1894 / 249 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 22 Oct 1894 18:00:01 GMT) scan diff

ebenso gewandten wie kühnen Journalisten, Pógomas, stellt, G ben au das politishe Leben mit feinen A en ein n Reflex in die Handlung wirft. In Paris spielen Befe südfranzösishen Gruppen von Künstlern und Politikern keine ine Rolle; sie ersheinen daher auch häufig in den Erzeugnissen der Künst und Literatur, wie es in Alphons Daudet's bekanntem Noman „Numa Roumestar.“ der Fall ist. Auf das deutsche M, das in heimishen Verhältnissen keine Analogie für diese Vorgänge und Personen findet, wirkt die Schilderung weniger eindrucksvoll. als es wohl in Paris geschieht; das gilt auch von den politishen Ränken und Kniffen. l eye M Aufzug mit seiner treffenden und kurz gefaßten Schil- derung des leiht bewegten Künstlerlebens, in das die Politik noch nicht Kineinvielt, erwies sih daher als der eindrucksvollste. Die folgenden Aufzüge, in denen E verschiedene Interessen die Auf- merksamkeit des Zuschauers gleichzeitig in Anspru nehmen : der Kampf égomas’ üm die Deputirtenwürde und eine hypersentimentale Liebes- geschihte zwischen dem edlen jungen Bildhauer Pierre Cardevant und der leichtsinnigen, aber unshuldsvollen und edelmüthigen Valentine, fesselten das Publikum eigentlich nur dur einzelne geshickte und kluge Dialogwendungen und witige fcenisde Einfälle.

Die Darstellung vereinigte die besten Kräfte des Neuen und Residenz-Theaters, aber die bewährtesten Darsteller hatten die weniger bedeutenden Rollen inne. So mußte sich Herr Alexander mit einer kurzen Scene begnügen, in der er als der jüngere Coquelin ein parodistisches Gedicht von sehr mäßigem Werth vorzutragen hat. Herr Pagay (Coltner) war als Händler von Kunstwerken und gebrauchten Kleidern mit seinem prähtigen Humor auf den ersten Akt beschränkt. Die Hauptrolle, den in allen Sätteln gerechten Pégomas, spielte Herr Bonn mit großer Gewandtheit, die das kühne Selbstbewußtsecin des scharfblickenden Strebers wobl zum Ausdruck brachte, àber es mangelte an Phantasie und an Humor. Die Beweglichkeit des Geistes war vorhanden, aber es fehlte das leiht entzündlihe Herz des Südfranzosen, der in einer timprovi- sierten Lobrede auf einen unbekannten Verstorbenen dur feine eigenen ergreifenden Worte si felbst zu Thränen rührt. Der jugendliche Lieb- Eber, den Herr Halm in der Nolle des Pierre Cardevant auf die Bühne stellte, konnte befriedigen, wenn auch nit erwärmen. Herr Haa ck als Laversée zeihnete mit Naturwahr- heit und Laune die Weltfremdheit und das Selbstbewußtsein des ewig über Murillo's Leben brütenden Bücherfreundes. Die Damenrollen sind weniger bedeutungêvoll. Fräulein Wirt h als Valentine ver- rieth in der großen Scene des zweiten Akts echte Empfindung, ihr Ausdruck der Leidenschaft läßt aber noch künstlerishes Ebenmaß ver- missen. Fräulein Sandow betonte mehr die vornehme Dame in der Rolle der Frau von Laversée als die schrankenlos leidenschaftliche Liebhaberin und eifersüchtige Nebenbuhlerin. Als alte kleinbürgerliche Frau und zärtlihe Mutter des jungen Bildhauers Pierre Cardevant gab sih Frau Carlsen einfach und natürlich.

Konzerte.

Frau Marie Schhramke-Falkner, Gattin des Direktors einer Musikschule und eines Gesangvereins zu Kottbus, gab am Sonn- abend im Saale der Sing-Akademie cin Konzert, in welchem fie mehrere Gesänge von Händel, Schubert, Beethoven, M. Blumner, Schramke, R. Eichberg und Schumann vortrug, bei denen ihre schr kräftige und umfangreihe Sopranstimme vortheilhaft zur Geltung fam. Nur die Tône über dem zweigestrichenen F entbehren der Klang- \{önheit bei Anwendung des Forte. Der Vortrag war meist ein ein- c und temperamentvoller. Fräulein ElfridaSchramfke, ihre E obier, befolgte in der Auffassungsweise der Gesänge von Meyerbeer,

. Eichberg und Schramke die Prinzipien ihrer Mutter und hatte zugleih den Vortheil, über eine jugendlih frischere Stimme zu ge- bieten, der es gleihfalls nicht an Kraft und Woblklang fehlt. Einige von beiden Künstlerinnen gesungene Duette gelangen vortrefflich. Unterstüßt wurde das Konzert durh den Violinisten Herrn Ossi p Schnirlin, der Kompositionen von Joachim, Leclair und Hubay mit gewandter Technik und ges{mackvoller Ausdrucksweise vortrug. Sämmtliche Leistungen des Abends wurden mit reihem Beifall auf- genommen. S E E

Gestern veranstaltete die Sopranistin Fräulein Josefine Grusfon, aus Gotha, im Saal Bechstein ein Konzert, in welhem sie eine Arie ous Mozart's „Titus“ und mehrere bekannte Lieder von Schubert, Shumann, Massenet und anderen zu Gehör brate. Ihre jugendlih frische, sehr klangvolle Stimme ist wohlgeschult und um- fangreih. Die Intonation und Deutlichkeit der Aussprache lassen nihts zu wünschen, auch ist der Bad ein eingehender und voller Wärme der Empfindung. Der Herzoglich sächsische Hofpianist Hermann Tie, dessen \rühere Lehrthätigkeit an der Kullak’shen Akademie der Tonkunst hier noch in gutem Andenken steht, trug in Gemeinschaft mit dem gleich- falls hier vortheilhaft bekannten Violinisten Herrn Felix Berber die

Wetterbericht vom 22. Oktober, 8 Uhr Morgens.

e

stellenweise Regen gefallen. t eid) in der Nacht das Stundenmitter der Windgeshwindig- keit 23 m pro Sekunde.

G-dur-Sonate von Grieg vor, die beide Künstler ins glänzendste Licht zu jesen verstanden. Herr Berber erfreute außerdem noch dur die seelenvole Wiedergabe des Preisliedes aus Wagners „Meistersingern“ und eines Rondos von Saint-Saëns. Sämmtliche Vorträge des Abends fanden bei dem Auditorium lebhaften Beifall. Die Stab tarbegleitung hatte Herr Tietz übernommen.

