1913 / 118 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 21 May 1913 18:00:01 GMT) scan diff

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Kreissekretären Thiemann und Wittenberg in Berlin, Heinsh in Dramburg, Claas in Burgsteinfürt

Mors in Münster und Winkler in M.-Gladbah den Charakter als Rechnungsrat zu verleihen. ©

Auf den Bericht vom 14. April d. J. will Jh dem Kreise Danziger Höhe auf Grund des Geseßes vom 11. Juni 1874 (Geseßsamml. S. 221) hiermit das Recht verleihen, das zu den Anlagen für die Uebertragung und Verteilung des von der Kraftstation bei Strashin-Prangschin erzeugten elekftrishen Stromes in Anspruch zu nehmende Grundeigentum innerhalb desjenigen Teiles des Kreises Danziger Niederung, der südlih der nachstehend angegebenen

« Begrenzungslinie liegt, nötigenfalls im Wege der Ent- eignung zu erwerben oder, soweit dies ausreicht, mit einer dauernden Beschränkung zu belasten. Die Begrenzungslinie wird gebildet durch die Mottlau von der Grenze des Stadt- kreises Danzig bis zu ihrer Vereinigung mit der Neuen Vor- flut, die Neue Vorflut, die Sieden-Vorflut, die Elslake bis zu ihrer Vereinigung mit der Toten Weichsel und die Tote Weichsel bis zu ihrer Abzweigung von der Stromweichsel.

Die eingereichten Anlagen folgen anbei zurü.

Bad Homburg- v. d. Höhe, den 21. April 1913. : Ÿ WilhelmR.

von Dal An die Minister der öffentlichen Arbeiten, für Handel und Gewerbe, für Landwirtschaft, Domänen und Forsten und des Junnern.

Ministerium der geistlihen und Unterrichts- angelegenheiten.

Der wissenschaftliche Hilfsarbeiter Dr. August Eichh orn ist zum Direktorialassistenten beim Königlihen Museum für Völkerkunde in Berlin ernannt worden.

Der Provinzialshulrat Sachse ist dem Provinzialschul- kollegium in Berlin überwiesen worden.

Dem Bibliothekar an der Königlichen Technischen Hoch- \{hule in Breslau Dr. Wilhelm Molsdorf ist das Prädikat Professor verliehen worden.

Finanzministerium. j Bei der Hauptverwaltung der Staatsschulden sind die Kassensekretäre Benarndt, Pixa, Nedebock, Schild und Brauß zu Buchhaltern ernannt worden.

Die Rentmeisterstelle bei der Königlichen Kreiskasse in Wollstein, Regierungsbezirk Posen, ist zu beseßen.

_ Hiqhtamllices.

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 21. Mai 1913.

Die Festlichkeiten zur Vermählung Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Viktoria Luise nahmen heute ihren Anfang mit dem feierlihen Einzuge Jhrer Majestäten des Königs und der Königin von Großbritannien und Jrland in die Hauptstadt des Deutschen Neis. Pünktlich um 11 Uhr 30 Minuten Vormittags lief auf dem Lehrter Bahn- hof der Hofzug mit den englishen Majestäten in die mit Fahnen, Standarten und Blumen geschmückte Halle ein, wo fich, wie -„W. T. B.“ meldet, Jhre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin, die Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses, der Reichskanzler, die Herren des Allerhöchsten Hauptquartiers sowie die Spißen der Staats- und Militärbehörden zum Empfange versammelt hatten. Nach herzliher Begrüßung bestiegen die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften die Wagen zur Fahrt nah dem König- lichen Schlosse. An die Spiße des Zuges seßte sich eine Eskadron des 1. Gardedragonerregiments Königin Viktoria von Groß- britannien und Jrland und dem Wagen Jhrer Majestäten der Kaiserin und der Königin folgte eine Eskadron des Gardekürasstier- regiments. Vom Brandenburger Tor bis zum Schloß bildeten die Truppen der Garnison Reihen. Beim Herannahen der Majestäten präsentierten die Regimenter, das Spiel wurde gerührt, und ein dreimaliges Hurra durchbrauste die Luft. Als man die Friedrichstraße kreuzte, begann die im Lustgarten aufgestellte Leibbatterie des 1. Gardefeldartillerieregiments mit dem Abfeuern des Ehrensaluts von 101 Schuß. Nach dem Ein- treffen im Schlosse war Empfang und großer Vortritt, zu dem fih die Palast- und Ehrendamen Jhrer Majestät der Kaiserin, die Hofchargen, der Minister des Königlichen Hauses Graf zu Eulenburg und der Chef des Zivilkabinetts, Wirk- licher Geheimer Rat von Valentini eingefunden hatten. Vorher hatten Jhre g era der Kaiser und der König den Vorbeimarsh der im kleinen Schloßhof aufgestellten Ehren- kompagnie des 3. Garderegiments z. F. abgenommen. Später fand Familienfrühstückstafel und gleichzeitig Marschalltafel für die Gefolge und den Ehrendienst statt.

«t

Der Bundesrat trat heute nahmittag zu einer Plenar- fißung zusammen; vorher hielten der Ausshuß für Handel und Verkehr, die vereinigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr fowie die vereinigten Ausschüsse für Rechnungswesen und für Handel und Verkehr Sißzungen.

Das Königliche Staatsministerium trat heute zu einer Sißung zusammen.

Der Königlich bayerishe Gesandte Graf Lerchenfeld- Köfering ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Leitung der Gesandtschaft wieder übernommen.

von Breitenbach. Sydow. Freiherr von Schorlemer.

Laut Meldung des „W. T. B“ sind am 19. Mai S. M: S. „Goeben““ mit dem Chef der Mittelineerdivision in Fe S. M. S. „Loreley“ in Konstantinopel, S. M: Flußkbt. „Tsingtau“ in Sainam, das Geschwaderbegleitschiff Î* Titania“ mit dem Chef des Kreuzergeshwaders und S. M. S. „Emden“ in Tsingtau eingetroffen.

Jn der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs- und Staatsanzeigers“ wird die vom Reichseisenbahn- amt aufgestellte tabellarishe Uebersicht der Betriebs- ergebnisse deutsher Eisenbahnen (aus\chließlih Bayerns) nach dem Stande am Ende des Monats April 1913 veröffentliht, auf die am Montag an dieser Stelle auszüglih hingewiesen worden ift.

