1894 / 146 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 23 Jun 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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Durch dieses Geses werden ortsstatutarishe Vorschriften oder sonstige ingen, welche die Lehrer (Lehrerinnen und deren Hinterbliebene günstiger stellen, als in der dur dieses Geseg vorgeschriebenen Weise, nicht berührt.

Desgleichen bewendet es bei der Königlich dänischen Ver- ordnung vom 28. März 1857 (Chronol. Sammlung der Ver- ordnungen S. 83), betreffend die Pensionierung der Scul- lehrerwittwen, votbehaltlih der den Unterhaltungspflichtigên zustehenden Befugniß zur Anrechnung des von ihnen hiernach zu zahlenden Wittwengeldes nah Maßgabe des 8 8 dieses Gesegzzes. M

S ; Dieses Gesey tritt am 1. Oktober 1894 in Kraft. : Die Einführung des Geseßes in den Regierungsbezirk Wiesbaden bleibt Königlicher Verordnung vorbehalten. : Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Jnsiegel. Gegeben Neues Palais, den 11. Juni 1894. S. Wilhelm. : Graf zu Eulenburg. von Boetticher. S Freiherr von Berlepsch. Graf von Caprivi. Miquel. von Heyden. Thielen. Bosse. Bronsart von Schellendorff.

Staats-Ministerium.

Der invalide Hoboist und Sergeant Friedri Tobies ist bei dem Staats-Archiv in Königsberg O.-Pr. als Kanzlei- Sekretär angestellt worden.

Justiz-Ministerium.

Verseßt sind: der Amtsgerihts-Rath Haserodt in Halle a. S. als Landgerichts-Rath an das Landgericht daselbst, der Amtsrichter Dr. n ger in Woldenberg und der Amts- rihter Meß in Gräß an das Amtsgericht in Landsberg a. W.

Der Amtsgerichts:Nath Raude in Dortmund ift infolge seiner Zulassung zur Rechtsanwaltschaft aus dem Justizdienst

eschied«n. i /

4 V Die Verseßung des Amtsrichters Dr. Schüler in Rügen- walde als Landrichter an das Landgericht in Gleiwiß is} zurückgenommen. . i :

Der Kaufmann Julius Grelling in Berlin ist zum Handelsrichter und der Kaufmann Hermann Bamberg in Berlin zum stellvertretenden Handelsrichter bei dem Land- gericht I in Berlin ernannt. : Ge Dem Notar, Justiz-Rath Plitt in Borken i. H. ist die nachgesuchte Entlassung aus dem Amt ertheilt.

Jn der Liste der Rechtsanwalte ist gelöscht: der Rechts- anwalt Ernst Sch ulÿ bei dem Amtsgericht und Landgericht in Memel. j :

In die Liste der Rechtsanwalte sind eingetragen : der Rechtsanwalt Howahrde aus Witten bei dem Amtsgericht in Opladen, der Notar Dr, Honecker bei dem Amtsgericht in Ottweiler, der Rechtsanwalt Ernst Schulz aus Memel bei dem Amtsgericht in Garnikau, der Gerichts-Assessor Jwainski bei dem Landgericht in Oppeln, der Gerichts-Assessor Haus- mann bei dem Landgericht in Stade.

Der Amtsgerichts-Rath Heitmann in Dorsten, der Rechts- anwalt und Notar, Justiz-Rath S önderop in Stargard und der Rechtsanwalt, Justiz-Rath Ka mp in Krefeld sind gestorben.

Ministerium der geistlihen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten.

Der Kreisphysikus Dr. Braun in Bolkenhain ist aus dem Kreise Bolkenhain in gleicher Eigenschaft in den Stadt- und Landkreis Görliß verseßt, und i

der mit der kommisjsarishen Verwaltung der Kreis- Wundarztstelle des Kreises Jnowrazlaw beauftragte praktische Arzt Dr. Schellin in Jnowrazlaw zum Kreis-Wundarzt dieses Kreises ernannt worden.

Königliche Akademie der Wissenschaften.

Die Königliche Akademie, der Wissenschaften hält am Donnerstag, den 28. d. M., Nachmittags 5 Uhr, eine öffent- lihe Sißung zur Feier des Jahrestags ihres Stifters Le1bniz, zu wvelifer der Eintritt auhch ohne besondere Ein- ladung Mrd Karten freisteht.

Berlin, den 21. Juni 1894. _

Der vorsißende Sekretar der Königlichen Akademie der Wissenschaften. Mommsen.

Die Nummer 19 der Gesez-Sammlung, welhe von heute ab zur Ausgabe gelangt, enthält unter

Nr. 9679 das Gesetz, betreffend das Nuhegehalt der Lehrer und Lehrerinnen an den öffentlichen nichtstaatlichen mittleren Schulen und die Fürsorge für ihre Hinterbliebenen. Vom 11. Juni 1894.

Berlin, den 23. Juni 1894.

Königliches Gesez-Sammlungs-Amt. Weberstedt.

DeranntmaMBu n. g.

