1913 / 95 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 22 Apr 1913 18:00:01 GMT) scan diff

Deutscher Neichstag- 145, Sigung vom 21. April 1913, Nachmittags 2 Uhr. (Bericht von? „Wolffs Telegraphischem-Bureau“.)

Auf der. Tagesordnung steht die Fortseßzüng der zweiten en des Entwurfs- eines Geseßzes, beireffend die Fe st- stellung de Neichshaushaltsetats für das Rechnung3- jahx 1913, und zwar des „Etats für die Verwaltung des RNeichsheeres“.

Die Beratung beginnt mit Kap. 27 der fortdauernden Ausgaben (Garnisonverwaltungs- und Serviswesen).

Abg. Werner - M (d. Reformp.) befürwortet wiederum die Verbesserung der Stellung der Kasernentnspektoren. s

Abg. I ckler (nl.) bringt + einige auf die Vergebung der Liefe- rungen bezüglihe Wünsche der Submittenten bei Aussreibungen vor. Insbesondere soliten die Lieferungsbedingungen so genau formuliert sein, daß namentlich die kleinen Bewerber vor Scaden bewahrt würden. Der Redner führt \peziele Fälle unsahgemäßer Ausschreibungen an, in denen fih gleihwobl die betreffenden Proviantämter usw. ge- weigert hätten, die Submissionsbedingungen zu ändern. E

Abg. Pauly - Cochem (Zentr.) bemängelt, . daß die Militär- verwaltung beiden: Bauten- vielfach. ausländischen Schiefer bevorzuge und. somit den Wettbewerb des inländischen Schieferbergbaues, namentlich desjenigen am Rhein und an der Mosel, benachteilige. Es sollte bei den Ausschreibungen tunlihst die Verwendung deutschen Schiefers vorgeschrieben werden. . Man. dürfe, zumal bei dem großen Bedarf, der demnächft in Frage komme, den hetmishen Schieferbau nicht vergessen. i:

Abg. Dr. Belzer (Zentr.) wendet sich gegen die Anregungen vot ‘der Linken und von den Sozialdemokraten, die Zukagen für den Kommandanten der Besaßung der Burg Hohenzollern und die Be- sazung selbst in Wegfall zu bringen. Dén Klagen könnte dadurch abgeholfen werden, daß man das alte hohenzollernshe S regiment Nr. 40 in die Stämmlande verlege; werde dieser alte Wunsch der hohenzollerns{hen Lande erfüllt, dann könnte auch die Kompagnie auf der Burg in ein Wachkommando verringert werden.

Abg. Dr. Neumann-Hofer (fortschr. Volköp.) macht auf die sehr üble Lage der Ackerbau treibenden Bewohner der Dörfér in der unmittelbaren Umgebung der Ttuppenübungsvläße aufmerksam und ersucht die Militärverwaltung, jede mögliche Nücksicht walten zu lasen. : 5 f Abg. R up p - Baden (dköns.) kommt auf die Mapöverlast zurü, die der ländlichen Bevölkerung zu tragen sehr {wer falle; man müsse den Betroffenen. liebreih ein Polster auf die. Schulter legen, damit die Last sie nicht erdrückde. Man habe kein Recht, hier von agrarisher Begehrlichkeit zu \prehen; man dürfe diese Art Be- schwerden nicht etwa damit abtun, daß män nach berühmten Mustern die „Mänbberäagrarter“ dafür verantivorlih mache. Der Redner gibt eine detaillierte Darstellung der Anforderungen und Leistungen, die der Landwirt, namentli -der- Bauer, vom ersten Tage. der Ein- quartierung an bis zur Feststellung der Flurentshädigung zu erfüllen habe. i i

Abg. Schmidt - Meißen (Soz.): Die Manöverkosten steigen ins Ungeheure. Ein Beweis dafür ist das leßte Kaisermanöver in Sachsen. Geradezu unerträglich war dabei auch der Schaden, den das Publikum durch die eingetretenen Verkehrsstockungen erlitten hat.

Abg. Koßmann (Zentr.): Die Flurshäden müssen rascher ab- geschäßt werden da es fonst niht mögli ist, den Schaden richtig festzusetzen. Viel zu wenig Nücksicht wird von der endgültigen Koi? mission: auf die Arbeiten der Vorabschäßungskommission genommen: Diese könnte man; übrigens sparen dur shnélleres Arbeiten der Flur- abg T Ron Auch finden die fachlichen Einwendungen der ge\hädigten Besißer zu wenig Beachtung: Unzulässig find auch die

Abzüge, die späterhin von den bewilligten Summen gemacht werden. Die Mitglieder der Vorkommission müßten. wie die der Haupt- R a A uns die Gelder den geshädigten Besißern _ dur die Poft zugestellt werden.

__ Genezalleutnant Staabs:* Die Vetwaltung bat das Be-

“streben, die Flurentschädigungen fo schnell wie möglih festzustellen. Spätestens 3 Wochen nah Ende der Manöver wtrd die Abshägung abgeschlossen und weitere 3 Wochen später erhalten die Besiger ihr Geld. Treten einmal Verzögerungen ein, so müssen diese der Zentralstelle mitgeteilt werden. Das kann eintreten, wenn das Wetter die Arbeiten der Kommission verzögert und wenn auf die eine Vebüng noch éine andere folgt. Die Gründsäße des Verfahrens find einheitlih geregelt, die Kommission ist so zusammengeseßt, daß die Interessen der Besißer wahrgenommen werden können. Da immer eine große Anzahl von - Besizern „in Frage kommt, würde die Zus sendung der Beträge- durch die Post zu -umständlich sein. Sie werden deshalb vonder Gemeinde verteilt. Wenn die Gemeinde. für. die Verteilung etwas berechnet, darauf hat die Militärverwaltung keinen Einfluß. Die Verkehrsstockungen während des Kaisecmanövers find dur die Militärabtransporte entstanden. Diese sind ein besonders wichtiger Teil des Manövers. Aber au hierbet wird alles getan, um Stöcungen des Verkehrs- möglichst zu vermeiden.

Bei den fortdauernden Ausgaben für das Militär- bauwesen befürwortet der

Abg. Weinhausen (fortschr. Volksp.) die Etatisierung der Boten im Militärbauwesen. Die Verwaltung lege doch sonst Wert darauf, daß die Karitulanten in eine gesiherte Lebensstellung gelangen. Fn der Militätherwaltung gebe es aber eine ganze Menge nicht- etatsmäßiger Stellen. Angesihts der neuen Heeresvorlage müsse durch gesicherte Stellungen der Anreiz zur Kapitulierung verstärkt werden. Die Unterbeamten beklagen \fi{ch auch über ungeretfertigt harte Behandlüng durch ihre Vorgeseßten und über eine dienstliche Veberspannung threr Kräfte, die in keinem Verhältnis zu den An- forderungen stehe, die an andere Unterbeamten gestellt werden. Es jei dethalb ein allgemeiner Erlaß, der diefe Verhältnisse regelt, not- wendig. Die Unterbeamten hätten denselben Anspruch wie die anderen Beamten, daß auf ihr Ebrgefühl Nücksiht genommen werde. Die Militärverwaltung sollte diese Klagen abstellen.

