1913 / 28 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 01 Feb 1913 18:00:01 GMT) scan diff

L D E C 1 i Dm E Si E dr D a Bs LRAEE A A É

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j fz S e E Æ E Erste Bedingung i dafür, daß & 12 des Fleischbeschau- Fine Anänge stet blewbt: diese Erklärung gebe ih ausdrücklich im ‘amen des deutshen Bauernbundes ab, damit dem Gerede des Bundes der Landwirte, wir wollten die Landwirtschaft verraten usw., cin (Ende gemacht wird. Aebhnlickes wird ja fälshlih auch den ‘Nationalliberalen

nahgesagt. Die nationalliberale Partei hat noch größere Verdienste;

sie vertritt auch Wahlkreise mit städtischer, mit industrieller Bevölke- Tung, die sie «auf unsere Seite, auf die Seite der Partei des Zoll- {u s gebracht hat. Auch der Großgrundbesiß hat seine volle Be- Techtigung; aber unrichtig ist es, wenn ‘ein gewisser Teil der Groß- griges ißer fih der inneren Kolonisation entgegenstemmt. Durch leBtere werden die Interessen der großen Herren weit besser gewahrt, alé dur diese selbst. Stärken wir den Bauernstand als solchen, fo tärten wir dadur die Wehrkraft des Reiches. Wenn Ste die Koloni- älion wollen, dann müssen Sie die Bauern auf den Ansiedlungen

at so stellen, daß sie exiftenzfähig bleiben. Diese Konsequenz muß

gezogen werden, das geschieht aber nicht, wenn man der Landwirtschaft den Zollshuß entzieht. Wir lehnen alle Abänd-rungsanträgë ab, Daß die Konservativen die Vorlage ablehnen, verstehe ih nicht. Selbst der Abg. Arnstadt führte aus, daß die Preise dur diese Maßnahmen

‘nür in den großen Städten etwas billiger aeworden seien; warum

wollen Sie also die Probe niht durchführen lassen? In bezug auf das Gefrierfleisch wird die Regierung hoffentlich fest bleiben, sodaß dié Landwirtschaft, große wie kleine, auch weiter vertrauensvoll in die Zukunft blicken kann. : E E

Abg. Weé ilnb ö ck (dköns.): Die Verhältnisse haben sich seit déx ersten Lesung diéses Geseßentwurfes so entwielt, daß überall die Uébérzeugung zum Durchbruch gekommen ist, daß die Krisis in der æleishbersorgung nur zu lösen ist durch eine Stärkung der einheimi- hen Viehzucht. Zür Haushaltung gehört doch mehr als nur die tebenémittel. Und gerade die Kosten für die anderen Bedürfnisse, die méist die Industrie liefêrt, sind ganz gewaltig gestiegen, meist sogar in einem höheren Verhältnis als die der Lebensmittel. Auch die Löhne sind in höherem Maße gestiegen. Dafür ist doch der beste Beweis der jährlich immer mehr zunehmende Zuzug fremder Arbeiter. Im Auslande sind die Preise für Lebensmittel ebenfalls gestiegen, und ¿war meist noch mehr als bei uns, das gilt ganz besonders von dem Gefrierfleisch. Eine Aufhebung der Futtermittelzölle würde gerade den kleinen Landwirt schädigen. Bei uns in Bayern liegt jeßt so viel vérregnetes Getreide als Futter, daß man sich geradezu an den Kopf fassen müß, wenn man immer wieder von- Futtermängel reden hört. Die Freistnnigen verlangen Oeffnung der Grenzen. Dadurch erreicht nan abèr s{ließlich nur, daß die Viehzucht in den kleinen Betrieben unrentabel wird. Wenn erst unsere Viehzucht vernichtet ist, dann wird \{ließlich das Ausland Preise verlangen, die viel höher sind, als wenn wir unsere heimishe Viehzucht stärken. Man will innere Kolonisa-

“tion, aber man will gleichzeitig den Kolonisten die Eristenzmöglichkeit

rauben. Wenn man anderen nicht zumutet, im Interesse der AUge- meinheit unter den Produfktionsfosten zu verkaufen, dann kann man das doch au nicht von der Landwirtschaft verlangen. Die ‘deutsche Ländwwirtschaft wird dem Vaterlande gegenüber immer ihre Pflicht tun.

Abg. K o ch (fortshr. Volksp.): Wenn nicht bald Abhilfe in der

Fleischnot kommt, dann muß sicher eine Unterernährung eintreten.

agrarischen Abgeordneten vertreten einseitig das Juteresse der roduzenten und die des Großgrundbesitzes. _(Vizepräsident Dove : Jh mache den Redner darauf aufmerksam, daß hier alle Abgeordneten nur die Interessen des ganzen Volkes vertreten.) Man wirft uns vor, das Bolk aufzuheßen und tendenziöse Agitation zu treiben, aber das ist nit währ. Als man mich noch für einen SchutzzöUner hielt, wählte man mi in die Landwirtschaftskammer, als ich mich aber als fort- {{rittlichen Kandidaten aufstellen ließ, da wählte man mich nit wieder. Wir haben das Interesse aller landwirtschaftlichen Kreise im Aüùge. Wir stehen dabèi jedoch auf dem Boden der Selbsthilfe. Jch häbe mir z. B. meine Eristenz selbst gegründet. Seit 1875 {tehe ih in der Landwirtschaft, aber ih habe für meine Produkte nie Preise erzielt, bei denen ih nit bätte eristieren können. (Dur Zurufe und nmcht aufhörendes Gelächter werden die Ausführungen des Nedners eine ganze Zeitläng unverständlich.) Wir baben unsere Anträge auf Aufhebung der Zolle so milde gefaßt, um auch anderen Parteien die Züstimmung zu ermöglichen. Um den Wünschen des Abg. Gamp ent- gegenzutömnien, haben wir" ihnët dan noch eine weitere Fassung ge- geben. Wie das Geseß jeßt abgefaßt ist, kann es nicht viel nüben. Das beweisen ja die bisherigen Maßnahmen, die nur zeitweilig eine Preis- ermaßigung zur Folge hatten. Wirkliche Abhilfe kann aber nur geschaffen werden, wenn alle Gemeinden das billige Fleis be- ziehen können. Die Lieferungsverträge von ländlichen _Ge- néssenschäften mit Städten sind eine zweischneidige Waffe. Derartige Abschlüsse lieaen nicht im Interesse des Mittelstandes. Man kann doch die Fleischer niht auf die Dauer aus\calten, ebens\o- weênig wie den anderen Zwischenhandel. Dazu fönnen wir unsere Händ nicht bieten. Wir wollen die freie Tätigkeit nicht einshränfen und niht in den Zukunfts\taat hinübergleiten. Auf Ihnen (zur Rechten gewandt) bleibt der Vorwurf hängen, daß Sie uns nicht {on im vorigen Jahre tatkräftig mitgeholfen haben. Hätten Sie da- mals mit für die Aufhebung der Futtermittel ölle gestimmt, dann wäre der ganze jeßige Jammer nicht eingetreten. Dur Ihr Bersagen Tonnte die Landwirtschaft ihre Viehbestände niht über die \{hlimme Zeit hinweghelfen und mußte sie verkaufen. Ohne Aufhebung der Futtermittelzölle können wir aber auch jeßt unser Vieh nicht balten. Ih z. B. müßte dann mein ganzes Getreide verfüttern. Dädur wird aber gerade den kleinen Leuten die Biehzucht unmöglich geinaht. Durch diese Art Zollpolitik muß \chließlich der ganze flecine und mittlere Grundbesiß ausgerottet werden. Natürlich hätte der An- trág auf Suspendierung der Futtermittelzölle mehr Erfolg gehabt, wenn thn die Landwirtschaftskammern stellten, als wenn wir ihn einbringen; aber dann würde ja das Schußzollsystem durch- Töchert werden, und das sfoll eben -verhütet we den. Unhaltbar ist auch die Behauptung des Abg. Arnstadt, daß die Beseitigung der Zölle für FJunavieh und Magervieh gerade den kleinen Viehzüchhter und Landwirt rutnieren muß; gerade dieser Unser Antrag ist ganz eminent landwirischaftsfreundlih. Natürlich soll er nichi für immer Geltung haben, sondern nur vorübergehend, bis ‘dèr Notstand überwunden ist. Es liegt nicht bloß lm Intere}

