1894 / 152 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 30 Jun 1894 18:00:01 GMT) scan diff

Personal-Veränderungen.

Königlich Preußische Armee.

Offiziere, Portepee - Fähnriche 2. Ernennungen, Beförderungen und Verseßungen. Im aktiven Heere. Kiel} an Bord S. M. Yacht „Hohenzollern“, 26. Juni. Nebel, Sec. Lt vom Inf. Regt. Graf Barfuß (4. Westfäl.) Nr. 17, als Insp. Offizier zur Kriegs\cule in Engers kommandiert. Frit\ch, Sec. Lt. vom Inf. Regt. Markgraf Ludwig Wilhelm (3. Bad.) Nr. 111, von dem Kommando zur Dienstleistung bei der Gewehrfabrik in Danzig entbunden. Müller, Sec. Lt. vom 4. Magdeburg. Inf. Negt. Nr. 67, bis Ende September 1895 zur Dienstleistung bei der Gewehrfabrik in Danzig kommandiert.

Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. Ktel, an Bord S. M. Ya@t „Hohenzollern“, 26. Juni. von Grumbkow, Major z. D. und Mitglied des Bekleidungsamts V1. Armee-Korps, unter Entbindung von dieser Stellung, in die Kategorie der mit Pension verabschiedeten Offiziere übergetreten.

Beamte der Militär-Verwaltung. :

Durch Allerhöchsten Abschied. 14. Juni. Seifert, Intend. Rath mit dem Charakter als Geheimer Kriegsrath von der Intend. 11. Armee-Korps, auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand verseßt.

Durch Verfügung des Kriegs-Ministeriums. 13. Juni. Harz, Intend. Sekretariats-Assist. von der Intend. X1V. Armee- Korps, zur Intend. VIII. Armee-Korps verseßt.

15. Juni. Schmidt, Zahlmstr. von der 1. Lehr-Abtheil. der A Me Rue auf seinen Antrag mit Pension in den Nuhe- and verseßt.

16. Juni. Fischer, Zahlmstr. vom Schles. Pion. Bat. Nr. 6, auf feinen Antrag mit Pension in den Ruhestand, Thielemann, Intend. Sekretariats-Assistent von der Intend. LV. Armee-Korps, zur Intend. V. Armee-Korps, versetzt.

90. Juni. Tiebert, Intend. Sekretariats-Assist. von der Intend. der 33. Div., zum 1. Oktober 1894 zu der Korp8-Intend. VII1, Armee- Korps versetzt.

X11. (Königlih Württembergisches) Armee-Korps.

Offiziere, Portepee - Fähnriche x. Ernennungen, Beförderungen und Verseßungen. Im aktiven Heere. 94. Juni. Graf zu Inn- u. Knyphausen, Königl. Preuß. Sec. Lt. a. D, bisher à la suite tes 5. Thüring. Inf. Negts. Nr. 94 (Großherzog von Sachsen), im Armee-Korps und zwar als Sec. Lt. im Drag. Regt. König Nr. 26 mit einem Patent vom 21. April 1894 angestellt. Frhr. v. Kechler- Schwandorf, Major aggreg. dem Kriegs-Ministerium, in Genehmigung seines Abschiedêgefuches mit Pension und der Erlaubniß zum ferneren Tragen der Uniform des Înf. Regts. Kaiser Wilhelm, König von Preußen Nr. 120 zur Disp. gestellt und zur Dienstleistung in das Kriegs-Ministerium kom- mandiert. H

Im Sanitäts-Korps. 24. Juni. Dr. Kübler, Unterarzt der Landw. 1. Aufgebots vom Landw. Bezirk Reutlingen, zum Afsist. Arzt 2. Kl. ernannt.

Beamte der Militär-Verwaltung.

24. Suni. Zeeb, Unter-Roßarzt der Res. vom Landw. Bezirk

Heilbronn, zum Roßarzt ernannt.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich. Preußen. Berlin, 30. Juni.

Seine Majestät der Kaiser und König trafen heute Nacht 21/2 Ühr an Bord Allerhöchstihrer Yacht „Hohen- zollern“ wieder in Kiel ein, empfingen um 81/2 Uhr den Reichskanzler Grafen von Caprivi und dann den Chef des Zivilkabinets zum Vortrag. ;

Morgen Früh gedenken Seine Majestät nach Travemünde in See zu gehen.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Zoll- und Steuerwesen und für Elsaß-Lothringen, sowie die ver- einigten Ausschüsse für Zoll- und Steuerwesen und für Handel und Verkehr hielten heute Sißungen.

Der Reichskanzler hat vor kurzem den verbündeten Re- gierungen einen im Reichsamt des Jnnern ausgearbeiteten Entwurf der auf Grund des § 1054 der Gewerbe-Ordnung vom Bundesrath zu erlassenden Ausnahmebestimmungen, be- treffend die Sonntagsruhe in gewerblichen Anlagen der Gruppe XII der Gewerbestatistik (Nahrungs- und Genuß- mittel), mitgetheilt. Die Bestimmungen für Rohzuckerfabriken, Zuckerraffinerien und MelasseentzuEerungsanstalten sind in diesem Entwurf nicht enthalten, da sie bereits vor einigen Monaten veröffentliht und mit Vertretern der Jnteressenten berathen sind. Der Entwurf enthält lediglich für Zichorien- darren, Spiritusraffinerien und Brauereien Aus- nahmebestimmungen auf Grund des § 105d.

