1894 / 189 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 13 Aug 1894 18:00:01 GMT) scan diff

ilt, ferner Bertani wegen Tragens ver- LE El Se SRS ung wurde sodann ohne Zwi all aufgehoben. j stisden und radikalen Blätter geben _ ihrer Freude über die Freisprehung der Anarchisten Ausdruck und sagen, die Freiheit des Gedankens habe triumphiert. Die gemäßigten republikanischen und die konserva- tiven Organe beklagen die Freisprehung. Einige machen die Geschworenen, andere die Gerichtsbehörde dafür verantwortlich. Nach einer Depesche aus Annecy wurden dort bei einer Lang in der Wohnung eines Anarchisten Namens chumacher anarchistishe Schriftstücke aufgefunden. Jn Algier Ie die Polizei zwölf Anarchisten, von denen die Mehrzahl Ausländer E Diese leßteren werden behufs Ausführung des gegen sie ergangenen Ausweisungsbeschlusses m Frankreich übergeführt und sodann an die Grenze gebracht werden.

verurthe

strafe. Die 6 e

Die f\oziali

Niederlande.

Der türkische außerordentlihe Gesandte und bevollmächtigte Minister am niederländishen Hofe Fürst Karadja is dem „D.-B. H.“ zufolge gestern im Haag gestorben.

Bulgarien. erdinand von Sachsen-Coburg- ittag wieder in Sofia eingetroffen.

Asien.

Wie dem „Reuter hen Bureau“ aus Shanghai ge- meldet wird, hätten die Japaner Freitag Naht Fort Arthur angegriffen. Die japanische Flotte, die am Frei- tag Morgen Wei-Hai-Wei angriff (siehe die vorgestrige Nr. d. Bl.), habe dem Vernehmen nah aus 26 Schiffen bestanden. Wie viele davon Kriegsschiffe gewesen seien, sei niht anzugeben. Die Schiffe hätten etwa 50 Schüsse mit den tr rgfiatme Weder Fort Arthur noch Wei-Haïi-Wei seien

eschädigt worden.

Nach einer Depesche aus Taku habe, wie der „Magd. Ztg.“ aus London berichtet wird, - eine japanische Flotte von vier Kreuzern und einigen kleineren Fahrzeugen versucht, sich des Hafens von Wei-Hai-Wei dur einen Handstreih zu bemächtigen. Die Chinesen hätten den Feind jedoch rehtzeitig bemerkt und ihn durch_ kräftige Beschießung und Torpedoboote versheucht. Die Japaner hätien den Angriff von. der anderen Hafeneinfahrt érneuert, seien aber wiederum zurückgeshlagen worden. Die japanische Flotte habe sodann am Freitag cine Zeit lang Port Arthur bombardiert und die chinesishe Peiyangflotte ange- griffen. Es sei ein hartnäckiges Seetreffen entstanden, woran ih 21 große Kriegsschiffe und viele kleinere Fahrzeuge be- theiligt hätten. Der Ausgang sei noch unbekannt.

Afrika.

Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Tanger, daß ein Kabylenstamm fih im Aufstande befinde; einige Kaïds seien getödtet, andere zur Flucht gezwungen und mehrere Be- festigungswerke zerstört worden. Die Aufständischen hätten nh eigene Kaïds gewählt und weigerten sih, andere Gouver- neure anzuerkennen.

Der Prinz Gotha ist gestern

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Termingeshäfte eines Banquiers (Kommissionärs) mit einer in Berlin oder in einem anderen Orte, in welchem ebenfalls das Vermögen der Frau der Verwaltung des Ehemanns unterworfen ift, wohnhaften Ehefrau auf Grund eines Depots, welches für die Er- füllung der Geschäfte völlig ungenügend ist, sind, nah einem Urtheil des Reichsgerichts, I. Fs, vom 4. April 1894, in der Regel als reine, unklagbare Differenzg es ch e zu erachten, selbst wenn der Ehemann von diesen Geshäften weiß und damit einverstanden ist. „Es kommt hier in erster Linie in Betracht, daß der beklagte Banquier mit einer Dame |kontrahierte, die thm als eine in Berlin wohnhafte Ehefrau bekannt war. Mit Recht hat das Berufungsgeriht großes Gewicht auf diese Thatsache gelegt, denn der Beklagte mußte, fo lange er das Gegentheil nicht ive puri hatte, davon ausgehen, daß das Vermögen setner Gegenkontra entin, mochte dasselbe groß oder klein sein, fich in der Verwaltung ihres Ehemannes befinde. Er durfte höchstens annehmen, daß dieselbe über die in ihren Händen befindlichen Werthpapiere, bezw. über die Baar- summe, mit der dieselben zum Theil erft angeschafft sind, frei verfügen könne. Ob die Ehefrau des Klägers \sih dem Beklagten „gegenüber als vermögend geriert und namentlih von ihrem Landsiß in Mexiko esprohen hat, ift unerheblih. . Vielmehr kommt nur in Betracht, ob le, abgesehen von den dem Beklagten übergebenen Papieren, freies, für die mit dem Beklagten ge|{chlofsenen Geschäfte verfügbares Vermögen rer oder ob etwa der Kläger bereit war, das in seinen Händen befindliche Vermögen seiner Ehefrau für diese Geschäfte herzugeben oder mit seinem eigenen Vermögen dafür einzutreten. Daß das eine oder das andere der Fall sei, oder daß er auch nur genügenden Grund gehabt hâtte, eines oder das andere anzunehmen, hat der Beklagte nit dar- ethan. Wenn seine Behauptung wahr wäre, daß der Kläger die eshäfte seiner Ehefrau mit dem Beklagten gekannt hätte und mit denselben einverstanden gewesen sei, so würde daraus nicht gefolgert werden dürfen, daß der Kläger bereit gewesen sei, die Verwendung des Vermögens seiner Ehefrau zur Erfüllung dieser Geschäfte zu ge- statten. Der Beklagte hat denn auch eine Erhöhung des Depots niht verlangt, nachdem die Differenzen zu Lasten der klägerischen Ehefrau den Werth der deponierten Papiere erreiht hatten, und damit zu erkennen gegeben, daß er seine Gegenkontrahentin gzu einer folhen Ban niht im stande hielt. Die dem Beklagten übergebenen Werthpapiere im Werthe von ca. 6000 M (deren Rückgabe der klägerishe Ehemann verlangt), bildeten aber eine völlig ungenügende Grundlage die die Erfüllung der den Betrag von je 60000 Æ erreihenden Geschäfte in ostpreußishen Südbahnaktien, und daß der Ghefrau des Klägers daneben ein irgendwie nennens- werther Kredit zur eron estanden hätte, is nicht ersihtlih emacht. Schon aus dieser iee in Verbindung mit der un- treitigen Thatsache, daß im ganzen Laufe des Geschäftsverkehrs die effektive Lieferung oder Abnahme der ge- und verkauften Papiere niemals in Frage gekommen ist, ist der Schluß zu ziehen, daß die Kontrahenten den übereinstimmenden Willen gehabt haben, die ge- shlossenen Geschäfte auss{hließlich durch Ziehung der Differenzen abzuwideln.* (492/93.)

Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgekichts.

Die dur Ortsftatut bestimmten Beiträge der Interessenten innerhalb der städtishen Einwohnershaft für den Schuß gegen eldpolizeilihe Uebertretungen durch Ueberwächung ihrer find, nah einem Urtheil des. Ober - Verwaltungsgerichts,

. Senats, vom 7. April 1894, nicht als privatrechtliche eistungen, Tondern als Gemeindelasten zu erachten, und Streitigkeiten darüber

T.

sftreitverfahren. Ein von der Regierung bestätigtes Orts- atut der Stadt G. in Schlesien bestimmt, daß für Rehnung dér Grund- Feldhüter bestellt werden, denen die Beaufsichtigung und S ng der Aecker, Forsten, Gärten, Haiden und Weingärten und der Früchte diefer Grundstücke gegen Entwendung und Bes, T sowie die Verfolgung der Bef r obliegt, und daß die dafür er- wachsenden Kosten zu /12 von den Garten- und Weingarten-, 2/12 von den C und Haiden- und 1/12 von den Acker- und Wiesenbesißern aufzubringen, im Falle unbegründeter Weigerung aber beizutreiben find. Cin zu diesen Hüterlohnbeiträgen pro 1893 _ heran- dezogener Interessent erachtete sich zu hoch eingesGapt und erhob beim Bezirksaus\chuß Klage gegen den agistrat der Stadt G. Der Bezirksaus\{huß wies die Klage als unzuläsfig ab, weil es fich nicht um eine Gemeindelast, sondern um privatrectliche Gegenleistungen für den Schuÿ handle und der Rechtsstreit demnach vor die ordentlichen Gerichte gehöre. Auf die Berufung des Klägers hob das Ober - Verwaltungsgeriht die Entscheidung des Bezirks- aus\{usses auf, indem es begründend ausführte: „. . . Es muß aner- kannt werden, daß in der That dem streitigen Beitrage die Eigenschaft einer nit privatrechtlichen Leistung einer Gemeindelast bei- wohnt. Das Statut regelt den Schuß städtischer Einwohner gegen feldpolizeilihe Uebertretungen durch Bewachung ihrer Felder, be- trifft also eine der Wirksamkeit Fer Gemeindebehörden keineswegs rundsäßlih entzogene Aufgabe. Jn einem folchen Falle gestattet der L 11 der Städte-Ordnung vom 30. Mai 1853- den Crlaß eines Statuts, welches auf Grund der städtishen, im § 53 daselbst aner- kannten Steuerautonomie zugleich Abgaben einführen darf. gu diesen Abgaben dürfen auch vorzugsweise bestimmte Interessentenkreise heran- gezogen werden. Die Gemeindebehörden haben hiernah wohl- berehtigt statutarische Anordnungen getroffen und die erforderliche Genehmigung der Aufsichtsbehörde erhalten.“ (II 486.)

wischen der Gemeinde und einem Beitragspflichtigen unterliegen dem t S

Statistik und Volkswirthschaft.

Wirkung des Zollkrieges mit Rußland im Jahre 1893.

Der Berit der Aeltesten der Kaufmannschaft von Berlin giebt einen UeberbliE über die Wirkung, welche der Zollkrieg mit Rußland für das deutshe Gewerbe gehabt hat. Was den Export betrifft, so Tonnten große Mengen deutsher Industricerzeugnisse und Handelswaaren, die von Rußland aus bestellt waren, che jemand den Zollkrieg vorauszusehen vermochte, nur mit erheblihem Schaden für- den Träger des Zolls abgeliefert werden. In anderen Fällen wurde die Bestellung rüdckgängig gemaht oder ihre Ausführung hinausgeschoben. Neue Bestellungen, auf welche man - unter normalen Verhältnissen mit Bestimmtheit hätte rechnen können, blieben aus, sodaß der Zollkrieg in vielen Fällen die deutshe Industrie um einen ihr font sicheren Gewinn brate. Der Nachtheil, der ihr daraus erwuchs, wurde oft verstärkt dadur, daß die ausländishe Konkurrenz, der die Aufträge zufielen, Gelegenheit fand, sih einzunisten. Mancher Handelszweig hat dadurch einen dauernden Schaden gelitten; es wird von verschiedenen Seiten gesagt, daß es \chwerer und langer, oft vielleicht vergebliher Arbeit bedürfen werde, um die ausländische Konkurrenz aus ihrer günstigen Position wieder zu verdrängen.

Am empfindlihsten wurde wohl von dem Zollkriege betroffen die Eisengießerei, Lokomotiven- und Mas Binenfab rikation. So berichtet die Firma A. Borsig, daß sih der russishe Bedarf an Lokomotiven im vergangenen Jahre derartig vermehrt hatte, daß auch außerrufsishe Fabriken herangezogen werden mußten. Der Kampfzoll verhinderte, daß dabei die deutschen Werke berücksichtigt wurden. Aehnlich erging es der Fabrikation von Appreturmaschinen. Die Firma Berliner Maschinenbäu-Aktiengesellshaft vorm. L. Schwarßkopfff \ agt, daß dur den Zollkrieg dem deutshen Maschinenbau fast jedes Geschäft nah Nuß- land abgeschnitten wurde, sodaß man genöthigt war, die Arbeitszeit einzushränken, und etwa 200 Arbeiter zu entlafsen. Die Firma Fr. Gebauer, welche Maschinen für die Textilindustrie baut, berichtet, daß, während in den drei leßten Jahren dur{chs{hnittliß ein Umsaß von etwa 200000 M erzielt wurde, im Jahre 1893 der- selbe bis zum Ausbruch des Zollkrieges 60 000 A betrug, da- mit aber sein Ende erreihte, da keine neue Bestellung ein- traf, ein Theil der Aufträge zurückgezogen, ein Theil einstweilen aufgehoben wurde. Es sei dadurch der Firma ein Schaden von 20 bis 30 000 Æ erwachsen. Aehnlich wird von der Berliner Aktien-

