1913 / 39 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 13 Feb 1913 18:00:01 GMT) scan diff

Königreich Preußen. Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

den Regierungsräten Schneegans in Schleswig, Dr.

Bausch und Dr. Bammel in Düsseldorf, de la Fontaine in Frankfurt a. M., Auffarth und Otto Schulße in Magdeburg, Wohlfarth und von Radecke in Oppeln, Bertrand und Vogel in Berlin, Dr. Andritzky in Cassel, Dr. Brandts in Lüneburg, Johannes Müller in Berlin, Fleischauer in Koblenz, Fetshrien und Reich in Königsberg i. Pr., Heifing in Münster, Grafen von Ritt- berg in Frankfurt a. O., Sauerland in Sigmaringen, Dr. Lessing in Osnabrück, Hattendorff in Stade und Böttger in Berlin den Charakter als Geheimer Regierungsrat zu verleihen.

mittels Allerhöchster Urkunde vom 29. Januar 1913 bischof Dr. Felix von Hartmann die nachgesuchte landes- herrliche Anerkennung als Erzbischof von Cöln zu erteilen geruht.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: der Wahl des bisherigen Leiters des in der Entwicklung begriffenen Gymnasiums in Dülmen, Oberlehrers Dr. Wilhelm Vornefeld zum Direktor der Anftalt die Allerhöchste Be- stätigung zu erteilen.

Auf Jhren Bericht vom 30. Januar 1913 will Jch der Jnsterburger Kleinbahn-Aktiengesellschaft in Jnster- burg, welche die Genehmigung zum Bau und Betriebe einer Kleinbahn von der Station Mikieten der Kleinbahnlinie Pogegen—Schmalleningken nah Tilsit (Brückenkopf, Getreide- markt, Hafen Tilsit) erhalten hat, das Enteignungsrecht zur Entziehung und zur dauernden Beschränkung des für diese Anlage in Anspruh zu nehmenden Grundeigentums verleihen. Die eingereichte Karte folgt anbei zurü,

Berlin, den 8. Februar 1913.

Wilhelm R.

von Breitenba ch. An den Minister der öffentlichen Arbeiten.

VDeranntmaMung;

In der Bibliothek der Königlichen Geol ogischen Landes- anstalt und der Königlichen Bergakademie zu Berlin NW. 40, Plat vor dem Neuen Tore Nr. 2 Eingang durch Nr. 3 —, liegen die Klassen 1a und b, 5a—d, 12e, 18 a—c, 19e und f, 21h, 40a—e, 42 c, 50c, 78e und 84c der vom Kaiserlichen Patentamt herausgegebenen Patentschriften werktäglich in der Zeit von 9 Uhr Vormittags bis 3 Uhr Nachmittags Sonnabends von 9 Uhr Vormittags bis 2 Uhr Nachmittags zur Einsichtnahme aus.

Berlin, den 8. Februar 1913.

Königliche Geologische Landesanstalt. Beyschlag.

Nichkamíliches.

Deutsches Nei ch.

Preußen. Berlin, 13. Februar 1913.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten heute vormittag im hiesigen Königlichen Schlosse den Vortrag des Chefs des Militärkabinetts, Generals der Jnfanterie Frei- herrn von Lyner.

Jhre Majestät die Kaiserin und Königin, Jhre Königlichen S ibaiiea die Prinzessin Viktoria Luise und der Prinz Ernst August Herzog zu Braunschweig und Lüneburg und Seine Großherzogliche Hoheit der Prinz Maximilian von Baden mit Gemahlin sind heute früh aus Karlsruhe auf dem hiesigen Potsdamer Bahnhofe eingetroffen. Zum Empfange „W. T. B.“ meldet, erschienen Seine Majestät der Kaiser und König, die Prinzen des Königlichen Hauses, die Kabinettschefs, das Kaiserlihe Hauptquartier, der Gouverneur und der Kommandant von Berlin, der Präsident des Staats- ministeriums und dessen Mitglieder, der Oberbürgermeister von Berlin, der Stadtverordnetenvorsteher und der Polizeipräsident. Der Oberbürgermeister hielt an das hohe Brautpaar unter Ueberreichung eines Orchideenstraußes folgende Ansprache:

Die Landes- und Reichshauptstadt, in die Eure Königlichen Hohetten, strahlend von Liebe und Glück, Einzug halten, öffnet weit ihr Tor und Herz in inniger Mitfreude. Sie bringt in Ehrerbietung thr Willkommen dar dem erlauhten Brautpaare, das in dem eigenen Glück uns zugleih ein herrlihes Pfand für Deutschlands Einheit und Größe beschert.

