1894 / 165 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 16 Jul 1894 18:00:01 GMT) scan diff

A R M R S E E 5 F A G E P H E

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Baden.

hre Königlichen Hoheiten dek Großherzog und die Großherzogin find am E früh “von A wieder in Karlsruhe eingetroffen. Gleichzeitig kam daselbst auch Seine Königlihe Hoheit der Erbgro herzog an, MOselcer am Abend nach Luxemburg abreiste, wo hre Königliche Hoheit die Erbgroßherzogin {hon Tags zuvor eingetroffen war. Von Luxemburg begeben sih die Erb- großherzoglichen Herrschaften zu einem mehrwöchigen Kur- aufenthalt nah dem Seebad Scheveningen. Die Großherzog-

lichen Herrschaften reisten in der Nähk“Zum Sonnabend über

Basel ah" St. Blasien veiter.

Reuß ä. L, -+ Seine Durchlaucht der Fürst hat sich am Sonnabend früh von Greiz über Reichenbach zu mehrwöchigem Kurgebrauch nach Tepliß begeben.

Oesterreich - Ungarn.

Der Minister des Auswärtigen Graf Kälnoky ist heute von Wien nach Mähren abgereist.

Bei der am Sonnabend n PEOD ram in Böhmen vor- genommenen Ersaßwahl zum Reichsrath wurde nah dem Wiener „Frdbl.“ der AungezeGe König mit 240 von 344 ah- ard Stimmen zum Abgeordneten gewählt. Der Gegen- andidat König's war der frühere Bürgermeister von Prag Dr. Czerny, der noch in leßter Stunde von dem besonneneren Theil der Wählerschaft aufgestellt worden war.

Großbritannien und Jrland.

Der britische General-Konsul in Sofia Henry Nevil Dering ist, wie die „Allg. Corresp.“ meldet, zum Gesandten in Mexico ernannt worden.

Frankreich.

Die Feier des Nationalfestes ist vorgestern in Paris und in der Provinz/ ziemlih till verlaufen. Der alljährlich stattfindende Zug der elsaß-lothringishen Vereine zu den Stand- bildern der Stadt Straßburg, der Jeanne d’Arc und Gambetta’s vollzog sih in größter Ruhe und unter starkem Andrang der Bevölkerung. Musikkorps spielten die Marfseillaise und elsässishe Weisen. Ein Zwischenfall is nicht vor- gekommen mit Ausnahme der Verhaftung eines Mannes bei der Statue Gambetta's. Der Verhaftete is im Laufe des Abends wieder freigelassen worden.

Jn Bastia auf Korsika ist vorgestern ein Mann namens Oreste Lucchesi, der aus Livorno kam und unter dem Verdacht steht, der Mörder des italienishen Journalisten Bandi zu sein, verhaftet worden.

Au in diesem Jahre werden Marinetruppen an den Ne Ia venn des . Landheeres theilnehmen. Beim

. und X1. ArmêéêckKörps* wird, wie die „Köln. Ztg.“ berichtet, je eine Manöver-Brigade von zwei Regimentern Marine- Jnfanterie zu drei Bataillonen aufgestellt, deren Einheiten den drei ersten Marine-Brigaden entnommen werden. Bu dieser Manóöver-Brigade treten ferner drei reitende Batterien des 1. Artillerie-Regiments. Auch bei der 30. Division wird eine Marine - Manövéerbrigade von zwei Regimentern zu je zwei Bataillonen ‘gebildet; ihre Aufstellung erfolgt bei der 4. Marine-Brigade in Toulon und es werden ihr zwei Gebirgs- Batterien der Marine-Artillerie beigegeben.

Rußland,

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus St. Peters- burg seße die russische E Les ihre Bemühungen fort, um die Gefahr eines Zusammenstoßes zwishen China und Japan zu beseitigen. Japan wolle aber vor Wiederherstellung der Ordnung in Korea auf cine Einmischung nicht verzichten.

Jtalien.

Die „Agenzia Stefani“ meldet, daß der italienishe Ge- sandte in München E. Cova zur Disposition des Mintste- riums gestellt, und der italienishe Gesandte in Rio de Janeiro Tugini nah München verseßt worden sei.

Serbien.

Aus Anlaß der Meldungen über die bevorstehende Abreise des Königs Milan ins Ausland wird dem „W. T. B.“ gufolge in den Belgrader Regierungskreisen versichert, daß der

ufenthalt des Königs im Ausland nicht von längerer Dauer sein werde.

Wie das „Neue Wiener Tagblatt“ aus Bukarcst meldet, wäre der frühere serbishe Gesandte in St. Petersburg Pas ic zum Direktor der Gagarin’schen Schiffahrtge)ellshaft in Odessa érnannt worden.

Amerika.

In New-York eingetroffene Meldungen aus Colon be- richten von einem ernsten Zusammenstoß auf der Jnsel Great Corn an der Mosquito-Küste zwischen daselbst an- sässigen englishen Unterthanen und Soldaten von Nicaragua. Die letzteren seien geshlagen worden, der Gouverneur sei entflohen, die Bureaux der Regierung und deren Abzeichen beshlagnahmt worden. Hierauf hätten si die Eingeborenen bewaffnet und den Gouverneur zurügeholt. Beiderseits wären mehrere Verwundungen vorgekommen. - Der Gouverneur habe den Belagerungszustand verhängt.

Aus Lima liegen in Paris Nachrichten vor, wonach der Anhang der Insurgenten zunechme.

Asien.

__Der „Times“ wird aus Chemulpo vom 14: gemeldet, daß ‘neue Unruhen ‘in dem Bezirk, wo der letzte Aufstand ge- herrscht habe, vorgekommen seien. Mehrere Christen seien ge- tödtet worden. Ein Kanonenboot sei dorthin abgegangen.

Afrika.

In Tanger eingelaufenen Nachrichten zufolge würde der Sultan Abdul Aziz heute Mekinez verlassen und übermorgen in Fez eintreffen.

4

® Entscheidungen des Obët-Vetwaltungsgerichts.