esellschaft für Eisengießerei und Maschinenfabrikation (früher J. C. Ea u. Co.) berichtet, daß der ZoUkrieg einen wesentlihen Einfluß auf den Rückgang des Absaßzes gehabt habe, da der Verkehr mit Ruß- land dur denselben völlig unterbrochen wurde. In landwirthschaftlichen Maschinen hatte ein schr lebhafter Handel mit Nußland stattgefunden. Der Zollkrieg legte denselben vollständig lahm. Da für die hauswirthshaftlihen Maschinen und Geräthe die Zölle gleich dem Verkaufspreise waren, und daher von keiner Seite getragen werden konnten, fo wurden die Aufträge auf folhe Maschinen zurück- genommen, und wurde der österreihishen, englishen und französischen Konkurrenz das Feld frei gemacht. Die Firma C. L. P. Fleck Söhne, welhe Säge- und Holzbearbeitungs- maschinen herstellt, meldet, daß sie im vergangenen Jahre über eine um 25 %/% verminderte Ausfuhr zu klagen habe und {iebt einen großen Theil der Schuld auf den Zollkrieg. Der russische Kunden- kreis der Berliner Werkzeugmaschinen-Fabrik-Aktien-Gesellshaft vor- mals L. Sentker hatte sich ftetig erweitert, sodaß im erften Halbjahr 1893 etwa 1/7 der normalen Leistungsfähigkeit der Fabrik für Ruß- land in Anspru genommen war; nach dem Ausbruch des Zollkrieges kam nicht ein einziger neuer Auftrag mehr. Die Firma Hein, Lehmann u. Co. konnte für Arbeiten, die sie in Rußland auszuführen übernommen hatte, die Rohmaterialien während des Zollkrieges nicht aus Deutschland beziehen, mußte vielmehr Blehe und Walzeisen 2c. in Belgien und England kaufen. Der Export transportabler Geleisanlagen nah Rußland hörte seit dem Zollkrieg völlig auf. Zu Hebewerkzeuge bestand {on vor dem Zollkrieg ein sehr hoher

oll ; troßdem war der Export noch groß genug, daß die Kampfzölle einen empfindlichen Schaden anrihten konnten. Aehnlich litt der Mos von Nähmaschinen. : : /

[les in allem hat die Branche: Eisengießerei, Baukonstruktionen, Lokomotiven- und Maschinenbau, Kriegsbedarf überaus unter dem Zollkrieg zu leiden gehabt.

Ebenso wie die Eisengießerei haben Eisenwaarenhandel und Fabrikation gelitten. Es wird darüber geklagt, daß viele Händler ganz in ihrem Geschäft gehemmt wurden und große Verluste erlitten, während überdies die zurückgegebene Waare M, dem deutshen Markt die Preise drüdckte. j :

Außer dieser Branche sind es in der Gruppe der Metallver- arbeitung noch der Handel und die Fabrikation von Geldschränken sowie von Haus haltungsgegenständen, welhe infolge über- nommener S Lecungaiven ldieaaen größere Verluste erlitten haben, die Fabrikation und der Handel in Mesfin g- waaren, die Fabrikation von Lampen. Die deutsche

infindustrie wurde zwar au ges{chädigt, jedoch übernahmen in vielen

ällen Verkäufer und Käufer je einen Theil des Zolls; dadurch wurde das Geschäft nit ganz unmögli) gemaht. Arbeiten, die bestimmt deutschen Fabriken von Beleuchtungsgegenständen zugefallen „wären, wurden lediglich des hohen Zolls wegen nah Paris und Wien ver- geben. Auch der Bats von Silber- und Goldwaaren, Juwelen wurde dur den Zollkrieg geschädigt. Die elektrotehnishe Fabri- kation hatte es ihrem “wohlerworbenen Ansehen zu verdanken, daß der Export nach Rußland Dur die Kampfzêlle zwar ges{ädigt, nit jedo ganz vernichtet werden konnte. /

Aus der nâhsten Gruppe: Rohstoffe und Fabrikate der phar-, mazeutishen, hemischen und verwandten Industrien 2c., ist es zunächst der Drogenhandel, welher einigen Schaden erlitt. Der andel mit Medizinaldrogen is freili gerade in der glücklihen Lage, daß die russische harmazie die deutschen Erzeugnisse niht entbehren kann. Der Berichterstatter

»

kann daher sagen, daß der Zollkrieg, da sowohl das russishe Arznei, buch, n E, eine große adi Besstnmun en der ruffile v6 dizinalgeseßgebung u den Bezug der Medizinalwaaren aus Deutsch, land gegründet sind, den Verkehr nur ‘hemmen, nit guf. beben konnte. Denn die übrigen in Betraht kommenden Under: England und Frankreich, vg ms einen Theil der wichtigsten Medikamente nicht selbst, und die dortigen Fabrikanten seien außerdem viel weniger entgegenkbommend in ihren Verkaufs. bedingungen als die deutshen. Oesterreich habe einen weniger ent, wickelten E und weniger ges{häftlihe Beziehungen zu Rußland. In den übrigen Theilen des Drogenhandels waren die Schädigungen

er.

Empfindlih getroffen wurde dann ferner der A mit

Ca E sowie der Handel mit Loiletteseifen und arfüm.

Um an dieser Stelle einen Zweig des Importhandels vorweg- zunehmen, fo ist der Import russishen Petroleums während des ZolUkrieges unn gemacht worden. i

uh die chemische Industrie Berlins wurde in vielen Ausfuhrartikeln geshädigt, besonders das Geschäft in Theerfarben und in Zwischenprodukten für die Theerfarbenindustrie, weil Rußland neue Verbindungen auffuchte, ferner in pharmazeutishen und photographi, {en Chemikalien. Die Russen versuchten zunächst, den deutschen Markt zu umgehen. Dies gelang ihnen zwar nit, wirkte aber immerhin \{ädigend. :

Von den Zweigen der Textilindustrie haben besonders unter dem Zollkrieg zu leiden gehabt: die Kammgarnspinnerei, die Zephyr- branche, wo das allerdings {hon vorher verminderte Geschäft ganz \tockte und selbst vor dem Zollkrieg ertheilte Aufträge zurückgezogen wurden, der zwar nicht umfangreiche, aber regelmäßige Handel in Baumwoll, garn, der vollkommen aufhörte. Auch der Wollhandel wurde in Mitleidenschaft gezogen. Der Handel in Leib- und Bettwäsche wurde gleihfalls ges{chädigt, wenn derselbe auch nicht so bedeutend gewesen war, wie die fonst angeführten Branhen. Besonders feinere Wäsche hatten die Russen gern in Deutschland gekauft und blieben nun in folge des Zollkrieges. fern. Empfindlißer wiederum wurde getroffen das Geschäft in Posamentierwaaren, das wenigstens in Modellen vor dem Zollkrieg lebhaft gewesen war, dann aber ganz aufhörte; ferner die Seiden- und Sammeéetindustrie, der Engroshandel in Manufaktur- waaren, der Teppihhandel. War hierin {on vorher das Geschäft {wierig, so hörte der Verkehr bei der Zollerhöhung ganz auf. Ebenso erging es dem Schirmhandel. Der allerdings {hon zuvor nit bedeutende Export von Strohhüten und Damen-Filzhüten hatte auch ein Ende; die Wiener und Pariser Konkurrenz trat dafür ein.

