen Dienstes in dem Maße, wie das vielfah angenommen wird, bei uns niht. Daß aber eine vollständige Verschmelzung des Vorbereitungsdienstes im Interesse des Dienstes wäre, davon kann ih mich heute noch nicht überzeugen. Wenn der Herr Abg. Freiherr von Richthofen gewissermaßen für fich in An- \pruh genommen hat, als Experter hier zu sprehen, so wird er mir doch gewiß au nicht alle Erfahrung auf diesem Gebiete absprehen wollen. (Heiterkeit, Sehr gut! rechts.) Zum Schluß möchte ich noch die Versicherung abgeben, daß ih die vorgebrachten Anregungen und Wünsche einer sorgfältigen Prüfung unterziehen und, wenn ih sie als begründet anerkznnen kann, auch beherzigen will. Wo ich Mängel entdecke, will ih sie gern abstellen, aber bloß ändern ist noch nicht immer verbessern. (Sehr gut! und Bravo! rechts.)

Abg. Dr. Oertel (dkons.): Ih möchte meine Ausführungen beginnen mit einem Worte wehmütigen Gedenkens an den Mann, der im vorigen Jahre hier den Etat des Auswärtigen Amtes vertreten hat, an den so früh verstorbenen Staatssekretär von Kiderlen. Er ist vielfach verkannt worden und wird auch heute noch verkannt. Jch vermute aber, die Geschichte wird ihm nicht das Zeugnis versagen, daß er h: erhebliche Verdienste um das Deutsche Neich in einer weren Zeit erworben hat. Ich hoffe, daß dieses Zeugnis auch seinem Nachfolger nicht versagt werden wird. Ich glaube, daß wir nach dem, was wir hier gehört haben, ihm unser Vertrauen nicht ver- sagen können. Was wir von ihm über den diplomatischen Dienst ge- hört haben, dem kann ih im Namen meiner politischen Freunde fast in allen Punkten zustimmen. Wir haben der Resolution der Budget- kommission zugestimmt und werden es auch im Plenum tun. Der Abg. Erzberger hat ja vollkommen recht, daß diese eigentlich das Selbst- verständlichste enthält. Wir haben thr zugestimmt, obwohl wir uns sagten, daß es nicht leicht sein wird, dem Wortlaut der Resolution zu entsprehen. Jch weiß nicht, wie der Staatssekretär zweifelsfrei entscheiden will, wer unter allen immer der befähigste ist. Jh will die Resolution aber noch etwas ergänzen. Der Staatssekretär würde gut tun, wenn er den Sligung zum diplomatischen Dienste niht nur den Befähigsten eröffnet, sondern wenn er auch dafür sorgen wollte, daß diese im Amte bleiben und es nicht vorzeitig verlassen. Jch habe neulich einen Aufsaß eines ehemaligen Diplomaten in der ele celesen, und ih habe mich gewundert, daß Männer ‘von so gewaltigem Ürteil niht im Amte behalten worden sind. Jch hoffe, daß es fünftig mehr gelingt, solche prominente Persönlichkeiten dem Reiche zu er- halten und sie nicht an das bedeutsame Gebiet der Presse abgeben zu müssen. Ih habe mich gefreut, daß die Diplomatie nit zu einer Domäne der Pluiokratie werden solle. Diese hat fruchtbare Domänen genug. Das ist dringend notwendig, und wir stimmen der Resolution um so lieber zu, wenn es mit ihrer Hilfe geschehen kann. Es ist verlangt worden, daß alle Diplomaten durch den Konsulardienst gehen. Aber wir sollten auch danah Umschau halten, ob es nicht in anderen Berufen bewährte Leute für diesen Beruf gibt. Ob nicht hier Nedak- teure aus\cließlih geeignet seien, lasse ich natürlich dahingestellt, ganz abgesehen davon, daß der B eines Nedakteurs bedeutsamer ist als der eines untergeordneten Diplomaten, Botschafters oder Botschafts- rates. Es hat auch Offiziere gegeben, die sih dafür eignen. Die Befähigung zu diesem Gebiete wird nicht durch einen guten Vor- bereitungsdienst und glänzende Prüfung bewiesen. Die Prüfungen geben fein Urteil. Jch erinnere nur daran, daß ein sächsisher Staats- minister kaum die Vrllfuna als Referendar bestanden hat und doch ein tüchtiger Staatsmann geworden ist. Gestern wurde sehr aus- führlih über die Balkanfrage, über das Balkanproblem und die Balkankrise gesprochen. nee Diplomaten sind durch den