Nach Borschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Geseß-Samml. S. 357) sind bekannt gemacht : | /

1) der Allerhöchste Erlaß vom 15. i R 1894, betreffend die Ver-

leihung des Rechts zur Chaufsseegelderhebung an den Kreis Randow für die von ihm gebaute Chaufsee von der Stettin - Garßer Provinzial- straße bei Gary nach Sommersdorf, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Stettin Nr. 24 S. 175, ausgegeben am 15. Suni 1894; / 2) der Allerhöchste Erlaß vom 9. Mai 1894, durch welchen dem Kreise Euskirchen das Enteignungsreht zur Entziehung und zur dauernden Beschränkung des zum Bau von Kleinbahnen von der Station Liblar nach Cuskirhen und von der Station Arloff zum Anschluß an die erste Linie bei Mülheim—Wichterich in Anspruch zu nehmenden Grundeigenthums verliehen worden ist, _ dur das Amts- blatt der Königlihen Regierung zu Köln Nr. 24 S. 283, ausgegeben am 13. Juni 1894.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preufszen. Berlin, 23. Juni.

re Majestäten der Kaiser und die Kaiserin sind, A „W. T. B meldet, mit Seiner Königlichen P dem Prinzen Adalbert gestern Nachmittag um 3 Uhr 3 is nuten in Kiel eingetroffen und haben Sich, nah kurzem Auf- enthalt im Schloß, in Begleitung Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Heinrich von der Barbarossabrücke mit dem Kaijer- boot unter dem Salut der Kriegsschiffe an Bord der Kaiser- lichen e „Hohenzollern“ begeben. Leßtere hißte um 4 Uhr die Kaiserstandarte. ; i 4 : Vom heutigen Tage wird weiter aus Kiel gemeldet: Die Regatta des Norddeutschen Regattavereins fand heute hier statt. Seine Majestät der Kaiser betheiligten Sich an der Regatta an Bord der Yacht „Meteor“. Jhre Majestät die Kaiserin wohnten auf dem Aviso „Grille der Regatta bei.

eute Nachmittag 1 Uhr fand im Reichsamt des Jnnern ailer Dts n Stellvertreters des Reichskanzlers, Staats- Ministers Dr. von Boetticher und unter Theilnahme des Finanz- Ministers Dr. Miquel cine Sißung des Kuratoriums der Reichsbank stait.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr hielten heute eine Sizung.

Die Kommission für die zweite Lesung des Ent- wurfs eines Bürgerlichen Geseßbuhs für das Deutsche Reich erledigte in den Sißungen vom 18. bis 20. Juni zunächst den Rest der allgemeinen Vorschriften über legtwillige Verfügungen (S8 1753 bis 1787).

Der § 1784 Saß 1 stellt den Grundsaß auf, daß in den Fällen, in denen nach den S8 1780 f. eine leztwillige Ver- fügung (wegen Drohung, Jrrthums u. st. w.) angefochten werden kann, derjenige zur Anfechtung berechtigt ist, welcher, wenn die leßtwillige Verfügung nicht errichtet worden wäre, als Erbe oder Vermächtnißnehmer berufen oder von einer Beschwerung befreit oder cin Recht erlangt haben würde. Man war einverstanden, statt dessen zu bestimmen, daß e Anfechtung derjenige berechtigt sein soll, welhem die Auf hebung der lettwilligen Verfügung unmittelbar zu statten kommen würde. : i

Ueber die Art und Weise der Anfechtung einer leßtwilligen Verfügung enthält der Entwurf besondere Be- stimmungen nicht. Es findet daher die allgemeine Vorschrift des § 114 (des Entwurfs I1) Anwendung, daß die Anfechtung dur (formlose) Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner erfolgt. Beschlossen wurde, von dieser Regel die Ausnahme zu machen, daß die Anfechtung einer legtwilligen Verfügung, dur welche ein Erbe bestimmt oder ein geseßlicher Erbe von der Erbfolge ausgeschlossen oder eine Erbeinsezung aufgehoben wird, durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgericht zu er- folgen hat, das Nachlaßgericht aber die Erklärung denjenigen mittheilen soll, denen die angefohtene Verfügung unmittelbar zu statten kommt. Jn gleicher Weise soll die Anfechtung leßt- williger Verfügungen erfolgen, durch welche ein Recht eines Anderen nicht begründet, insbesondere eine Auflage angeordnet wird, da es in den Fällen dieser Art nah der allgemeinen Vorschrift des § 114 des Entwurfs 11 an einem Anfechtungs- gegner fehlt. / L

Gegen den sahlihen Jnhalt des § 1785 Abs. 1, wonach die Anfechtung innerhalb eines Jahres erfolgen muß, nahdem der Anfechtungsberechtigte von den sein Recht begründenden Thatsachen Kenntniß erlangt hat, erhob sih kein Widerspruh. Nah dem § 1785 Abs. 2 ist die Anfechtung ohne Rücksicht auf diese Kenntniß ausgeschlossen, wenn seit der Verkündung der leßtwilligen Verfügung dreißig Jahre ver- strichen sind. Demgegenüber war von einer Seite der Zusaß beantragt, daß, wenn innerhalb der dreißig Jahre cine Ver- kündung nicht stattgefunden hat, die dreißigzährige Frist mit der Annahme der Erbschaft beginnen solle. Ein anderer Antrag

ing dahin, den § 1785 Abs. 2 dur die Vorschrift zu er- Lu daß die Anfehtung ausgeschlossen ist, wenn seit dem Erbfall dreißig Jahre verstrichen sind. Dieser Vorschlag fand die Zustimmung der Mehrheit. Der § 1785 Abs. 3, wonach auf den Lauf der Fristen die für die Verjährung geltenden Vorschristen des § 166 171 des Entwurfs 11) entsprechende Anwendung finden sollen, wurde mit Beschränkung auf die einjährige Anfechtungsfrist und mit der Maßgabe angenommen, daß auch die Vorschriften des § 169 des Entwurfs [11 auf den Lauf der Frist entsprehende Anwendung finden sollen. A