Der Luxus papier - Fabrikation, welhe vordem viel nah Nußland exvortierte, wurde das Geschäft fast ganz entrissen, ebenso hatte die Verfertigung karnevalistisher und Kvlilongegenstände zu leiden. Schwer geschädigt wurden die Fabrikation und der Handel in Rohstoffen und Fabrikaten der Ledertindustrie und Pelz- waaren. So wird berichtet, daß speziell für Treibriemen Ruß- land, welches das wichtigste Absatzgebiet dieser Branche gewesen war, während des Zollkrieges verloren sei, und daß es \{chwerer Arbeit be- dürfen werde, es einigermaßen wiederzugewinnen. Der fonst sehr rege Export von Pelzwaaren nah Nußland hörte fast ganz auf. Speziell der Fellhandel in Wildwaare wurde durch den Zollkrieg arg be- nachtheiligt; die russishen Käufer, welhe hierfür die wichtigsten Abnehmer gewesen waren, kauften nur das Allernöthigste. Auch der Handel in fertigen und halbfertigen Artikeln der Album-, Portefeuille- und Lederwaaren-Fabrikation wurde durch den Zollkrieg unterbrochen.

Aus der Gruppe Holz und Holzwaaren ist der Export Lags der Parquetindustrie und von Kisten {wer geschädigt worden.

Das Gleiche gilt von den musikalischen, fowie physi- kalishen und medizinischen Instrumenten. Besonders wurde das Geschäft in Wagen davon berührt. Da Rußland das wichtigste Absatgebiet für die Berliner . Industrie präzisionsmechanischer Erzeugnisse bildete, so wurde hier durch den Zollkrieg ein empfind- liher Schaden angerichtet, indem theils der Export überhaupt auf hören mußte, theils der Verdienst geschmälert wurde. Ferner gehören hierher das Geschäft in Knopfwaaren, Berliner Kurzwaaren urd Spielwaaren. Auch die Spedition hat die Wirkung des Zollkrieges \spüren müssen, sowohl bei der Beförderung deutscher Güter, als au bei der von Transitgütern. Denn wegen der Beläftigung dur Zertifikate und Stempelpfliht der Durchfuhr-Bescheinigungen - wurden viele Transitsendungen von Deutschland abgelenkt. :

Gegenüber diefen mehr oder minder arg vom Zollkrieg betroffenen Branchen ftehen eine Anzahl solcher, welche von demselben unberührt ges blieben sind. In einem Falle, dem des Handels mit frischen Fischen lag der Grund Hierfür darin, daß ein freier Verkehr zwischen beiden Staaten besteht. Einige Geshäftszweige erlitten keinen Schaden, weil au vorher keine oder nur geringe Handelsbeziehungen zu Rußland bestanden hatten. So berührte der deutsh-russishe Zollkrieg die Stearinkerzenfabrikation in keiner Weise, da diese weder für den Einkauf von Rohmaterial, noch für den Verkauf von Fabrikaten mit Rußland in Verbindung steht. Jn allen übrigen Fällen aber erklärt \fich die Unschädlichkeit des Zollkrieges daraus, A bereits vorher die Höhe der Ee ein Geschäft unmöglih gemacht hatte; fo für den Export von Chamotte, Majolika 2c, von Glas, mit Aus- nahme von Spiegel- und farbigem Glas, bei welhem die Ausfuhr erst durch den Zollkrieg Lm wurde, für den Handel in giftfreien und Mineralfarben, die Fabrikation pon wollenen und halbwollenen Stoffen und Plüschen und die Appretur für die Konfektion für Damenbekleidung, besonders Damenmäntel. Der Verkaufswerth eines Dußend Wollhüte beträgt durhschnittlich 20 bis 21 A Der russische Zoll, 1,20 Rbl. Gold per Stück gleich 14,40 Rbl. Gold per Dußend, belastet den Gegenstand mit mehr als 200% feines Werths. Dabei is ein Export vollkommen aut- geshlofsen. Ferner blieben vom Zollkrieg unberührt: die Fabri- kation fünstliher Blumen, die Papier- und Pappenfabrikation, mit A oben erwähnten Ausnahme, Schuhwaaren, Möbel und Gold-

eiten.

Der Import resilczer Waaren nach Deutschland ist dur den Zollkrieg vergleihsweise weniger vermindert worden als die entgegen- geseßte VBaareibeive ung, da er ja {on vorher in seinen wichtigsten Zweigen durch die : | {ränkt worden war, Immerhin war zeitweilig no Roggen und Rußland möglich gegpe differenz nur ziemlî und wir waren über

ewiesen. Russishes Petroleum fand über onkurrenz auf dem deutshen Markt. s

Nachdem der Bericht seiner Genugthuung über das Zustande- kommen des Handelsyertrags mit Rußland Ausdru gegeben, bemerkt ér über die Wirkung des leßteren: Bereits sind zahlreihe Mit- theilungen über einen lebhaften Aufs{chwung der Ausfuhr nah Nuß- land bekannt geworden, Wir konnten einen folhen u. a. an dem starken Begehr nah Ursprungszeugnissen für den Versand nah Rufß- land bemerken.

die Einfuhr von afer, regelmäßiger die von Futtergerste und Holz aus fen: bei leßteren beiden Artikeln war die Zoll-

ch gy (bei Gerste auf die Tonne nur 2,50 M), ies auf deren Bezug aus Nußland stark an- faupt keine zollbegünstigte

ersagung der ea gung aufs äußerste be-

Das Saale 1893, Ld Báhtete In ihrem Jahresbericht für das Jahr 1893 macht die Handels- kammer für das Herzogthum Anhalt zu Be L olgen kurze Bemerkung über die allgemeine Lage von Handel und Industrie: Auch das Jahr 1893 ließ noch keinen Aufshwung des gewerblichen Lebens erkennen. Immerhin ergeben die Cinzelberihte erfreulider Weise, daß einzelne Zweige von der allgemeinen Depression nicht be- rührt wurden, vielmehr während des ganzen Jahres flott beschäftigt waren, Wie weit im Jahre 1894 eine Hebung des Geschäfts, na- mentlich infolge des Abschlusses des pu e - russishen Handels- vertrags eingetreten if oder eintreten wird, äßt sih heute, wo wir no0 mitten in der Entwickelung der Verhältnisse stehen, niht mit voller Sicherheit beurtheilen, wenn auch {hon jeßt vereinzelte An- zeihen dafür sprechen.

. seiner

3. D - 1894).

: Zur Arbeiterbewegung, -

Aus Waldenburg wird der „Köln, a geschrieben : Der für die E Teer ewegnng bisher ziemlich unfruhtbare Boden des niederschlesischen Kohlenreviers wird gegenwärtig wieder einmal fleißig beadert. Der Bergmann Schröder aus Westfalen hält in öffentlichen Bergarbeiter-Versammlungen allenthalben Vor- träge, spricht über die gegenwärtige Lage der deutschen Bergarbeiter und mahnt dringend zum Anschluß an den deutschen Bergarbeiter- Verband. Leßtteres zu erreichen, ist Zweck seiner Reise; denn eine anze Anzahl von Knappenvereinen stand eben im Be rif, für Nieder- [lesien einen eigenen Verband zu bilden - und sich dem deutschen Verbande nicht anzuschließen. 5

Hier in Berlin haben, wie im „Vorwärts“ mitgetheilt wird, die Galanteriemaler beschlossen, an die Fabrikanten mit der For- derung heranzutreten, ihnen eine neunstündige Arbeitszeit und für den Durchschnittsarbeiter einen Minimallohn von, 45 4 für die Stunde zu gewähren. Am 30. Juli sind diese Forderungen an 70 Unter- nehmer versandt, von denen 37 die Forderung anerkannt haben ; hierzu sollen die bedeutendsten größeren Malereien gehören.