Generalleutnant Staabs: Die Bauboten sind allerdings nicht besonders günstig gestellt. Ein Antrag, ihre Lage zu verbessern, ist aber 1909 in der Kommission gefallen. Den Zeitpunkt, wann die Frage wieder zur Eröterung gestellt werden wird, fann ih nit an- geben. Ih muß noch auf die Klage zurückommen, daß bei Ver- gebung der Bauarbeiten die heimishe Industrie, insbesondere das rhefiische Sthiéfergetberbe, nit“ aenligénd berlits{tigt worde fei.

faun nur sagen, daß auf die heimishe Industrie nach Kräften Rücksicht genommen wird. Es kann fih da höchstens um einzelne Fälle handeln; ih bitte, uns das Material zur Verfügung zu tellen. L E \ Abg. Hubrich (fortshr. Volksp.) bittet um Berücksichtigung von Petitionen der Militärbausekretäre um Gleichstellung mit den preußischen Bausekretären. Diese Wünfhe müßten bei einer Revision der Befoldungsordnung möglichst berücksichtigt werden.

Bei den Ausgaben für das Militärmedizinalwesen bemerkt der

Abg. H o ch (Soz.): Die Militärverwaltung sollte den Miß- ständen auf gesundheitlchem Gebiete tin Heere größere Aufmerksam- keit widmen.” Ih möchte in diefer Beziehung äuf die Typhus- evidemie bei dem ersten Bataillon des Eifenbahnregiments in Hanau hinweisen. Es sind damals soglei 200 Mann erkrankt. DieMilitär- verwaltung hat die Sache“ nicht“ grüñdlih genug untersubt. Sie teilte uns mit, die Krankheit sei durch eine Kartoffelschälerin übertragen. Unsauberkeiten in der Küche seien nicht vorgekommen. Dies entsyri®t niht den Tätsahen. Es müßten ‘doch noch andere Umstände vorliegen und diese mußten der. Verwaltung bekannt sein. Man hat fi ‘nidt genügend mit der Frage beschäftigt, ob die Speisen zum Genussé geeignet waren. Es war von Kartoffeln eine große Menge Salat hergestellt worden. Diese Speise blieb über Nacht stehen und verdarb. Die Materialien dazu siand nicht immer

von der besten Qualität. Die Großkapitalisten dürfen Niger: profife érziele, gegenüber den klethèn Lieferanten verfäl die Verwaltung ganz anders; da drückt fie auf die Preife, und fo „ist. es Lein, Wunder, daß--s{lechte Ware geliefert „wird. Die: Mikitärberwaltung bezieht die: Leberwurst für 55 „F das Pfund; für solhen Preis kann keine gesunde Wurst geliefert werden. muß dringend wünschen, daß diesen Behauptungen gründlich nach- gegangen wird. „Bei diesem traurigen Zwischenfall ist -noch besonders beflagenswert, daß die Natur der Kräntheit sd spät exfannt wurde. Woran lag das? Cine. solche. Verzögerung. kann und muß. unter Umständen von verhänguisbollster Bedeutung sein. Es gibt eine An- zahl Militärärzte, die in jedem franken Soldaten etnen Betrüger, einen Simulanten sehen, der fich lediglich vom Dienste drüdcken will. Mit diesem System. „geht es nicht weiter. In Hanau lagen schon über hundert- Soldaten im Lazarett, ohne daß der Zivilbehörde seitens der Militärverwaltung Mitteilung gemacht worden war. Wo bleibt die gèboteie Rückffihtäahme auf die Zivil- bevölkerung? Mindestens fpreden Billigkeitsgründe dafür, den Leéutéñ, die“ ihre“ Kitdér dur diésé Epidemie verlóren haben, Ent- shädigungen zu gewähren. 20 Soldaten sind gestocben, fast alles Leute, die ihren armên Eltérn ‘eine Stüpe: fein sollten. Diese Entschädigung sollte in recht wohlwollender- Weise gewährt werden.

Generaloberarzt Dr. Schulhen: Die Massenerkrankungen in Hanau sind durch eine verhängnisvolle Verkettung von unglücke seligen Umständen herbeigeführt worden, die nur sehr-bedauert werden können. Bei der Untersuchung der Ursachen hat sich einwandfret ergeben, daß dic Erkrankungen auf den Genuß eines Kartoffelfalates zurüczuslhïren sind, in den Typhusk:ime hin-ingeraten waren, die - von. einer Kartoffelshälerin als Bazillénträgerin herrührten. Die Behauptung, daß das Cfsen shon einige Monate vorher s{lecht gewesen ist, fann auf Klagen, die dem Kriegsministerium zugegangen wären, nicht gestüßt werden, weil folche Klagen nicht eingegangen find. Daß der Aufb:ewahrungsraum des Salates an der Verbreitung det: Krankheit mit s{uld wäre, ist au nicht erwiesen. Das späte Erkennen der Krankheit erklärt fih daraus, daß die Anzeichen vorher niht.da waren; bei .Typhuserkrankungen treten. sie. häufig erst- inder zweiten Woche nah der Erkrankung auf. Nakläisigkeit in dieser Be- ziehung ift gleihfalls' nit erwiesen. Mit. allem Nachdruck muß. i Einspruch gegen die Behauptung erheben, daß Militärärzte die Kranken; deren Erkrankung sie niht sofort erkennen können, als Simulanten ansehen; Simulantenriecherei wird aufs allers{härfste perhorresztert. Ob die Zivilbehörden zu spät unterrihtet worden sind, darüber kann ih-nichts fagen; es bestehen aber in dieser Beziehung gesepliche Vor- schriften, die siherliÞ befolgt worden sind. In der Kommitision_ ist bereits über die Unterstüßung der durch den Verlust: ihrer Söhne \chwer betroffenen Familien gefprochen worden; ih bin ermächtigt, zu erklären, daß alle derartigèn G-suhe durchaus wohlwollend auf- genommen werden sollen» Der traurige Vorfall hat selbstverständlich Anlaß geboten, die bestehenden Vorschriften aufs neue einzu\{chärfen, um der Wiederholung folher Katastrophen vorzubeugen. Mt be- sonders warmem Dank muß hierbei der Schwestern der Hanauer Diakonissenanstalt und des Vinzenzhaufes gedacht werden, welche die Aerzte und das Pflegeperfonal unterstützt haben; manches Soldaten- leben ist dadurch noch gerettet worden. j