Oefterreich-Ungarn. ;

Im österreihischen Abgeordnetenhause ist gestern das Budgetprovisorium für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 1913 eingebracht worden. Das Haus beschloß, sofort in dessen erste Beratung einzutreten. due Begründung der Vorlage ergriff der Ministerpräfident Graf Stürgkh das Wort und sprach zunächst über Fragen der inneren Politik.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ drückte der Ministerpräsident sein Bedauern darüber aus, daß in Böhmen, wo man dem heiß- ersehnten Ziele wirklich nahe zu fein s{ien, ein Ausgleih nit zu- stände gékommen fei. Er wies auf die fitanzielle Kalamität in Böhmen hin und sagte: Wir stehen vor einer ernsten Situation, deren man möglicher Weise nur mit ernsten Mitteln wird Herr werden fönnen. Der neue galizishe Landtag wird im Herbst wiederum an das Aukëgleih8werk herang:hen. Der Ausgleihsgedanke wtrd so lange leben, bis er in feiner restlosen Verwirklihung die be- stehenden Gegensäße in einer höheren Einheit auflöst. Es hieße unsere geschichtliße Entwicklung mißverstehen, wenn wir in diesem Augenblick den Mut sinken lassen wollten. Es wäre die größte Un- dankbarkeit gegen das mit einer fo {weren geschichtlihen Mission beladene Staatswesen, wenn einzelne Parteien ihm in solhen Augen- blicken die Mitwirkung an seinen Aufgaben versagen würden. Die Grs{licßung neuer finanzieller Hilfsmittel ist notwendig und dringlich. Die großen Kosien für die militärishe Bereitshaft müssen bei der Behandlung des Finanzproblems in Erwägung gezogen werden. Wir fonnten die welthistorishen Ereignisse auf dem Balkan nicht einfah als gleibgültige Zuschauer verfolgen. Wenn es uns auch erspart blieb, aktiv einzugreifen, war uns doch durch die vernünftige Wahrnehmung unserer elementarsten Interessen die Rolle eines wohl- gerüsteten bewaffneten Zu)chauers auferlegt. Die Nachteile, die aus folhen Nüstung8au8gaben {ih für die ökonomischen Interessen ergeben, sind, so s{chmer;lich sie au empfunden werden mögen, s\o gut wte nichts gegen die Unermeßlihkeit des Schadens, gegen die geradezu kfatastrophalen Verheerungen auf all-n Gebieten der Volkswirtschaft, die aus der Vernachläfsigung der Nüstung erwachsen können.

Der Ministerpräsident ging sodann zur Erörterung der auswärtigen Lage über und führte aus:

Ich trage dem Augenblick Nechnung, wo wir unter dem unmittel- baren Eindruck großer weltgeschihtliher Ereignisse stehen, indem ich an meine Ausführungen über die innere Politik eine knappe Erörterung der auswärtigen Lage anschließe, während die nähere Darlegung der einshlägigen Fragen verfafsungsmäßig dem kompetenten Forum der Delegationen vorbehalten bleiben muß. Die von der Monarchie in der Balkankrise „cingenommene Haltung war durch die Richtlinien gegeben: “die fich unsere guswärtige Politik feit langem durch

ufstelling deg eiye, “’Szeichnet hatte, der selbständigen Ent- wicklung der Völker am 7a tunlihste Fördeflng angedeihen zu lassen. Es erscheint nu1. „o tine folgerihtige Anwendung obiger Prinzipien, wenn der programmatishe Saß „der Balkan den Balkan- vöôlkern* allen Völkern des Balkans, aljo auch dem aïbanesischen Elemente, zunußze kommen follte. In diefem Sinne hat fich Oester- reih-Ungarn die Schaffung eines selbständigen Albaniens zum Ziele gesteckt, dessen Konstituierung übrigens bereits durch frühere diplo- matische Arbeit, namentlich in Vercinbarung mit dem verbündeten Ftalien, vorauégesebhen war. Hierdurch erscheint das vitale Interefie der Monarchie an der uvveränderten Erkaltung der bitherigen Macht- verhältnisse an der Adria sichergestelt. Solange die Entscheidung auf dem Schlachtfelde noch niht gefallen war, hat die Monarchie, von dem Gedanken geleitet, die militärischen Operationen nicht zu be- bindern, feinen Einspruch dagegen erhoven, daß albanesishes Territorium von den Lruppen Serbiens, Montienegros und Gricchenlands beseßt werde. Unterdessen batte unser Aus- wärtiges Amt Sorge getragen, für das von uns ver- fündete Prinzip der Schaffung eines selbständigen albanesischen Staatswesens die Sanktionierung der anderen Signatarmächte des Berliner Vertrages zu erwirken. Von den Beschlüssen der Londoner Botschaftervereinigung über die Nord- und Nordoftgrenze Albaniens wurden nach deren Annahme durh die einzelnen Kabinette die kriegführenden Balkanstaaten in Kenntnis geseßt. Troß dieser Verständigung und. der gleichzeitigen Nufforderung an Mente- negro, die Belagerung von Skutari aufzuheben, hat die Königliche Regierung in Cetinie den ausfihtslosen Kampf fortgeseßt und fich dadurch in Widerspruchß mit dem Willen Europas gebracht. In der Absicht, Montenegro zum Eirlenken zu «bewegen, sind die Mächte zu Zwang8maßregeln geschritten, die anfangs die Form einer bloßen Flottendemonstration, nachmals jene einer friedliben Blockade annahmen. Da aber diese Mittel niht zureihend erschienzn, sah fich Oesterreich - Ungarn veranlaßt, in London die Erklärung abzugeben, daß es sich vorbehalten müsse, in gegebenen Momenten die entsprehenden Maßnahmen zur Dur(- seßung des Willens Europas selbständig zu Egreifen. Dies energis@e Vorgehen war deshalb geboten, weil andernfalls die Durchführung der europäisWen Bes&lüsje fraglih und die Schaffung Albaniens via facti illusorisch geworden wäre. Die Monarchie be- fand sich hierbei in Uebereinstimmung mit Jtalien hinsichtlich der zwischen den beiden Mächten vereinbarten Konstituierung eines auto- nomen Albaniens. Getragen von dem patriotischen Gefühle der weitesten Kreise der Bevölkerung und der opferfreudigen Bereitschaft einertrefflihen Armee, konnte Oefterreih-Ungarn gegenüber denSchwierig- keiten der internationalen Lage seinem Willen Geltung verschaffen, \odaß Montenegro sich \{ließlich in ri&tiger Erkenntnis setner eigenen íInteressen dazu verstanden hat, den Beschlüssen Europas nachzukommen und Skutari den Mächten zu übergeben. Derzeit ist Ausficht vor- banden, daß der Friede zwischen den Balkanstaaten und der Türkei in nicht allzulanger Zeit ges{lofsen scin wird. Es wird hier die Aufgabe urseres Auswärtigen Amtes sein, rechtzeitig an die Negelung der zahlreihen, uns und die Balkanstaaten interessierenden Angelegenheiten zu schreiten, unter welhen jene wirts{aftlider Natur den breitesten Naum einnehmen werden. OefterreiW-Ungarn darf wohl erwarten, daß die durhaus freundlihe Haltung, die es den Balkan- vôlkern gegenüber an diesem Wendepunkte bés Geschichte an den Tag gelegt hat, Verständnis begegnen und entsprehende Würdigung finden werde. Derzeit ist die Lage am Balkan nach mancher Richtung noch ungeklärt, die Entwicklung und Dauer einer so epochalen Um- wälzung, wie jene, deren Zeugen wir eben find, läßt sh nicht vorher übersehen, noch abschäßen. Es wird sih unser Auëwärtiges Amt an- gelegen sein laffen, auf die tunlichst rasche Klärung der Verhältnisse im naben Orient binzuwirken. Dann wird auch der Vêéoment ge- kommen fein, die bis jeßt notwendig gewesenen Verstärkungen der Bestände an unserer Südostgrenze röckgängig machen zu können.