Auf dem Bahnsteig hatte eine Ehrenkompagnie des zweiten Garderegiments zu Fuß mit Fahne und Musik und vor dem Bahnhof eine Eskadron des Husarenregiments von Zieten (Brandenburgischen) Nr. 3 Aufstellung genommen, unter deren Geleit die hohen Herrschaften, von der Bevölkerung mit brausenden Hochrufen begrüßt, in vierspännigen offenen Wagen durch das Brandenburger Tor nah dem König- lichen Schlosse fuhren. Jm Lustgarten standen die zweite bis fünfte Eskadron des Zieten - Husarenregiments und der Verein ehemaliger Zieten - Husaren mit der Fahne. Nach dem Abfahren der Front entstiegen die hohen Herrschaften vor Portal 4 des Schlosses den Wagen. Jnzwischen war das Offizierkorps des Zieten - Husarenregiments abgesessen und meldete sih in corpore bei Seiner Majestät dem Kaiser und König, um sodann dem hohen Brautpaar seine Glückwünsche darzubringen. Seine Königliche Hoheit der Prinz Ernst August hat heute die Order empfangen, daß er beim Zieten-Husaren- regiment eingestellt ist. Jm Schloß nahm das hohe Brautpaar die Glückwünsche der Hofchargen entgegen.

Nachdem durh das am 30. Juli 1912 erfolgte Ab- leben des Erzbishofs Dr. Fischer der Erzbischöfliche Stuhl von Cöln zur Erledigung gekommen, hat nach Maßgabe der bestehenden Vorschriften am 29. Oktober 1912 durch das Metropolitankapitel zu Cöln die Wahl eines neuen Erzbischofs stattgefunden, welche auf den Bischof von Münster Dr. Felix von Hartmann gefallen ist. Dieser hat durh Päpstliche Bulle vom 2. Dezember 1912 die Bestätigung

fabinetts, der Kommandant des Hauptquartiers, das diensttuende Hauptquartier und der Unterstaatssekretär im Ministerium der geistlichen 2c. Angelegenheiten.

Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten mit nach- stehenden Worten:

Seine Majestät :

waren, wie |

zur Ausübung seines erzbishöflichen Amtes erhalten.

Seine Majestät der Kaiser und g O em Erz-

Heute mittag 121/, Uhr haben Seine Majestät von dem

Erzbischof Dr. von Hartmann, welcher zu diesem Behufe nebst seiner Begleitung in einer Königlichen Equipage von seiner

hiesigen Wohnung abgeholt worden war, im Rittersaale des hiesigen Königlichen Schlosses den vorgeschriebenen Eid Aller- höchstselbst entgegengenommen. Zu dem feierlichen Akte waren außer dem Oberstkämmerer, dem Oberzeremonienmeister, dem diensttuenden Hofmarschall und dem Flügeladjutanten vom Dienst erschienen der Reichskanzler, der Minister des König- lichen Hauses, der Justizminister, der Minister der geistlichen 2c. Angelegenheiten, der Minister des Jnnern, die Chefs des Militärkabinetts, des Marinekabinetts und des Geheimen Zivil-

Die Vorstellung des Erzbischofs erfolgte durch den

„Cw. Kaiserlichen und Königlichen Majestät melde ih aller- untertänigst, daß auf Ew. Majestät Allergnädigsten Befehl der erwählte und bestätigte Erzbischof von Cöln Dr. von Hartmann erschienen ist, um vor Antritt seines neuen Amtes den Allerhöchst- denselben zu leistenden Eid in Gegenwart der befohlenen Zeugen abzulegen. Er erbittet die Allergnädigste Erlaubnis, Cw. Kailers- lihen und Königlichen Majestät zuvor ehrfurchtsvollen Dank für die ihm bezeigte Huld unterbreiten zu dürfen.“

Demnächst hielt der Erzbischof folgende Ansprache an

„Cure Kaiserlilße und Königlihe Majestät!