des fleinen, fondern auch des mittleren und großen Grundbesikes, rasch Hilfe zu schaffen; wir besorgen also aud hier gerade Ihre (näch rets) Geschäfte. Um die 80 Millionen, die wir an das Aus- land für die Futtermittelzölle zahlen, vermindert sih doch unbedingt die Rentabilität unserer Viehhaltung. Unsere Abänderungsanträge sind nicht aus parteipolitishem Interesse gestellt, sondern wir wollen helfen. Dem Antrag auf Zulassung von Gefrierfleisch können wir nicht zustimmen.

Abg. L6vêque (Lothringer): Als Tierarzt, also als Sach- kenner, möchte ih Sie bitten, nicht für die Aufhebung des § 12 des Fleishbeshaugesetzes zu stimmen.

Abg. Gebhart (wirtsch. Vgg.) polemisiert gegen den Abg. Koch. Die Unruhe im ganzen Hause dauert während der Rede un- unterbrochen fort.

Hierauf wird die Diskussion geschlossen.

Persönlich bemerkt der

Abg. Dr.Werner - Gießen (wirt\{. Vgg.) : Der Abg. Hestermann hat behauptet, ih hätte neulich den Bauernstand beleidigt durch mine Aeußerun „er möchte den Bauern herbringen, der in seinem Kreise Mais verfüttere, damit ih ihn auf den Tisch des Hauses niederlegen Tann, Der Abg. Hestermann versteht keinen Humor, fonst hätte er darin eine Beleidigung des Bauernstandes niht sehen können. Der Abg. Hestérmaunn hat mi gefragt, was ih gesagt hätte, wenn t Pete A E N E Ee gemacht hätte. FIch würde nur gesagt haben: Hier stehe ih, dort steht ber Tis Hauses, also bitte! V, steh es

Jn der Abstimmung „werden zunächst die Anträge Albrecht (Soz.), soweit sie auf Erweiterung der Vorlage t: sind, abg elehnt. Dafür stimmen nur die

ntragsteller und die Fortschrittliche Volkspartei, aber ouh diese stimmt gegen die Forderung der vollen

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Erstatiung des Zolles und gegen die Gewährung der Vergünstigung auch an Konsumgenossenschaften und andere gemeinnüßige Unternehmungen. Veber den An- trag Ablaß, der Vorlage folgenden Zusag. zx geben: „Vom 1. April ab wird der Bundesrat ermächtigt, allgemein die Zölle für Schlachtvieh und Fleish sowié für Jungvpieh, Magervieh und Zuchtvieh ganz oder teilweise außer Hebung zu seßen, soweit und solange es zur Abhilfe eines Notstandes er- forderlich ist“, wird namentlich abgestimmt. Das Er- gebnis ist die Ablehnung mit 184 gegen 150 Stimmen. 3 Mitglieder enthalten sich der Abstimmung.

Es folgt die namentlicche Abstimmung über den von dem Abg. Dr. Ablaß u. Gen. beantragten neuen 8 2: „Vom 1. April 1913 werden die Zölle auf Futtergerste, Mais, Futterbohnen, Futtererbsen, Futterrüben und Lupinen außer Hebung geseßzt.“

Auch dieser Antrag wird mit 184 gegen 149 Stimmen bei 4 Stimmenthaltungen abgelehnt.

Die Vorlage wird unverändert gegen die Stimmen der Deutschkonservativen und der wirtschaftlichen Vereinigung a n - genommen. : :

Es folgt die Abstimmung über die Resolutionen.

Die Abgg. Albrecht u. Gen. (Soz.) beantragen :

„Der Reichstag wolle bes{Gließen, den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, unverzüglih einen Gesegentwurf vorzulegen, durch den (unter Aufhebung von § 12 des Fleishbeshaugeseßes) die Einfuhr pon frishem und gefrorenem Fleis aller Art ohne anhängende innere Organe aus dem Auslande gestattet wird.“

Dazu beantragen die Abgg. Dr. A blaß u. Gen. folgen- den Zusaß:

„sofern in dem Produktionslande eine den in Deutschland geltenden Bestimmungen entsprehende Untersuhung des zur Aus- fuhr nach Deutschland bestimmten Fleisches durch deutsche beamtete Tierärzte zugelassen ift.“

Für diesen Zusaß stimmen nur die Sozialdemokraten und die Fortschrittliche Volkspartei.

Ueber die unverändert gebliebene Resolution Albrecht er- folgt namentliche Abstimmung. Die Resolution wird mit 229 gegen 109 Stimmen abgelehnt.