Im Königlichen Opernhause wird morgen Engelbert Humperdinck's „Hänsel und Gretel“ gegeben. Den Hänsel singt Fräu- lein Rothauser, die Gretel Fräulein Dietrich, Br Bey zum ersten Mal den Besenbinder Peter, Fräulein Pohl die Rolle der Knusperhere. Hierauf folgt das Ballet „Die Jahres- zeiten* von räb und Taubert, Musik von Hertel (Damen dell’Era, Urbanska, Stoßmeister, Herr Burwig). In der Matinée am kommenden A wird auch der „Marsch der Kreuzritter“ aus Franz Liszt's „Die heilige Elisabeth“ für Chor und Orchester auf- eführt.

qs Sine Majestät der Kaiser und König ließ nach der gestrigen Aufführung von Karl Niemann's Lustspiel „Wie die Alten fungen* im Königlihen Schauspielhause durch den General- íFntendanten Grafen von Hochberg sämmtlichen Mitwirkenden Aller- höchstseine große Befriedigung und Anerkennung aussprechen. Morgen geht Lessing's „Nathan der Weise“ mit folgender Beseßung in Scene: Nathan: Herr Klein, Saladin: Herr Ludwig, Sittah: Frl. Poppe, Recha: Frau von Hochenburger, Tempelherr: Herr Matkowsky, Derwish: Herr Arndt, Patriarh: Herr Oberländer, Klosterbruder : Herr Eichholz; Frau Marie Seebach tritt als Dajah auf.

Das Berliner Theater bereitet als nächste Neuaufführung Henrik Ibsen's Schauspiel „Die N der Gesellshaft“ vor, das am Anfang der nächsten Woche zur ersten Darstellung kommen dürfte.

Im Nesidenz-Theater gelangen morgen und am Mittwoch „La Tante Léontine“ von Boniface und Bodin und ein einaktiges Stü von Zola „Jacques Damour“ zur Aufführung; am Donnerstag und Freitag bringt das Théâtrs Libre Georg Ancey's L’école des Veufs“ und das dreialtige Stü „Les Fenêtres“ von GCouturier und Perrin; am Sonnabend und Sonntag wird „Sœur Philomèns“ von Goncourt und „Seul“ von Guinon gegeben. | :

Die nächste Novität des Adolph Ernst - Theaters wird cin dreiaktiger Schwank „Der kleine O von Arthur Law sein, den Direktor Ernst bei seiner Anwesenheit in London erworben hat.

In cinem Lieder- und Balladen - Abend, den Hermann An- drew am Mittwoh im Saal Bechstein giebt, wird derselbe eine Reihe Lwe’scher Balladen, Gesänge von Schubert, Schumann und Weber und neuere Werke von. Max Bruch und Hans Sommer zu Gehör bringen. 8 : -

Vie das „Wiener Extrablatt“ meldet, sei im Archiv des Fürsten Esterhazy in Eisen stadt in Ungarn eine bisher unbekannte einaktige Oper Josef Haydn's gefun worden. Ein bekannter Wiener Musikschriftsteller habe die Bearbeitung des Werks übernommen, das noch im Laufe dieses Winters in Wien aufgeführt werden solle.

Maunigfaltiges.

Der neu ernannte Hofprediger Schneewind, bisher Super- intendent in Langensalza, is gestern dur den General-Superinten- denten Faber in n neues Amt eingeführt worden. Die Interims- Domkirche war aus diesem Anlaß dicht gefüllt ; in den Logen hatten der Minister der geistlißen 2. Angelegenheiten Dr. Bosse, der Minister des Königlichen Hauses von Wedel mit Gemahlin, der Prä- sident und der Vize - Präsident des Evangelischen Ober- Kirchenraths D. Barkhausen und Propst D. Freiherr von der Goltz u. a. Plaß genommen. Die Einführung vollzog der General-Super- intendent, dem die Hofprediger Krißinger und Frommel zur Seite standen, im Anschluß an das Wort aus Phil. 1, 3 bis 11: „Jch danke meinem Gott, so oft ih Eurer gedenke u. st. w.* Seine An- trittsrede hielt Hofprediger Schneewind über Jecsaias 40, 6 bis 8: „Es spricht eine Stimme: „Predige*" u. |. w.“

„Durch alle Welten“ führt gegenwärtig das von dem Direktor der Urania Dr. M. Wilhelm Meyer verfaßte neue Ausstattungs- sttück die Besucher des Urania-Theaters. Der Verfasser schildert die Welt der Sonnen,, ihr Werden und Vergehen; er führt die Zuhörer sodann durch die Welt der Planeten, vorüber an dem Mars mit seinen in gerader Richtung gleich Kanälen ihn durhschneidenden Linien vorüber an dem Grenzstein der himmlischen Gemarkung unserer Erte, am Monde, ihrem treuen Begleiter, dessen Lebenskreislauf längst durhmessen ist, zurück in -die irdische Heimath. Die Bewegungen der Doppelsterne, die Erscheinungen ihrer Ver- änderlichkeit, ebenso das Entstehen der Spiralnebel wird durch den von dem Maler Herrn Kranz geleiteten sceni- {hen Apparat veranschaulicht. In den Dioramen des

In Hamburg erreichte | und M. West.

Anfang 7# Uhr.

Musik von Carl Herr Epstein. Dirigent: Herr Kapellmeister Baldreich.

zweiten Aktes, der Welt des Menschen, die uns von den ersten Tagen des Erdendaseins in den Urwald der Steinkohle verseßen, und in der darauf folgenden Periode der Eisfelder, sieht man nihcht ungern mehrere aus früheren Aufführungen bekannte Bilder. Aus dem Lande des ewigen Schnees führt der Redner in den Buchenwald der gemäßigten Ls endli in die Farbenpracht und O des tropischen Urwaldes. Weiter geht der Weg in die elt des Kleinen, noch nidht zu den Infusorien und mikroskopish kleinen Lebewesen, aber doh zy Schöpfungen, für die der Erdkreis dem ganzen Umkreise des Allg gleihkommt, in die Welt der Eintagsfliegen, die der dritte Akt zeigt, der ganz Neues, bisher noch nie auf einer Bühne Dargestelltes bringt. Die Welt der Ameise, der Eintagsfliege is noch_ niht die kleinste: kleiner noch is die Welt, die ini Moos thr Urwalddafein führt. „Eine Sommernacht im Mooswalde“ führt in diesen eigenartigen Wald der Mooësgewächse auf der Baumrinde, in die heutige Heimstätte von Pflanzen, die selbst eins in ferner Urzet der Erde zur Ricsen- größe unserer \tolzesten Eichen emporwuhsen. Vorgetragen werden die Textworte der Schilderung von Herrn Hans Hohenstein. Schwierige Aufgaben sind den Malern, den Herren H. Harder, H. Hartmann wie Herrn W. Kranz in technischer Hinficht gestellt; sie haben nah Mög- lihkeit die Schwierigkeiten überwunden: wenn manches befremdlih wirkt, so liegt der Fehler in der Unzulänalichkeit der Bühneneinrich, tung bei dem engen Raum in der alten Urania, zum theil in der „Transscendenz“ der den Künstlern gestellten Probleme.