___ Die vom Jahres-Reingewinn einer AkliengeseWait Á. ‘auf neue Rechnung vorgetragenen Beträge bleiben “nah einem Urtheil des Dber-Verwaltungsgerichts, V. Senats, I. Kammer, vom 28. April 1894 hinsichtlich der Einkommensteuer-Veranlagung nur dann außer Berehnung, wenn sie Gewinnreste darstellen, die im Interesse der Erleichterung der Gewinnberechnung auf das folgende S tsjahr übertragen und béi der Gewinnberehnung dieses fölgenden Jahres in Betracht gezogen werden. Dagegen sind diese vorgetragenen Beträge steuerpflihtig, wenn sie für Jahre \{lechter Konjunktur und geringer Dividende zur Erhöhung dieser Dividende

4 reservtett werden sollen, „Die Steuerpfliht der 1889/90 vondem Rein- - “gewinn äuf.neue Rechnung e MELTI Summe ist'von dér Berufungs-

E auf Art. 27 der Ausführungsänweisung zum Einkommen- steüerge]eß vom 5. August 1891 („Bei der Ermittelung des \teuer- pflichtigen Einkommens bleiben die unvertheilten, auf neue Rechnung des künftigen Jahres vorgetragenen Gewinnreste außer Berehnung.“) mit der Ausführung begründet, daß nur die unvertheilten, auf neue Rechnung des künftigen Jahres vorgetragenen Gewinnreste außer Be- rechnung zu bleiben hätten, während hier gene Rest bei der Gewinn- berechnung des nähsten Jahres 1890/91 außer Betracht geen sei und dadurch die Bedeutung eines Reservefonds für minder günstige Jahre erhalten habe. Die Zensitin dagegen behauptet, \sich ebenfalls auf Art. 27 beziehend, daß die Steuerpfliht erst dann eintrete, wenn in einem der späteren Jahre eine steuerpflihtige Verwendung stattfinde; sie meint, es sei entscheidend, daß es sich um einen „unvertheilten, auf neue Nechnung vorgetragenen Gewinnrest“ handle. Bei dem Vortrage auf neue Rechnung kommt es jedo, wie überall, nicht auf die Bezeichnung oder den Namen, sondern auf das Wesen der Sade an . . Die Zensitin erklärt ausdrücklich in der Beschwerde, dieser reservierte Gewinn „Vortrag auf neue Rechnung“ solle dazu dienen, in Jahren \chlechter Konjunktur und geringerer oder gar keiner Gewinnresultate die im Interesse der Konservierung des Unternehmens nothwendige Dividendenvertheilung zu ermöglichen. Diese Anführung ist offensihtlich geeigner, niht die Berufungsentscheidung zu widerlegen, fondern im Gegentheil sie zu stüßen. Es folgt daraus mit völliger Sicherheit, daß der hier in Rede stehende Posten, obwohl er unter dem Namen eines „Gewinnvortrags“ eingeführt wird, der Sache nah nihts Anderes sein soll und ift, als ein Reservefonds, ein sogenannter »Dividendenreservefonds“; was dorthin aus den Ueberschüssen abgeführt wird, ist \teuerpflihtig.“ (A. 1883.)

Statiftik und Volkswirthschaft.

Zur wirth \chaftlichen Lage der Arbeiter im Jahre 1893.

Den Jahresberichten der Königlich preußishen Regierungs- und Gewerberäthe und Bergbehörden entnehmen wir weiter folgende Mit- theilungen :

In 844 Fabriken des Regierungsbezirks Potsdam wurden 3998 jugendliche Arbeiter beschäftigt, und zwar 3472 junge Leute (2342 männlich, 1130 weiblich) und 126 Kinder (105 Knaben, 21 Mädchen), es ergiebt dies eine Abnahme der jungen Leute um 397 Köpfe oder rund 11% und eine Zunahme der Kinder um 26 Köpfe oder etwa F 9% gegenüber dem Vorjahr. Seit 1889 stellt sih die Zahl der beschäftigten Kinder folgendermaßen : 1889: 417 Fabrikanlagen 242 Kinder; 1890: 382 Anlagen 252 Kinder; 1891: 476 Anlagen 199 Kinder; 1892: 829 Anlagen 100 Kinder, 1893: 844 Anlagen 126 Kinder. In 803 Fabriken des Regierungsbezirks Frankfu rt a. O. find 3900 jugendlihe Arbeiter beschäftigt worden, und zwar 3831 junge Leute (2504 männlih, 1327 weiblich) und 69 Kinder (46 Knaben, 23 Mädchen) ; es bedeutet das eine Zunahme von 632 Köpfen (19,3 9/6),

und zwar bei den jungen Leuten eine Zunahme um 670 oder 21,2% und bei

den Kindern eine weitere Abnahme um 38 (35,50/6). Jn den leßten 5 Jahren wurden im Regierungsbezirk Frankfurt a. O. be- schäftigt: 1889 in 722 Fabrikanlagen 546 Kinder und 3921 junge Leute, 1820 M 0s Anlagen 444 Kinder Und 3889 junge Leute, 1891 in 773 Anlagen 441 Kinder und 3911 Junge * Leute, 1892 in 753 Anlagen 107 Kinder und 3161 junge Leute, 1893 in 803 Anlagen 69 Kinder und 3831 junge Leute. Im Regiecungsbezirk Potsdam wurden in 556 Fabriken 13487 Arbeiterinnen über 16 Jahre beschäftigt; außer- dem waren noch 1151 jugendlihe weibliche Arbeiter “in gewerblichen Anlagen thätig. In 796 Fabriken des Regierungsbezirks eFrankfurt a. O. wurden 20 195 Arbeiterinnen beschäftigt, und zwar 1350 jugendliche, 5778 im Alter von 16 bis 21. Fahren und 13 067 von über 21 Jahren. Nach den allgemeinen Beobachtungen hat weder eine Vermehrung noch eine Abnahme der Frauenbeschäftigung in den ge- werblichen Anlagen stattgefunden. Was die Arbeiterschaft in: allge meinen betrifft, fo unterstehen nah Ausweis der im Sommer 1893 aufge- stellten gewerblichen Kataster, die alle gewerblihen Anlagen mit Mo- toren und folche mit wenigstens 5 Arbeitern umfassen, im Negierungs- bezirk Potsdam 7200 gewerblihe Anlagen mit etwa 84100 Ar- beitern und im Regierungsbezirk Frankfurt a. O. 5400 ge- werblihe Anlagen mit 68500 Arbeitern - der Gewerbe- aufsiht. Außerdem werden im Bezirk Frankfurt in der Hausindustrie, wie Wollen-, Leinen-, Baumwoll- und Seiden- industrie, ferner in der Korb- und Rohrflechterei, Zigarren-, Shuhwaaren-, Handschuhindustrie 2c., etwa 3500 Arbeiter beschäftigt, die zumeist dutch ihre Familien bei der Arbeit unterstüßt werden. Die mißliche Lage der Industrie ‘und der Druck, der auf allen Gebieten des Ge- shaftslebens laftete, hat die Zahl der Arbeiter vermindert; doch haben Arbeiterentlafsungen in größerem Umfange nicht stattgefunden. Die Fabriken arbeiteten zum theil mit eingeshränktem Betriebe und mit verkürzter tägliher Arbeitszeit; dadurch wurde fo- wohl die Arbeitégelegenheit wie der Arbeitsverdienst be- einträhtigt. Mit Anerkennung wird hervorgehoben, daß die Industriellen bemüht waren, die Betriebe thunlich im vollen Umfange aufrecht zu erhalten und einen Rückgang des Arbeits- lohns zu verhindern. Günstig für die Lage der Arbeiterbevölkerung wirkten die niedrigen Lebensmittelyreise und der milde Winter.