Unter der Allergnädigsten Zustimmung Eurer Kaiserlichen und Königlichen Majestät durch die vom heiligen Vater bestätigte Wahl des Metropolitankapitels auf den Cölner Erzstuhl berufen, habe ic heute die hohe Ehre vor Curer Majestät zu erscheinen, um den Tribut meiner Ehrfurcht an den Stufen des Königlichen Thrones nieder- zulegen und Eurer Majestät den Schwour der Treue zu leisten. Daß Eure Majestät geruhen, diesen Cid Allerhöchstselbst entgegen- zunehmen, darin erblicke ich dankbaren Herzens einen neuen Bewets der wohlwollenden Gesinnung, welche Eure Majestät gegen die fatholishe Kirhe hegen, deren Diener zu Ln ich die Ehre habe. Jch leiste diesen Eid nicht nur, weil eine Vereinbarung zwishen der Krone Preußen und dem heiligen Stuhle ihn mir zur Pflicht macht, sondern auch aus vollem freudigen Eurer Majestät warm ergebenen Herzen. Die Gesinnungen der Anhänglichkeit und Treue gegen die Dynastie, die mir {hon als Kind im elterlihen Hause eingepflanzt find, und die ih mir im Laufe der Jahre treu bewahrt habe, flammten hoch in mir auf dur die Allerhöchste Huld, mit der Eure Majestät mich vor Jahresfrist zu empfangen geruhten. Als ECrzbishof von Cöln werde ih es mir nach besten Kräften angelegen sein lassen, diese Gesianungen auch in den Herzen der meiner Obsorge anvertrauten Gläubigen zu \{chüßen und zu pflegen. Es erscheint das um so notwendiger, je kühner und ver- wegener die Mächte des Umsturzes und der Verneinung an den Fundamenten des Thrones wie des Altares rütteln. Auf der anbéren Seile l ¿8 um [9 leiler, je einmütiger begeisterte Liebe und Verehrung gegen den gegenwärtigen Träger der Krone alle Kreise durhdringt. Eure Majestät haben die Gnade gehabt, in diesem Jahre meiner bisherigen Kathedrale ein prâchtiges Glasgemälde zu \chenken. Es gibt den welthistorishen Moment wieder, wo Papst Leo II1. Kaiser Karl den Großen im Hoflager zu Paderborn aufsucht und um seine Hilfe bittet, unterstüßt von meinem erstcn Vorgänger auf dem Münstershen Bischofs\tuhle, dem h. Ludgerus. Heute steht vor dem Deutschen Kaiser der Inhaber der prima Sedes Germaniae, des ersten Bischofsißes in deutschen Landen, und leistet Allerhöchstdemselben den Schwur der Treue. Wenn er es wagt, bei diesem feierlitGzen Akt die innige Bitte auszusprechen, Eure Majestät wolle der katholtishen Kirche und Allerhs{stihren Untertanen katholischen Glaubens das so oft bewiesene gnädige Wohlwollen immerdar erhalten, so vertraut er, ebenso huldvolle Aufnahme zu finden, wte Papst Leo 111. bei Carl dem Großen. Die heißesten Gebete werden dafür aus dankbaren Herzen zum Himmel emporsteigen und die reihsten Segnungen Gottes auf das teuere Haupt Gurer Majestät, das ganze Königliche Haus, wie das gesamte deutsche Vaterland herabflehen.