Eine eingehendere Erörterung knüpfte sih an den § 1786, welcher die Anfechtung einer leptwilligen Verfügung aus- schließt, wenn der Erblasser im Falle der Anfechtbarkeit wegen Drohung innerhalb eines Jahres nach der Beseitigung der Zwangslage, bei dem Vorliegen eines sonstigen Anfehtungs-

rundes innerhalb eines Jahres nah erlangter* Kenntniß von Foniselben es unterlassen hat, die Verfügung aufzuheben, ob- {hon er dazu im stande war. Von verschiedenen Seiten wurde befürwortet, den 1786 ohne Ersaß in Wegfall zu bringen. Von anderen Seiten war beantragt, den Z 1786 durch eine Vorschrift zu ersezen, welche die Anfehtung insoweit aus- schließe, als anzunehmen sei, der Erblasser würde die leßt- willige Verfügung haben gelten lassen, wenn er die inzwischen eingetretenen Umstände gekannt hätte. Die Mehrheit entschied sich dafür, den § 1786 ersaßlos zu streichen. | :

Der § 1787, welcher den Einfluß der Unwirksamkeit einer einzelnen von mehreren in einem Testament enthaltenen Verfügungen auf die übrigen betrifft, wurde nach dem Entwurf angenommen. i :

Eine Ergänzung erfuhr der Entwurf durch die Vorschrift, daß, falls eine legtwillige Verfügung, durch welche die Ver- pflichtung des Bedachten zu einer Leistung begründet wird, wegen Drohung oder wegen Jrrthums anfehtbar ist, der Bedachte berechtigt sein soll, die A zu verweigern, au wenn die Anfehtung nah § 1785 durch Zeitablauf aus- geschlossen ist. / ] | L

Die besonderen Vorschriften der §8 1788 bis 1803 über die Erbeinsezung, welhe Auslegungsregeln enthalten,