In Lübeck ift, wie der „Köln. Ztg.“ telegraphiert wird, der Boykott gegen die Lück’she Bierbrauerei nah 14wöhiger Dauer beendet worden. Beide Theile haben Gs,

Aus Stuttgart berichtet der „Schw. M.“: Am 29. Juli und 5, August fanden Sagen der Küfergesellen Stuttgarts statt, die sih mit der Lage der Gesellen in Stuttgart beschäftigten und „nah reifliher Ueberlegung und eingehender Aussprahe zu dem einstimmigen Ergebniß gelangten, daß es dringend ge- boten erscheint, mit einem Gesuch an die Arbeitgeber heran- zutreten und zur Verbesserung der wirthschaftlich traurigen Lage und Beseitigung tief eingewourzelter Mißstände mit beitragen zu helfen.“ Speziell die auf den Herbst sih erstreckende Veberzeit und Sonntagsarbeit bedürfe dringend einer Aenderung. Die Arbeitszeit soll von Morgens 6# bis 12 Uhr und Mittags von 1 bis 6 Ühr dauern. Der Mindestlohn bei einem Arbeiter, der Kost und Wohnung im Hause hat, soll niht unter 6 4 betragen, während für Arbeiter ohne freie Station 20 A gewährt werden soll. Diese Forderungen sind .in einem Schreiben, das die Lohnkommission der Stuttgarter Küjer- gesellen unterm 7. August an die Küfermeister versendet hat, enthalten. Die Kommisfion sieht einer Nückäußerung der Arbeitgeber bis zum 25. d. M. entgegen. Am heutigen Montag foll eine Ver- sammlung der Küfermeister stattfinden, in welher über die Forde- rungen der Gesellen berathen werden soll.

In Erlangen ist, wie der „Vorwärts“ berihtet, auf Anregung der dortigen Zahlstelle des deutshen Holzarbeiterverbandes fast in allen Schreinerwerkstätten von den Meistern die zehn- stündige Arbeitszeit eingeführt worden. |

In Wien wurden gestern, wie „W. T. B.* meldet, zu. Gunsten des allgemeinen Wahlrechts unter freiem Himmel auf der Feuerwerks- wiese des Praters und in Shwechat sehr zahlreih besuchte t vie na abgehalten. Die Ordnung wurde nicht gestört. ' Aus Brünn meldet der „Vorwärts“ nah dem „Volksfreund“: Der Ausstand in der Hutfabrik von Troller's Söhne hat mit einer Niederlage der Arbeiter geendet.

In Peft wurde, wie „W. T. B." meldet, in einer gestern ab- gehaltenen Versammlung von etwa 5000 Tischlergesellen ein- stimmig beschlossen, von heute ab bei denjenigen Meistern, welche die Forderungen der Gehilfen zurückgewiesen haben, die Arbeit einzustellen. Wie aus einer älteren Mittheilung des „Vorwärts“ hervorgeht, fordern die Tischler kürzere Arbeitszeit und höheren Lohn.

Aus London berichtet die „A. K.: Der parlamentarishe Aus- \{huß des englishen Gewerkvereins-Kongresses hat am Freitag die Einladung zum jährlihen Kongreß der englischen Gewerk- vereine erlassen, der diesmal in Norwich vom 5. bis 8. September tagen und wahrscheinli so stark befucht werden wird, wie noch keiner Vorgänger. Auf dem Programm sind 130 Beschlüsse angekündigt. Der geseßlihe achtstündige Arbeitstag wird natürlich wieder in den Vordergrund treten. N seien als pars pro toto noch die vermehrte Haftpfliht der Arbeit- geber, Ernennung von Arbeitern zu Polizeirihtern und Verstaatlichung der Bergwerke und Eisenbahnen erwähnt. Das Schneidergewerk wird nohmals auf Abschaffung des Schweißersystems dringen. Tom Mann, der Sekretär des Dockarbeitervereins, wird, unterstüßt von Keir-Hardie im Namen der „unabhängigen Arbeiter“, auf Vertretung der Arbeiter als Klasse im Parlament dringen. | Zum Ausstand der \chottischen Bergarbeiter berichtet die Londoner „A. K." : Die ausständigen schottischen Kohlengruben- arbeiter klagen über den geringen Beistand, den sie von ihren eng- lishen Berufsgenossen erhalten haben. Allmählih ift jeßt große Ebbe in der Kasse eingetreten. Es befinden sich in thr heute nur noch 12 000 Pfd. Sterl. Die westshottischen Bergleute werden demnach nur 3 sh. 3 d. Ausstandsgelder für die nächsten zwei Wochen erhalten. Die Noth unter den Ausständigen is \cchon groß. Wenn mildthätige Leute niht Suppenküchen eröffnet hätten, würden die Familien der Ausständigen am Hungertuche nagen. Die Dele- girten der s{ottischen Ausständigen tagten am Freitag in Glasgow. Nach stürmischen Verhandlungen wurde der Bescluß gefaßt, eine Lohnherabsezung von 6 4. den Tag anzunehmen, wenn der gleiche Lohn für 18 Monate verbürgt wird. Am nächsten Mittwoch werden die Bergwerksbesißer darüber berathen, ob sie den Borschlag nehmen Tien. Viele Auss\tändige sind {hon reumüthig an die Arbeit zurückgekehrt.

Nach Mittheilung des Statistishen Amts der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 29. Juli bis inkl. 4. August cr. zur Anmeldung gekommen: 951 Lebendgeborene, 271 Ebeschließungen, 25 Todtgeborene, 882 Sterbefälle.

Kunft und Wissenschaft.