Ueber die Witterung im September berihtet die „Stat. Korr.“ nach den Beobachtungen des Königlichen Meteorologischen Instituts: In noch höherem Maße als der August d. J. war der ver- flossene September zu kalt; denn überall lag die Mitteltemperatur um 2 Grad und mehr unter der normalen, im Nordosten sogar um 4 Grad. Dieser Wärmemangel bestand andauernd während des ganzen Monats mit Ausnahme des ersten und einzelner Tage der dritten Dekade. Gleich zu Beginn des September sank die Temperatur fehr rasch und war am 10. um mehr als 5 Grad zu niedrig; von da ab stieg sie sehr langsam bis zur Mitte der dritten Dekade an, wo wieder eine starke Abkühlung von meist mehr als 7 Grad ein- trat. Nur der Nordosten zeigte während des ganzen Monats fast ununterbrohen Wärmeabnahme. Im September hat es häufiz ge- regnet, zumal in der ersten und leßten Dekade, sodaß vielfach, be: fonders in Thüringen und in der Rheinprovinz, cine übernormale Niederschlagsmenge gemessen wurde. Im Nordwesten jedoch und in den östlichen Landestheilen war es zu trocken, obwohl auch hier die Zahl der Tage mit Regen nicht gering war. Schnee wurde in höheren Gebirgélagen mehrfah beobachtet; zur Bildung einer festen Schnee- dee kam es aber nur auf der Schneekoppe. Hoher, gleihmäßig über Zentral-Europa vertheilter Luftdruck veranlaßte am 1. des Monats noch ziemlih warmes, heiteres Wetter. Jedoch {hon am zweiten trat ein Umschlag ein, da eine im Nordosten befindlihe Depression im Verein mit einer Anticyclone im Westen Nordwestwinde und în deren Gefolge Trübung, Negenfälle und schnelles Sinken der Temperatur hervorrief. Auch noch in den leßten Tagen der ersten Dekade blieb dieselbe Witterung bestehen, als die Depression nah der Nordsee und von da die Küsten entlang nach Often wanderte. Am zehnten begann sich das Maximum im Westen nach Deutsch- land hin auszubreiten; zunähst war aäerdings noch eine neue Depression im Nordosten von Einfluß, indem dieselbe auch weiterhin die kühle und feuhte Witterung bedingte. Um die Mitte der zweiten Dekade jedoch wurde ganz Zentral. Europa in den Kern des Hochdruck- gebiets aufgenommen; es flarte völlig auf, und ‘bei füdwestlichen Winden nahm die Wärme bis zum Beginn der dritten Dekade stetig, wenn auch unbedeutend, zu. Nur im Nordosten wurde es unter dem Einfluß jenes Minimums auch jeßt noch kühler. Jn der dritten Dekade herrshte wieder vorwiegend trübes, regnerishes Wetter, da das Hochdruckgebiet von mehreren Depressionen verdrängt wurde, die ostwärts über Deutschland hinwegzogen. Mit einer kurzen Unter- brechung um den 26. fiel die Temperatur sehr stark, sodaß sie am Schluß des Monats vielfah ihren niedrigsten Werth erreichte.

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

London, 22. Oktober. (W. T. B.) Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Tientsin von heute, daß zwischen China und Japan gegenwärtig in Söul Friedens- verhandlungen eingeleitet worden seien.

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Kreuzer. Marien -Walzer v. Bilse. Pantasis caprice f. Bioline v. Vieurtemps (Herr Snedler- Petersen). „The Faterland“ f. Piston v. Hartmann Herr Werner).

eller. Regie :

Stationen. Wetter.

in 9 Celfius 50 D. =4?% R.

Bar. auf 0 Gr. Temperatur

u. d Meeres!?p. red. in Millim.

_

708 2|wolkenlos | Aberdeen .. | 757 heiter Christiansund | 752 Nebel | Kopenhagen . | 748 Dr A Stockholm . | 749 Schnee aranda . | 753 wolkenlos osfau .. . | 764 SSW 1l1h|bedeckt |

Cork, Queens- Chan U 14 erbourg. . D: Pier 5 E l 759 E s le C0& Mbüta .. | 796 winemünde | 751 Neufahrwasser| 751 better Ménel ... | 754 Regen P LDS bedectt Mliiister. . . | 758 _2\bedeckt Karlsruhe . . | 761 wolkig Miesbaden . | 760 still Regen München . . | 764 |SO 3¡wolkig Chemniß .. | 760 |SSW 5wolkig Berlin... . | 756 |W 5'woolfia E el 063 still/halb bed, Breslaù... | 7599 |S _3|bedeckt Ke d’Aix .. | 766 |SSW 5\wolkig e Cel 84 #iV halb bed. et v l 64 ftill/\wolkenlos

Uebersicht der Witterung.

Von stürmishen Böen aus westliher Nichtun begleitet, welhe an der westdeutshen Küste vielfa volle Sturmesstärke annahmen, ist das barometrische Minimum, welches gestern über der südlichen Nord- see lag, nordostwärts nah dem füdlihen Schweden fortgescritten und veranlaßt noch jeßt an der deutschen OstseeküsteFstürmishe rechtsdrehende Südwestwinde. Ein neues Minimum is vor dem Kanal erschienen, welches seinen Einfluß demnächst auf das nordwestlide Deutschland ausbreiten dürfte. In Deutschland ift das Wetter vorwiegend ziemli trübe und mild; in Norddeutschland ist allenthalben, in Süddeutschland

L I Lo O M C H I

1

heiter Regen wolkig 5\wolfig 5heiter wolkig

l

Deutsche Seewarte. H A E S I S VER S R E E E E R E O E R IE T P Se Theater- Anzeigen.