Mehrfah ist in der Oeffentlichkeit Kritik an der Tätigkeit gewisser Organe des auswärtigen Dienstes ceübt worden, eine Kritik, die au in mehreren Interpellationen in diesem hohen

; antwortlic.

Hause zum Ausdruck gekommen ist. In diesem Belange beehre ih mi, .im Nâmen des - Ministers des Aeußern dem hohen Hause folgendes zu erklären: Der Vorgang, ein Departement des Ministeriums

des Aeußern herauszugretfen und zum Gegenstand einer \pezicllen Kritif

zu machen, steht in Widerspruch mit dem Umstande, daß gleich den übrigen Abteilungen des genannten Ministeriums au das Literarische Bureau aus\scließlich nach den Weisungen und Anordnungen des Minisiers des Aeußern vorzugehen bat und tatsächlich während des ganzen Verlaufs der Krise wie auch insbesondere in den verschiedenen angeführten Etnzelfällen nach den erteilten Direktiven seiner Vorgeseßten vorgegangen ist. Es muß daher der Versuch, Gegensäge zwishen dem Minister des Aeußern und ihm unterstellten Bêéamten zu fkonstruieren, als unzulässig zurückgewiesen werden. Hummer: Dann Graf“ Béêrchtbld“ dafür ver-

L Ministérpräsident Gtaf“ Stü cgrh: Selbst. verffändlih deckt der Minister des Aeußern die Amtstätig- feit jedes einzelnen der ihm untergeordneten Departements, so auch des Literarishen Bureaus, mit seiner Verantwortlichkeit, eine Tatsache, auf die um so nachdrücklier hingewiesen werden muß, als der Versuch, irgendwelche, niht verfassungsmäßige Sonderverantwort-

lihkeiten aufzustellen, zu gänzlich unhaltbaren Verhältnissen führen---

müßte. Abg. Hummer: Privat hat sih aber Graf Berchtold anders geäußert. Graf Stürgkh: Der von marcher Seite unternommene Verfu, der cttlien Tätigkeit des Literarischen Bureaus eigennüßige Motive zu untershieben, kann wobl über- haupt nicht ernstliG in Betracht gezogen werden. Bei demn Umstande jedoch, daß dieser Anwurf nunmehr auch hier im Hause vorgebraht wurde, sieht \ch der Minister des Aeußern veranlaßt, die Unterstellungen, die sh gegen Beamte richten, deren persönlihe Integrität * über jeden Zweifel erhab?n ift, mit jener Entschiedenheit zurückzuweisen, die der abfoluten Haitiosig- keit dieser Anschuldigungen. entspriht. Abg. Hummer: Der Minister des Aeußern hat hier nichts rine: er iritt uns ja gar nit gegenüber, das fann er in den Delegationen sagen. Geben Sie sich niht dazu her, das Sprachrohr für derartige Insinuationen zu sein. Die Belehrungen des Grafen Berhtold brauhen wir niht.— Abg. Dr.Smeral: Graf Berchtold will dasHaus provozieren. Abg. Friedmann: Das ist keine Antwort auf die Interpellationen. Abg. Hummer: Wo sind die sahlihen Nahweisungen ? Abg. Zenker: Eine unerwartete Einigung des ganzen Hauses, Erzellenz !

Der Ministerpräsident Graf Stürgkh fuhr fort: Hohes Haus, die {hon jeßt seitens der Kriegsverwaltung in Angriff cenommenen Vorkehrungen wegen Erleichterung der der Bevölkerung durch die zahl- reihen Einberufungen auferlegten Lasten umfassen im Bereiche des 1. bis 14. Korps die Entlassung sämtliher Rescrvisten des Affent- jahrganges 1909, aller Reservisten und Ersazreservisten älterer Jahr- gänge und sämtliher Ersaßreservifien mit Begünstigungsötiteln fowie des entbehrlihen Teiles der sonstigen Ersaßtreservisten. Jn aller- jüngster Zeit ist die Anordnung getroffen worden, daß in den Land- wehrterritorialbereihen Krakau, Przemysl und Lemberg alle Re- servisten und Erfatzreservisten der Landwehr, die tn aktiver Dienstleistung zurüctbehalten wurden, in das nichtaktive Ver- bâltnis zurückoerseßt werden. Eine Einschränkung der mili- tärishen Verstärkungen an unserer Südostgrenze kann nur nah Mafßgabe der fortshreitenden Klärung des Verbältnisses am Balkan platzgreifen. Uebrigens ist ja die Einrichtung einér turnu8weisen Beurlaubung auch an der Südostgrenze angeordnet worden. Die Bereitstellung erhöhter militärisher Machtmittel, durch den Allerhöchften Oberbefehl angeordnet, erscheint in Umfang und Dauer durch die Gestaltung der außerpolitischen Lage bedingt. Es bieße, den Enderfolg einer eindrucksvollen Stellungnahme der MonarYie im internationalen Konzert der Mächte be- einträchtigen und damit viele für eine wirksame Friedenspclitik gebrahte Opfer in ihrem Zwedcke gefährden, wollte man diesen ersten und obersten Gesichtspunkt hierbei außer Betracht lassen. Die maßgebenden Faktcren find bestrebt, die durch Nücksihten auf die internationale Lage gebotene militärishe Sicherung mit den wirt- schaftlihen Bedürfnissen der Bevölkerung in Einklang zu bringen-