Zur Arbeiterbewegung.

In Leipzig fand am Freitag eine von etwa 400 Personen besuhte Versammlung von Arbe itslosen statt. Die „Lpz. Ztg.“, die über die Versammlung berichtet, weist darauf hin, daß für eine Stadt wie Leipzig die Besucherzahl sehr gering sei.

Hier in Berlin ift, wie aus einer für die Bandagen- und Handshuhmacher bestimmten Mittheilung des „Vorwärts“ hervor- geht, in der Werkstatt von Papajew ski wegen Nichtbewilligung der 94 stündigen Arbeitszeit in ver vorigen Woche ein Ausstand ausge- brochen, der noch fortdauert. In tieser Fabrik wurde 104 Stunden gearbeitet, während die Arbeitszeit in anderen Fabriken Berlins nur 9 bis 95 Stunden dauert.

Zur Bergarbeiterbewegung in England wird der Ber- liner „Volks-Ztg.“ geschrieben: Der Vorstand der Bergarbeiter- Föderation von Großbritannien hat beschlossen, die Bergarbeiter sofort darüber abstimmen zu lassen, ob sie dem Vorschlag der Grubenbesißer wegen einer 10% Lohnkürzung beitreten wollen oder nit, Der Vorschlag der Grubenbesitßzer geht dahin, die Löhne der Kohlengräber um 10% herabzuseßen und dann diese so veränderten Löhne als Mivndestlohn für die Dauer von zwei Jahren festzuseßen. Statt 40 9/9 Aufschlag auf die Grundpreise von 1389, die bisher bezahlt wurden, würden also für die Folge nur 30% zur Berechnung kommen. Die Abstimmungszettel sind hon am Mittwoch an alle Bergarbeiter versandt worden ; das Resultat wird amj17. Juli bekannt sein und dem am 19.d. M. zusammentretenden Conciliation Board vyor- gelegt werden. Einer der Hauptgrubenbesitzer in Derbyshire erklärte, daf die Arbeitgeber im allgemeinen wahrscheinli dein Versuch auf zwei

P ahre beistimmen würden.

Der Bergarbeiterverband von Groß, “britannien bés{loß ferner, die Umlage feiner Mitglieder zu Gunsten der \trikenden s{ottishen Kohlengräber von 6 Pence auf 1 Shillin für den Mann wöchentlih zu erhöhen. d

Zum Ausstand der Eisenbahnbediensteten in Nord,

Amerika und feinen Folgeersheinungen liegen heute folgende Mit, theilungen vor: Aus New-York meldet „W. T. B.“, daß t Verlauf des Ausf\tands 17 Personen getödtet worden sind. Der dur den Strike angerihtete Schaden wird auf vier Millionen Dollars geschäßt. Einer Meldung des „R. B.* zufolge begab \ih der Leiter des Gewerkvereins der Eisenbahn- Angestellten, Debs, un mittelbar, nahdem er den Ausstand für beendigt erklärt hatte, auf das Bureau “des Vereins der Eisenbähn-Divektoren, Eli um ‘das Versprehen» zu “* erlangen, “daß die Aug, tändigen wieder aufgenommen würden. Die - Direktoren lehnten es aber ab, sih irgendwie mit Debs in Unter. handlungen einzulassen. Jett stehen nur noch die Arbeiter der Pull, man’shen Fabriken aus. Aus Chicago berihtet „W. T. B.“ vom 14. d. M.: Seit der gestrigen Erklärung des Arbeiterführers Debs zu Gunsten der: Einstellung des Aus|tands is die Ruhe in Chicago fast wieder hergestellt. Der Cisenbabnverkehr wird allmähli wieder aufgenommen. Wie dis Londoner „A. K.“ nach einer Meldung des „R. B.“ aus Chicago berichtet, haben die Arbeiterführer sich jeßt an den Bürgermeister gewandt, damit dieser dem Verein der Eifenbahn-Direktoren ihre Friedensvorshläge unterbreite. Alle Aus, ständigen, ausgenommen solche, die sih wirkliher Verbrechen \{uldig gemaht haben, sollten wieder angestellt werden. Wenn die Direktoren die Vorschläge ablehnen, so ist es möglih, daß der Prâ- sident des Bundes der Arbeit und andere Arbeiterführer einen all. gemeinen Aus\tand ausfchreiben. Die Lage in Californien bleibt noch immer ernst. Die Auss\tändigen weigern ih dort, die Arbeit wieder aufzunehmen.

Kunft und Wissenschaft.

Der Wirkliche Geheime Rath, Professor Dr. von Helmholy wurde vor einigen Tagen von einem Schlaganfall getroffen und auf der linken Seite gelähmt. Der Zustand. hat sich zwar nicht ver- \{limmert, wird aber in Anbetracht des hohen Alters des Patienten als Beforgniß erregend bezeichnet.

Nach einer Meldung des „,W. T. B." aus München ist der Maler Professor Piglhein dort gestern Vormittag gestorben. Bruno Piglhein war 1848 zu Hamburg geboren, widmete ih zunächst in seiner Vaterstadt, seit 1864 bei Schilling in Dresden der Bildhauerkunst, ging aber im Jahre 1870 zur Malerei über, die er anfangs in Weimar und dann in München bei W.- Diez \tudierte. Eine religiöse Komposition „Moritur in Deo“ (der \terbende Christus von einem Engel getröstet) ‘machte seinen Namen zuerst bekannt. Später lieferte er eine Reibe von Pastellzeich- nungen, Typen der modernen Lebewelt, von denen eine Auswahl unter dem Titel „Douze pastels“ 1884 in München erschien. Daneben entstanden Genrebilder aus dem Kinderleben, von denen das Idyll (Kind mit Hund) durh NReproduktionen. am bekanntesten geworden is. Nach einer Reise durch Palästina malte er im Verein mit K. Frosh und J. Krieger das großartige Panorama der Kreuzigung Christi, welches au längere Zeit in Berlin ausgestellt war und später in Wien dur Feuer ver- nichtet wurde.

Literatur.

Gesetze, Verordnungen 2c.