Die Refolution Albrecht auf Erweiterung der Ende Sep- tember v. Js. von den verbündeten Regierungen beschlossenen Erleichterungen der Vieheinfuhr wird gegen die Stimmen der An- tragsteller abgelehn t, ebenfo die Resolution Albrecht auf baldigste Borlegung eines Geseßentwurfs wegen Aufhebung der Zölle auf Futtermittel gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und Fort- schrittler, endlich die Resolution Albrecht, den Reichskanzler zu ersuchen, bei den verbündeten Regierungen dahin zu wirken, daß die Einfuhr von frischem Fleish und Schlachtvieh an alle Gemeinden zugelassen wird, in denen die erforderlichen Schuteinrichtungen gegen Verbreitung von Viehseuchen vor- handen sind. Für diese Resolution stimmen außer den Sozial- demoftraten und der Fortschrittlichen Volkspartei auch einige Nationalliberale, die Polen und vom Zentrum der Abg. Giesberts.

Darauf wird Vertagung beschlossen.

Schluß 7 Uhr. Nächste Sißung Sonnabend 11 Uhr. (Dritte Lesung des eben in zweiter Lesung erledigten Geseßz- entwurfs ; Etat des Reichsamts des Jnnern.)

Preußischer Landtag. Herrenhaus. 21. Sißung vom 31. Januar 1913, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von „Wolffs Telegravphishem Bureau“.)

Zunächst werden die neu eingetretenen Mitglieder Freiherr

von Gayl, Fürst zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg, Fürst von Haßfeldt-Wildenburg und Fürst zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein in der vorgeschriebenen feierlichen Form vereid i qt. Sodann wird die Wahl einer Kommission von 21 Mitgliedern zur Vorberatung des Geseßzentwurfes, betreffend das Schlepp- monopol auf dem Rhein-Weserkanal und dem Lippekanal, vor- genommen. i

Auf der Tagesordnung steht der Bericht der XT. Kom- mission über den vom Abgeordnetenhause unter Abänderung der Regierungsvorlage angenommenen Entwurf eines Wassergeseßztzes.

Dr. Freiherr von Landsberg beantragt, den Gegen- stand von der Tagesordnung abzusezen, da eine Verständigung hierüber noch nicht erzielt sei.

Fürst von Haßtzfeldt fragt, ob die Verständigung bis morgen erzielt werden könne.

Dr. Freiherr von Landsberg verneint dies.

Der Präsident kündigt darauf unter der Zustimmung des Hauses an, daß er die Beratung des Wassergesetzes auf die Tagesordnung für Montag seßen werde.

Graf von Reichenbah-Goschüß berichtet darauf im Namen der Finanzkomtmission über den vom Abgeordneten- hause unverändert angenommenen Ges eßgentwurf, betreffend die Fesistellung eines Nachtragsetats zum Staats- haushalt für 1912. 60 Millionen Mark follen dem Aus- gleichsfonds entnommen, über 3,7 Millionen Mark zur Unter- stüßung von Unterbeamten aus den Mitteln des Etats ge- nommen werden. Der Berichterstatter empfiehlt die unver- änderte Annahme des Nachtragsetats. Ohne Debatte gelangt der Nachtragsetat und der Geseßentwurf zur Annahme. :

Es folgt der Bericht der XI1. Kommission über den zu- nächst dem Herrenhause vorgelegten Gese gentwurf, betreffend die Verpflichtung zum Besuch ländlicher Fortbildungsschulen in den Provinzen Branden- burg, Pommern, Sachsen, Schleswig-Holstein, Westfalen, sowie in der Rheinprovinz und in den Hohenzollernschen Landen.

Herr von Buch beantragt namens seiner Freunde die Zurlick- verweisung der Vorlage an die Kommission, da Zweifel beftänden, ob die Beschlüsse der Kommission in Einklang zu bringen seten mit der Eiklärung des Ministers in der Kommission über den Begriff det Zwangsfortbildungs\chule.

Herr Dr. von Ko pp widerspricht diesem Antrage. Etwaice Zweifel könnten im Plenum gelöst werden.

Der Antrag von Buch wird abgelehnt.

Freiherr von Bissing berihtet über die Verhandlungen der Kommission: Diese hat den zweiten Absaß des einzigen Paragraphen der Regterungsvorlage - dahin abgeändert: In gleichem Umfang kann die Verpflichiung zum Besuch etner ländlichen Fort- bildungsshule dur Beschluß des ‘Freisaus\{chusses für sämtliche oder einzelne Landgemeinden und Gutsbezirke eingeführt werden; ein derartiger Beschluß bedarf der Zustimmung des Regierungspräsidénten. Die Kommission hat ferner den Paragraphen dahtn geändert, daß an Sonntagen in der Regel Unterricht nicht erteilt werden darf. Den

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dritten Absaß, wonach {n der Provinz Schleswig - Holstein die Ver-

pflichtung zum Befuch einer ländlichen Fortbildungss{ule in dem in Ab- satz 1 begrenzten Umfange (orts\tatutarishe Verpflichtung zum Besuch ciner ländlichen Fortbildungéshule) auch durch Beschluß des Kreis- auss{usses für fämtliche oder einzelne Landesteile und Gutsbezirke eingeführt werden fann, hat dic Kommission gestrihen. Die Kommission empfiehlt dann folgende Resolution zur Annahme : „Die sittlihe Hebung und Festigung der männlichen s{ulentlassenen Jugend, die dur das vorliegende Geseh gefördert werden soll, be- dingt auch die religiöóse Fortbildung in der Konfession der Forts bildungssüler. Die Königliche Staatsregierung wird daher ersucht, die Ausführung dieser Aufgabe in einer dem reiferen Alter und den Bedürfnissen der Zeit entsprehenden Form zur Geltung zu bringen.“ Der Religionsunterriht in der ländlichen Fortbildungs\hule wurde in der Kommission eingehend besprohen. Es wurde beantragt, gelegentlih festzulegen, taß in der Fortbildungsschule (U E ( religiös-sittlihe Fortbildung zu erstreben ist. Die Mehrheit war der Auffassung, daß eine zwan gswelise Einführung des religiöfen Unterrichtes sich niht empfehle. Es wurde aber von der Negierungsfeite entgegenkommend erklärt, daß den religiösen Bedürf- nissen der Fortbildungs\{üler nah Kräften genügt werden solle.