Abg- Hoh (Svz.): Die Verwaltung hat \{einbar aus dem traurigen Vorfall in Hanau nichts gelernt. Man kann doch ver- langen, daß solhe Fracen niht einfach dadurch exledigt werden, indem man e:Élärt, es ist alles in: Ordnung« Bei meinen ersten Aus- führungen habe ih mich fehr zurückgehalten. Ich nahm an, da man das Unglück ja nicht ungeschehen machen kann, daß man aber alles tun würde, um derartige Unglücksfälle für die Zukunft zu verhüten. Wenn man abex- nun meint, es ist alles tn Ordnung, dann wird man solche Fälle für die Zukunft niht verhinderù können. Dem NRegierungevertreter sind Klagen über schlechtes Essen nicht zu. Ohren gekommen. Aber die Verwaltung hätte sich bei den Eltern erkundigen können. Mir wenigstens find Briefe von verstorbenen Soldaten an ihre; Eltern zur Verfügung estellt worden, worin sie ih: direkt über das s{lechte ssen beschweren. Festgestellt ist doch \die Höhe der Preise. Ein jeder sicht doch ohne weiteres ein, daß man dafür keine gute Ware verlangen kann. Hier müßte man andere Inftruktionen erlassen und höhere Summen auswerfen, um bessere Waren kaufen zu können. Ich habe nicht behauptet, daß die Militärärzte in der Regel jeden Kranken als Simulanten betrachten, aber das geschicht do sehr oft. Der Zweck meiner Ausführungen war nur, die Militärbehörde zu be- wegen, für die Zukunft Vorkehrungen zu treffen.

Preußischer Kriegsminister, General der Von DEerInaen: :

Meine Herren! Der Herr Abgeordnete hat \ozusagen offene Türen eingestoßen. Es ist eine ganz selbstverständlihe Pflicht der Militär- verwaltung, daß fie für die Gesundheit der Soldaten bis zur äußersten Grenze zu forgen hat, daß man in einem fsolchen Falle wie dem Hanauer alles tut, was zu tuen ist und das hat der Herr Kom- missar meiner Behörde {hon ausdrücklih betont. Anders liegt es damit, ob hier jemandem eine Schuld beizumessen ist. Das muß in Abrede gestellt werden. Es liegt kein Grund vor, hier zu sagen : es isr niht alles in Ordnung. Es ist von uns, ehe der Herr Abg. Hoch auftrat, alles untersuht worden. Hat der Herr Abg. Hoch weiteres Material, dann bitte ih, es mir zu überlassen; dann werde ih der Sach? nähertreten. Aber mit allgemeinen Klägen kommt man der Sache nicht näher. (Sehr richtig! rechts) Sie werden meiner Versicherung glauben können: wir haben das eigenste Inter: esse, daß Klarheit geschaffen wird, und diese ist, soweit e möglich war, geschaffen. (Bravo! rets.) Darin {ließe ih meinerseits au diejenigen Erwägungen und Maß- nahmen ein, mit denen man eine Verhinderung solcher bedauerlichen Vorfälle für die Zukunft herbeiführen kann. Daß die Frau, die in der Küche beschäftigt ist, Bäzillenttägerin getvesen ist, dafür kann niemand etwas. Unsauberkeit is tin der Küche niht vorhanden gewesen. Wenn der Herr Abgeordnete darauf hingewiesen hat, daß die Preise für die Lebensmittel in Hanau derartig niedrig gewesen wären, daß dafür an Qualität genügende Lebenêwmittel nicht zu beschaffen gewesen wären, so werde ih-der Sache nähertreten.

Ich möchte dann noch weiter dem Angriff, den der Herr Abgeordnete meinem Gefühl nach gegen unsere Sanitätsoffiziere gemacht hat, entschieden entgegentreten. Selbstverständlih find unsere Sanitätsoffiziere au} Menschen, wie wir alle, und etù jeder kann einmal vorbeigreifen, auch in seiner Diagnose, wie das ja auch dem Zivilarzt zustoßen kann, abèr die Armee kann unserem Sanitäts- offizierkorps nnr außerordentli dankbar sein, ebenso wie diejenigen, die ihre Söhne in die Armee aufgenommen sehen. Das zeigt deut- lih, wie der Gesundheitszustand der deutschen Armee \sich von Jahr zu Jahr bessert. Jch- darf darauf hinweifen, daß in den leßten 35 Jahren die Erkrankungen um fast 30 9/9 heruntergegangen sind und alljährlich noch weiter heruntergehen. Sehen Sie ih die ver- schiedenèên anderen Armeen an, und Ste werden mir zugeben, daß gerade in bezug auf die Gesundheitsberhältnisse die deutsche Armee stolz sein kann. (Bétfall.)

Abg. H o ch (Soz,) :

Infanterie

Z Der Minister irrt, wenn er. glaubt, ich hätte meine Ausführungen „ohne Grund gemacht. Wir haben eine mindestens ebènso gute Fühlinig mit den Soldaten. Es sind ja unfere Söhne, um die eg sich haudelt. Ich habe auch keine allgemeine Angaben gemacht. Ih kann dem Kiuegsministcr allerdings uicht die

«

Klarhei” *“

Briefe vorlegen. Denn es besteht die Gefahr, daß man gegen die- jenigen vorgeht, die mir das Material gegeben haben. Die Leute pet mich direkt gebeten, das nicht zu tun, damit sie keinen Schaden aben.

& Kapitel Pfêërdebe eht 3492775 4 vor.

Die o N dUr YO Berichterstatter Gans Edler Herr zu Putliß vor, 585251 4 abzuseßzen. Gleich- zeitig wird an Stelle von 72000 #4 Entschädigung für die Pferdehaltung eine Summe von 8355 920 46 eingeseßt. Die Enlschädigungen für nichtbezogene Rationen fallen in Zukunft fort. Die Generale sollen in Zukunft auch nur 1500 anstatt 2400 6 befommen.

Preußischer Kriegsminister, von Heeringen:

Metne Herren! Sie müssen mir gestatten, daß ich zu diesem Käpitel ‘von vorn herein einige Worte sprehe. Der Vorschlag, wie ihn die verbündeten Regierungen in den Etat aufgenommen haben- entspriht durchaus den früheren Vereinbarungen mit dem Reichstag. Im Jahre 1875 wurden bekanntilich die Höhe und der Umfang der Vergütungen für niht bezogene Rationen auf Antrag dcs verstorbenen Abg. Nichter hier durch Beschluß festgescßt. Dann wurde im Jahre 1885 durch eine Refclution des Neichstags verlangt, daß Pferdegelder unter Verminderung dec Nationen eingeführt würden. ODaraufhin wurde in den Jzxhren 1891/92 zunächst für- die Offiziere ausschließlich Negimentskömmandeur und bann, als im Jahre 1897 der hohe Neichstag eine Nesolütion faßte, daß auch die Regiments- tommandeure Pferdegeldec bekommen sollten, auch für diefe Pferdegelder eingeführt. Die ganze Angelegenheit it also nach Vereinbarung mit dem Neichstag geregelt worden, und der jeßige Vorschlag. der. Regierung. tritt -auh durchaus wieder- auf diesen Boden, indem er nämlt{ch nun auG für die Gêneralé eine Vérininderung : der Nationen und dafür Bewilligung: von Pferdégeldern vorschlägt. Das bedeutet zunächst allerdings eine kleine Köfteierhöhung, für die Zukunft aber eine Ersparnis.

