1894 / 218 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 15 Sep 1894 18:00:01 GMT) scan diff

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bei der Kammer für Handelssachen in Frankfurt a. M.: der Kaufmann Anton Matti in Frankfurt a. M. und der Kaufmann Hermann Wilhelm Sto daselbst:

bei der Kammer für Handelssachen in Duisburg: der Pan veiger, Kommerzien-Rath Theodor Keetmann in h erg der Fabrikbesißer August Thyßen in Mül-

eim a. d. R.;

bei der Kammer für Handelssachen in Essen: der Buch- druckereibesißer .und Buchhändler Gustav Baedeker in Essen, der Direktor der Bergbaugesellshaft „Holland“ Heinrich Hollender in Ueckendorf bei Gelsenkirhen und der Direktor der Essener Kreditanstalt Paul Carney in Essen ;

bei der Kammer für Handelssahen in Magdeburg: der Kaufmann Robert Ferchland in Sudenbur -Magdeburg ;

bei der Kammer für Handelssachen in Stettin: der Kaufmann Max Julius Rohleder ‘in Stettin, der Kauf- mann Jakob Samuel daselbst, der Kaufmann Ernst ie Gottlob Hasselbach daselbst und der Kaufmann 2 e S Jakob Theodor Hellmuth Schroeder

aselbst.

Ministerium für Landwirthschast, Domänen und Forsten.

Dem Domänenpächter R o ckstroh zu Münchenlohra, Regie-

rungsbezirk Erfurt, ist der Charakter als Königlicher Ober- Amtmann beigelegt worden.

Nichtamtliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 15. September.

Das Staats - Ministerium trat heute Nachmittag um 2 Uhr im Dienstgebäude, Leipziger Plaß 11, unter dem Vorsiß des Minister - Präsidenten Grafen zu Eulenburg zu einer Sitzung zusammen. :

Die lange Dauer des Liquidationsverfahrens bei der hiesigen Viehversicherungsgesellschaft Pan“ führt nicht nur zu zahlreichen Beshwerden der preußishen und außer- preußischen Mitglieder dieser Gesellschaft, sondern hat auch

reßerörterungen hervorgerufen, welhe eine Klarstellung des achverhalts erwünsht machen. Nachdem die Gesellschaft im Jahre 1871 in Liquidation getreten war, hat das Liquidations- verfahren bis zum Jahre 1890 einer staatlihen Beaufsichti- gung übechaupt nicht unterstanden. Bei der Liquidation einer Gegenseitigkeitsgesellshaft, d. h. einer erlaubten Privatgesellshaft im Sinne des Allgemeinen Landrechts, findet eine gerichtlihe Leitung oder Merting des Verfahrens nach der Lage der Geseßgebung nicht statt. Nach der früher herrschenden Auffassung war aber auch eine Einwirkung der Verwaltungsbehorde ausgeschlossen, indem in der Praxis an- genommen wurde, daß die Staatsaufsicht über die konzessioné- pflichtigen Versicherungsgunternehmungen mit dem Liquidations- beshluß einer Gegenseitigkeitsgesellshaft ihr Ende erreicht. ‘Die Nichtintervention der Behörden in Verbindung mit der Unthätigkeit der an dem Fortgang der Liquidation zunächst betheiligten Mitglieder der Gesellshaft haben zu dieser lang- jährigen Verschleppung des Liquidationsverfahrens geführt, welche selbstredend neue große Kosten verursacht hat und nun- mehr bedauerlicher Weise die Erhebung bedeutender Nahschüsse von den Mitgliedern nothwendig macht. Als in neuerer Zeit jene Auffassung verlassen war, veranlaßte die Landes- olizeibehörde zunächst den Rücktritt des bisherigen Liquidators es „Pan“ und trat dann der Frage näher, ob überhaupt eine Weiterführung der Liquidation erforderlih war, oder ob man annehmen konnte, daß die zahlreihen Gläubiger stillschweigeno auf ihre Forderungen verzichten würden. Leßteres erwies si demnächst als ausgeschlossen, und so erwuchs der Aufsichts- behörde die Aufgabe, für die Einsezung eines neuen geeigneten Liquidators, die Neuwahl eines Verwaltungsraths , dessen Mitglieder seit der leßten im Jahre 1872 gabge- altenen Generalversammlung größtentheils durch Tod oder misniederlegung aus ihren Aemtern geschieden waren, und den ordnungsmäßigen Fortgang und die möglichste Beschleuni- ung des Liquidationsverfahrens Sorge zu tragen. Leider Ut die Behörde bei E Bemühungen von den Mitgliedern der Gesellscha bisher wenig unterstüßt worden, indem die meisten von ihnen troy aller Auf- klärungen über die Unvermeidlichkeit der Nachshüsse deren Zahlung verzögert oder verweigert haben, sodaß die Liquidation durh die nothwendig werdende Einklagung dieser Beträge weiter dias ert ist. Indessen nähert sih das Verfahren jeyt seinem {hluß, und die meisten der alien Verbindlich- keiten sind getilgt. Jn kurzem wird von Aufsichtswegen eine neue Generalversammlung des „Pan“ anberaumt und damit den Mitgliedern der Gesellshaft Gelegenheit ge- geben“ werden, sich über die Lage des Liquidations- ge ia rens näher zu unterrihten. Die Liquidation vollzieht O eit dem Jahre 1891 nah den Weisungen der Aufsichts- ehörde und unter deren beständiger sorgfältiger Kontrole, ihre völlige g hängt lediglih von dem Eingang der Nad üse ab. Da die Mitglieder einer Gegenseitigkeits- gesellschaft auf keine Weise von der Verpflichtung befreit werden können, für deren Verbindlichkeiten aufzukommen, so liegt es im dringenden Jnteresse der Gesammtheit der Ver- sicherten, daß nicht durch weiiere Verzögerungen im Eingang der Nachschüsse die Kosten der Liquidation immer aufs neue vermehrt werden.

