1894 / 244 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 16 Oct 1894 18:00:01 GMT) scan diff

__ Scine Majestät der Kaiscr und König reiten durch die Mitte der Truppenausstellung bis in die Nähe des voc dem Denkmal zu errichtenden Altars, worauf wieder im ganzen das Gewehr „über“ und „ab“ genommen wird. Die Truppe bleibt „stillstehen“.

Die Leib-Kompagnie des 1. Garde-Regiments z. F., welche mit den drei alten Fahnen des Regiments, den Spielleuten und dem Musikkorps, sowie den zu weihenden Fahnen im Lichthof des eustauses bereit steht, marschiert sogleich nach- dem Seine Majestät der Kaiser und König am Portal des Zeughauses vorbeigeritten sind, aus dem lehteren heraus, formiert sich vor demselben in Zügen Front nah dem Denkmal und erwartet daselbst n Befehl zum Anmarsch. Die neuen Fahnen stehen in drei Zügen in G Ee Kompagnie-Kolonne, die Flügel der Züge mit den drei ältesten Sen Söhnen und den drei Söhnen Seiner Königlichen

oheit des Prinzen Albrecht von Preußen beseßt, vor den

pielleuten der Kompagnie. :

Nachdem Seine Majestät der Kaiser und König den Befehl Js Anmarsch ertheilt haben, marschiert die Kompagnie mit en Fahnen, geführt von dem Kommandeur des 1. Garde- Regiments z. F. soweit an den Altar heran, daß die Fahnen nah dem Halt der Kompagnie eine Aufstellung bilden, welhe in einem nach dem Altar zu offenen Viereck Seine E den Kaiser und König und die Fürsten umschließt. Musik und Spielleute der Leib-Kompagnice befinden sih hinter der Front. :

Sobald die Aufstellung cingenommen ist, folgt ein kurzes Gebet und die Weihe der Fahnen durch den Militär-Ober- pfarrer des Garde- 2c. Korps, Hofprediger D. Frommel, in Gegenwart des katholischen Feldpropstes der Armee. Während der Weihe nehmen die Kommandeure den Unteroffizieren die Fahnen ab und senken dieselben bei der Einsegnung.

Nach Beendigung des feierlichen Aktes übergeben Scine Mazestät der Kaiser die Fahnen mit einer Ansprache an die Kommandeure und befehlen das Präsentieren als erstes Honneur für die Fahnen. . Die Truppen nehmen darauf Gewehr über. Der General-Feldmarschall Graf von Blumenthal dankt im Namen der Armee, befiehlt das Präsentieren wobei nicht geschlagen wird und bringt nun cin dreifahes Hurrah auf Seine Majestät den Kaiser und König aus. Sämmtliche Musikkorps spielen die Nationalhymne. Dic Kommandeure geben die Fahnen an die betreffenden Unteroffiziere wieder ab. E

Darauf erfolgt ein Parademarsh in der Nichtung nah dem Brandenþurger Thor.

Nach ndigung des Parademarschcs werden die neuen ate der Linien-Regimenter durch die Kompagnie des Lehr- Jnfanterie-Bataillons in das Zeughaus und die Fahnen der in Berlin garnisonierenden Gardetruppen durh die Leib- Kompagnie des 1. Gard&Negiments z. F. nah dem König- lihen Schloß s e /

Am 18. d. M, 5 Uhr Nachmittags, findet im Neuen Palais Galatafel, Abends 8 Uhr im Opernhause cine mili- tärishe Festvorstellung statt.

ZU den Festlichkeiten aus Anlaß der Velei dee trifft, wic „W. T. B.“ meldet, Seine Königliche Hoheit der Gro - herzog von Baden heute Abend um 8 Uhr 50 Minuten auf der Station Wildpark ein und nimmt im Neuen Palais Wohnung. Morgen Nachmittag 5 Uhr 30 Minuten wird Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Mecklenburg- S chwerin erwartet, Höchstwelcher ebendaselbst Aufenthalt nimmt. Jn Potsdam treffen heute Abend bezw. im Laufe des morgigen Tages ein und nehmen im Stadtschlosse daselbst Wohnung: Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Olden- burg, Ihre Durchlauchten der Fürst zur Lippe, der Fürst zu Schaumburg-Lippe, der Fürst Reuß ä. L. und der Erbprinz Neuß j. L. sowie der Fürst zu Waldeck und Pyrmont.

Die Ankunft Seciner Majestät des Königs von

Serbien erfolgt in Potsdam morgen Abend 7 Uhr.

Der Kursus für Verwaltungsbeamte im Hygie- tishen Jnstitut der Königlichen Universität findet in der Zeit vom 19. November bis inkl. 1. Dezember d. J. statt. Anmeldungen zu diesem Kursus find umgehend an den Direktor, Beer Dr. Rubner, Berlin C., Klosterstraße 36, zu richten. Pt phiele Anmeldungen können nicht mehr berücsihtigt werden.

Der Wirkliche Geheime Ober-Regierungs-Rath Dr. Schneider im Ministerium der geistlihen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten ist nach Wiesbaden abgereist.

Der Königlich bayerishe Gesandte am hiesigen Aller- höchsten Hofe Graf von Lerchenfeld-Köfering ist vom Urlaub nah Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator der freien Hansestadt Bremen Dr. Pauli ist hier angekommen.

Der Regierungs-Assessor For streuter zu Fishhausen ist der Königlichen ing zu Königsberg i. Pr. zur weiteren dienstlichen Verwendung überwiesen worden.