ch mödte an diefe Darlegungen nur die Bemerkungen knüpfen,

daß naHhträglige Bemängelungen eines einmal international ein- genommenen Standpunktes höchstens die erfolgreiße Geltend- mahung dieses Sltondpunktes, wenn er - einmal vertreten wurde, oder die Festhaïtung der durch ihn erzielten Erfolge, wenn er bereits durchgeseßt erscheint, s{chätigen können. Es wäre nit unbegreiflih, wenn die Eniwicklung der auswärtigen Politik, wie ih sie früber gekennzeihnet habe, niht auf allen Seiten des Hauses ein gleichmäßiges Gefühl der Zustimmung auélöste, ja dies wäre geradezu natürli in einem Staatswesen,- wie dem unsrigen, bei seiner kTomplizierten politishen und nationalen Struktur, bei den zahlreihen Beziehungen einzelner Teile der Bevölkerung zu den geistigen Mittelpunkten auswärtiger Kulturen. Derartige Be- ziehungen können auch innerhalb des Rahmens voller patriöo- tisher Loyalität, namentli*ÞG in bewegten Epochen, gewisse Differenzierungen in der Beurteilung einzelner Fragen h-rvor- rufen. Jh glaube aber, daß das Haus aus meinen Darlegungen eines entnehmen fann, was auf allen Seiten mit der gleihen Be- friedigung verzeichnet werden muß und verzeihnet werden wird: die würdiae und erfolgreiwe Geltendmachung der Intereffen der Monarchie und ihrer Bestrebungen auf Wahrung eines ebrenvollen Friedens. Aus der Bedeuturg dieser Errungenschaften mögen Ste kraftvolle Impulse zu segensrcicher Arbeit auf dem Gebiete der Erfüllung innerer Staatszwete |chöpfen. Machen Sie dur Vorsorge für die Fortführung des Staatshaushalts die Bahn fiei für zielbewußtes parlamentarisches Schaffen. In diesem Sinne bitte ich um Be- willigung des Budgetprovisoriuns.

Der Abg. Korof yo (Südslave) erklärte, die Zukunft des Neiches liege auf dem Balkan und ter Adria. Die Südjlaven gravitierten niht nach außen, sondern sie rerlangten mit allem Nachdruck die gleichen Nedite wie die anderen Völker. Ihre leßte Hoffnung sei die Dynastie, die stark genug, gestüßt auf ein verläßlihes Heer, dem Dualismus ein Ende bereiten könne. Der Abg. Dr. Gros führte aus, die Erfolge der Balkanslaven hätten das Stammesbewukßtsein der Südslaven der Monarchie in hohem Maße gesteigert. Oer trialistische Staat könne nichts anderes sein, als cine Zuchtitätte für den Pan- \laviemus und zentirifugale Tendenzen. Die Deutschen könnten stch auf Aenderungen des Vafassungswesens im föderalistishen oder trialiftis(en Sinne durha!s nicht einlassen. Nach wie vor müsse der Dreibund der ÄAngelpunkt der auëswärtigen Politik bletben. Dem Dreibund, der Bundeëtreue Deutschlands und der Unterstützurg Italiens sei es zu verdanken, daß kein eurcpäischer Krieg ausge- brochen sei.

Nachdem noch zwei t{hechishe Redner gesprochen hatten, wurde die Sißung auf heute vertagt.

Jn der gestrigen Sißung des Budgetausschusses machte der Finanzminister von Zalesfki Mitteilungen über die Ausgaben, mit denen die außerordentlichen militärishen Maß- nahmen seit November vorigen Jahres den Staatsschaß be- lastet hätten.

Es habe sich hierbei, so führte der Minister obiger Quelle zufolge aus, um Ausgaben für die volle SWlazgfertizkeit des Heeres, der Marine und der österreihishen Landwehr gehandelt und um Aus- gaben, die mit der fogenannten Erhöhung des Friedensstandes be- ziehungsweise in einigen Korps mit der Erhöhung auf den Krtegs- stand verbunden waren. Auf diese beiden Kategorien von Aufwen- dungen sciea für Heer und Véarine insgesamt auf österreichis(er Seite als quotenmäßiger Beitrag 167 Milltonen Kronen aus- gegeben worden. Durch diese Aufwerdungen seien gewisse, in dem von den Delegaticnen festgeseßten Ausrüstungsprogramm vorgesehene Maßnahmen durchgeführt worden, fodaß in Zukunft fih manches an dem ursprönglihen Programm werde ersparen lassen. Erfreukticher Weise fei diese im voraus nickt vorgesehene Summe ohne außer- ordentliche kreditäre Maßnahmen bestritten worden, allerdings werde die Fortdauer der Erhößung des Standes entsprehende weitere Kosten verursachen.

Großbritaunien und Jrland.

