1913 / 97 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 24 Apr 1913 18:00:01 GMT) scan diff

für den ganzen Staat erwünscht. ntrag von Pappenheim stimmen. : Aba, r. BVe(ckéêr- Siüegkreis (Zentr.): Der ux prüngliche Widerstand gegen das rheinise Zusammenlegungsgeseß ist mit der Fu verschwunden. Die beteiligten Korporationen, wie Landwirt- @&aftskammer usw., baben nichts gegen diese Vorlage einzuwenden gevabt, Ich bätte allerdings gewünscht, daß die Bestimmungen des eltenden Geseßes aufrecht erhalten worden wären, daß bei einem Widerspruch von */ der Eigentümer die Zusammenlegung zu unter- bleiben habe, aber ih will mi jeßt doch begnügen. Den größten Wert lege ih dagegen auch auf die VBereinheitlihung des Zusammen- legungsverfahrens. Unfere Beschwerden geaen das jeßige Berfahren liegen an dem Mangel der Mündlichkeit und der Oeffentlichkeit des Verfahrens. Alle sonstigen gerichtlichen Angelegenheiten vollziehen fich. jeßt in mündlicher und öffentlicher Verhandlung, nur das land- Wirtschaftliche Ressort kennt diese moderne Entwicklung noch nicht. Generalkommissionen und Oberlandeskulturgerichte haben noch das alte Verfahren. Ich hoffe, daß ein Gesetz zur Abänderung des Ver- fahrens nit allzu lange auf sich warten lassen wird. Jch bitte Sie, den Antrag Stupp einstimmig anzunehmen.

Abg. Wallenborn (Zentr.): Da die Bestimmung der Vor- lage, daß diejenigen Eigentümer die in der beschließenden Versamm- lung nit anwesend sind, als zustimmend gerechnet werden, vielen An- stoß erregt hat, so haben wir in der Kommission diese Vorschrift be- deutend gemildert. Im füdlichen Teile der Rheinprovinz, im Be- zirk des Trierschen Bauernvereins, ist die Zustimmung zu der ZU- jammenleguñg bedeutend im Wachsen begriffen: wir haben bei Er- bebungen darüber viele zustimmende Antworten erhalten, wenn es au wie überall noch einzelne Unzufriedene gibt. In die Bestimmun- gen über die Zusammenlegung in den Quellgebieten der hocwasser- gefährlichen Bäche haben wir in der Kommisston die Vors

Dagegen werden wir gegen den

schrift eingefügt, daß Flächen, die sich zu Wiesen und Weiden eignen, nicht aufgeforstet werden dürfen. Dies wird wesentlih ber viehzucht- ‘treibenden Bevölkerung in der Rheinprovinz dienen.

Abg. Gerhardus (Zentr.) beklagt es, daß die Haubergs- ordnung im Rheinland der Beschaffung von Weideland und Wiesen für die Viehzucht und der Aufforstung von Hochroald Schwierigkeiten mache, und wünscht einen Zusammenhang der kleinen Haubergs-

genossenschaften. Abg. Heckenroth (kons.): Jh begrüße besonders die Be- siimmungen der Vorlage, welche der Hochwassergefahr durch die Er- möglichung der Aufforstung vorbeugen wollen, sowie die Bestimmun- gen, die die Anlage von Weide- und Wiesenland fördern werden: die Beschaffung von Weiden und Wiesen ist für die Viehzucht dringend erforderli, und mit diesen Bestimmungen wird das Geseß in der Rheinprovinz sih viele Freunde machen. Wir bitten aber dringend, „daß der Niederwald in der Nheinprovinz in Hochwald übergeführt und. daß er in den Besiß der Gemeinden gebracht wird. Wenn die armen rheinischen Gemeinden ibre fulturellen Aufgaben weiter er- füllen sollen, so muß ihnen eine Bermögensquelle beschafft werden,

und das ist nicht anders möglich, als daß ihnen Wald gegeben wird.

Abg. Brors (Zentr.) bemängelt die Bestimmungen des Zu- sammenlegungösgeseßes, nach denen für entzogenes Land unter Umständen auch statt der Wiederzuweisung von Land eine Abfindung in Geld ge- geben werden ftann.

Minister für Landwirtschaft, Dr. Freiherr von Schorlemer:

Meine Herren! Ih darf den letzten Herrn Vorredner ver- weisen auf die Ausführungen, welche in der Begründung des Gesetz- entwurfs und auch in dem Bericht über die Verhandlungen der Kommission dieses Hauses enthalten sind. Es gebt aus ihnen klar hervor, daß die in Frage stehende Bestimmung, daß bei der Abfindung ‘nit mehr als- 3% in Geld gewährt werden solle, allein für die ‘Rheinprovinz Geltung ‘hat, und daß in sämtlichen übrigen Gesezen

eine derartige Bestimmung nicht enthalten is. Der Anlaß dieser Bestimmung, daß in Geld niht mehr als 30/4 des Gesamtwertes

“gezahlt werden foll, ist in der Begründung des Gefeßentwurfs an- gegeben und auch von dem Herrn Berichterstatter erläutert worden. Es handelte sich in der Rheinprovinz darum, daß es damals, als das Géseß vom Jahre 1885 erlassen wurde, stillshweigende Hypo- Mere gab Man wolllé also den aus den Hypo- thekenbühern niht ersichtlichen Hypothekengläubiger nicht da- durch s{hädigen, daß für das Grundslüt eine größere Geldabfindung gewährt und infolgedessen die Sicherheit des Gläubigers verringert wurde. Das ist der Grund gewesen, der diese Bestimmung für die Rheinprovinz herbeigeführt hat! Auch wenn der Beschluß der Kom- mission angenommen wird, bleibt immer der Grundsaß bestehen, der auch in den anderen Provinzen festgehalten ist: daß der Ausgleich in erster Linie in Land erfolgen \oll. Es hantelt sich bei der Geld- abfindung immer nur um verhältnismäßig kleine Beträge; die Be- s{ränkung der Geldabfindung auf 3%/ würde sehr ungünstig wirken, weil fonst zuweilen unwirtschaftliße oder unzweckmäßige Land- parzellen gegeben werden müßten, um den Bestimmungen des Ge- seßes zu genügen. Ich glaube, alle Bedenken des Herrn Vorredners werden ausgeräumt dur die Grklärung, daß nach den geseßlichen Be- stimmungen grundsäßlich Land gegen Land ausgetauscht und ausge- glichen werden muß und die Geldabfindung nur als Ausnahme ein- tritt, selbstredend nur insoweit, wie in Land eine entsprehende Ab- findung niht gewährt werden kann.