Keine Ausnahmen sind für diejenigen Gewerbëzweige der Gruppe X11 vorgesehen, welche die für sie anSonn- und Festtagen erforderlichen Arbeiten auf Grund des § 105c Absay 1 der Gewerbe-Ordnung ohne besondere Genehmigung vornehmen dürfen. Hierher gehören u. a. die Molkereien (Meiercien), Margarinefabriken, Schaum- und Obstweinfabriken, Zitronat- fabriken, Obstkrautfabriken, Dörrobst- und Dörrgemüse- (Prä- serven-) Fabriken, Konservenfabriten, Stärke-, Stärkesyrup- und Stärkezuckerfabriken, Mälzereien, Branntweinbrennereien, Preßhefefabriken und Essigfabriken. :

Bei solchen Gewerbezweigen, wo die Zulassung der Sonn- tagsarbeit zur Befriedigung täglicher oder an Sonn- und Fest- tagen besonders hervortretender Bedürfnisse der Bevölkerung éotderlich ist, sind die nöthigen ene nichi vom Bundesrath, sondern gemäß § 105e der Gewerbe- Ordnung von den höheren Verwaltungsbehörden zu erlassen und deshalb gleichfalls in dem vorbezeihneten Entwurf niht aufgeführt. Zu diesen Gewerbezweigen sind die Bäckereien , Konditoreien, Schlachthäuser, Wasserversorgungs- anstalten, Fabriken zur Herstellung von künjtlihem Eis und von Mineralwasser u. a. zu rehnen. i

Das Gleiche gilt von den Betrieben, die ausshließlih oder vorwiegend mit durch Wind oder unregelmäßige Wasser- fraft bewegten Triebwerken arbeiten. Hierher gehören ‘vor: nehmlih die Müllereien, abgeschen von den mit Dampf betriebenen. Was diese lezteren betrifft so „teht: Der Entwurf auf dem Standpunkt, daß sie der Sonntagsarbeit niht bedürfen, und daß dem von einzelnen großen Handels- mühlen unter Hinweis auf die Konkurrenz des Auslandes geäußerten Wunsch auf Zulassung von Sonntagsarbeit um deswillen nicht entsprochen werden könne, weil bereits gegen- wärtig ein Theil der Betriebe dieser Art an Sonn-

und Festtagen eine L24stündige Unterbrehung eingeführt hat, und es der Absicht des Geseßes entspricht, daß diese Ruhezeit auch für die übrigen Mühlen herbeigeführt werde.

Endlich kommt noch cine Reihe von Betrieben in Frage, für welhe die Gestattung von Sonntagsarbeit lediglih im Hinblick auf die zu gewissen Zeiten des Jahres eintretende außer- gewöhnlich verstärkte Thätigkeit für erforderlich erachtet wird. Die in dieser Beziehung gestellten Anträge (für Chokolade-, Zuckerwaaren-, Oblaten- Bisquit-, Honig- kuchen- und Lebkuchenfabriken, für Reisshälmühlen, Zigarren- sortieranstalten u. \. w.) werden gelegentlich der für die „Saisonindustrien“ in Aussiht genommenen Bestimmungen be- sonders erörtert werden.

ür Zichoriendarren läßt der Entwurf an Sonn- und Festtagen folgende Arbeiten auf Grund des § 105 d zu: die Reinigung und Zerkleinerung der Wurzeln, und zwar a. mit Ausschluß der Zeit von 6 Uhr Morgens bis 6 Uhr Abends, sofern in regelmäßigen Tag- und Nachtschichten gearbeitet wird, þ. bis 9 Uhr Vormittags, sofern nur in Tagschichten earbeitet wird, ferner den ununterbrochenen Betrieb der arren. Auf das Weihnachtsfest sollen diese Ausnahmen aber keine Anwendung finden.

Den Spiritusraffinerien sollen folgende Arbeiten an Sonn- und Festtagen mit Ausnahme der drei hohen Feste gestattet werden: der ununterbrochene Betrieb der kontinuier- lichen Destillierapparate, der Betrieb der nicht kontinuier- lihen Destillierapparate soweit er zur Beendigung der vor 6 Uhr des vorhergehenden Abends begonnenen Destillationen erforderlich is, der ununterbrochene Betrieb der Holzkohle- filter und der Holzkohleglühöfen.

Für Brauereien werden die Bestimmungen im 105 Absaß 1 der Gewerbe-Ordnung im allgemeinen als ausreichend angesehen, um diejenigen Arbeiten an Sonn- und Festtagen zu ermöglichen, die im Brauereibetrieb auch an diesen Tagen vorgenommen werden müssen. Die Bereitung der Bierwürze an Sonn- und Festtagen wird nicht für nothwendig erachtet. Der Entwurf sicht indessen aus wirthschaftlihen Gründen und zwar als einzige, auf Grund des § 105d zuzulassende Ausnahmebestimmung für Brauereien vor, daß in solchen Brauereien, die innerhalb eines Jahres nicht länger als 6 Monate im Betrieb sind, die Würze auch an Sonn- und Fest- tagen mit Ausnahme der drei hohen Feste bereitet werden darf.

Der preußishe Minister für Handel und Gewerbe hat die Königlichen Regierungs - Präsidenten ersucht, eiwaige Wünsche auf Abänderung und Ergänzung des Entwurfs, die aus den Kreisen der Betheiligten vorgebracht werden, spätestens bis zum 1. Auaust d. J. vorzulegen. Von einer mündlichen Berathung des Entwurfs mit Vertretern der Arbeitgeber und Arbeiter wird voraussihtlich Abstand genommen werden.

Das „Armee - Verordnungs- Blatt“ veröffentlicht in seiner heute ausgegebenen Nummer folgende Allerhöchste daa betreffend Aenderung der Kriegs- artet:

Auf den Mir gehaltenen Vortrag will Ich genehmigen, daß der zweite Saß des Kriegsartikels 22 folgende Fassung erhält :

„Auch darf der Soldat niemals während oder unmittelbar nah Beendigung des Dienstes, sondern erst am folgenden Tage seine Be- \chwerde anbringen.“

Sie haben das Weitere zu veranlassen. Neues Palais, den 14. Juni 1894, Wilhelm. Bronsart von Schellendorf. An den Kriegs-Minister.