Das „Armee-Verordnungs-Blatt“ veröffentlicht Ge Allerhöchste Kabinetsordre, betreffend die Ueberröcke von blauer Farbe für die Offiziere der Feld-Artillerie:

Ich bestimme in Abänderung der Ordre vom 18 Juli 1874, daß die Ueberröcke von blauer Farbe, wie solche für die Offiziere bei

den reitenden Abtheilungen der Feld-Artillerie vorgeschrieben, fortan

auc von den übrigen Offizieren der Feld-Artillerie zu tragen sind mit der ‘Maßgabe bed daß die bisherigen s{chwarzen UÜeberröcke bis zum 1. Januar 1896 aufgetragen werden dürfen. Das Kriegs-Ministerium hat hiernach das Weitere zu veranlassen. Neues Palais, den 23. August 1894. Wilhelm. An das Kriegs-Ministerium.

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Der Inspekteur der Feld-Artillerie, General-Lieutenant von Hoffbauer hat Berlin verlassen.

Der General-Lieutenant von Mikush-Buchberg ist von den Manövern des T. und XVII. Armee-Korps hierher zurückgekehrt.

. Jm „Anhange“ zu Nr. 38 des „Zentralblattes für das Deutsche ci G“ vom 14. September 1894 wird ein neues „Gesammtverzeichniß der Privat-Eisenbahnen und durch Private betriebenen Eisenbahnen, welchen die Verpflichtung auf- erlegt ist, hei Besezung von Beamtenstellen Militäranwärter vorzugsweise zu berücksihtigen“, zur öffentlichen Kenntniß ge- bracht. Das Verzeichniß tritt an die Stelle des durch Bekannt- machung vom 9. November 1892 (Zentralblatt 1892 S. 649) veröffentlihten Gesammtverzeichnisses.

_ Danzig, 14. September. Der Ober-Präsident, Staats- Minister Dr. von Goßler macht nachstehenden Aller- höchsten Erlaß bekannt:

«Ich bin während Meines Aufenthalts in der Provinz West- preußen bei den diesjährigen großen Herbstübungen dur den Mir und der Kaiserin und Königin, Meiner Gemahlin, überall und na- mentlich auch in den Städten Elbing und Marienburg bereiteten Empfang, sowie dur die patriotishe Haltung der Bevölkerung so wohlthuend berührt worden, daß es Mir zur lebhaften Freude ge- reiht, hierfür Meinen warmen Dank und Meine Anerkennung aus- zusprehen. Zur besonderen Genugthuung hat es Mir gereicht, daß die Truppen überall eine gute Aufnahme gefunden haben. Ich be- auftrage Sie, dies der Provinz bekannt zu machen.

Schlobitten, den 12. September 1894. : Wilhelm.

An den Ober-Präsidenten der Provinz Westpreußen.“

Saßnit, 15. September. Die Flotte manövrierte gestern den Tag über zwishen Stubbenkammer und Adlergrund. Die Uebungen endeten mit einem heftigen Geschüßfeuer. Am Abend lag die Flotte wieder auf der hiesigen Rhede. In der Nacht wurde sodann abermals ein großes Manöver ausgeführt, nach dessen Beendigung die Schiffe hierher zurückehrten und vor Saßnig vor Anker gingen. -

Württemberg.

Seine Majestôt der König ist vorgestern Nachmittag von A R E in Westpreußen wiedex in Friedrichshafen ein- getroffen.

Sachsen-Weimar-Eisenach.

Seine Königliche Ani der Großherzog wird nah Beendigung des Kurausenthalts in Scheveningen heute in lanen zurückerwartet und in Schloß Belvedere Aufenthalt nehmen.

Seitens des Großherzoglichen Staats-Ministeriums, De- partement des ŒFultus, ist angeordnet worden, daß aus Anlaß der am Sonntag, 9. Dezember, bevorstehenden dreihundert- jährigen Feier des Geburtstags König Gustav Adolf's von Schweden am Tage vorher, am 8. Dezember, in der Ober- und Mittelstufe aller evangelishen Schulen des Landes eine’ Religions- oder Geschichtsstunde dazu verwendet werde, in dankbarer Würdigung der Verdienste, die Gustav Adolf sich um die evanç R Sache Deutschlands erworben hat, den ibe ein Bild dieses edlen Glaubenshelden vor Augen zu ühren.

Elsaß-Lothringen.

Durch eine in Nr. 15 des „Gesehblatts füc Elsaß- Lothringen“ veröffentlichte landesherrliche Verordnung sind die Bezirkstage auf den 12. November d. J. einberufen worden: ihre Session wird spätestens am 24. November geschlossen. Die erste Sißungsperiode der Kreistage beginnt am 8. Okf- tober, die zweite am 10. Dezember; die Dauer einer jeden dieser Sißungsperioden ist auf höchstens 5 Tage festgeseßt.

Oefterreich - Ungaru.

Der Prinz Arnulf von Bayern, Höchstwelcher auf Einladung des Kaisers den Manövern in Ungarn bei- wohnt, wird morgen in Wien eintreffen und sich in der darauffolgenden Nacht nah Nagy-Naros begeben.