Es haben dann die Herren Abgg. Gerhardus und Heckenroth no- mals auf die Verhältnisse ihrer heimatlicen Kreise hingewiesen und dem Wunsche Ausdruck gegeben, daß ncch mehr wie bisher dafür ge- sorgt werden möchte, den Niederwald in Hochwald überzuführen, und den Gemeinden ihren Wald als Vermögen und Quelle weiterer Ein- nahmen zu erhalten. JIch kann ohne weiteres e:flären, daß ich auf Grund eigener Kenntnis der dortigen Verhältnisse diesen Ausführungen der Herren Vorredner beitrete und es auch als Auf- gabe der Staatsregierung erachte, für Erhaltung und Verbesserung des Gemeindewaldes Sorge zu tragen. Es kann au keinem Zweifel unterliegen, daß der Niederwald auf die Dauer dem Untergange geweiht ist, und daß diejenigen Flächen, welchè fh zum Hohwaldbetrieb cignen, auch in Hohwald- betrieb übergeführt werden müssen, abgesehen natürlih von denjentgen Grundstücken, welch2 si besser zur Anlegung von Acker- und Weide- kämpen eignen. Wenn auch gewiß die Aufforstung in den gebirgigen Gegenden eine große und wichtige Sache ist, so ist doch auf der andern Seite nicht zu verkennen, daß ebenso auc dte Beschaffung genügender Weiden und Wiesen für die Vichzuht treibende Be-

völkerung eine Notwendigkeit ist. Diesem Gesichtspunkt müssen äu die weiteren Maßnahmen, die auf Grund dieses Gesetzes zu treffen sind, Nechnung tragen.

Gs ist’ seitens des Herrn Abg. Gerhardus au darüber geflagt wörden, daß die gegenwärtig geltenden Haubergsordnungen er- shwerende Bestimmungen enthalten, und es nicht immer mög- lih machen in ausreihender Weise auf die Einrichtung von Weidekämpen und auf die Aufforstung * von Hohwald hin-

juivirken. Das it richtig! Wenn man die Bestimmungen der Haubergsordnungen ausnahmslos zur Anwendung bringen würde, dann würde das Bedenken des Herrn Abg. Gerhardus zweifellos zu-

Domänen und Forsten

treffend sein. Jn Wirklichkeit liegt aber die Sade so, daß die Hau- berg8ordnungen au Ausnahmen zulassen, und daß von diesen Aus- nahmen son in ausgtebiger Weise Gebrauh gemacht worden ist. Ich darf darauf hinweisen, daß im Kreise Siegen auf Grund der Auztnabmebeslimmungen in den Haubergordnungen von 37 000 ha {on 4500 ha in Hochwald überführt sind, in dem Kreise Alten- kfirhen bon 7500 ha 830 ha und im Dill. und Oberwesterwaltkreis von 3777 ha 570 ha. Ebenso sind im Kreise Siegen über 400 ha zu Weidekämpen angelegt worden, im Oberwesterwaldkreis über 60 ha urbar gemacht und zu Weide angelegt. Diese Zahlen lassen erkennen, daß auch unter der Herrschaft der gegenwärtigen Haubergsordnung es möglich ist, Ausnahmen zu machen, und wo das Bedürfnis vorhanden ist, die Ueberführung des Niederwaldes in Hochwald over die Urbar- machung und Anlage von Weidekämpen herbeizuführen. Ob eine Aenderung des Gesetzes dahin ermögliht werden könnte, daß in folhen Fällen ein Zwang gegen den Willen der Haubergsgenofsen gestattet würde, ist mir sehr zweifelhaft. Man wird die Zustimmung der Haubergsgenossen jedenfalls auch fernerhin beibehalten! Wenn aber diese Zustimmung vorliegt, dann kann auch heute {Gon das erreiht werden, was im Wege der geseßlichen Abänderung ermöglicht werden soll! Ich glaube deshalb, daß eine Aenderung der Haubergso1dnung durch Gefeß nicht die Wirkung haben würde, die der Herr Abg. Gerhardus in dieser Fraze erwartet!

Die Zusammenlegung der einzelnen kleineren Hauberg8genossen- schaften ist an sh gewiß erwünscht, aber sie wird zweifellos auf große Schwierigkeiten stoßen. Sie hat auch, meines Erachtens, nicht die Bedeutung, die der Herr Vorredner ihr beilegt. Im übrigen kann ih den Herren Vorrednern die Versicherung geben, daß die von ihnen besprohenen Verhältnisse Gegenstand der besonderen Fürsorge der Staatsregierung bleiben werden, und. das Erforderliche gesehen wird um den gegebenen Anregungen auch in der Praxis weitere Folge zu geben.

Das Geseß wird darauf nah den Anträgen Pappen - heim, also insbesondere mit der Beschränkung auf die Rhein- provinz, im übrigen nach der Kommissionsfassung ange- nommen. Die Resolution der Kommission, die eine Erhöhung des Etatsfonds für Beihilfen zu Aufforstungszwecken wünscht, und die Resolution des Abg. Stupp werden angenommen.

Jn der sofort sich anschließenden dritten Beratun g wird das Geseß ohne Debatte an genommen.

Es folgt die zweite Beratung des Geseßentwur S. betreffend die BereitstellungvonStaatsmitteln zur Förderung der Landeskultur Und dr inneren Kolönisation, in dem 12 Millionen Mark zur Urbarmachung von O Mooren, 3 Millionen Mark zur Ausführung von Meliorationen auf Domänenvor- werken und anderen Domänengrundstücken und 10 Millionen Mark zur Beteiligung des Staates mit Stammeinlagen bei gemeinnüßigen Ansiedlungsgesellschaften gefordert werden.

Die verstärkte Agrarkom mission beantragt die unveränderte Annahme der Vorlage sowie eine Resolution, in der die Regierung ersucht wird, a. dem Hause jährlich eine Ueber- sicht über den Umfang der kultivierten, besiedelten sowie der unkultiviert zur Urbarmachung und Besiedlung verkauften domänenfiskalischen Hochmoore vorzulegen, b. die innere A B kräftig und planmäßig weiter zu fördern: 1) dur tunlichste Beseitigung rechtlicher Hemmnisse auf dem Gebiete der Baupolizei, des Ansiedlungsrechts, der Armen- und Schul- lasten sowie des Hypothekenrechts, 2) dur Unterstüßung ge- meinnüßiger, besonders Fktommunaler Ansiedlungsunter- nehmungen, 3) durch Beihilfen zur Urbarmachung auch von privatem Oedland, 4) durch direkte Betätigung des Staates, c. dem Hause möglichst bald cine Uebersicht über die bestehenden Ansiedlungsgesellschaften und deren Beihilfen aus öffentlichen und Privatmitteln vorzulegen.

