später von bekannten Gelehrten Ficoroni, Winckelmann, Niebuhr — um nur einige flangvolle Namen zu nennen — haben nachwetslih die Räume besucht. Goethe hat sie nicht besucht: vielleiht hat er sich dur den damals viel benußten und auch von ihm gern zu Rat gezogenen Volkmannschen NReiseführer, der über die ungesunden unterirdishen Räume. abfällig spricht, von ihrem Besuch abhalten lassen. Er zog es vor, in den darüber liegenden Artischockenfeldern herumzuspazieren und antike Marmorstücke auf- zulesen, wie er in seinem Briefe vom 18. November 1786 berichtet. Im Ofiflügel des Palastes bietet das größte Interesse zunächst ein 61 m langer, schmaler Kryptoportikus. Seine Tonnenwölbung ift vollständig auégemalt mit höchst graziösen und feinen Decken- systemen, die in der wesilihen Hälfte des Ganges etwa alle 5 m wechseln und durch eia Nankenornament getrennt find. Hier ist ganz besonders deutliß das Bestreben zu erkennen, durch Malerei arcitefktonisWe Formen und in Marmor oder Stuck gedachte Verzierungen vorzutäushen. Durch zahlreihe, zum Teil bunte Licht- bilder nach Bligtlicht-Lumièreaufnahmen wurde dies vom Vor- tragenden im einzelnen erläutert. Gerade dieser Korridor zeigt die meisten aufgeschriebenen Künstlernamen, und aus -ihm stammen au die meisten Renaiffanceskizzen, die Weege in jahrelanger Arbeit namentlich in Italien und England gesammelt hat. Außer diesem langen Gang führte der Vortragende dann die Dee eines Saales vor, die neben sonstigem interessanten Schmuck an Stuk- arbeit und Grottesfkenmalerei ein gut erhaltenes Gemälde zeigt, das ettors Abschied von Andromache am Skaeiscben Tore darstellt. Das Bild geht vermutlich auf ein griehishes Original des 4. Jahr- hunderts v. Chr. zurück. In der halbkreisförmigen Nische dieses Saales soll nach alter, wohlbegründeter Tradition 1506 die Laokoon- aruppe aufgefunden worden fin Diese Tatsache war mit ein Grund dafür, daß Weege die Ausgrabung gerade mit diesem „Lackoon-“ oder „Hektorsaal“ beginnen ließ, Wenn fie auh Teider weder von den Wandmalereien, die größtenteils durch die Feuchtigkeit zerstört sind, noch von der Basisinschrift oder den fehlenden Teilen der Laokoongruppe irgend etwas gebracht hat, so hat sie doch außer zahlreichen vorzüglich erhaltenen, friich bemalten und vergoldeten Stucfragmenten, außer kostbaren Marmorstückchen des Wandbelags und einer Reihe trajanisher Ziegelstempel, die den Schutt datieren, den Zugang zu bisher gänzlih unbekannten weiteren Näumen ergeben. Der bemerkenêwerteste von ihnen, von dem Weege Grundriß, Schnitt und Rekonstruktion im Lichtbilde zeigte, ist ein großer Oktogonbau von über 5 m Seiten!änge, den ein sogenanntes Klostergewölbe mit krets- runder Lichtöffnung überspannt. Äuf diesen Oktogonbau öffnen ih aht Räume, darunter bisher einer nachweisbar mtt Kreuz- gewölbe. Da diese Seitenräume durch die Frontmauer der domus aurea teilweise abges@nitten worden sind, muß es \sich um einen älteren Bau handeln, den Nero verschont hat. Er muß also eine besondere, vielleicht fkultlide Bedeutung gehabt haben. Dieser botinteressante Komplex foll in der Kampagne dieses Herbstes bis zum Boden ausgegraben werden, der hier, wie in allen bisher aufge- deckten Näumen, etwa 105 m unter der Wölbung liegt; weiter soll dann die Ausgrabung auf den oben beschriebenen langen Gang aus- gedehnt werden, dessen Seitenwände, wie Tastungen erwiesen haben, intakt erhalten zu sein scheinen und in ihrem oberen Teil einen Frics kleiner Landschaftsbilder tragen. i An den Dank, den der Vorsitßer de, Geheimrat Professor Loe cke namens der GesellsckŒaft für den mit lebhaftem Beifall aufgenommenen Bortrag aussprach, knüpfte er den Wunsch und die Hoffnung, daß die wichtige Untersuhung, die mit außerordentliher Energie und zäher Tatkraft geplant und durhgeführt worden ist, auch weiterhin durch einträhtiges Zusammenarbeiten von Italienern und Deutschen \{chöne Resultate ergeben möge.
Das 12 m bohe Gipsmodell der Frithjofstatue von Professor Mar Unger, die Seine Majestät der Kaiser den Norwegern an- läßlih seiner 25. Nordlandsreise zum Geschenk machen wird, t von Sonntag, den 13. d. M., ab in der Westhalle des Landes- ausfstellungsparkes den Besuchern der Jubiläumskunstausstellung frei zugänglich.
Nr. 55 des , Zentralblatts der Bauverwaltung“, beraus- gegeben im Ministerium der öffentlihen Arbeiten, vom 12. Juli 1913 hat folgenden Inhalt: Amtlickes: Dienstnachrichten. — Nichtamtliches : Das städtische Krankenhaus von Berlin-Neukölln. — Zur Berechnung von Schußbrücken unter Drahtseilschwebebahnen. — Kleinwohnungs- fürsorge der Stadt Paris. — Vermischtes: Wettbewerbe für Ent- würfe zu einem Rathaus in Limbach i. Sachsen, zu einem Volks- und Schwimmbad und zur Umgestaliung des Marktplatzes in Neichenbah i. V., für die künsilerische Ausgestaltung von Hochaltar und Chor in der Immaculata-Kir®e in Vohwinkel, zur Wiederbehauung des Neu- marfktes in Mörs am Niederrhein fowie zur Ausgestaltung des Bahn- bofévorplaßes in Barmen. — Internationaler Schiffahrtkongreß in Stockholm. — Bücherschau.