Durch eine weitere Allerhöchste Kabinetsordre vom 14. Juni d. J. haben Seine Majestät der Kaiser und König neue Bestimmungen über die Beshwerdeführung der Personen des Soldatenstandes des Heeres vom Feldwebel abwärts genehmigt. Die „Vorschriften über den Dienstweg und die Behandlung von Beschwerden der Militärpersonen des Heeres und der Marine, sowie der Zivil: beamten der Militär- und Marineverwaltung vom 6. März 1873" treten, soweit sie die erstgenannten Personen betreffen, damit außer Kraft. Der Kriegs-Minister, welcher ermähtigt ist, etwa nothwendig werdende Erläuterungen dieser Bestim- mungen zu geben, hat unter dem 22. d. M. zur Kenntniß gebracht, da die Bestimmungen nach erfolgtem Dru den Truppen und Behörden in der erforderlihen Anzahl von Abdrücken besonders zugehen werden.

Der General der Kavallerie von Rosenberg, à la suite des Husaren-Regiments von Zieten (Brandenburgisches) Nr. 3 und Jnspekteur der 2. Kavalleric-Juspektion, hat Berlin ver-

lassen.

Paderborn, 30. Juni. Wie das „Westfälishe Volks- blatt“ meldet, wird die preußishe Bischofs-Konferenz am 21. August d. J. in Fulda stattfinden.

Vayern.

Das „Geseßt- und Verordnungsblatt“ für das König- reich Bayern veröffentliht in der Nr. 29 vom 26. Juni die Verordnung vom gleichen Tage, die Dienstverhältnisse der nihtpragmatishen Staatsbeamten und Staatsbediensteten be- treffend.

Württemberg.

Zum Besuch bei Seiner Majestät dem König ist am Donnerstag Abend in Friedrichshafen Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrih, Mutter Seiner Majestät, ein- getroffen und von dem König und Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Pauline am Bahnhof empfangen worden.

hre Königliche Oel die Erbgroßherzogin von Baden, welche zum Besuch Jhrer Majestät der Königin in Wildbad weilte, ist am 28. d. M. von dort wieder abgereist.

Vaden.

Die Rede, mit welcher Seine Königliche Hoheit der Großherzog am 28. Juni den Landtag geschlossen hat, lautete wörtlich: ;

Edle Herren und liebe Freunde! Am Schlusse einer langen, mühevollen Tagung is es Mir eine werthe Pflicht, Ihnen für die E Erfüllung Shrer verfassungsmäßigen Ausgabe Meinen Dank zu sagen.

{higeaditet der verhältnißmäßig \{wierigen Lage des Staatshaus- halts haben Sie, wie Ich gerne anerkenne, die Forderungen Meiner Regierung für die Bedürfnisse dev Staatsverwaltung sowie zur Pflege der wirthschaftlichen und geistigen Interessen nah reifliher Prüfung

bewilligt. Der Nothwendigkeit, dem Staatshaushalt vermehrte Eit- nahmen durch Erhöhung und weitere Ausgestaltung der Einkommen- steuer zuzuführen, haben Sie in dem von Meiner Regierung vorge- \chlagenen Umfange volle Rechnung getragen.

: ie zu Beginn des Ländtags gehegte Erwartung, die geplante Finanzreform im Reich werde zu Kande kommen, hat sih leider niht erfüllt. Ih gebe Mich aber der Hoffnung hin, daß es den verbündeten Regierungen gelinge, über diefe wihtige Aufgabe zu einer Verständigung mit dem Reichstag zu gelangen, damit eine geordnete Fortführung der Finanzwirthschaft in den deutschen Bundesftaaten ermöglicht werde. ;

Mit Befriedigung hat Mich die von Ihnen beschlossene Annahme des Geseßeévorshlags zur Aufbesserung der Beamtengehalte erfüllt. Durch die Zustimmung zu dieser auch finanziell bedeutungsvollen Vor- lage ist dem grogen Werke der Neugestaltung des Beamtenrechts ein Abschluß gegeben, der bestimmt ist, auf lange Zeit hinaus die Gehalte der Angehörigen des Beamtenstandes festzulegen. Durch die Ge- nehmigung dieser Vorlage haben Sie die Wichtigkeit und den Werth eines den staatlichen Aufgaben pflihthaft sich widmenden, berufsfreudigen Beamtenstandes gewürdigt und anerkannt. Dies erscheint Mir um so bedeutungsvoller, als das Geseß unerachtet der weniger günstigen Finanzlage vereinbart werden konnte.

Den in beiden Häusern des e gegebenen Anregungen zu u Reform der Ertragssteuern wird Meine Regierung gerne näher reten.

Mit Genugthuung begrüße Jch die Bereitwilligkeit, mit der Sie den von Meiner Regierung gemachten Vorlagen bezüglih der Ver- vollständigung des Staatsbahnneßes und der Herstellung weiterer Nebenbahnen zugestimmt haben. Verschiedenen Landestheilen, nament- lich auch im PRSRE und im Bodenseegebiet, wird dadurch die langersehnte Wohlthat verbesserter Verkehrsmittel zugewendet.

Einige Vorlagen, welche auf verschiedenen Gebieten der Staats- verwaltung eine feste Ordnung, und Verbesserung anstrebten, find zur verfassungsmäßigen Erledigung gelangt.

