1894 / 139 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 15 Jun 1894 18:00:01 GMT) scan diff

Ersten Kammer abgeändert worden. Einigen dieser Aendc- rungen stimmte die Zweite Kammer in ihrer ttwochs- Sißzung Rarag u, so insbesondere der Bestimmung, daß von Kartoffeln, M S und Speisefetten die Verbrauchssteuer niht erhoben werden soll. Dagegen beshloß die Zweite Kammer mit Zustimmung der Regierung, den von der Ersten Kammer gestrichenen Zusaß wieder herzustellen, wonach vom 1. Januar 189% an in denjenigen Gemeinden, welhe Ver- brauchssteuern von Mehl, Getreide und Schwarzbrot er- heben, dic Säße hierfür nicht erhöht werden dürfen.

HSefsen.

hre ea Een Hoheiten der Großherzog und die Großher gin aben gestern in Mainz ihren feierlichen Einzug eda ten. Nachdem Höchstdieselben auf dem E „Hassia“ unter Salutshüssen und Glockengeläut eingetroffen waren, wurden Jhre Königlichen Hoheiten, wie „W. D. V. berichtet, am Kaiserthor von den Spißen der Staats- und der Militärbehörden begrüßt. Auf dem S erfolgte vor einem Triumphbogen die Bewillkommnun A den Bürgermeister Dr. Gaßner. Alsdann begaben si die Großherzoglichen Herrschaften, sowie die Personen, die am Empfange betheiligt waren, nach dem Schloß. Auf dem Wege bildeten Vereine und Schüler Spalier, die später im feierlichen Zuge am Schlosse vorüberzogen. Die Stadt war prachtvoll geschmückt. Abends war im Theater Festkonzert.

Oesterreich - Ungarn.

Der „Budapester Korrespondenz“ zufolge fand bei dem Grafen Aladar Andrassy, welcher in dem (agnatenhause egen die Ehegeseßzvorlage stimmte, eine A von agnaten ohne Unterschied der Partei statt. Der Konferenz wohnten auch der Minister-Präsident Dr. Wekerle und der Justiz- Minister Dr. von Szilagyi bei. Ein Theil der Oppositionellen be- harrte auf streng ablehnendem Standpunkt, ein anderer Theil e Modifikationen an, welche diesem Theile der Opposition die Genehmigung der Vorlage ermöglichen würden. Die Minister lehnten sämmtliche Vorschläge als das Wesen der Vorlage be- einträhtigend ab und erklärten, zur Aufnahme einer neuen Bestimmung in das Geseß nicht d ( erg können; gleichzeitig forderten sie jedoch die Mitglieder der Opposition, die es wünschten, auf, konkrete Vorschläge zu machen.

Großbritannien und JFrland.

Di- Aeußerung des Lord Rosebery auf dem Festmahl in Trinity House (Leuchtwesen-Departement), über die gestern kurz telegraphish berihtet wurde, lautete nah der „Allg. Korr.“ vollständig: „Jn unserer Zeit der gewaltigen Rüstungen

ößt der Friede der Welt den Leitern aller Regierungen

let cinige Besorgniß ein. Gegenwärtig haben einige Fragen eine unberehtigte Bedeutung angenommen wegen der Sprache, die einige niht verantwortliche Personen Teheauet haben. Durh das Ableben des Kaisers von Marokko is eine Frage aufgetaucht, die cine ergiebige Ursache der Unruhe werden würde, wenn die Staatsmänner Europas weniger weise wären. Aber die gewaltigen Rüstungen tragen au zur Befestigung des Friedens bei, insofern sie den Leitern der Regierungen- eine ungeheure Verantwortlichkeit auferlegen. Die größte g welche gegenwärtig den Frieden Europas bedroht, ist die sich keiner Verantwortlichkeit Mount Redeweise. Jch wenigstens werde mih solcher nicht bedienen.“

Das Jahres-Festmahl der Londoner Handelskammer, welches am Mittwoch stattfand, wurde von dem Schagkanzler, Sir William Harcourt durh eine Rede über die kommerzielle Lage des Landes verherrliht. Als er, der Schaßkanzler, das leßte Mal im Jahre 1886 abtrat, lautete das ziemlich allgemeine Urtheil der Geschäfts- welt dahin, daß es mit den guten Zeiten ein für allemal vorbei sei. Das Morgen des Handelsbarometers sei ebenso unsicher, als das des gewöhnlichen. Gerade von 1886 an datierte der Aufschwung, der 1890 seine Höhe erreichte. Dann ging’'s wieder abwärts. Wozu sih aber unnüge Sorgen wegen der Zukunft machen? Lord Beaconsfield habe “t: einmal bemerkt, niemand leide stärker als der, welcher ih Uebel vormale, die niemals einträten. Bisher habe England noch immer alle Konkurrenz bestanden. Man rede so viel von dem Niedergang des britishen Handels. Dem Umfang nach habe dieser niht abgenommen. Gewiß, der Nutzen sei nicht mehr so groß wie früher, aber Nußen gebe es doch noch immer. Die Zahl der beschäftigten Arbeiter wahse und sei z. B. in der Baumwollindustrie bedeutend größer als vor zwanzig Jahren. Die Löhne seien nicht herabgegangen. Die Ersparnisse des Volkes mehrten sih unablässig. Jm Jahre 1893 habe der Arbeiterstand 5 000 000 Pfd. Sterl. zurück- gelegt, jeßt betrügen seine U “insgesammt 128 500 000 Pfd. Sterl. Es sei also doch nicht so faul im Staate England. Wenn das Kapital sich nach Anlage umsche, so habe das verschiedene Ursachen. Verschiedene Bedürfnisse der Welt seien bereits befriedigt, die Haupteisenbahnen ies gebaut, das Kapital sei auch furhtsam geworden. Die Mißstände in den Aktiengesellshaften hätten wohl auch etwas damit zu thun. Jeßt sei freilich eine kleine Eisperiode in der kommerziellen Geschichte des Landes ein- gerei, aber bald werde hoffentlih tropishe Hiße folgen.