Absay 1 des einzigen Paragraphen bestimmt: „Durch statutarische Bestimmungen einer Gemeinde kann für die nicht mehr sculpflihtigen, unter 18 Jahre alten männlichen Per- sonen für drei aufeinander folgende Winterhalbjahre die Ver: pflichtung zum Besuch einer ländlichen Fortbildungsschule be- gründet werden.“

Generalfeldmarschall Graf von Haeseler beantragt, die Worte: „für drei aufeinander folgende Winterhalbjahre“ zu streichen und dem Absatz den Saz hinzuzufügen : „Hierbei ist zu berütsihtigen, daß der Unterricht in den Sommerhalbjahren auf eine Stunde in der Woche beschränkt wird, die für Uebungen

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im Gelände bestimmt ift.“

Jn der Generaldiskussion bemerkt

Generalfeldmarschall Graf von Haeseler: Ohne eine obli- gatorishe Fortbildungs\{hule is das erstrebte Ziel nicht zu erreichen. Der vorliegende Entwurf statuiert überall den freien Willen.

Herr von Buch: Zur Durführung des Besuchszwanges ge- hört doch in erster Linie, daß eine Fortbildungs\{hule vorhanden ist. Hierüber ist in dem Gesetz nichts gesagt. Es liegt nahe, daß der Kreisauës{uß die Errichtung einer Fortbildungs\{hule auch gegen den Willen der Gemeinde vollziehen kann. Das Gesetz ist auch sonst noch ‘unklar und bedarf einer Ergänzung oder Abänderung. Wenn ein Zwang zur Errichtung einer Fortbildungs\hule nicht ausge- sprohen werden soll, so verstehe ih niht, weshalb einem Kreisaus\{huß in einer fremdsprahigen Provinz eine \olhe Befugnis zustehen foll. Maßgebend ist do der Wortlaut des Ge)et-s, nicht irgendeine Ne- gierungserfläwung. Darum wäre eine Zurückverweisung der Vor- lage an die Kommission notwendig gewesen. Wir haben damit nur die Annahme des Geseßes erleichtern wollen. Ich würde eventuell beantragen , die ersten 4 Absäße der Regierungsvorlage wiederherzustellen.

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer:

Meine Herren! Jch kann mich den Bedenken, welche Herr von Buch im Namen eines größeren Teils seiner politishen Freunde zum Ausdrucke gebracht hat, doch nicht anschließen. Ih glaube, die Ge- schihte dieses Gesezentwurfs und seiner Vorgänger kann darüber keinen Zweifel lassen, was das Gesch und die Staats- regierung mit diesem Geseg gewollt hat. Der vorliegende Geseßentwurf, der s{chon im vorigen Jahre den Gegen- stand Jhrer Beratung und Zustimmung gebildet hat, {ließt h nahezu wörtlich den denselben Gegenstand betreffenden Geseß- entwürfen an, welche für die Provinz Hessen-Nassau {hon im Jahre 1904, fodann im Jahre 1909 für die Provinz Hannover und im Jahre 1910 für die Provinz Schlesien erlassen worden sind. Fn sämtlihen Entwürfen ist die Staatsregierung von der Auffassung aus- gegangen, daß ein Zwang zur Errichtung einer Fortbildungs\{ule geseßlich nicht statuiert werden folle. Wo in dem Geseße von Zwang die Rede ist, bezieht sich der Zwang nur auf die Verpflich- tung zum Besuche einer bestehenden oder ins Leben tretenden Forts bildungs\chule. Das ist auch sowohl in dem Texte der Vorlage wie auch in den Motiven klar zum Ausdruck gebraht. Ich gebe zu, daß zu einer anderen Auffassung durch die weitgehende Ab- änderung Anlaß gegeben ist, welhe Ihre Kommission zu dem Absaß 2 des einzigen Paragraphen des Gesetzes vor- genommen hat. Während nämlich die Staatsregierung im Absaß 2 ihres Entwurfes für die in Frage kommenden Provinzen nur für Gutsbezir?e, und zwar mit Zustimmung des Gutsbesißers und auf Antrag des Gutsvorstehers, es dem Kreisaus\{uß; ermöglihte, die Ver- pflihtung zum Besuche ciner ländlichen Fortbildungs\{hule zu be- gründen, dehnt der Beshluß Ihrer Kommission diese Befugnis des Kreisaus\husses auf sämtliche in Frage komménden Provinzen, und zwar mit der Maßgabe aus, daß die Verpflichtung für sämtlide oder einzelne Landgemeinden und Gutsbezirke ein- geführt werden kann. Die Staatsregierung hatte nur im Absatz 3, der durch den Beshluß Ihrer Kommission in Fortfall kommt, eine be- sondere Bestimmung für die Provinz Schleswig-Holstein getroffen, und zwar in Uebereinstimmung mit der gleichlautenden Anordnung, die bereits in dem Geseßze für die Provinz Schlefien Aufnahme ge- funden hatte. Sie wollte durch Absaß 3 ihrer Vor- lage es ermöglihen, durch Beschluß des Kreisaus\{husses den Zwang zum Besuche einer Fortbildungs\{hule auch da zu begründen, wo in national gefährdeten Bezirken der Widerwille einer ein- zelnen Gemeinde sich gegen diese Verpflichtung geltend machte. Herrn von Buch trete ih in ter Auffassung bei, daß die von mir der Gesetzesvorschrift gegebene Auslegung es auch nit zuläßt, in national gefährdeten Bezirken durch Beschluß des KFKreis- aus\{chusses eine Fortbildungs\{hule gegen den Willen einer Ge- meinde zu errichten. Aber troßdem ist diese Bestimmung doch nit wirkungslos, denn fie läßt auch in scchèn Fällen dem Kretsausschusse die Möglichkeit, die sämtlichen Kinder einer Gemeinde oder eines Gutsbezirkes zum Besuche einer im Orte bestehenden oder benachbarten Fortbildungsschule zu verpfli{chten. Damit glaubt die Staatsregierung au in diesen Landesteilen dem vorhandenen Bedürfnis nachkommen zu können. Allerdings haben wir die Wahrnehmung mahen müssen, daß gerade im Regierungsbezirk Oppeln, wo dieselbe Befugnis für den Kreisausschuß besteht, wie sie jeßt nach der Regierungbborlage für die Provinz Schleswig-Holstein vorgesehen ist, die Errichtung ländlicher Fortbildungsshulen nicht in dem Umfange vorangeschritten ist, wie es vielleiht nach der Gesetzesbestimmung erwartet werden konnte! Dies liegt eben daran, daß noch etn großer Teil der Gemeinden Bedenken trägt, . ih den Kosten und auch den Unannehmlich?eiten zu unterwerfen, die für ihre Jugend mit dem Besuch der ländlichen

Fortbildungss{ulen verknüpft find.