Die Ausstellung von hervorragenden Werken der Holzschneidekunst im Ausstellungssaale des König- lihen Kupferstihkabinets, welhe bauliher Verände- rungen wegen zeitweilig geschlossen werden mußte, wird von ner Dienstag, ab wieder für die Besucher der Museen geöffnet. i

Dem Jahresbericht über die Thätigkeit des Bes deutschen Arhäologishen Instituts, den Professor Alexander Conze am 14, Juni in der Akademie der Wissenschaften in Berlin erstattet hat, entnehmen wir Folgendes: Die ordentliche Plenarver- sammlung der Zentral-Direktion fand im Rechnungsjahre 1893/94 am 12. bis 15. April statt. Zu g anectes Mitgliedern des Instituts wurden ernannt die Herren von Christ in München, Dobbert in Berlin, Geffroy in Rom, Harnack in Berlin, Sittl in Würzburg, Tocilescuin Buka- rest; zu korrespondierenden Mitgliedern dieHerren Collignon L Be in Spalato, Kern in Berlin, Loeper und Mayer in Athen, Meomartini in Benevent, Pernice in Greifswald, Pleyte in Leiden, Ee in Wien, Ziehen in Frankfurt a. M. Das Institut hat den Verlust der folgenden itglieder zu beklagen: D. Bertolini in Portogruaro (f 25. Januar 1894), L. Carattoli in Perugia f 21. Februar 1894), Colucci Pascha in Rom (f 13. Februar 1894), . Dümichen in Straßburg i. E. (f 7. Februar 1894), P. Forch- hammer in Kiel (f 8. Januar 1894), P. A. Guglielmotti in Nom + 1. November 1893), A. int 7 in Straßburg i. E. (f 2, Mai 1893), C. Leemans in Leiden (f 14, Oktober 1893), H. G. Lolling in Athen h 22. Februar 1894); T. Luciani in Venedig (f 9. März R D übke in Karlsruhe E % ril 1893), G. Pietrogrande n e x

28. Mai 1893), oliti in Syrakus (7 4. De-

gui 189 V Es Schmidt in g (+4 6, Januar Sei R. n

chöll in chen (10. Juni 1893), J. Undstet in Christiania ezember 1893), W. H. Waddington in Paris (Ff 13, Januar Persönlich dem Institute besonders nahe verbunden war unter

ans ,

den Hingegangenen Herr Lolling, an dessen von der Kön li Meile Regierun ausgerihtetem Begräbnisse die athenishen Ver- treter, Mitglieder und Freunde des Instituts sich in feierliher Weise betheili en tonnten. Das Auswärtige Amt verlieh auf Vorschlag der Zentral-Direktion die Reisestipendien für 1893/94 den Herren Bulle, Helm, Pallat, Hubert Schmidt, und das für christlihe Archäologie errn Stein- mann. Die Herausgabe der in Berlin erscheinenden periodishen Schrif- ten besorgte der General-Sekretar au in diesem Jahre mit Unter- stäpung des Herrn Koepp. Von den in freier Folge erscheinenden „Antiken Denkmälern“ wurde das erste Heft des zweiten Bandes aus- gegeben; für das zweite Heft, dessen Erscheinen im laufenden Jahre ¿u erwarten ist, find zwei Tafeln in Farbendruck ferti gestellt, die eine mit dem Facsimile eines der Porträtbilder aus dem E in den Königlichen Museen in Berlin, die andere mit Vasenscherben aus Daphni in Egypten im Britischen Museum, welche Herr Dümmler herausgeben wird. Vom „Jahrbuche“ mit dem „Anzeiger“ erschien der 8. Band. n Rom wurde dem Institut am 23. April v. J. die Ehre des Allerhöchsten Besuches Jhrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin zu theil, und die Sekretare dursten \sich an der Führung Ihrer Majestäten dur die Alterthümer der Stadt mehrfach etkeilkzes: Von den „Mittheilungen“ der römischen Abtheilung des Instituts wurde der achte Band vollendet. Herr Mau hielt seinen Kursus in Pompeji mit 15 Theilnehmern vom 3. bis 14. Juli. Der „Führer durch Pompeji“ von Herrn Mau ift er- schienen (Neapel, Furchheim’s Verlag). Die regelmäßigen Sißungen und Vorträge, mit der Festsißung zum Palilientage 1893 geschlossen, nahmen im Winter-Semester 1893/94 ihren Fortgang, die Vorträge unter Betheiligung außer den deutschen namentli au österreichischer junger Gelehrten. In den Sißungen hielten von italienischen Mit- gliedern die Herren Lanciani, Gamurrini, Mariani, Pigorini und Patroni Vorträge. Zum Gegenstand von Uebungen wurde ständig die Beschreibung von Skulpturen der Vatikanischen Sammlungen gemacht. Exkursionen wurden im Frühling v. F. nach Ostia und Palesirina unternommen. Im Herbst fand zum dritten Mal ein Instituts - Kursus in Italien für deutshe Gymnasiallehrer statt. Unter den 18 Theilnehmern waren vertreten Preußen mit 6, Bayern mit 2, Sachsen mit 2, Württemberg mit 2, Hessen mit L, Oldenburg mit 1, Sahsen-Altenburg mit 1, Reuß à. L. mit L Bremen mit 1, Sena mit 1 Herrn. Den Anfang der Führung mate der Erste Sekretar in Florenz am 4. bis 6. Oktober, dann am 7. Oktober in Orvieto. Am Abend dieses Tages erreihte man Nom, wo beide Herren Sekretare sich in der Zeit vom 8. Oktober bis 1. November in die Führung theilten. Sodann wurde zwei Tage unter Führung des Herrn Mau Pompeji besichtigt, am 4. November fand mit dem Ersten Sekretar der Besuch von Paestum ftatt und zum C bis zum 8. November wurden drei Tage dem Nattonal-Museum in Neapel gewidmet. Die Bibliothek wurde eifrig benußt und vermehrte si{ch um 505 Nummern Die Zahl der vom Institut in Nom aufgenommenen photographischen Negative, meist nach antiken Skulpturen, beläuft sich jeßt auf 400. Eine Reihe in Nom beim Institut nuylos lagernder Anticaglien und Vücher wurden an die arhäologishe Sammlung der Universität Straßburg abgegeben. Das Sekretariat in Athen gab den 18. Band feiner Mittheilungen heraus und stellte das erste Heft des 19. Bandes zu Ende März d. J. fertig. Für die Publikation des thebanischen Kabirenheiligthums besuhte Herr Dörpfeld noch einmal die Ausgrabungsstelle, um Aufnahmen zu revidieren; man is der Herausgabe damit wieder einen Schritt näher gerüdt. Zwei besonders wichtige Untersuhungen wurden vom athenishen Sekretariat im verflossenen Jahre fortgeführt: unter Leitung des Ersten Sekretars die Ausgrabung zwischen Akropolis, Areopag und Pnyx, unter Leitung des Zweiten Sekretars die Auf- nahme und Bearbeitung der bei den griechischen Ausgrabungen auf der Akropolis gefundenen Vasenscherben. Die leßtere Arbeit hat in den Händen der Herren Graef und Hartwig gelegen, welhe \sich in dankenswerther Weise für diese mühsame Aufgabe gewinnen ließen. Herr Hartwig hat nunmehr auch das ganze Material an rothfigurigen Scherben erledigt, Herr Graef die Mesceeibuna der einzelnen Gattungen in historisher Folge fortgeseßt. Bei beiden Untersuchungen, der Ausgrabung und, der Vasenbearbeitung, will das Institut, so wenig seine Mittel der Größe der Aufgaben gewachsen erscheinen, in der Hoffnung auf Erlangung außerordent- licher L energishe Weiterführung anfstreben, um für die Topographie von [t-Athen und mit der Vasenkunde für die griechische Kunstgeschichte den theils hon erreichten, theils weiter zu erwartenden Gewinn möglihst voll zu sichern. Die Wintersißungen des Instituts in Athen haben, beginnend vom 7. Dezember, alle vierzehn Tage Mittwoch Nachmittags stattgefunden, abwechselnd mit den zur selben Stunde alle vierzehn Tage angeseßten Sigzungen der französischen Schule, in welchen leßteren der Erste Sekretar Herr Dörpfeld einmal einen Vortrag über das Theater auf Delos gehalten hat, wie einen anderen über das älteste Athen in einer Sißung der amerikanischen Schule. In den eigenen E trugen außer den Sekretaren auch andere deutshe Besucher vor: von griechischer Seite die Herren Philadelpheus, Skias und Sworonos, ferner der Professor der amerikanischen Schule Herr Waldstein, und der \hwedische Arhäologe Herr Wide. Die Vorträge vor den Denkmälern wurden in gewohnter Weise von beiden Herren Sekretaren unter zahl- reicher Betheiligung auch nichtdeutscher Gelehrten gehalten. Zu An- ang und zu Ende des Rechnungsjahres fanden auh dieses Mal tig zu Lehrzwecken unter Betheiligung beider Sekretare statt : die eise nah dem Peloponnes und der auf einem Dampfer unter- nommene Vesuh von Juasel- und ‘anderen Küstenorten. Die Be- theiligung war jedesmal so stark, daß zumal bei der Peloponnesreise die Grenze dés überhaupt wohl Ausführbaren erreiht schien. Ueber zwei Monate im Sommer war der Erste Sekretar zur Vornahme der von Frau Schhliemann veranstalteten Ausgrabungen auf Hifsarlik beurlaubt, besuchte von dort aus die Ruinen von Neandria und Samothrake, sowie Konstantinopel. Zum Studium der französischen N war er in Delphi und auf Wunsch des Königlich riehishen Ephoros Herrn Staïs in Thorikos. Der Zweite Sekretar esuhte zu Studienzwecken die Ausgrabungen von Troja und das Museum in Konstantinopel, betheiligte sich auch an der Fahrt nah Delphi und dem Ausfluge nah Thorikos. Die Vertretung beider Sekretare während ihrer Urlaubsreisen im Herbst nach Deutschland übernahm das Mitglied des Instituts Herr Brückner aus Berlin. Eine Erweiterung der Reisecthätigleit des Instituts wurde im ver- gangenen Jahre zunächst durch die Liberalität der General-Direktion der anatolishen Gisenbahngesellshaft herbeigeführt, indem die General- Direktion dem Institut die Mittel gewährte, einen Stipendiaten in der