Der Antrag, wie ex hiér. vorliegt, will aber das Gegenteil davon. Die Offiztere, die bisher für nit bezogene Natibnen eîne Vergütung bekamen, sollen die Nationen verlieren, aber keine Ver- gütung bekommen - und au; keine Pferdegelder. Es ist also mit andern Worten eine Einkommensverminderung für die Offiziere, und zwar an det: “allêrempfindlihsten Stelle; denn jevem, der mit Pfexdebälting Bes(eib weiß, ist bekännt, wie ih die Kosten für die Pferdehaltung in den legten Jahren ge- steigert haben und \peztel für den Offizier, an dessen Reitfähigkeit besonders im Gelände von Jahr zu Jahr. mehr Anforderungen ge- stellt werden. Die Kosten gehen jeßt bereits weit übér das: hinaus,

General der Infanterie

was als Entschädigung im Etat von Jhnen erbeten wird, sodaß -

manche Offiziere finanziell überhaupt daran zugrunde gehen (fehr ritig! rechts Widerspcuch links), daß, wenn wir in Zukunft für unsere höheren Offiziere vom General an aufwärts keine Pferdegelder bekommen, cs sehx fragli®) ersheint, ob wir überbaupt noch jemand anders als einen vermögenden Offiziér in die Géneralflellung bringen können. (Sehr rihtig! rechts.) Däs ist ein durchaus ungesunder Zuständ, der gewiß auch. von Ihnen nit beabsichtigt wird. Es roixd immer auf die kommandierenden Generäle hiügewiesen. Deren Einkominen entspricht lèdiglih ihrer hohen Verantwortlichkeit und

dem, was: von ihnen zu leisten verlangt witd. Neben den kommät-

dierenden Generälen ‘kommen aber auch die Divisions: urid Brigade- generäle, die erheblich geringer: bezahlt find:

Ih kann nur befürworten, daß bis zur dritten Lesung irgendein Weg gefunden wird, der für die Dienstaufwandsausgaben, um die es sich hier handelt, in irgend einer Weise einen Ausgleih \hafft. Jch würde es für sehr unbillig halten, wenn den Herren einfach das Geld weggenommen wird, nachdem wir im guten Glauben, eine Regelung in dem Reichstag auf der bishertgen Grundlage anstreben zu dürfen, Ihnen. diesen Vorschlag -unterbreitet haben. (Bravo! rechts.)

Abs. Gans Ebler Herr zu Putliß (dkons.): Ich kann nur im-Namen meiner Freunde erklären, daß wir gegen die Fässüng des Kommissionsvorschlages stimmen werden.

Abg. N os ke (Soz.): Ueber die Bemerkung des Kriegsministers kann ich nur mein Erstaunen aus\fprechen. Die neuen Nüstung8- vorlagen sind auf die Treibereien hoher Offiziere zurückzuführen. Wenn irgendeine Gruppe von Angehörigen des Deutshen Reiches eine Pflicht hat, zu den Opfern der Heeresvorlage, zum-Wehrbeitrag beizusteuern, fo sind es die hohen Generale. Ich begreife niht, wie diese- sich wegen der 900 16, die sie hier weniger bekommen follen, so ausregen. Es wird Pferdefutter bezahlt für Pferde, die sie gar nicht halten. Gegen diese blinden Nationen ist immer wieder Stellung genommen worden. Wir haben in der Pressé gelesen, daß zu den Notleidendsten - in Deutschland die kommandierenden Generale gehören. Dabei erhalten sie im ganzen etwa 60 000 6. Das soll ein unzureihendes Einkommen feia! Seit einer Anzahl von Jahren wicd überdtes den komman- dierenden Generalen auch ein Automobil zur Verfügung gestellt. Es hätten noch viel weiter gehende Ersparnisse gemacht, die Zahl der Pferde vermindert werden müssen durch Einführung. technischer Neuerungen. Dies leßtere geschieht leider niht. Es sind jeßt noch neue Stellen ges{afffen worden. Es würde manchen Offizieren keine Perle aus der Krone fallen, wenn sie vom hohen Noß herabstiegen und sih auf ein Fahrrad seßten. Es ist mérkwürdtg, A der Kriegs- minister die einzige Gelegenheit zu sparen hier vorübergehen läßt.

Gegen die Rechte und die Nationalliberalen wird der höhere Ansaß des Etats abgelehnt und die Ausgaben nach den Kommissionsanträgen festgeseßt.

Bei den Ausgaben für die Verwaltung der Remonte: depots bemerkt der

Abg. Schmidt - Meißen (Soz.): Die Militärverwaltung könnte auf allen möglihen Gebieten sparen, aber fie liebt es, mit vollen Händen auszugeben. Allerdings spart sie auf einem Gebtete, wo es am wenigsten angebracht ist. Die sächsis{hen Remontearbeiter gehören zu den s{lechtest entlohnten Arbeitern, die es aibt. Im Winter erhalten sie nur 1,50 4, wovon ihnen noh das Krankengeld abgezogen wird. Besonders niedrig sind die Löhne der Arbeiterinnen : die Arbeitszeit ist eine sehr länge, die Frauen können zur Arbeit gezwungen werden; das steht in dem Vertrag. Sie können von der Arbeit nur fernbleiben, wenn die Militätverwältüng dîe Gründe anerkennt. Das Krankengeld beträgt für den Mann nur 759 H, für die Frau gar nur 27 „4. Als die Arbeiter von der Verwaltung höhere Löhne verlangten, wurde ihnen die Antwort zu- teil: Wenn Jhnen die Arbeit niht paßt, so können Sié ja geben. Gin Wunder, daß sie überhaupt Arbeiter findet. Nun, die Ver- waltung holt alljährlich Hunderte von Arbeitern wie die Privat- unternehmer aus dem Auslande, Polen und Galizier: Sd sieht dêr Schuß der nationälen Arbeit aus! Hier müßte \{chleunigst Nemedur ge¡chasfen werden.

Säbsischer Generalmajor Freiherr Leuckart von Weiß- dorf: Die bestehenden Vorschriften über die Nemontedepots werden auf das strengste befolgt; es werden die üblichen Säße bezahlt. Die Viilitärverwaltung hat eine Steigerung ter Löhne eintreten lassen

Die Arbeiter erhalten-Deputat- Auch- in ‘sozialer Beziehung sie gesorgt. Auf die Uebertreibungen des Vorredners kann ih nit näher eingehen. bls

Abg. Schmidt - Meißen (Soz.): Der sächsis{e Vertreter hat nicht eine einzige Tatsache bestreiten können, die ih vorgetragen habe. (Fine Steigerung der Söbne soll {hon eingetreten fein; i habe hier die vom 1. Januar 1913 datierten Verträge, die auf 50 4 Lohn jährlih lauten.