Ich kann nun namens der Staatsregierung erklären, daß dieselbe bereit ist, fich mit der Fassung des Absages 2 Ihrer Kommission ein- verstanden zu erklären; sie muß abèr dabei hHervorbeben, “daß aus der Einführung cines erweiterten Besuchszwanges für die ländlichen Fortbildungéschulen nit eine staatlihe Verpfli@ßtung zur Bereit- stellung von Beihilfsmitteln über das Maß der bisher bereitgestellten Mittel gefolgert werden darf. Ste muß sich daher vorbehalten, die Negierungspräsidenten anzuweisen, einer allzu beshleunigten Ent- wicklung der ländlichen Fortbildungs\hulen vorzubeugen. Auf ein allmählihes Anwachsen des Beihilfenfonds, entsprehend der auch nach den Absichten der Staatsregierung durchaus erwünschten Zunahme der ländlichen Fortbildungss{ulen, kann aber gerechnet werden. Diese Einschränkung, meine Herren, ist notwendig, weil die Staatsregierung niht in der Lage ist, si in der Bewilligung ihrer Beihilfen lediglih nach den Beschlüssen der Gemeinden und Kreisaus\{üsse zu richten. Das ist gegenüber einer Entwicklung, die erst in ihren Anfängen begriffen und unüberfehbar ist, für die Staatsregierung ganz unmögli. Ich{ glaube aber, in meiner Erklärung deutlichß zum Ausdruck gebracht zu haben, daß au die Staatsregiernng bereit ist, entsprehend der weiteren Entwicklung der Fortbildungsshulen auf dem Lande au größere Beihilfen im Laufe der Jahre bereit zu stellen! Nach den bisherigen Er- fahrungen haben die Beihilfen der Staatsregierung für die Entwick- lung der ländlichen Fortbildungsshulen gereiht! Sie dürfen deshalb auch mit mir darauf vertrauen, daß die Beihilfen der Königlichen Staatsregierung nicht Schuld daran tragen werden, wenn das Fort- bildungs\hulwesen fernerhin eine Jhren Wünschen entspreßende Ent- wicklung nicht nehmen sollte.

Meine Herren, ich möchte mich noch innerhalb der General- debatte zu der Frage des NReligtonsgunterrihßts in den ländlichen Fortbildungss{ulen äußern. Ih hatte bereits, wie der Herr Bericht- erstatter hervorgehoben hat, Gelegenheit mih über diese Frage in der Kommission dieses hohen Hauses eingehender auszusprechen, und ih bin ebenso dur eine bezügliße Debatte im Abgeordnetenhause vor einigen Tagen veranlaßt worden, die Stellungnahme der Staats- regierung in dêr Frage des Religionsunterrihts in den ländlichen Fortbildunds\{hulen darzutun. IH habe sowohl in der Kommission des Herrenhauses wie im Abgeordnetenhause keinen Zweifel darüber gelassen, daß auch die Staatsregierung die Bedeutung und die Wichtigkeit der religiösen Unterweisung und Erziehung auch über das \chulpflihtige Alter hinaus keineswegs verkennt und im Nahmen der geseßzlihen Vorschriften gerne bereit ist, auch bei den ländlihen Fortbildungg- {ulen die Möglichkeit religiöser Unterweisung im Anschluß an den Dort stattfindenden Unterriht zu gewähren. Deiese Stellungnahme ver Staatsregierung ist nicht neu. Sie ist bereits zum Ausdruck gekommen in einem Erlaß, der am 26. März 1897 von dem Minister der geistliGen Angelegenheiten, tem Minister für Handel und Gewerbe und dem derzeitigen Landwirtschaftsminister ergangen ift und den ih mit Nücksidt auf seine Bedeutung wohl hier zur Ver- lesung bringen darf. Jn diesem Erlaß heißt es:

Es ist wiederholt der Wunsch ausgesprochen worden, und er hat au in den Verhandlungen des Landtags Auédruck gefunden, es möchte den Zöglingen der gewerblihen und ländlichen Fort- bildungsschulen eine Förderung ihrer religiösen Erziehung zuteil werden. Sie kann, da die Aufnahme des Neligionsunterrihts in den Lehr- und Stundenplan der Fortbildungs\chulen niht mögli ist, am besten dadur erreiht werden, daß die Geisllichen beider Konfessionen durch Unterweisung und belehrende Vorträge, die wo- mögli in den Räumen der Fortbildungss{hulen und im Anschluß an den Unterricht stattfinden, die religiöse Erkenntnis der Zöglinge zu vertiefen und ihren religiösen Sinn zu wecken und zu fördern suchen.

Meine Herren, ganz in Uebereinstimmung damit habe ih au im Abgeordnetenhause ausgeführt, daß zwischen der Auffassung der Königlihen Staatsregierung und derjenigen, welhe einen obligatorischen Neligionsunterriht in der Fortbildungs\hule verlangt, eigentlich nur der Unterschied besteht, daß die Staatsregierung es als genügend ansieht, wenn den Orts- geistlihen eine Beteiligung am Unterricht in den weltlihen Fächern ermögliht und ihnen auch Gelegenheit gegeben wird, im Anschluß an den Fortbildungsschulunterriht religiöse Unterweisung zu erteilen. Meine Herren, weiter kann die Königliche Staatsregierung au gegen- über der Refolution niht gehen, welche in Ihrer Kommission an- genommen und dem Hause zur Beschlußfassung vorgelegt worden ist. Ih muß ausdrücklich erklären, daß die Staatsregierung an dem Standpunkt festhalten muß, daß ein Zwan g zum Besuche des Neligionsunterrihtes über das 14. Jahr {hon aus dem Grunde nicht zulässig ersheinen kann, weil dieses Jahr die Altersgrenze für die Wahl des religiösen Bekenntnisses bildet! Jch glaube, daß bei entsprehendem Entgegenkommen auf beiden Seiten, wie sich dies [hon in der Praxis herausgebildet hat, den berechtigten Wünschen auf religiöse Einwirkung aufdie Jugend auhauf dem von der Staatsregierung vorgeschlagenen und als zulässig erahteten Wege vollauf Rechnung ge- tragen werden kann. Wenn die Ortsgeistlichen und die werden ja bei der Erteilung des Unterrichts in den Fortbildungs\hulen auf dem Lande vielfach in Frage kommen einzelne Fäher des Unterrichts übernehmen, namentli das jeßt so beliebte und auch für die Volks- {hule bedeutende Fah der Bürgerkunde, ein Faß, in dem meines Grachtens auch sehr wohl in religiöser Beziehung auf die Jugend eingewirkt werden kann, dann wird es nicht s{chwer sein, den Einfluß auf die Jugend auszuüben, der ebenso im kirlien wié im allgemeinen Staatsinteresse erwünscht erscheint. Wenn weiter die Schulräume der Fortbildungsshule zur Verfügung gestellt werden und es den Geistlichen ermöglicht ist, im Anschluß an den Unterricht eine religiöse Unterweisung zu erteilen, und die Zeit dieser Unterweisung frei zu bestimmen nah Ihren Beschlüssen würde ja als Ausnahme auch der Sonntagsunterriht in Frage tommen —, dann isl wohl seitens der Staatsregierung und seitens der Leiter der Fortbildungs\chulen alles geschehen, um den Wünschen der in Frage kommenden MNeligionsgesell haften entgegenzukommen. Wenn die Nefolution in diesem Sinne verstanden werden sollte, wenn also ein obligatorisher Zwang zum Besuch des MNeligions- unterrihts in den Fortbildungsschulen damit nit gemeint ist, dann Éönnte ih auch zu dieser Refolution meine Zustimmung erklären!