__ on Verbindung damit wird die De nk\chrift über die Verwendung des Etatsfonds zur Förderung der inneren Kolo- nisation im Jahre 1911 beraten. :

Die Budgetkommission beantragt, die Denkschrift durch Kenntnisnahme für erledigt zu erklären.

Nach einem Abänderungs antrag der Abgg. Aron- sohn (fortschr. Volksp.) u. Gen. sollen statt der 10 Millionen zur Beteiligung des Staates bei den Ansiedlungsgesellschaften 100 Millionen zur Förderung der inneren Kolonisation in der preußischen Monarchie ausgeworfen werden, wovon 20 Mil- lionen Mark zur Beteiligung des Staates bei Ansiedlungs- gesellschaften sollen verwendet werden tönnen. Der Antrag will ferner folgende Bestimmung hinzufügen: j

__ nDas Ziel der inneren Koloni ation ist Negel nach die Schaffung leistungsfähiger An Se E ves s auf abzielenden Arbeiten ist im Landwirtschaftsministerium eine Zentralstelle zu bilden.“ /

Abg. Freiherr von Marenho [b (kons.):

auf dem Standpunkt gestanden, daß die innere

Wir haben immer

; l] Kolonisation mit allen Mitteln gefördert werden muß. Aber entgegen M Antrag Aronsohn sind wir der A daß man jeßt noch nicht so große Summen für die Moorkultur verwenden sollte. Die geforderten 29 Millionen erscheinen vorläufig für ausreichend. Wir müssen erst einmal einen Versuch anstellen, bevor wir größere Mittel für diese wee anwenden. Die innere Kolonisation muß .vor allem scritt- weise und planmäßig erfolgen. Die Kolonisten müssen so angeseßt werden, daß sie au lebensfähig und zufrieden sind. Auch die kleinen Vesiedlungsgesellschaften mussen gefördert werden. Aus den vielen Resolutionen erfieht man, wie viele Wünsche bestehen, die nicht auf einmal erfüllt werden können. Der Kultivierung der Moore sollte auch alsbald die Besiedlung folgen.

Aba von dem H agen (Zentr.) empfiehlt der Negierung dringend, der Frage der Kultivierung des Burtanger Moors die größte Beachtung zu schenken. Man sollte den Leuten, die sich dort ansiedeln wollen, auch die Möglichkeit dazu geben. :

Abg. E cer - Winsen (nl.): Es ist höchste Zeit, daß wir das N dem Gebiet der Moorkultur leider bisher Versäumte endlich nachholen. Wir müssen mit allen Mitteln dafür sorgen, daß ein bäuerlicher Mittelstand geschaffen wird. Die Industrialisierung hat dazu geführt, daß das flache Land entvölkert worden ist. Die Be- völkerung ist immer mehr nach den Großstädten abgewandert. Zweifellos hat diese Abwanderuüng die schwersten wirtschaftlihen Er- shütterungen hervorgerufen. - Wir müssen ausländishe Arbeiter in großer Zahl ins Land rufen, wodur der gewerblihe Mittelstand geschädigt und cine Degenerierung der gesamten Bevölkerung ver- ursaht wird. Die Tatsache, daß in Hannover und Schleswig-Holstein die bäuerlihe Bevölkerung eine Zunahme erfahren hat, ist der klarste Beweis dafür, daß eine starke bäuerlice Besiedlung die erwähnten wirtschaftlichen Schäden beseitigt, und daß die innere Kolonisation das einzige Mittel ist, die Gefahren der Abwanderung zu ver- mindern. Wir müssen \ystematis{ dafür sorgen, daß der bäuerlihe Besiß vertnehrt wird. Fch verweise auf die großen Erfolge, die man mit der Agrarverfassung in Rußland erzielt hat. Man hat dort dafür gesorgt, daß Neuland geschaffen wird, und daß der Groß- grundbesiß nit vermehrt, sondern unter die kleinen Besitzer auf-

eteilt wird. Auf solche- Weise hat man in Rußland in went„, Fahren eine Fläche von 1500 Quadratmeilen. mit Bauern besie Zas bedeutet demgegenüber die kleine Fläde, die in den leßten

Zahren in Preußen besiedelt worden ist. Wenn wir demgegenübey

die Vorlage betrachten, so müssen wir die ‘darin tuhien die Mitte

nur als eine Ab[chlagbzahlung bezeichnen. Wir betrachten die Vorla

sten E O zu weit umfassenderen Maßnahmen. Wir E dauern, daß die L orlage das Hauptgewicht auf die Kultivierun dos Dedland legt. Wir hoffen, daß im nächsten Jahre mit der Moe! kultur energischer vorgegangen wird, weil damit der Sleischteueruno, die nur infolge des Fehlens des bäuerlichen Mittelstandes eingetreten ist, vorgebeugt werden fann. Es ist nicht zu leugnen, daß der Grof, grundbesiß gegen die innere Kolonisation noch immer gewisse V, denken hat, Im Landwirtschaftsrat hat sogar der Abg. von Olde. burg-Januschau in Gegenwart des Kaisers versucht, die innere Koloni. E n ironisieren und lächerlih zu machen. Troßdem hoffe ¡g die Mehrheit der Großgrundbesißer einsehen wird, daß es ein Verbrechen sein würde, diesen Bestrebungen der Regierung entgegen. zutreten. Der Befürchtung, daß der Großgrundbesiß aufgeteilt wird lföónnen wir nicht beitreten. Wir halten den Gro grundbesiß für absolut notwendig, er ist das Vorbild für unseren Banernstand e liefert uns Offiziere, Beamte und Diplomaten. Wir roünschen, ‘daß ein angemessenes Verhältnis zwischen Großgrundbesißt, bäuerlichen Kleinbesiß und der Landarbeiterbevölkerung geschaffen wird. Di Ansicht, daß der bäuerliche Kleinbesiß nicht in der Lage sei, genügend Getreide zu produzieren, fann ih nicht teilen. Wir versprechen Uns bon der inneren Kolonisation große wirtschaftliche Vorteile für unser Vaterland, indem dadur die Produktion und die Bevölkerung dez platten Landes vermehrt wird. Meine politischen Freunde werden für die Vorlage stimmen. Wir möchten aber gleih hervorheben daß wir diese Vorlage nur als eine Abschlagszahlung betrachten, und hoffen, daß man im nächsten Jahre mit größeren Mitteln und großzügi: geren Ideen an uns herantritt. Der Tendenz des Antrags der Fort. \hrittlicben Volkspartei treten wir bei, Wir konnen uns gabe» niht auf den Boden des Antrages stellen, da wir wünschen, dgß uns die Regierung aus eigener Înitiative Vorschläge macht. Eine Zentralstelle halten auch wir für die Zwecke der inneren Kolonisg- tion für notwendig. Die Kultivierung der Privatmoore sollte man regierungsseitig mit helfender Hand unterstüßen. Wir halten es für notwendig, daß die größeren Domänen zugunsten der kleinen Bauern aufgeteilt werden. Dadurh würde ein kräftiger bäuerlicher Mittelstand geschaffen werden, das beste Bollwerk gegen die Sozial: demokratie und die stärkste Stüße unserer Monarchie. Wir sind bereit, jedes Opfer für die innere Kolonisation zu bringen.