Die neuernannten NRegierungs-Assessoren von Stockck- hausen und Oskar Keßler sind bis auf weiteres, ersterer dem Landrath des Kreises Luckau, Regierungsbezirk Frank- furt a. O., leßterer dem Landrath des Landkreises Trier zur Hilfeleistung in den landräthlihen Geschäften zugetheilt worden.

Verseßt worden sind: die Strafanstalts-Geistlihen Fri cke von Sonnenburg nah Naugard, Brandt von Naugard na Lichtenburg und Meyer von Lichtenburg nah Sonnenburg.

Laut ea Ger Mittheilung an das Ober-Kommando der Marine 1} S. M. S. „Loreley““, Kommandant Kor- vetten-Kapitän Grolp, am 13. Oktober in Sebastopol an- gekommen und beabsichtigt von dort heute wieder in See zu gehen. . M. S. „Hyäne“, Kommandant Korvetten- Kapitän Reincke, ist am 14. Oktober in Kamerun an: gekommen.

Sachsen-Coburg-Gotha.

__ Der Landtag des Herzogthums Gotha nahm in seiner gestrigen Sißung die Vorlage über den Zuschuß von 9000 6 für das Herzogliche Hoftheater mit 15 gegen 4 Stimmen an. Zu der Petition auf höhere Besteuerung der Wander- lager und Ausverkäufe beschloß der Landtag einstimmig, die Regierung um Vorlegung eines entsprehenden Geseßes zu er- suchen, obgleich der Staats-Minister von Strenge erklärt hatte, der Bundesrath werde dem Reichstag baldigst ein solches Geseß vorlegen. Nachdem sodann noch die Wahl eines Vize- Präsidenten vorgenommen worden war, wurde der Landtag auf unbestimmte Zeit vertagt.

Deutsche Kolonien,

Der auswärtige Handel des deutsch-ostafrika- nishen Schußgebiets für das Jahr 1893 belief sih nah dem „Deutschen Kolonialblatt“ (in Mark berechnet) auf mo “n 6. Werth der Einfuhr und 5580739 #4 Werth der

usfuhr.

Der Missionar der evangelishen Mission für Deutsch- Ostafrika rg o Klein, welcher seit Juli 1892 im e zu Dar-es-Salam thätig war, ist plößlih ge- torben. z

Der Rittmeister à la suite des 3. Bayerischen Chevaux- leger-Regiments Freiherr von Stetten ist am 10. August in Kamerun eingetroffen und hat das Kommando der Kaiser- lihen Schußtruppe übernommen.

Der dem Kaiserlihen Gouvernement zu Kamerun über- wiesene Gerichts-Assessor von Luke ist am 13. Juni d. J. in Kamerun eingetroffen und hat die Geschäfte des Kanzlers über- nommen.

Der Kaiserliche Landeshauptmann für die Marschall- Juseln Dx. Jrmer ist am 11. Mai d. J. in Zalüit ein- getroffen und hat die Geschäfte von seinem Vorgänger über- nommen.

Oesterreich-Ungarn.

__ Der Kaiser und der König von Serbien begaben sich gestern früh von Budapest direkt in das Jagdrevier von Gödöolls, Nachmittags 5 Uhr wurde der König von Serbien in dem dortigen Schloß von der Kaiserin empfangen. Um 6 Uhr fand das Hofdiner statt, nah dessen Beendigung beide Monarchen nah Budapest zurückkehrten.

Das Wiener „Fremdenblatt“ bespriht den Besuch des Königs von Serbien am österreihish-unga- rishen Hos und sagt, dieser Besuh sei ein neuer Beweis der guten Beziehungen, die sih zwischen Oesterreih-Ungarn und dem Nachbarlande herangebildet hätten, und an deren Herstellung und Pflege König Alexander großen Antheil habe. Das Blatt verweist auf den Trinkspruh des Königs und er- klärt, die herzlihe Aufnahme, die dem König Alexander von der Bevölkerung Budapests bereitet worden sei, zeige, welche Sympathien der König auch in Oesterreih-Ungarn genieße.

Der „Budapester Korrespondenz“ zufolge konferierte der Minister des Auswärtigen Graf Kálnoky gestern Nachmittag in Budapest mit den ungarishen Ministern Dr. Wekerle, von Lukacs und Graf Festetics. Dabei dürfte auch die von Frankreih aufgeworfene Frage des Weinzolls erörtert worden sein. :

Der Feldmarschall-:Lieutenant Galgoczy de Galantha begiebt sih heute von Hermannstadt d Sinaia, um sh dem König von Rumänien als kommandierender General in Siebenbürgen vorzustellen.

Der Justizaus\chuß des ungarischen Unterhauses nahm gestern die von dem Oberhausc an dem Geseßentwurf über die Religion der Kinder vorgenommenen Abänderungen unter der Voraussezung an, daß der Geseßentwurf über die freie Religionsübung die eliminierten Stellen des ersteren Ge- seßentwurfs ergänzen werde.

Bei der gestern vorgenommenen Ergänzungswahl der Stadtbezirke Bruck und Leoben zum österreichishen Reichs - rath wurde der Deutschliberale Lorber mit 767 Stimmen gege Walz (deutschnational), der 687 Stimmen erhielt, ge- wählt.

Das Budget für 1895, das dem österreichishen Ab- geordnetenhause heute vorgelegt wird, veranschlagt das

esammterforderniß auf 636 527 870 Gulden, die Gesamt: bededung auf 638 985 577, daher den Ueberschuß auf 2457 707, gegen das Vorjahr also um 134688 Gulden höher.