Entwurf zur Annahme; der 1789 wurde jedo als entbehr- lih gestrichen. A i Die Berathung wandte sih sodann den Vorschriften über die Einseßung eines Nacherben (S8 1804 bis 1841) zu. Gegen die Aufnahme des Jnstituts der Nacherbshaft erhob sih kein Widerspruh. Auch der Grundsaß des 8 1804 wurde gebilligt, wonah die Anordnung einer Nacherbschaft Stuten ua ist und der Nacherbe, wenn die Voraus- segungen für den Eint tt der Nacherbfolge vorliegen, die Erbschaft kraft Gr es erwirbt, ohne daß es einer Restitution durch den Vorerben bedarf. Zu- stimmung fand ferner die Vorschrift des 1805, nach welcher die Anordnung des Erblassers, daß der Erbe mit dem Eintritt eines bestimmten Zeitpunktes oder Ereignisses die Erbschaft an einen Anderen herauszugeben habe, als Naherb- einsezung gelten soll. Dagegen wurde der § 1806 gestrichen, welcher der Anordnung des Erblassers, die dem eingesezten Erben die Errichtung einer Verfügung von Todeswegen ver- bietet, die Bedeutung einer Nacherbeinsezung zu Gunsten der eseglichen Erben des eingesezten Erben beilegt. Nach dem S 1807 gelten, falls der Erblasser einen Erben unter einer auflösenden Bedingung oder einem Endtermin eingeseßt hat, ohne den Nacherben zu bestimmen, diejenigen als Nacherben eingeseßt, welhe die geseßlichen Erben des Erblassers sein würden, wenn er zur Zeit des Eintritts der Bedingung oder des Termins gestorben wäre. Die Vorschrift wurde mit dem Zusaße genehmigt, daß der Fiskus nicht zu den Erben im Sinne des Z 1807 gehöre. Der § 1808 Abs. 1 stellt die Regel auf, daß, wenn der Erblasser einen Erben unter einer aufschiebenden Bedingung oder einem Anfangs- termin eingeseßt, aber einen Vorerben nicht bestimmt hat, die eseßlihen Erben des Erblassers als Vorerben berufen sind. Das Gleiche gilt nah Abs. 2, wenn eine zur Zeit des Erbfalls noh nicht erzeugte Person oder wenn jemand als Erbe ein- esezt ist, dessen Persönlichkeit erst durch ein nah dem Erb- fall eintretendes Ereigniß bestimmt wird. Gegen diese Vorschriften erhob sih kein Widerspruh. Der § 1809, wo- nah in Ermangelung - einer anderen Bestimmung des Erb- lassers die Nacherbfolge mit dem Tode des Vorerben eintritt, gelangte mit dem Zusaß zur Annahme, daß, wenn der Erb- lasser cine zur Zeit des Erbfalls noh nicht erzeugte Person als Nacherben eingeseßt hat (vergl. § 1758 Abs. 2 Saz 2), die Nacherbfolge in Ermangelung einer anderen Bestimmung des Erblassers mit der Geburt des Nacherben eintritt. Nach S 1810 geht, wenn der Nacherbe den Erblasser überlebt, den D der Nacherbfolge aber nicht erlebt hat, das Recht des Nacherben auf dessen Erben über, sofern niht anzunehmen ist, daß die Einseßung des Nacherben unwirksam werden solle, wenn derselbe den Fall der Nacherbfolge niht cerlebe. Von verschiedenen Seiten war die Streichung des § 1810 bean- tragt. Die Mehrheit entschied sih jedo für die Beibehaltung der Vorschrift. Man war übrigens einverstanden, daß im Fall einer bedingten Nacherbeinseßung die Auslegungs- regel des § 1761 Anwendung finde, in einem folhen Falle mithin das Recht des Nacherben im Zweifel nur dann auf dessen Erben übergehe, wenn er den Eintritt der Bedingung erlebe. Nach der Vorschrift des 8 1811 ist, wenn der Erblasser einem kinderlosen Abkömmling für die Zeit nah dessen Tode einen Nacherben bestimmt hat, die Nacherbeinseßung “NUL für den Fall als gewollt anzusehen, wenn der Vorerbe einen Ab- kömmling nicht hinterläßt. Diese Vorschrift wurde mit der Maßgabe gebilligt, daß sie auch Anwendung zu finden hat, wenn dem Erblasser zur Zeit der Errichtung der leßtwilligen Verfügung unbekannt war, daß der von ihm als Erbe ein- geseßte Abkömmling einen Abkömmling habe. _— e Die S8 1812, 1813 beschränken die Wirksamkeit der Einseßung eines Nacherben sowohl in Ansehung der Zahl der zulässigen Nacherbfolgefälle als auch in Ansehung der Zeit, innerhalb deren die Nacherbfolge eintreten kann. Nach § 1812 i} nur eine einmalige Nacherbfolge zulässig. Der § 1813 bestimmt, daß die Elotina eines Nacherben, die niht für den Fall des Todes des Vorerben erfolgt ift, unwirksam wird, wenn der Vorerbe gestorben ist und dreißig Jahre verstrichen find, bevor der Fall der Nacherbfolge ein- getreten ist. Von verschiedenen Seiten wurden dieje Be- schränkungen als zu weitgehend und den Zwecken der Nach- erbschaft nicht entsprehend beanstandet. Nach einer eingehenden Erörterung wurde beschlossen, den § 1812 zu streihen und den S 1813 durch folgende Vorschriften zu erseßen: Die Einseßung eines Nacherben ist unwirksam, wenn jeit dem Erbfall dreißig Jahre verstrichen sind, ohne daß der Fall der Nacherbfolge eingetreten ist. Diese Beschränkung gilt nicht, wenn die Einseßung für den Fall des Eintritts eines Ereignisses in der Person des ersten Vorerben oder für den Fall des Ein- tritts eines Ereignisses in der Person desjenigen erfolgt ist, welcher als Nacherbe berufen ist, aber zur Zeit des Erbfalls bereits erzeugt war. Die Beschränkung gilt auch dann nicht, wenn einem Nacherben für den Fall, daß ihm ein Bruder oder cine Schwester geboren ivird, ver Bruder oder die Schwester als Nacherbe bestimmt ist. Der § 1814 enischeidet die Frage, ob das ‘Nech des Nacherben sih auf die durch Anwachsung erfolgte Ecweiterung des Erbtheils des Vorerben erstreckt, in bejahendem Sinne; dagegen soll sih das Recht des Nach- erben nicht auf dasjenige erstrecken, was dem Vorerben als Ersaßerben anfällt oder was ihm durch ein Voraus- vermächtniß zugewendet wird. Einvernehmen bestand, daß eine verschiedene Behandlung desjenigen, was der Vorerbe durch Anwachsung, und desjenigen, was er durch_ Ersaß- berufung erwerbe, niht gerechtfertigt sei. Dagegen gingen die Meinungen darüber auseinander, ob das, was der Entwurf für den Fall der Anwachsung bestimmt, auf den Fall der Ersabberufung, oder ob umgekehrt das, was der Entwurf für den leßteren Fall bestimmt, auf den ersteren Fall ausgedehnt werden solle. Die Mehrheit entschied sih dafür, an Stelle des § 1814 folgende Vorschrift aufzunehmen : Das Recht des Nacherben erstreckt sih im Zweifel auh auf das- jenige, was dem Vorerben infolge des Wegfalls cines Mit- erben anfällt; es erstreckt sih nicht auf dasjenige, was dem Vorerben durch ein Vorausvermächtniß zugewendet wird.

Die Kommission für Arbeiterstatistik trat heute unter dem Vorsiß des Unter-Staatssekretärs Dr. von Rotten- burg im Reichsamt des Jnnern zu einer Sißzung zusammen. Als Kommissare des Reichskanzlers wohnen die Geheimen Re-

ierungs-Räthe Dr. Wilhelmi und Dr. Sell, der Regierungs-Rath Dr. Wußdorf sowie die Regierungs-Assessoren Lohmann und Koch,

sowie das Anwachsungsreht nnd die Ersatz-Erbein-

seßung betreffen, gelangten sahlih im wesentlichen nah dem

als Kommissare des Ministers für Handel und Gewerbe die Re-

leiht, wie auch jeßt nur in erregten Zeiten die Vielheit der P

gierungs-Assessoren Dönhoff und von Meyeren und als Kom- missar des Senats der un Stadt Hamburg der Gewerbe- Jnspektor Steinert den Angen bei. Die Tagesordnung ist folgende: geschäftlihe Mittheilungen. 2) Geschäftsordnung vom 7. Januar 1893. über die Arbeitszeit im Bäcker- und Konditorgewerbe. 4) Untersuchung über die Arbeitszeit in Getreidemühlen. 5) Untersuhung über Arbeitszeit, Kündigungsfristen und Lehr- lingsverhältnisse im Handelsgewerbe.

i! 1) Eingänge und bänderung des 8 13 der 3) Untersuchung

Das „Armee - Verordnungs - Blatt“ veröffentlicht in der heute ausgegebenen Nr. 14 folgende Allerhöchsten Kabinetsordres:

Ich genehmige die Einführung 1) der für Linien- und Landwehr- Infanterie etatsmäßigen Litewka aus blauem Molton auch bei der Garde-Infanterie, sowie bei den Eisenbahntrupyen und bei der Luft- \hiffer-Abtheilung, 2) einer Litewka aus grauem Molton bei den Jägern und Schüßen, 3) der Chargenabzeichen für sämmtliche unter 1 und 2 be- zeichneten Litewken nah Maßgabe der beifolgenden Proben. Auch dürfen auf den Kragen-Spiegeln der Litewka allgemein von denjenigen Regimentern Garde-Abzeihen geführt werden, welche soldhe am Waffenrock tragen. Das Kriegs-Ministerium hat hiernah das weitere zu veranlassen. Neues Palais, den 7. Juni 1894. Wilhelm. Bronfart von Schellendorff. An das Kriegs-Ministerium.