Abg. Dr. Engelbrecht (freikons.): Den Antrag der Frei- finnigen werden wir ablehnen. Die große Bedeutung der inneren Kolonisation ergibt sich aus der Tatsache, daß in Pommern innerhalb von 12 Jahren der Großbesiß um 25 000 Hektar abgenommen, dagegen der kleinbäuerliche Besi in derselben Zeit um 75 000 Hektar zu- genommen hat. Aehnlich günstige Ergebnisse haben wir in preußen zu verzeichnen. Unsere heutige Entwicklung drängt durch- aus auf die Verkleinerung der Betriebe. Die Zahl der selbständigen Bauern nimmt in hohem Maße zu. Das ist eine Tatsache von greßer politischer Bedeutung, nicht allein für die Sicherheit der bür- gerlichen Gesellschaft, sondern auch für die Verteidigung des Lan- des. Die mittleren bäuerlihen Besißer sind weit bodenständiger als die Großgrundbesißer und die Besitzer der kleinen Parzellenbetriebe. Die innere Kolonisation muß mit aller Energie betrieben werden. Das Ansiedlungsgesez von 1904 hat den Neuansiedlern mandcerlci Erschwernisse gebracht. Jch bitte, daß hier unbillige Härten aus- geglichen und den - Neuansiedlern möglichst große Erleichterungen ge- \{affen werden. Wir wünschen, daß man Vebertreibungen der Fidei- Tommißbildung in wirksamer Weise entgegentritt. Die Heranziehung der ausländischen Arbeiter halten wir für eine traurige Notwendig- keit, sie wird aber hervorgerufen durch den Mangel an guten cein- heimischen Kräften. Wir müssen versuchen, den Zufluß von aus-

ländischen Arbeitern allmählich einzudämmen.

Abg. Hoff (fortshr. Volksp.): Wir stehen der Vorlage durc)- freundlih gegenüber, wünschen aber, daß größere Mittel für die Zwecke der inneren Kolonijation bereitgestellt werden. Wir glauben nit, daß der Widerstand bei dem Großgrundbesiß gegen die innere Kolonisation jeßt überwunden ist, zumal Herr von Olde1- burg-Januschau im Landwirtschaftsrat gesagt hat, daß diejenigen Leute, die die innere Kolonisation wünschen, vielfah niht wissen, ob Wolle auf Bäumen oder Schafen wächst. Sie (zu den Konserva- tiven) wollen nicht, daß der Staat sih ernstlih mit der Frage be- S Interessant 1}, daß durh wissenschaftliche Untersuchungen

als den ersten

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estgestellt worden ist, daß die Gegenden, wo der Großgrundbesißz _d0- miniert, völlig vermögenslos sind. Daher kommt es auch, daß alljähr- lich eine große Zahl von ausländischen Arbeitern ins Land kommt. Ss gibt keine s{limmere Abhängigkeit vom Ausland, als die Tat- sache, daß unser Grund und Boden nur bebaut werden kann, wenn all- 1ährlich Ounderttausende von ausländischen Arbeitern zu diesem Zweck ins Land kommen. Wenn aus 1trgendwelchen Gründen die Grenze ge- sperrt wird, dann muß etne Katastrophe eintreten. Dieser Zustand muß ein Ende nehmen. Es liegt im staatlichen Interesse, daß wir mit allen Mitteln dagegen vorgehen. Die 10 Millionen, die in der Vorlage zur Förderung der inneren Kolonisation gefordert werden, sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Deshalb fordern wir eine bedeutende Grhöhung dieser Summe. Wir verlangen aber, daß der Staat die Sache in die Hand nimmt und einen (Einfluß auf die BVesiedlungsgesell- schafien gewinnt. Der Staat muß auch aktiv eingreifen. Zur Leitung der notwendigen Arbeiten E eine Zentrale geschaffen werden, wie wir sie in unserem Antrage fordern. Bei dieser Gelegenheit möchte ih den Minister auf ein Gerücht hinweisen, wona das Heroldsamt systematisch die Gründung von Fideikommissen betreibt. Wenn es uns nicht gelingt, die Frage der ausländischen Saisonarbeiter zu lösen, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als Kulis einzuführen oder diese Arbeiter dauernd anzuseßen. Damit würden aber weite Gaue Deutsch- lands slawisiert werden. Mit der Nesolution der Kommission sind wir einverstanden. Damit wird aber nicht viel erreicht. Deshalb ver- langen wir, daß man zu ernster Tätigkeit übergeht. Wir wollen Bauern- dörser an die Stelle der Rittergüter seßen und damit eine Kultur- tat ersten Ranges erfüllen. Abg. von Saß-Jaworski (Pole): Wir haben gegen die innere Kolonisation nichts einzuwenden, aber wir befürchten, daß die vorgeshlagenen Maßnahmen als Kampfmittel gegen uns benußt wer- den. Wir bedauern, s der Minister niht den Mut hat, auch polnische Bauern in den rovinzen Posen und Westpreußen anzustedeln. Das wäre doch naheliegend, da diese Leute mit den ört ichen Verhält- nissen genau vertraut sind. Jch bedauere, daß der Minister in der Red Ns eine Haltung einnimmt, die von der Stellungnahme seines Baters hier in diesem Hause so grundverschieden ist.