Nunmehr leistete der Erzbishof den Eid

dahin ab:

„Ich, Felix von Hartmann, erwählter und bestätigter Erz- bischof von Cöôln shwöre einen Eid zu Gott dem Allmächtigen und Allwtissenden auf das heilige Evangeltum, daß, nachdem ich auf den erzbischöflihen Stuhl von Côln erhoben worden bin, tch Seiner Königlichen Majestät von Preußen Wilhelm und Allerhöchstdessen rechtmäßigem Nachfolger in der Negierung als meinem Allergnädigsten Könige und Landesherrn untertänig, treu, gehorsam und ergeben sein, Allerhöchstdero Bestes nach meinem Vermögen befördern, Schaden und Nachteil aber ver- hüten und besonders dahin streben will, daß in den Ge- mütern der meiner bis{chöflichen Leitung anvertrauten Geist- lihen und Gemeinden die Gesinnungen der Chrfurht und Treue gegen den König, die Liebe zum Vaterlaade, der Gehorsam gegen die Geseße und alle jene Tugenden, die in dem Christen den guten Untertan bezeihnen, mit Sorgfalt gepflegt werden, und daß ih nicht dulden will, daß von der mir unterstellten Geistlichkeit în entgegengeseßtem Sinne gelehrt und gehandelt werde. Insbesondere gelobe ih, daß ih keine Gemeinschaft oder Verbindung, set es innerhalb oder außer- halb Landes, unterhalten will, welhe der öffentlihen Sicherheit gefährlich sein könnten, und will, wenn ih erfahren sollte, daß in meiner Diözese oder anderswo Anschläge gemacht werden, die zum Nachteil des Staates gereihen könnten, hiervon Seiner Königlihen Majestät Anzeige machen. Ich verspreche, dieses alles um so unverbrüchliher zu halten, als ich gewiß bin, daß ih mih durch den Eid, welchen ih Seiner Päpstlichea Heilig- keit und der Kirche geleistet habe, zu Nickts verpfl!hte, was dem Etde der Treue und Untertänigkeit gegen Seine Köntglichhe Majestät entgegen sein könne. Alles dieses \chrodre ih, so wahr mir Gott helfe und setn heiliges Evangelium. Amen!“ _ Seine Majestät geruhten hierauf den feierlihen Aft

mit folgenden an den Erzbischof gerichteten huldvollen Worten zu schließen:

„Ich habe Mich bewogen gefunden, das eidlihe Gelöbnis der Treue, welches Sie, hochwürdiger Herr, \oeben abgelegt haben, Selbst entgegenzunehmen Die Pflichten und Mühen des bischötlihen Amtes aber auch sein reicher Segen sind Ihnen nicht fremd. Als Bischof von Münster haben Sie {on die Aufgabe erkannt und erfüllt, die Ihrer oberhirtlihen Führung anvertrauten Seelen in allen christlichen Tugenden zu unterweisen sowie die Eintracht unter allen Be- wohnern des Landes zu erhalten und zu pflegen. Ich habe daher zu Ihrer Erwählung zum Erzbishof des ältesten Bischofs- stuhles Meiner Monarchie gern Meine Genehmhaltung aus-

esprochen und erteile Ihnen Meine landesherrlihe Aner- ennung. Sie haben an jenen denkwürdigen Vorgang erinnert, als Karl der Große, von dem Papst Leo 111. und Jhrem ersten Vorgänger auf dem bischöfllchen Stuhl von Münster in {hwerer

wörtlich

Schuß zusagte und dann, wie die Ueberlte Hand in Hand mit ihm in den neu erbauten un einzog, um. gemeinsam Gott den Herrn zu preisen. geshihtlihe Ereignis ist ein lehrreihes Beispiel für den e eines vertrauensvollen Verhältnisses der Kirhe zu dem öde Träger der Staatsgewalt und enthält zugleiß eine Psien Mahnung. Ihre bisherige Amtsführung gibt Mir die Zuversge daß Sie, dieser Mahnung eingedenk, auch in ihrer neuen Wh Ihre Geistlihen und Gemeinden lehren und anhalten werden ärde der Anbänglichkeit an Ihre Kirche zu verbinden treue Ergebenbei, gegen Mich und Mein Haus, warme Lebe zum deuten Vaterlande und Gehorsam gegen die von Gott verordnete Obrigkeit. In diesem Vertrauen will Ih Sie Meiner Königlich e Huld und Meines landesväterlihen Wohlwollens für Jh Diözesanen wie für alle Meine Untertanen katholischen Glaubens in Gnaden versihern und Ihren Eintritt in das neue Amt mit Meinen besten Wünschen begleiten. Gottes Segen set mit öIhnen,* Hierauf wurde der Erzbishof von Seiner Majestät ent lassen. Sodann ist demselben die Allerhöchste Anerkennungs- urtunde ausgehändigt und das über den Hergang bei der Eidesleistung aufgenommene Prototoll von ihm unterschriftlicz vollzogen worden. Nach Beendigung der Eidesfeierlichkeit geruhten Jhre Majestät die Kaiserin und Königin den Erzbischof im Pfeilersaale des Königlichen Schlosses zu empfangen. Hierauf fand bei Jhren Majestäten eine Frühstüstafe[ statt, zu welcher außer dem Erzbischof auch die bei dem Aft der Eidesleistung in Funktion gewesenen Würdenträger und Solennitätszeugen geladen waren.