Die Botschafter sind gestern nahmitttag im Auswärtigen Amt zu einer uuf zusammengetreten, vor der der fran- zösische und der russishe Botschafter Unterredungen mit Sir Fdward Grey hatten. Wie „W. T. B.“ meldet, er- zrierten die otshafter die Ansihten ihrer Re- gierungen über die Bedingungen, die von Oesterreich- Ungarn und Jtalien für die Verwaltung Albaniens aus- gearbeitet und den Pai dlen bereits früher übermittelt worden ind. Keine dieser Bedingungen hat entscheidenden Charakter. Die Verhandlung ergab die Tatsache, daß vollständige Ein- mütigkeit über die Notwendigkeit besteht, daß die Verbündeten den Vorfrieden sofort unterzeihnen. Gleichzeitig hielten die Boliwalter an der Tatsache fest, daß die Verbündeten, wenn sie den Vorfrieden unterzeihneten, damit in keiner Meise ihre Stellung gegenüber den Mächten beein- flußten. Die Botschafter betonten als wesentlihen Punkt, daß

lediglih den Frieden mit der Türkei unterzeichneten und nicht ihr Recht berührten, mit den Mächten die Fragen zu erörtern, die diesen zur Entscheidung vorbehalten seien. Die Botschafter drückten deshalb den dringendsten Wunsch aus, daß der Friede unterzeichnet und daß alle Erörterungen bis später aufgeschoben werden möhten. Die Mächte werden einzeln fortfahren, diese Ansichten in den Hauptstädten der Balkanstaaten eindringlich zu hetonen. -—-

E Gestern haben sich die Führer der Friedens- missionen der Balkanstaaten versammelt, um ihr Ver- halten hinsihtlih der Unterzeihnung der Fkiedenspräliminarien zu besprehen. Wie das „Reutershe Bureau“ erfährt, hat ein volllommener und völlig freundschaftliher Meinungsaustausch für und wider die Unterzeichnung der Friedenspräliminarien in der gegenwärtigen Form stattgefunden. Schließlih kam man iberein, die Aenderungen, die vorgeschlagen wurden, aufzuzeihnen.

Frankreich.

Jm gestrigen Ministerrat im Elysée wurde der Kriegs- minister beauftragt, von der Kammer zu fordern, daß das Geseß über die dreijährige Dienstzeit gleih nach der Verteilung des Berichts auf die Tagesordnung geseßt werde. Der Kriegs- minister berichtete über die Entsendung des Generals Pau, der beauftragt wurde, die Vorfälle in Toul und Belfort zu unter- juhen und die nach Feststellung der Verantwortlichkeit not- wendigen Beschlüsse vorzubereiten.

Im Senat stand in der gestrigen Sißung die Beratung des Marinebudgets auf der Tagesordnung.

Nach dem Bericht des ,„W. T. B.“ besprach der Berichterstatter Chautemp8 das Sciffsbauprogramm und drückie die Hoffnurg aus, daß es möglich sein werde, in diesem Jahre vier Schiffe auf Stapel zu legen. Er fügte hinzu, daß Frankreih die Schiffsbauprogramme anderer Nationen fehr forgfältig verfolgen müsse, um fein Uebergewicht im Mittelmeer, das eine Lebensfrage sei, aufrechterhalten zu föônnen, ohne deshalb feine anderen Seegrenzen zu vernachlässigen. Der Berichterstatter hob weiter die ballistihen Vorzüge des Pulvers B und feine Haltbarkeit bei \forzfältiger Herstellung hervor. Der Marineminister B audin erklärte, daß Frankrei mit der Aus- führung seines Schiffsbauprogramms um drei Jahre voraus fei. Im Oktober würden vier Schiffe auf Stapel liegen. Es werde dann der Lau von sechs Schiffen übrig bleiben, deren Armierung eine Haupt- frage sei. Die näthste Serie Schiffe werde mit dec 34 cm-Kanone ausgerüstet werden. Nichts \preche dafür, darüber hinau8zugehen. Die Srtfernung des verdäbtigen Pulvers erforderte, die Fabrikation neuen Pulvers sehr zu beschleunigen. Heute besitze das erste Geshwader seine vollständigen Pulvervorräte, und das gleiche fönnte für das zweite Geshwader in wenigen Stunden der Fall sein. Alles Artilleriepulver für die Reservegeshwader sei für;li® wieder eingeladen worden, damit für den Fall einer Mobil- machung Zeit gewonnen werde. Die Indiensistellung der Schiffe des neuen Programms werde Frankreih eine Macht zur See sicrn, wie es sie noch nie bcsessen habe. Aber man werde dem Mangel an Offiiteren und Mannschaften abhelfen müssen. Deshalb fei es un- mögli, einer Herabseßung der Dienstzeit für die einges{rtebenen Seeleute zuzustimmen. Es würden große Kredite gefordert werden für den Ausbau und die Vertiefung der Häfen. Ferner werden die Kammern mit einem Programm für die WVarineluftfahrt und mit einem Bauprogramm für Geshwaderkreuzer befaßt werden.

Jm Budgetaus\huß der Deputiertenkammer erflärte gestern der Kriegsminister Etienne bei der Be- gründung der Kreditvorlage von 400 Millionen, obiger

| Quelle zufolge, die für die Zurückbehaltung der Jahresklasse 1910 erforderlihen Maßnahmen seien so dringender Natur, daß er es auf sih genommen habe, die Ausgaben unverzüglich und auf seine eigene Verantwortung zu machen. Diese Erklärung rief bei den Radikalen und Sozialisten große Erregung hervor. j Eine von den Sozialisten Sembat und Thomas beantragte Kesolution, durch die der Minister aufgefordert wurde, keinerlei Ausgaben vorzunehmen, bevor die Kammer die erforderliche Vewilligung erteilt habe, wurde mit 9 gegen 8 Stimmen abgelehnt.

___— Der General Pau hat gestern in Toul seine Unter- luhung über die militärishen Demonstrationen be- J endet und begibt sich heute nah Belfort. Die Militär- behörden beobachten über das Ergebnis der Untersuchung voll- sländiges Stillschweigen. Vorgestern sind in Toul vier Kommissare der allgemeinen Sicherheitsbehörde eingetroffen, um Nachforschungen anzustellen, inwieweit bei den Militärkund-

gebungen der Einfluß von Zivilisten im Spiele war. __ Wie „W. T. B.“ meldet, versuchte in Paris gestern abend tine Gruppe von Soldaten des 28. Jnfanterieregiments, eine Kundgebung gegen die Zurücckbehaltung der Jahres- lasse 1910 zu veranstalten, wurde aber von der Polizei ver- trieben. Jn Mâcon durchzogen gestern einige hundert Mann des 134. Infanterieregiments die Hauptsiraßen mit dem Rufe: „Nieder mit der dreijährigen Dienstzeit!“ Mehrere sangen die nternationale. Ein Offizier versuhte vergeblich, sie zu zer- Um 8 Uhr gingen die Manifestanten auseinander,