Land- und Forftwirtschaft.
Ernteaussichten in Belgien 1913.
_Alle Ernten in Belgien haben unter der großen Feuchtigkeit während des ganzen Winters gelitten. Die Saaten sind \{chlecht auf- gegangen und die Felver stehen tim allgemeinen dünn.
In Wintergerste erwartet man nur cine kleine Ernte von geringer Qualität.
_ Roggen steht besonders dünn; man glaubt, daß die Ernte ein drittel, mindestens aber ein viertel fl-iner als im vorigen Jahre sein wird. Infolge s{chwerer Gewitterregen lagert viel Roggen, die Achren werden nur einen geringen E1drusch ergeben.
__ Weizen scheint besser als Roggen zu stehen. Die Felder sind sehr verschieden, je nah der Zeit, in der sie gesät worden sind: die Aehren scheinen ziemlich voll zu sein, aber ein wärmeres Wetter ist erwün'cht, damit die Ernte das ergibt, was sie jetzt verspricht. Jedenfalls wird die Ernte 14 Tage verspätet sein. i
Hafer sieht gut aus, jedo ist au hier wärmeres Wetter und Scnnerschein notwendig, damit die Pflanze sich normal entwickelt. Das jezige Wetter ist zu kalt. (Bericht des Kaiserlichen General- fonsuls in Autwerpen vom 8. Juli 1913.)
Deutsches Schauspielhaus. (Direk- M afl S LRILLEN: tion: Adolf Lang. NW. 7, Friedrich- | F, N De, E i S 4 Uhr: Eine Vergangenheit. Schau- L. spiel in drei Akten von Silvio Zambaldt. Montag und Dienstag: Eiue Ver- gangenheit. Mittwoch und Donnerstag: Der Dieb. Freitag: Der gute Ruf. Sonnabend: Der Dieb.
theater.) Gastsptel:
A E Undine. ; T _ |Tomishe Dper in vier Akten von Al
Komödienhaus. Sonntag, Abents |Lorging. — "Aócido 8 Uhr: Don Ld A Aufzügen von W. A.
8} Uhr: Sockterrschafilite Woh- nungen,
Montag und folgende Tage: Hoch- hecreschaftlice Wohnungen. |
Oper- in zwei Mozart.
Dienêtag: Don Juan.
Berliner Theater. Sonntag, Abends
Große Pofse mit | Sonntag, Abends 84 Uhr: Der Mann ( ] Wt 4 Allen von Nudolf Bernauer und Rudolph Schanzer. | drei
Montag und folgende Tage:
Schillertheater. 0. (Wallner- tt Sachse - Oper. Sonntag, Nahmittags 3 Uhr:
Montag: Fra Diavolo.
Berit
über den Stand der Feldfrüchte, Kleeshlä ge, Wiesen und Weiden tin Oesterreich Anfang Juli 1913.
(Zusammengestellt im K. K. Ackerbauministerium.) Tabellarishe Uebersicht.
Klassifikation des Standes der Feldfrüchte, Kleeschläge, Wiesen und Weiden
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Länder und Landesteile |
Futterrüben
Kartoffeln Zuckerrüben
Roggen
Weizen
l Niederösterreih . |‘ Oberösterreich . H Sb Steiermark Kärnten Krain Nordtirol und Borarlberg . S e Küstenland . . Dalmatien .
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Oen A Bulowina . « » +| Gefamtdurchshn. do. Juli 1912
do. Juli 1911 | do: „JUli- 1910: |“ |
Anmerkung. !) Klassifikationsnote 1 = sehr gut, 2 = über- mittel, 3 = mittel, 4 = untermittel, 5 = fehr \{lecht. Die Noten für die einzelnen Länder bezichungêweise Landetteile sowie für den Gesfamtdurchschnitt sind aus den Klassifikationtziffern für die einzelnen Berichtsgebiete, und zwar unter Zugrundelegung der durchschnittlichen Ernteerträge, berechnet.
Ein Strich bedeutet, daß die betreffende Frucht gar nit oder nur in sehr bes@ränktem Ausmaße gebaut wird, ein Punkt, daß die Berichte niht in genügend.r Anzahl einlangten.
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Witterung8verlauf in der Zeit vom 1. bis 30. Junt.
Zu Beginn des Monats Juni herrschte allgemein heitercs Wetter, doch trat bald zunehmende Bewölkung und ein Temperaturrückgang ein, der mit kurzen Unterbrehungen bis zum Schluß anbielt.
Der Monat war im großen und ganzen trecken. In den letzten Wochen sind allerdings bisweilen ret ergiebige Niederschläge zu ver- zeibnen gewesen, besonders häufig in den nördlihen Alpen. Südlich der Alpen wac das Wetter beständiger und relativ wärmer.
Allgemeine Bemerkungen.
_ Weizen, der zumeist günstig abgeblüht hat, weist im allgemeinen schöne, gut beseßte Aehren auf und steht fast durchwegs besser als Roggen. Regengüsse mit Sturmwinden bewirkten indes namentlich in den nördlihen Alpen fowie in den Karpathenländern beretts häufige Lagerurg; Hagelschläge richteten in vielen Gegenden ortsweise sehr erbeblihe Schäden an. Ueber Schädigungen durch die Larven der Weizen- und der Hessenflicge wird aus den Suteten und Karpathen- ländern, über sporadishes Auftreten von Stein- und pon Staubbrand aus [eßteren sowie aus Dberösterreih und Steiermark berihtet. Fn den Südländern ist der Weizen zum größten Teile geschnitten.