In der Guttentag’ schen Sammlung deutscher Neichs- geseße (Berlin, Verlag von J. Guttentag) ershien als Nr. 34 das Neichëgeseß, betreffend die Abzahlungsgeschäfte, vom 16. Mai 1894 (Taschenformat, kartonniert, Preis 95 „). Der Text des von dem Kaiserlihen Geheimen Regierungs-Rath F. Hoffmann bearbeiteten Geseßes ist von vielen erläuternden Anmerkungen begleitet, welche die mancherlei dadur im alltäglichen Leben berührten Einzelfragen berüdsichtigen. Das Reichsgeseß, betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, vom 20. April 1892 (Nr. 32, be- arbeitet von Ludolf Parrisius) erschien in zweiter vermehrter und verbesserter Auflage. Die Nr. 2, enthaltend das (von Dr. H, Nüdorff bearbeitete) Strafgeseßbuh für das Deutsche Reich nebst den gebräuhlihsten einzelnen Reichs - Strafgesezen (Post, Impfen, Presse, Personenstand, Nahrungsmittel, Kranken-, Unfall-, Invaliditätsversiherung und Gewerbeordnung) liegt jeßt in neuer Auflage vor, welhe Dr. H. Appelius- besorgt und nah dem gegen- wärtigen Stand der Geseßgebung vervollständigt und erweitert hat. Die hohe Ziffer (17) der Auflagen gerade dieses Bändchens spricht deutlich für seine anerkannten Vorzüge, zu denen neben der Reih: haltigkeit auch die Wohlfeilheit (Preis kartonniert 1 4) gehört.

Die NReichs-Stempelgeseße vom 10. Juni 1869 und 27. April 1894, betreffend Wechsel (Billets à Ordre, Ässignationen): Aktien, Renten- und Schuldverschreibungen, Genußscheine, Kauf- und fonstige Anschaffungsgeschäfte, Lotterieloose 2c. Nebst einem Anhange: Die Reichsstempelgebühr von Inhaberpapieren mit Prämien. Mit Erläuterungen von R. Kleinloff, Geheimem Rechnungsrevisor bei der Ober - Rehnungskammer. Verlag von H. W. Müller in Berlin SW. (89, 410 Seiten ; Pr. in dauerhafter Kartonnage 3,50 M). Dieser von dem lange Zeit in Stempelsachen amtlich thätig ge- wesenen Verfasser bearbeitete Kommentar ertheilt dur leiht über\icht- lihe Gruppierung und mit Hilfe eines reichhaltigen Sachregisters in Zweifelsfällen {nelle Auskunft über die rihtige Anwendung des Ge- sezes. Das Buch dürfte besonders den Bantk- und Handelskreifen ein willkommener Berather sein.

Bon Eger’s „Internationalem Uebereinkommen uber den Eisenbahnfrachtverkehr“ ist soeben das 4. Heft (Schlußheft) erschienen (Carl Heymann's Verlag in Berlin. Preis 2 46). Dieses Werk bildet den Ergänzunzsband zu Eger's „Deutschem Frachtrecht “.

Neligiöses.

Gustav-Adolf-Büchlein, herausgegeben von D. Bernh. Rogge, Königlihem Hofprediger zu | Potsdam. Wittenberg, R. Herross's Verlag (H. Herrosó). Das evangelische Deutschland hát allen Anlaß, sih bei der am 9. Dezember d. F. bevorstehenden dreihundertjährigen Wiederkehr des Tages, an dem Gustav Adolf das Licht der Welt erblickte, der Verdienste zu erinnern, die er ih um die Sache des Protestantismus und den Schuß der evangelischen Kirhe erworben hat. Als eine Mahnung daran ift das vorliegende, a Jllustrationen gezierte und auch sonst vortrefflich ausgestattete Buch zu betrachten, das eine ausführliche Lebensbeschreibung des heldenmüthigen Königs bringt, in der namentlih seine Bedeutung für das Fortbestehen der Neformation in Deutschland nah Gebühr gewürdigt wird. Es ver- dient die weiteste Verbreitung tin Schule und Haus, wozu es auh durch ben billizen Preis bas einzelne Exemplar kostet 60 S, 25 Exemplare 12,90 4, 50 Exemplare 22,50 A ganz besonders gecignet erscheint.

Der Vortrag, den Superintendent E. Pe tri aus Zellerfeld über „Die Pflege der christlichen Gemeinschaft von seiten der Kirche" auf der VI1, Allgemeinen lutherischen Konferenz in Dresden, im September 1893, gehalten hat, is im Verlage von Fr. Nichter in Leipzig gedruckt erschienen. (Pr. 2,4.) Die beigefügten Leitsaße bieten in furzer präziser Fassung beherzigenöwerthe praktische Vorschläge zur Verwirklichung der Ideen des-Bortragenden, der durch gehörige Gliederung, Arbeitstheilung innerhalb der Einzelgemeinden und Landes- kiren dem Materialismus, Sozialismus, Nationalismus, welche Kirche und Familienleben bedrohen, entgegenarbeiten möchte,

Literaturgeschichte.

_Sqiller’'s Briefe, Kiitishe G esammtausgabe, herausgegeben mit Anmerkungen von Friy Jonas. Deut D Berlagsanstalt, Stuttgart, Letpzig, Berlin, 1894, Von dieser Sammlung lies

nunmehr der Band 4 abgeschlossen vor, Die darin enthaltenen Briefe reihen bis zum 28, Juni 1796, Sie sind nicht nur füx die Kenntniß

Ÿ

Peigefü ten Anmerkungen

Lebensgangs unseres großen Dichters und für das Verständniß ier a, Pibern für die Zeitgeschichte überhaupt von Bedeutung.

Wegen ihrer edlen Sprache ‘embfehlen ‘si: die Briefe Schiller?s-

r Anschaffung für Schülerbibliotheken. Die vom Herausgeber

: sind überaus willkommen, denn es wird damit flargestellt, was fon bei mangelnder Kenntniß er damaligen Verhältnisse und Beziehungen Schiller's unver- ständlih bleiben würde. Die Ausstattung: ist gediegen; namentli nd die Bilder —_ diesmal Schiller's Mutter in jungen Jahren nah zuverlässigen Originalen sauber und Rg: hergestellt. Be- sonders erwähnt sei noch der jedem Bande beigefügte Zeilenmesser, um rash die in den Anmerkungen bezogenen Stellen aufzufinden. Für die bisherigen Bände (11 50 4) werden zierlihe Einbanddecken zu 1 M 20 S geliefert.

Unterhaltung.