Minister für Landwirtschaft, Dr. Freiherr von Schorlemer:

Metne Herren! Der Herr Vorredner hat mlt einer gewissen Befriediguna der Meinung Ausdruck gegeben, daß ih den Mut ge- funden hätte, nunmehr au für die Ansiedlung von Katholiken in den Provinzen Posen und Wesipreußen einzutreten, und daß ich au vielleicht einmal den Mut finden würde, mich sogar für die Ansezung von Polen auszusprechen. Meine Herren, was i diesem hohen Hause an Vorschlägen unterbreite, ist für mih nicht Frage des größeren oder geringeren Mutes, sondern gewissenhafter Ueberzeugung, und wenn {ch die Ueberzeugung gewinnen könnte, daß \ich die Aufezung polnischer Bauern in den Provinzen Posen und Westpreußen empfehlen würde, dann würde ih siher au den Mut haben, für ihre Ansiedlung eln- zutreten! Aber das kann ih ich glaube, unter Zustimmung der großen Mehrheit dieses Hohen Hauses aussprechen : Reden, wie wir sie heute morgen von dem Herrn Abg. Korfanty gehört haben, sind nicht

Domänen und Forsten

dazu gecignet, die Ueberzeugung zu. befestigen, daß {ih die Ansctung

polnisHer Ansiedler cmpfiehlt. (Lebhafte Zustimmung reckts.) Jh fann auch hier nur wiederholen, was ih \{chon früher gesagt habe : wenn die Polen einmal ihre Anschauungen ändern und {ih auf den Standpunkt des loyalen - deutshen und preußishen Staatsbürgers | stellen, dann kann auch in Erwägung gezogen werden, cb die Richt- linien der Polen- und Ansiedlunzspolitik andere werden können. So- lange das aber nit der Fall ist vnd das {eint mir allerdings nah der Rede, die wir heute morgen gehört haben, zuzutreffen bin ih nit in der Lage, Wünsche zu vertreten, wie sie der Herr Abg. von Saß geäußert hat.

Meine Herren, ih bab- nun \chr kedauert, daß troß eines Vorfalles, der sh in diesem Hause im vorigen Jahre ereignet hat, der Herr Abg. Saß es ncchmals für notwentig befunden hat, auf einen mir nahen Verwandten Bezug zu nehmen, der früher diesem Hohen Hause angehört hat. Er wird si vielleicht aber au erinnern, daß \chon in den achtziger Jahren der damalige Abg. Freiherr von Schorlemer-Alst in einer längeren Rede sich darüber beschwert hat, daß das Verhalten der Polen und insbesondere der polnisckden Geistlichkeit gegenüber ihrem derzeitigen Erzbischofe durhaus niht mit katholischen Grundsätzen vereinbar sei! Und derselbe Abgeordnete hat zur gleichen Zeit einen Brief nah Westfalen geschrieben, der im Original noch vorhanden ist, in welchem er ofen der Ansicht Ausdruck gibt, daß er durch die ihm aus der Gegend von Posen und Westpreußen gemachten Mitteilungen die Ueberzeugung gewonnen habe, daß die polnische Geistlichkeit national- polnischen Einfluß in den Schulen weit über die zulässige Grenze geltend mache, und darüber sein tiefes Bedauern zum Autdruck bringt. (Hört, hört !)

Wenn das schon in den achtziger Jahren der Abg. Freiherr von Schorlemer-Alst sagen und schreiben mußte, so bin ih do jedenfalls wohlberechtigt, gegenwärtig au meinerseits der Ansicht zu- zustimmen, daß die polnische Geistlichkeit bedauerliherweise von ihrem kirhliden Ciufluß zum Na@teil des Deutschtums Gebrauh macht. (Bravo !)

Meine Herren, ich habe das, was der Herr Akg. Hoff ausgeführt hat, meiner Anficht nah {on bei der ersten Beratung dieses Gesetz- entwurfs und eingehend auch in der kommissarishen Beratung wider- legt. Aber ih kann doch auch hier es nicht unwtidersprochen lassen, wenn er die Behauptung aufstellt, daß mit den jeßt vorgeschlagenen Mitteln der Sache der inneren Kolonisation durchaus nicht gedient set, und baß die gegenwärtige Organisation nicht den Anforde- rungen entsprehe, die an die Förderung der inneren Kolont- sation gestellt werden müssen. Meine Herren, es ist doch eine bekannte Tatsache, daß der Staat bereits mit nahezu 10 Millionen Mark bei den gewmeinnüßigen Siedlungégesellshaften beteiligt ist. Wenn nunmehr weitere 10 Millkonen Mark für Einlagen bei solchen gemeinnützigen Stedlungsgesells{aften angefordert werden, so habe ich hon mit Net in der Kommission darauf hingewiesen, daß diese 20 Millionen ein Kapital darstellen, welhes tn Bewegung bleibt und immer von neuem für die Zwecke der Ansiedlung Verwendung findet ! Denn in dem Augenblicke, wo die Besicedlung eines einzelnen Gutes beendet ist, gelangt durch die Gewährung des Zwischenkredits und des Nentenbankkredits der weitaus größte Teil des Kapitals, welches die Besßiedlungsgesellshaft für das Gut verwendet hat, wieder in thre Hände und sie ist wiederum in der Lage, weiter mit diesem Gelde zu besiedeln.

Meine Herren, ich habe mich in der Kommission auch über die Frage ausgesprochen, ob es richtiger sein würde, daß der Staat die Besiedlung selbst in die Hand nähme, wie es in den Provinzen Posen und Westpreußen geschehen ist, oder ob es zweckmäßiger ist, die An- siedlung provinziellen Organisationen zu überlassen. JIch will auf die Gründe hier niht nochmals zurückommen; aber ih glaube, daß der Weg, der jet beschritten worden ist, der einzige ist, der in ruhiger Entwicklung sicher zum Ziele führen wird. Meine Herren, von einer großen Zentralstelle aus lassen sich die örtlihen Verhält- nisse nicht übersehen. Ueberall da, wo der Staat allein und an leitender Stelle eingrelft, ist es nur allzu erklärlich, daß die Mängel In der Organisation und in der Ausführung dem Staate als solchem zur Last gelegt werden, daß ihm mehr oder weniger mit Necht vor- geworfen wird, daß es ihm an der rihtigen Beurteilung der örtlichen Verhältnisse und an der entsprehenden Fühlung mit den Beteiligten fehlt. Das wird vermieden bet einer provinziellen Organisation, bei der Einrichtung provinziell tätiger Besiedlungsgesellshaften, wie sie jeßt in Dstpreußen, in Pommern und in Brandenburg errichtet sind und demnächst auch in Schlesien und Sachsen in Tätigkeit treten : Da ift den provinziellen Organen, der Provinzialverwaltung, der Landwirtschaftskammer, den größeren Kommunalverbänden wie decn Kceisen Gelegenheit gegeben, sih zu beteiligen, ihrerseits bet der inneren Kolonisation die erforderlihen Interessen geltend zu machen und fo dafür zu sorgen, daß tie innere Kolonisation nicht allein den theoretisden Anforderungen, sondern auch den praktishen und örtlichen Bedürfnissen entspriht, daß dort, wo eine weitere Besiedlung er- forderlich ift, dieselbe auch fortgeseßt und dort, wo nach Ansicht der Beteiligten genügend besiedelt ist, auch in dieser Tätigkeit zur richtigen Zeit Halt gemacht wird.