Königliche Schauspiele. Dienstag: Opern- haus. 219. Vorstellung. Häusel und Gretel. Märchenspiel in 3 Bildern von Engelbert Humper- din. Text von Adelheid Wette. In Scene ge- seßt vom Ober - Regisseur Teblaff. Dekorative Einrichtung vom Ober-Inspektor Brandt. Dirigent : Kapellmeister Weinaartner. Die Jahreszeiten. Tanz-Poëm in 2 Akten und 4 Bildern von Emil Taubert und Emil Graeb. Musik von P. Hertel. Dirigent: Musikdirektor Steinmann. Anfang 75 Uhr.

Schauspielhaus. 229. Vorstellung. Nathan der Weise. Dramatisches Gediht in 5 Aufzügen von G. E. Lessing. Anfang 74 Uhr.

Mittwoch: Opernhaus, 220. Vorstellung. Tristan und Jsolde. In 3 Akten von Richard Wagner.

Anfang 7 Uhr. : / : Schauspielhaus. 230. Vorstellung. Wie die Ulten sungen. Lustspiel in 4 Aufzügen von Karl

Niemann. Anfang 74 Uhr.

Deutsches Theater. Dienstag: Die Weber. Anfang 74 Uhr.

Mittrooh: Die Kameraden.

Donnerstag: Die Weber.

Berliner Theater. Dienstag: Die Hexe. Man 74 Uhr. ittwoch: Das Heirathsuest. Donnerstag: Niobe. Unter vier Angen.

Lessing-Theater. Dienstag: Die Schmetter-

bet Anfang Uhr. tittwoh: Die Schmetterlingsschlacht. Donnerstag: Madame Saus-Gêne.

Friedrich - Wilhelmstädtisches Theater.

/ Ghaufseestraße 25/26. Dienstag: Der Vogelhäudler. Operette in 3 Aufzügen nah einer Idee des Bieville von L. Held

Mittwoh: Der Vogelhändler.

Residenz - Theater. Blumenstraße Nr. 9. Direktion: Sigmund Lautenburg. Dienstag und Mittwoch: La Tante Léontine. Jacques Damour. Anfang 7} Uhr.

Donnerstag: L’école de Veuss. Les Fenêtres.

Neues Theater. Schiffbauerdamm 4a. /5.

Dienstag :| Komödianten!? (Cabotins!) Lustspiel in 4 Akten von Eduard Pailleron. In Scene ge- seßt von Sigmund Lautenburg. Anfang 7F Uhr.

Mittwoch, Donnerstag, Freitag: Komödiauten ! (Cabotins !)

Theater Unter den Linden. Behrenstr. 55/57. Direktion : Julius Frißshe. Dienstag: In neuer glänzender Ausftattung. Orpheus in der Unter- welt. Operetten-Feerie in 4 Akten (12 Bildern) von Hector Cr:mieux. Deutsch von, Eduard Jacob- fon. Musik von Jaques Offenba. Anfang 7 Uhr.

Mittwoch: Orpheus in der Unterwelt.

BPentral-Theater. Alte Jakobstraße Nr. 30 Direktion: Richard Schultz. Emil Thomas a. G. Anna Bâäders. Josefine Dora. Dienstag: Zum 53. Male. O, diese Berliner! Große Posse mit Gesang und Tanz in 6 Bildern (nach Salingró's „Neise durch Berlin“) von Julius Freund. Musik von Julius Einödshofer. Anfang 74 Uhr.

Adolph Ernst-Theater. Dienstàg : Char- ley’s Taute. Schwank in 3 Akten von Brandon Thomas. Vorher: Die Bajazzi. Parodistische Voss in 1 Akt von Ed. Jacobson und Benno

acobson. Musik von Franz Roth. In Scene ge- seßt von Adolph Ernst. Anfang 7# Uhr.

Konzerte.

Konzert-Haus. Dienstag: Karl Meyder- Konzert. Ouv. „Beatrice“, Bernard. „Nebukadnezar“, Verdi. Phantasie a. „Das Nachtlager zu Granada",

Saal Bechstein. Linkstraße 42, Dienstag, Anfang 74 Uhr: Konzert der Sängerin Marie Vusjaeger, unter Mitw. der Violinvirtuosin Fräul. Betty Schwabe und des Klaviervirtuosen Herrn Felix Dreyschok.

Pirkus Renz (Karlstraße). Dienstag: Nur noch zweimal: Auf auf zur fröhlichen Jagd. A Wagenkorso ; drei Viererzüge, darunter zwei Mailcoahes. Parforce- u. Kaskadenritt. Außerdem: 4 arab. Schimmelhengste, als Fahnen- pferde, vorgef. v. Dir. Fr. Renz. Liberator, ger. v. Herrn N. Renz; Cyd u. d. Springpferd Bliß, ger. v. Frau Renz-Stark; d. Reitkünstlerin Frl. Mathilde Renz; d. Clowns Gebr. Villaud 2c. Anfang 7# Uhr.

Mittwoch: Auf auf zur fröhlichen Jagd.

Familien-Nachrichten.

Verebelicht: Hr. Reinhold Graf Finck von Finckenstein- Matshdorf mit Frl. Maria von Tauenzßien (Balkow). Hr. Hauptmann Alfred von Wrohhem mit Frl. Gertrud Bahr (Stettin).

Geboren: Ein Sohn: Hrn. von Slieffen (Kurtow). Eine Tochter: Hrn. von Friderict- Mellentin (Gassendorf, Kreis Liegniß).

Gestorben: Frl. Friede von Brockdorff (Kloster BED, Hr. Dr. jur. Frhr. Friedrich Franz

von Nettelbladt (Dockenhuden bei. Blankenese).

Verantwortlicher Redakteur : : J. V.: Siemenroth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin.

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei und Verlagß- “Anftalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32.

Sechs Beilagen .

(einschließlich Börfen-Beilage). (16224)

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M. 249.

Berlin, Montag, den 22. Oktober

1894.

Königreich Preußen.

Bekanntmachung.