Beginn des Krieges überrascht worden. Jch verstehe heute noch nicht, wie das möglich war. Aber sie sind nicht die einzigen Schuldigen, auch die Diplomaten anderer Länder sind teilweise noch mehr überrasht worden. Auch die hellhörige Börse und die noch hellhörigere Presse sind über- rascht worden. Wenige Tage vor dem Kriegsausbruch hat ein Blatt gemeldet, daß es zum Kriege kommen werde. Die gesamte, ernste und gutunterrichtete Presse rief den A zur Ordnung, weil er zur Beunruhigung beitrage. Auch die Presse der äußersten Linken hat damals zur Muhe aufgefordert. Wir sind also allzumal Sünder und mangeln des diplomatishen Ruhmes in diesem Punkte. Nachdem die UVeberrashung aber einmal zustande gekommen war, hahen Regie- rung und Diplomatie Bahnen eingeschlagen, die uns richtig zu sein scheinen, und ih bin beauftragt, hier die Haltung der deutschen Diplo- matie seit dem Beginne des Krieges anzuerkennen. Mir sind, wle Bismark sagt, in der Hinterhand e Ich freue mi, daß unsere Diplomatie immer mehr in ismarcksche Bahnen zurückehrt. Wenn wir in der Hinterhand geblieben sind, so soll. das aber hoffentlich heißen, 8 wir die Trümpfe in der Ms behalten wollen, um sie gelegentlih ausspielen zu können. Wir haben Oesterreih-Ungarn felbitverständlick} Bündnistreue bewahrt. Man hat uns da nach zwei Nichtungen hin Vorwürfe gemacht. Die einen meinten, wir hätten uns allzusehr von Oesterreih-Ungarn ins S lepptau nehmen lassen. Nach anderer Meinung seien wix Oesterreich-Ungarn in unge- höóriger Weise in den Arm gefallen. Daraus kann man aber ent- nehmen, pas es unsere Diplomatie verstanden hat, die richtige Mittel- linie innezuhalten. Sie hat es verstanden, unsere Beziehungen zu den anderen Mächten nicht zu gefährden und zu vershlehtern. Wenn ih dies ausspreche, so muß ih doch sagen, daß die „Taten“ der europäischen Großmächtediplomatie allerdings nicht onderlih imponierend waren. Das ist aber keine Schuld unserer Diplomatie, sondern es lag in den Nerhältnissen. Wir mußten auf alle Fälle einen europäischen Krieg vermeiden. Nachdem es nicht gelungen is, den status quo aufrecht zu erhalten, mußte wenigstens der ampf örtlich begrenzt oder, wie es deutsch heißt, lofalisiert werden. Das ist unserer Diplomatie ge- lungen. Ich bin überzeugt, manche aus diesem hohen aue hätten es besser gemacht. Aber Sie schen, daß die rechten Männer nicht auf dem reten Plaße sind. Die Hoffnung, daß nun der Friede gesichert sei oder die Friedensverhandlungen etnen N Verlauf nehmen möchten, kann ih nicht teilen. Ich habe keine Anlage zum ib Hain 4 mus. Sh werde mich freuen, wenn der wirkliche Sommer kommt, und wenn dann der Friede in naher Aussicht steht. Es ist Au sehr schwer, den Widerstand des E der Schwarzen Berge zu brechen, des Königs, der selbst dem Staatssekretär des Deutschen Reiches troß aller diplomatis en Feinheiten Widerspenstigkeit ent- gegenbringt. Ich will dieses Verhalten nicht kennzeihnen, weil ih die Glocke des Präsidenten nicht bemühen möchte, dem der „Vorwärts nacgesagt hat, daß er wegen seines leßten Ordnungsrufes einen hohen montenegrinishen Orden erhalten hat. Es muß erwogen werden, ob es mcht mögli [e im Einverständnis der Mächte den hohen Herrn dur eine Entschädigung zur Vernunft zu bringen. Jch lasse es dahingestellt, ob die Entschädigung in bar oder in aturalien be-

Gönner Rußland