Jch bestimme, daß bei der Kavallerie, der Feld-Artillerie, der Fuß: Artillerie und dem Train an Unteroffiziere, Gemeine bezw. Train- soldaten für gute Leistungen im Schießen bei der Artillerie mit Geschüßen Ine nach der durch Meine Ordre vom 27. Januar 1894 als Schüßzenabzeichen eingeführten Probe bei der Artillerie mit der aus der beiliegenden besonderen Probe ersichtlichen Ab- weihung zu verleihen sind. Die durch die Ordre vom 13. Mai 1869 be- fohlenen Abzeichen für Unteroffiziere der Artillerie kommen in Wegfall. Das Kriegs-Ministerium hat das weitere zu veranlassen. Neues Palais, den 16. Juni 1894. Wilhelm. Bronsart von Schellendorff. An das Kriegs-Ministerium.

Eine besondere Beilage zur heutigen Nummer des „A.- V.-Bl.“ enthält die neuen Bestimmungen über Beför- derung der Unteroffiziere im Frieden, vom 14. Zuni d. J., welche mit Allerhöchster Genehmigung an die Stelle der Bestimmungen vom 20. Februar 1890 treten.

Für den Fall, daß die Cholera in diesem Jahre in Preußen Verbreitung finden sollte, besteht die Absicht, an den Binnen- schiffahrtsstraßen, wie früher Stationen zur gesundheits- polizeilihenUeberwahung der Schiffsbevölkerung und zur Desinfektion der Fahrzeuge einzurihten. Behufs Be- seßung dieser Stationen, soweit die dafür bereits verfügbaren ärztlichen Kräfte nicht ausreichen sollten, hat der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten eine Bekanntmachung erlassen, durch welche rüstige Aerzte aufgefordert werden, sih bei den dae M R ihres Wohnbezirks in Berlin bei dem Polizei-Präsidenten zu melden. Die Vergütung für die Dienstleistung beträgt 20 6 täglich.

n der Ersten, Zweiten, Dritten und Vierten Beilage zur beutigen Nummer des „Reichs- und Staats-Anzeigers“ wird der Entwurf eines Gesetzes, betreffend Abänderung der Unfallversicherungsgeseße, mit einer Gegenüber- stellung des gegenwärtigen Wortlauts der abzuändernden Geseßesvorschriften veröffentlicht.

Der General-Lieutenant von Bomsdorff, Kommandeur der 2. Garde - Jnfanterie - Division, hat einen kurzen Urlaub angetreten.

S. M. Kreuzer „S eeadler“, Kommandant Korvetten- Kapitän von der Groeben, wird laut telegraphisher Mel- dung an das Ober-Kommando der Marine am 25. Juni von den Seychellen nah Sansibar zurückehren.

Vaden,.

__ Die Zweite Kammer begann in ihrer vorgestrigen Sigzung die Berathung der Anträge auf Abänderung des Wahlrechts und der Wahlkreiseintheilung. Der Abg. Heimburger (Demokrat) und Gen. beantragte die Ein- führung der direkten Wahl mit Proportionalvertretung, der Abg. von Buol (klerikal) u. Gen. die Aenderung der Wahlkreis- eintheilung bei direkter Wahl. Der Abg. Heimburger hatte ferner einen Eventualantrag auf direkte Wahl unter dem jeßigen System eingebraht. Ueber den Verlauf der Sißung entnehmen wir dem „St.-Anz. f. W.“ Folgendes :

_ Berichterstatter Heimburger (Demokrat) begründete seine Anträge auf Einführung des direkten Wahlrechts zugleih mit dem Pro- pvortionalwahlreht, vorausgeseßt, daß die Einführung des ersteren durch die des leßteren niht verzögert werde. Er freue ih des gegen früher größeren Entgegenkommens der liberalen Partei und der Cs gierung; es sei dadurch bewiesen, daß die Nichtung des Antrags nicht mehr - als „republikanisch" betrahtet werde. Redner sucht fodann namentlih den Einwand zu widerlegen, daß dur das Proportional- Wahlrecht die Interessen der einzelnen Bezirke allzusehr zurückgedrängt würden. Die verschiedenen Anträge hätten den Zweck, au denjenigen das Eintreten für die direkte Wahl zu ermöglichen, welhe nit zugleih den „Proporz“ oder die Aenderung der Wahlkreiseintheilung gutheißen. Abg. von Buol (Zentr.) giebt zu, daß das Pro- portionalwahlreht zu neu sei, um der Regierung bezüglih der Form eine bestimmte Sunuitluna zu stellen. Etwaige Kautelen dürften jedenfalls nicht die Nechte der Volksvertretung oder den Grundsaß des direkten Wahlrehts treffen. Das dirette Wahlrecht bedeute nicht Revolution, sondern einen Damm gegen dieselbe; in einer richtigen Volksvertretung müßten alle Klassen ihren berehtigten Ausdruck finden. Der Volksvertretung, in welher doch immer eine gewisse Eifersuht der Parteien herrsche, könne es nit obliegen, ein- gehende Reformvorschläge zu formulieren; das sei die Aufgabe der über den Parteien stehenden Regierung. Für das jetzige indirekte Wahlsystem habe die Bevölkerung kein Interesse mehr. Die be- stehende Wahlkreiseintheilung sci sowohl nah der Zahl der Berechtigten wie nach den Steuerverhältnissen der Bezirke u. \. w. unhaltbar. Die Regierung trage eine große Verantwortung, wenn sie den jetzigen Zustand fortbestehen lasse. Abg. Strübe (nl.) will