Der von Mitgliedern der Zweiten Kammer eingebrachte Gefeßzes- vorschlag, das Gese vom 2. April 1872, betreffend die Abhaltung

von Missionen durch Mitglieder religiöser Orden, aufzuheben, wurde

von beiden Häusern des Landtags angenommen. Meine Regierung erachtet die Aufrechterhaltung der Bestimmungen dieses Geseßes nicht für nothwendig und hofft, durch die Erfüllung eines von der obersten fatholishen Kirchenbehörde wiederholt vorgetragenen Wunsches die Sache des Friedens zu fördern.

Ueber anderweite Fragen, zum theil von höchster Bedeutung für das Staattganze, haben lebhafte Verhandlungen stattgefunden. Peine Negierung wird die gegebenen Anregungen in ernste Erwägung ziehen. Bei der Fortdauer eines besonnenen Geistes wird auf eine Klärung der Anschauungen, die ein geseßgeberishes Eingreifen ermöglicht, zu hoffen sein.

Ich begleite Sie mit Meinen theilnehmenden Wünschen in Ihre Heimath. Gott segne das Vaterland!

Mecklenburg-Schwerin. Seine Königliche Hoheit der Großherzog ist gestern Morgen aus Kiel in Schwerin wieder eing etroffen. Sachsen-Weimar-Eisenach. Das Großherzogliche Hoflager wurde am 27. d. M.

Abends von Schloß Dornburg wieder nah Schloß Belvedere bei Weimar verlegt.

Großbritannien und Frland.

Die Königin hai an die Wittwe des Präsidenten Carnot ein Schreiben gesandt, in welhem es heißt, ste wisse keine Worte zu finden, um auszusprechen, wie sehr das Herz einer Wittwe für sie shlage und welches Ent- seßen und welhen Schrecken sie über das verabscheuungs- würdige Verbrechen empfinde, das sie ihres Gatten und Frauk- reich seines der Achtung so würdigen Präsidenten beraubte.

Der Großfürst - Thron folger hat sih vorgestern von Schloß Windsor nah dem Landgut des Prinzen von Waies in Sandringham begeben.

Jn der gestrigen Sißung des Oberhauses wurde seitens der Regierung erklärt, die Einstellung der -Silber- prägung in den Münzstätten Ostindiens habe den indischen Handel nicht beeinträchtigt. Die Statistik beweise, daß alle Yweige des Handels mit Jndien von dieser Maßregel Nußen gehabt hätten; doh könne ohne weitere Erfahrung nicht gesagt werden, welches ihre Wirkung auf die Dauer sein werde. Die Regierung sei enlschlossen, die Münzen nicht wieder zu öffnen, sondern den weiteren Erfolg der Maßregel vom vorigen Jahre abzuwarten, wozu die bisherigen Wahrnehmungen vollauf berechtigten.

Im Unterhause theilte der Parlaments-Untersekretär des Kolonialamts Buxton mit, Sir Henry Loch, der nah Transvaal entsandt war, habe der Regierung ein Tele- gramm übersandt, in welchem es heißt, daß die Regierung von Transvaal einwilligte, die britischen Unterthanen nicht mehr zum Soldatendienst zu zwingen, sowie eine Kon- vention abzuschließen, durch welhe England die Meist- begünstigung betreffs der Militärpflichtigen gewährt und die Swazilandkonvention um sechs® Monate verlängert wird. Ferner theilte Buxton mit, daß die Pest in Hongkong im Abnehmen sei.

Aus London wird vom heutigen Tage gemeldet: Das auswärts verbreitete Gerücht, wonach ausländishe Anarchisten Vorbereitungen getroffen hätten, die neuerbaute Tower- Brücke in die Luft zu sprenaen, wird von zuständiger Seite als Erfindung bezeichnet. Dasselbe wird lediglih daraus zurückgeführt, daß geitern früh einige Ausländer einen Kahn verlangten, um die Brücke vom Fluß aus zu besichtigen.

Fraukreich.

Ließ bereits die gestern an dieser Stelle aus Mont- pellier gemeldete Nachriht, wonach dort ein Anarchist ver- haftet worden sei, der eingeräumt habe, mit Caserio in Ver- bindung gestanden und von dessen Absicht, den Präsidenten Carnot zu ermorden, gewußt zu haben, auf cin Komplot schließen, welches gegen das Leben des Präsidenten gerichtet war, so wird diese Muthmaßung heute dur folgende wichtige Nachricht des „W. T. B.“ aus Marseille bestätigt:

Es steht nunmehr fest, daß eine Verschwörung zum Zwecke der Ermordung Carnot s bestanden hat. Die Polizei ist den Mitvershworenen Caserio's auf der Spur. Die leyte Versammlung der Ver- \chwörer fand in Cette statt; in derselben wurde Caserio durh das Loos zur Ausführung des Ver- brechens bestimmt. Die Verhaftung der Mitschul- digen steht nahe bevor. : i

Eine Marseiller Depesche von heute früh meldet weiter:

Das Journal „Petit Marseillais“ bringt Ein- zelheiten über die entdeckte Vershwörung gegen Carnot. Am Montag habe ein erst kürzlich eingestellter und gegenwärtig im Militär-

efängniß befindliher Soldat auf die Nachricht Lon dem Attentat auf den N eaiibenten Carnot geäußert, er habe gean daß Carnot in Lyon ermordet werden sollte. Der Jtaliener Caserio, der das Attentat ausgeführt habe und den er kenne, sei durch das Loos für die Bruns des Attentais be- stimmt worden. Der Soldat erzählte sodann, daß in- folge der Hinrichtungen Vaillant's und Henry's eine Gruppe von sieben Anarchisten den Tod Carnot's be- schlossen hätte. Eines Abends habe man durch das Loos denjenigen bestimmt, der nah Lyon gehen sollte, um Carnot‘mit dem Dolch zu ermorden. Das Loos sei auf Caserio gefallen, der hierüber eine wilde Freude gezeigt habe. Jnfolge eines unbedeutenden Wortwechsels mit seinem Arbeitgeber habe Caserio leßteren am Freitag, 22. d. M., verlassen, sich seinen Lohn auszahlen (alten, den Dolch gekauft und sei nah Lyon abgereist. Der Soldat habe diese Ge- ständnisse vor Gericht wiederholt und die Namen der sieben Mitvershworenen angegeben. Leßttere dürften bereits verhaftet sein, oder es dürfte doc ihre Verhaftung unmittelbar bevorstehen.