Zu den Ausgaben für „Reise- und Umzugs-, Vorspann- und Lransportkosten“ bemerkt der

Abg. Nos ke (Soz.): Gegen die unautgeseßzte Steigerung dieser Ausgaben hat der Netchstag und seine Budgetkommission- andauernd angekämpft und s{ließlich auch Erfolge errciht: Die Erörterungen fanden meistens bei den Rechnungen statt, wo geradezu un- heimlihe Ueberschreitungen dieses Kapitels konstattert waren. Jnformations- und ODiéenstreisen find in einer so großen Verivalkung notwendig ; aber auch hier laffen sih die Sachen in j funft noch. erheblich billiger machen. „Eine durchgreifende - Reform fann nur erfolgen mit der gleidzeitigen Reform des Militär- intendanturwesens. Um ganz unmilitärisce Verroendung von Sol- daten {eint es sih jeßt wieder bei der Verwendung von Pionieren bei Arbeiten auf der Saalburg zu handeln; der Kaisér soll sie zu Schanzaxbeiten nah römishem Vorbild kommandiert haben. Der militärische Zweck dieser Uebung erscheint um fo unklarer, als mit- geteilt worden ist, daß dke Soldaten mit Werkzeugen arbeiten müssen, die denen der römischen Soldaten nachgebildet find. Es liegt die Ver- mutung nabe, daß es sich hier nicht im allerettferntesten um notwendigéè Arbeiten zur militärishen Ausbildung der Soldaten handelt, sondern um eine Verwendung um einer Privatliebhaberei des Katsers willen. Vor einigen Jahren mußten ja auch Soldaten das Romintener Jagd- evier des Káisers - herrihten. Das Heer ist eine Reihsinstitution und wird vom Volke bezahlt, setne-Einribtungen find nicht für den Privatgebrauch und die Privatliebhabereien der Fürsten da. Es werden neuerdings oft Negimenter so verwendet, als ob sie etne Privatliebhaberei der Fürsten seien. Das Nathénower Husaren- regiment wurde nach Berlin und zurück befördert, um hier eine halbe Stunde Spalier für ein fürstlihes Brautpaar zu bilden; Vir haben keine Steuergroshen für solche unnötige Verwendung. Vir müssen uns verbitten, daß unsere Söhne im Soldatenrock zu folher Paradespielerei verwendet werden. Der Kriegsminister spra in der Kommission aus diefem Anlaß von “einer besondèrs freudigen Stimmung im Volke. Diese Stimmung kennen wir besser als der Kriegsminister; es macht sehr viel böses Blut, wenn für rein höfishe Zwecke Retchsmittel vershleudert werden. Der Kriegs- minister hätte damals Einspruh gegen diefe Verwendung erheben müssen; das hat er unterlassen. Da muß ab und zu einmal ein Ton von“ der wahren deutshen Stimmung aus dem Reichstage zu ihm dringen. Es wird endlich Zeit, daß man einsehen lernt, daß die Zeiten des Abfolutismus vorbet sind.

Preußischer Kriegsminister, von Heringen:

Die Motive, welche für die Heranziehung des Ziethen- husarenregiments nach Berlin maßgebend gewesen sind, habe ih bereits in der Budgetkommission erörtert; sie liegen wesentlih auf dem tnnerpolitishen Gebiet. Dieses alte und populäte Regiment stand mit dem ehemaligen hannovershen Königshause in ganz nahen Beziehungen (hört! hört! rets), indem sowvhl der Urgroßbater wie der Großbater des jeßigen Prinzen-Bräutigams Chefs des Regiments waren. (Zurufe von den Sozialdemokraten.) Nun follte der Moment, wo der Stammhalter der ehemaligen hannovershen Königsfamilie in die preußische Armee eintrat, ganz besonders unterstrichen werden, und dazu wurde die Heranziehung dieses Regiments gewählt, um die Ver-

General der Jnfanterie

Flindung zwishen dem Regiment und dem leztèn Stammhalter der

Königsfamilie wieder aufzunehmen. Das ift der innerpolitishe Zweck gewesen und der hat durchaus seine Berechtigung. (Sehr wahr! rets.)

Was die Schanzüb ungen auf der Saalburg anlangt, so will ich Ihnen etnen Auszug aus dem Béricht der 2, Pionier- inspektion in Mainz geben. Danach hat der Kaiser: die Uebung ge- nehmigt in der Nähe der Saalburg auf etner Waldblöße, die fch zu Schanzarbetiten eignet:

Diese Arbeiten sagt die Pionierinspektion

boten insofern besonderes Interesse und Belehrung, als es si nicht nur um Erdarbeiten in sehr s{wierigem Boden, sondern auch um Bekleidungs- und Flechtarbeiten handelte, die aus Mangel an Strauhwerk in der Garnison nur in ganz unzulänglicher Weise vorgenommen werden können (achen bei den Sozialdemokraten), die aber für die Ausbildung im Festungökrieg von außerordentlichem Wert sind. (Zuruf von den Soztaldemokraten: Namentlih mit den römischen Instrumenten!) Ah, das ift ja nur Auspuß bei der Sache gewesen. Diese Arbeiten wurden um so lieber übernommen, als es dadur möglich wurde, die technishe Ausbildung der Bataillone in sehr erwünshter Weise zu fördern, ohne daß dadur dem Militärfiskus Kosten entstanden sind. Sämtliche persönlihen und \ächlichen Kosten sind aus nicht staatlihen, sondern aus \olchen Mitteln be- stritten worden, welhe dem Saalburgfonds von privater Seite zugeflossen find. (Hört, hört! rets.)

Es sind also gar keine Auùsgaben für das Reich dadur ent- standen, und nach Ansicht der für die Ausbildung verantwortlichen Kommandéure ist hier eine Förderung der Ausbildung eingetreten. G ist eben cine Waldübung, wie viele andere derartige Uebungen in Laufe des Jahres stattfinden. Die Pionierbataillone begrüßen solhe Gelegenheiten, wo sie in der Lage find namentlich auf Kosten anderer, venn ih das in Parenthese sagen darf (sehr richtig! rechts. Lachen bei den Sozialdemokraten), etne militäris{e Vebung im Gelände ab- halten, mit großer Freude. (Lebhafter Beifall rechts. Lachen bei den Sozialdemokraten.)