uf alle Fälle werde das Ministerium den von dem großen Sir Robert Peel gelegten Grundlagen der englischen Handels- politik treu bleiben. /

Jn der gestrigen Sißung des Unterhauses erklärte der Parlaments- Intersekretär Grey, Frankreich beanspruhe das Vorkaufsrecht auf den Congostaat auf Grund des Abkommens, welches am 4. April 1884 mit der internationalen Congo- Assoziation N worden sei, die sich zum Congostaat entwidelt habe. ie Forderung sei den Unterzeichnern der Berliner Akte niht unterbreitet worden. Der Protest Deutschlands sei nunmehr eingetroffen. Aber die Gründe dieses Protestes behandelten ausshließlich das Recht des Congo- staats, das in dem Berliner Abkommen definierte Gebiet ab- zutreten, berührten aber durhaus nicht die Frage der Aus- dehnung seiner Grenze in nördlicher Richtung. Deutschland mache geltend, daß die Bestimmungen des Artikels IIT vom 12. Mai, wie sie Deutschland auslege, seine Zustimmung erheishten. Von der Türkei sei kein Protest eingelaufen. Der tür ische Bot- elg habe nur hinsihtlich der angeblichen e bie von Wadelai seitens Englands mündlich erklärt, daß die Pforte Wadelai noch als integrierenden Theil der Gege Be- sigungen betrachte und daß diese Ansicht durch die Beseßung seitens Englands in keiner Weise modifiziert werden könne. Die

ie Jnitiative ergreifen zu |

ranzösishe Regierung sei keine Verpflichtung eingegangen, E e hindere, während der vorgeschlagenen Erörterung der s{hwebenden Streitfragen ihre Truppen in die Aequa- torialprovinz vorrücken zu lassen. Der Untersekretär des Kolonialamts, Buxton, erklärte, die Regierung habe das legte Telegramm des Gouverneurs von Hongkong am 12. Juni empfangen, dasselbe besage, daß 1500 Todesfälle infolge der Pest vorgekommen seien. Der Parlaments- ekretär in der Admiralität, Kapitän Shuttle- worth erklärte in Beantwortung einer Anfrage, das britishe Kriegsschiff „Brambli“ sei nah Tanger beordert und dem dortigen britischen diplomatishen Vertreter zur Verfügun Igestellt. Andere Kriegsschiffe seien im Nothfall zum Schuß von Leben und Eigenthum britisher Unterthanen erreichbar. Im weiteren Verlauf der Sißung wurde Artikel 5 des Budgets angenommen. : :

Der Lord-Oberrichter von England Lord Coleridge ist gestern Abend gestorben.

Frankreich.

Im Ministerrath erklärte gestern der Marine-Minister

e daß, entgegen den Meldungen einzelner Blätter, kein

efehl nah Toulon gegeben wurde, eine weitere Flotten- abtheilung zum Abgang nah Marokko bereit zu halten. Der Ministerrath segte ferner die Summe der Erspar- nisse in sämmtlichen Budgets für 1895 auf 30 Millionen fest. Davon entfällt die Hälfte auf das Heeresbudget. Der Finanz - Minister gab der Hoffnung Ausdruck, das Gleich- gewiht ohne Erhöhung der direkten Steuern herzustellen.

ie Budgetkommission der Kammer stimmte dem Geseß- entwurf, betreffend die direkten Steuern, zu.

Als gestern bei einer Jnspektion auf dem Fort Charenton General Edon den Revolver des Unter-Lieutenans Schiff- macher prüfte, entlud sich der Revolver. Der Schuß ging dem Unter-Lieutenant Schiffmacher in den Leib und fügte ihm eine shwere Verlegung zu.

Rußland.

Zur Schlichtung von Streitigkeiten unter Offi- zieren ist cin neues Reglement erlassen worden. ‘Darnach entscheidet, wie „W. T. B.“ meldet, cin von Offizieren ge- bildetes Ehrengericht, ob ein Duell unvermeidlich ist; im Fall der Bejahung erhält der Offizier, welher das Duell verweigert, den Abschied. Ueber jedes Offiziersduell wird dem Kriegs- Minister berichtet, welher im Einverständniß mit dem Justiz- Minister bei dem Kaiser die Niedershlagung des gerichtlichen Verfahrens erbitten kann. Das Ehrengericht ist befugt, die Ausschließung von Offizieren aus dem Offizierkorps wegen mangelnden Ehrgefühls auch dann zu beschließen, wenn die betreffenden Offiziere formell Satisfaktion gegeben haben.

Ftalien.

Die Minislerkrisis ist beendigt. Der König hat die Demission des Finanz-Ministers Sonnino sowie die des Acerbau-Ministers Bose lli angenommen und zugleich ersteren um Schay-Minister, lehteren zum Finanz-Minister und Bara l, einen der angeschensten Deputirten Toskanas, zum Acerbau-Minister ernannt. Alle übrigen Minister be- halten A bisherigen Portefeuilles. Barazzuoli hat bereits gestern Nachmittag dem König den Eid geleistet. |