Nach einer Meldung der „Köln. Ztg.“ aus Cette (am Golf von Lyon) entleibte sih in der Naht vom Mittwoch zum Donnerstag ein junger Mann, Namens Granier, weil er auf die Polizei vor geladen wurde, um darüber Auskunft zu geben, auf welhe Art und Weise er {hon am Sonntag Abend von dem Anschlag gegen Carnot Kunde gehabt habe.

Wir geben nachstehend (nah der „Nat.-Ztg.“) den Wort- laut der Ansprache wieder, welche der Präsident der National- versammlung Challemel-Lacour bei Bekanntgebung des Wahlergebnisses an den gewählten Präsidenten der Nepublik Casimir Périer richtete:

„Herr Präsident der Republik! Die Wahl, die Sie zum Präsi- denten der Nepubli? erhebt, gereiht dem Kongreß zur Ehre und mat mich \tolz darauf, daß ih ihn leiten durfte. Dics ist ein hohwichtiges Ereigniß. Das republikanische Frankreich, alle diejenigen, welche ein Patriotenherz in der Brust tragen, werden ihm einmüthig zujubeln. Frankreich ist berechtigt, darin die Verheifßung einer langen Zukunft voll Sicherheit, Wohlfahrt und Ehre zu erblicken. Gestatten Sie mir, Ihnen dazu aus Herzensgrund Glück zu. wünschen und den Aus- druck der Genugthuung, die ich als Bürger empfinde, hinzuzufügen. Diese Genugthuung ist tief. Sie is groß, denn sie kommt das will alles sagen der Freude des Freundes gleich.“

Casimir Vérier erwiderte mit bewegter Stimme:

„Jch kann meiner Bewegung nicht Meister werden. Die National- verfammlung verleiht mir die höchste Ehre, deren ein Bürger theil- haftig werden fann. Sie legt mir die {chwerste moralische Ver- antwortung auf, die ein Mann tragen kann. Ich werde meinem Lande die ganze Energie und den ganzen Patriotismus geben, die ih besitze; ich werde der Republik die ganze Gluth der Ueberzeugungen geben, welcke nie cinem Wandel unterworfen waren; ih werde der Demokratie meine ganze Hingebung, mein ganzes Herz senken. Gleich dem, welcher nicht mehr is und um den wir ehrfurchtsvoll

trauern, werde ich meine Pflicht, meine ganze Pflicht zu thun be-

strebt fein.“

Jr der gestrigen Sizung des Senats theilte der Prä- sident Challemel-Lacour mit, daß der Regierung zahl- reiche Adressen von Staaten und politischen Körperschaften zugegangen seien, brachte einige davon unter lebhaftem Beifall des Hauses zur Verlesung und fügte hinzu, diese Kund- gebungen und das Gefühl, welches sie beseele, rührten alle tief (Beifall); dieses Gefühl würde, wenn es noch erforderlich wäre, Frankreich über die Zukunft der Zivilisation beruhigen ; diese sympathishen Kundgebungen flößten das Ver- trauen ein, daß sie beitragen würden, die Bande des Friedens zu festigen, welche jedermann und Frankreich, so wie kein anderer, immer enger zu gestalten suche; er hoffe, sie würden geeignet sein, die Mißstimmungen abzushwächen, ja selbst zu beseitigen, welche mit Nationen entstanden seien, die Frankreich als seine Freunde betrachte. (Lebhafte Zustimmung.) Der Senat bewilligte darauf einstimmig einen Kredit von 110 000 Fr. für das Leichenbegängniß Carnot’s und vertagte sich hierauf auf Dienstag.

Jn der Deputirtenkammer führte gestern de Mahy

den Vorsizg. Bei Eröffnung der Sizung verlas er ein SMhreiben des Puästdenten Casimir Pértep, in welchem dieser scine Demission als Präsident der Kammer an- zeigt; der Brief ließt mit Ausdrücken des Dankes für die- jenigen, welche ihm (Périer) als Kammer-Präsidenten so werth- volle Beweise von Sympathie gegeben haben; die National- versammlung habe ihm schwere Pflichten auferlegt; um diese zu erfüllen, hoffe er, auf das Vertrauen der Republikaner, das er niemals täuschen werde, rehnen zu können. Die Kammer beschloß alsdann, in corpore dem Leichenbegängniß Carnot's beizuwohnen und genehmigte einstimmig den Kredit von 110 000 t für das Leichenbegängniß. De Mahy machte alsdann Mittheilung von den anläßlih des Todes Carnot's eingegangenen Adressen und verlas sie. Die Verlesung wurde mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Die Dankes- erwiderung der Kammer wird den auswärtigen Re- A und Körperschaften demnächst übermittelt werden. Hierauf wurde die Sißung aufgehoben, und die nächste Sißzung auf Dienstag, den 3. Juli, festgeseßt. __ Betreffs der Bildung eines neuen Ministeriums liegt folgende Meldung vor: Burdeau erklärte gestern dem Präsidenten Casimir Périer, er glaube nit, daß sein Gesund- heitszustand ihm erlaube, die Minister-:Präsidentschaft und die Kabinetsbildung zu übernehmen. Casimir Périer hatte alsdann eine Besprehung mit Challemel-Lacour über die Lage und ersuchte hierauf Dupuy, die Kabinetsbildung zu über- nehmen. Dupuy wird sich heute wieder zum Artfidäiten Casimir Périer begeben. Jn unterrichteten Kreisen ist man der Ueberzeugung, daß Dupuy die Leitung der Geschäfte mit allen gegenwärtigen Kollegen beibehalten wird; Burdeau soll zum Präsidenten der Kammer gewählt werden.