Die Frage der Arbeiteransiedlung ist auch heute wieder von dem Herrn Abg. Hoff berührt worden. Jch kann nur wiederhole: soweit es möglich ist, ist sowohl in den Provinzen Posen und West- preußen wie auch seitens der gemeinnützigen Besiedlungsgesellschaften alles geschehen, um die Ansehung von ländlichen Arbeitern zu fördern ; aber die Schwierigkeiten auf diesem Gebiet werden in der Regel niht genügend gewürdigt. (Sehr richtig ! rechts.) Ich habe sie {hon so oft hervorgehoben, daß ih sie niht noch einmal anzuführen brauche. Aber ih möchte doch nochmals betonen: daß es ein großer Irrtum ist, wenn man annchmen wollte, auf dem Wege der inneren Koloni- sation allein die ländlihe Arbeiterfrage zu lösen. (Sehr richtig ! rets.) Solange Deutschland ein Kulturstaot ersten Nanges bleibt, solange sich Deutschland in zunehmender industrieller Entwicklung be- sonders im Westen der Monarchie befindet, werden wir immer einen Zustrom der ärmeren arbeitenden Bevölkerung von Osten nah dem Westen haben (sehr rihtig! rechts), wir werden immer mit einem größeren oder geringeren Arbeitermangel zu kämpfen haben, den im Inland zu decken nicht mögli ist, der nur dur einen entsprechenden Zuzug aus dem Auslande gedeckt werden kann.

Wenn män dkiese bedauerlihen Verhältnisse in der Hauptsache dem Großgrundbesig zur Last legt, so befindet man sih meiner Ansicht nach dabet auch im Jrrtum. (Schr richtig! rechts.) In erster Linie kommt der

dustriellen Entwicklung (ser richtig! rechts). Und zweitens find die Verhältnisse tnzwishen au derart geworden, daß nit allein der

mit dieser gegen den Großgrundbesiz erhobenen Beschuldigung auch nicht einverstanden erklären. (Bravo! rets.)

Was im übrigen die Bedeutung der bäuerlichen Ansiedlung in wirtschaftlißer und au in politisGer Hinsicht betrifft, so kann ja kein Zweifel derüber obwalten, daß die Staatsregierung und niht weniger die Mehrheitsparteien dieses hohen Hauses von der Ueberzeugung durhdrungen sind, daß die Bauernansiedlung nach Möglichkeit gefördert werden muß, und daß es dabei auch nit zu vermeiden ist, gröfere Güter zu zerschlagen. Aber, meine Herren, das, was ih früher schon einmal gesagt habe, möchte ich auch hier wieder betonen : das Ziel der inneren Kolonifation kann niemals, wte es dem Wunsche anderer Herren entsprechen würde, die Be- seitigung des Großgrundbesigzes, sondern eine entsprechende Verteilung zwischen größerem, mittlerem und kleinerem Besitz sein! (Lebhafter Beifall rets.) In dieser Beziehung ist wohl die Provtnz Hannover ein mustergültiges Beispiel, eine Provinz, in der ebenso größerer wie zahlreicher mittlerer und kleinerer Besitz vorhanden und in der be- kanntermaßen auch die Abwanderung der Bewohner vom Lande ver- hältnismäßtg gering ift.

Wenn neuerdings besonders hervorgehoben wird, daß der kleinere und mittlere Besiß imstande ist, ein größeres Quantum an Vieh und Feldfrüchten zu produzieren als der Großgrundbesitz, so gebe ih gern zu, daß die Ermittlungen, die in letzter Zeit veröffentlit worden sind, daß auch die Anschauungen des Professors Sering {ih in gleiher Richtung bewegen. Aber, meine Herren, vergessen wir nit auf der anderen Seite, daß es sih auch bei der Produktion nicht allein um die Quantität, sondern auch um die Qualität handelt (fehr ricktig! recht8), und daß doch nur der größere Besi in der Lage ift, dem Fortschritt im Getreidebau wie in der Viehzucht die Wege zu ebnen und daß ah er nur bei der Fleis{verforgung den Qualitätsansprüchen genügen kann, die heutzutage nicht allein von der besseren, sondern auß von der weniger bemittelten Bevölkerung erhoben werden! (Sehr richtig! rechts.) Ich glaube deéwegen auch, ohne berçchtigte Angriffe von irgend einer Seite befürchten zu müssen, der Ansicht Ausdruck geben zu können: fo wichtig der kleinere Besip und die Verstärkung des bäuerlichen Besißes ist, so werden wtr doch auc niemals, solange Preußen und Deutschland in seiner jeßigen wirtschaftlißen Verfassung bestehen wird, einen entspreWenden Großbesiß entbehren können. (Bravo! rechts.)

Meine Herren, ich möchte mit diesen Ausführungen {ließen und nur nochmals die Bitte wiederholen, diesem Gesetzentwurf, der meiner Meinung nach einen wichtigen Schritt auf dem Gebiete der Oedland- kultur und der inneren Kolonisatiou darstellt, Ihre Zustimmung nit versagen zu wollen. (Lebhafter Beifall rets.)

Um 514 Uhr vertagt das Haus die Weiterberatung auf Donnerstag, 11 Uhr (außerdem Ausgrabungsgeseß; kleinere Vorlagen; Petitionen).

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs- maßregela.

Gesundheitsstand und Gang der Volkskrankheiten. (Nah den „Veröffentlihungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts“, Nr. 17 vom 23. April 1913.)