Ätreuen. hne daß es zu Zwischenfällen kam. :

In Boulogne bei Paris fanden gestern nachmittag arge 2ntimilitaristishe Straßenkundgebungen statt. Zwei Automobile, die rote Fahnen und rote Anschlagzettel mit der Ausschrift „Nieder mit dem Gesez über die drei Jahre, meder mit der Armee!“ trugen, fuhren durch die Straßen der tadt. Der Polizeikommissar ließ die Automobile durh Schuß- eute auf Fahrrädern verfolgen, denen es auch gelang, ens der Automobile anzuhalten und die zwei Jnsassen fest- unehmen. Einige Stunden später wurden in Boulogne etwa 0 Gestellungspflichtige, denen eine Trikolore vorausgetragen

vurde, von etwa 50 Antimilitaristen, die in dem Lokal eines Ar- Lilerbonsumvereins versammelt gewesenwaren, überfallen und mit teinen beworfen. Schußleute griffen ein, und es entstand ein tftiges Handgemenge, wobei ein Polizeikommissar und vier Ge- tellungs8pflichtic e niht unerheblih verleßt wurden. Jnzwischen var aus dem benadbarièn St. Cloud eine Abteilung Kürassiere

__ die Balkanstaaten mit der Unterzeichnung des Vorfriedens_|

herbeigeeilt, bei deren Anblick die Antimilitaristen in das Konsumvereinslokal zurückflüchteten. Zwölf von ihnen wurden

verhaftet. Nuß; land. *

- Die Justizkommission der Duma hat, einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, die Geseßvorlage über die Aus- dehnung der allgemeinen Neichsgeseße auf die in Finn- land begangenen Hochverrats- und politischen Ver- brechen angenommen. Die Mitglieder der Opposition waren ostentativ fern geblieben. Die Kommission hat bei der An- nahme der Geseßzvorlage auch die Anwendung des neuen Ge- seßes auf Beleidigungen der orthodoxen Geistlichkeit, des Heeres und der russishen Beamten in Finnland beschlossen.

Dänemark.

Bei den gestrigen Wahlen'zum Folkething sind laut Meldung des „W. T. B.“ 43 Mitglieder der Linken, 32 Sozial- demokraten, 31 Radikale und 7 Mitglieder der Rechten gewählt worden. Das vorige Folkething seßte sich aus 56 Mitgliedern der Linken, 24 Sozialdemokraten, 20 Radikalen, 13 Mitgliedern der Rechten und einem Wilden zusammen. Ein Wahlergebnis von den Farörinseln steht noh aus. Unter den Wiedergewählten befinden fich der Ministerpräsident Berntsen, der Minister des Innern Jenjen-Sönderup, der Verkehrsminister Thomas Larsen, der Ackerbauminister Anders Nielsen, der Finanzminister Neer- gaard, der ehemalige-Ministerpräsident J. C.- Christensen (Linke) und der ehemalige Ministerpräsident Zahle (Radikal).

‘Türkei.

Jn offiziellen Kreisen der Pforte wird, einer Meldung des „W. T. B.“ zufolge, erklärt, daß das english-türkische Abkommen über den Persishen Golf und die damit im Zusammenhange stehenden Fragen endgültig abgeschlossen worden sei.

Die Einxihtung des Veérwaltungs- und Sicherheitsdienstes in Skutari vollzieht \sih, obiger Quelle zufolge, weiter ohne Zwischenfälle. Es ist eine Ver- besserung der telegraphishen und funkentelegraphishen Ver- bindungen in Aussicht genommen. Die Abteilungen des inter- nationalen Geschwaders sind gegenwärtig in den Kasernen untergebracht.

Amerika.

Der Präsident der cubanischen Republik Mario Men ocal und der Vizepräsident Dr. Enriquez Varona sind gestern in ihr Amt eingeführt worden.

Statistik und Volkswirtschaft.

Der deutsche auswärtige Handel im April und in den Monaten Januar bis April 1913.

Wie dem „W. T. B." mitgeteilt wird, haben im Handels- verkehr des deutschen Zollgebiets mit dem Auslande betragen:

im Monat April d. J. die Einfuhr 6103572 t, außerdem 13 091 Pferde und 152 Wasserfahrzeuge (gegen 5 167 845 t, 12 083 Pferde und 41 Wasserfahrzeuge im April 1912), die Ausfuhr 6 425616 t, außerdem 493 Pferde und 74 Wasserfahrzeuge (gegen 5 938 122 t, 525 Pferde und 73 Wasserfahrzeuge im April 1912);

in den 4 Monaten Januar bis April d. I. die Einfuhr 22055797 t sowie 56.109 Pferde “und 249 Wasserfahrzeuge (gegen 20 893 161 t, 51 111 Pferde und 135 Wasserfahrzeuge im gleichen Zeitabshniit 1912), die Ausfuhr 24526 336 t sowte 2210 Pferde und 210 Wasserfahrzeuge (gegen 20 855 089 t, 3076 Pferde und 223 Wasserfahrzeug? im gleichen Zeitabschnitte 1912).

Die Werte erreichten Millionen Mark:

im April d. J. in der Einfuhr 985,1 an Waren und 26,8 an Edelmetallen (geaen 9436 und 30,4 im April 1912), in der Aus- fuhr 8687 an Waren und 5s an Edelmetallen (gegen 717,7 und 11,3 im- April 1912):

__in den 4 Monaten Januar bis April d. I. in der Einfuhr 3655,6 an Waren und 103,2 an Edelmetallen (gegen 3579,5 und 76,3 im entsprehenden Zeitraume 1912), in der Ausfuhr 3315, an Waren und 414 an Edelmetallen (gegen 2784 und 557 im ent- \vrechenden Zeitraume 1912).

Die Kurse der an der Berliner Fondsbörse zugelassenen Aktien der deutschen Aktiengesellschaften im April 1913.