Die Kösten für das Erziehungs- und Bildungswesen und a fon Militärgefängniswesen werden ohne Diskussion ge- ethmigt. j

_Es folgen die Ausgaben für das Artillerie- und Waffen- vejen und für die technischen Jnstitute. Hierzu liegt ein An- irag der fortschrittlichen Volkspartei vor, der für die An- lellungs- und Arbeitsverhältnisse der in den Reichs- und Ciaatsbetrieben Angestellten und Arbeiter eine Reihe von ïeuen Gesichtspunkten aufstellt. /

Abg. Büchner (Soz.): Man hätte erwarten sollen, daß die Verwaltung den von uns actraltin Resolutionen auf eine Besser- tellung der Arbeiter in dén Dlilitärwerkttätten einigermaßèn Rech- "ung tragen würde. Sie“ hat aber nichts getan. ir verlangten namentlich besseren Wochenlohn, ohne Abzug der Wochenfeiertage, ‘weiterung des Sommerurlaubs und Einstellung der Arbeiter, ohne Rücksicht auf ihre politishe Gesinnung. Es ist einer der {limmsten lebelstände in allen unseren Staatsbetrieben, daß alles nach Gunst,

ift: für :

nah Gunst der Vorgeseßten geht. Arbeiter, die sich lieb Kind zu machen wissen, werden, wenn sie auch als Arbeiter nichts- taugen, in höhere Lohnklassen versevt, Mißliebige werden drangsaliert, in niedere Lohnklassen abgeschoben und \{ließlich entlaffen, sie mögen noch fo tüchtig sein, Jn Spandau ist -die- 5. Lohnklasse beseitigt, ‘in den anderen, ter in Betracht kommenden Orten besteht sie noch beute. Die Spandauer Lohnsabe sind längst nig mehr zeitgemäß, der General- leutnant Wandel aber lehnte jede Aenderung ab „mit Rücksicht auf die Rückwirkung auf die anderen Orte“, und jeßt wird er sie wieder ablehnen „mit Rücksicht auf die Finanzen“ tus Man soll weniger „erivagen , aber mebr soziales Empfinden haben. P LUCNORTTIG ist und bleibt in den Staatsbetrieben das System der Afordarbeit. Die Akkordpreise werden von den Meistern ohne Hinzuziehung der Arbeiter festgesebt; das System der Festseßung führt zu. Preisen, roobei. der Arbeiter nicht. einmal den Stündenlohn heraus lägt._ Willkürlich werden die Akkordarbeiter- aus einer Abteilung in die andere verseßt, wo sie sih erst einarbeiten müssen; noch bevor fie fih eingearbeitet haben, werden sie wieder. verseßt, und die Folge ist, daß sie ganz ‘erheb- liche Lohneinbußen erleiden. Am \{limmsten ist dieses System in Danzig ausgebildet. (Gs wird eine frivole Ausnußzung der Arbeits- kraft getrieben. Eine Garantie des Stundenlohnes muß gegeben ‘und die Akkordarbeit abgeschafft werden; will man leßteres nicht, dann muß man die Arbeiter zu der ¿estseßung der Afkördpreise hinzuziehen. Die Krankenziffer ist spegtell in Danzig sehr hoh. Auch. das Üeber- stundenwesen ist ein rebsschaden. In Spandau klagt man be- sonders über das Antreiben dur die Meister, damit ihre Ertra- entschädigungen größer werden. So bezieht ein Maschinenmeister jähr- lich über 2000 Æ hierdurch. Bei den Inspektionen werden den Inspizierenden über die Lohnhöhe Potemkinshe Dörfer vorgeführt. Durch das Antreiben wird auch die Unfällezahl gesteigert. Aber nit genug damit, bestraft_man häufig noch die, die den Unfall erlitten haben. Die Geldstrafen übersteigen häufig den Tagesverdtenst, dazu kommt noch. bäufig eine Verseßung in eine niedrigere Lohnklasse. Im vorigen Jahre hat die Negierung eine neue Arbeitsördnung in Aussicht gestellt. Aber ncch immer gilt die alte Fabrifbibel, wie die Arbeiter die Arbeitsordnung nennen. Ungerechtfertigte Arbeitsentlassungen kommen oft sogar nach langer Dienstzeit vor. Auch über Günstlings- wirtschaft in den Betrieben wird geklagt. Nicht aufhören wollen die Beschwerden darüber, daß das Koalitionsreht mit Füßen getreten wird, Dadurch, daß man die Arbeiter zwingt, aus ihren Organi- [E EEe auszutreten, leiden sie häufig wirtschaftlihen Schaden. Der Resolution En wir in dieser Form nicht zustimmen, sie ist ein Heft ohne Klinge. Auf jeden Fall sollte dec § la der Arbeits- FTURCa E. Gesinnungsschnüffelei unter den Arbeitern bezweckt, auch in der Militärverwaltung abgeschafft werden. Auch hierfür müßte die beim Marineetat angenommene Resolution angewandt werden. Wenn die Verwaltungen solche Arbeitsordnungen erlassen, dann dürfen sie von den Arbeitern auh keine Steuern erheben. Nicht die Arbeiter sind die Friedensstörer, die sißen- auf einer ganz anderen Seite. Die Bestimmung müß aus der Arbeitsordnung beseitigt werden, die Nadel-

stihpolitik muß aufhören.

„_ Generalleutnant Wan del: Der Vorredner hat die Ver- hältnisse der Militärwerkftätten in den \{chwärzesten Farben ge- schildert. Jch will auf alle Einzelheiten niht eingehen. Die Löhne in Spatidau find“ in den leßten. Jahren erheébliß gesteigert. (Der Redner führt das. betreffende Zahlenmaterial an.) Die Anfangs- löhne der eingelernten Arbeiter- sind weséntlih erhöht wörden. Es kann also nit behauptet werden, daß die Löhne ganz be- sonders ungünstig. liegen: Die Verwaltung kommt der Verpflichkitng nach, fich nach“ dein ortsüblihen Tagelohn zu richten. Die Löhne liegen also nicht s{le{chter als die in det Privatindustrie. Erft vor“ ganz kurzer Zeit ist eine Klage einer Hahndelskaminer eingegangen, daß ‘dur die Löhne der Militärwerkstätten die Arbeiter der Privatindustrie abspenstig gemacht wérden. Der Vor- redner hat \ich darüber beschwert, daß cine Pensionskasse nicht zu- stande gekommen sei. Soll eine Pensionskasse zustände kommen, \o müssen den Arbeitern erhebliche Beiträge auferlegt werden, damit sie bestehen kann. Zurückverseßungen in niedere Lohnklassen kommen nur in ganz seltenen Fällen vor und imeistens nur dann, wenn Arbeiter wegen. körperliher Leiden leistungsunfähtg geworden {ind und eigentlich Entlafsungen vorgenommen werden müßten. Die Frage der Stüklöhne ift so geregelt, daß nit nur die Méister, sondern auch der Betriebsleiter darüber mit zu bestimiten haben. Die Stück- lôöhne werden. ausgehängt. Kuürz, es sind alle Kautelèn geschaffen. Die angeführten Einzelfälle kann {ch hier nicht na{prüfen. Ich“ werde später darauf zurückommen. Von etner Antreibérei der Meister zur Arbeit kann keine Rede sein. Daß eiù taubstummer Arbeiter bestraft wurde, nachdem er einen Unfall erlitten hatte, möchte ih bezweifeln und möhte um das Material bitten. Was die Arbeïtsotdnuñg betrifft, so sind wir im Begriff, eine einheitlihe Arbeitsordnung zu \{häfen; das ist aber feines- wegs eine leihte Saße. Es wird nicht gebilligt, wenn die Arbeiter gefraat werden, ob fie otganifiert sind oder nit. Die . Arbeiter- aus\{üsse werden dauernd gefördert, ihre Befugnisse und Rechte er- weitert. Jch habe vor wenigen Wochen eiite Deputation empfangen. Wir sind bereit, den Arbeiteräiss{hüssen möglich\t entgegenzukommen. Auf das Köalitioïsre{t und die Aufhebung des § la der Arbeits- ordnung möchte ih jeßt ni{cht eingehen. -