Die Delegationen sind gestern in Budapest zusammen- getreten. Die Delegation des Reichsraths wurde um 1 Uhr 10 Minuten von dem Minister des Auswärtigen Grafen Kálnoky eröffnet. Der Abg. Hauswirth über- nahm das Alterspräsidium, worauf der Präsident des Ab- geordnetenhauses Freiherr von Chlumecky mit 46 von 51 abgegebenen Stimmen zum Präsidenten gewählt wurde. Dieser dankte für die chrende Wahl, versprah eine objektive Leitung der Verhandlungen und sprach die Ueberzeugung aus, daß die Delegation die Vorlagen mit aller Genauigkeit, Ge- wissenhaftigkeit und patriotisher Opferwilligkeit, aber auch mit tiefer Bedachtnahme auf die Leistungsfähigkeit der Bevölke- rung und das Gleichgewiht im Staatshaushalt behandeln werde. „Wenn der Friede auch gesichert ist“, fügte Mei von Chlumecy hinzu, „so können wir doch nit mit der Abrüstung den Anfang machen. Da uns die Großmachtistellung derx Monarchie am Herzen liegt, so ist zu erwarten, daß die De- legation das hierzu nothwendige Opfer bringen wird.“ Schließlich betonte Freiherr von Chlumecky, daß die e Verrwoaltung allgemeine Anerkennung seitens des Auslandes gefunden habe. Die Sizung der ungarischen Delega- tion wurde um 5 Uhr Nachmittags eröffnet un Prien Graf Ludwig. Tisza zum Präsidenten gewählt. Graf Tisza ge- dachte in seiner Eröffnungsrede zuerst mit tiefempfundenen Worten des Erzherzogs Wilhelm und des Kriegs-Ministers von Bauer, die seit der lezten Tagung der Delegationen ge- storben sind, und führte hierauf Folgendes aus: Neben dem Dreibund biete eine Garantie h die Erhaltung des Friedens die volle Kriegstüchtigkeit der Verbündeten, somit auch die der österreichisch - ungarishen Monarchie. Aber auch die Er- haltung des inneren Friedens sei nothwendig; er

wiege gute Beziehungen mit den Nachbarmächten auf. Zndem Ungarn alle zur Erhaltung der Großmaht- stellung nöthigen Mittel zur Bersugusg stelle, erwarte es, daß die Monarchie auhch E ganzes Ansehen in die Wag- ale legen werde gegen unbefugte äußere Einmengungen, eren Duldung den inneren Frieden stören könne. ie Gewähr hierfür biete der König von Ungarn, der die Jnte- pril der Gebiete der Stephanskrone zu wahren für seine eiligste Pflicht halte. Redner {loß mit einem von lang- anhaltenden Eljenrufen begleiteten „Hoh lebe der König! Aaun wurden noch die Wahlen für die Ausschüsse er- edigt.

Der den Delegationen vorgelegte gemeinsame Staats- voranshlag für 1895 weist ein Gesammterforderniß von 149 379 913 Fl., gegen das Vorjahr also ein Mehrerforderniß von 4 131 413 Fl. auf. Hiervon gehen an Zollüberschüssen 47 539 720 Fl. (gegen das Vorjahr höher veranschlagt um 3169540F!.) ab,es bleibt somit ein Erfordernißvon 101 840 193 F[. Werden hiervon die zu Lasten des ungarishen Staats- schaßes vorerst abzuziehenden 2 Proz. abgezogen, so bleibt als dur Quotenbeiträge zu deckendes Erforderniß die Summe von 99 803 389 Fl. Davon entfallen auf Oesterreih 70 Proz. oder 69 862 372 Fl., auf Ungarn 30 Proz. oder 29 941 017 Fl. Hierzu kommt ein Mehrerforderniß für die Truppen des OVfkkupationsgebiets von 3582000 Fl. (gegen das Vor- e Mindererforderniß 28000 Fl.). Speziell bean- pruchen der Minister des Aeußeren 3684500 Fl., das Kriegs-Ministerium 143553 388 Fl., gegen das Vorjahr mehr 4071580 Fl. Das Heeresordinarium zeigt ein Mehrerforderniß von 3618693 Fl., das Extraordinarium ein Mindererforderniß von 50 693 Fl., das Marineordinarium ein Mehrerforderniß von 214 380 R das Extraordinarium eine Mehrforderung von 289 200 Fl. Die Gebahrungsrech- nung für 1893 weist einen endgültigen Mehreingang an Zollübershüssen von 12673291 Fl.,, die Schluß- rechnung für 1892 einen günstigeren Erfolg um 3 857 120 Fl. auf. Das Budget der Verwaltung des Okkupationsgebietes schließt bei einem Erforderniß von 14010720 Fl. mit 74 270 Fl. Uebershuß ab, d. i. einem Mehrübershuß von 6906 Fl. gegen das Vorjahr. Das Mehrerforderniß des Heeresordinariums ist veranlaßt durch die im vorigen Jahre beschlossenen Erhöhungen des Bestandes, durh die weitere Vermehrung des Offizierstandes zur Sicherung des noth- S RE led Bedarfs im Kriege, mrs weitere Verstärkungen des Mannschafts- und Pferdebestandes, durh Maßnahmen zur Erleichterung der Mobilisierung, durch die Formierung des sechzehn Tiroler Jäger-Bataillone in vier Regimenter und durh die Fortführung der Reorganisation der Pionier- truppe. Größere Berräge des Mehrerfordernisses entfallen ferner auf die Naturalverpflegung. Jm Extraordinarium er- scheinen die Gesammtkosten der Ein rug des rauchlosen Pulvers moe der Preissteigerung, sowie infolge der Er- weiterung der Blumauer Fabrik und des Ankaufs einer Nitro- cellulosefabrik um beiläufig 2 Millionen vermehrt. Für Forti- fikationen sind 1 975 000 l eingestellt, deren Begründung der mündlichen Erörterung vorbehalten wird. Diefür die Verbesserung des galizishen Barackenlagers vorgesehene Rate wird wegen des A eenban Verfalls der Baracken und wegen der Nothwendigkeit, größeren Kalamitäten zuvorzukommen, ge- fordert. Das Mehrerforderniß des Marineordinariums ist hauptsählih veranlaßt durch die Kosten für ein drittes Missions\chiff. Jm Marine-Extraordinarium erscheint die erste Rate für sechs neue Torpedoboote, deren Gesammtkosten auf 1 030000 Fl. veranschlagt sind.