Neber Rudolf von Bennigsen, der am 10. Juli d. J. seinen 70. Geburtstag feierte, veröffentliht Friedrih Boetther im Juli-Heft von „Nord und Süd“ das mit dem Porträt des, auch von seinen politishen Gegnern geateten Parteiführers ge\{chmüdckt is einen Artikel, der das verdtenstvolle Wirken Bennigsen's würdigt. Das Heft bringt außerdem folgende Beiträge: „Wohlthätigkeit“. Novelle von E. Vely; „Feldtelegraphie“ von Alfred Freiherr von Eberstein; „Jtalienishe Skizzen“ von Alexander Swientochowski, die troß des Ueberflusses an Schilderungen Jtaliens dur die Eigenart der Behandlung, die neue-Beleuchtung, -unter- „welcher der polnische Schriftsteller Natur und Menschen zeigt, in höchstem Grade fesseln und Beachtung verdienen; „Adolf Friedrih Graf von Schack* von Rudolf von Gottshall; „Zur Abänderung des deutschen Straf- verfahrens* von Ludwig Fuld; „Der Trappist*. Eine novellistishe Skizze von Richard Koehlih; „In der dänischen Hauptstadt“ von Alfred Holzbok. Den Beschluß macht eine reiche, illustrierte Bibliographie.

Die Deutsche Verlagsanstalt (Stuttgart, Leipzig, Berlin, Wien) veranstaltet eine illustrierte deutshe Ausgabe der Erzählung „Ben Hur“ von Lewis Wallace, dem amerikanishen General und vormaligen Gesandten in Konstantinopel. Dieser Roman, in welchem das Leben und die Sitten der Völker zur Zeit Jesu Christi geschildert werden und in dem der Heiland selbst handelnd auftritt, ist in Amerika außerordentlich ges{chäßt und weit verbreitet; au in Deutschland hat der Roman in der von der genannten Verlags- anstalt vor Jahren veranstalteten deutshen Uebertragung vielen Beifall gefunden. Die illustrative Ausf\tattung der neuen, mit dem adalen des Autors geschmüdckten Ausgabe hat Ant. C. Baworowski

ejorgt. Sie soll in 20 Lieferungen zum Preise von je 50 4 voll- ständig werden ; die ersten davon sind bereits erschienen.

Engelhorn’s Allgemeine Nomanbibliothek (Stutt- gart, Verlag von J. Engelhorn) bringt als Nr. 16 X. Jahrgangs eine neue Gabe von Alphonse Daudet unter dem \{chli{chten Titel „Briefe aus meiner Mühle“: kleine Stimmungsbilder aus der fonnigen Provence von duftigstem Reiz echter Poesie.“ Einen drastischen Gegensaß dazu bilden (Nr. 17, 18) die „Erinnerungen einer Schwieger- mutter“ von George R. Sims: eine nah englishem Geshmack etwas weit ausgesponnene, aber lustige, humorvolle Geschichte. Der einbändige deut]he Noman „Lou“ von Baron Alexander von Roberts (Nr. 19) weist alle Eigenschaften auf, welche diesen Autor so nell beliebt gemaht haben: Originalität und Frische der Erfindung und fede, flotte Darstellung. Freunde einer guten Unterhaltungslektüre feien zumal für den Aufenthalt im Bade und der Sommer- frishe auf diese Romanbibliothek wiederholt hingewiesen. Ste bietet eine Auswahl der besten modernen Romane aller Völker und wird alle vierzehn Tage um einen Band (50 , elegant gebunden 75 s) vermehrt.

Verschiedenes.

Der Donau-Main-Kanal und seine Schicksale, von Dr. George Schanz, Professor der National-Oekonomie in Würzburg. Hamburg 1894. Verlag von C. C. Buchner. Der Berfasser giebt zunächst in kurzen Worten eine eingehende Vorgeschichte des Donau-Main-Kanals und gedenkt dabei auch des {on im Jahre 793 von Karl dem Großen begonnenen und in den hinterlassenen Spuren noch ‘heute sihtbaren Versuhs der Ausführung einer Ver- bindung zwishen Donau und Main, fowie des auf Veranlassung des Generals Dessolles, Chefs des Generalstabs der von Moreau befehligten franzöfishen Armee, die im Jahre 1800 Süddeutschland beseßt hielt, von dem Deutschen Hazzi angefertigten Entwurfs einer olen Verbindung, die einen Theil der von Napoleon [. geplanten, den ganzen Kontinent durchziehenden großen Wasser- straße bilden sollte. Gestüßt auf die ihm von dem Königlich bayerishen Staats-Minister des Innern Freiherrn von Feilißs{ch zur Benußung überlassenen, im Kreisarhiv zu München aufbewahrten Kanalakten aus den Jahren 1800 bis 1835 beschreibt er sodann den bis zum Jahre 1835 fertiggestellten Entwurf für den Donau-Main- Kanal von Pechmann, welcher dem bis zum Jahre 1846 vollendeten Bau zu Grunde gelegt war, genauer. Weiter werden Mittheilungen gemacht über die Vérkehrsentwickelung und die finanziellen Ergebnisse des Kanals und die Gründe dargelegt, weshalb die Resultate der fo lange erstrebten Verbindung hinter den auf sie gefeßten Erwartungen in beiden Beziehungen erheblich zurückbleib-n mußten. Die interessanten Darlegungen. werden dur eine gute Karte erläutert.

Anleitung zur ersten Hilfeleistung bei plößlichen Unfällen. Für Jedermann verständlich und von Jedermann aus- führbar. Unter Mitwirkung von Dr. med. L. Mehler heraus-

egeben von I. Heß. Mit 26 Abbildungen. Verlag von H. Bech-

hold in Frankfurt a. M. (Pr. geb. 1 X 80 4.) Das vorliegende kleine Buch giebt Anleitung zur ersten Hilfeleistung, wie sie bei Un- fällen verschiedener Art nothwendig ist, bis der herbeigerufene Arzt das weitere anordnet. Die Anweisungen sind einfah, kurz und be- stimmt, sodaß Jedermann in der Lage ist, sie sofort auszuführen. Zeichnungen dienen zur Erläuterung. Dem Ganzen ist cine kurze Be- schreibung des Baues des menschlichen Körpers und der Funktion setner Organe vorangeschickt, die das Verständniß für den Grund mancher Maßnahmen erleichtert. Das Buch is gut und praktis ausgestattet und fo cingerihtet, daß man es bei Ausflügen 2c. bequem in die Tasche stecken kann.