Nach Vorschrift des Gesetzes vom 10. April 1872 (Gesez-Samml. S. 357) sind bekannt gena L

1) der Allerhöchste Erlaß vom 20. Juli 1894, betreffend die Genehmigung des Statuts der Landeskultur-Nentenbank für die Pro- vinz Westfalen, durch Extrabeilagen zu den Amtsblättern

der Königlichen Regierung zu Münster Nr. 36, ausgegeben am 6. September 1894,

der Königlichen Regierung zu Minden Nr. 36, ausgegeben am 8. September 1894,

der Königlichen Regierung zu Arnsberg Nr. 36, ausgegeben am 8. September 1894 ;

2) das am 20. Juli 1894 Allerhöchst vollzogene Statut für die Ent- und Bewässerungsgenossenshaft Rehburger Melioration zu Reh- burg im Kreise Stolzenau durch das Amtsblatt für den Regierungs- bezirk Hannover Nr. 40 S. 215, ausgegeben am 5. Oktober 1894;

3) das Allerhöchste Privilegium vom 12. August 1894 wegen Ausfertigung auf den Inhaber lautender Anleihescheine des Provinzial- verbandes von Pommern im Betrage von 6 000 000 durch die Amtsblätter

der Königlichen Regierung zu Stettin Nr. 37 S. 247, aus- gegeben am 14. September 1894,

der Königlichen Regierung zu Köslin Nr. 38 S. 287, gus- gegeben am 20. September 1894,

der Königlichen Regierung zu Stralsund Nr. 38 S. 227, aus- gegeben am 20. September 1894;

4) der Allerhöchste Erlaß vom 15. August 1894, betreffend die

Verleihung des Enteignungsrehts an die Gemeinde Briedel im Kreise ell zur Entziehung und zur dauernden Beschränkung des zur Her- tellung eines neuen Weges von Briedel nah dem Hunsrücken in der ihtung auf Naversbeuren in Anspruch zu nehmenden Grundeigen- thums, dur das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Koblenz Nr. 38 S. 225, ausgegeben am 20. September 1894;

5) das Allerhöchste Privilegium vom 15. August 1894 wegen Ausfertigung auf den Inhaber lautender Anleihescheine der Ent- wässerungsgenossenshaft der Ilmenau - Niederung im Betrage von 500 000 Æ durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Lüne- burg Nr. 38 S. 305, ausgegeben am 21. September 1894;

6) das am 20. August 1894 Allerhöch#| vollzogene Statut für die Entwässerungsgenossenschaft zu Deutsh-Rasselwiß im Kreise Neu- e D.-S. durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Oppeln

ir. 38 S. 322, ausgegeben am 21. September 1894;

7) der Allerhöchste Erlaß vom 22. August 1894, betreffend die Herabseßung des Zinéfußes der von der Stadt Essen auf Grund des Allerhöchsten Privilegiums vom 8. Oktober 1879 aufgenommenen An- [eihe von 4 auf 329%/0, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Düsseldorf Nr. 39 S. 391, ausgegeben am 29. September 1894;

8) der Allerhöhste Erlaß vom 27. August 1894, betreffend die Verleihung des Enteignungsrehts an die Kolberger Kleinbahn-Aktien- gesellschaft zu Kolberg im Kreise Kolberg-Körlin zur Entziehung und zur dauernden Beschränkung des zum Bau und Betrieb einer Klein- bahn von Kolberg nah Regenwalde mit Abzweigung von Groß-Jestin nah Stolzenberg in Anspruch zu nehmenden Grundeigenthums, dur das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Stettin Nr. 40 S. 265, ausgegeben am 5. Oktober 1894;

9) das Allerhöchste Privilegium vom 29. August 1894 wegen Ausgabe auf jeden Jnhaber lautender Anleihescheine der Stadt Stettin ¡um Betrage von 15 0093 000 (4 Reichswährung durch das Amtsblatt der Königlichen Negierung zu Stettin Nr. 40 S. 265, ausgegeben am 5, Oktober 1894;

10) der Allerhöchste Erlaß vom 11. September 1894, betreffend die Herabseßung des Zinsfußes der von der Breslau-Warschauer CEifenbahngesellshaft zu Oels auf Grund des Allerhöchsten Privi- legiums vom 16. September 1874 ausgegebenen Prioritäts-Obligationen von ò auf 49/0, durch das Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Breslau Nr. 40 S. 433, ausgegeben am 5. Oktober 1894.

Entscheidungen des Reichs8gerichts.

Der wissentlihe Ankauf eines vom Diebe aus einem gestohlenen Kleiderstoff gefertigten Kleides is, nah einem Urtheil des 1V. Straffenats des Reichsgerihts vom 5. Juni 1894, ebenso wie der Ankauf des Kleiderstoffes selbst als Hehlerei zu bestrafen. „Nah dem eins{hlagenden Zivilreht (§8 299 ff. 1 9 A. L.-R.) vermochte die Verarbeitung des gestohlenen Stoffes durch den unredlihen Erwerber Eigenthumsrehte an dem Kleide sür diesen niht zu begründen. Daß sih das von dem An- geklagten angekaufte Kleid im Sinne des Zivilrehts als eine andere Sache darstellt wie diejenige, welche unmittelbar durh den Diebstahl erlangt war, {ließt die Anwendbarkeit des § 259 des Strafgesetbuchs im vorliegenden Falle nicht aus. Die Verarbeitung bewirkte keinen Umsatz des Entfremdeten. Wie vorher der Stoff, bildete nah ihr das Arbeitsprodukt diejenige Sache, auf deren Herausgabe kraft Eigen- B der Verleßte Anspruch hatte. 299 I 9 A. L.-R.)* 1648/94.

Die Verübung beshimpfenden Unfugs auf einem zur Benußung als Kir chof bestimmten und zu diesem Zweck ein- gefriedigten großen Areal, welhes aber zur Zeit der That für profane Zwecke (als Ackerland 2c.) benußt wird, ist, nah einem Urtheil des Reichêgerichts, 111. Strafsenats, vom 25. Juni 1894, niht als Religionsvergehen aus § 166 Str.-G.-B. zu be- strafen, selbst wenn ein kleiner, vom Thatort entfernt [liegender Theil des Areals bereits zu Beerdigungen benußt wird. „E ist festgestellt, daß der Thatort auf einem Terrain lag, das na seiner räumlihen Gestaltung und __Aus- dehnung sih nicht als ein bloßes Anhängsel der zu Beerdigungs- ¿wecken verwendeten Bodenfläche auswies, sondern ein besonders wirthschaftlihes Objekt zu bilden geeignet war und das zur Zeit der hat als Ackerland verpachtet und benutzt war. Dieses Terrain diente also zu dieser Zeit klar erkennbarermaßen profanen Zwecken und kann deshalb, da der Umstand allein, daß es künftig einmal als Beerdigungé stätte benußt werden sollte, nicht entscheidet, da anderer- eits die durch die Einfriedigung hergestellte äußerliche Zusammen- Mließung des gesammten Areals zu einem Ganzen durch die gedachte abweichende Verwendung eines größeren Theils dieses Areals in der ler fraglihen Beziehung vollständig paralysiert wird, als ein zu religiösen Versammlungen bestimmter Ort nicht gelten.“ (1928/94.)