Die vereinigte deutsche Linke hielt gestern in An: wesenheit der Minister Dr. von Plener und Graf Wurm- brand sowie des Präsidenten des Abgeordnetenhauses Frei- A von Chlumecki eine Sißung, worin Graf Wurmbrand eifällig aufgenommene Aufklärungen über das wirthschaftliche Programm ertheilte. Sodann referierte Nuß über die Be- mühungen des Vorstandes, um die Einstellung eines Betrages in das Budget für 1895 für das utraquistishe Gymnasium in Cilli zu verhindern. Hieran knüpfte sih dann eine längere Debatte.

In der vorgestern in Prag abgehaltenen Versammlung der Vertrauensmänner der eutshen Böhmens wurde eine Resolution angenommen, worin die geschlossene Haltung und Einigkeit der deutshen Abgeordneten als die wichtigste Bürgschaft der erfolgreichen allfeitigen Abwehr der immer ungestümer auftretenden Angriffe auf den er- erbten Besißstand des deutshen Volkes in Böhmen erklärt wird. Die Vertrauensmänner verharren unver- brüchlich auf den Grundsäßen des wahren Freisinns und Fortschritts, sie billigen die allgemeine Wahlreformin mit Er- weiterung des politischen Wahlrehts und Vermehrung der Zahl der Abgeordneten unter gleichzeitiger Wahrung des politischen Besißstandes der deus Bürger und Bauern und drücken ihre Anhänglichkeit an den einheitlichen Staat, ihre unbegrenzte Liebe zu Kaiser und Reih und ihre Bereitwilligkeit aus, die bestehende Koalition der drei gemäßigten großen Parteien des Reichsraths ver- trauensvoll zu unterstüßen. Die Vertrauensmänner geben schließlich der Erwartung Ausdruck, daß die Regierung den nationalen Besißstand aller Dgeutshen Oesterreihs {hüten wérde. Auf den Antrag Strache's wurde der Zusay an- mona: „Wir erwarten von unseren enes auf

as bestimmteste, daß sie die Errichtung einer slavischen Unter- rihtsansialt in Cilli entshieden ablehnen.“

Gestern, am Vorabend des Wiederzusammentritts des Reichstags, fanden mehrfah Demonstrationen für die Ein- führung des a!lgemeinen Wahlrechts statt. Jn Wien wurden in sämmtlichen Bezirken stark besuhte Arbeiter- versammlungen abgehalten, in denen cine gleihlautende Reso-

lution zu Gunsten des allgemeinen direkten Wahlrechts anges nommen und für eine zu Donnerstag einberufene Massen- versammlung Propaganda gemacht wurde. Die Versamm- lungen verliefen durchweg s In Brünn fand cin Massenaufzug der Arbeiter als Kundgebung zu Gunsten deg allgemeinen Wahlrechts statt. Der Aufzug vollzog sich ohne nennenswerthe Ausschreitungen. Jn Krakau sollte nach einex ruhig wverlaufenen Arbeiterversammlung zu Gunsten des allgemeinen Wahlrechts eine Kundgebung dex Arbeiter auf dem Ringplaß und in den angrenzenden Straßen stattfinden, die indessen von der Polizei und von Militärabtheilungen verhindert wurde. Dreizchn Arbeiter wurden wegen Widerstands verhaftet.

Großbritannien und Jrland.

Jhre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prin- zessin Heinrich von Preußen sowie Jhre Großherzogliche Hoheit die Prinzessin Ludwig von Battenberg sind gestecn Abend zum Besuch Jhrer Majestät der Kaiserin Friedri von London nah Kronberg abgereist. Auf den Bahnhof war Oberst Byng als Vertreter der Königin Victoria anwesend.

Der E E Lord Nosebery wohnte gestern cinem in Balmoral abgehaltenen Ministerrath bei, der sih mit der Vertagung des Parlaments bis zu einem späteren L als ursprünglich festgeseßt war, beschäftigte. Lord Rosebery reiste nah dem Ministerrath wieder nah seinem

Landsiß ab. Frankreich.

Bei einer in Montpellier abgehaltenen Versammlung von Weinbauern, hielt vorgestern Méline eine Rede, worin er die Angriffe gegen die Schußzölle zurückwies und ausführte, das vergangene Fahr sei ein unglückliches gewesen und würde ohne die Zolltarife noch s{chlimmer gewesen sein. Die französischen Tarife seien niht hoh genug. Die französische Ausfuhr habe niht abgenommen, aber der Werth der Produkte fei zurück- gegangen. Getreide, Wein und Seidenwaaren litten unter dem niedrigen Stand des Silbers.

Nufßland.

Nach einer Meldung der „Politischen Korrespondenz“ aus St. Petersburg wäre die Abreise des t dd nach. Korfu für den 24. d. M. in Aussicht genommen. Der Kaiser werde den Seeweg einschlagen, die Ueberfahrt bis zum Piräus auf dem Dampfer „Orel“ zurücklegen und sih dort auf der Yacht „Polarstern“ einschiffen. Das „Reuter'she Bureau“ erfährt aus Korfu, daß der Ober-Hofmarschall des Kaisers,

Graf Benkendorff dort eingetroffen sei und das Schloß;

„Mon repos“ in Augenschein genommen habe.

JFtalien.

Unter dem Vorsiß des Papstes sollen, wie „W. T. B,“ meldet, in nächster e zwei Konferenzen stattfinden zur Berathung der Maßregeln, die zu ergreifen seien, um die Rückkehr der orientalischen Kirchen zur Einheit der katholishen Kirche herbeizuführen. Von den fünf armenisch - katholishen Patriarhen werden der Melchiten- Patriarh Jussef und der syrisch - katholishe Patriarh Behnam Benni an diesen Konferenzen theilnehmen. Die erste Konferenz soll in dieser Woche stattfinden.