Das Leichenbegängniß für den Präsidenten Carnot ist auf Sonntag festgeseßt. Seit gestern ist es dem T gestattet, an dem Sarge Carnot'’s, der auf einem Katafalk ruht, vorüber zu defilieren. Der Andrang ist so bedeutend, daß das Ende des Zuges sih in einer Länge von ungefähr einem Kilo- meter über die Champs-Elysées bis zur Place de la Concorde erstreckt. Blumen und Kränze ommen in großer Menge ins Elysée. Die enorme Zahl von Abordnungen aus Paris und den Departements, welche sih zur Theilnahme an der Leichen- feier einschreiben lassen, wächst mit jeder Stunde. Die Ab- ordnungen werden auf den Champs-Elysées bis zum Arc de Triomphe aufgestellt werden. 1

Eine Note der „Agence Havas“ sagt, daß der Minister des Auswärtigen, Hanotaux, gestern dem italienischen Bot- chafter Reßmann einen Besuch abstattete. Jm Laufe der

| führen.

Unterhaltung ergab sich ein Einverständniß darüber, daß, dank den getroffenen Maßnahmen, keine Gewaltthat gegen Personen begangen worden sei und man bisher nur un- bedeutenden Materialshaden zu beklagen habe. Hanotaux und Neßmann machten si gegenseitig von den ihnen gemeldeten Vorkommnissen Mittheilung.

_Jn Bone (Algier) sind drei Jtaliener verhaftet worden, weil sie öffentlih ihrer Befriedigung über das gegen Carnot begangene Attentat Ausdruck gaben. Der Spanier Perez Lopez wurde aus dem gleichen Grunde ausgewiesen.

Ftalien.

«Die Deputirtenkammer nahm gestern sämmtliche Artikel der Regierungsvorlage über die finanziellen Maß- regeln an und genehmigte in einer Abendsizung in geheimer Abstimmung die Vorlage im ganzen mit 180 gegen 74 Stimmen. Das Resultat der Abstimmung wurde mit Beifall begrüßt; viele Deputirte schritten auf die Minister zu und be- glückwünschten sie durch Händeschütteln. Darauf wurde die Sißzung aufgehoben.

Schweiz. Die ordentliche Somme-“session der Bundesversamm- lung ist geschlossen worden; die nächste Session beginnt am 3. Dezember.

Türkei.

Der Sultan hat dem König von Serbien den Nischan- el-Jmtiaz-Orden verliehen. Gestern Abend fand in Yildiz- Kiosk ein Diner statt, zu welchem die Chefs der diplomatischen Missionen, die höchsten Zivil- und Militärfunktionäre, die Mit- glieder des Kaiserlichen Hofstaats und das Gefolge des Königs von Serbien Einladungen erhalten haben. Heute will König Alexander die Botschafter und Gesandten der fremden Mächte empfangen.

Die Regierung hat die Demission des Patriarchen Erzbischofs As chikian angenommen.

‘Numänien.

Der französische Geschäftsträger Sohier des Ver- mandois wurde vom König im Schlosse Pelesch empfangen, wobei er den Dank der französischen Regierung für die O anläßlih der Ermordung Carnot’s über- mittelte.

armenischen

Asien.

Aus Shanghai, 28. Juli, meldet „Daily Chronicle“: Die hiesigen Europäer sind darauf gefaßt, daß es zu einem Konflikt zwischen China und Japan auf Korea kommen wird. Der Ausbruch der Feindseligkeiten kann in der That jeden Augen- blick erfolgen. Japan hat {hon eine bedeutende Macht in der Hauptstadt Koreas stehen, und China hat jeßt auch Truppen dorthin abgesandt.

Auch die „Pall Mall Gazette“ hat ein Telegramm erhalten, demzufolge die Dinge in Korea sih jeyt so zugespißt haben, daß ein Krieg unvermeidlich sei.

Afrika.

Der Präsident des Oranje - Freistaats Reiß hat am Donnerstag von Kapstadt aus seine Reise nah Europa an- getreten.

Die Afffrikanishe Transkontinentale Telegraphen - Gesell- chaft hat mit der portugiesishen Regierung ein Abkommen getroffen, wonach sich die leßtere verpflichtet, die Telegraphen- leitung durh die portugiesishe Sphäre am Zambesi zu Sie wird der Gesellschaft eine jährlihe Pacht auf- erlegen. Eine Telegraphenstation wird innerhalb dieser Sphäre nicht errichtet.

Statistik und Volkswirthschaft.

Das ländlihe Wasserversorgungs8wesen in Baden.