[n

Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgerichts.

_Bei von verschiedenen Seiten ausgehenden, auf einander fol- Men Klagen in Bezug auf die Gültigkeit einer und dev- eiben Wahl zur Gemeindevertretung kann, nach einem Urtheil is Dber-Verwaltungsgerichts, IT. Senats, vom 2. Mai 1894, nach- Ur gauf eine dieser Klagen sachlich im Sinne der Gültigkeit oder ngültigkeit der Wahl ent schieden worden und dieses Urtheil dem-

nächst rechtskräftig geworden ift, auf die folgende Klage nit mehr im entgegengeseßten Sinne entschieden werden, selbs wenn dem zweiten Kläger die gewichtigsten, für seinen Antrag sprechenden Gründe zur Seite stehen, welhe beim ersten Klageverfahren nicht bekannt waren. Die Ersaywahl eines Gemeindeverordneten, des Bergmanns R,, in der Gemeinde B. wurde auf einen Einspruch des Kolons K. von der Gemeindeversammlung am 1. Mai 1893 für ungültig erklärt. Hiergegen richtete zunächst der Amtmann am 10./12. Mai 1893 eine Klage, auf welche der Kreis- aus\huß s{chon am 31. Mai 1893 gleichfalls für die Ungültigkeit der Wahl entschied. Diese Entscheidung wurde demnächst rechtskräftig. Am 29. Mai 1893 ging beim Kreisauëshuß die Klage des Gewählten selbst auf Gültigkeitserfläcung seiner Wahl ein, welche in beiden Instanzen abgewiesen wurde. Auf die Revision des Klägers bestätigte das Ober - Verwaltungsgeriht die Vorentscheidung, in- dem es begründend ausführte: „Durh die demnähst rehtskräftig gewordene Entscheidung zwischen dem Amt- mann und der Gemeindevertretung war die rechtliche Möglichkeit aus- geschlossen, in einem von einer anderen Partei anhängig gemachten Verfahren im entgegengeseßten Sinne zu entscheiden, die Wahl etwa nunmehr wieder für a zu erklären. Eine Wahl kann nur einem jeden Betheiligten gegenüber entweder gültig oder ungültig sein, nicht aber dem A. gegenüber das eine, dem B. gegenüber das andere. Be- ständen zwei in leßterem Sinne ergangene Entscheidungen neben ein- ander, so bliebe es eine nah Lage des bestehenden Rechts unlösbare Frage, welche von beiden der anderen vorginge. Ein folhes Neben- einander kann also der Gesetzgeber nicht gewollt haben, und darum darf au der Nichter niht einen Weg einschlagen, auf dem dasselbe unvermetdlih werden kann. Dabei soll niht verkannt werden, daß diese Lage des bestehenden Rechts keine vollkommene ist. Unter Um- ständen „muß es oder kann es wenigstens zu einer empfindlihen Beeinträchtigung » des an sih geseßlih verbrieften Anfehtungsrehts führen, wenn derjenige zweite Kläger, dem vielleiht diè gewichtigsten, für die Gültigkeit der Wahl sprehenden Gründe zur Seite stehen, mit solchen um deswillen niht mehr gehört wird, weil bereits zuvor einem anderen Kläger gegenüber ein denselben Gegenstand betreffendes, die Ungültigkeit aussprehendes Erkenntniß ergangen ist. Indeß wird ein korrektes rihterlihes Verfahren fast überall die Möglichkeit bieten, einen solchen Erfolg abzuwenden. Ein vorsichtiger Richter wird, wenn er in Bezug auf die Gültigkeit einer Wahl angerufen wird, es nicht unterlassen, vorab sich dar- über gzu vergewisfern, ob die Klagéfrist für alle Betheiligten bereits abgelaufen ist, event. diesen Ablauf erst noch abwarten und dann die etwa eingelaufenen mehreren Klagen mit einander ver- binden, dergestalt, daß sie in einem Verfahren dem Abschluß entgegengeführt werden. -Wo aber einmal dies versäumt ist, bleibt nur übrig, die aus Obigem sih ergebenden Konsequenzen, denen das Geseß vorzubeugen unterließ, zu zichea und hinzunehmen. Uebrigens darf nicht unbeachtet bleiben, daß keine Schranken dem zweiten Verfahren aus einem früheren in dem Falle erwahsen, wenn dieses aus irgend einem voranstehenden, nur formalen Grunde zu einer sahlihen Erörterung der Gültigkeit der Wahl überhaupt nit geführt hat.“ (ILI 665.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Deutschlands Noheisenprodukkion.

Nach den statistishen Ermittelungen des Vereins deutscher Cisen- und Stahlindustrieller belief sh die Noheisen- produktion des Deutschen Reichs (eins{hließlich Luxemburgs) im Monat September 1894 auf 473 070 t; darunter Puddelroheisen und Spiegeleisen 130270 t, Bessemerroheifen 37 841 t, Thomasroheisen 221 245 t, Gießereiroheisen 83 714 6. Die Produktion im September 1893 betrug 410 193 t, im August 1894 489211 t. Vom 1. Ja- nuar bis 30. September 1894 wurden produziert 4 088 246 t gegen 3 646 873 t im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Die wirthschaftlihe Lage der Arbeiter im Jahre 1893.