Spanien. Der Minister des Auswärtigen Moret ist gestern Abend von Madrid nah Paris abacreif

Belgien.

Bis gestern Abend 11 Uhr war in Brüssel das Ergebniß aus 137 von 139 dortigen Wahlbureaux bekannt; demnach er- hielten die Sozialisten 42418 Stimmen, die Liberalen 64 408, die Katholiken 98 124 Stimmen. Eine Stichwahl zwischen. Katholiken und Liberalen is also sicher. Jn Lüttich sind entgegen den zuerst gemeldeten Resultaten nach dem offiziellen Wahlresultat nur 4 Sozialisten im ersten Wahlgang gewählt worden. Eine Stichwahl findet statt zwishen 1 Liberalen (Frère - Orban), 6 Katholiken und 7 Sozialisten. Unter den lehteren befinden sich Anseele, Defuisseaux und Hector Dénis. Jn Mons kam es gestern zu Ausschreitungen; die dortigen Sozialisten warfen die A des katholischen Vereinshauses ein. Jn Brüssel and gestern Abend eine sozialistische Kundgebung statt. Ein Du von mehreren tausend Personen durhzog die Haupt- straßen der Stadt unter dem Gesang der Marseillaise. Alles verlief ruhig. Es werden keine Ruhestörungen befürchtet.

Die frühere Kammer zählte 93 Katholiken, diese verlieren bis jeßt 10 und gewinnen 2 Sitze; ferner 59 Liberale, diese verlieren 24 und gewinnen 7 Sitze. Die Sozialisten, A P der früheren Kammer nicht vertreten waren, erhalten 9 Sie,

Jm Senat befanden sih 47 Katholiken, sie gewinnen 10 und verlieren 3 Size; die Liberalen, deren Zahl im Senat 30 betrug, verlieren 10 Siße, welhe die Katholiken gewinnen, dagegen gewinnen die Liberalen 3 von den Katho- liken verlorene Siße. Jn 9 Arrondissements haben Stich- wahlen stattzufinden.

Bulgarien.

Tontschew hat, wie „W. T. B.“ aus Sofia berichtet, gestern nah der Rückehr von Varna formell sein Ent- lassungsgesuch überreiht, das angenommen wurde. Der Finanz-Minister Ge\chow is mit der Führung des Handels: Portefeuilles betraut worden.

Montenegro.

Die auswärts verbreitete Nachricht, daß in mehrere" Distrikten Montenegros Hungersnoth herrsche, wird, nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Cetinzje, offiziell für unbegründet erklärt. Gleichzeitig wird festgestellt, daß dic diesjährige Ernte, eine Mittelernte, für die Bedürfniffe der Bevölkerung hinreichend sei.

Asien.

Wie dem „Reuter'shen Bureau“ aus Simla gemeldet wird, ist der indischen Regierung die Bestätigung der ernst: lihen Erkrankung des Emirs von Afghanistan zug gangen. Die Natur des Leidens wird offiziell nit angegeben, es soll sich um eine innere Blutung handeln. |

Der „Times“ wird aus Tientsin vom gestrigen Tage gemeldet, in Peking sei ein Kaiserlicher Erlaß erschienen, wonach die chinesishe Regierung die volle _Verank wortlihkeit für den Shuß der Ausländer übernehme, Das chinesische Geshwader habe die Docks in Por Arthur verlassen. Die Reparaturen seien beendet und die Pu!vcrvorräthe erneuert. /

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Das „Neutershe Bureau“ erfährt aus Tientsin, es bestätige sich, daß die cinesishe Regierung keine Frieden s- oorschläge gemacht habe.

Wie das „Reuter"she Bureau“ aus Yokohama meldet, ist der japanische Landtag gestern in Hiroshima zu einer außerordentlichen Sißung zusammengetreten. Kusomoto ist zum Präsidenten und Shimada zum Vize-Präsidenten ge- wählt worden. Die offizielle Eröffnung erfolgt morgen. E Graf Jnouye ist nach Korea abgegangen. Nomura ist um Minister des Junern ernannt worden. Viele Kriegs- gefangene sind in Tokio angekommen.

] Afrika.

Aus Lourenço E meldet das „Neuter’sche Bureau“, daß die Kaffern am Montag die Stadt ange- griffen hätten, aber zurückgeschlagen worden seien. Gestern {rüh sei der Angriff erneuert worden. Die dortigen Behörden hätten die Regierung von Transvaal um Hilfe gebeten. Einer weiteren Meldung zufolge habe die Regierung in Lourenço Marquez eine Proklamation erlassen, worin unter Hinweis auf den neuen Angriffsfall erklärt werde, die Negierung könne für das Leben der Einwohner in keinem Stadltheil mit Ausnahme des Marktplaßes einstehen. Aus dem Landstrih der Maputa heimkehrende Kaufleute berichteten, die Maputa hätten sih mit den Rebellen in Gungunhama vereinigt und rückten auf Jnhambane vor.

Kunst und Wissenschaft.

Die hiesige Friedrih-W ilhelms-Universität beging gestern den Akt des Rektora tswecsels.