Pest. Türkei. Jn Djedda sind vom 3l. März bis 12. April 16 Erkrankungen und 14 Todesfälle an der Pest gemeldet worden. Aegypten. Vom 29. März bis 4. April erkrankten 26 (und starben 8) Personen, davon 15 (6) in Gerga, 3 (—) in El Saff, 2 (—) in Minieh, je 1 (1) in Damanhur und Alexandrien e je 1 (—) in Magagha, Fayum, Minta und Chebin el

om.

Britisch Ostindien. In den beiden Wochen vom 9. bis 22. März erkrankten 11 603 —+ 9449 und s\tarben 10 098 —+ 81 76 Personen an der Pest. Von den 18 274 Todesfällen famen 11 628 auf die Vereinigten Provinzen (davon 2550 auf die Divifion Gorakhpur), 3506 auf Bihar und Orissa, 1376 auf das Pun jabagebiet, 660 auf die Präsidentshaft Bombay (davon auf die Städte Bombay und Karachi 222 und 12), 267 auf Najputana und Ajmer Merwara, 213 auf die Präsidentschaft Madras, 205 auf Burma (davon auf die Städte NRangun und Moulmein 23 und 35), 113 auf den Staat Mysore, 97 auf die Zentralprovinzen, 87 auf Bengalen (davon 79 auf Kalkutta), 65 auf Hyderabad, 38 auf Delhi (davon 2 eingeschlevpte Fälle auf die Stadt Delhi), 10 auf Ka\schmir und 9 auf Zentral- indien.

Niederländisch Jndien. Vom 12. bis 25. März wurden auf Java gemeldet: Aus dem Bezirke Malang 141 Erkrankungen (und 141 Todeéfälle), aus Kedtri 29 (26), aus Madioen 16 darunter 1 eines Curopäers (15), ferner aus Paree 19 Fälle, aus Soera- baja 5 und aus Toeloengagoeng 1. Für die Zett vom 26. Fe- bruar bis 11. März sind nachträglih aus Paree 2 Erkrankungen und 1 Todesfall mitgeteilt worden. 5

Britisch Ostafrika. Vom 27. Februar bis 31. März sind aus Nairobi 9 Erkrankungen an dec Pest, aus Kisumu und Mombassa je 2 und aus Kyambu 1 gemeldet worden, von denen insgesamt 9 töêdlich verliefen.

Die Gesamtzahl der im 1. Vierteljahr 1913 gemeldeten Er- frankungsfälle betrug in Nairobi 16, in Kisumu 9, in Mom- bassa 7, in Dagoretti und Kyambu je 1, zusammen 34; hiervon batten 29 einen tôdlihen Verlauf genommen. Außer diesen zur Kenntnis der Behörden gelangten Fällen sollen aber, wie amtlicher- seits zugegeben wird, weitere Grkrankungen, zumal an kleinen und ent- legenen Pläßen, vorgekommen scin. : S

Brasilien. In Bahia vom 9. Februar bis 8. März 7 Er- krankungen und 3 Todesfälle, in Pernambuco vom 16. bis 31. Januar 2 Todesfälle. : Í

Argentinien. In Herrera, cinem kleinen Orte im Süd- osten der Provinz Entre Rios, 4 Stunde Eisenbahnfahrt von dem argentinishen Hafen Concepcion del Uruguay, ist am 22. Februar die Pest festgestellt worden. Es sollen im ganzen 9 Personen erkrankt sein, von denen 6, darunter der Bahnhofsvorsteher, gestorben find. Nach den leßten Nachrichten ist die Seuche auf ihren Herd beschränkt géblieben und bereits erloschen oder dem Erlöschen nahe.

Cholera. Türkei. Jn Konstantinopel wurden vom 1. bis 7. April 2 Erkrankungen, vom 8. bis 14. April 1 Grkrankung und 1 Todesfall und nachträglich für den 30. März 1 Grkrankung angezeigt. Straits Settlements. In S ingavore wurden in der Zeit vom 16. Februar bis 13. März 5 Cholerafälle festgestellt.

Mangel an-Aibeitern auf dem Lande zwelfellos aus unserer in-

Außertem sollen nah einer Béitteilung vom 20. März auf einem

Großgrundbesig, sondern im Westen und ebenso im Osten ! auch {on die mittleren Beier abenfalls auf fremde Arbeiter an- | | gewiesen sind. (Lebhafte Zustimmung rechts.) Ich kann mi deshalb

Dampfer während seiner Anwesenheit in dem Hasen von Singapore 12 Todesfälle an Cholera unter einem Transport chinefischer Soldaten aus Tibet vorgekommen sein. Ferner soll derselben Mitteilung zu- folge an der Westküste der Malayischen Halbinjel der Ausbruch einer Choléraepidemie zu befürten sein.

e Gelbfieber. L Brasilien. In Bahia vom 24. Februar bis 8. März 2 Todesfälle.

Podcken.

Deutsches Nei. In der Woche vom 13. bis 19. April würden 8 Erkrankungen (davon 2 bei Ausländecn) festgestellt, und ¿war je 1 in Zalenze (Landkreis Kattowitz), in Petrowitz (Krets Pleß, Reg.-Bez. Oppeln), in Derenburg (Lantkreis Halberstadt, MNeg.-Bez. Magdebura), in Chfel und Datteln (Landkreis Nekling- haufen, Neg -Bez. Münster) sowie 3 in Schloßberg (Oberamt Neresheim, Jagstkrets).

ODesterreich. Vom 30. März bis 5. April 2 Erkrankunçen in Triest.

Schweiz. Vom 30. März bis 5. April 5 Erkrankungen in der Ortschaft Böttstein - Kleindöttingen (Bez. Zurzah) des Kantons

Aargau. Fledckfieber. Desierreiw. Vom 30. März bis 5. April 73 Erkrankungen

in Galizien. Genickftarre.

Preußen. In der Woche vom 6. bis 12 April sind 4 Er- krankungen (und 2 Todeéfälle) in folgenden Regierungsbezirken [und Kreisen] gemeldet worden: Aachen 1 [Jülich], Arnsberg 1 (1) [Gelfenkirhen Stadt], Liegniß 1 [Hirschberg], Oppeln 1 (1) [Beutben Land I 1, Gleiwitz Land (1)].

Die für die Vorwoche aus dem Re Bez. Lüneburg gemachten Angaben (1 Erkrankung und 1 Todesfall) haben sich nachträglich als irrtümlich erwiesen.