Sperling's „Adreßbuch der deutschen Zeitschriften und der hervorragenden Tagesblätter (Leipzig-R., Erpe- dition des Zeitschriften-Adreßbuhs, Preis geb. 4 M) ist kürzlich im 39. Jahrgange für 1894 erschienen. Mit feiner Fülle von allen nur denkbaren Angaben und der postmäßigen Adresse von Verlag und Redaktion, Erscheinungsweise, Bezugs-, Anzeigen- und Beilagen- Preifen, Alter und Auflage der Blätter und einer großen Anzahl weiterer erläuternder Bemerkungen über Inhalt, Art der Verbreitung, Honorar und redaktionelle Bestimmungen jeder Art ist dieses Adreß- buch als das -ausführlichste und beste aller Verzeichnisse der erscheinen- den deutshen Blätter längst bekannt. Der inferierenden Geschäftswelt ermöglicht das Buch, die geeigneten Blätter rihtig auszuwählen und das Inseratenbudget aufzustellen; aber auch der Gelehrte, Schriftsteller und überhaupt jeder, der mit Zeitschriften-Redaktionen und -Expedi- tionen geschäftlich irgendwie zu thun hat, wird darin vielseitige er- wünschte Auskunft finden. 2 E

Das Juliheft der populär-wissenschaftlichen Monatsschrift „Himmel und Erde“, herausgegeben von der Gesellschaft Urania, (Verlag von H. Paetel, Berlin), hat folgenden Inhalt. „Die großen Züge im Antliy der Erde“ behandelt Dr. Willi Ule in. einem längeren Aufsaß im Anschluß an die Arbeiten von Alex. von Hum- boldt, Ritter, Peschel und Sueß. Professor Koppe giebt in der Fort- seßung seine Artikels „Die Vorarbeiten für den Bau der Gotthard- bahn“ eine Auseinandersezung der für die Absteckung der Tunnelaxe nothwendigen Vermessungsarbeiten: Hr. Meyer schildert in dem Auf- „Das Wunderland der neuen Welt" seine Reise dur das welk- erühmte Yosemite-Thal, dur die Vulkangegenden von Portland bis zur Schwelle des - Yellowstone « Parkes, wobet zahlreiche Original- aufnahmen als Paas dienen. Daran schließen sich kleinere Mittheilungen aus allen naturwissenschaftlichen Gebieten.

Land- und Forstwirthschaft.

. Saatenstands- und Erntebericht des österreihischen Ackerbau-Ministeriums nach den Stande vom 10. Juli 1894.