_Moggen ist mit Ausnahme des spätgebauten, welcher auf leiten Böden kurz und shütter blieb, ziemli lang im Halm. Sowohl Regen und Kälte als auch Hage! shäden während der Blütezeit haben verursacht, daß sich neben vollkörnigen auch \{artige und mitunter leere Aehren vorfinden. Das feuchtkühle Wetter verzögert die Neife, weéhalb mit dem Schnitt erst in wärmeren Tiefiagen der Alpen- länder begonnen wurde; in den Südländern is das Korn bereits eingeheimst. L __ Gerste und Hafer sind überwiegend kurz im Halm. Die aus- giebigen Niedershläge Ende Juni konnten wegen Wärmemangel nicht zu voller Geltung kommen und förderten gleichzeitig die Verunkcautung, während s{hwere Regengüsse stellenweise Lagerung bei Gerste herbei- führten. Leßtere ist hie und da von Flugbrand, Hafer hingegen in den Karpathenländern nicht selten ven Rost befallen. Winterzgerstz ist tn den südlichen Alpenländern schon geschnitten, in den Südländern bereits eingesceuert.
Mais hat die Trockenhetit zumeist gut überstanden, aber unter den niedrigen Temperaturen, in den östlihen Karpathenländern auf {weren Niederungeböden überdies unter Näfse gelitten, sodaß dessen Entwicklung manches zu wünshen übrig läßt. Das Behäufeln ist in den genannten Ländern noch in vollem Zuge, im übrtgen jedo beendet. __ Lein hat si seit den legten Niedershlägen erholt und in zu- friedenstellender Weise entwickelt.
Kartoffeln haben sih ziemlich gut entwickelt, zeigen im all- gemeinen frisches gesundes Kraut und beginnen allmählich zu blühen. Das Behâäufeln ist — die Karpathenländer auëgenommen — fast gänzlich bewerkstelligt. Frühkartoffeln find in den Sütländern und zum größten Teil au in den südlichen Alpenländern bereits geerntet.
Zudckerrüben. Die ausgiebigen Regen der leßten Zeit haben das Wachstum ungemein gefördert, sodaß die Bestände nunmehr ziemlich ausgeglihen ersheinen. Zur weiteren günstigen Entwicklung ist jedo der Eintritt s\onniger, warmer Witterung um fo nötiaer, als an vielen Orten Blattläuse massenhaft aufgetreten sind. Die legte Hacke ist in Niederösterreich und in den Sudetenländern durch- geführt, befindet sich hingegen in den Karpathenländern, wo infolge der Bodennâsse si viel Unkraut entwickelte, noch in vollem Gange.
Futterrüben entfalten üppiges Blattwerk, das allerdings stellenweise von Blattläusen angegriffen wird. Spät gebaute Rüben litten hie und da durch Drahtwürmer und sind {wah entwidckelt. Die Hadarbeiten sind in ten Karpathenländern ncch im Rüstande, gehen jedoch im übrigen der Beendigung entgegen.
Theater am Noliendorfplaß;. mit der grünen Maske. Burleske in | Kakadu. Akten. Musik von Friedrich Ber- mann mit Kompositionen von Viktor Holländer und Leon FJefsel. Montag und folgende Tage: Der Maunu mit der grüueu Maske.
Films
Thaliatheater. (Direktion: Kren und Schönfeld.) Sonntag, Nachmittags 33 Uhr : Chacleys Tante. — Abcnds 8 Uhr: Puppcheu. Posse mit Gesang und Tanz in drei Akten von Curt Kraay und Jean Kren Gesauastexte von Alfred Schönfeld. Mußik von Jean Gilbert.
Montag und folgende Tage: Puppchen.
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Romaniis{-
Lusispielhaus. (Friedrihstraße 236.) Sonntag, Abends 84 Uhr: Der lustige Baudeville in drei Akten von Wilhelm Jacoby und Actur Lippschig.
Montag und lustige Kakadu.
Kraut. Der frühere Negenmange!l bedingte zumeist ein wieder- holtes Nachsegen der Pflanzen, die hin und wieder auch von Hagel getroffen wurden und erft in leßter Zeit ziemlih gut gedeihen.
Klee (Notklee und Luzerne). Die Kleeheufehsung kam zum weitaus größten Teil in guter Qualität unter Dah. Es liegt jedo, besonders in den Karpathenländern, noch viel Kleeheu auf den Feets: das infolge der ständigen Näffe dem Verderben ausgeseßt ist.
er Nahwuchs f ländern vereinzelt {on begcnnen wurde, macht wohl ansehnliche
Fortschritte, doch fehlt zum raschen Wachsturn noch immer die er: F
forderlihe Wärme. Wiesen. und zwar zum größten Teil in guter Qualität, geborgen.
auf manchen Niederung8wiesen die Heuernte infolge Uebershwemmung und Vershlämmung fast gänzlich verdorben wurde. Die nachhaltige Feuchtigkeit fommt dem Nahwus der Graënarbe auf frühgemähten Wiesen sehr zustatten, auf diesen ist daher eine gute Grummeternte zu erboffen.
Weiden lassen an ihrer partiell {ütteren und kurzen Gras- narbe die Folgen der früheren Trockenheit noch jeßt e:kennen, wo- gegen in Galizien und der Bukowina Niederungsweiden teilweise überschwemmt find. Auf Alpweiden war infolge wiederholter Schnee- fälle die Nußung in leßter Zeit eine ungünstige.
i (Wiener Zeitung.)
Theater und Musik.
Das Deutsche Künstlertheater (Sozietät), das seine Vor- stellungen Anfang September im Hause der bisherigen Kurfürstenoper mit „Wilhelm Tell“ beginnt, bringt als zweite Aufführung Kleists Lustspiel „Der zerbrochene Krug“ und - „Hanneles Himmelfahrt“ von Gerhart Hauptmann.
Mannigfaltiges. Berlin, 12. Juli 1913.
Das Kartell europäischer Nad- (Motor-) Fahrer und ! 4
Automobilisten-Verbände e. V. hielt am 28. Juni in München den 16. Vertretertag ab, wozu Vertreter aus ganz Deutschland erschienen waren. Der Vorsißente erstattete den Geschäftsbericht, gab einen Ueberblick über die Tätigkeit betreffs Abschaffung der Auto- m obilpflasterzölle, Versiherungswesen, Grenzkartenbetrteb, Vertretung beim internationalen Straßenkongreß in London, bei dem Bund deutscher Verkehrsvereine in Leipztg, bei den Verhandlungen, betreffend Reichs- versicherung von Fah: zeug- und Tierhaltern usw. Der Schatz- meister eritattete den Rechenschaftsbericht, der günstige Ergebnisse auf- weist. Die Berichte der einzelnen Verbände gaber ebenfalls ein erfreulihes Bild von threm Wachstum und ihrer Tätigkeit. Als Oct des 17, Vertretertages 1914 wurde wieder München bestimmt.