niht ohne zwingende Noth an der bewährten O rütteln;

man besitze bereits das allgemeine Wahlrecht ohne jede inshränkung. Auh bei dem Proportionalwahlrecht sei der Wühlerei Thür und Thor geöffnet und eine große Betheiligung werde viel-

fattfinden, Schon arteien, zu welhen immer neue hinzu- träten, lasse die Vorzüge der Proportionalwahlen sehr zweifel-

haft ersheinen. Abg. Rüdt (Soz.) legt den sozialistischen Standpunkt dar. Präsident Gönner rügt den Redner für das Hereinziehen der Person des Landesherrn und die Unterftellung, daß der Minister in der Kommission gewissermaßen das Gegentheil seiner wirklihen Anschauung vorgetragen habe. Abg. Gerber (Zentr.) will nihts von den Proportionalwahlen wissen; er sehe nit ein, warum man immer die „Mafsen* fürhte. Abg. E (nl.) bält das Proportionalwahlfystem für gerecht und durchführbar; die mittel- bare Wahl habe sich überlebt und ein dauernder Widerstand sei nicht wohl durhführbar. In dem Proportionalsystem liege durch die Ver- tretung der Minderheiten die Bürgschaft für einen maßvolleren Wahl- kampf und im groben une ganzen auch für die Ausgleichung der sozialen und wirt scaftlihen Interessen. Die Erste Kammer habe im Verfassungsleben des Landes ihre Aufgabe würdig und pflichttreu gelöft ; vielleiht fei es mögli, ihr eine Interessenvertretung der Städte der Industrie und des Handels beizugeben. Minister des Innern, Ge- heimer Nath Eisenlohr erklärt, die Regierung nehme den Kom- missionsantrag in dem Sinn an, das fe auf Grund des direkten Wakhlrechts mit roportionalvertretung unter Berücksichtigung der besonderen Interessen ein Gesetz für den nächsten Landtag ausarbeiten werde. Ueber die Mittel und Wege habe die Regierung noch keine Entscheidung getroffen ; was er darüber in der Kommission ausgeführt habe, sei seine Privatmeinung. Auch sei die Frage des gemischten Wahlsystems (Proportionalsystem in größeren Städten, bis- heriges System in kleineren Bezirken) zu erwägen. Der Einfluß des Mittelstands nach seiner persönlichen und \teuerlichen Berechtigung müsse gewahrt bleiben, und die Interessen der Gemeinden und der Bezirke dürften nicht in einen allgemeinen Wahlstrudel aufgelöst werden. Bei der proportionalen Wahl gehe die Stimme des einzelnen Wählers vollständig verloren, wenn er si nit blindlings einer ihm unter Umständen höchst mißliebigen Führerschaft unterwerfe. Die Ab- änderung der Wahlkreiseintheilung für ih allein sei nicht geboten. Abg. Birkenmeyer (Zentr.) \priht für direkte Wahl. Abg. Klein a kann im Volk keine Sehnsucht nach direkten Wahlen entdeden ; eute sorge man sih um ganz andere Dinge. Abg. Frank (nl.), für direkte Wahl, fürchtet von den Proportionalwahlen eine Schädigung der Landbezirke. Eine rihtige Wahlkreiseintheilung könne die be- es Leh Interessen wahren. Abg. Gesell (nl.) könnte einer richtig gewählten Interessenvertretung au für die Zweite Kammer bei Ein- führung der direkten Wahl zustimmen. Abg. Kiefer (nl.) betont, daß die liberale Partei keinen Grund habe, die Einführung des direkten Wahlrechts zu fürchten ; aber es sei nothwendig, daß die Mit- glieder der gebildeten und mittleren Stände in unmittelbarer Be- rührung mit dem Volke bleiben und unausgeseßt für das Verständniß der politischen, sozialen und wirthshaftlihen Fragen wirken.

Jn der gestrigen Sizung hat die Zweite Kammer, wie „W. T. B.“ berichtet, den Antrag Heimburger mit 52 gegen 8 Stimmen, den Antrag von Buol mit 31 gegen 29 Stimmen und den Eventualantrag Heimburger mit 41 gegen 18 Stimmen angenommen.

Mecklenburg-Schwerin.

Der zum preußishen Gesandten für die beiden Groß- herzogthümer Mecklenburg und die Hansestädte ernannte Ge- heime Legations-Rath von Kiderlen-Wächter wurde, wie die „Mecklbg. Nachr.“ melden, gestern von Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog zur Entgegennahme seiner Kreditive in feierliher Audienz empfangen.

Seine Hoheit der Herzog Adolph Friedrich ist am 21. d. M. wohlbehalten min Konstantinopel eingetroffen.

Oesterreich - Ungarn.

Die Kaiserin ist gestern Nachmittag zu mehrwöchigem Aufenthalt nah Campiglio abgereist.