_Mit Rücksicht auf die hervorragende Bedeutung guten und reinen Trinkwassers für die Gesundheit der Bevölkerung wird im Groß- herzogthum Baden seit einer längeren Reihe von Jahren seitens der Regierung darauf Werth gelegt, daß nicht nur die größeren Städte und industriellen Plätze, fondern auch die kleineren ländlichen Ge- meinden mit Wasserleitung verseben werden. Nach einem Bor- trage des Großberzoglih badishen Ober-Bauraths Drach in einer Sigzung der kürzlich in Karlsruhe abgehaltenen 34. Jahresversammlung des deutschen Vereins von Gas- und Wasserfahmännern wurden seit dem Jahre 1878 mit staatlicher Hilfe 516 Gemeinden, die eine Bevölkerungszahl von rund 310 000 Köpfen aufwiesen, mit Wasser- leitungen versehen. Das Gesammtröhrenneß beträgt 929 km, die gefaßten Wassermengen machen 17 000 cbm aus; es wurden 2112 öôffentlihe Brunnen errihtet und über 18 000 Privatgebäude angeschlossen. Am dichtesten ist das Röhrenneß in der Nheinebene, am weitläufigsten - auf dem Schwarzwald. Viele Wasserversorgungs- Unternehmungen auf dem Lande sind in der Ausführung, andere in Vorbereitung begriffen. Wegen ihrer in Aussicht genom- menen Verwendung als Trinkwasser wurden in den leßten 15 Jahren 2%0 Quell- und Grundwasser chemisch und bakfteriologisch untersuht. Die Anlagekosten dieser Wasserver- forgungen, die fih insgesammt auf rund 8700000 Æ belaufen, werden von den Gemeinden, den Kreisverbänden und dem Staat ge- meinsam getragen; bedürftige Gemeinden erhalten Zuschüsse bis zu einem Drittel der Anlagekosten. Seit dem Jahre 1886 leistete der Staat 530 000 M solcher Zuschüsse. Dazu kommen noch die Auf- wendungen des Staats für die Landeskulturinspektionen (mit rund 900 000 6 im Jahre), welhe niht nur die Leitung und Beaufsichti- gung der betreffenden Anlagen führen, sondern nöthigenfalls {hon bei der Aufstellung- von Voranschlägen für dieselben mitwirken, N der Vortragende mit Recht behaupten konnte, in Baden bestehe eine \taat- lihe Fürsorge für Wasservecsorgung der ländlihen Gemeinden,- wie wohl kaum in einem anderen Staat. Patente, Muster und Fabrikmarken in Großbritannien

und Irland 1884 bis 1893.

Dem kürzlich erschienenen 11. FJahresberiht des Genéèral- Kontroleurs des englishen Patentamts für 1893 entnehmen wir folgende Nachweisung der in den leßten 10 Jahren ertheilten Patente sowie der eingetragenen Muster und Fabrikmarken. Es wurden eingetragen :

im Patent- Jahre gesuche 1884 17 110 1885 16 101 1886 17 176 1887 18 051

in das Zeichenregister Fabrif- Einzelmuster Musterreihen marken 19'515 2358 7104 20 388 987 8 026 33 T7 324 10 677 925 734 309 10 586 183888 19 103 25 923 316 13315 1889 21 009 24 370 B80 11316 1890 21:30T 22239 318 10 258 1391 22 8838 21 673 Q 10 787 1892 24 169 19 269 258 9101 1893 25 120 19 174 306 8679 Während die Zahl der Einträge in das Zeichen- und Markenregister, im Laufe des JIahrzehnts mehrfachen Schwankungen unterworfen war,

im allgemeinen aber in den leßten fünf Jahren eine ziemli ständi Abnahme zeigt, ist die. Zahl der eingetragenen Patentgesfuche (m Ausnahme des Jahre 1885) regelmäßig gestiegen. / Die Gesammteinnahmen und Ausgaben des englischen Patent- amtes Ps fs in Zen eitraume wie folgt : Jahre: e me Mae Jahre: M Ausanys

1884 103 827 64 123 1889 172 820 79 286 1885 88509 77739 1890 192 606 83 240 1886 106 754 109567 1891 203 520 - 103180 1887 124 279 81 577 1892 199 859 96 822 1888 149 623 83 924 1893 174 878 95 103

Mit Ausnahme des Iahres 1886, das wegen außerordentlicher Aufwendungen für Bauzwecke mit einem Defizit von 2813 Pfd. Sterl. abshloß, brahten sämmtlihe Jahre Mehreinnahmen, die zusammen für das gante Jahrzehnt den s\tattlichen Betrag von mehr als 640 000 Pfd. Sterl. oder nahezu 13 Millionen, Mark erreihten. Jn den leßten drei Jahren waren die Uebershüsse Yionders groß, obwohl die Ausgaben in denselben durch Einrichtung neuer Diensträume und größere Bauausführungen nicht unbeträhtlich waren. Im Jahre 1893 wurde mit dem Bau eines neuen Waarenhaufes und Verkaufs- magazins begonnen, das vorausfihtlich im laufenden Jahre beendet werden wird.

Ebenso wie die Zahl der Patentgesuhe nimmt auch die Zahl der Benußter der Bibliothek des Patentamts stetig zu; im Jahre 1893 haben nicht weniger als 108712 Personen dieselbe benußt. Diese Bibliothek is dem Publikum wochentäglich von 10 Uhr Vormittags bis 10 Uhr Abends ununterbrochen geöffnet.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Oldenburg wird der „Frkf. Ztg.“ zum Ausstande der Glasarbeiter (vgl. Nr. 143 u. flgd. d. Bl.) geschrieben: Der angekündigte Ausstand der Gläsarbeiter hat Dienstag Nachmittag nah Beendigung der Tagesschicht begonnen. Die Direktion der Glas- hütte hatte es abgelehnt, fih mit den Arbeitern in Unterhandlungen einzulassen. Im ganzen werden etwa 570 Arbeiter infolge des Ausstandes feiern müssen. Den Ausständigen sind von der übrigen Arbeiterschaft Oldenburgs niht unerhebliche Unterstüßungen zugesagt. Die Gemeindevertretung des Vororts Osternburg, in dem die Glashütte E \foll beschlossen haben, den Ausftändigen die Cholerabaracken als Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Viele Glasmacher hatten nämlich Wohnungen, die der Glashütte ge- hören und von ihr des Ausstandes wegen gekündigt wurden.