Im Wissenshaftlißen Theater der „Urania“ wird morgen, Sonntag, sowie am Montag, Mittwoch und Freitag der Vortrag „In den Dolomiten“, am Dienêtag, Donnerëtag und Sonn- E der Vortrag „Ucber den Brenner nach Venedig“ wiederholt werden.
Flugplabß Iohannisthal, 12. Zuli. (W: T. B) Um 4 Uhr 10 Minuten füh stieg Audemars zum Fluge nah Paris auf. Er is, wie aus Hannover gemeldet wird, um 6 Uhr 45 Minuten auf der Vahrenwalder Heide glatt gelandet und nach Cinnahme von Benzin und Oel um 8 Uhr 5 Minuten zum Weiterflug nah Paris wteder aufgesttegen.
Kiel, 12. Juli. (W. T. B.) Der gestrige zweite Tag der Kieler Flugwoche brachte ebenfalls bei vrähiigem Wetter ¿ahl- reiche bemerken8werte Höhen- und Dauerflüge. Canter stieg, mit Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Heinrich als FSluggast, zu einem Fluge ton 20 Minuten Dauer auf. Noth und Sedlmayr waren genötigt, auße: halb des Flugplaßzes nieder- zugehen, wobei thre Appazate einigen Schaden erlitten, während die Flieger felbst unverleßzt blieben.
Cassel, 12. Juli. (W. T. B.) Auf dem htkesigen Haupt- bahnhof, wo gegenwärtig Erweiterungsarbciten autgeführt werden, fuhr gestern nachmittag auf dem Rangierbahnhof ein fahrbarer Kran versebentlih gegen eine neue Sandsteinmauer. Mehrere der großen Quadern stürzten herab, wobei ein Monteur getroffen und lebensgefährlich verleßt wurde. Bald darauf wurde bein Umlegen von Weichen ein 20 jähriger Nottenarbeiter von einem Wagen überfahren und auf der Stelle getötet.
Hamburg, 12. Juli. (W. T. B.) Amtlih wird gemeldet : Am Freitagabend um 10 Uhr 30 Minuten wurde auf dem htesigen Hauptbahnhof beim Vorziehen von mehreren Wagen für Turner, die nah Leipzig reisen wollten, der Lehrer Friedrih Meinecke, Schäfersiraße 13, infolge vorzeitigen Aufspringens auf den Zug über - fahren und \chwer verletzt. Der sofort hinzugezogene Bahn- hofsarzt stellte fest, daß der Tod inzwtschen eingeteten war.
Budapest, 11. Juli. (W.T.B.) Die bhohangeschwollene Theiß und deren Nebenflüsse sowie der Maros und ter Szamos haben durch Uebershwemmung große Verheerungen angerichtet. Die Dämme sind an vielen Stellen durchbrcchen und zahlreiche Ort - schaften zerstört worden. Der Eisenbahnverkehr mußte eingestellt werden. In Hußt sind vier, im Dorfe Bethlen drei Personen ertrunken. Viel Vieh und Feldfrüchte im Werte von mehreren Millionen Kronen sind zugrunde gegangen. Von größeren Städten sind besonders Maramaros-Sziget und Szatmar Nemeti durch Hochwasser bedroht. Pioniertruppen sird autgerückt, um an den MRettungsarbeiten teilzunehmen.
: Xerez de la Frontera, 12. Juli. (W. TDB.) Gestern hat in einer Fabrik von Feuerwerfsförpern cine Explosion stattgefunden. Die Frau des Fabrikanten und ihr vier Monate altes Kind sind tot. Zwei weitere Kinder des Fabrikanten, er selbst und ein Arbeiter haben eben'alls sehr s{chwere Brandwunden erlitten. Die Fabrik ist zerstört, die anstoßenden Häuser stehen in Flammen.
(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)
Gestorben: Hr. Geheimer Negierungt- rat, Stadtschulrat a. D. und Stadtältester Dr. Eduard Fürstenau (Berlin). — Partha Gräfin von Hohenthal, geb. Gräfin von Pfeil und Klein Ellguth (Dóölkau). — Meta Freifr. von Wangen- heim, geb. Winz (Berlin-Wilmersdorf).
folgende Tage: Der
N Ci S S I ¡I C E E S M Ie? 2753 Familiennachrichten,
Verehelicht: Hr. Kurt Fleischer-Breiten- stein mit Frl. Gisela von Wedel (Gerz- low). — Hr. Fri Lehr-Ludwigéêtal mit Frl. Christa von Loeper (Löperéêdorf).
Geboren: Ein Sohn: Hrn. Curt von Zimmermann Tochter: Hrn. Gerichtsassefsor Wil- helm Hoppenstedt (Merseburg).
Verantwortlicher Redakteur: J. V.: Wéber in Berlin
Verlag der Expedition (J. V.: Koye) in Berlin.
Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 32. Sechs Beilagen (einschließlich Börsenbeilage.)
(Langmeil). — Eine
ür den zweiten Schritt, mit dem in den Alpen- E
Die Ernte wurde bisher bloß von e TE N e ie n f nicht eingebrachte Fechsung erleidet durch das andauernde Regenwetter, F besonders in den Karpathenländern sowie in den Gebirgêgegenden der F Sudeten- und Alpenländer, eine bedeutende Qualitätseinbuße, während E
Erste Beilage
zum Deutschen Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staalsanzeiger.
M 163,
Parlamentarisce Nachrichten.