Der zeitige Rektor, Geheime Regierungs-Rath, Professor Dr. Weinhold leitete die Uebergabe des Rektorats an seinen Nachfolger, den ordentlichen Professor Dr. Pfleiderer mit dem Vortrage ciner statistishen Uebersicht der Ereignisse des jeßt abgelaufenen Rektoratsjahres ein, aus welcher Folgen- des mitzutheilen ist:

Aus dem Lehrpersonal der Universität schieden aus:

durch den Tod: die ordentlichen Professoren Geheimer Medizinal-Rath Dr. Hirsh, Dr. von der Gabelenßy, Geheimer Regierungs-Rath Dr. Kundt, Dr. Dillmann, Wirklicher Ge- heimer Rath Dr. von Helmholg; * die außerordentlichen Professoren Dr. Falk, Geheimer Regierungs-Rath Dr. Spitta, Geheimer Medizinal - Rath Dr. Frängel, der ordentliche

onorar-Professor Dr. Michelet, sowie der Privatdozent, Pro- essor Dr. Brugsch;

durh Entbindung von seinen amtlichen Pflichten: der ordentlihe Professor, Wirklihe Geheime Rath Dr. Zeller;

durch -Berufung nah außerhalb: die außerordentlichen Professoren Dr. M. Weber, Dr. Waeßoldt, Dr. Furtwängler, Dr. Ebbinghaus, die Privatdozenten Lac. Voigt, Dr. Schlange, Dr. von Noorden, Dr. Cloetta, Dr. Rinne, Dr. Töpffer, Dr. Meinardus, Dr. Heider, Dr. Abel.

Dagegen traten in den Lehrkörper neu ein :

durch Berufung: der ordentliche Professor Dr. Stumpf, der außerordentlihe Professor Dr. Heubner und der Lektor Dr. Pariselle;

durch Habilitation : in der juristishen Fakultät: die DDr. Kaufmann und Burchard; in der medizinishen Fakultät: die DDr. Ohlmüller, Westphal, Greef, Gebhard; in der philo- sophishen Fakultät: die DDr. Lehmann, Konrad, Kretschmer, Schmekel, Krigar-Menzel, Winter, Seeler, Krauske und Gilg.

Befördert wurden: in der Mens Fakultät: die Privatdozenten DDr. Straßmann und inter und der Lehrer der Zahnheilklunde Dr. Miller zu außerordentlichen Professoren ; in der philosophischen Fakultät: der außerordent- liche Professor Dr. Paulsen zum ordentlihen Professor, der Privatdozent Dr. Heusler zum außerordentlihen Professor.

Es wurden im Laufe des Jahres promovicert : von der theologischen Fakultät 2 Lizentiaten, von der juristishen Fakultät 5 Doktoren, von der medizinischen Fakultät 129 Doktoren, von der philosophischen Fakultät 72 Doktoren, außerdem von der theologishen Fakultät 2 und von der juristischen 1 DDr. honoris causa;

immatrifuliert :

365 Theologen, 1284 Juristen, 787 Mediziner, 1020 Philofophen, Summa 34656 Studierende ; abgegangen sind: 409 Theologen, 1302 Juristen, 836 Mediziner, 871 Philosophen, Summa 3418 Studierende. |

5 Todesfälle von Studierenden sind zur Anzeige ge- kommen. 1

Es wurden 792 Privat- und 517 öffentlihe Vorlesungen alen, an welchen 28448 bezw. 23970 Zuhörer theil- nahmen.

Der Rektor berichtete ferner über die D der akademischen Disziplin und einige allgemeine Universitäts- verhältnisse, theilte mit, daß der verstorbene praktishe Arzt Dr. Düsterhoff der Universität ein Kapital von 10000 zur Unterstüßung eines Studierenden der Medizin vermacht und der Stadt-Baurath Beer in Liegniß der zoologischen Samm- lung eine Dipteren - Sammlung geschenkt habe. Auch die Legung einer Pferdeeisenbahnlinie über das Grundeigenthum der Universität erwähnte der Rektor.

lerauf nahm der Rektor scinem Amtsnachfolger den vorgeschriebenen Rektoreid ab und übergab ihm die Insignien des Rektoramts. i ,_ Der neue Rektor, Professor der Theologie Dr. Pfleiderer hielt hierauf seine Anitrittsrede, in welcher er über „Theölogie und Geschichtswissenschaft“ sprach. E

Der für das Universitätsjahr 1894/95 konstituierte Senat besteht aus: |

1) dem Rektor, ordentlichen Professor Dr. Pfleiderer,

2) dem Universitätsrichter, Geheimen Regierungs-Rath O Rath, Profess

em Prorektor, Geheimen Regierungs-Rath, Professor L Beh, i e Professor D

em Deka ischen Fakultät, Professor Dr. darna: T kan der theologischen F

dem Dekan der juristishen Fakultät, Geheimen Justiz- Rath, Professor Dr. Hinschius, i Sertigis dem Dekan der medizinishen Fakultät, Professor Dr.

4

7) dem Dekan der philosophischen Fakultät, Geheimen Regierungs-Rath, Pon Dr. Ee aiR Richthofen,

8) den Senatoren Geheimer Regierungs-Rath, Professor Dr. Schulze, Geheimer Justiz-Nath, Professor Dr. Pernice, Geheimer E a caUuN Professor Dr. Gerhardt, Geheimer Regierungs-Rath, Professor Dr. Sachau und Professor Dr. Diels.

Land- und Forstwirthschaft.

E Obstbaukunde.

Im Jahre 1893 wurden in Preußen an 29 Anstalten (Baum- s{ulen, Obstbauschulen, Ackerbau- und landwirthschaftliche Winter- \{ulen) Kurse zur Unterweisung von Seminar- und Volks\cullehrern in der Obstbaukunde abgehalten. Diese Kurse waren besuht von 23 Seminarlehrern, 554 Volks\{hullehrern und 202 sonstigen Per- jonen. Zur Deckung der Kosten der Kurse waren wiederum bedeutende Zuschüsse aus den Mitteln des Ministeriums für Landwirthschaft 2c. und des Ministeriums der geistlihei 2c. Angelegenheiten bewilligt worden.