Der Budgetauüs\chuß der österreihishen Dele- gation wird nächsten Montag das ges des Ministeriums des Aeußeren berathen, es ist daher das Exposé des Ministers des Aeußeren Grafen Kälnoky für diesen Tag zu erwarten.

Die Resolution der österreihishen Delegation wegzen N der Mannschaftskost wurde dahin beantwortet, daß der Kriegs-Minister infolge unaufschieb- berer Mehrforderungen im Budget sich leider abermals außer Stande sehe, das Erforderniß hierfür einzustellen, daß er aber die Frage niht aus dem Auge lassen werde.

Die Antwort auf die Resolution der Eer Delegation wegen Errichtung einer dritten ilitär- Akademie in Ungarn lautet dahin, daß für Baupläne 2c. 10 000 Fl. im Voranschlage pro 1895 für das Heer eingestellt Pie wenngleich der Minister den Zeitpunkt für die Errichtung olange niht als gekommen erachte, als auf dem Gebiete des Militär-Erziehungswesens dringendere und wichtigere Auf- gaben der Lösung bedürftig seien.

Großbritannien und Frland.

Die britishe Regierung entsendet einen Artillerie- Hauptmann und einen Militärarzt in das japanische P quartier, sowie einen Jnfanterie- Hauptmann und einen Militärarzt in das chinesische Hauptquartier.

Frankreich.

Die Hauptzüge des neuen, vom Finanz - Minister Poincaré ausgearbeiteten Getränkesteuerentwurfs be- stehen, wie „W. T. B.“ erfährt, in einer Herabsezung der allgemeinen Steuer auf Wein, Bier und Cider, in ming dex Accise sowie Aufhebung der Detailsteuer auf Wein un Cider, ferner in Erhöhung der Alkoholsteuer auf 200 e

Der Minister der Kolonien Delcassé hat eine Depesche des Gouverneurs des Sudan erhalten, derzufolge der Kommandant von Timbuktu die Unterwerfung des Häuptlings des Jrregenaten-Stammes angezeigt hat. :

Bei dem gestrigen Manöver stürzte nah einer Meldung aus Artenay der General de Verdière mit dem Pferde und verleßte sih dabei erheblih am Handgelenk und an der Brust.

Belgien.

Die liberale Liga hat dem „W. T. B.“ zufolge die Annahme des von der liberalen Vereinigung genehmigten Zusaßzvorschlages Janson beschlossen, der dahin geht, die Vervollständigung der Liste in einer Versammlung vor- nehmen zu lassen, an der alle liberalen Vereinigungen des Arrondissements, mit Ausnahme der liberalen Liga und der liberalen Vereinigung, theilnehmen sollen. Das Comité wurde beauftragt, sih mit dem Comité der liberalen Vereinigung zu verständigen um die Ausführung dieses Vorschlags sicher zu stellen. Das Comité wird dem dur das Uebereinkommen gesicherten Prinzip des gleihmäßigen Einflusses beider Gruppen Achtung verschaffen und \sih e daß die Kandidaturen hauptsählich eine Vertretung der Landbevölkerung des Arron- dissements und der Arbeiterklasse zu gute kommen.

Montenegro.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Cetinje is} die Mutter des Fürsten Nicolaus s{hwer erkrankt.

Schweden und Norwegen.

Der König hat über die Feier des 300. Geburtstags Gustav Adolf’'s am 9. Dezember d. J. einen „offenen Brief“ an das shwedische Volk erlassen, der nach der „Köln. Ztg.“ im wesentlichen wie folgt lautet : S

Drei Jahrhunderte sind bald heran en, seit König Gustav Adolf geboren wurde. Die ganze evangelish-protestantishe Welt, die in ihm einen ihrer ersten Helden erblickt, hat Anlaß, auf dieses bedeutungsvolle Greigniß ihre Gedanken zu rihten. In erster Linie muß dies aber in dem Lande geschehen, das das Glück hatte, ihn den Seinen zu nennen und als den vorzüglichsten in einer Reihe großer Könige zu zählen. Das Herz eines jeden Schweden muß von Stolz und Freude erfüllt werden, wenn diefe {öne Erinnerung vor seine Augen tritt. Denn das Leben des Heldenkönigs hat über den s{chwedischen Stamm einen Glanz verbreitet, den keine Seit zu verwischen vermag, und seine Verdienste um das Reich, das

ott in seine Hände gelegt, werden oder können niemals vergessen werden. Eine Königsthat, wie diejenige Gustav Adolf’s findet man felten in der Geschichte des Volkes. Als er im Alter von siebzehn Jahren, noch ein Jüngling, den Thron “seiner Väter bestieg, um die ‘Führung des wedisken Reichs zu übernehmen, fand er es von tiefer innerer Zwietraht erregt, von langwierigen Kriegen ausgezehrt und den zahlreihen mächtigen Feinden “gegenüber unruhig und unschlüssig. Nach Ansicht vieler stand es hart am Rande des Unterganges. Es muthet daher fast wie ein Wunder an, was man 20 Jahre später bei seinem vorzeitigen Hinscheiden erblickt. Ein einziges, verjüngtes und _hochgesinntes Volk steht in Sorge an dem Grabe seines unvergeßlihen Königs, aber auch fest entschlossen, das Werk, das der große König hinterlassen, mannhast zu vollenden. Es hatte nicht bloß seine Selbständigkeit befestigt, es nahm auch einen ehrenvollen Plaß in der Reihe der erten Staaten Curopas ein. Solange wie der evangelishe Glaube Wurzeln schlägt und heilig gehalten wird, wird das Andenken Gustav Adolf's als des Mannes, der mit Gottes Hilfe die Sache des Pro- testantismus rettete, als diese in äußerster Gefahr {chwebte, in Ehren gehalten werden. Für unsere deutshen Glaubensverwandten schien keine Rettung vorhanden zu sein, und die Sturmfluth der päpstlich- kfatholischen Uebermacht drohte jeden Augenblick unsere eigenen Küsten zu erreichen. Jn dieser Stunde der Gefahr trat Gustav Adolf in den Kampf. Jun den Augen der Meisten war er unglei, ungewiß und voll der größten Gefahren, für ihn stand es jedoch flar, daß die Zukunft Schwedens und die Freiheit des evangelishen Glaubens unauflöslih mit einander verbunden waren. Er sah in dem Kampf einen Nuf von oben, folgte ohne Zaudern dessen Mahnung und gab mit Freuden sein Leben, und er hat es, wie die Geschibte lehrt, nicht vergebens ethan. Darum aber gehört sein Name niht nur dem Vaterlande, abern der Menschheit, und sein Kampf für die Sache des Protestan- tismus hat feine welthistorishe Größe begründet.