Der vom Bundesrat angenommene Entwurf eines Geseßes, beireffend Aenderung der Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige, lautet wie folgt:
Artitel E. i Die Gebührenortnung für Zeugen und Sachverständige vcm 30. Juni 1878 wird dahin geändert : 7 1) Im § 2 wird dem Abs. 2 folgender Saß hinzugefügt: „Ob eine Erwerbsversäumnis stattgefunden hat, ist nach freiem Ermessen unter Berücksichtiaung der Lebens- verhältnisse und der regelmäßigen Erwerbstätigkeit des Zeugen zu beurteilen.“ 2) Der § 3 Abf. 1, 2 erhält folgende Fassung: :
„Der Saverständige erhält für seine Leistung eine Ver- gütung nah Maßgabe der erforderlichen Zeitver}äumnis im Betrage bis zu zwei Mark für jede ar g-fangene Stunde. Ist die Leistung besonders schwierig, so darf ausnahméêweifse der Betrag bis zu ch3 Mark für jede angefangene Stunde erhöht wcrden.
Die Vergütung is unter Berüksichtigung der Erwerbs8- verhältnisse des Sachverständigen zu bemessen und für die dur die Teilnahme an Terminen verur]achte Erwerbs- versäumnis für jeden Tag auf nit mehr als zehn Stunden zu gewähren." j
3) Der § 4 erhält folgende Fassung: i : |
„Besteht für die aufgetragene Leistung ein üblicher Preis, fo ist dem Sachverständigen auf Verlangen dieser und außerdem für die Teilnahme an Terminen die im § 3 be- stimmte Vergütung zu gewähre.“
4) Hinter dem § 4 wird folgende Verschrift eingestellt :
¿S 4a.
Haben in bürgerllhen Nechtöstreitigkeiten die Parteien mit dem Sachverständigen eine bestimmte Vergütung ver- einbart, so ist die vereinbarte Vergütung zu gewähren, sofern ein zur DeEung des Betrags hinreihender Vorschuß gezahlt ist." :
5) Im § §8 werden die Wo1ite „fünf Mark“ durch die Worte „fieben und eine halbe Ma1k* und die Worte „drei Mark“ durch die Worte „vier und einer halben Mark“ erseßt. i
6) Hinter dem § 12 wird O O eingestellt :
A 120,
Netwendige bare Autlogen, soweit fie nit den dur den Aufenthalt außerhalb der Wohnung verursachten Auf- wand betreffen, können dem Zeugen oder Sachverständigen erstattet werten, insofern es zur Vermeidung besonderer Härten angemessen erscheint. Dies gilt namentlich von den Kosten für eine nolwendige Vertretung.“
7) Der § 14 erhält folaende Fassung: S
„Oeffentliche Beamte erhalten Tagegelder, Reisekosten nach Maßgabe der für Dienstreisen geltenden Vorschriften, falls fie zugezogen werden: ]
) als Zeugen über Umstände, von denen fie in Aus-
übung ihres Amtes Kenntnis erhalten haben:
als Sachverständige, wenn fie aus Veranlaffung ihres Amtes zugezogen werden und de Ausübung der Wissenschaft, der Kunst oder des Gewerbes, deren Kenntnis Vorausseßung ter Begutachtang ist, zu den Pflichten des von ihnen versehenen Amtes gehört.
Soweit allgemeine Vorschriften für Dienstreisen nicht erlassen sind, kann die oberste Verwaltungëbehörde über die Gewährung der den öffentlihen Beamten tin den Fällen des Abs. 1 den Gerichten gegcnüber zustehenden Tagegelder und Neisekosten besondere Borschriften erlasscn.
Werden nach dcn Vorschriften dieses Paragraphen Tagegelder und Reisekosten gewährt, fo findet eine weitere Vergütung an den Zeugen oder Sachverständigen nicht ftatt.
Die vorstehenden Bestimmungen finden auf Personen des Soldatenstandes ent'prehende Anwentung. Auf Be-
amte ter Gemeinden (Gemeindeverbände) finden fie nur insowelt Anwendung, als die oberste Verwaltungsbehörde Bestimmungen über die Höhe der ihnen den Gerichten gegenüber zustehenden Tagegelder und MNeisekosten er- lassen hat.
Die oberste Verwaltungebehörde kann die ihr dur Abs. 2 und Abs. 4 Satz 2 gegedéne Befugnis zum (rlasse der bezcihneten Bestimmungen auf andere Behörden über- tragen.“ =
8) Der § 15 erhält folgende Fassung: E i
„Die Gebühren der Sachverständigen, welche für die Erstattung von Gutachten im allgemeinen vereidigt sind, fönnen dur besondere Tarife von der Landesjustizverwal- tung bestimmt werden.“
9) Der § 17 erhält folgende Fassung: _ E
„Die einem Zeugen oder Sachverständigen zu ge- währenden Beträge werden dur gerihtlichen Beschluß festgeseßt, wenn der Zeuge oder Sachverständige oder die Staatskasse eine rihterlihe Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Der Ansa kann von Amts wegen beritigt werden, wenn die Beträge aus der Staattkasse gezahlt und dieier niht erstattet sind. Für die Festsezung und die Berichtigung ist das Gericht oder der Richter zuständig, ver welWem die Verbandlung ftatt- gefunden hat E tür die Berichtigung auch das Gericht der höheren Instanz. -
e die riterliße Entscheidung findet BesBwerde nach Maßgabe des § 567 Abs. 2, §Z 568 bis 575 der Zivilprozeßordnung sowie des § 4 Abs. 3 des Gerichts- fostengesetzes, in Strafsachen nah Vèaßgabe der §§ 346 bis 352 der Strafprozcßordnung statt."
Artikel TT. e
Soweit in Reichsgeseßen oder Lantcsgeseßen auf Vorschriften der Gebübrenordnung für Zeugen und Sachverständige verwiesen ist, die durch den Artikel T dieses Gesetzes geändert werden, treten die entspreGenden Vorschriften dieses Gesezes an ihre Stelle.