erson des Herrn A. Körte nah Konstantinopel und Kleinasien zu ent- enden. Die athenische Bibliothek des Instituts vermehrte fich um 180 ummern, darunter die meist im Austausch erworbenen Zeitschriften und eine ansehnliche Zahl von Geschenken. Die Sammlung photographischer Aufnahmen des Instituts in Athen hat si bedeutend vermehrt, sowohl aus Athen felbst, als aus den auf Reisen berührten Orten. Das Nachtragsverzeichniß is noch nicht abgeschlossen, wird aber nunmehr abgeschlossen werden, wie auch die Aufstellung eines vollständigen Exem- ps von Kopien der römishen und athenishen Negative in Berlin n diesem Jahre zu erwarten steht. Dem General-Sekretar hat sih im vergangenen Jahre dreimal besonderer Anlaß zu Reisen ge- boten. Zuerst besuchte er im Auftrage Seiner Excellenz des Herrn Reichs- kanzlers und der Zentraldirektion die Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner in Wien, um an den dort in Ausficht genotamenen erneuten Besprehungen über die Verwerthung ardäologisdee Kennt- Aus und Anschauungen im Gymnasialunterriht theil zu nehmen. Ueber die gefaßten Beschlüsse hat das Institut Seiner Excellenz dem Herrn Reichskanzler berihtet und Seine Excellenz haben die Geneigtheit gehabt, davon allen deutschen Regierungen Mittheilung zu machen. Die Regierungen haben \ih darauf in einem für die Wiener Beschlüsse günstigen Sinne geäußert, wovon weitere Frucht zu erhoffen ist. Speziell um der auf Antrag des Herrn Lechner-Nürn- berg auf der Wiener Versammlung betonten Nothwendigkeit Rech- nung zu tragen, daß immer neiere Anschauungsmittel aus dem Be- reiche antiker Kunst für die Gymnasien zu beschaffen seien, steht

das Zusammentreten einer vorberathenden Kommi in naher Aussicht. Der General-Sekretar bereiste sodann im Herbst v. I. die Strecke des römischen Limes in Südwestdeutshland hat den Herren Leitern der N des Limes für die gewä Aufnahme und Führung auf das wärmste 2 danken. Endlich führten Reifen im Anfange dieses Jahres nah Rom und nah Heidelberg, wo unter huldvoller Betheiligung Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs von Baden die Herren von Domaszewski, von Duhn, von Oechelhäuser und Zangemeister im Einvernehmen mit Mommsen zur Erreichung des längst bestehenden Wunsches red er urelaaes

ausgabe der Reliefdacstellungen an der Mark Aurels-Säule in

om die Jnitiative érgriffen hatten einem Plane, mit welchem

bereits auch der Erste Sekretar des Instituts in Nom beschäftigt hatte. Eine an die Zentraldirektion des Instituts gerichtete ° forderung des Heidelberger Comités hat sodann im vergangenen Winter dahin getr, daß ein erweitertes Comité neue Schritte zu Gunsten des Planes unternommen hat, dessen Ausführung in die Hand der Herren Petersen und von Domaszewski gelegt und vom Institut in jeder ihm möglihen Weise gefördert werden soll.” Nachdem soe en Seine Majestät der Kaiser die zur Aus- führung erforderlichen Mittel ZICPERE zu bewilligen -geruht haben, dürfte nihts mehr im Wege f ehen, von einem ebenfalls hoh- geneigten Entgegenkommen der Königlich italienishen Regierung und des Municipio von Rom Gebrauch zu machen und das Werk in An- griff zu roe L