Den Jahresberihten der Königlih preußishen Regierungs- und Gewerberäthe und Bergbehörden fr 1893 entnehmen wir weiter folgende Mittheilungen: Im Regierungsbezirk Cassel wurden im Jahre 1893 in 832 Anlagen zusammen 3686 jugendliche Arbeiter beschäftigt, und zwar junge Leute zwischen 14 und 16 Jahren 2471 männ- liche und 1199 weibliche, Kinder von 13 bis 14 Jahren nur noch 15 männliche und 1 weiblihes. Das ergiebt ein abermaliges Zurük- gehen der Kinderarbeit von 95 im Jahre 1892 auf 16. Auch die Zahl der jungen Leute zwischen 14 und 16 Jahren sank nah der dies- jähren Zählung, und zwar die der männlihen von 2559 auf 2471, also um 3,4 9/6, die der weiblihen von 1232 auf 1199, also um 2,7 9/0. Die Zahl der in 393 gewerblichen Anlagen des Regierungs- bezirks beschäftigt gewesenen erwachsenen Arbeiterinnen betrug 7026 (+ 616), worunter sih 3514 (+ 330) im Alter von 16 bis 21 Jahren und 3512 (+ 286) über 21 Jahre alte befanden. Hierzu gerechnet 1200 jugendlihe Arbeiterinnen, ergiebt eine Gesammtzahl von 8226. Im Vorjahre waren nur 7672 Arbeiterinnen beshäftigt. Somit hat die Zahl der Arbeiterinnen überhaupt die auffällige Zunahme von 554 Personen oder 7,2 9% erfahren, und zwar liegt darin eine Zunahme bei den ecwahsenen weiblihen Arbeitern um 616 oder 9,6 9% und eine gleihzeitige Abnahme bei den jugendlichen Arbeiterinnen um 62 Köpfe oder 4,9 9/0, während bei den männlichen Arbeitern nur eine Vermehrung der Erwachsenen um 178 Köpfe statt hatte, die durch eine Verminderung um 145 jugendlihe männ- lihe Arbeiter fast ausgeglihen wird. Die Gesammtzahl der in den gewerblichen Anlagen des [Regierungsbezirks beschäftigten Arbeiter ist überhaupt von 36 551 auf 37145, also um 594 Köpfe gestiegen. Bei der Gewerbe-Inspektion Cassel wurden 477, bei der Gewerbe- Inspektion Fulda 427 Unfälle angezeigt, zusammen 904 (— 7); von diesen Unfällen hatten 15 den Tod zur Folge, Die wirth- schaftlichen Verhältnisse der Arbeiterbevölkerung konnten in An- betraht der Lebensmittelpreise im allgemeinen als nicht ungünstig bezeihnet werden. Futtermangel hatte ein erheblihes Sinken der Fleishpreise zur Folge. Die Kartoffelernte war gfnfig und die Preise demzufolge mäßig. Auch die Milde des ersten Theils des Winters war von günstigem Einfluß. Von einigermaßen ein- \chneidenden Verminderungen der Arbeiterbestände is nichts bekannt geworden, ebensowenig von Herabseßungen der Arbeitslöhne, abgesehen von der Verminderung des Verdienstes, den die Arbeiter einzelner Industriezweige der Metallverarbeitung durch Einschränkung der Arbeitszeit zu erleiden hatten. : Im Regierungsbezirk Wiesbaden betrug nah den im November und Dezember vorgenommenen Feststellungen die Zahl der in 553 Fabriken und diesen gleih zu ahtenden Anlagen beschäftigten Kinder unter 14 Jahren 33 gegen 47 im Vorjahre, davon waren 21 (— 3) männlih und 12 (— 11) weiblich. Die Zahl der jugend- lichen Arbeiter von 14 bis 16 Jahren betrug 3242 gegen 3164 im Vorjahre, und zwar 2288 (+ 135) männliche 11d 954 (— 67) weib- lihe. Nach der am Schlusse des Berichtsjahres vorgenommenen Zählung find in 329 Fabriken 2423 Arbeiterinnen im Alter zwischen 16 und 21 Jahren und 2027 im Alter über 21 Jahre, zusammen 4450 Arbeiterinnen beschäftigt gewesen. Weniger Arbeite-

rinnen waren eingestellt: in den Anlagen der Industrie der Steine und Erden, der Paypier- fund Leder-, der Holz- und Schnitzstoffe- und - der Bekleidungs- und Neinigungs-Industrie; in allen anderen Industriegruppen hatte die Zahl der Arbeiterinnen sih erhöht. Gegen Ende des Berichtsjahres waren nah den Erhebungen der Orts- behörden in gewerblichen Anlagen 32 000 erwachsene männliche Arbeiter beschäftigt. Nahtarbeit findet für Arbeiterinnen nicht mehr statt. Arbeiteraus\tände von einiger Bedeutung sind im vorigen Jahre nicht vorgekommen. Die Preise der Lebensmittel sind im ganzen un- verändert geblieben, wie im Vorjahre; die Kartoffelpreise sind ge- sunken. Die Arbeitslöhne haben ih im allgemeinen auf der Höhe des Vorjahres gehalten; in einzelnen Fällen find geringe Kürzungen an Accordsäten eingetreten und hie und da Erhöhungen insofern, als die tägliche Arbeitsdauer vermindert, aber der Lohn in der Höhe wie früher ausgezahlt wurde.

Den FJahresberihten der Königlih preußischen Regierungs- und Gewerbe-Räthe und Bergbehörden für 1893 sind weiter folgende Mittheilungen entnommen: Im Regierungsbezirk Koblenz betrug die Zahl der in Fabriken beschäftigten Kinder unter 14 Jahren 17, davon waren 14 männlih und 3 weiblich. Die Zahl der jugend- lihen Arbeiter von 14 bis 16 Jahren belief sich auf 2214, wovon 1585 männlich und 629 weiblich waren; im Vorjahre betrug die Gesammtzahl nah der Aufstellung der Bürgermeisterämter nur 1885. Die Zahl der über 16 Jahre alten Arbeiterinnen betrug 2142 gegen 1944 im Vorjahre, davon standen im Alter bis zu 21 Fahren 1101 und über 21 Jahre waren 1041. Ueber die Arbeiter im allgemeinen wird be- richtet: Nach der im Jahre 1893 erfolgten Aufnahme sind im Regierungsbezirk vorhanden : 2836 gewerbliche Anlagen mit zusammen 25 028 Arbeitern gegenüber 2477 Anlagen mit 24000 Arbeitern im Jahre 1891. Gemeldet wurden 632 Unfälle gegenüber 547 im Vor- jahre. Darunter waren 23 Todesfälle gegen 12 im Jahre 1892. Die an sih schon niedrigen Arbeitslöhne wurden im vorigen Fahre in einer Anzahl von Betrieben noch herabgemindert. Bei den im Bezirk gezahlten Löhnen ist es vielen Arbeiterfamilien nicht möglich, sih genügend fräftig zu ernähren.