Jn der dem Gesezentwurf beigegebenen Begründung wird ausgeführt:
Für die Entschädigung der vor Gericht geladenen Zeugen und SatSverständigen sind gegenwärtig die Vorschriften der Gebühren- ordnung für Zeugen und Sachverständige vom 30. Juni 1878 in ter Fassung der Bekanntmahung vom 20. Mai 1898 (Neichsgeseßblatt S. 689) maßgebend. Seit dem Inkrafttreten dieses Gesepes haben i die wirtsbaftliGen Verhältnisse erheblih geändert, und die darin vorgesehenen Gebührensäße haben deshalb in den leßten Jahren zu vielfahen Klagen Anlaß gegeben. Auch der Reichstag hat bereits im Fahre 1908 eine Nevision der Gebührenordnung „für Zeugen und Sadverständige für geboten erahtet und am 25. Februar desselben Jahres beschlossen : : 90s die deten Regierungen zu ersuchen, dem Reichstag bald-
tunlichst eine Vorlage zu machen, durch welche die in der Ge-
Berlin, Sonnabend, den 12. Juli
bübrenordnung für Zeugen und Sachverständige vem 30. Juni 1878 — in der Fassung der Bekanntmacuna des Reichskanzlers vom 20. Mat 1898 (Reichsgesetbl. S. 689) — für Zeugen und Sachverständige festgeseßten Gebührensäße und Meise- entsGädigungen angemessen erhöht werden. : (Verhandlungen des Reichstags, StenogravphisGe Berichte 1908 S. 3390.) Seitdem haben Vertreter aller Parteien wiederholt etne Erhöhung der Gebühren gefordert. Das in der Nefolution dzs Reistags zum Ausdruck gebradte Verlangen nach einer angemessenen Erböbung der Gebühren ist in gewissen Beziehungen als berechtigt anzuerkennen. Tatsächli bieten die Sâte der çeltenden Gebührercrdnung in vielen Fällen feine aus- reihende Entshädigung für die dur die Erfüllung der Z-ugen- und Sach- verständigenpflict erwachsenden wirtshaftli&Gen Nachteile. Sie genügen namentli nit für eine angemessene Vergütung der Mühewaltung der Sachverständigen. Die Unzulänglichkeit der Gebühren hat bier nit nur eine wirtschaftliche Schädigung der als Sachverständige ver- nommenen Personen zur Folge, fondern fe droht auß auf die Dauer die Interessen der Nechtspflege zu gefährden. Bei der zunebmenden Bielgestaltigkeit des wirtschaftliGßen und gewerblihen Lebens find die Gerichte im steigenden Maße auf die Mitwinkung von Sachver- ständigen angewiesen. Jhre ohnedies s{wierige Aufgabe, in fremden Wissens- und Erfabrungsgebieten fh zureckcht zu finden, werden sie nur dann erfüllen fönnen, wenn ihnen die Möglichkeit geboten wird, vollwertige Sachverständige zu ihrer Unterstütung heran- zuziehen. Je höher aber im gewerblihen Leben der Wert von Zeit und Arbeitskraft steigt und je größer demgemäß das Miß- verhältnis wird, in dem die Leistungen der Sachverständigen zu der tbnen nach der Gebührenordnurg zukommenden Vergütung stehen, um so \{wieriger wird es für die Gerichte, Männer von anerkannter Bedeutung und hervorragender Sachkunde zu finden, die bereit sind, ihre Erfahrung und ihre Kenntnisse in den Dienst der Nechtépflege zu stellen. Dadurch sind die Gerichte bei der Auêwabl der Sach- verständigen nicht selten in einer der Necht8pflege unzuträglichen Weise besränkt. :
Gs ersGeint geboten, diesen Uebelstärden abzubelfen. Ueber das Maß des unbedingt Notwoendigen ist dabei nicht hinauszugehen. Namen!lich muß an ter Auffassung festgehalten werden, daß für die Erfüllung einer aUgemeinen Staatsbürgerpfliht, wie sie die Ablegung des Zeugnisses vor den Gezrichten darstellt, eine volle Ent- schädigung billigerweise nit verlangt werden kann. Der Entwurf sieht deshalb von einer Erhôhung der im § 2 Abj. 1 bestimmten Entshädigung für die den Zeugen erwachsende Zeitversäumnis ab und beschränkt fch in der Havplsade darauf, den Sachverständigen für ihre Mübewalkung eine angemessene Vergütung zu sichern (S8 3 bis 4a) und die Entschädigung für den durch Abwesenheit von dem Aufenthaltsorte verursachten Aufwand, insbesondere für ein außerhalb enommenes Nachtquartier für Zeugen wie für Sacbverständige den )cutigen wirtschaftiihen Verhältnijssea anzupassen (§ 8). Daneben sucht der Entwurf gewisse Unzuiräglichkeiten, die fch bei der An- wendung der Vorschristen über die an öffenilihe Beamte zu ge- währende Vergütung in bestimmten Kälen ergeben haben, aus dem Wege zu räumen (8 14) und dur eine einfachere Gestaltung des Verfahrens bet der Festseßung der Gebühren die Abfertigung der gebührenberechtigten Zeugen und Sachverständigen zu erleichtern und zu beschleunigen (§ 17).