Der Bundesrat versammelte fich heute zu einer Plenar sißung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Justiz: wesen und für Zoll- und Steuerwesen sowie die vereinigten Ausschüsse für das Landheer und die Festungen und für Reh nungswe)en Sißungen.

Jm Alter von 49 Jahren ist in seiner Heimat Oldenburg der srühere Kaiserliche Generalkonsul in New York Rudolf Franksen nah s{chwerem Krankenlager verstorben. Jy Franksen ist ein Beamter des Auswärtigen Amtes dahinge- gangen, der in allen seinen Stellungen seine ganze Arbeitskraft eingeseßt hat und in ihnen Hervorragendes leistete. Wie u seine Posten, so hat er auch den wichtigen und verantwortungs- vollen als Generalkonsul in New York, den er zuleßt bekleidete, mit der größten Hingabe verwaltet, bis ihn {were Erkrankung mitten aus seiner Tätigkeit abrief, eine Erkrankung, die ihn zwang, um seine Verseßung in den Ruhestand zu bitten und die jeßt sein Ende herbeigeführt hat. Franksen ist als preußischer Gerichtsassessor 1893 in den Dienst des Aus- wärtigen Amtes getreten, war als Vizekonsul zunächst in

Rußland, dann in Nordamerika tätig und verwaltete auh längere Zeit die Kaiserliche Ministerresidentur in Port-au-Prince. 1905 erfolgte seine Ernennung zum Konsul in Montreal, 1908 wurde er zum Kaiserlichen Generalkonsul in New York ernannt,

Laut Meldung des. „W. D. B.“ find am 11. d. M

S M S „Bictorta Louise“ n Denerissa Und S. M S „Hansa“ in Vigo eingetroffen.

Elsaf:-Lothringen.

In der Zweiten Kammer des Landtages wurde gestern, wie „W. T. B.“ meldet, das Beamten- und Lehrer- besoldungsgeseß in dritter Lesung angenommen. Der Etat des Kaiserlichen Statthalters gelangte in der Fassung zur Annahme, daß von dem bisherigen Bezug in Höhe von 200 000 46 künftig 100 000 /6 wegfallen sollen.

Der Herabsetzung des Dispositionsfonds ging eine längere Debatte voraus, in der der Abg. Burger (liberal) namens seiner Fraktion erklärte, daß die Entschließung einer Herabsezung der Bezüge des Statthalters wenig glüdcklih sei. Man follte im gegenwärtigen Augenblick die Stellung des Kaiserlihen Statthalters nit \chwähen. Ein Teil seiner Fraktion werde gegen den Antrag stimmen. Der Abg. Emmel (Soz.) richtete an die Negterung die Anfrage, ob der Kaiserliche Statthalter die elsaß- lothringishen Bevollmächtigten beim Bundesrat instruiert habe, bel der Beratung der Militärvorlage im Bundeßrat niht für die Ver- mehrung der Heereslasten einzutreten. Der Staatssekretär Freiherr Zorn von Bulach erklärte, daß er heute eine positive Antworl noh nicht geben könne. Wenn aber die Vermehrung des Heeres für die Verteidigung des Reiches notwendig sei, werde die celsaß- lothringishe Regierung fie gutheißen. Denn wenn das Deutsde Reich nit so stark wäre, wäre der Friede {hon längst gefährdä gewesen.