Spinale Kinderlähmung.

Preußen. In der Woche vom 6. bis 12, Tpril ift 1 Er- krankung im Kreise Rheydt des Regierungsbezirks Düsseldorf an-

gezeigt worden. Verschiedene Krankheiten

in der Woche vom 6. bis 12. April 1913. ___Pocken: Konstantinopel (30. März bis 12. April! 19, Mosk ‘u 3 Todesfälle; St. Petersburg, Warschau (Krankenhäuser) je 3 Er- krankungen; Varizellen: Budapest 21, New York 158, Prag 25, Wien 106 Erkrankungen; Fleckfieber: Moskau 2, Warschau 1 Todesfälle; Odeffa 2, Notterdam (9. bis 15. April) 1 Er- krankungen; Rüdfallfteber: Odessa 7, Petersburg 1 Erkran- kungen; Milzbrand: Reg.-Bezirke Breslau, Posen, Stade, Stettin je 1 Erkrankung; Tollwut: Budapest 1 Erkrankung; Influenza: Berlin 7, Lübeck 1, Amsterdam 2, Budapest 1, Edinburg 2, London 45, Moskau 6, New York 21, Paris 2, St. Peters- burg 12, Prag, Stoctbolm, Warschau je 1, Wien 2 Todes- fälle; Kopenhagen 39, Odessa 71 Erkrankungen ; Genickstarre: Christiania, Moskau, New York je 1 Todesfall; Budapest, Christiania, Kopenhagen je 1, New York 5 Grkrankungen; Fleischvergiftung: Reg.-Bez. Düsseldorf 12 Erkrankungen. Mehr als ein Zehntel aller Gestorbenen it an Diphtherte und Krupp (Durchschnitt aller deutschen Berichts- orte 1895/1904: 1,62 9%) gestorben in Mülheim a. Rhetn. Er- krankungen wurden gemeldet im Landespolizetbezirk Berlin 122 (Stadt Berlin 76), in den Reg.-Bezirken Arnsberg 124, Düsfsel- dorf 129, in Hamburg 97, Budapest 38, Christiania 22, London (Krankenhäuser) 82, New York 367, Paris 64, Peters- burg 33, Stockholm 22, Wien 62. Ferner wurden Er- trankungen angezeigt an: Scharlach im Landespolizeibezurk Berlin 123 (Stadt Berlin 77), Reg.-Bez. Düsseldorf 155, in Hamburg 46, Amsterdam (9. bis 15. April) 41, Buda- pest 126, Kopenhagen 26, London (Krankenhäuser) 148, New York 380, Odessa 33, Paris 88, St. Petersburg 129, Prag 29, Rotterdam (9. bis 15. April) 21, Wien 172: Masern und Röteln in Nürnberg 153, Hamburg 39, Budapest 183, Kopenhagen 64, London (Krankenhäuser) 122, New York 552, Odessa 45, Paris 396, St. Petersburg 126, Prag 70, Wien 573; Keuchhusten in Kopenhagen 40, New York 62, Wien 170; Typhus in New York 27, Paris 37, St. Petersburg 41.

Türkei.

Der Internationale Gesundheitsrat in Konstantinopel hat für die Herkünfte von Konstantinopel und von Bouchir eine ärztlihe Untersuhung bei der Ankunft im ersten türkischen Hafen, wo si ein Sanitätsarzt befindet, verfügt.

Handel und Gewerbe.

(Aus den îm Reichsamt des Innern zusammengestellten „Nachrihten für Handel, Sndustiie und Land- wirtschaft“.)

Frankrei.

Einfuhr auf Zeit für zollpflihtige Muster. FKin- sichtlich der Einfuhr auf Zeit für zollpflihtige Muster haben die zu- ständigen Ministerien unterm 8. März 1913 folgende Bestimmung

etroffen: s Die Hinterlegung des Zollbetrages ist anwendbar auf Muster die unter den nachstehenden Bedtngungen eingeführt werden : j

1) Muster die von Handlungsreisenden mitgeführt werden. Der Beteiligte hat einen Ausweis (Legitimationskarte) vorzulegen, woraus hervorgeht, daß er befugt tit, mit Mustern Be- stellungen aufzusuchen. Das Zollamt prüft, ob die Gewerbesteuer oder die besonderen Abgaben zu entrichten sind, und veranlaßt gegebenenfalls die Erhebung. : :

2) Muster, die Handlungsreisenden gehören, aber nicht von ihnen mitgeführt werden. Auf Ersuchen eines mit der Zollabfertigung der Muster Beauftragten kann das Zollamt von dein Ausroeis Abschrift nehmen, damit er bet etwaigen späteren Sendungen nicht noch einmal gefordert zu werden brauht. In diesem Falle ist dur Vorlage von Schriftwechsel oder anderen Urkunden nachzuweisen, daß die Muster für den Inhaber der Ausweiskarte be- stimmt sind. Die Einfuhr muß übrigens erfolgen während der Zeit, für welGze die Gewerbesteuer entrichtet ist, „oder, wenn eine solche nicht in Frage kommt, folange die Ausweiskarte Gültigkeit hat. An Stelle dr Originalgewerbesteuerquittung kann eine von der Steuer- oder Zollbehörde ausgestellte Bescheinigung vorgelegt werden.

3) Muster, die an Handelsvertreter, Geschäftsführer von Zweiggeschäften, Warenkommissionäre oder Kauf- leute geschickt sind. Der Empfänger hat sich über seine Etgen- haft durch Vorlage seiner Gewerbesteuerquittung auszuweisen.

4) Waren \chweizerischer Herkunft, die aufGrund der ministeriellen Entschließung vom 10. April 1911 zum ungewissen Verkauf etngehen. : i

Nach einer weiteren Verfügung vom 18. März 1913 beirägt die Frist zur Wiederausfuhr der durch Handelspertreter, Geschä)ts- führer von Zweiggeschäften, Warenkommis ionâre und Kaufleute, die der Gewerbesteuer unterliegen, auf Zeit eingeführten Muster 1 Fähr oder 6 Monate, je nachdem das Herkunftsland den U ella geneh oder nicht. Stammen die Muster aus einem Vertragsstaat, \o ist ihre Stempelung gebührenfrei vorzunehmen. 7 2

Die vorgenannten Bestimmungen entsyrechen den für )andlungas- reisende gültigen, gleihviel ob diese ihre Muster mit si führen oder nicht. (Annales des Donuanes.)