Abg. Trimborn (Zentr.): Ih möhte ledigli. die Wünsche verschiedèner Beamtenkreise besprechen. In Siegburg bestehen zwet bedeutende miltitärtehnishe Jastitute. IG nehme mi der Wünsche diefer Beamten geërn an. Sie sind bere(tigt und lassen sih im Nahen der Finanzgebarung sehr wohl erfüllen. Einer Reihe von Wünschen hat die Verwaltung {on Erfülluüñg zugesägt. Die Verwaltungss{hreiber verlangen {hon seit langem Etatisierung und damit. Ueberführung in das Beaämtenverhältnis. Die Leute sind Militäranwärter, haben also einen Zivilversorgungs\{hein und ver- dienen diese Berllsichtigung. Ebenso möchte ih die Wünsche der Kanzleischreiber, Betriebsschreiber, Meistergehilfen, Waffentevisoren- diatare und Laboratorium sgehilfen dem Wöhlwollen der Verwaltung empfehlen.

Generälleutnant Wandel: Wenn in der Besoldungsordnung eine Aenderung in diesem Jahr vorgenommen wird, dann ist die Möglichkeit gegeben, daß. ein Til der Verwaltungéschreiber berücfsichtigt wird. Dasselbe trifft für die Kanzleischreiber zu. Auch die Wünsche der Betriebéshreiber werden in Erwägung gezogen. Bezüglich der Meistergehilfen {weben Besprehungen, ob man sie als- Betriebsbeamte ansehen soll. Die hier bezügli der Waffenrevisordiätare und der Laboratoriumsgehilfen vorgebralten Wünsche. werden ebenfalls geprüft werden.

Abg. Ponscha b (Zentr.): Ganz besondere. Berücksichtigung verdienen die Feuerwerker. Ohne Unterstüßutig kommen sie nit aus. Um standesgemäß leben zu können, müssen sie oft Schülden machen. Auch threm Wünsche in bezug auf Erreihüñg des Titels Oberféuerwerker könnte män leiht Folge leisten.

Darauf vertagt das Haus die Weiterberatung auf Dienstag, Nachmittags 2 Uhr pünktlich. Vorher kurze Anfragen.

Schluß 71/4 Uhr.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 171. Sißung vom 21. April 1913, Vormittags: 11 Uhr. (Bericht von „Wolffs Telegraphischem Büreau“.) Ueber den Beginn der Sißung ist in der gestrigen Nummér d. Bl. berichtet worden. Das Haus seßt zunächst die zweite Berätun lage über Elektrisierung der Berliner Ringbahnen fort.