Jn der gestrigen Sizung der Deputirtenkammer erschien der Minister-Präsident Crispi, um der Kammer von der Lösung der Ministerkrisis Mittheilung zu machen. Hieran an- \chließend erklärte er, der Ministerrath habe nohmals das schwierige Finanzproblem geprüft, das so bald wie möglich gelöst werden müsse. Wir haben so sagte Crispi uns die lange Berathung der Kammer zu Nutzen gemacht, und von dem Wunsche beseelt, endlich zu einem Einvernehmen u fommen, haben wir uns entschlossen, Jhnen die enden Abänderungen vorzuschlagen: Die Regierung verzichtet auf zwei Zehntel der Grundsteuer (lebhafte Zustimmung, Bravorufe), welche 17 Millionen ergeben haben würden. Sie verzichtet ferner auf die Steuer für Jn- dossierung von Wechseln, auf die Erhöhung der Einkommen- steuer und auf die Abänderung des Geseßes über die Gewichte und Maße, welhe im ganzen 6 Millionen ergeben haben würden. Dieser Ausfall von 23 Millionen soll dur Ersparnisse und durch cine Reform ‘der Alkohol- steuer ergänzt werden. Im übrigen übernehme das Ministerium unter Aufrechterhaltung der am 21. Februar von Sonnino angekündigten Ersparnisse von 45 Millionen für das Finanzjahr 1894/95 die Verpflichtung, weitere 20 Millionen Ersparnisse für das Cane 1895/96 herbeizuführen. (Bravo! Sehr gut!) Diese Ersparnisse sollten durch eine Kommission von ahtzehn Mitgliedern herbeigeführt werden, welhe die Kammer im Zusammen- hang mit dem Geseg über die Reorganisation der Ve1- waltung ernennen soll. Ferner habe der Kriegs-Minister eine Kommission von Generalen ernannt zur Einführung von Neformen und Ersparnissen in Cine Nessort. (Lebhafter Beifall.) Dhne die Arbeit der 18gliedrigen Kom- mission zu hemmen, werde die Kammer übér die E regeln berathen können, damit das Werk schne R werde, dessen Durchführung alle erstreben. Der Minister- Präsident bat die Kammer, die Ernennung der 18 gliedrigen Kommission zu beeilen, damit diese gemeinsam mit der Regierung die Arbeiten noch im laufenden Jahre in Fluß bringe (Beifall und Zustimmung), und R: E Me De o Une tenen t sicherlich ein shwieriges, aber für tüchtige Männer, für arbeit: jame Parlamente giebt es keine unüberwindlihen Schwierig keiten. Es handelt sich nur um den Willen, und an diesem? Willen, so hoffe ih, wird es nicht tg Das Finanz- problem isst das wichtigste, von ihm hängt die Lösung aller anderen Fragen ab; es ist Jhre, es ist unsere Pflicht, dieses Problem schnellstens zu lösen.“ (Lebhafter, anhaltender M ae Im weiteren Verlauf der Sizung bezweifelte Jmbriani, da die Regierung den aufrichtigen Wunsch habe, Ersparnissezu machen, und bedauerte, daß die Salzsteuer und die Rentensteuer beibe-

alten werden sollen. Redner bat die Kammer, gegen das

inisterium zu stimmen, um dasselbe zu zwingen, sih zurü- zuziehen oder die Kammer aufzulösen. Schließlih wünsche er baldîge allgemeine Wahlen. Cavallotti bezweifelte die Verfassungsmäßigkeit der Lösung der Krisis, denn das Kabinet hätte entlassen werden müssen, oder es hätte an das Land appelliert werden müssen. Nur das Land habe die Be- s von der von der Krone übernommenen Verpflichtung, em Lande keine neuen Steuern aufzuerlegen, gewähren können. Dem Ministerium falle aber die Verantwortlichkeit zu, nicht auf die Stimme des Landes gehört zu haben.

ierauf wurde die Sißung aufgehoben, um der Regi run De zu geben, im Senat dieselben Mittheilungen zu machen, wie in der Kammer. Nach der Wiederaufnahme dex Sitzung theilte . der Präsident mit, daß das in den legten Tagen berathene Finanzbudget in geheimer Abstimmun mit 142 gegen 81 Stimmen O worden sei. Na seiner Rüdckehr ergriff der inister- Präsident untex roßer Aufmerksamkeit des Hauses abermals das Wort: Als er sich der Kammer vorgestellt, habe er um einen „Gottesfrieden“ gebeten, die radikale Opposition habe jedo stets gegen ihn gestimmt. Die leßte Abstimmung der Kammer sei ein Vertrauensvotum gewesen, da das Ministerium die Majorität gehabt habe. (Zwischenrufe.) Troßdem habe daz Ministerium demissioniert aus Feingefühl, um der Krone vollste E, zu lassen. Seine Absicht sei gewesen, sih mit einem inisterium vorzustellen, welches in der Uebereinstimmung der Personen die Einheitlichkeit der Pläne widerspiegeln sollte. Er sei darin niht glücklich gewesen. Nicht: destoweniger hätten alle Persönlichkeiten, an welche er sih gewendet, ihn ihres Vertrauens versichert und Er- klärungen gegeben, welche es ihm fast aufgedrungen hätten, auf einem Posten zu verbleiben. Das Programm des Ministeriums ei im wesentlichen dasselbe, wie früher, da es niemals Er- sparnisse zurückgewiesen habe, sondern nur die Art und Weise streitig gewesen sei, wie die Ersparnisse am besten herbei uführen seien. Die Fünfzehner - Kommission und auch die Nernnbvistoinmission könnten ihre Beschlüsse der Kammer unterbreiten und deren Votum abwarten. Die Achtzehner- Kommission habe die Regierung darin zu N die weiteren für das nächste Budget versprochenen Ersparnisse aufzusuchen. (Jmbriani ruft: „Und die Kommission der Generale?“) Die Kommission der Generale sei eine Kom- mission kÉompetenter Männer. / Anträge dieser Ra seiner Zeit vorlegen, und die Kammer werde entscheiden. Er mache darauf auf: merksam, daß die Zukunst der Kammer aussließ- lich vom König abhänge, dem allein es zustehe, den geeigneten Zeitpunkt für einen Appell an das Land festzuseßen. Dieser Augenblick sei noch nicht gekommen, Ehrfurchtsvoll und unterthänig habe man die Entscheidungen der Krone abzuwarten. Crispi erinnerte dann daran, daß er seit 1869 das auf dem jeweiligen Bedürfniß aufgebaute Steuersystem Jtaliens belämpfe. Es sei indessen unmöglich, dasselbe sofort abzuändcrn. Er habe wiederholt erklärt, daß die Steuer auf das Einkommen gelegt und bejonders von den Reichen getragen werden müsse. Was die Salzsteuer anlange, so treffe dieselbe niht den Wiederverkäufer, sondern den Kon- sumenten. Als die Krone nach reiflicher Prüfung die Demission des Kabinets nicht angenommen habe, habe sie die Ab- stimmung vom 4. d. M. als eine dem Kabinet günstige an- gesehen und damit gewissenhaft die konstitutionellen Regeln beobachtet. Die Minorität habe in der That aus nicht über- einstimmenden Fraktionen bestanden, die Majorität dagegen sei geschlossen und homogen gewesen. (Lebhafte An Er rechne nit auf die Stimmen der äußersten Linken, wohl aber auf die Stimmen L welche in den Zielen mit ihm einig seien und nur in den Methoden von ihm abwichen. Hierauf antworteten wiederum Jmbriani und Cavallotti. Nach längerer Debatte wurde im Einvernehmen mit der Re- gierung die Ernennung der Achtzehner-Kommission fast einstimmig auf den Monat November verschoben und beshlossen, Dienstag die Berathung .der einzelnen Artikel der Finanzmaßregeln zu beginnen. Jnzwischen wurden die neuen von der Regierung eingebrachten Finanzvorschläge einer Kom- mission von 15 Mitgliedern überwiesen. Hierauf wurde die Sizung geschlossen. . / Im Senat machte der Minister-Präsident gestern die- selbe Mittheilung über die Bildung des Kabinets. Nachdem Nicotera’s ehrenvoll gedacht war, wurde die Sißung auf-