In der zweiten Juni-Dekade herrshte beinahe allgemein kühle regnerische Witterung. Theils zu Anfang, theils erst zu Ende der dritten Juni-Dekade vollzog sich die Aufheiterung mit entsprechender Temperatur-Erhöhung in den Alpen- und Karstländern owohl als auch in den Nordwesiländern. ie .s{chône Witterung hielt in den bezeichneten Ländern mit oder ohne Unterbrehungen durch Gewitterregèn bis zum Schluß der Berichtsperiode an. In den Nordostländern hingegen erfolgte mit einigen Ausnahmen eine anhaltende Auf- heiterung theils überhaupt nicht, theils erst in den leßten Tagen, so daß in diesen Ländern beinahe die ganze Berichtsperiode eine êgen- periode darstellte. Eine meist jedoch nur ziemlich geringe 4 Temperaturerhöhung trat zwar auch in diesen Ländern ein, doch machte sih dort im allgemeinen ein ungenügendes Maß von -Wärme E In den Karpathen-Gegenden kamen sogar Schneefälle und Frôste vor. Die anhaltenden, nicht selten als Gußregen auftretenden Niederschläge führten in Galizien und der Bukowina zu zahlreichen, theilweise bedeutenden Ueberschwemmungen. Solche kamen übrigens au in mehreren Gegenden von Mähren und Sghlesien vor, in welchen die regnerishe Witterung {hon im Laufe des Mai begonnen und mit unbedeutenden Unterbrehungen angehalten hatte. Hagelschläge waren zwar im allgemeinen ziemlich häufig, jedoch zumeist verhältnißmäßig nicht fehr bedeutend. Verheerende Hagelshläge trafen die. Insel Brazza in Dalmatien und vershiedene Gemeinden im Bezirk Selcan in Böhmen. Die mit den“ erwähnten Ausnahmen erfolgte Aufheite- rung erwies sih für die Vegetation wie für die Erntearbeiten von unberehenbarem Werth, in vielen Fällen geradezu rettend vor großen Nachtheilen. Vor allem wurde durch dieselbe die Roggénernte ungemein begünstigt; deren Beginn is in den Ländern der südlichen, theilweise. auch in jenen der mittleren Zone und in den wärmsten Lagen von Mähren mit dem Eintritt der Aufheiterung beinahe zu- sammengefallen; in der südlihen Zone konnte die Roggenernte größerentheils, in der mittleren wenigstens zu einem beträchtlichen Theil auch bereits eingeheims werden. Wo aber der Roggen noh niht \chnittreif war, wurde dessen Körnerausbildung \o- wie überhaupt jene aller Getreidegattungen durch die ein- getretene Wärme begünstigt. Allerdings kommen auch Klagen vor, daß die hie und da beinahe unvermittelt eingetretene Hiße nicht günstig war. Lagerfruhßt kommt zwar sehr häufig vor; noch all- gemeiner ist beim Roggen der große Antheil \hartiger Aehren; hie und da ist auch ein erheblicher Antheil ganz tauber Aehren zu be- flagen. Die Ernte is, was das Stroh betrifft, im allgemeinen als eine reie zu bezeihnen; da die Aehren meist lang und die Körner meist gut, nicht selten sehr gut entwickelt sind, dürfte auch die Körner- ernte des Roggens mit Ausnahme der Nordostländer im all- gemeinen als mittel bis gui mittel anzunehmen sein. Die Qualität des Korns dürfte im allgemeinen jedenfalls befriedigen. Klagen über häufigeres Vorkommen von Mutterkorn und über ein dickschaliges, wenig mehlreihes Produkt sind, wenigstens bisher ganz, vereinzelt. In Galizien und jedoch in geringerem Maße au in der Bukowina war die Lagerung des Roggens sowie über- haupt des Getreides im allgemeinen noch weitergehend, sodaß sowohl Ansaß als Ausbildung der Köner darunter litten. Auch zeigt ih dortfelbst beim Roggen nicht selten Rost; das liegende Getreide, und zwar auch Roggen, ift oft von Unkraut durchwachsen und bedeckt ; shartige und ganz taube Aehren find dort verhältnißmäßig noch häufiger. Demnach lauten die aus Galizien kommenden Schäßungen des Noggenstandes mit wenigen Ausnahmen nur auf s{chwach mittel, während jene für die Bukowina durhschnittlich auf einen mittleren Stand hinweisen. Die Blüthezeit war auch für den Weizen häufig nicht sehr günstig, doch fiel dieselbe in den Südländern theilweise noch in die Zeit vor Eintritt der Regenperiode, dagegen in den Nordwest- ländern größtentheils {on in die Periode nah der erfolgten Auf- heiterung, und find demnach theils aus diesem Grunde, theils wegen des dihteren Standes die Ernteaussichten für den Weizen im allge- meinen besser als für den Noggen. Doch ist das Vorkommen des Rostes, und zwar auf den Halmen, in allen Ländern nicht selten ; in den podolishen Theilen von Galizien zeigt sch hier und da der Nost auh auf den Aehren. Brand is auf einzelne Lagen beschränkt; über Schädlinge wird auch vielfa geklagt, und zwar über die Halmfliege (Chlorops taeniopis) in den Nord- weftländern, besonders in Schlesien, welche das Aus\choßen verhindert, über .die Hessen-Fliege (Cecidomyca destructor) im Westen von Galizien und über das Weizen-Aehlchen im südlichen Mähren. Dem- ungeachtet kann der Stand des Weizens im allgemeinen, mit Aus- nahme Galiziens, als gut-mittel, für Galizien als s{chwach-mittel be- zeihnet werden. In den Südländern ist die Weizenernte {hon im Zuge und liefert theils gute, theils mittlere Ernten. . Sehr erfreulih ift im allgemeinen der Stand der Sommersaaten (Gerste und Hafer). Diese haben sih felbst in Galizien, troß des massen- haften Unkrauts, der oft ftarken Lagerung und der großen Boden- nässe, welche theils zu vorübergehender Verfärbung, theils zur Rost- bildung auf ‘den Halmen führte, großentheils gut erhalten und versprechen daselbst durhschnittlich Mittelernten, wahrscheinlih sogar Ernten über dem Mittel, in den übrigen Ländern aber gute und gut- mittlere Ernten. Selbstverständlih kommen indeß auch Ausnahmen vor, jedoch sehr selten. In den Südländern wird die als Winterfrucht gebaute Gerste bereits geerntet. Noch besser als die Nachrichten über Gerste und Hafer lauten jene über den Stand der Hülsenfrüchte, und zwar au betreffs Galiziens. Mais steht in den Alpen- und Karst- ländern zumeist recht s{chön; nur ist er infolge der langen Regenperiode im Juni etwas in der Entwicklung zurück; auh schaden ihm so wie überhaupt allen Hackfrüchten hie und da Engerlinge,- Maulwurfsgrillen und außerdem der Mais- zünsler. In Galizien und in der Bukowina hingegen ist sein Stand gegenwärtig nicht erfreulih, da er wegen der Nässe theils nicht entsprehend, theils überhaupt nicht bearbeitet werden konnte, daher vom Unkraut gedrückt ist und außerdem nicht selten vergilbt. Die Par o as zeigen bisher im allgemeinen einen hoffnungsvyollen Stand, obwohl sie. dur die Nässe zu leiden hatten, hie und da aus- gefault sind und sih die Peronospora infestans an manchen Orten zeigt (besonders bei Frühkartoffeln, welhe hie und da ausgegraben werden). Für die Rüben hatte die Regenperiode hie und da etwas zu lange gedauert, da infolge dessen die Bearbeitung ausgeseßt werden mußte. In manchen Gegenden Böhmens wurden namhafte Theile der Zuckerrübensaaten eingeackert, da sie keine Hoffnung mehr boten. Der gleiche Fall trat in manchen Gegenden Galiziens bei den Futterrüben ein. Zumeist jedo erholten sih die Zuckerrübensaaten nah erhaltener Bearbeitung und entwickelten \ih entsprehend, wenigstens auf lockerem Boden, während sie auf shweren Böden nun durch Bodenverkrustung leiden. Die Klagen über Insektenshäden und Wurzelbrand haben fich wenigstens niht vermehrt. Futterrüben und Kopfkraut stehen im allgemeinen, Ausnahmen abgerechnet , gut. Letteres hatte mehrfah von den Engerlingen und Erdflöhen zu leiden. Für die Heuernte kam die Aufheiterung mit Ausnahme der Nordostländer eben noch rechtzeitig und konnte, dank derselben, das Heu theils sehr gut, theils Ven gus noch ohne bedeutenden Schaden gelitten zu haben, eingeheim|t werden. Das quantitative Ergebniß war im ganzen _ ret zufrieden stellend, theilweise sogar vor- züglih, namentlich in Steiermark, Kärnten, Krain ‘und im nordöôst- lichen Böhmen; auch auf der heuer etwas reduzierten Klee fläche wurden entsprehende Erträge erzielt. In Galizien und in der Bukowina war zwar - auch in manchen Gegenden sehr reih- lihes, in anderen wenigstens hinlängliches Futter gewachsen; aber große Mengen desselben gingen vollständig zu Grunde, indem fle entweder verfaultea oder weggeschwemmt wurden; andere Mengen büßten entweder durch Auslaugung oder dur Vershlämmung mehr als die Hälfte ihres Futtérwerths ein. Sehr viele Wiesen wurden überhauvt noch nicht gemäht, und das derart überständig gewordene

Futter hat ebenfalls nur geringen Werth; in manchen Gegenden ist

mährishen

es bisher noch nicht gelungen, auch nur eine einzige Fuhre ein- zuführen. Die Rapsernte ist as zumeist, aber noch- eines überall im Zuge, ja nach einem Bericht ans einem Ort im böhmisch- renzgebirge stand der Raps ‘dort am 7. Juli no Blüthe. Nah den vorliegenden Nachrichten kann die

ernte in Böhmen “und * Galizien Eli auf gut- mittel, jene in Mähren auf mittel und in lesien auf s{chwach- mittel geshäßt werden. Ueber den Flachs liegen - aus den Alpen- und aus den Nordwestländern sowie aus der Bukowina zahlreiche recht günstige Nachrichten vor, aus der Bukowina jedoch- auch eine minder günstige. Da die. Blüthe des einstocks zu einem großen Theil in die Regenperiode fiel, verlief die- selbe nicht ganz günstig und wurde in vielen Lagen unliebsam ver- zôgert. Dabei traten in Süd-Krain, Süd-Tirol, im Küstenlande, weniger in Dalmatien , die Peronospora viticola- und das Oidium, welche des beständigen ; Regens wegen nicht ganz entsprehend bekämpft werden konnten, ziemlich tark ge In Tirol zeigten \sih sowohl der Sauerwurm als auch die Acariden, ersterer auch in Böhmen, wo au das Cladosporium s zeigt. In Nieder-Oesterreih und im füdliheu Mähren fallen * viele Beeren ab. Troßdem sind die bestandenen guten Aussichten bezüglih der Weinlese niht bedeutend zurückgegangen, da die große Mehrzahl der Weingärten von den genannten Üebeln verschont blieb und sih sehr gut weiter entwidelte.