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steht. Wir haben gestern in den Zeitungen eine Erklärung gelesen, die angeblich von der montenegrinischen Regierung stammen oll. Diese 1st mit ihrer ganzen Widerborstigkeit besonders gegen den ) Nuß! erichtet und ist so überjugendlih, daß ih sie meinem jüng\ten Nedaktionsgehilfen nicht durhgehen lassen würde. Es ist also zu bedenken, ob es leicht sein wird, dem König die liebens- würdigen und nüßlichen Cigenschaften zuzuführen, die ihm jeßt abzu- gehen scheinen. Was unser Verhältnis zu Numänien betrifft, so billige ih vollkommen, daß Deutschland, soweit es möglich war, die Ansprüche Rumäniens unterstüßt hat, erla und unterstüßen wird. Rumänien ist der vernünftigste Balkanstaat gewesen, das läßt sih nicht bestreiten, und es muß verhindert werden, daß es wegen seiner Vernünftigkeit den kürzeren zieht. Auf Silistria hat es gewiß keinen juristishen Anspruch, hier bandelt es sih aber um politische Ansprüche, und der politische Anspruch auf Silistria A durchaus be- gründet. Noch mehr würde ih bedauern, wenn die ? egierung dem Nate des Abg. Bernstein folgen wollte, sich in die inneren Angelegen- heiten Rumäniens zu mishen wegen der Behandlung der dortigen Juden. Man kann bedauern, daß die rumänische Regierung von den Vorzügen dieses Volksteils nicht genügend durchdrungen zu sein scheint. Daß Rumänien den Berliner Vertrag mit Füßen getreten hätte, hat der Abg. Bernstein gestern gesagt, aber nicht bewiesen. Was die Regierung in bézug auf die rumänischen Juden für Geseße erlassen hat, geht uns nichts an; es würde uns dann nur etwas angehen und dann nicht uns allein, wenn eine wirklihe unzweifelhafte formelle Verleßung des Vertrages vorläge. Jch habe Achtung vor der rumáäni- hen Staatskunst und meine, daß auch diejes ihr Vorgehen e Achtung nicht wesentlich herabmindern fann. Mehr will 1ch a vorsihtiger Mann nicht sagen. Wenn die rumänische MNegierung z. B. den nicht naturalisierten Juden vom Heeresdienst fernhält, so ist das doch keine Unmenschlichkeit. Man würde vielleiht auch in anderen Staaten die Frage aufwerfen können, ob nicht in ähnlicher Weise vorzugehen sei. Jch werfe sie nicht auf. Sollen wir uns ohne jeden zureichenden Grund einmischen, sollen wir den Numäniern vor- schreiben, wie sie ihre Juden naturalisieren follen? Das geht uns nichts an. Das „Berliner Tageblatt“ hat heute mitgeteilt, daß die gebildeten Juden jeßt mit den fortschrittlihen Rumänen zusammen die Lage der Juden zu bessern sih angeshickt hätten, und daß sie das tun wollten ohne Verbindung mit dem Ausland und ohne Gin- wirkung auf das Ausland. Es handelt sih dabei um die gebildeten Juden; das „Berliner Tageblatt“ hat jedenfalls Anlaß gehabt, das besonders zu betonen. Wenn aber auch tie rumänische Negierung wirk- lih formell und tatsächlich auf diesem Wege den Berliner Vertrag verleßt hätte, wäre es nicht S Aufgabe, einzuschreiten, sondern nur die gemeinsame Aufgabe der damaligen Signatarmächte. Und diese Arbeit möchte ich dem Staatssekretär von Jagow, zumal er noch |so jung ‘in seinem Amte ist, nicht auf die Schultern laden. Bleiben wir bei der bisherigen verständigen Politik. Was die Türkei angeht, so ist eine starke, innerlih befestigte Türkei auch in Vorderasien für unsere wirtschaftliche Entwicklung Bedürfnis. Wir {tehen da auch nicht in erster Linie, aber wir go uns so weltpolitisch das klingt, so E tei ist es doch an keinem Punkte der Welt unsere Zukunftsmöglichkeit verbauen lassen. Wir sind ein starkes Volk, wir starren in Rüstungen; wir wollen, wenn es zur Welt- verteilung kommt, nicht mehr als Träumervolk zu spät ans Ziel ge- langen. Schwer wird die Sachc in Ostasien werden. Dort sind Kom- lifationen möglich, die uns mit Rußland, wenn auch nicht in Gegen- aß, so doch in gewisse Meinungsverschiedenheiten bringen können. ch habe mich darüber gefreut, daß der Kanzler einem Mißverständnis gegenüber Veranlassung nahm, mit großem Nachdruck hervorzuheben, - daß Interessengegensäße zwischen uns. und Nußland nicht vorhanden seien. Wir wünschen alle dringend, daß das so bleibe; meine politischen 110A legen den größten Wert darauf, L unsere Beziehungen zu ußland gut oder doch mindestens ganz orreft bleiben. Gerade mit Rußland haben wir so piele Interessen gemeinschaftlich, daß wir ohne die früher geübte übertriebene Höflichkeit in guten Beziehungen mit ihm bleiben können. Das gilt vor allem in Ostasien. Ich unter- schreibe die Ausführungen des ürsten Loewenstein, daß das Aus- wärtige Amt dafür sorgen muß, daß úIndustrie und Handel in China die offene Tür behalten. Handel und Industrie müssen aber auch dazu das thrige tun; sie haben es bisher oft daran fehlen lassen. Das Pla an ter Hines dieser beiden Mächte wird auch uns einen guten