der Vor- Stadt- und

ti T

Abg. Dr: Schgube (freikonf.): Jh weise die Behauptun aurück, daß ‘unsere Haltung zu dér Mois E us Ante e ssenten der Proufttie beeinflußt ist. Wir haben unsere Stellung zu E Vórlage lediglich auf Grund der uns von der Regierung gegebenen nterlagen gewonnen, „Au die Aeußerung weisen wir zurüd, daß die Stellurig des Ministers ers{ütter wäre, f wir die Vorlage ablehnen sollten, Wir leben Gott sei Dank nit in einem rein patlamentarisch regierten Staate, sondern in einein stark monardis schen Staate, wo die Stellung des Ministers durch unsere Haltung nicht im geringften beeinflußt werden kann. Wenn es fich fer um eine Neuanlage hanktelte, würden wir keine Bedenken haben, den elef- trischen Betrieb zu befürworten. Eine andere Frage ift aber die, ob es zweckmäßig ist, für eine Umwandlung des Dampfbetriebes in elettri- \chen Betrieb solche hohe Sumtne aus uwerfen. Diese Frage müß eingehend geprüft werden, ehe man hier den ersten Schritt tut. (Abg. offmann, Soz.: Inzwischen sind {on foundsoviel tot ge- ahren!) Mit einem gewissen Erstaunen habe ih in der Begründung der Vorlage gelefen, daß die Wirtschaftlichkeit des Stadtbahnbetriebes sehr gering ift, sodaß nit einmal die Einnahmen die jährlichen Be- ftelteitee Ren en, und da Ï etgenden Feblbetrage zu rechnen hat. as ist nun an diete s rentabilität Guld? Nach der Begründung e Vorläge Ane 2 beinahe auf den Gedanken kommen, daf der Dambfbetrieb diese Un- wirtschäftli{keit herbeiführe. Davón kätin aber im Ernst keine Nete sein. _Die Unrentabilität beruht allein auf den zu niedrigen Tarifen. Die Cisenbahüberwaltung hat gegen die Gesamtbeit der Steuerzabler die Pflicht, für die Deckuñng von Fehlbeträgen zu sorgen, Wir tönnen die Tarife ja mcht mrtbestimmen, der Stadt hat die Tarif=- hoheit allein, und wir fönnen nur die Erivartung und Hoffnung gus- \pre{én, daß der Staat davon einen Gebrauch mat, daß nicht die Gesamtheit der Steuerzähler zu leiden hat. In der Darstellung der Mi stände durch die Veberfüllung der Züge wird mit außérordent- lichen ébertréïibungen gearbeitet, z. B,“ damit, daß die Kinder ins Gepäckneßz gelegt werden. (Abg. Hoffmann, Sóz.: UVébèrzeugen Sie 1ch doch, fahren Sie do einmal zu der Zeit!) Ueberfüllungen der. Gifenbahnén fommen au außerhalb ‘Berlins vor, Und cin regel= mäßigér Betrieb kann sich auf solche Ausnahmeerscheinutigen üiht ein- richten. Wenn an Sonntagen der sieben- bts achtfahe Verkehr be- wältigt wird, so kann die Veberfüllung an Wowentagen nit so groß scin. Die UVéberfüllung besteht bis zu einem gewiffen geringen Grade au bei anderen Verkehrsinstituten, z. B. bei der Straßenbahn, und solhe Erscheinungen sind nun einmal unvermeidliß. Kein Unter- nehmen fann feine Einrichtungen o treffen, daß sie jeder Mög- lichkeit des Verkehrs gewahsen wären. Der Minister sieht die ein- zige Möglichkeit der Abhilfe in der Ausbildung des Verkehrs bis zur äußersten Grenze der Anspannung. Wir sind nit ganz dieser Mei- nung, sondern wünschen eine Gntlaftung der Stadtbahnstrecke von 14 Kilometern. Diefen Weg hat ja die Cisenbahnverwaltüng son mit Erfolg an- den Sonntagen beschritten, indem fie die Nord- ünd Südringzüge Sonntags niht mehr über die Stadtbahn fahren läßt damit der durhgehende Vorortverkéhr besser befriedigt werdèn kann. Diese Entlastung geht so weit, daß jeßt diè Zahl der Züge anm Sonn- tag auf der eigentlihen Stadtbahn geringer ist, als die an den Lochentagen, Wir méinen, daß dieselbe Entlastung au an den Wochentagen mögli wäre durch die weitere Ausbildung der Voll- ringzüge „Oder von Peñdelzügeñ, je nachdem man das eine oder das andere für äiveckmäßig hält, Jedenfalls muß dann auf der Stadt- bahn auch der Tarif zweckmäßiger gestaltet werden. Es bätte ih wohl in der Kommission empfohlen, die Frage der Entlastung ein- gehender zu prüfen, aber es stand die Frage der Deckung allzusehr in dem Vordergrund. Wir haben Bedenken, ob der geplante Betrieb“ von 1:4 Minute wirkli duïchzüführen ist. Wenn er auf der Londoner Stadtbahn wirklich durchgeführt wird, so haben dort die Züge nur vier oder sech8, und in Ausnahmefällen acht Wagen: Abèr bei unse- ren dreizehn Wagen wird dieser Betrieb wohl nmcht durchzu=- führen sein. . London hat auch nit entfernt die Stärke dés Vetr- tebrs, unseren Sonntägsausflugberkeht kennt man in London nit. Der: 114-Minutenverkehr witd aber dann versagen, wenn er für den kolossalen Andrang am notwendigsten ist. Im Jahre 1911 fmd 328 Millionen Personen befördert wordén, 1916 rechnet man mit 400 Millionen, also. tnit einer Steîgerung von nahezu 22 %. Diese Per- sonenzahl ist 1911 auf 19/4 Millionen Zugkilometer befördert worden, sür 1916 nimmt man 31 Millivnen Zugkilometer an, also eine Erz hohung um 60 %. Für das Mehr von 22 % Personen rechnet man alfo mit einem Mehr von 60 5 Zugkiloieter. Das ift eigentümlid. Wenn man da sagt, ‘daß nah der Elektrisierung die Züge leichter ge- teilt und dem Vetkehrsbedürfnis angepaßt werden könnten, so müßte sich der Vörteil in der Zähl der Wagenächskilometer ausdrü&en. Aber während dië angegebene Personenzahl im Jahre 1911 auf 531 Mil- lionen Wagenachskilometer befördert wurde, sollen 1916 1006 Wagen- acbsfkilometèr gefahren werden; das wäre eine Erhöhung um 90 2. Die leistungsfähigste Stadt unserès Staatés könnte aub ehvas für die Entwicklung unseres Verkehrswesens tun. Wir laffen uns bei unserer Entscheidung nür von dem Gedanken der ausgleihenden Gez rehtigkeit leiten. j Abg. Schmeddin g (Zentr.): Ih werde mit einem Teil meiner Freunde zusammen für den Kommissionsantrag stimmen. Wir lassen uns hierbei von demselben Grundsaß leiten, den der Abg, Würmeling ausfprach, er wolle keine Ausnahme machen. Dieses würde abèr: ein- treten, wenn Berlin und seine Vororte mitherangezogen werden sollten, Bisher war es immer Gründsaß, daß alle Einrichtungen zur Aufrechterhaltung des Verkehrs vom Staate getragen werden müssen. Nur bei Nebenbahnen war es bisher statthaft, die Anlieger für die roten mitheranzuziehen. Will man den Máäßstab anlegen, daß Berlin die Kosten mittragen müsse, weil \sih der Verkehr in thm so entwickelt hat, dann könnte man auch bei Cinlegung von Zügen diejenigen zu den Kosten mitheranziehen, derentwegen die Einlegung notwendig ist. Der Herr Vorredner meinte, die Berbesserung läge niht im ele des ganzen Landes. Das ist aber bier doch der Fall. ân darf nicht übersehen, daß es sich hier ja nit um eine neue Eisenbahnlinie, sondern lediglih um eine Aenderung der Be- triebsform handelt. Wollte man aber auch den Kommissionsbesc{luß deshalb ablehnen, weil die Wünsche anderer Gegenden nit erfüllt sind, dann würde man Kirchturmpolitik treiben. Die Gegner der Vor- lage meiñen, daß eine Verbesserung in der vorges{lagenen Form nit moglich sei. Auch diese Frage ist einwandfrei widerlegt worden. Von seiten der Regierung ist nun dringend betont worden, daß die Gntwicklung des Verkehrs eine Aenderung nötig mat. Wir D bes bisher noch immer alljährlih große Beträge bewilligt für den Aus- bau von Bahnhöfen und für andere Betriebszwecke. Ueberall wies die Verwaltung nach, daß die Verbesserung notwendig ist. Jeder, der offnen Auges die Verhältnisse auf der Stadtbahn und der Vorort- bahn sich. ansieht, der wird ohne weiteres anerkennen müssen, daß es niht mehr so weiter gehen kann wie bisher. Seit 8 Jahren fahre ih täglich zwei oder mehrere Male, und i bin erstaunt, wie sich der Verkehr entwidelt hat. Richtig ist auch nicht, daß der Bau von Kon- kurrenzlinien eine Minderung des Verkehrs herbeiführt. In den leßten 20. Jahren ist eine große Menge von Straßenbahnen und Omnibuskinien zugekommen. oem hat der Verkehr auf der Stadt- und Ringbahn nicht ab-, sondern zugenommen. Deshalb kann man hier sagen: der. flüge Mann baut vor. Man warf der Ver- waltung früher immer vor, 8 sie mit ihren Maßnahmen nachhinke. Jett geht sie äuf einmal zu \{nell vor. Selbst eine Abnahme des Verkehrs in einem Jahre beweist nihts. Man muß immer mit einer längeren Periode renen. Nach den bestimmten Erklärungen der Regierung und im Hinblick auf die tatsählihen Verhältnisse, von denen sich jeder tägli überzeugen kann, wird sich. keiner der Auf- fassung verschließen können, daß eine. Verbesserung des Betriebes auf der Skadt- und Ningbähn Und. vielleiht auch auf einigen Vorort- strecken notwendig ist, Vb dies. auf allèn den eventuell not wendig. ist, diesé Frage: i60 allerdings erft genau geprüft werden.

man mit einem G

Weder auf Grund der Reichsbetfassung noch auf Grund der Verkehrs. ordnung. kann éine Verpflichtung des Zweckverbandes zum Ausbau der Stadtbahn konstruiert werden. Wenn man aber abwarten wollte, bis

der Zweckverband [ih der Säche annimmt, dann hieße das die ganza