gehoben. Schweiz.

Der neu ernannte französishe Botschafter Barrère versicherte gestern bei der Ueberreichung seines Be- glaubigungsshreibens ‘den Bundesrath der Achtung und der Sympathie der französischen MOA er würde stolz sein, wenn seine Anwesenheit dazu dienen würde, die Bande, welche die beiden Nationen verbinden, zu_ r: halten. Der Bundes- Präsident Frey sprach seinen Dank [n die Versicherung des Botschafters aus und hob hervor,

er Bundesrath zweifle niht an den Gefühlen der französischen

Negierung; es sei der lebhafte Wunsh des Bundesraths, dic R E Freundschaft, welche beide Staaten vereinige, fester zu knüpfen.

Der Bundesrath hat den Schuhmacher Franz Kuehnel aus Settenz bei L (Böhmen), der sich in Zürich als Vorstandsmitglied des Vereins der unabhängigen Sozialisten in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise bemerkbar gemacht hatte, ausgewiesen.

Im Nationalrath wurde von einer Anzahl liberaler und radikaler Mitglieder der Antrag gestellt, der Bundesrath möge untersuchen, ob nicht zum Schuß der öffentlichen Jnteressen und zur Verhütung bedauerlicher Vorkommnisse eine Revision der Eisenbahn- und Aktiengeseßgebung vorzu- nehmen sei.

Luxemburg.

Die Are L ist, wie „W. T. B.“ aus Luxem- burg meldet, gestern Abend von einer Tochter glücklich ent- bunden worden.

Rumänien.

Die Ernennung des Generals Barozzi zum Kriegs- Minister, welche bereits beschlossen zu sein fien: ist infolge von Schwierigkeiten persönlicher Natur n o ch n i ch t vollzogen.

Bulgarien.

Die Regierung hat eine aus drei Mitgliedern bestehende Kommission zur vorläufigen Leitung der R verwaltung von Sofia ernannt. Angeblich ijt eine spezielle Untersuchung der bisherigen Verwaltung angeordnet.

Schweden und Norwegen.

Das Storthing berieth gestern über den Bericht der Kommission zur Üntersuhung der außergewöhnlichen militärishen Veranstaltungen in den Jahren 1 und 1893 sowie über die von Ullmann beantragte Adresse an den König und -den Antrag Haugland’s, die Regierung aufeusordern das Ergebniß der Üntersuhung dem Reichs anwalt vorzulegen. Schweigaard (Rechte) arafterisierte den Bericht als Parteischrift und hob hervor, daß die Unter- suchungen in R ne, Weise geführt worden seien. Der Redner forderte, daß die Angelegenheit vor das Gericht gebracht

Die Regierung werde die -

werde; nur eine gerihtlihe Untersuhung könne das Dunkel erstreuen, in welche die Kommission die ganze Sache gehüllt abe; er werde daher für den Antrag Haugland stimmen. Ullmann (Linke) erwiderte, weder 1 noch 1893 habe ein Anlaß zu e Aen Maßregeln vor- elegen, und betonte, daß die von ihm beantragte Adresse an Ba König berechtigt sei. Rynnig (Rechte) bezeichnete die Niedersezung und das Verfahren der Untersuchungskommission als eine nationale Schande. Roll (Rechte) stimmte dem Antrag des Moderaten Haugland zu, wona keine Mahnung durch eine Adresse an den König nothwendig sei, da der legtere dur die Verabschiedung des Admirals Koren, des Urhebers der vorjährigen Ausrüstung der F an den Tag gelegt habe, daß er Pa keine solchen Schritte zulassen werde. f N Va Sievert Nielsen brachte den Antrag ein, den Kommissionsberiht dem Odelsthing zu überweisen. Die weitere Debatte wurde auf heute vertagt.

Afien.

Der „Times“ wird aus Shanghai vom gestrigen Tage telegraphiert, aus Peking seien dort bis jun S D E reichende Nachrichten eingegangen, nah welchen die au f- ständishe Bewegung in Kirin (Mandschurei) im Ab- nehmen begriffen sei.

Eine der koreanishen Gesandtschaft in Washington zu- gegangen Depesche aus ul meldet, daß gegenwärtig dort volle Ruhe herrsche; der Aufstand sei nleberalaen worden. (Gestern wurde nah dem „Standard“ gemeldet, daß Söul von den Aufständischen eingenommen sei. D. R.)

Asffrika.