Asien.

Das „Reuter she Bureau“ meldet aus Shanghai von estern : Aus Qu an eingegangenen Berichten atfdlae habe ih nahezu ganz Süd-Korea gegen die Japaner erhoben. (Siche das Telegramm der „Times“ in der gestrigen Nummer d. Bl.) Meidrulsud Japaner hätten Fusan verlassen, um nah Sóöul zu marschieren, koreanische Truppen hätten jedoch ihrem Vordringen Widerstand geleistet. Die Japaner hätten {hwere Verluste erlitten und nah Fusan zurückkehren müssen. Von den ausmarschierten 2000 Zin Wöften nur 800 Fusan wieder erreicht. Weitere 2000 Mann seien zur Bewachung der japa- nischen Ansiedelung Sorio in Fusan angekommen.

Der „Times“ wird aus Shanghai gemeldet: Nach Nachrichten, die aus P lang in Tientsin eingegangen seien, hätten die Japaner in der Nacht des 12. September die Chinesen bei Ping-jang angegriffen, seien aber zurückgeshlagen worden. Das Gefecht sei äußerst blutig verlaufen. Die japanishen S ite kreuzten im Golf von Petschili. Dagegen wird dem „H. T. B.“ aus London von heute gemeldet, die Japaner gingen auf der ganzen Linie vor. Bei Ping-jang habe ein heftiger Aen statt- gefunden, bei dem die Chinesen geschlagen worden seien und 600 Todte verloren hätten. :

Der General A R FN, Häuptling der annamiti- [hen Schwarzflaggen, soll dem „Reutershen Bureau“ zufolge als zweiter Kaiserlicher Kriegskommissar nah Formosa beordert worden sein.

Aus Hongkong wird dem „Reuter hen Bureau“ ge- meldet, infolge eines Versuhs chinesisher Agenten, die Truppen der Sine lten Garnison durch Versprehungen zu verleiten, in chinesische Dienste zu treten, habe der Kommandeur der Truppen cinen Befehl erlassen, worin die Leute gewarnt würden, solhen Vorschlägen Gehör zu geben.

Afrika.

Der Khedive is, wie das „Reutershe Bureau“ meldet, gestern in Alexandrien eingetroffen. Jn den von Ein- eborenen bewohnten Vierteln der Stadt waren große Vor- ereitungen getroffen, um die Rückkehr des Khedive zu Dce

Das Kriegsgericht in Kairo hat in dem Prozeß

egen Sklavenkaufs die beiden angeklagten Paschas frei-

ge]prochen und die übrigen Angeschuldigten zu Zwan gs- arbeit von 6 Monaten bis 11/7 Jahren verurtheilt. General Kitchener hat die Verurtheilungen bestätigt, jedoh die Be- stätigung der freisprehenden Erkenntnisse verweigert.

Jn Madrid eingetroffene Depeschen aus Melilla mel- den, der Prinz Muley Araaf lasse sih ein befestigtcs Ms bauen aus Furcht vor Angriffen der Kabylen. Diese Maß- A mache großen Eindruck, da sie zu beweisen scheine, daß der Prinz nicht mehr seinem religiösen Prestige vertraue.

Nr. 36A des ,Zentralblatts der Bauverwaltung“, herausgegeben imM inisterium der öffentlichen Arbeiten hat folgenden Inhalt: X1. Wanderverfammlung des Verbandes deutsher Architekten - und Ingenieur - Vereine in Straßburg i. E. (Schluß.) Büssing's Voclegebremse für den Verschubdienst.

Kunst und Wissenschaft.

Im glastechnischen Laboratorium zu Jena is man gegen-

wärtig mit dem tes cines Objektivs zu einem astro-- äst

nomischen Fernrohr be igt, das nach seiner Fertigstellung die größte bisher gegossene Linse aufzuweisen haben wird. Ihr Durch- messer beträgt 110 cm, d. h. 14 cm mehr als derjenige der bisherigen größten Fernrohrlinfe auf dem Lik in Kalifornien, deren Durchmej\ser nur 9% em beträgt. Die neue Linse wiegt im Rohguß etwa 10 Ztr. Das Shleifen derselben wird in München besorgt. Die Kosten der [ertig geschliffenen Linse werden 300 000 4 betragen. Auf der nächsten | M Gewerbe - Ausftellung soll das neue Objektiv ausgestellt verden.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs-

aßregeln.

Preußen.

Re p: -Bez. Posen. Der Regierungs-Präsident hat zur Abwehr der Choleragefahr folgende weitere Maßnahmen getroffen:

1) Durch Verfügung vom 1. September 1894 sind die in den C eN im Monat September angeseßten Jahrmärkte aufgehoben worden.