Im Regierungsbezirk Düsseldorf betrug die Zahl der in Fabriken beshäftigten Kinder unter 14 Jahren 197 gegen 179 im Vorjahre, davon waren 122 (4+ 8) männlich und 75 (— 10) weib- li; die Zahl der jugendlichen Arbeiter von 14 bis 16 Jahren betrug 18 228 (+ 1417), und zwar 11583 (+ 688) männlihe und 6645 (+ 729) weibliche; im ganzen waren in 2399 Anlagen 18 425 jugend- liche Arbeiter thätig gegen 16 990 in 2400 Anlagen im Jahre 1892. Die Erhebungen über die Daus erwahsener Arbeiterinnen während des Berichtsjahres zeigen eine Vermehrung der Anlagen, in denen Arbeiterinnen thätig waren, gegen das Vorjahr von 1497 auf 1543, also um 46 °/%, und der Arbeiterinnen von 36 288 auf 40492 oder um 11,6 9%/0. Die Zahl der Arbeiterinnen von 16—21 Jahren ist im Vergleich mit dem Jahre 1892 um 2891 oder 16,3 %/ und die der älteren Arbeiterinnen um 1313 oder 7 9/z gestiegen. Es überwiegen jeßt die jüngeren Arbeiterinnen um 650 Köpfe über die älteren, während im Vorjahre das Verhältniß umgekehrt war. Von den 40 492 Arbeiterinnen fommen 33 777 oder 83,4 9/9 auf die Textilindustrie. Ueber die Arbeiter im allgemeinen wird berichtet: Die Zahl der Arbeiteraus\tände war beschränkt. Abgesehen von einer umfangreicheren Bewegung, die \sich über mehrere Riemendrehereien Barmens er- streckte, hielten sich sämmtlihe Arbeitseinstellungen in den Grenzen einzelner Fabriken. Eine in Ausfiht genommene Lohnkürzung ver- anlaßte im Februar 40 Arbeiter einer Schlittshuhfabrik in Remscheid zum Ausftande. Die 87 Arbeiter einer Sammetfabrik stellten im März .die Arbeit ein und verlangten 20%/ Lohnerhöhung. Die Arbeiter erzielten \{ließlich eine Lohnerhöhung von 15 9%. In einer Eisengießerei legten 38 Former die Arbeit nieder. Auf die Androhung endgültiger Entlassung nahmen 28 Leute die Arbeit wieder auf; die übrigen 10 wurden abgelegt. Der ganze Ausstand dauerte nur zwei Tage. Unter den Riemendrehern in Barmen begann am 8. Mai ein größerer Ausstand, indem aus acht Fabriken von 628 Arbeitern 343, mit dem Lohn und der Dauer der Arbeits- zeit unzufrieden, die Arbeit niederlegten. Die Zahl der Ausständigen erhöhte sih \{ließlich auf etwa 700 bis 800 aus über 18 Fabriken Schließlih mußten sie am 31. Mai ihren Ausstand infolge unge- nügender Organisation als verloren erklären; doch iff die Bewegung insofern niht ohne Ergebniß geblieben, als durhgängig eine Lohn- erhöhung eingetreten sein dürfte. Etwa 100 der ausständigen Riemer wurden von den Fabrikanten nicht wieder eingestellt. In Essen stellten in einer Horndrechslerei 38 von 41 Arbeitern am 1. August wegen Lohnstreits die Arbeit ein. Der Ausstand dauerte bis zum 2. September, wo die Hälfte der Ausftändigen unter Vermittelung des Gewerbe-Infspektors zu Barmen wieder eingestellt wurde.

Im Regierungsbezirk Köln betrug die Zahl der in Fabriken beschäftigten Kinder unter 14 Jahren 93, davon waren 47 männlih und 46 weiblich; die Zahl der jugendlihen Arbeiter von 14 bis 16 Jahren betrug 5530, und zwar 3413 männlihe und 2117 weiblihe. Die Zahl der über 16 Jahre alten Arbeiterinnen betrug 9146, davon waren bis 21 Jahre alt 5156 und über 21 Jahre 3990. Ueber die Arbeiter im allgemeinen wird berichtet, daß Lohn- bewegungen, die zu Arbeitseinstellungen führten, im vorigen Jahre niht zu Tage getreten sind. Der ewerbe-Inspektor in Köln be- rictet über ershreckende Lohnverhältnisse in den Korsetfabriken.

Im Neégierungsbezirk Trier betrug die Zahl der in Fabriken beschäftigten Kinder unter 14 Jahren 3 gegen 20 im Vor- jahre; die Zahl der jugendlihen Arbeiter von 14 bis 16 Jahren be- trug 2834 (gegen 3194 im Vorjahre), davon waren 2267 (— 184) männlih und 567 (— 176) weiblich. Die Zahl der in 110 gewerb- lihen Anlagen beschäftigten Arbeiterinnen von über 16 Jahren be- trug 2313 (— 148), davon waren bis 21 Jahre alt 1627 (+4 17), über 21 Jahre alt 686 (— 165); etwa 57 9% aller erwachsenen Ar- beiterinnen waren in den Thonwaarenfabriken beschäftigt. Troß der ungünstigen Geschäftslage des Jahres sind die Lohnsätße in den größeren Werken nicht zurütgegangen. Die Beschäffung von Lebens- mitteln, wie Kartoffeln und Gemüse, sowie Feuerungsmaterial zum Selbstkostenpreise ist jeßt bei den meisten größeren Fabriken der . Saargegend üblich. :

Im Regierungsbezirk Aachen betrug 1893 die Zahl der in 560 gewerblichen Anlagen beschäftigten jugendlichen Arbeiter 3901 (2223 männliche, 1678 weiblihe); dazu wurden 12 Kinder beschäftigt (3 männliche, 9 weibliche). Eine Vergleichung dieser Zahlen mit denen des Vorjahres ergiebt, daß die Zahl der jugendlichen Arbeiter um 104 zugenommen, die der Kinder um 36 abgenommen hat. Die Qualme der jugendlichen Arbeiter ist im wesentlichen auf den besseren C eshäftêgang in den Spinnereien zurückzuführen. Die Zahl der Ar- beiterinnen über 16 Jahre betrug im Berichtsjahre 14 718 gegen 14302 im Vorjahre, sodaß die Zunahme 416 oder 2,9% beträgt. Auch hier ist der Zuwachs hauptsächlich dem flotten Geschäftsgang. in den Spinnereien zuzuschreiben. 9690 oder 65 9/6 aller erwahfenen Arbeiterinnen entfallen auf die Textilindustrie und zwär auf Spin“ nereien und Webereien. Ueber die Arbeiter im allgemeinen wird be» rihtet, daß der Wechsel unter den Arbeitern sehr gering war. Aus- stände kamen nur ganz vereinzelt vor. Einiges Interesse beanspruchte wegen seiner größeren Ausdehnung ein in einer Aachener Tuchfabrik ausgebrochener Ausstand, der seine Ürtase in einem Lohnstreit hatte. Es währte fast vier Wochen, bis eine Einigung zu stande kam. Da die Geschäftslage in dem hervorragendsten U des Bezirks der Textilindustrie befriedigend war, fo feblte es den