Die „Correspondenzia von Madrid“ theilt mit, daß Frank- reih sich unumwunden für den Antrag Spaniens auf ein gemeinsames Vorgehen der Mähhte in Marokko erklärt hat. Jtalien habe dem Antrag im Prinzip beigepflichtet, jedoh den Wunsh ausgedrüuckt, die Mächte möchten mit weiser Bedachtsamkeit zu Werke gehen und die Ereignisse in Marokko abwarten. England habe den Antrag mit mehreren Vorbehalten angenommen. Deutschland habe die größte Zurückhaltung gezeigt, die Antworten Oesterreihs und Rußlands seien noch nicht eingetroffen.

Zur Lage in Marokko berichtet die „Agenzia Stefani“ aus Tanger: Sultan Abdul Aziz wurde in Câsablanca und Rabat anerkannt. Ueber die Lage in Fez sind verläßlihe Nach- rihten niht eingetroffen. Dieselbe Agentur meldet aus London: während Spanien zu sofortiger Anerkennung von Abdul Aziz hinneige, fien England und Frank- reich der Meinung, daß es sih empfehle, für den Augenblick von einer Stellungnahme in dieser Frage Abstand zu nehmen. Aus Madrid berichtet ferner dieselbe Quelle, Jtalien habe der spanischen Regierung gerathen, die Anerkennung von Abdul Aziz angesichts der noch zweifelhaften Lage in Marokko

zu verzögern.

M Dan ger Met O Dee Mee Des Auswärtigen hat die Mitglieder des diplomatischen Korps davon in Kenntniß geseßt, daß Mulei Abdul Aziz von den marokkanischen Behörden zum Sultan proklamiert worden sei; die öffentliche Proklamierung werde heute in Tanger stattfinden. Mohamed, der Bruder Mulei Abdul Aziz”, hat gegen die Proklamierung Protest erhoben und ih nah dem Süden begeben, um Truppen anzuwerben. Der französishe Kreuzer „Lalande“ ist hier eingetroffen.

der Strafkammer wurde aber wegen mangelnden Strafantrags der Mutter das Verfahren eingestellt. Auf die Revision des Staats- anwálts hob das Se das erste Urtheil auf, indem es be- gründend ausführte: „Die erwähnte Vertragsabrede zwischen der Mutter und der Nähmaschinenhandlung, die in befugter Abweichung von der Rae S G L die Wirksamkeit des Kaufvertrages und der Uebergabe hinsichtlih des Eigenthumsüberganges von einer aufshiebenden Be- dingung abhängig mate, hatte die in §8 258 ff. a. a. O. bestimmten Folgen, daß der Verkäufer bis zum Eintritt der Bedingung Eigen- thümer des Kaufgegenstandes blieb. War hiernach die Handlung zur geit der Wegnahme der Nähmaschine aus dem Gewahrsam der

utter des Angeklagten noch Eigenthümer dieser Sache, so is dur die Wegnahme auch ihr Eigenthumsreht verleßt, der Diebstahl mit- hin auch gegen sie verübt und somit die Strafverfolgung von einem Antrage nicht abhängig." (4597/93.) i

Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgerichts.

Die Synagogen - Gemeinden in Preußen sind im Gegensaß zu den vom Staat ausdrücklih aufgenommenen evangelischen und katholischen Kirhengemeinden hinsichtlich ihrer von ihnen felbst zum Gottesdienst benußten Synagogen nah einem Urtheil des Ober-Verwaltungsgerihts, 11. Senats, vom 15. Dezember 1893, einkommensteuerpflihtig, indem das Einkommen nach dem Miethswerth zu bemessen ist. Die Synagogen-Gemeinde zu Königsberg i. Pr. ist daselbst für 1891/92 hinsicht ih der von ihr zum Gottesdienst benußten Synagoge zur Kommunal-Einkommensteuer herangezogen worden. Die Klage der Synagogen-Gemeinde gegen die Stadtgemeinde auf Freistellung von der Besteuerung wurde vom Bezirks- aus\chuß abgewiesen, indem es die Anwendung des Erkenntnisses des D,-V.-G. vom 17. Mai 1892, welches die Kirhengemeinden hinsicht- lih ihrer Kirchen für ni cht einkommensteuerpflihtig erklärt hatte, auf den vorliegenden Lo deshalb ablehnte, weil jenes Erkenntniß sih nur auf diejenigen Gebäude bezogen hatte, wekbe zur Ausübung des Gottesdienstes der vom Staat ausdrüclich aufgenommenen Kirche E bestimmt seien. Auf die Berufung der Klägerin bestätigte das O.-V.-G. das Urtheil des Bezirksausschusses, indem es begründend ausführte: „Wenn das O.-V.-G. am 17. Mai 1892 auf Grund der bestehenden Geseßgebung angenommen hat, daß in Ansehung der „Kirchen“, so lange deren Bestimmung zu gottesdienstlihen Zwecken dauert, mit der bezeihneten Bestimmung unvereinbare rechtliche Verhältnisse nicht entstehen können, so muß jeßt auch bezüglih der Synagogen gefragt werden, ob denselben dur eine dem Gebiete des unmittelbar geseylihen Rechts angehörige Bor- {rift eine ähnliche. Ausnahmestellung angewiesen sei. Da aber eine derartige Bestimmung fehlt, so hat der Vorderrichter den seitens der Klägerin erhobenen Anspru mit dem nämlichen Recht zurückgewiesen, wie dieses seitens des unterzeihneten Senats schon in mehreren Fällen den Universitäten gegenüber bezüglich der Universitätsgebäude gesehen ist. Einer Argumentation, daß die diesseits in Betreff der „Kirchen“ anerkannte Nehtênorm analog auh auf die Synagogen anzuwenden sei, würde jedoch der Umstand entgegenstehen, daß die §S 17 u. 18 II 11 A. L.-R. eben nur von den seitens des Staats ausdrücklich aufgenommenen Kirchengesellshaften handeln, sowie ihrer Natur und der im Geseye ihnen angewiesenen Stellung nach eine Uebertragung auf andere Korporationen nicht gestatten. Die Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 26. Oktober 1840 bildet keinen legislatorishen Aft, sondern erledigt nur eine Spezialbeschwerde dahin, daß die verfügte Subhastation der Synagoge und des Begräbnißplaßzes der supplizierenden Judenschaft unstatthaft sei. Auch hat in dem Erkenntnisse des O.-V.-G. vom 17. Mai 1892 dur die Bezugnahme auf jene Ordre niht angedeutet werden follen, daß der Gerichtshof auch den Synagogen eine beschränkte extrakommer- ziale Eigenschaft beilege; es ist vielmehr dort lediglih darauf hin- emelen worden, tat in der Frage nah der Zulässigkeit der Sub-

astation die „Kirchen“ nicht ungünstiger gestellt Bien, wie die

Synagogen.“ (II 1385.)