Hero Dr on K us Geschäftsordnung): Die Aus- {ührungen des Ministers haben mich davon überzeugt, daß der Antrag des Herrn von Bu auf nochmalige Kommissionsberatung berechtigt gewesen ist. Jh ziehe deshalb meinen Widerspru zurück, :

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Das Haus beschließt mit großer Mehrheit die Zurü- verweisung an die Kommission. : L

Freihèrr von der Leyen zu Bloemersheim berihtet namens der verliariten Agrarfommisfion über den vom Abgeordneten - haufe in abgeänderter Form an das Herrenhaus zurügelanaten En tk - wurf eines C&ntwässerungsge| eßes für das linfsnieder- rheinishe Industriegebiet und empfiehlt, dem Entwurf in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Fafsung zuzustimmen. Hoffent- lih werde der Entwurf dazu beitragen, das gute Einvernehmen zwischen Landwirtschaft und Industrie zu vertiefen. Der Bericht- erstatter empfiehlt Enbloc-Annahme.

Eine Generaldiskussion findet nicht statt.

Jn der Spezialdiskussion weist , „, Graf von Mirbach darauf hin, daß in der Bestimmung des F 29, nah der, wenn von dem Unternehmen nachteilige Wirkungen zu er- warlen find, durch die das Necht eines anderen beeinträhtigt werden würde, déx davon Betroffene die Oerstellung von Einrichtungen fordern kann, welche die nathteiligen Wirkungen aus\{ließen, eine Unklarheit liege. Es set nicht klar, ob damit der Bedrohte- gemeint sei.

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Ur. Freiherr von Schorlem er:

Ih nehme aus den Ausführungen des Herrn Grafen Mirbach an, daß er eine Aenderung des Gesezesterxtes niht beantragt. FJn- folgedefsen habe ih au gegen seine Ausführungen nihts einzuwenden. (Heiterkeit.) (Graf von Mirbach-Sorquitten: Dann bitte id) nohmal ums Wort !)

Auf weitere Bemerkungen des Grafen von M irbach erw

Minister für Landwirtschaft, Domänen und r. Freiherr von Schorlem er:

Peine Herren! Einen wirklichen Unterschied zwischen dem Wort- laut des Enlwurfs und der Fassung, die Herr Graf Mirbach vor- schlägt, kann ih doch nit finden: denn derjenige, der bedroht ist, ist gewt]}ermaßen auch hon betroffen, nur nit in dem Sinne betroffen, daß ihm schon ein Nahteil entstanden ift, aber wohl daß ein Nachteil , Cy r 9 ' e: ? 4 in Ausficht steht. Jch glaube alfo, es ist wirkliGß ih bitte mir den harten Ausdruck zu verzeihen ein Streit um des Kaisers Bart, wenn wir uns über diese Worte veruneinigen sollten. (Graf von Mirbach - Sorquitkten: Ich bitte nun do) noch einmal ums Wort! Heiterkeit.)

Der Geseßentwurf wird in der vom Abgeordnetenhause be- [hlossenen Fassung unverändert angenommen.

4 Graf von Ballestrem berihtet namens der verstärkten Agrarkommission über den vom Abgeordnetenhause in abgeänderter

ert der orsten

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Fassung an das Herrenhaus zurückgelangten Entwurf eines N awagesezes. Die Kommission hat nur beim § 18h eine Aenderung borgenommen. Vas Abgeordnetenhaus hatte in diesem paragraphen die Bestimmung angenommen, daß ein Auszug aus dem vom zuständigen Minister genehmigten Bauplan in jedem Gemetnde- bezirke, auf den sih die Wirkung des Unternehmens erstrecken fann, während mindestens 4 Wochen zu jedermanns Einsicht auszulegen ift. Die Kommi]sion des Herrenhauses \{lägt vor, hinter dem Worte „Gemeindebezirke“" die Worte „und Gutsbezirke“ einzufügen.

Das Haus nimmt den Entwurf in der Fassung des Ab geordnetenhauses mit diesem Zusatz an. Dr. Graf von Wedel-Gödens berichtet im Auftrage der

ç Mat e " é C Y , Agrarkommission über den vom Abgeordnetenhause in abgeönderter

&assung an das Herrenhaus zurückgelangten E ntwurf eines Moorschußgese ßes und befürwortet dessen Annahme in der vom Abgeordnetenhause beschlossenen Fassung.

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Jn der Generaldiskussion empfiehlt 5, Graf e: ngau die Annahme seines Antrages, das vor- liegende Gesetz auf die Provinz Schleswig-Holstein auszudehnen. In dieser Provinz lägen die Verhältnisse in bezug auf die Moorkultur ähnlich

wie in Hannover; S(leswig-Holstein babe deshalb denselben Anspruch auf Schutz.

Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorleme r:

Meine Herren! Ich erkenne ohne weiteres auch für die Provinz Schleswig-Holstein das Bedürfnis an, die Moorflächen in ähnlicher Weise zu s{hüßen, wie es in diesem Gesetzentwurf für die Provinz Hannover vorgesehen t. Die Absicht der Königlichen Staatsregierung ging ja au dahin, in diesem Gesetzentwurf die Befugnis zu erbitten, denselben durch Allerhöchste Verordnung nah Anhörung des Provinziallandtags auch auf andere Provinzen auszudehnen. Das Abgeordnetenhaus ist diesem Vorschlage nicht beigetreten und hat das Geseg ledigli auf die Provinz Hannover beschränkt.. h möchte hier die Bitte aussprehen, mit Rücksicht darauf, daß es unbedingt erforderli erscheint, diesen Gesetzentwurf {hon in diesem Jahre in der Provinz Hannover in Kraft treten zu lassen, jeßt dem Antrage des Herrn Grafen Nanyau nicht beizutreten. Ich erkläre ausdrücklich, daß ich gern bereit bin, in der nächsten Session einen dem Antrage des Grafen Nantzau entsprechenden Gesetzentwurf vor zulegen, wenn ein dahin gehender Wuns von der Provinz Schleswig- Holstein ausgesprochen wird.

Graf zu Nanyßau zieht mit Nücksicht auf diese Erklärung seinen Antrag zurück.

_ Graf von Mirbach: Die _Verbältnisse sind in den Provinzen 1o verschteden, daß auch ih es für angemessen halte, solche Be- stimmungen durch befondere Gescße auf andere Provinzen zu über- tragen.

Der Gesezentwurf wird darauf in der Fassung des Abge ordnetenhauses en bloc angenommen.

__ Vers Di WDeéler berihtet namens der Finanzkommission über die vom Staatsministerium angenommenen neuen Gru nds\ägße für die Gewährung von Z uwendungen an Alt- penftonare it nd an Alth tnterbliebene und beantragt, die Vorlage durch Kenntnisnahme für erledigt zu erklären. Das Haus beschließt dezgemäß.

¿ Es folgen mündliche Berichte der Finanzkommission über Peti on en

Auf Antrag des Berichterstatters Dr. Grafen Yorck von Wartenburg geht das Haus über die Petition von Amtsgerichts- sekretär Albrecht zu Gotha u. a. um Gewährung von Notstands- zulagen an die Beamten zur Tagesordnung über.

Derselbe Berichterstatter berichtet über Petitionen der Haupt- lehrer und Kantoren a. D. Küorrn und Rücker zu Breslau namens der s{lesischen Lehreraltpensionäre sowie der Vorstände des {lesien Lehrervereins und des Vereins katholisher Lehrer Schlesiens, des Lehrers a. D. Jédke zu Graudenz und des Nechnungsrats Woitok u. a. zu Bréslau namens des Verbandes venfionierter Neichs- und Staats- beamten zu Bréslau um allgemeine gesebliche Erhöhung der Nuhegehälter derAltpensionäre und des Witwen- geldes bzw. um Gewährung von Notstandszulagen für das laufende Jahr, sowie Zubilligung von Witweèn- und Waisengeld an Hinterbliebe, die aus etnec nah der Pensionterung gesch{lossenen Ehe stammen, und über Petitionen veusionierter Lehrer aus Ostpreußen um Gleichstellung der Ruhegehälter der Lehreraltpensionäre mit denen der Altpensionäre unter den A!sistenten der mittleren Reis- und Staatsbeamten, sowte über Petitionen anderer Beamten und Lehrer um Gleichstellung der

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Feigtonen der Altpensionäre und -relikten mit denen der Neuvension im Wege des Gesetzes, bzw. um Aufbesserung der Lehreraltpensionäre. Er”beantragt, über das zuerst erwähnte Petitum mit Nüsicht auf dié Finanzlage und die für diesen Zweck vorhandenen Unterstützungsfonds zur Tagesordnung überzugehen , die übrigen Petita dur cinfahen Uebergang zur Tagesordnung zu erledigen. i

Das Haus beschließt dementsprechend.

Damit ist die Tagesordnung erschöpft.

Schluß 41/4 Uhr. Nächste Sigung Sonnabend, 3 Uhr, (Kleinere Vorlagen und Petitionen.)

Haus der Abgeordneten. 122. Sigung vom 31. Januar 1913, Bormittags 11 Uhr. (Bericht von „Wolffs Telegraphishem Bureau “.)

7 Ueber den Beginn der Sigzung is in der gestrigen „cummer d. Bl. berichtet worden.

Das Haus setzt die zweite Beratung des Etats des Ministeriums des Jnnern, und zwar die bei dem ersten Titel der dauernden Ausgaben, „Gehalt des Ministers“, übliche allgemeine Besprechung fort.

: Nach dem Abg. von Kardorff (freikonf.) erhält das Ort

__ Abg. Hir ch- Berlin (Soz.): Nacbdem der Vorredner die Sozialdemokratie totgeredet hat, müßte ih eigentliß um Entschuldt= gung bitten, daß hier noch ein Vertreter dieser Partei spricht. Dex Borredner verwahrt sich dagegen, daß der Jeihstag sich mit preußi-