Plaß an der chinesischen Sonne sichern können. Hier liegt die Mög- ihkeit von Grenzstreitigkeiten; da dürfen wir die Dinge nicht dahin treiben lassen, daß unsere Beziehungen zu Nußland ernstlich gefährdet werden. Der chinesi\schen Republik wünschen wir alles Gute. Aber China liegt weit von uns. (Zuruf von der i gw Linken; Prâäsi- dent Kaempf ruft den Zwischenrufer zur O Diese Strafe halte ih für viel zu hart. (Präsident Kaempf erklärt, eine folhe Kritik nicht dulden zu fönnen.) Die chinesishe Republik werden wir zu egeeues Zeit anerkennen, aber wir brauchen in dieser Beziehung den Vereinigten Staaten nicht naczulaufen; das halte ih weder für nötig noch für klug. Inzwischen mag [es die Snellde Republik begnügen mit dem ehrenden Gruß, den die ozialdemokrati]}che Dae im Deutschen Reichstage China beim U een des Parlaments gewidmet hat. Unsere Beziehungen zu C ngland sind, wie wiederholt versichert ist, nicht nur bessere, sondern gut geworden. Wir begrüßen das mit Jhnen allen freudig. Es liegt auch uns niht an unfreundlichen Beziehungen zu unseren blutsverwandten Vettern jen- seits des Kanals. Wir würden auch zufrieden sein, wenn befe Be- fungen nur korrekt wären, je forrefter sie sind, um so besser für eide Teile. Wir wünschen, unserer Freude darüber, daß dieje Be- (ae sih gebessert haben, nit allzu lauten Ausdruck zu geben. Wir müssen immer daran denken, daß diese Besserung niht nur im Interesse des Deutschen Reiches, fondern auch in dem Englands liegt. Ünd da jebt gerade die Anbahnung besserer Beziehungen in die Wege geleitet ist, so wünschen wir dringend, daß diese besseren Beziehungen auh in einem konkreten Niederschlag ihren Ausdruck finden. Als einen folchen konkreten Niederschlag würden wir es besonders begrüßen, wenn die Ansprüche der im Burenkriege geshädigten Deutschen jeßt endlih nah länger als einem Jahrzehnt befriedigt würden. Die deutsche Regierung hat das ihrige getan. Jeßt, wo dié Beziehungen zu England sich gebessert haben, wird die englische Regierung vielleicht eher geneigt sein, endlih diesen Ansprüchen zu genügen. Frankrei steht heute im Vordergrund des allgemeinen Interesses. Kein Mensch in Deutschland hegt einen Haß gegen die französische Regierung oder gar gegen das französishe Volk, im Gegenteil. Eins aber müssen wir uns unbedingt ausbitten, qs Frankreich sich mit den Verhölt- nissen, wie sie fih 1870/71 gestaltet haben, a ezeit abfindet. Möge man drüben nicht daran denken, daß wir Elsaß-Lothringen oder nur Teile davon abtreten, die wir für alle Zeit mit unserem Blut, mit teurem Blut wiedergewonnen haben. Damit muß man R ab- finden. Es q behauptet worden, daß Frankreih nicht mehr daran denke, Elsaß-Lothringen durch Krieg wiederzugewinnen. Das mag für einzelne Kreise in Frankrei zutreffen, für große Teile der Presse trifft es niht zu. Und wenn gesagt worden ist, es sei ein erheblicher ort Q baß man in Elsaß-Lothringen nicht mehr fordere, daß b, othringen wieder durch einen Krieg mit rankrei verbunden werde, so ist das nur bis zu einem gewissen Grade erfreulih. Denn ein früherer französischer Abgeordneter, der fi vor wenigen Tagen über die Sache geäußert hat, hat gesagt, daß er allerdings nicht wünsche, daß Elsaß-Lothringen durch einen Krieg französisch werde, wohl aber durch eine freiwillige Rückgabe gegen ein Trinkgeld. Wenn ein solher Gedanke noch gehegt und ausgesprochen wird, wenn das