Nach der vom Statistischen Landesamt hierüber in der „Stat. Korr.“ veröffentlichten Uebeisiht waren an der Berliner Fondsbörse abgesehen von 9 (4 preußischen und 5 nichtpreußischen) Gesell- schaften mit 80,76 Millionen Mark Kapital, deren Aktien im April, wie tn den Vormonaten, niht notiert wurden am Schlusse des Monats April d. J. die Aktien von insgesamt 911 (Ende März d. J. die von 909) deut schen Aktiengesellshaften, 683 (681) preußtschen und 228 (228) nichtpreußishen, zur Notierung zugelassen. Deren börfenfähiges Kapital betrug Ende April 9131,96 (Ende März d. I. 9134,46) Millionen Mark n2ch dem Nennwerte und 15 751,62 (15 616,78) Millionen Mark nah dem Kurswerte, das der preußischen Gesellshaften allein 6844,97 (6847,47) Millionen Mark nach dem Nenn- und 12 008,4 (11 881,61) Millionen, Mark nach dem Kurswerte und das der nidtpreußishen Gesellshaftêèn 2286 9 Millionen Ma:k (wie Ende März) nach dem Nenn- und 3743,18 (3735,17) Millionen Mark nah dem Kurswerte.

Bei der Gesamtheit der deutschen Aktiengesellshaften, decen Aktien an der Berliner Fontsbörse zugelassen find, ist der Wochendurch- \{chnittskurs des Monats April gegenüber dem des Vormonats fast unverändert geblieben. Berüctsichttgt man jedoch, daß die im Laufe des Berichtsmonats bei 168 Gesellschaften vorgenommene Abtrennung des Dividendenscheins für 1912 im Monatsdurchschnitt eine Kurt- verminderung von 2,26 9% bedingt hat, fo ist die auf Aenderung der Marktlage zurückzuführende Steigerung auf etwa 2,30 9% zu bewerten. In gleiher Weise ergibt sich für die preußishen und die nicht- preußishen Gesellshaften unter Berücksihtigung des Kursrückganges, den die Abtrennung des Gewinnanteilsheins bei 119 bezw. 49 Ge- sellschaften verursaht hat, eine Aufbesserung der Kurse, die sih auf 2,53 bezw. 1,60 9/% berechnen läßt.

Gegenüber dem vorjährigen Aprilkurs zeigt der diesjährige einen Nachlaß von 3,65 9/6, der sich indes nur auf die preußishen Gesell- schaften (mit 4,76 9/9) erstreckt, während die außerpreußischen den Kurs- stand des Vorjahres behauptet haben.

_ Im einzelnen ist der Kurs gegen den Vormonat besonders stark estiegen bet der chemischen Industrie (um mehr als 14 9%), nsbesondere bei ber der Farbenmaterialien (um 25 9%) s\owte der Sprengstoffe und Zündwaren (um 10 0%), ferner noch bei der Industrie der Herstellung von Zettmeßinstrumenten und Fein- mechanik (um 25 9/6). Die in verschiedenen Gewerbegruppen und arten zu beobachtende Kursmtnderung, die übrigens nirgends 7 9% erreicht, ist vielfach auf die Abtrennung des Dividendenscheines für 1912 zurückzuführen. Einen bemeckenswerten Kursrückgang (von mehr als 2 9/0) bedingte diese Ursache bei folgenden Gewerbegruppen bzw. Gewerbearten : Bergbau, Hütten- und Salinenwesen (um 2,8 9/0),

in8besondere Steinkohlenbergbau (um 6,16 9%) und Braunkohlen-

berghau (um 2879/0), Industrie der Steine und Erden (um 2,22 9%), in dieser Gewerbegruppe insbesondere Zementwerke

(um 2,92 9/0), Töpferei, Steingut- und Porzellanfabrikation

- .

(um 4,15 9/9) und SGlasfabrikation (um 2,45 9/0), FIndustrie der Leuchtstoffe usw. (um 3,67 9%), hier namentliÞch Gas- anstalten (um 5,38 9/9), ferner Lederindustrie und Industrie lederartiger Stoffe (um 2,63 9/0), Industrie der Holz- und Schnitstoffe (um 4,58 9/9), Befkletdungêgewerbe (um 2,6 9/60), polygraphishe Gewerbe (um 2,27 %%), Handelêgewerbe (um 3,23 9/6) und dessen Intergruppen Hypothekenbanken (um 2,69 9/6) und Noten-, Effekten- und Emissions- banken (um 3,63 9/9), Versicherungsgewerbe (um 2,01 9/0), dessen Unter- gruppen Feuerversiherung (um 2,77 9%) und Tranféportversiherung (um 2,80 9/0), endlih Verkebhrsgewerbe (um 3,62 9/6) sowie dessen Unter- Res E und Straßenbahnen (um 3,28 9%) und Seeschiffahrt um 4,81 /o).

Gegen den vorjährigen Aprilkurs ist der diesjährige bei der Mehr- zahl der Gewerbegruppen und -arten gesunken, besonders erbeblih bei den Gewerbegruppen : Industrie der Leuchtstoffe (um mehr als 22 9/9) sowie Musik- und Theatergewerbe_ mit nur einer Geselischaft (um 42 o), ferner bei den Gewerbearten: Ziegelei, Ton- und Steinzeug- fabrikation (um 37 9/9), Herstellurg von Zeitmeßinstrumenten und Fein- mechanik (um 31 9/6), Wasserversorgung und Cisbereitung (um 22 9/0). Anderseits findet man gegen den April 1912 ein beträchtlihes_ Steigen der Kurse bei der chemishen Industrie (um mehr als 22 9/0), insbe- sondere bei der der Farbenmaterialien (um 66 9/6), und beim Ver- sicherungëgewerbe um (20 9/6).

Zur Arbeiterbewegung.

Zur Tarifbewegung der Färbergehilfen im Wuppertal (vgl. Nr. 116 d. Bl.) hat der Verein der Wuppertaler Seiden- und Kunstseidenfärber in Elberfeld kürzlich Stellung genommen und ter „Köln. Ztg.“ zufolge nachstehendèn Beschluß gefaßt: „Die Färbereibesizer sind im Augen- blick nit in der Lage, die in einigen Betrieben ver- langten Forderungen der Arbeiter zu befriedigen. Unter der Bedingung aber, daß die Arbeit in den bestreikten Betrieben Montag, den 19. ds., wieder aufgenommen wird und eine weitere Streik- bewegung nickt stattfindet, sind die Färbereibesizer bereit, nah Bes- endigung des Crefelder Streiks, spätestens am 1. August, eine Lohn- erhöhung eintreten zu laffen. Maßregelungen finden nicht statt.“ Die Färbereigehilfen haben darauf die Arbeit wieder aufgenommen, aber aus Solidaritätsgründen die Bedingung ge- stellt, daß die Färbereibesißer während der Dauer des Crefelder Aus- standes von Ueberstunden Abstand nehmen. Bei dieser Bedingung gingen die Gehilfen von der Erwägung aus, daß auch die Färberei- besißer nur aus Solidaritätsgründen gegenüber den Crefelder Färberei- besigern eine sofortige Lohnerhöhung nit bewilligten.