Oesterreich-Ungarn.

Nach einer Meldung des „Wiener K. K. Telegraphen Korrespondenzbureaus“ wird am 1. März in Triest ein Kon gre? der Abgeordneten: aller albanesishen Kolonien vo! Europa, Aegypten und Amerika stattfinden.

Belgien.

Nah einer Sonderausgabe des Zentralorgans d sozialistischen Partei hat das Komitee, das den General stre! vorbereitet, beschlossen, den Streik am 14. April Mittags b ginnen zu lassen. Jn einem Aufruf an die Bevölkerung seß! das Komitee die Gründe auseinander, die die Arbeiter zwingt!) den Generalstreik zu verkünden. Wie „W. T. B.“ melde geht aus dem Aufruf hervor, daß die Partei noch heute willen ist, einen vermittelnden Vorschlag anzunehmen, wenn er zum 14. April gemacht wird. Des weiteren erklärt do Komitee, daß man nötigenfalls das Wahlrecht mit den 25. Lebensjahr und einer Zusaßstimme für jeden Familienvattk annehmen werde.

Türkei.

Ueber die Wahrheit der aus London kommenden Nad richten befragt, daß man kurz vor der Wiederaufna fir der Friedensverhandlungen stehe, erklärte der Große. Mahmud Schewket Pascha laut Meldung des „W. T. A

Die Nachrichten entbehren nicht der Wahrheit. Eine Wie aufnahme der Friedensverhandlungen oder die Me der La \prehung mit den Mächten is natürlich. Die erhandlun8i, können auf Grund der Antwortnote der Pforte wiede jl genommen werden. Ih habe das Großwesirat n ae dem alleinigen Zweck übernommen, den Krieg fortzuses N sondern dazu, alle Anstrengungen zu machen, um unter Bedinguns M die so viel wie möglih die Interessen des Landes wahren, res für \{ließen. Die Regierung wird den Krieg fortseßen, wenn sie rigen das Land nüßlich erachtet. Die militäris{hen Unternehmungen ö R

Gefahr und Bedrängnis um Le angerufen, an der Splte seines Heeres. den Papst herzlih begrüßte, thm seinen mächtigen

mit welcher Energie die Negterung entschlossen ist, das Land ¿U

sed Frieden hinzuarbeiten, Die Regterung beschäftigt sich also

mit dem Schifsal ihrer den Mächten überreihten Antwortnote und sich bemühen, auf der Grundlage dieser Note Frieden zu \{ließen. Mie obiger Quelle zufolge versichert wird, hat die Pforte an ihre Botschafter ein Rundschreiben gesandt mit der Auf- orderung, fie sollten, da die leßte Antwortnote der Pforte für

eeignet befunden sei, die Grundlage für weitere Friedensver- handlungen zu bilden, in diesem Sinne die Mächte sondieren. Das Rundschreiben ist im Sinne der oben abgegebenen Er- flärungen des Großwesirs gehalten. :

Da der interimistishe Marineminister und frühere Stellvertreter des Generalstabshefs Mahmud Pascha sich weigert, die Leitung des Marineministeriums zu übernehmen, pird demnächst ein anderer Maringminister ernannt werden.

Ueber die leßten Operationen auf dem thraci- {hen Kriegsshauplaß wird, wie „W. T. B.“ meldet, von amtlicher türkischer Seite folgender Bericht verbreitet:

Am 10. Februar eröffneten die Forts Tashodschak und Yassitepe, die zu den Befestigungen von Adrianopel gehören, gegen die feind- lihen Batterien eine heftige Kanonade, die bis zum Anbruch der Nacht dauerte. Am selben Tage machte der Feind etnen überrashenden An- griff gegen unsere Dstfront. Es entwickelte si ein erbitterter Kampf, der vier Stunden dauerte. Unsere Truppen hielten ihre Stellungen. Feindlihe Aeroplane s{leuderten Bomben auf Adrianopel, die jedo feinen Schaden anrichteten.