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Das Motiv der Gewinn sucht oder der Bereicherung ift, nach einem Urtheil des NReichsgerihts, 111. Straftsenats, vom 26. Februar /%. März 1894 zum Thatbestande des Diebstahls nit erforderli; die Wegnahme daher einer Geldsumme seitens des Forderungsberehtigten dem Schuldner wider dessen Willen ist als Diebstal[ zu bestrafen. K. hatte als Steinseyer einige Zeit bei dem Steinseßmeister Sch. zu N. (Provinz Sachsen) ge- arbeitet. Aus diesem Verhältniß ergab sich für ihn bei der Lohn- ¿ablung vom 6. Mai 1893 laut Berehnung des Arbeitgebers eine Forderung von 19 #4 27 §4. Diesen Betrag hatte Sh, abgésondert: auf dem Tische, auf dem fi noch cin Haufen ihm gehöriger Goldstücke befand, aufgezählt; er verweigerte aber, seine Hand darüber haltend, die Aus- zahlung mit der Aufforderung, der K. möge zuvor seine Alter- versorgungsquittungékarte wegen des Einklebens der Marken herbei- holen. Statt dem nachzukommen, griff K. mit den Worten: „Bist wohl dumm“ in den erwähnten Hausen mit Goldstücken, nahm davon ein Zwanzigmarkftück weg und entfernte sich damit in eine nahe Restauration, in welcher er bald darauf auf Antrag des Sch. polizei- lich en aueinas ‘wurde. K. wurde von der Strafkammer wegen Diebstahls verurtheilt, indem seine Einrede, daß er nah Umwechfelung des Goldstücks die seine Lohnforderung genden 73 S4 alsbald dem Sch.habe zurückbringen wollen, unbeachtet blieb. Die von K. eingelegte Nevision wurde vom Reichsgeriht verworfen, indem es begründend ausführte: „Der strafbare Vorsaß beim Diebstahl besteht, neben dem auf die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache aus dem Gewahr- sam eines Andern gerichteten Willen, in der Absicht des Thäters, sich die Sache rechtswidrig zuzueignen. Sobald alfo der Thâter kein Recht hat, sich die Sache anzueignen und er bei deren Wegnahme 1h dessen bewußt ist, erscheint der subjektive Thatbestand des § 242 Str.-G.-B. gedeckt. Ob der Thäter ein_ anderes Reht gegen den- jenigen, in dessen Innehabung fich die E befindet, hat oder zu haben vermeint und er bei deren egqnahme den Zwedck verfolgt, sich für jenes andere Reht Befriedigung zu ver- schaffen, is in Beziehung auf die zum Diebstahl er- sorderlidje strafbare Willensrihtung gleichgültig. enn der Thäter mit der Absicht rechtswidriger Zueignung gehandelt hat, so kann die That niht dadurch sttraflos werden, daß diese rechtswidrige

ueignung ihm als Mittel hat dienen follen, ein anderes Recht zu realisieren; eine strafbare Handlung verliert dadur niht den Charakter der Strafbarkeit, weil sie das Mittel zur Erreichung eines erlaubten Zwecks war. Allerdings würde der. Fall, wo ein Forderungs- berechtigter seinem Schuldner nur so viel nimmt, als er von ihm zu beanspruchen hat, dann anders beurtheilt werden müssen, wenn zum Thatbestande des Diebstahls eine gewinnsüchtige B auf Seiten des Besigergreifenden im Sinne einer wirklihen Bereicherung seines E erforderlich wäre. Dies ift aber nah dermaligem Stande der Gesetzgebung zu verneinen. . .." (510/94.);

Der Diebstahl einer Sahhe, welche sh zwar im Besi der Angehörigen des Diebes befindet, aber im V itenttuit cines Fremden steht, beispielsweise von auf so . Möbelleihkontrakt entnommenen Mobilien, kann, nach einem Urtheil des Reichsgerichts, 11, Strafsenats, vom 9. März 1894 ohne Strafantrag der An- gehörigen verfolgt werden. N. hatte seiner Mutter eine Näh- maschine gestohlen, welhe diese für 120 A von einer p mascinenhandlung dergestalt gekauft hatte, daß die Maschine so lange im Eigenthum der Handlung bleiben follte, bis er ganze Kaufpreis bezahlt sein würde; auf den Preis waren aber erst 9 M bezahlt. N. wurde, obgleich seine Mutter die Stellung eines Strafantrags abgelehnt hatte, wegen Diebstahls angeklagt, von

Statistik und Volkswirthschaft.

; _— Axntenstatiti Sa sen.