Saaten in Jtalien. i Die zu Anfang v». M. für die Entwickelung der Saaten befürch- teten nachtheiligen Folgen von Regen und mangelnder Wärme sind nicht eingetreten; vielmehr haben si die Felder infolge des günstigen Wettecs während des Monats Juni kräftig erholt, sodaß nunméhr im allgemeinen ein befriedigendes Ernteergebniß in Aussicht steht.

Saatenstand in Rumänien.

Das veränderliche, häufig kühle und regnerishe Wetter während des vergangenen Monats hat den Saaten und: insbesondere dem Weizen in der Moldau bedeutenden Schaden zugefügt. Im Hügellande der oberen Moldau, wo reihlicher Regen fiel, ist vielfah Rost und Brand eingetreten. In der Do- brudsha und der rumänishen Ebene, wo - namentlih in der ersten Hälfte des Monats Juni anhaltende Dürre und heiße Süd- winde herrschten, is stellenweise völlige Mißernte zu verzeichnen. Das Gesammtergebniß bleibt erheblih hinter den Erwartungen zurü, und man rechnet kaum noch auf eine mäßige Durchschnittsernte.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

E : Rußland. “u In russishe Häfen einlaufende ausländishe Schiffe müssen Sanitätspatente mit dem Visa des russishen Kon!uls des Ausgangs- hafens haben. Atteste aus den angelaufenen Zwischenhäfen sind ent-

d ta Spanien.

Gegen Schiffe, welche von der Weichsel kommen, ist Quarantäne angeordnet worden. Jedoch werden solhe Schiffe, auf welhen wäh- rend der Reise ein verdächtiger Unfall fihch niht ereignet hat, und welche mit reinem, vom \panishen Konsul visierten Gesundheitspa einlaufen, zu freier Einfahrt zugelassen, wenn nicht amtlich festgestellt ist, daß in dem Ausgangshafen des Schiffs eine ansteckende Krankheit

besteht. Schweden.

Durch Bekanntmachung des Königlichen Kommerzkollegiums ift die Provinz Westpreußen vom 8. d. M. ab für choleraverseuht erklärt worden.

Durh Bekanntmachung des Königlih \{chwedischen Kommerz- follegiums vom 10. d. M. find die finnishen Läne Abo, Björneborg mit Aland, Nyland und Wiborg für seit dem 6. d. M. choleraverseucht erklärt worden.

Brafilien.

Durch Verordnung des brasilianishen Ministers des Innern vom 20. v. M. sind die festländischen Häfen Portugals und die Häfen der portugiesishen Inseln für rein von Cholera erklärt worden. Alle seit dem 12. v. M. aus den genannten Häfen abgegangenen Schiffe werden nah einer ftrengen ärztlihen Besichtigung in den Häfen Bra- filiens zum es Verkehr zugelassen. (Vergl. „R.-Anz.“ Nr. 130 vom 5. und Nr. 147 vom 25. v. M.)

Cholera.

Pest, 15. Juli. Wie die „Budap. Corr.“ mittheilt, hat der ungarishe Minister des Innern die Errichtung größerer und kleinerer Desinfektions-Stationen in verschiedenen Grenzorten an- geordnet.

St. Petersburg, 14. Juli. In der Woche vom 8. bis 14. d. M. erkrankten bezw. tarben nah dem Berrht des ,W. T. B.“ an Cholera in St. Petersburg 875 bezw. 294, in Kronstadt vom 8. bis 13. d. M. 57 bezw. 15, in Warschau : vom 1. bis 7. Juli 16 bezw. 3. In derselben Zeit vom 1. bis 7. Juli erkrankten bezw. starben an Cholera in den Gouvernements Warschau 33 bezw. 21, Kjelze 119 bezw. 51, St. Petersburg 26 bezw. 19, ŒEstland 7 bezw. 3 (aus Kronstadt Zugereiste). Vom 24. Juni bis 7. Juli erkrankten bezw. starben in Kowno 187 bezw. 46. Vom 24. Juni bis 30. Juni in Plozk 66 bezw. 36; vom 4. Juli bis 9. Juli in Ol onez 3 bezw. 2 Personen.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien. In Oberschlesien sind am 13. d. M. gestellt 4468, nit recht- ¡citig gestellt keine Wagen.

Von dem „Jahrbuch der Berliner Börse®*, das von der Redaktion des „Berliner Aktionär“ (J. Neumann) heraus- gegeben wird und im Verlage von Ernst Siegfried Mittler und Sohn erscheint, liegt die 16., am 7. Juli abgeschlossene, für 1894—9%5 bestimmte Ausgabe vor. Das bekannte und bewährte Nachschlagebuh beschränkt seine Mittheilungen im wesentlichen auf die in Berlin marktgängigen Werthpapiere aller Art. In diesem: Rahmen kann jeder Interessent vollständige und gründlihe Auskunft über jede auftauhende Frage in dem Werk finden. Sehr nügßlih wird es sh bei der Benuzung erweisen, daß dem Nach- \chlagewerk das „Geseß wegen Abänderung des Gefepes, betreffend die Erhebung von Reichs - Stempelabgaben, vom 27. April 1894“ mit den Ausführungsbestimmungen und die „Bedingungen für die Ge- \châfte an der Berliner Fondsbörse“ vorausgeschickt find. Im übrigen ist die Anordnung und Bearbeitung des Stoffs unver- ändert geblieben, aber natürlich ersheint der Umfang des Werks wieder dur die Besprehung aller inzwishen neu an die Börse ge- kommenen Papiere vermehrt. Auch in dem neuen Jahrgang wird das Nachschlagebuch, das diesmal einen besonderen Schmuck durch das vorgedruckte Bildniß des Geheimen Kommerzien -Raths Adolf Frenzel, des Präsidenten des Aeltesten-Kollegiums der Berliner Kauf- M erhalten hat, sih zu seinen alten Freunden gewiß neue erwerben.

Die ‘geschäftlichen und finanziellen Ergebnisse der Deutschen Lebeng¿BerkiGerungs« Sol etr Gas, in threr “as bei waren. im Jahre 1893 nach dem Bericht der „Berl. Börs.- Ztg.“ nicht fans so günstig, wie die des Vorjahres, Von den 39 Gesellsthaften des Deutschen Reichs / wurden im ganzen neu abgeschlossen 120 030 - Policen über 445 467 993 4 Kapital und zwar bei den 19 Aktiengesellshaften 63 691 Policen über 241 276 411 M Kapital und bei den 20 Gegenseitigkeitögesellschaften 56 339 Policen über 204191 582 Æ Kapital. An neuen Ab- \{lüssen erzielten allein die beiden größten Aktiengesell-

schaften Germania 39 940371 #, Victoria 50008 020 #Æ,