Der Minister des Jnnern Marquis Bacquehem hat sih gestern nah Karwin begeben.

Das ungarische Oberhaus hat gestern die Ehegeseß- vorlage in zweiter und dritter Lesung angenommen. Ueber den Verlauf der Debatte meldet „W. T. B.“: Fürst- primas Vaszary beantragte die Aufnahme des Wortes „Zivilehe“ in den Titel des Gesetzes. Nach kurzer Debatte wurde der Antrag abgelehnt. Bei § 2% be- antragie der Fürstprimas, gesehlih festzuseßen, daß auh bei einem Religionswehsel das Ordensgelübde ein Ehehinderniß bilde. Der Justiz - Minister S ilagyi erklärte, man könne die Vorschriften einer Religion nit auf jemanden anwenden, der sih nicht mehr zu dieser Religion be- kenne. Der Antrag Vaszary wurde abgelehnt, wobei die der griechisch:katholischen Kirhe angehörigen geistlichen Mitglieder des Oberhauses nicht für den Antrag stimmten. Bei 8 39 brahte Keglevih den von ihm bereits angekündigten Antrag ein, wonach die Zivilfunktionäre der Parteien baraut aufmerksam zu machen haben, daß durch die Ziviltrauung den kirhlihen Anforderungen uh: ge: nügt werde. Fürstprimas Vaszary stellte drei nur im Text von einander sih unterscheidende Anträge, nach welchen die kirchliche Eheschließung der Zivileheschließung vorangehen soll. Der Justiz-Minister sprah ih gegen diese drei Anträge aus, weil sie das Prinzip der Vorlage verleßten. Den Antrag Keglevich hielt der Minister für überflüssig, da das Geseß in einer alle Theile befriedigenden Weise werde durchgeführt werden, sobald die Bischöfe ihre Organe anwiesen, mit den Zivilbeamten einträhtig zusammenzuwirken. Wer nur im Geiste des Geseßes vorgehe, werde gewiß dahin wirken, daß mit der Aufrechterhaltung der gesezßlichen Erforder- nisse alles geschehe, was die Kirche in ihrem Wirkungskreise befichlt. Graf Aladar Andrassy beantragte die Einschal- tung eines neuen Agrnoraes, der lauten soll: „Dieses Ge- lef läßt die religiösen Pflichten unberührt.“ Der Justiz-

inister hielt aus diesen Antrag für überflüssig, weit der- selbe etwas Selbstverständliches enthalte; wenn es jedo zur Beruhigung des Hauses diene, habe die Regierung nichts gegen die Einschaltung dieses Antrags als vor- legten Paragraphen. Keglevich zog hierauf seinen Antrag zurü, lehnte aber den Antrag Andrassy ab, da dieser das JZnslebentreten des Geseßes verzögere. Die Anträge Vaszary wurden abgelehnt und der Antrag Andrassy mit 114 gegen 79 Stimmen angenommen. Ferner wurden auch die weiteren Amendements Vaszary's zu anderez Paragraphen abgelehnt. Pa war die Spezialdebatte erledigt, und es erfolgte zum

chluß die Annahme des ganzen Geseßes. Wie man si er- innert, wurde das Ehegeseß im Abgeordnetenhause zum ersten Mal am 12. April mit 271 gegen 106 Stimmen angenommen ; im Oberhause am 10. Mai mit 139 gegen 118 Stimmen abgelehnt; im Abgeordnetenhause am 21. Mai zum zweiten Mal mit 272 gegen 104 Stimmen angenommen. Nachdem es jeßt im Oberhause angenommen, muß es wegen der durch den Antcag Andrassy herbeigeführten Aenderung noch einmal an das E urüdckgehen.

Im bageordretenhau! e beantragte der Minister- Präsident Dr. Wekerle gestern, noch vor den Ferien die Gesezentwürfe über die freie Religionsübung, die Rezeption der Zuden, die Religion der Kinder und die Regelung der

Turfwetten zu erledigen. Bezüglich des Ho wassers erklärte Dr. Wekerle, die Regierung habe die Des Maß- nahmen getroffen zum us und zur Unterstüßung der Ueber- Rene, und werde Vorsichtsmaßregeln ergreifen, um ciner iederholung solcher Katastrophen vorzubeugen.

Großbritannien und JFrland.

._ Die Prinzessin Alix von Hessen, Braut des Groß- fürsten : Thronfolgers von Rußland, is aus Harrogate in London eingetroffen, um mit der Prin essin Heinrich von Battenber in Walton on Thames Aufenthalt zu nehmen.

__ Bei dem gestrigen Zeugenverhör in dem Prozeß gegen den Anarchisten Brall wurde ausgesagt, daß Brall eine Moh- nung in Tottenham Court Road inne hatte, wo er zahlreiche Besuche von Ausländern empsng und dem Anarchisten Francis Unterkunft gewährte. Die Nachbarn hörten Nachts wiederholt heftige Explosionen in dem Zimmer Brall's, Nach der Haus- suhung im Klub „Autonomie“ zog Brall aus der Wohnung aus. Die weitere Verhandlung soll nah dem gestrigen Be- {luß des Gerichtshofs vor dem Schwurgericht stattfinden.

Frankreich. Heute Vormittag 10 Uhr hat si der Präsident Carnot,

begleitet vom Minister - Präsidenten Dupuy und dem General Borius, nah Lyon begeben, woselbst er bis Montag ver- weilen wird.

Der Senat nahm gestern den von der Kammer enehmigten Geseßentwurf, betreffend die Verbesserung der esundheits- verhältnisse in Paris dur ein einheitlich angelegtes Kanali- sationssystem, an.