Im einzelnen ist folgendes zu bemerken:
Artikel 1. 8& 2,
Bei der Prüfung der Frage, ob eine Ertwerbsversäumnis statt- gefunden hat, gehen die Gerichte iegt vtelfah von der Auffassung aus, daß selbständigen Gewerbetreibenden (wie Gastwictcn, Kaufleuten usw.) eine Zeugenentsdädtgurg nur dann ¿u gewähren sei, wenn sie den sicheren Nachweis erbringen, daß fie im EinzelfaVe wirklih einen Schaden erlitten haben. Diese Auffaffung entspriht nit der Ab- sicht, von welcher die gesetzgebenden Faktoren bei der Beratung des Geseßes ausgegangen sind. Um den in der Praxis vielfa laut ge- wordenen Klagen abzuhelfen, soll eine auêdrücklihe Vorschrift im § 2 flarstcllen, daß die Frage, ob der Zeuge eine Erwerbsversäumnis er- litten hat, nah fre!em Ermessen unter Berücksißtiguna der Lebens- verbältnisse und der regelmäßigen Erwerbstätigkeit des Zeugen zu bes» urteilen ift. :
SS D, 4,
Während die Ablegung eines Zeugnisses als eine allgemeine Staatsbürgerpfliht zu betraten ift, für deren Erfüllung eine volle Entschädigung weder bcansprucht noch gewährt werden kann, ist der Sawverstäudige nah § 407 der Zivilprozeßordnung und § 7d der Strafprozeßordnung zur Bkbgabe eines Gutachtens nur dann ver- pflichtet, wenn er zur Erstattung von Gutacbten söffentlich bestellt ift oder wenn cer die Wißenschaft, dice Kunst oder das Gewerbe, deren Kenntnis Vorauéseßung der Begutachtung ist, êffentlih zum Erwerb ausübt oder wenn er zur Auëübung derselben öffentli bestellt oder ermächtigt ist. Der Sachverständige erfüllt daber niht wie der Zeuge cine allgemeine Bürgerpflicht, sondern handelt auch bei Erstattung des ihm vom Gericht aufgetragenen Gutachtens in Aus- übung seiner Berufstätigkcit. Daher darf er grundsäulich auf eine gleihe Vergütung Anspruch erheben, wie wenn die Letstung außerhalb eines gerihtlihen Verfahrens einem Privaten gemacht würde. Von diesem Standpunkt ging das preußische Gese vom 1. Juli 1875 aus und. in Uebereinstimmung mit thm war in dem Entwurfe der Ge- bührenordnung vorgeseben, dem Sachverständigen däs Recht zu geben, stets für seine Leistungen den nachweitbaren üblichen Preis zu verlangen. Die erst von dem Reichstag in die Gebührenordnung eingefügte Ein- \chränkuvg, wonach nur bei s{wierigen Untersuhungen und Sach- prüfungen dem Sachverständigen auf Bet ange für die aufgetragene Leistung eine Vergütung nach dem üblißen Preise gewährt werden darf, ist innerlich niht gerechtfertigt. Sie bildet den Hauptbeshwerdepunkt der beteiligten Kreise, zumal die Gerichte von dieser Bestimmung nur selten Gebrauh machen. So hat beispielsweise das Kammergericht in einem Beschlusse vom 4. Februar 1901 (Nec(tsprelhzung der Ober- landeêgerihte Bd. 111 S. 171) den jeßigen § 4 einshränkend dahin ausgelegt, es müsse fich um besondere Schwierigkeiten handeln, und in ähnlicher Weise pflegen die Gerichte in der MNegel nur in ganz be- fonderen Auêënahmefällen ven § 4 anzuwenden. Eine Entlohnung nad) Stundensäßen ermöglicht aber vielfa nicht eine rihtige Be- wertung ter Arbeit des Gutachters und wird insbesondere in den Kreisen der durch besondere Leistungen und Kenntnisse hervorragenden Sachverständigen, auf deren Mitwirkung die Gerichte im Interesse der Rechtspflege nicht verzichten können, als unangemessen empfunden. In zahlreichen Eingaben gewerbliwer Verbände und fonstiger Inter- essentenkreise ist daber im Laufe der leyten Fahre übereinstimmend das Verlangen ausge!'vrochen, regelmäßig die Vergütung nach dem üblichen Preise zu bemesjen. Diesem Verlangen trägt der Entwurf Nechnung, indem er varshlägt, den § 4 der Gebührenordnung ent- sprechend der früheren preußischen Vorschrift (§ 3 des Gesetzes vom l. Juli 1875 — Geseßsamml. S. 545 —) zu ändern. Darüber, ob ein üblicher Preis besteht, hat gegebenenfalls das Gericht zu ent- scheiden, dem die Festscßung der Gebühren obliegt, und zwar nah freiem Ermessen. Es ist also bei der Entsceidung niht an etwaige Normen und Sätze gebunden, die cinzelne Bereine, Sachverständigen- verbände oder sonstige Jnteressentenkreise für ihre Mitglieder auf
stellen.
1903.
Für die zahlreihen Fälle, in denen ein- übliher Preis für die aufgetcagene Leisiung nicht besteht, muß ferner die Möglichkeit gegeben werden, cinem Sachverständigen ausnahmsweise etne über die normale Höcbstsäze hinausgehende Entschädigung zu gewähren. Die regel- mäßigen Gebühren reihen erfabrungsgemäß nicht aus, um, wie es namentli bei Streitigkeiten auf dem Gebiet des gewerblichen Neht8- \hußes häufig erwünscht ist, Sachverständige von hervorragender Sat&kunde heranziehen zu können. Nach dem Entwurf (§ 3 16. L Saß 2) soll deshalb dem Sachverständigen ausnahmsweise, wenn die ibm aufgctragene Listung besonders \{chwierig ist, eine den Höchst= betrag von 2 A übersieigende Vergütung bis zu 6 # sür jede ans gcfanaene Stunde gewährt werden dürfen. S Mit dem Charakter der Leistungen eines Sachverständigen er=- scheint es auch unvereinbar, dem täglichen Maße der Arbeit bestimmte Grenzen zu ziehen und die Arbeitezeit, soweit sie zebn Stunden für den Tag übersteigt, von der Entshädigung auszuschließen. Der Ent- wurf (§ 53 Abs. 2) s{lägt deshalb vor, die Vorschrift, wonach dem Sachverständigen die Vergütung für jeden Tag auf nicht mehr als 10 Stunden zu gewähren ist, nur für die durch die Teilnahme an Terminen verursahte Erwerbsversäumnis aufreht zu erhalten.
8 4a. e Fn bürgerlilßen Nechtsstreitigkeiten kommt es vor, daß die Parteien, um einen Sachverständigen ven hervorragender Sachkunde zu gewinnen, mit ibm eine bestimmte Vergütung vereinbaren. Nah der geltenden Gebührenordnung können die Gerichte bei der Fest- seßung der Gebühr eine solhe Vereinbarung nicht berüdsihtigen. Um den Unzuträglichkeiten zu begegnen, die sich hieraus ergeben, be- stimmt der Entwurf, daß in solchen Fällen die vereinbarte Vergütung zu gewähren ist, sofern ein zur Deckung des Betrags hinreichender Vorschuß an die Gerichiskasse gezahlt wird.