Aus Danzig berihtet man der Berliner „Volksztg*“, daß der Ausstand der Zimmerleute nah siebenwöchiger Dauer zu Un- E der Arbeiter beendet worden sei; eine Versammlung habe die

iederaufnahme der Arbeit beschlossen.

Zum Bergarbeiter-Ausstand in Schottland schreibt man demselben Blatt: Infolge des Ausstandes stellten die Eisen- bütten und Stahlwerke den Betrieb ein und viele Hochöfen wurden ausgeblasen, wodur 30- bis 40000 Arbeiter beschäfti- gungélos wurden.“ Die großen chemischen Fabriken der „Ver- einigten Kali-Aktien-Gesellschaft“ in Glaëgow werden geschlossen. Die Kohlenpreise sind um 3 bis 4 Schilling pro Tonne gestiegen. Die Zahl der in und bei den Kohlengruben in Schottland Be- häftigten betrug im vorigen Jahre 99825, davon 74830 unter Tage. Da näch den 1893er Zahlen auf jeden Untergrundarbeiter dur(schnittlich eine Förderung von 300 t jährlih kommt, fo würden 70 000 Feiernde einen Ausfall an geförderter Kohle in Schottland von wöchentlich rund 380 000 t ergeben. Die Kohlenvorräthe vieler Grubenbesißer sollen für drei Monate hinreichen. Bei der Abstimmung über den Ausstand stimmten 25 617 Bergarbeiter für und 14490 gegen denselben.

Aus Chicago berichtet die Londoner „A. K.“ nach einer Reuter- meldung vom 28. Juni: Infolge des Ausstandes, den der amerika- nische CGisenbahn-Gewerkverein gegen die Pullmanwagen verhängt hat, ist der Betrieb auf aht Eisenbahnen, die nah Chicago führen, ein- Aa (Vgl. das Telegramm der gestrigen Nr. 151 d. Bl.) 5000 Mann

tehen im Strike und die Bewegung breitet sih noch aus. Die Southern Pacific-Cisenbahn kann keine Züge mehr fahren lassen, weil sie niht darin einwilligte, Züge ohne Pullmanwagen zu benüßen. Gestern Abend fuhren keine Züge nah Kalifornien ab. Auch die Angestellten der Atchison, Topeka & Santa Fé-Eisenbahn sind vom Gewerkperein aufgefordert worden, die Arbeit einzustellen. Nach einer New - Y orker Meldung ‘des „W. T. B.“ vom gestrigen Tage hatte sich der Ausstand der CEisenbahnbediensteten auch auf das Northern Pacific- System ausgedehnt. Der Verband der ameri- kfanishen Eisenbahnarbeiter bezifferte die Zahl der Ausständigen auf 40 000. Man glaubte, daß diese Zahl bis zum Abend auf 80 000 steigen werde.

Nach Mittheilung des Statistishen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 17. Juni bis inkl. 23. Juni cr. zur Anmeldung gekommen : 876 Lebendgeborene, 208 Eheschließungen, 31 Todtgeborene, 519 Sterbefälle.

Gesundheit8wesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Spanien.

Die für Herkünfte aus Kawak angeordnete Quarantäne ift unter den üblihen Bedingungen aufgehoben worden. (Vgl. „R.-Anz.*“ Nr. 72 vom 27. März d. J.)

Niederlande.

Durch Verfügung des Königlih niederländischen Ministers des Innern vom 25. d. M. i} der Hafen von Lissabon für rein erklärt worden. (Vgl. „R.-Anz.“ Nr. 105 vom 5. v. M.)

Cholera.

Brüssel, 30. Juni. Dem „Journal de Brurxelles“ zufolge wurden in der vorgestrigen Nacht fünf holeraartige Erkrankungen in Lüttich festgestellt; drei ziemlich {wer Erkrankte wurden in das Lazareth gebracht. Gestern kam eine neue Choleraerkrankung vor, welche tödtlih verlief.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Koblen und Koks an der Nuhr und in Oberschlesien. _ An der Ruhr sind am 29. d. M. (einem katholischen Feiertag) geftellt 2763, nit rechtzeitig gestellt keine Wagen.

In Oberschlesien sind am 28. d. M. geitellt 3027, niht reht-

zeitig gestellt keine Wagen. Zwangs-Versteigerungen.

Beim König1ichen Amtsgericht 1 Berlin stand am 929. Iuni das Grundstück des Lotterie-Kollekteurs P. E. O. Fischer, Friesen str. 22, zur Versteigerung; Fläche 6,07 a; Nugungswerth 10530 M; füc das Meistgebot von 172 000 / wurde der Rentier F: Eisendick zu Berlin Ersteher. Aufgehoben wurden die Termine wegen der Zwangsversteigerung der nachbenannten Gründ- stüdke: Flensburgerstr,, Ede Lessingstr.,, dem Maurermeister Arthur *Kricke gehörig. Hochstr. 38, dem Kaufmann Ad. Schwersenz gehörig.

Beim Königlihen Amtsgericht 11 Berlin standen die nachbezeihneten Grundstücke zur Versteigerung: das im Grundbuche von Hermsdorf Band 4 Blatt Nr. 123 auf den Namen des Bau- unternehmners Gustav Gutschow eingetragene, zu Hermsdorf belegene Grundstük; Fläche 6,49 a; Nußungswerth 1015 H, Mindestgebot 313 #Æ; für, das Meistgebot von 19720 wurde der Lehrer Hermann Müller zu rmsdorf Er- steher. Ferner das im Grundbuche von einickendorf Band 4 Blatt Nr. 153 auf dzn Namen des Eigenthümers und

Fuhrherrn (Milchhändler) A ugu st| Lucas eingetragene, zuReinicken-