Der Bericht der Budgetkommission der Deputirten- fammer über die Nachtragsbewilligu ngen stellt fest, daß die Ausgaben im Jahre 1893 die Einnahmen um 77 Millionen überschritten, welher Betra baun 4 durch Mindereinnahmen der indireften Steuern a Monopole im Betrage von 33 Millionen verursacht wurde. Für 1894 er- giebt sih bisher ein Uebershuß von 57 800 000 Fr., wovon ein Theil auf die dur die Umwandlung der 41/¿prozentigen Renten erzielten Ersparnisse und 30 Millionen auf die durch die gesteigerte Getreide-Einfuhr verursahte Erhöhung der Zolleinnahmen ent- fällt. Der Finanz-Minister hat der Budgetkommission den ausführlihen Bericht über die von den cinzelnen Ministerien an ihren Budgets für 189 vorgenommenen Abzüge über- mittelt. Der Gesammtbetrag dieser Abzüge beläuft sih auf 341/29 Millionen, wovon 111/, Millionen auf das Kriegsbudget, 7 150 000 auf die Marine, 11/, Millionen auf das Kolonial- 4% a und 6 900 000 auf das Arbeits-Ministerium ent- allen.

Ftalien.

Die Deputirtenkammer segle gestern die Berathung der Finanzmaßregeln fort. achdem die ersten sieben Paragraphen des zum ersten Artikel gehörigen Dekrets ange- nommen waren, trat die Kammer in die Berathung des 8 8, betreffend Erhöhung des Salzpreises, ein. Cava- lotti und Jmbriani erklärten, die Minister hätten der Krone anrathen sollen, sich Opfer hinsichtlih der Zivilliste aufzuerlegen. Jmbriani zog ih hierbei einen Ordnungsruf zu. Die Minister Sonnini und Crispi vertheidigten den Antrag der Regierung, indem sie nahwiesen, daß es sich um eine geringe Erhöhung des Ds handle, die nicht die Käufer, sondern die mit dem Verkauf des Salzes betrauten Personen treffe. Sie fügten hinzu, die Maßregel werde seit mehreren Monaten angewendet, ohne daß dagegen irgend ein Protest erhoben worden 7 Die Abstimmung über die Erhöhung des Salzpreises erfolgte durch Namens- aufruf, der die Annahme dieses Vorschlags mit 201 gegen 1355 Stimmen ergab. Hierbei stimmten für die Vor- lage: Branca, Brin, Chimirri, Damiani, Mordin Villa, gegen dieselbe Bonacci, Bougdi, Bovio, Cavallotti, Colombo, udini, Luigi Ferrari, Jmbriani, Lacava, Luigi, Luzzatti, Martini, Vacchelli und Zanardelli. Zum Schlusse der Sißung brachte der Präsident eine Anfrage der Deputirten Ca- vallotti, Jmbriani und anderer an Crispi und den Justiz-Minister zur Verlesung, dahin geen welche Maßnahmen die Regierung infolge der orgänge im Prozeß gegen die Banca NRNomana ergriffen babe, (und 0b fe e dem gerichtlichen Verfahren sämmtlihe einshlägigen Dokumente zu- gänglih zu machen. Des weiteren wurde seitens Caval- loti’'s und 24 anderer Deputirten ein Antra eingebracht, welcher besagt: Die Kammer spricht unter dem tiefen Eindruck, welchen die Ereignisse der leßten Tage auf die öffent- liche Meinung ausgeübt haben, den Wunsch aus, daß alle Deputirte, die dur die Enthüllung und die Schluß- folgerungen der leßten parlamentarishen Untersuhungs- kommission in eine mißlihe Lage geriethen, den ihnen hier- aus der Kammer gegenüber erwachsenden Verpflichtungen Rechnung tragen mögen. Ein gleiher Antrag wurde von Gavazzi, Papadopoli, Odescalchi und vierzehn anderen De- putirten unterzeihnet. Bovio stellte den Antrag, daß das ge- heime Aktenmaterial der Untersuhungskommission veröffentlicht werde, da das Land verlange, daß über diese Angelegenheit volles Licht verbreitet werde. Der Präsident erklärte, er werde heute den Tag für die Berathung über diese Anträge bestimmen.

Am Donnerstag ist im Kriegs-Ministerium die aus Ge- neralen zusammengeseßte Kommission zusammengetreten, welche sich mit dem Studium der Reformen zu befassen hat, die in der italienishen Armee behufs Erzielung von Ersparungen eingeführt werden könnten. Die ein- zige Schranke, welhe dem Mandat dieser Kommission gezogen wurde, besteht in der unbedingten Aufrecht- erhaltung der Anzahl der Armee - Korps, wie diese durch das Gese von 1882 festgeseßt worden ist. Den Vorsiß in der Kommission führt General Cosenz: ferner E ihr die Generale Mezzacapo, Primerano, Driquet, Di San Marzano, Pastore und Tournon an.

Spanien.

Die Deputirtenkammer nahm gestern das Geseß über das Arrangement zwishen dem Schaß und der Bank von Spanien, wie es von den Ministern Sag worden war, an. Das Geseh at heute zur Diskussion im Senat gelangen. Die Kammer wird behufs Beschleunigung ihrer Arbeiten täg- s sehsstündige Sißungen abhalten. Dem Anschein nach haben sih die Republikaner entschlossen, ihre Obstruktions- politik aufzugeben.

Schweiz.

Im Nationalrath wurde gestern der von Meister“ ürih eingebrachte Antrag auf Revision des Aktien- und Eisenbahn-