schen Angelegenheiten beschäftigt, aber er hat bier nicht nur den Jeidh8tag und die Netichsregterung, sondern auch andere Bundes- Itaaten heftig angegriffen. Wenn man dem Jeihstag das Recht nimmt, fich mit preußischea Angelegenheiten zu beschäftigen, sollte man auch hier Zurückhaltung üben und nicht den Reichstag angreifen. Unser Sturm gegen Preußen richtet \ich nur gegen dessen unheil- vollen Œinfluß auf die süddeutschen Bundesstaaten und das Reich, gegen dieses Preußen, das Preußen der Mucker. Die preußische Ne- gierung unter dem Einfluß der Junker ist das Hindernis einer Ne- torm in Preußen wie im Reih. Wieweit ift es gekommen, wenn der Staatssekretär des Neichsamts des Innern von den preußischen Widerständen fpricht! An dem Wikterstand ist das NRetchswohnungs- geleß gescheitert. Die konservativen Ministerstürzler find ja {hon bei der Arbeit. Ihre Angriffe rihten sich nicht etwa gegen den Landwirtschaftsminister, sondern sie wollen den Staatssekretär des &unern stürzen. Das geht klar aus einem Vorstoß der „Kreuzzeitung“ hervor, den sie vor kurzem gegen Dr. Delbrück unternommen hat. Die Landtagswahlen stehen bereits vor der Tür, und immer noch nit hat die Negterung unserem Wunsch nach einem (Gesetzentwurf, betreffend ein- heitlihe Vorschriften über die Beschaffenheit von Wahlurnen, entsprochen. Wir: baten damals dringend, unseren darauf bezüglihen Antrag zu be- rüsichtigen und einen Geseßzentwurf noch vor Ausstellung der Wähler- listen für die Neuwahlen vorzulegen. Aber das ist bis jeßt noch nit geschehen. Wir haben. wohl allen Grund, zu fürchten, daß der Minister auch diefe bescheidene Forderung ablehnen wird. Ich glaube, es wäre doch nur die Erfüllung einer Anstandspflicht, die der Minister gegeñ- über diesem Hause hat, wenn er uns wenigslen® die Stellung, die die Staatéregierung zu diefer Frage einnimmt, darlegt. Aber selbst dies ist bisher nicht erfolgt. Wir feben also, daß auf allen Gebieten der Berwaltung des Innern ein Stillstand eingetreten ist, und das scheint mir außerordentlih bedenflich. Städte: und Landgemeindeordnungen 1nd reformbedürstig : aber man hört nichts von Reformen. Soll hier ewiger Stillstand und Nückschritt herrschen 2 Fe weniger Reformen von der Regierung zu erwarten sind, desto stärker drängt si bei dieser ein fleinlicher Polizeigeist und eine von diesem diktierte fcikanôse Politik hervor, die der gesunde Ménschenverstand oft nit begreifen kann ; das zeigt si besonders gegenüber Groß Berlin. Der Abg. erelish ist am 24. Oktober gestorben, der Wahltermin wurde reichlich [spät auf den 12. Februar angeseßt. Plöplich ift diefer Termin wieder aufgehoben worden, mit Nücksiht auf den Brandenburgischen Prvo- vinziallandtag! Das ist nichts als eine kindische Ausrede. Es hat verlautet, daß die Regierung die Wahl - des fortshrittlihen Pfarrers Traub fürchtet und vechindera will, daß er an der Beratung des Kultusetats teilnehmen fann. So viel ich diefer Regierung zutraue, das glaube ib doch nicht von ihr. Jetzt endlih foll die Wabl des Abgeordneten auf den 12. März anberaumt sein. Es ist ein offenes Geheimnis, daß wir Mitte März in die Ferien gehen, und ob wir nah Ostern noch zusammentreten, das weiß man nicht, die Hinaus- ziehung des Termins hat es erréiht, dak derx größte Wahlkreis der Monarchie die ganze Session hindurch unvertreten ist. (Zuruf: Hammer!) Hammer ist doch nur Vertreter von ein paar Wahlmännern, von einer kleinen Minderheit. Das Verbot der Auf. führung des Nosenowshen Stückes „Die im Schatten leben“ ist vom Oberpräsidenten bestätigt worden, und zwar nur deshalb, weil es der Arbeiterbevölkerung nit vorgeführt werden dürfe. In Stuttgart, in Frankfurt a. M. ist es unbeanstandet gegeben worden, in Berlin wird es seines angeblih aufreizenden Inhalts wegen verboten. Das Verbot von „Frühlingserwahen“ von Wedekind ist bekanntlich vom Oberverwaltungsgericht erfreuliherweise gegen den Berliner Zenfor aufgehoben worden. Noch heute wird troß des Neichsvereinsgeseßzes eine große Zahl von Versammlungen ohne jeden Grund, aus reiner Willkür der Polizeibehörden verboten. Auch die Entscheidungen des Oberverwaltungsgerihts werden von den Verfügungen, die der Mi- nister erlassen hat, nit resvektiert. Zahllofe Versammlungen unter freiem Oimmel sind mit der famosen Begründung verhindert worden, daß in dem betreffenden Orte die Maul- und Klauenfeuche herrsche. Wie der Magistrat von Berlin seitens der Staatsregierung behandelt wird, Ut in leßter Zeit Gegenstand vielfacher Erörte- rungen gewejen. Es ist harafteristisch, wenn dem Berliner Magi- strat auf seine Eingabe wegen Uebertragung der Wohnungshpolizei neun Monate lang keine Autwort gegeben wird: es ift charakteristisch, wie die Eingemeindung von Treptow durh die Negterung vers hindert wird, indem sie jede Ausspracßz mit dem Oberbürgermeister, und zwar gerade als Hüterin der Selbstverwaltung ablebnt! Mir haben nichts dagegen, wenn fi die Negierung aud um tommunale Ange- legenheiten kümmert, aber dann joll sie es nit am verkehrten Ende anfangen. Auch Herx von Kardorff kann das Eindringen von immer mehr Sozialdemokraten in die Gemeindevertretungen nicht hindetn. In Neukölln wurde vor einigen Jahren éin tin seiner Art einzig da- stehender Wahblrechtsraub verübt. Das Oberverwaltungsgerit gab den fozialdemokratishen Beschwerdeführern recht, und au ein zwéiter Anschlag der Wahlréchisräuber ist zurückgewiesen worden, sodaß der Neuköllner Magistrat vorläufig von feinem Plan, die Stadt Fi als höchsten Steuerzahler in die Wählerliste cinzufügen, Abstand ge- nommen hat. Man kommt uns immer wieder mit dein scharfmache- rishen Geschrei über den unerträglihen fozialdemokratischen Terro- rismus, der nur durch neue Ansnahmegeseße gegen die Sozialdemo- kratie aus der Welt geschaft werden köune. Eine Neibe dieser Fälle wird gar zu Unrecht gegen Sozialdemokratie und Gewerks{haften ausgespielt. Wir können das altenmäßig nahweisen. Wein eine Kommission zur Untersuchung aller der Falle, in denen die Sozial- demokratie gegen die Arbeitswilligen Terrorismus getrieben haben soll, eingeseßt würde, so würde sich noch nit cin Prozent als wahr er= weisen. Die Behauptung von dem Terrorismus der Sozialdento- kratie richtet sih nit fo sehr gegen diese, wie vielmehr gegen die Gewerkschaften, die man verhindern will, für bessere Lohnverhältnisse zu forgen. Wenn erst ein Zuchthausgeseß nach den Wünschen des Herrn von Kardorff gemacht ist, so werden auch die christlißen Gewerk- schaften herankommen, denn die Gewerls{haften sind Zhrer Annahme nach nur Streikoraanifationen. Wir sind erfreut, daß Herr ‘von Kardorff si so offen ausgesprochen hat. Die Arbeitgeber sind es, die Terrorismus gegen die Arbetter treiben. Dieser Terrorismus, geübt von den Mächtigen gegen die Shußlosen, fördert die Sozial demokratie. Ein Aufruf des Bauériverbandes in Pommern, der au -