2) Durch ein weiteres, unter dem 1. September 1894 erlassenes Verbot ist für die diesjährigen in den Kreisen Wreschen, Jarotscin,

leshen, Ostrowo, - Schildberg, Kempen, Adelnau, Krotoschin und Schroda stattfindenden kirlich - katholishen Ablaßfeste der Zuzug folher Wallfahrer bis auf weiteres untersagt worden, welche nicht dem Kirchspiel des Ablaßortes angehören.

3) Durch Verfügung vom 3. September 1894 wurde die Schließung der Landesgrenze angeordnet. Die letzte bleibt geöffnet an den Zoll- oe von Strzalkowo, Borzykowo, Pogorzelice (Kreis Wreschen) Skalmierzyce (Kreis Ostrowo) und Podsamtsche (Kreis Kenent.

4) Mit der Untersuchung der auf dem Zentral - Bahnhof zu Posen von der russishen Grenze kommenden Reisenden wurde vom 28. August ab ein Arzt beauftragt. : Z

Reg. - Bez. Oppeln. Der Regierungs-Präsident hat durch Verfügung vom 31. August 1894 das Abhalten von s und die Veranstaltung von Walifahrten für den Umfang des Bezirks bis auf weiteres untersagt. / ;

Ebenso sind unter dem 5. September d. I. für die Kreise Beuthen, Gleiwitz, Kattowiy, Pleh lf, und Zabrze die Jahr- märkte, einshließlich der Viehmärkte, aufgehoben und die Abhaltung von Volksfesten, Tanzbelustigungen, öffentlichen Versammlungen 2c. bis auf weiteres verboten. A u

ürkei.

Zufolge Beschlusses des internationalen Gesundheitsraths in Konstantinopel unterliegen Herkünfte von der Karamanischen Küste zwischen Ayas und Kilindria (diese beiden Häfen eingeschlossen) einer zehntägigen Quarantäne. A

Cholera.

Danzig, 14. September. Aus dem Bureau des Staats- kfommissars für das Weichselgebiet wird der „Danz. Allg. Ztg.“ mitgetheilt, daß Cholera bei dem Kinde Albert Kaminski und der Frau Schmidt in Tolkemit, bei der Frau Bartsh in Stutthof e i verstorbenen Knabe Friedrih Sareßki in Tiegenhof estgestellt ift. |

Breslau, 14. September. Im hygienishen Institut der Uni- versität Breslau sind, wie die „Schles. Ztg.“ mittheilt, im Laufe der leßten 24 Stunden zehn neue Cholerafälle festgestellt worden, darunter sieben aus Siemianowiß und je einer aus Nosdzin, Katto- d und Wyssoka, einem 5 km von Rosenberg O.-S. entfernten

orfe.

Wien, 13. September. Nach den heute hier eingetroffenen Nach- richten über den Stand der Cholera kamen in Galizien 136 Er- krankungen und 113 Todesfälle, in der Bukowina 12 Erkrankungen und 9 Todesfälle vor.

Der Gesundheitsstand in Berlin war in der Woche vom 26. August bis 1. September ein günstiger und die Sterblichkeit cine geringere als in der Vorwoche (von je 1000 Einwohnern starben, aufs Jahr berechnet, 18,3 gegen 20,2 der E Eine erhebliche weitere Abnahme erfuhren akute Darmfkrankheiten, die jedo immer noch in 158 Fällen (gegen 240 der Vorwoche) zum Tode führten und fast aus\{hließlich eine Kinder im Alter bis zu 2 Jahren betrafen. Die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblich- keit war eine wesentlich kleinere; von je 10000 Lebenden starben, aufs Jahr berehnet, 85 Säuglinge. Auh akute Entzündungen der Athmungsorgane kamen seltener zum Vorschein und endeten seltener tödtlih. Von den Infektionskrankheiten blieben Erkrankungen an Unterleibstyphus selten, Erkrankungen an Masern und Diphtherie kamen - etwas weniger, an Diphtherie etwas mehr als in der Vorwoche zur Anzeige, und zwar zeigten sich Erkrankungen an Diphtherie nur im Stralauer Viertel und in der Rosenthaler Vorstadt in nennenswerther Zahl. Erkrankungen an Kindbettfieber wurden 3 bekannt. Rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut blieben selten, während Erkrankungen an Keuchhusten häufiger beobahtet wurden und auch etwas mehr Todesfälle als in der vorhergegangenen Woche hervor- riefen. Rheumatische Beschwerden aller Art zeigten im Verglei zur Vorwoche keine wesentliche Veränderung in ihrem Vorkommen.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Nuhr und in Oberschlesien. An der Ruhr sind am 14. d. M. gestellt 11 565, nit rechtzeitig gestellt keine Wagen. In Oberschlesien sind am 13. d, M. gestellt 4489, nit recht- zeitig gestellt keine Wagen. :