Bei Kanalbauten in Kastel wurde, wie das „Mainzer Tageblatt“ berichtet, in der Tiefe von 1,60 m der obere Theil cines römischen Grabmals aufgefunden. Aus grauem Sandstein gearbeitet, tellt er ein Haus mit ziemli steilem Dad dar, dessen Ziegel- dede bis ins einzelne der Wirklichkeit nachgebildet ift. Das Haus, oder genauer die Halle (denn das Innere if als ein flach gewölbter Naum d ist 67 cm lang, 67 cm breit und 75 cm hoch. An den vier

den der Halle stehen kräftige Pfeiler, die etwas über die Wand- flähen vorspringen und mit ziemli s{chwerfälligem Pflanzenornament dekoriert sind. Auf der einen Giebelseite befindet sich eine thorartige Oeffnung; das dreieckige Feld darüber füllt eine mensch{lihe Halb- figur, aus deren Hüften kräftiges Rankenwerk hervorwächst, das sie mit. feitwärts gehaltenen Händen zu stüßen scheint. Die drei übrigen Außenwände find ebenfalls mit Reliefbildern verziert. Auf einer Seite ist Herkules zu sehen, wie er, die Keule \chwin- gend, den dreiköpfigen Höllenhund an einer Kette nahzieht. Das gegenüberliegende Bild zeigt Kastor und Pollux mit ihren Nossen. Auf der dritten Seite ist Juno dargestellt, Scepter und Schale haltend den Pfau zu ihren Füßen. Zwet Vorhänge, deren Faltenwurf einfach und geschmadckvoll geordnet ist, schließen das Bild nah den Seiten hin ab. Das zweite Giebelfeld füllt ein dreitheiliges Akanthusblatt. Die Figuren sind gut aufgefaßt und fo ausgeführt, daß man die Reliefs zu den besseren, in jenen Gegenden gefundenen römischen Bildwerken zählen darf. Spuren von rother Bemalung sind an dem Giebelfelde über dem Thore bemerkbar. Dieses Thor war dur eine Platte vershließbar, wie die Vorrichtungen zu beiden Seiten der Veffung beweisen. Einen Boden hat die Halle nit; fie ruhte jedenfalls auf einem steinernen Untersaß, der in einer Höhlun die Graburne barg, und bildete so gleihsam einen Vorraum, der ae zum Niederlegen von Opfern gedient haben mag. Die Grabschrift befand sich wahrscheinlich auf dem erwähnten Untersaß.

Einer Meldung der „Pol. Korr.“ zufolge hat die russische Regierung bei der P orte um die Erlaubniß angesucht, daß die Geographifhe Gesellschaft in St. Petersburg Tiefseemessun genim Marmarameere vornehmen lassen dürfe, um zu konstatieren welche Veränderungen der Meeresboden durch das jüngste Erdbeben er- litten habe. Die Pforte hat die Bewilligung ertheilt, und es foll das russische Kriegs\{hif , welhes die Expedition führen wird, von einem türkishen Schiff begleitet werden. Zu diesen B Arbeiten wird ein türkisher Marineoffizier delegirt werden.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Ftalien.

Durch Verfügung des Königlich italienishen Ministeriums des Innern sind die in der See-Sanitätsverordnung vom 11. November 1892 enthaltenen Bestimmungen, betreffend ärztlihe Untersuchung und die Desinfektion gewisser Gegenstände für Herkünfte der fragzöiden Mittelmeerhäfen, in Kraft gefeßt worden. (Veragl. auch ‘„N.-Anz.“ Nr. 270 vom 14. November 1892.)

Außerdem ist, um der Einschleppung der Cholera auf dem Land- wege vorzubeugen, in Ventimiglia ein regelmäßiger Ueberwachungs- dienst eingerichtet worden.

Spanien. ;

Die im. „R. - Anz.“ Nr. 153 vom 2. v. M. enthaltene Meldung über Einführung einer dreitägigen Beobachtungsquarantäne für Her- künfte aus Lüttich und Umgegend beruht auf einem Irrthum. Die damals angeordnete und bisher nicht aufgehobene Maßnahme betrifft die Herkünfte von Antwerpen Ee Aagangl.

ortugal.

Durch Verfügung des Königlich portugiesischen Ministeriums des Innern sind die aus St. Petersburg und Narva kommenden Waaren für choleraverseut erklärt worden.

Niederlande.

Durch Verfügung des Königlich niederländischen Ministers des Innern vom 9. d. M. sind die russishen Häfen an der Ostsee für choleraverfeucht erklärt worden.

Cholera.

Danzig, 11. August. Nach ace itinotimdins des Staats- kommissars wurde, wie die „Danz. Allg. Ztg.“ mittheilt, bei dem Arbeiter der Schichau’schen Werft, Hermann Lieder aus Althof, bei Otto Görß vom Holm, zur Familie des an Cholera ver- storbenen Kindes Görß gehörig, bei dem Dienstmädchen der Familie Görß, Marie Idau, und bei dem am 10. August Morgens in der Barackde Plehnendorf verstorbenen Ar- beiter Goergens aus Westl. Neufähr Cholera bakteriologisch fest- gestellt. Wie die Polizeidirektion bekannt giebt, ist au in dem Krankheitsfalle des Schlossers Lieder eine andere Veranlassung u natur ame als Genuß oder Gebrau infizierten Wassers nicht nachzuweisen.

Wien, 11. August. In der galizishen Gemeinde Een cen ist, wie ,W. T. B.* meldet, in den leßten 24 Stunden keine Er- krankung und kein Todesfall an Cholera vorgekommen.

Sit. Petersurg, 11. August. An der Cholera erkrankten bezw. tarben vom 5. bis zum 11. August in St. Petersburg 156 bezw. 101, vom 29. Juli bis zum 4. August in Warschau 139- bezw. 75, in den Gouvernements Petrikau 125 bezw. 72, Siedley 40 bezw. 19, Nowgorod 49 bezw. 19, St. Peters- burg 8321 bezw. 104, Witebsk 28 bezw. 11, Minsk 11 bezw. 4, Kostroma 1 bezw. 1, Esthland 17 bezw. 10 Kowno 23 bezw. 11, Lomscha 37 bezw. 9. Vom 2. bis 28. Juli erkrankten bezw. starben in den Gouvernements Radom 575 bezw. 288, Kurland 10 bezw. 7, Twer 3 bezw. 0, Livland 10 bezw. 4, Grodno 174 bezw. 81; vom 22. Juli bis 4. August erkrankten bezw. starben in den Gouvernements Tula 4 bezw. 1, vom 15. Juli bis

4. August in Mohilew 4 bezw. 2. ier sind gestern eine cholera-

Amsterd äm, 12. August. verdächtige Grkrankung und zwei Cholera-Todesfälle vorgekommen, in Maastricht zwei Erkrankungen. Jn Darimes bei Harlem ist eine ganze Familie, bestehend aus den eleuten und vier Kindern, an Cholera gestorben. In Harlem und in Zaandam ist je eine Erkrankung vorgekommen. Heute wurden aus den ver-

schiedenen kleineren Orten des Choleragebiets vier neue Er- trankungen und fieben Todesfälle gemeldet. Die Erkrankung an Bord des Rheindampfers „Siegfried“ in Rotterdam hat fi L „W. T. B.* meldet, nicht als cholera asiatica heraus« gestellt. y