S S; Für den durch Abwesenheit von dem Aufenthaltsorte verursachten Aufwand kann dem Zeugen oder Sachverständigen nach der geltenden Gebübrenordnung eine Entschädigung im Höchstbetrage voy 5 # für jeden Tag und von 3 /6 für jedes ' außerhalb genommene Nacht - quartier gewährt werden. Die danach zuläfsigen Aufwandsentschädi- gungen reihen auch in ihren böchsten Beträgen unter den beutigen Berhältnissen tn zahlreichen Fällen niht mehr annähernd zur Deckung des tatsätlih entstandenen Aufwandes aus. Der Entwurf s{chlägt deshalb vor, den Höchstbetrag der Aufrvandeentshädigung um 50 vom Hundert zu erhöhen. Der
§ 12 a, E wona sowohl dem Zeugen wie dem Sachverständigen die ihm infolge der Ladung und der Vernehmung erwachsenen notwendigen Auslagen erstattet werden können, wenn es zur Vermeidung besonderer Härten angemessen erscheint, {afft kein neues Recht, sondern stellt nur eine bei den meisten Gerichten bereits bestehende Uebung auf cine sichere gesetliGe Grundlage. i E .
Die Anwendung der Vorschuift des Abs. 1 des § 14 auf gewisse Klassen von öffentlichen Beamten ist bisher daran geschettert, daß es für fe an allgemeinen Vorschriften über die Gewährung von Tage- geltein und Reisekoslen, wie sie der Abs. 1 vorausseßt, fehlt. Um diese Beamtz?n, zu denen z. B. in Preußen die Geistlichen und Lehrer gebören, hinsihtlih ter Zeugen- und Sachverständigengebühren deit übrigen öffentlihen Beamten gleihzustellen, sollen durch den neuen Abs. 2 die obersten Verwaltungsbehörden die Befugnis erhalten, da, wo allgemeine Vorschriften im Sinne des Abs. 1 nicht bestehen, über die Gewährung von Tagegeldern und Reisekosten an die als Zeugen oder Sa%bverständige vor Gericht geladenen öffentlichen Beamten bes sondere Vorschriften zu erlassen. : :
Zu den öffentlichßen Beamten gehören auch die Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände. Auch sie erhalten daher unter der im Geseue bezeihneten Vorausseßung Tagegelder und Neisea fosten nah Maßgabe der für ihre Dienstreisen geltenden Vor- riften. Nun sind aber tic vom Staate und von den einzelnen Gemeindeverbänden für die verschiedenen Beamten festgeseßten Neiseentshädigungen niht nach einheitlichen Grundsäßen bemessen. Dadurch kommt es, daß dic Beamten einzelner Gemeinden für die Wahrnehmung gerichtlicher Termine außerbalb ihres Wohnorts nicht nur höhere Gebühren als die unmittelbaren Neih8- und Staatsbeamten, sondern au böhere als die im gleichen Nange und gleicher Dienststelung befindlihen Beamten anderer Gemeinden und Gemeindeverbände zu beanspruchen haben. Um den Unzuträglichkeiten abzuhelfen, die sich aus den erwähnten Verschiedenheiten ergeben, bestimmt der Entwurf Abs. 4 Say 2, daß die Vorschriften des § 14 auf die Beamten der «Gemeinden und Gemeindeverbände nur insoweit Anwendung finden follen, als die oberste Verwaltungsbehörde Bestimmungen über die Höbe der den bezeichneten Beamten in_gerihtlihen Angelegenheiten zustehenten Reiseentshädigungen getroffen hat. Daß damit die obersten Verwaltungsbehörden zugleich ermächtigt find, Bestimmungen der gedachten Art zu erlassen, bedarf keiner ausdrücklihen Hervor hebung.
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Die Vorschrift des § 15 hat sich in ihrer jeßigen Fassung als unzweckémäßig erwiesen. Än ihrer Stelle foll deshalb den Landes- justizverwaltungen die Befugnis eingeräumt werden, die Gebühren der ein für allemal vereidigten Sachverständigen durch besondere Tarife zu regeln. 2 17
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ie geltende Gebührenordnung legt die Festseßung der den Zeugen und Sachverständigen zu gewährenden Beträge ausnahmslos in die Hände des Richters oder des Gerichts. Nach dem Abs. 1 soll es Sache der Landesjustizverwaltung sein, den Beamten zu bestimmen, der den Ansay der Gebühren zu übernehmen hat. Die Landesjustiz« verwaltung kann deshalb auch den Gerichtsschreiber mit dieser Auf gabe beirauen. i
Der Abs. 2 betrifft nur das Nechtsmittelverfahren gegen geriht=« liche Festsezungen. Einer „Erinnerung* gegen den Anjsay des Ge- rits\chreibers bedarf es niht, weil Einwendungen des Zeugen oder Sachverständigen gegen die Höhe der ihm vom Gerichtsschreiber zuge- billigten Gebühren als Anträge auf gerihtlihe Fesiseßung gemäß Abf. 1 Say 1 anzusehen sind.
Artikel 11.
Nach dem Vorbild anderer Gesetze stellt der Entwurf klar, daß die im Artikel 1 vorgesehenen Aenderungen auch für die Neichs- und Landesgeseßze gelten, welhe auf jene Vo1schriften Bezug nehmen. Die Befugnis der Landesgesetzgebunaen, an Stelle der in bezug genommenen Vorschriften selbständig neue Vorschriften zu erlassen, wird hierdurh nicht berührt.
Gesundheitswesen, Tierkrankheiten und Absperrungs: maßregeln. Nußlan d.
Die russische Kommission zur Bekämpfung der Pestgefahr hat den Kreis Zarew im Gouvernement Astrahan für pestverseuchcht
und das Gouvernement Astrachan für pestbedroht erklärt.