Saatenstand in Rumänien.

Infolge anhaltender Trockenheit während des Monats September konnte die Bestellung der Wintersaaten nur langsam vor si gehen. Für die bereits bestellten Felder ist Regen dringend erwünscht.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

Spanien.

Durch Verordnung des Königlih spanischen Ministeriums des Innern vom 9. d. M. ist die gegen Herkünfte von Algier angeordnete Beobachtungsquarantäne wieder aufgehoben worden. (Vergl. „N.-A.“ Nr. 236 vom 6. d. M.)

__ Durch Königliche Verordnung vom 10. d. M. is der an der französischen Grenze eingerichtete Wachtdien\t wieder aufgehoben worden. (Vergl. „R.-Anz.“ Nr. 195 vom 20. August d. J.)

Portugal.

Durch Verfügung des Königlich portugiesishen Ministeriums des Innern sind der Hafen von Marfeille und die Häfen der Departements Var und Bouches du Nhône für rein von Cholera erklärt worden. (Vergl. „N. Anz.“ Nr. 183 vom 6. und Nr. 185 vom 8. August d. J.)

: Griechenland.

Die für Herkünfte aus den am Schwarzen Meer zwischen Phatiza und Sinope gelegenen Häfen angeordnete 24stündige BeobaGßtungs8- quarantäne ist ausgehoben und durch eine strenge ärztliche Untersuhung erseßt worden. (Vergl. „N.-Anz.* Nr. 208 vom 4. v. M.)

Argentinien.

Durch Negierungbdekret vom 14. v. M. sind die Häfen von

Desterreih-Ungarn und den Niederlanden für {holeraverscucht erklärt

worden. ; Uruguay.

Durh Verordnung der Regierung zu Montevideo sind die russischen Ostseehäfen für choleraverseucht und die übrigen Häfen Rußlands für verdächtig erklärt worden. Infolgedessen hat die Ge- sundheitsbehörde in Montevideo für die seit dem 25. August d. F. aus einem russishen Hafen abgegangenen Schiffe eine achttägige Quarantäne angeordnet.

Cholera.

Daitzl07 19 Ditober Dn Tolbemit fin am 19 0M 3; am 14. d. M. 2 Cholerafälle festgestellt worden.

Breslau, 18. Oktober. Bei der Regierung zu Oppeln sind am 12, d. M. 2 Cholerafälle, und zwar je ciner aus Myslowiß und aus Adamewiß, Kr. Groß-Strehlitz, gemeldet worden.

St. Petersburg, 15. Oktober. An Cholera erkrankten bezw. tarben nah dem Bericht des „W. T. B.“ in St. Petersburg vom 6. bis 13. Oktober 15 bezw. 5, vom 23. bis 29. September in den Gouvernements Kalisch 21 bezw. 11, Livland 9 bezw. 4, W oolhynien 17 bezw. 5, Bessarabien 61 bezw. 34, Perm 94 bezw. 30, Taurien 18 bezw. 6; vom 30. September bis 6. Oktober in den Gouvernements Witeb sk 40 bezw. 14, Podolien 240 bezw. 111, Wladimir 96 bezw. 55, Nishninowgorod 17 bezw. 9, Petrikau 46 bezw. 27, Petersburg 12 bezw. 4, und vom 16. bis 22. September in den Gouvernements Kurland 72 bezw. 27, Jekaterinoslaw 42 bezw. 28.

Zten 1-10) Oltober,. „W. T. B! meldet: Der oberste Sanitätsrath sprach sih bezüglich der neuen Serum-Therapie bei Diphtheritis dahin aus, ah er die aufmerksamste Prüfung des Heilserums dringendst empfehle; doch sei bei der An- wendung des neuen Mittels, dessen Nebenwirkungen und Indikationen noch nit hinreichend erforscht seien, die größte Vorsicht nothwendig; die Heilversuche seien auf die Heil- stätten zu beschränken, welhe eine wissenshaftlihe Würdigung der Behandlung verbürgen. Der Bezug von Serum sei noch sehr |hwierig, weshalb Vorsorge zu treffen sei, daß nur solhes Serum Anwendung finde, welches unter der Garantie anerkannter Fahmänner und unter Beobachtung der geseßlihen Kautelen abgegeben wird.

Handel und Gewerbe.

Jn der Nummer 229 des „N.- 1. St.-A.“ vom 28. v. M. brachten wir die Mittheilung, daß dem Parlament der eng- lishen Kolonie Victoria (Australien) seit dem 31. Juli d. J. ein Gescgentwurf wegen Abänderung des Zoll- tarifs zur Berathung vorlicge und daß die Säge desselben, soweit fic P als Zollerhöhungen darstellen, bereits vom 1. August d. J. ab provisorish in Kraft geseßt worden seien. Infolge des Ende August: erfolgten Rücktritts des Ministeriums der Kolonie sind für das dortige Parlament inzwischen Neu- wahlen ausgeschrieben worden und damit alle bisher unerledigt gebliebenen Geseßentwürfe ausgefallen. Da zu denselben au die Vorschläge wegen Abänderung des Zolltarifs gehören, so sind ohne weiteres die früheren Zollsäße wieder in Wirk- [amel getreten. Die Zurückerstattung der Differenzen zwischen

dle und den seit dem 1. Augujst provisorish erhobenen höheren Zöllen ist demgemäß bereits verfügt worden.