__ Die „Zeitschrift des Königlichen Statistischen Bureaus“ enthält einen Auffay über die Ergebnisse der sächsischen Armensiatistik in den Jahren 1880, 1885 und 1890 vom Geheimen Regierungs-Rath Dr. Victor Böhmert. Nach einem Rükblick auf die Entwickelung der deutschen Sozialgeseßzgebung, auf die Bestrebungen für Reform des Armenwesens, sowie auf die \sähsische Armengeseßgebung und Armenstatistik wird auf die Erhebung und Bearbeitung der 1890er Armen/tati\tik näher eingegangen. Nach den Hauptergebnissen der- selben wurden im Jahre 1890 49 977 selbstunterstütte (20 417 oder 40,9 9/9 männlihe und ‘29 560 oder 59,1 %/% weibliche) und 31 019 mitunterstüßte Arme, insgesammt also 80 996 unterstüßte Personen gezählt. ies sind von einer Bevölkerung von 3 502 684 Köpfen 2,31 9/0. Im Jahre 1880 belief sih die Gesammtheit der Selbst- und Mitunterstüßten auf 93699 oder 3,15 °%/- der Gesammt- bevölkerung und im Jahre 1885 auf 88 602 oder 2,78 9/4, Die Armen- verhältnisse haben mithin in dem Jahrzehnt von 1880 bis 1890 eine fehr günstige Veränderung erfahren. Bei der Armenzählung vom Jahre 1890 ist auch der Einfluß der neuern sozialen Geseßgebung, soweit er sih überhaupt schon geltend machen konnte, zum ersten Mal ziffernmäßig zur Erscheinung gekommen. Das Krankenversiherungsgeseß vom 15. Juni 1883 ist am 1. Dezember 1884 in Kraft getreten, seine Wirksamkeit konnte mithin {hon bei der Armenzählung vom Jahre 1885 bemerkbar sein, und sie mußte infolge der Ausdehnung des Ge- seßes auf die in land- und forstwirthshaftlihen Betrieben beshäf- tigten Personen im Jahre 1886 bei der 189er Zählung in ver- stârktem Maße zur Erscheinung gelangen. Diese Annahme wird dur die Statistik bestätigt, denn es wurden vorübergehend wegen Krankheit unterstüßt:

Scelbst- Selbst- und Mit- unterstüßte. unterstüßte. 10 94 15 160 8 426 11 583 6 464 8 856

1880:

1885:

: 1890:

Auf die dauernd wegen Krankheit Unterstüßten konnte das

Krankenversicherungsgeseß eine nennenswerthe Wirkung niht aus-

üben, weil die Wirkung des Geseßes für den einzelnen Krankheitsfall

nur eine vorübergehende ist. Das Unfallversiherungsgeseß vom

6. Februar 1884, welches am 1. Oktober 1885 in Krast getreten ift,

fonnte erst vom Jahre 1886 an seinen Einfluß auf das Armenwesen

geltend machen, und die Statistik lehrt, daß es unverkennbar wohl-

n ties hat. Es wurden nämlih in Sachsen wegen Unfall unternüßt:

dauernd vorübergehend

Selbsl „Selbst Mi a und Mit- s und Mit- unterstüßte unterstützte unterstüßte unterstützte

1880: 652 1640 427 803

1885: 676 1665 466 785

1890: 39 _ 981 218 397

Künftigen Armenzählungen wird es vorbehalten bleiben, au den

Einfluß des Invaliditäts- und Altersverficherung8geseßes auf das Armenwesen r tg und überhaupt die bis zum Eintritt \stationärer Verh en immer mehr sich entfaltende Wirksamkeit der gesammten sozialen Geseßgebung soweit zur Darstellung zu bringen, als dies in Verbindung mit armenstatistischen Untersuhungen geschehen kann.

__ Invaliditäts- und Altersversiherung. Bei der Versicherungsanstalt Baden find, wie die „Bad, Korr.“ erfährt, im Monat Mai 1894 202 Rentengesuche (62 Alters-

und 140 JInvalidenrentengesuche) eingereiht und 174 Renten (48 + 126) bewilligt worden. Es wurden 34 Gesudje (12 + 22) ab- gelehnt, 127 ¡Bt + 86) blieben unerledigt. Außerdem wurden im \chieds erichtlihen Verfahren Alters- und 1 Invaliden- rente zuerkannt. Bis Ende Mai sind im ganzen 6757 Renten (4412 Alters- und 2345 Invalidenxenten) bewilligt bezw. zuerkannt worden. Davon kommen wieder in Wegfall 1581 (933 + 648), fodaß auf 1. Juni thatsählih 5176 Rentenempfänger vorhanden find (3479 Alters- und 1697 Invalidenrentner). Ver- glichen mit dem 1. Mai 1894 hat fih die Zahl der Rentenempfänger thatsählich vermehrt um 99 (15 Alters- und 84 FInvaliden- rentner). Die 5176 Rentenempfänger beziehen Renten im Gesammt- jahresbetrage von ## 648214 (mehr seit 1. Mai 1894 = 12 492,62 A Der Jahresbetrag für die im Monat Mai bewilligten 48 Altersrenten berehnet \sih auf 6633 A und für 127 Invaliden- renten auf 15 416,80 #, somit durchshnittlich für eine Altersrente 138,19 #4, für eine Invalidenrente 121,38 « (Für sämmtliche bis 1. Januar 1894 bewilligten Renten betrug der durchs{nittlihe ena einer Altersrente 128,93 4, einer Invalidenrente 116,13 4).

E Arbeiterbewegung.

__ Unter den Bergleuten in Oels niß im Erzgebirge ist, wie. dem „Chemn. Tgbl.“ geschrieben wird, ein Aufruf in Umlauf geseßt worden, der alle Kameraden, die den Muth haben, ihrer Treue zu König und Vaterland, ihrer Achtung vor Obrigkeit und Geseg Ausdruck zu geben und für

ihre Una und ihre wirklihen Interessen einzutreten

zur Unterschrift für eine Eingabe an das Königli \ächsische Staats-Ministerium auffordert, nahdem, wie es in dem Aufruf heißt, in dem Oelsnißger wie auch in anderen Revieren von vielen Bergarbeitern Stimmen laut ge- worden sind gegen die Bestrebungen der Sozialdemokratie und des Verbandes säcsisher Berg- und Hüttenarbeiter. Die Eingabe lautet im wesentlichen :