(Weitere „Statistishe Nachrichten“ \. i. d. Ersten Beilage)

Literatur.

-= Preußen und seine Hauptstadt im Jahre 1813. Von Dr. Valentin Scherer. Verfaßt auf Anregung der Diester- weg-Gesellshaft zu Berlin. Berlin, Trowißsch u. Sohn. 212 Seiten. 1,50 #. Die vorliegende Volks- und Jugendschrift über die Frei- heitskriege erhält ihr Gepräge durch das Eingehen auf die Frage, wieweit die Stadt Berlin von den Ereignissen des Jahres 1813 be- rührt wurde. Dem entspricht au die hübsche Ausstattung des Buches; es enthält außer 10 Vollbildern und 11 Porträts sowie 9 Karten und einigen Jllustrationen noch 8 Ansichten aus dem alten Berlin. Auch über den Inhalt kann man nur Gutes sagen; er sucht Ver- ständnis für die Eigenart der vielen Helden jener Tage zu wecken und in die jugendlihen Seelen Begeisterung für das Große in die Menschenbrust zu pflanzen. Man darf auch diesem Buch weite Ver- breitung wünschen.

XII. Sonderheft der Berliner Architekturwelt. Die neuen Entwürfe zum Berliner Königlihen Opernhaus.

reis 10 6, für Abonnenten 5 4. Verlag von Ernst Wasmuth

-G., Berlin. Der bekannte Architekturverlag bat es {ih zur Aufgabe gemacht, die in den Entroürfen zum Opernhaus geleistete Arbeit als Niederschlag des architektonishen Könnens unserer Zeit durch Veröffentlichung der Allgemeinheit zugänglih zu machen und dauernd zu erhalten. Baurat Hans Schliepmann berichtet über die Ent- wicklung der Berliner Opernhausfrage in ihrem geschichiliGen Ver- laufe bis zum Ende des Jahres 1912, Wir schen die Aufnahmen des Knobelsdorfshen Baues und erfahren von feinen Umänderungen bis in die neueste Zeit, die s{ließlich nur noch als provisorisce angesehen wurden, da man erkannte, daß nur ein völliger Neubau den erhöhten Ansprüchen gerecht werden könnte. Die Plaßbfrage wird erwogen, und der weitere Verlauf der An- gelegenheit zeitigt die drei Weitbewerbe, deren Ergebnisse, Pro- gramme fowie das Gutachten der Königlichen Akademie des Bau- wesens wiedergegeben sind. Es bedarf wobl keiner weiteren Bee gründung, daß das Studium dieser Entwürfe in ihrem Ringen mit den in der Aufgabe liegenden Schwierigkeiten und in ihrem Be- streben, für unseren bedeutendsten Monumentalbau der Neuzeit eine treffende Form zu finden, manches Interessante bietet.

Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperxrungs- maßregeln. Griechenland.

Nach einer Mitteilung der griehischen Regierung vom 16. April d. J. (a. St.) ist die für die Herkünfte von der Küste vom Golf von Orfano bis Dédéagatch angeordnete Quarartäne wieder aufgehoben worden. Derartige Herkünfte unterliegen z. Zk. einer ärztlichen Untersuung. (Vgl. R.-Anz. vom 2. d. M. N 108)

Indien.

In Chiitagong sind durch Verfügungen der Negierung von Bengalen Aden, Hongkong und der Hafen Bushire für peslverseucht erklärt worden. Von dort ankommende Schiffe unterliegen nebst ihren Passagteren den vorgeschriebenen gesundheitspolizeilihen Maß-

nahmen. Theater und Musik.

Die Feier des 100. Geburtstages Richard Wagners beginnt morgen mit einem Festakt, Mittags 12 Uhr, im Königlichen Schauspielhause, zu dem besondere Einladungen ergangen sind. Der Königlihe Domchor wird einen a cappella - Chor aus dem « Liebesmahl der Apostel", die Königlihe Kapelle das „Siegfried - Jdyll*“ vortragen. Hierauf folgt die Festrede des Herrn Professors Dr. Burdach; den Beschluß bildet der Lateran- chor aus „Rienzi“, vorgetragen vom Königlichen Opernckor. Nachmittags 5 Uhr findet im Königlichen Opernhause auf Allerhöchsten Befehl Festvorstellung für die hierzu geladenen Schülerirnen und Schüler der oberen Lehranstalten statt. Gegeben werden „Die Meistersinger von Nürnberg“ in folgender Be- seßung: Hans Sachs: Herr Bischoff; Eva: Fräulein Dur; Magdalena: Frau von Scheele-Müller; Walther Stolzing: Herr Vogelstrom; Beckmesser: Herr Schulß; David: Herr Henke; Pogner: Herr Schwegler; Kothner: Herr Bronsgeest. Die musikalishe Leitung hat der Kapellmeister von Strauß.

__ Im Königlichen Opernhause wird am Sonntag, den 25. d. M., auf Allerhöchsten Befehl „Kerkyra" gegeben. Der Use Sänger Gustav Shwegler, der im vorigen Herbst nab achtzehnjähriger Tätigkeit am KöntgliWßen Tbeater in Wiesbaden auf besonderen Wunsch Seiner Majestät des Kaisers und Königs an das Königliche Opernhaus berufen wurde, begeht dieser Tage fein 25 jähriges Jubiläum als Bühnensänger.

Im Königlihen Schauspielhause wird morgen, Donners- tag, im Zyklus der Volksvorstellungen zu den bekannten billigen Preisen „Minna von Barnhelm“ in folgender Besetzung aufgeführt : Minna: Fräulein Arnstädt, Franziska: Fräulein Heitler, Dame in Trauer: Frau Buyze, Tellheim: Herr Sommersto:ff, Wirt : Herr Vollmer, Werner: Herr Patry, Just: Herr Mannstädt, Riccaut:

Herr Geisendörfer.

A.