Ueber das Ergebniß der Verhandlungen in der gestrigen Sn tr gu ne s Verbandes Oberschlesisher Walz- werke theilt ,W. T. B.“ Folgendes mit: Sämmtliche Mitglieder des Verbandes Oberschlesisher Walzwerke find zu seiner Verlängerung geneigt ; die Verhandlungen wegen Beitritts anderer Werke zur Neu- organisation eines auf mehrere Jahre zu bildenden Verbandes sollen sofort begonnen werden. Die definitive Beschlußfassung erfolgt in einer Generalversammlung, die am 31. d. M. in bersWlefei stattfinden soll.

Verkehrs-Anstalten.

Der Schnelldampfer „Spaarndam“ der Niederländisch- Amerikani\chen Dampfschiffahrts -Gesellschaft is am 14. d. M. in New-York angekommen.

Bremen, 16. Oktober. (W. T. B.) Norddeutscher Lloyd. Der Schnelldampfer „Kaiser Wilhelm Ul.“ hat am 13. Oktober Abends die Reise von Gibraltar nah New-York fortgeseßt. Der Schnelldampfer „Saale" hat am 15. Oktober Nachmittags Lizar d pafsiert. Der Schnelldampfer „Trave“ ist am 13, Oktober Vormit- tags von New-York nah der Weser abgegangen. Der Postdampfer „Wittekind“ hat am 15. Oktober Nachm. L s tert, Der Post- dampfer „Graf Bismark“ hat am 14. Oktober Mittags Santa

Cruz passiert. Der Posyampses „Kronprinz Friedrich Wil- helm“, am 22. September von Neapel abgegangen, ist am 14. Ok- tober Nachmittags in New-York angekommen. Der Reichs-Post- dampfer „Gera“ ist am 14. Oktober Nahmittags in Suez angé fommen. Der Reichs-Postdampfer „Karlsruhe“ hat am 14. Ok- tober Abends die Reise von Port Said nah Suez fortgeseßt. Der Reichs-Postdampfer „Darmstadt“ is am 13. Oktober Nachmittags in Hongkong angekommen. Der Reichs-Postdampfer e nei hat am 15.’ Oktober Vormittags Ouessant passiert. Der nell- dampfer „Fulda“ hat am 15. Oktober La Y die Reise von Gibraltar nah Genua fortgeseßt. Der Schnelldampfer „Elbe" ist am 15. OktoLer Morgens in Southampton angekommen und hat die Reise nah Bremen fortgeseßt; er überbringt 289 Passagiere und volle Ladung. Der Schnelldampfer „Ems“ ist am 15. Oktober Morgens in New-York angekommen.

_ London, 15. Oktober. (W. T. B.) Der Union - Dampfer „Spartan“ ist am s auf der Ausreise in Kapstadt angekommen. Der Castle-Dampfer „Pembroke Castle“ ist Sonn- abend auf der Ausreise von Southampton abgegangen. Der Uniondampfer „Scot“ is auf der Ausreise Sonnabend von Southampton abgegangen. Der Uniondampfer „Pretoria* ift auf der Heimreise Sonnabend von Kapstadt abgegangen. Der Uniondampfer „Mexican“ ist auf der Heimreise Sonnabend in Ply mouth angekommen.

Triest, 14. Oktober. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Jupiter“ ist Mittags aus Konstantinopel hier angekommen.

Theater und Musik.

: Königlihes Schauspielhaus.

Das für den gestrigen Abend angesagte erste Wiederauftreten der Frau Seebach hatte das Schauspielhaus mit einem erwartungs- vollen, festlich gestimmten Publikum dicht gefüllt, welches gekommen war, um die von ihrem beklagenswerthen Unfall glücklih wieder- hergestellte allbeliebte Künstlerin zu Maren. Im zweiten Akt des Benedir schen Lustspiels „Gegenüber“ erschien sie nah langer unfreiwilliger Pause zum ersten Mal wieder auf der Stätte ihrer früheren Crfolge, von einem freudigen lang anhaltenden Beifallssturm bewillklommnet, inmitten einer Fülle der \{önsten Blumen- spenden, die in dem Stück zugleich durch die Geburtstags- feier der von ihr dargestellten Frau von Wahren motiviert wurden. Diese Scene bot der verehrten Künstlerin Anlaß, si in ciner traulih \{chwäbelnden Ansprache, aus der Nührung und Ergriffen- heit hindurch klangen, für den herzlihen Empfang zu bedanken, zuglei aber Gottes Gnade zu preisen, die im Verein mit mens{licher Hilfe sie wieder habe genesen lassen. Bei den leßteren Worten wandte sih Frau Seebah mit dem deutlih in ihrem thränenden Auge erglänzenden Ausdruck innigen Dankes nah der Loge hin, in welcher Geheimer Rath von Bergmann seinen Play hatte, e operative Meifterhand ihre Glieder so wunderbar wiederhergestellt hat. Wie vollkommen die Heilung geglückt ist, davon konnten ih die Zu- schauer zu ihrem freudigen Erstaunen nicht nur in der genannten, von der Künstlerin fast jugendlih behende und graziös gespielten Rolle, sondern au in dem folgenden Pu tligß'shen Einakter „Die alte Schachtel überzeugen, worin Frau Seebach die Titelrolle der alten Lotte mit ihrem derbkomishen Wesen und ihrem ostpreußischen Dialekt so beweglih, munter und erheiternd wie früher spielte. Das Publikum zeichnete die Wiedergewonnene im Verlauf des Abends durch die herzlihsten Ovationen aus; nah dem ersten Stück wurden ihr eine große Zahl herrlicher Lorbeerkränze mit Widmungsschleifen überreiht, und nah dem Schluß wollten die Hervorkufe kein Ende nehmen. Die Damen Lindner, Plan und von Mayburg sowie die

erren Oberländer, Keßler, Purschian und Heryer wirkten neben der efeierten nah besten Kräften mit, um den Abend zu einem heiteren und festlichen zu gestalten. Friedrih-Wilhelmstädtishes Theater.