Von den Vertretern der Sozialdemokratie sind in den Landtags-

verhandlungen der Zweiten Kammer vom Februar-März d. J. Be- {werden “und Anschuldigungen gegen die Beamten der Königlichen Bergbchörden des Königlichen und Privatbergbaus vorgebracht worden, die wir als höchst ungerehtfertigt bezeihnen müssen. In gleicher Weise bringt das Organ des Verbandes Sächsisher Berg- und Hüttenarbeiter, die in Zwickau erscheinende Zeitung „Glückauf", seit langer Zeit gehäfsige, gegen die erwähnten Beamten gerichtete Artikel, die wir als übertrieben und unwahr bezeichnen. Wir sind der Ueber- zeugung, daß ein derartiges Vorgehen der Sozialdemokratie und des genannten Verbandes nicht im Taub ist, die wirklihen Interessen der Bergarbeiter zu fördern, und daß es nur den Zweck verfolgt, Miß- trauen gegen die Behörden und Beamten zu erregen, unter den Arbeitern Unzufriedenheit mit den bestehenden wirthschaftlichen und sozialen Verhältnissen zu erzeugen und in seinem leßten Bube zum gewalt- samen Umsturz dieser Verhältnisse aufzureizen. Um der hohen Königlichen Staatsêregierung zu beweisen, daß die Sozialdemokratie und der Ver- band Sächsisher Berg- und Hüttenarbeiter niht die Vertreter der sämmtlichen sächsishen Bergarbeiter sind, wie es den Anschein ge- winnen könnte, enn wir hiermit gegen das gekennzeichnete Vorgehen und erklären, daß wir nur aus einem E Zusammen- arbeiten mit den Behörden und unseren nächsten Vorgeseßten die Förderung unserer Interessen erwarten. __ In Glasgow beschlossen 140 Vertreter von \chottischen Kohlengrubenbesißern am Mittwoch einstimmig, jeder Forde- rung der Bergleute auf Erhöhung der Löhne bedingungslos entgegen- zutreten. In West-Schottland scheinen, wie die Londoner "U.K. mittheilt, beide Parteien mehr dafür zu sein, einen Ausstand, ‘dessen Ergebniß gar nicht abzusehen ist, durch Ernennung eines Schiedsrichters zu ver- meiden. Es werden die Namen der Minister Asquith und Sir George Trevelyan genannt. In Süd-Schottland beginnt man son mit dem Ausblasen der Hochöfen.

Aus Rom berichtet ,W. T. B." nah einer Meldung der „Agenzia Stefani“: Die in den Blättern verbreiteten beunruhigenden Nachrichten über die Verhältnisse in Sizilien (vergl. Nr. 138 d. Bl.) entbehren der Begründung. Die Ausftände in den Schwefeldistrikten, die niemals den Charakter eines General- strikes hatten, hängen mit dem Sinken des Schwefelpreises zu- fammen und find im Abnehmen begriffen. In Racalmuto nahmen die Ausftändigen die Arbeit wieder auf; in Grotte bewilligten die Grubenbesiyer die Forderung der Ausständigen; in Palma di M ontechiaro sperrten die Grubenpächter die Gruben wegen der zu hohen Pachtzinse bei dem Sinken der Sie Die Gruben- eigenthümer seien geneigt, in dieser Beziehung Zugeständnisse zu machen. Von den anderen Gruben ist nichts Neues zu berichten. Ueberall herrscht vollständige Ruhe.

Nach Mittheilung-des Statistishen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 3. Juni bis inkl. 9. Juni cr. zur Anmeldung gekommen: 901 Lebendgeborene, 226 Eheschließungen, 30 Todtgeborene, 573 Sterbefälle.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Moakßregeln.

Cholera, Wien, 14. Juni. Im Bezirk Koßmann in der Bukowina sind laut Meldung des „W. T. B.“ in der Zeit vom 1. bis 7. Juni 5 Cholerafälle vorgekommen; 2 davon verliefen tödtlich.

London, 14. Juni. Dem „R. B.“ wird unter dem gestrigen Tage aus Hongkong gemeldet, daß dort seit dem ersten Auftreten der Pest am 4. Mai bis jeßt 1700 Chinesen gestorben seien. Die Gpidemie fei gegenwärtig im Abnehmen; die Regierung habe strenge Maßnahmen getroffen, um die weitere Verbreitung zu verhindern.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Koblen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 14. d. M. geftellt 11 178, nit rechtzeitig gestellt keine Wagen. : _ In Oberschlesien sind am 13. d. M. gestellt 3289, nicht rechts zeitig gestellt keine Wagen. E

i Zwangs- Versteigerungen.

Beim Ra Gen Amtsgericht T1 Berlin standen am 13. und 14. Juni die nahbezeihneten Grundstücke zur Versteigerung: Rostockerstraße 20, dem Kaufmann Otto Wienecke gehörig; läche 8,04 a; für das Meistgebot von 170000 _& wurde der abrikant Otto Fischer zu Berlin Ersteher. Stralsunder- traße 62 und 79a, dem Bauunternehmer Karl Kühn gehörig ; Fläche 2,85 a und 2,84 a; für das Meistgebot von je 50 000 4 wurden die Kaufleute Max Elias zu F Antheilen und Wolf

Horwit zu Z Antheil zu Berlin Ersteher.

Wollmärkte.

Aus Kön igsberg i. Pr. berichtet „W. T. B." vom Woll- markt: Seit Mittwoch haben die Umsäße eine größere Mens gewonnen. Die Preise seßten mit einem Abschlag von 10—20 M gegen die vorjährigen ein. Die Zuges an gewashener Wolle treffen langsam ein, an ungewaschener in größerem Umfange. Leßtere wurden zu 40, 45 und 48 A gehandelt, ganz s{chwere Kammwollen zu 36—40 4 für 106 Pfd. 4

Aus Landsberg a. W. wird der „Voss. Et" emeldet : Der Wollmarkt umfaßt 1555 Zentner Wolle. Ein Stamm feinster Dominial wurden mit 128 4 (Abschlag 10 A), bessere mit 100 bis 112 Æ, geringere mit 90—95 Æ ( biblag für mittlere unv bessere