____— Vom oberschlesis{chen Eisen- und Zinkmarkt berichtet die „Schl. Ztg.“: Die Produktion an Roheisen übersteigt den gegenwärtigen Bedarf der oberschlesishen Walzwerke und Gießereien und die Roheisenbestände müßten niht unbedeutend anwachsen, wenn niht die russishen Werke den größten Theil der Mehrproduktion abnehmen würden. In Gießereiroheisen Hat fih der Absaß noh nicht geboben, man hofft auf größere Lieferungsabschlüsse für die Wintermonate. Für Walzeisen sind die Ordres in leßter Berichtswoche wiedex etwas spärlicher eingegangen, und au aus dem Auslande hat sih der Ein- gang von Aufträgen etwas abgeschwächt. Troßdem \cheint noch ein reger Bedarf vorzuliegen, da allgemein von den Bestellern auf \{leunige Lieferung gedrängt wird. Größere neue Schlüsse sind bis jeßt noch wenige gethätigt worden, ein Zeichen, daß die Laute trop des noch ziemlich starken Begehrs aus ihrer urückhaltung nit heraustreten wollen. Für Grobeisen it der Begehr befriedigend, und gehen hierin die Verladungen recht flott; für eme hat die Nachfrage, besonders im Inlande, etwas nah- gelassen. Auch in Blechen hat sih das JInlandsgeschäft für Fein- und GBrobblech verringer®, nur in Feinblehen für das Ausland haben dice Werke noch vollauf zu thun, und ist ihr ungeschwächter Betrieb noch auf. mehrere Wochen gesichert. Sm Betriebe der Maschinen- und Kesselfabriken hat sch nichts geändert ; sie sind mit Aufträgen ungleih bedacht, daher einzelne ziemli gut, andere wenig beschäftigt. Draht- und Nägelwerke arbeiten ungeshwäht weiter, obwohl die Aufträge für ihre Fabrikate jeßt ebenfalls in geringerer Anzahl eingehen. Röhrenwalzwerke sind noch ziemlich gut beschäftigt. Ueber die Lage der Eisengießereien ist Neues nicht zu berihten, sie find nah wie vor unzleih beschäftigt und die F für Gußwaaren (außer Röhren) sehr gedrückt. Im Zinkgeshäft hat sih in dieser Berihtsroohe nichts geändert.

Verdingungen im Auslande.

Desterreich-Ungarn.

10. Dftober, 12 Uhr. K. K. General-Direktion der österreichischen Staatsbahnen, Wien : Lieferung von Kesseleisenblechen bester Qualität, Kupferplatten für Lokomotiv Feuerkisten, Achsen aus Ziegelgußstahl, Achsen aus Martin-Flußstahl, E aus Tiegel ußstabl, Nad- reifen aus Martin-Flußstahl, Siederohre aus Eisen ter Stahl pro 1895. Nâheres bei der K. K. General-Direktion, Unter-Abtheilung 3, und beim „Neichs-Anzeiger“.

Verkehrs-Anstalten.

Bremen, 15. September. (W. T. B.) Nouddeutscher Lloyd. Der Reichs-Postdampfer „Salier" hat am 13. September Nach-

l mittags die Reise von Southampton nah Antwerpen fortgeseßt.

Der Postdampfer „Kronprinz Friedrich Wilhelm“ ist am 14. September Vormittags in Neapel angekommen. :

Pamburg, 14. September. (W. T. B.) P amburg Ameri - kanishe Packetfahrt - Aktiengesellshaft. Der Schnell- dampfer „Fürst Bismarck" ist heute Morgen in Cuxhaven an- ekommen. Der Schnelldampfer „Augusta Victor ia“ ist heute Mörgen in New-York eingetroffen,

Theater und Musik.

Deutsches Theater.

Die gestrige Aufführung des Volksstücks „Das vierte Gebot“ von Ludwig Anzengruber stand unter keinem glüÆlichen Stern. Das Drama selbst mit seinen lose zusammenhängenden fieben Bildern gewinnt erst einen festeren Halt, wenn jedes einzelne Bild mit feinem er und Stimmungsgehalt zu einer abgeshlossenen Handlung erausgearbeitet wird. Wenn die einzelnen Scenen eindruckélos zer- fließen, zerstiebt au die Kraft der leiht gefügten Dichtung. Zur tüch- tigen Darstellung dieses Volks\tüccks, das fast nur Epifodenrollen enthält, gehört eine große Zahl gut ge Schauspieler, und an diesen cheint es unter den neuen Mitgliedern noch zu mangeln ; denn nicht alle Rollen waren zufriedenstellend beseßt. Einzelne Darsteller leisteten Hervorragendes, wie Herr Hermann Müller in der Rolle des alten, ewig durstigen Drehslermeisters Schalanter und Herr Rittner als sein jähzorniger Sohn; der derbe Realismus, mit dem diese beiden Figuren aus dem Volk dargestellt wurden, war von Erfolg begleitet. Diesen beiden glücklihen Leistungen {lossen iw die der beiden Damen Schmittlein und Gisela Schneider ebenbürtig an; die leihtfertige Vêutter und die [eichtfinnige, manchmal sentimental angehauchte Tochter, die die elende Familie des Drechslermeisters vervollständigen, wurden keck und in äußerlich gefälliger volksthümliher Form auf die Bühne gestellt. Diese Familie bildete aber au, was die Darstellung anbetrifft, den Glanzpunkt des Abends. Wenn man Herrn Nissen ausnimmt, der die „alte Kunst“ überzeugend vertrat, so verdient von den übrigen zahlreichen Mitwirkenden nur noch Herr ane in der Episodenrolle des Weltpriesters und guten Sohnes Eduard besonderer Erwähnung. Die Leistungen aller übrigen Darsteller überschrittten niht das Mittelmaß, was befonders augenfällig hervortrat, wenn in s{nellem Wechsel einmal die feshe Lüder- lichkeit des jungen Stolzenthaler in Herm Rissen's Gestalt über die Bühne zog, oder wenn die verwahrloste Drechsler- familie mit ihrer lauten und zügellosen Lebenslust hereindrang.

Im Königlichen Opernhause werden morgen die Opern „Mara“ (Frau Pierfon, Herr Philipp) und „Bajazzi“ Herren Sylva, Bulß, Fränkel, Frau Herzog) sowie das Ballet „Die Puppenfee“ (Damen dell’Era, Urbanska) gegeben. Am Montag gelangt Bizet's „Carmen“ zur Aufführung mit Herrn Sommer und Frau Goetze.

Im Königlichen Schauspielhause findet morgen eine Wiederholung von Molière’s Lustspielen „Der Geizige“ und „Die Schule der Frauen“ in der Verdeutshung und Bearbeitung von Ludwig Fulda statt. Am Montag gehen die Lustspiele „Die Schul- reiterin“ (Fräulein Lindner, Herr Blencke), „Eingeshlossen“ (Frau Schramm) und „Militärfromm“ (Fräulein Lindner, Herren Klein und Blenke) in Szene.