Das Friedrich - Wilhelmstädtishe Theater erfüllte gestern Abend eine Pietätspfliht durch eine Festvorstellung zu Ehren des fünfzig- jährigen Künstler - Jubiläums des Komponisten Johann Strauß, dem gerade diese vorwiegend der Operette gewidmete Bühne so viele s{öne Erfolge verdankt. Nach einer Den Ouvertüre folgte ein von L. Herrmann gedihtetes Festspiel, das das künstlerische Wirken des „Meister Strauß“ in einer gefälligen Scene feiert. In einem Traumgesiht erscheinen dem Wbrettiften Doktor Faust, der einen Festprolog für den Meister Strauß dichten foll, die beliebtesten Ge- stalten aus den Strauß’s{hen Operetten in lebenden Bildern, die Frau Musica poctisch deutet. Cin malerishes Ensemble dieser Operetten- figuren bildet das S{hlußbild: im Vordergrund erblickt man die Büste des Meisters, die von Frau Musica mit dem verdienten Lorbeer bekränzt wird. Als charakteristisch für die {öpferishe musikalische Eigenart des Jubilars fpielte alsdann das Orchester den prächtigen Walzer „An der \{chönen blauen Donau“, während der zweite Aft dex. Operetten „Dex lustige Krieg! unv (Dis Fledermaus“, welche die Festaufführung beschloffen, das les Lide Schaffen des Meisters auf diesem Gebiet in ein besonders helles Licht stellten, da alle Mitwirkenden, durch die Bedeutung des Tages an- gespornt, ihre volle künstlerische Kraft einseßten. Neben den bewährten alten Darstellern und Sangeskräften wie Fräulein Jerg, Fräulein El. Schmidt und den Herren Steiner und Wellhof machte fich im „Lustigen Krieg" wieder Fräulein Kramm durch ihre angenehme und wenn auch nicht große, so do ausdrucksvolle Stimme und die Anmuth ihres Spiels vortheilhaft bemerkbar. In der „Flédermaus* hatten die Damen Jerg, C ornelli und Collin und die Herren Steiner, Binder und Sommer die Hauptrollen inne und führten sie frisch und lebensvoll durch. Das gut beseßte Haus nahm alle Gaben des Festabends mit lebhaftem Beifall auf, der in besonders hohem Grade dem Schlußbilde des Festspiels zu

theil ward. NResidenz- Theater.

Gestern Abend fand das erste Gastspiel des Théâûtre Libre aus Paris ftatt, an dessen Spiße Mr. Antoine steht. Das Théâtre Libre, das in feinen Sielen ungefähr mit den Bestrebungen unserer „Freien Bühnen“ übereinstimmt, die vor allem das junge auf- strebende Geschleht, die noch unbekannten oder ungenannten Dichter und Autoren wollen Men Q Worte kommen lassen, brachte gestern Abend zwei, ihrem inneren Wesen nah sehr verschiedene Stücke zur Darstellung. Das erste und größere Werk „Blanchette“, eine Komödie in drei Akten von ECugène Brieur, entsprach den Erwartungen, die man gewohnheitsmäßig an die moderne Schule knüpft. Die Handlung der Komödie greift hinein in das alltägliche Leben des arbeitenden Volks und löst einen volksthümlichen Konflikt, dessen Entstehen und Entwickelung sich cinfach und natürli ergiebt, im Sinne der gewöhnlichen Erfahrung. Ein kleiner arbeitsamer Schankwirth hat seiner Tochter eine gute Erziehung geben lassen; sie hat mit allen Ehren ihr Lehrerinnenexamen bestanden und wartet nun auf eine Anstellung, die bei dem großen Andrang zu dem Beruf in weiter Ferne steht. Unterdeß langweilt fie sich in den engen, dürftigen Verhältnissen des Elternhauses. Der Vater fängt an zu grollen, daß die großen Opfer keine Ernte bringen, und sieht En fast mit Haß auf die Bildung der Tochter, die sih den Eltern gegenüber in hochfliegenden, aber praftisch unbrauhbaren Plänen und hohmüthigen Reden gefällt. Eltern und Tochter verstehen ba nicht mehr und find sih innerlih fremd geworden. Nach einem heftigen Wortwechsel mit dem Vater verläßt die Tochter das Haus und treibt nun ihrem Geschick entgegen. Nach vielen Kämpfen und Leiden E sie ein üppiges Wohlleben mit ihrer Ehre. Als fie in Glanz und Pracht“zu den vollständig ver- armten Eltern, Hilfe bietend, zurückchrt, weist der Vater ihr zum zweiten Male die Thür. Die Komödie zeigt cin bitter ernstes Gesicht, aber alle Züge sind wahr gezeichnet. Daß das Glück nicht durch die größere chulung des Geistes gesichert wird, Es im - Herzen seine imath hat, deutet d asser in der kleinen Schlußscene des der Blanchette webhmüthig die ehrlide Hand des - einfachen

Jugendfreundes ausshlägt. Die Handlung steigert ih ges{hickt von Akt zu Akt; die Afung des Konflikts wird ohne leere Redendacten