Im Deutschen Theater findet eine Wiederholung des Volks- tücks „Das vierte Gebot“ von L. Agra morgen Abend ftatt. Morgen Nachmittag und am Montag Abend wird „Der Talisman“ gegeben. Inzwischen ist die Besserung in dem Befinden von Frau Sorma in erfreulicher Weise fortgeschritten, sodaß die Künstlerin in den nächsten Tagen ihre Thätigkeit wieder in vollem Um ang aufnehmen kann. Der Spielplan für die übrigen Tage der Woche ist folgender- maßen festgeseßt: Dienstag: „Das vierte Gebot“, Mittwoch: „Esther“, „Der Tartüfsf“, Donnerstag: „Das vierte Gebot“, Freitag (3. Abon- nements-Vorstellung) : „Der Talisman“, Sonnabend: w FUOTA «

Im Berliner Theater kommt morgen Nachmittag Hermann Sudermann’'s Schauspiel „Heimath“ mit Marie Reisenhofer als Magdo und am Abend „Der Pfarrer von Kirhfeld“ zur Aufführung. Im übrigen isl der Wochenspielplan folgendermaßen festgef eßt: Montag : „Der Pfarrer von Kirchfeld“ ; Dienstag zum ersten Mak: „Ein Erfolg“, Lustspiel in 4 Akten von Paul Lindau; Mittwoch: „Der Pfarrer von Kirhfeld“; Donnerstag: „Ein Erfolg“; Freitag (3. Abonnements- Vorstellung): „Ein Erfolg“; Sonnabend: „Die Großstadt- luft“. Die Inscenesebung von Franz Grillparzer's drama- tishem Märhen „Der Traum ein Leben“, das einen großen dekorativen und maschinistishen Apparat erfordert, um den Intentionen des Dichters gemäß veranschauliht zu werden, wird in- zwischen weiter gefördert, so daß die Aufführung nob am Schluß dieses Monats zu erwarten ist.

Im Lesstng-Theater wird das Schauspiel „Gefallene Engel“, das heute Abend zur ersten Aufführung gelangt, morgen, am Donnerstag und am Freitag wiederholt werden. Am Montag wird die „Haubenulerhe“ mit Roîa Netty, it Guthery und Emanuel Reicher, am Mittwoch , Madame Sans-Gône“ mit Marie Reisenhofer in der Titelrolle dargestellt. Als nächste Novität wird Felix Philippi's dreiaktiges Schcuspiel „Wohlthäter der Menschheit“ am Sonnäbend zum ersten Mal aufgeführt. Die Herren Sommerstorf} und Suske Ai bei dieser Gelegenheit am Lessing-Theater zum ersten Mal auftreten.

Im &riedrich-Wilhelmstädtischen Theater bleibt die Messager’she Operette „Der Volkssänger“ nur noch bis Dienstag auf den Spielplan. Am Mittwoch gelangt die Zeller'sche Operette „Der Vogelhändler“ mit Herrn Pauli in der Titelrolle zur Aufführung.

Im Neuen Theater wird als erste heitere Novität Labiche's Schwank „Perichou's Reise“ vorbereitet; das Stück dürfte, von den ersten komischen Kräften dargestellt, in der Mitte der nächsten Woche ¿u Aufführung gelangen. Inzwischen wird auch „Dorf und Stadt“ morgen Abend ins Repertoire aufgenommen; das Lorle liegt in den Händen von Paula Wirth. i

Im Theater Unter den Linden ist jezt die Vorstellung der Operetten-Feerie „Orpheus in der Unterwelt“ dur Kürzungen derart. eingerichtet, daß sie um 103 Uhr beendet ist. Ï

Aus der Novität des Adolph Ernst-Theater s, „Lolotte's 28 Lage“, werder die von Fräulein Fischer sowie von Herrn Klein vorgetragenen ep Ae in einigen Tagen im Musikalien® Verlag ersheinen. Auch Herr Weiß singt \eit gestern ein mit großem Beifall aufgenommenes neues Kuplet.

Im Zentral-Theater werden infolge des großen Andrangs zu den Vorstellungen der Posse „O, diese Berliner illets für die laufende Woche jeßt {on immer sieben Tage vorher verkauft, \odaß t e S für den Sonntag bereits am vorangehenden Montag zu

aben find. _ Am nä{hsten Donnerstag eröffnet Kapellmeister Meyder seine Thätigkeit im Konzerthause, das damit in das 28. Jahr feines Bestehens eintritt. Das Konzerthaus wird auch in diesem Winter seiner alten, bewährten Richtung treu bleiben, vornehmlich die edle volfsthümliche Musik zu pflegen. :

Morgen findet im Kroll'\chen Etablissement ein großes Doppel-Konzert des „Neuen Orchesters“ - und der Kapelle des Garde- Fúsilier-Regiments unter Leitung des Musikdirigenten Herrn Frese statt. Von 4 Uhr an bis zum Eintritt der Dunkelheit konzertier?zn beide Orchester im Garten, dann wird der übrige Theil des Pro- gramms im Königssaal ausgeführt.

Mannigfaltiges.

Die Schleufenanlage am Mühlendamm, die mit ihrer Verwendung der Wasserkraft einzig in ihrer Art dasteht, ist, wie die „Nat.-Ztg.“ berichtet, gestern Vormittag auf ihr genaues Funktionieren geprobt worden, wozu für das Durchpassieren ein Lastkahn von über 10 000 Ztrn. Tragkraft ausersehen war. Mittels zweier einfachen R RS seßt der Schleusenwärter die mächtigen Thore mit ptelender Leichtigkeit in Bewegung, Ein Handgriff, und

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