Bei Ts\chatald\ha rückten von unserem rechten Flügel aus- geschickte Erkundungsabteilungen bis nordöstlich von den Hügelkectten von Akalan östlih von Kalfaköj vor. Nach den Erklärungen zweier bei Tachlitepe gefangenen Bulgaren ist der Feind damit beschäftigt, Befestigungen bei Sinekli zu errihten. Seine Kavallerie soll fich in Tschorlu befinden; das Hintertreffen und das Gros des Feindes gegen- über unserem linken Flügel halte die Linie Silivri—Kadiköj besetzt.

An der Küste von Bulair hat sich nichts Wichtiges ereignet.

Ein Communiqué aus dem bulgarischen Haupt- quartier erklärt alle aus Konstantinopel kommenden Nach- rihten über die militärishen Operationen in der zweiten Kriegs- periode, die den türfishen Waffen angeblih Siege über die Bulgaren zuschreiben, für vollständig falsch und von der tür- fischen Behörde zu dem Zwede verbreitet, die europäische Meinung irre zu - führen. Der tatsächlihe Gang dieser Operationen seit der Wiederaufnahme der Feind- seligkeiten bis gestern sei folgender:

Am 4. Februar s{lvgen die bulgarishen Trupven die türkische Armee auf der Halbinsel Gallipoli südlih vom Flusse Kavak. Die Türken, die eine Anzahl von Toten und Verwundeten zurücklteßen, flüchteten in voller Verwirrung hinter die Stellungen der Stadt Bulair, energi|ch verfolgt von den Bulgaren. Am 8. Februar unter- nahmen sech8 türkische Divisionen einen Angriff gegen unsere Truppen, die in den Stellungen ungefähr fünf Kilometer von Bulair yver- \{anzt waren. Die Türken wurden vollständig von den Bulgaren geschlagen, die durch etnen Gegenangriff mit dem Bajonett den Feind zwangen, An areg zu flüchten. Der Feind ließ zahlreihe Trophäen zurüd. Die türkishen Verluste in dieser Schlacht sind ungeheuer. Die Bulgaren haben bis zum 11. d. M. ungefähr 6000 türkische Leichen beerdigt und bis Bulair hin ist das Terrain noch mit weiteren Leichen von Türken bedeckt. Die Landungsversuche der Türken an den Küsten des Schwarzen Meeres und des Marmarameeres wurden an allen Punkten mit beträchtlißen Verlusten der Türken zurück- geschlagen. Ebenso wurde der Landungsversuch bei Podima gleich zu Beginn von den bulgarischen Truppen zunihte gemacht, die den Türken einen Verlust von 100 Toten und Verwundeten zufügten. Bei der Landung bei Scharköj am 8. und 9. d. M. wurden die türkishen Truppen in Stärke von drei Divisionen durch die Bajonette der Bulgaren bis zum Meer zurückgeschlagen. Die Türken verloren hier mehr als tausend Tote und Verwundete. 457 Türken, die sich niht wieder einschiffen konnten, wurden zu Gefangenen gemaht. Nach diesen Erfolgen ist die ganze nördlihe Küste des Marmarameeres, einbegriffen alle Häfen und bewohnten Punkte bis Bulair, gänzlich in den Händen der Bulgaren. Die Nachrichten über eine angebliche Landung bei Rodosto und Silivri, Myriofito und Midia sind vollständig falsch. An diesen Punkten haben feine Landung8versuche stattgefunden. Was den Nückzug der bulgarishen Vorposten bei Tshatald\cha aus der ersten Linie an- belangt, so ist dieser Rückzug nichts anderes, als die genaue Aus- führung eines vorher gefaßten Planes. Die Belagerung von Adrianopel dauert mit Erfolg fort. Die bulgarischen Truppen rüden methodisch vor.

wird

Bulgarien.

__ Der bulgarishe und der rumänishe Bevollmächtigte, Saravoff und Ghika, hatten gestern nachmittag im Ministerium des Aeußern ihre erste Unterredung, die eine Stunde dauerte. Wie „W. T. B.“ meldet, tauschten die Be- vollmächtigten im Laufe der Unterhaltung in der freundschaft- lihsten Weise ihre Anschauungen über eine Verständigung in den s{webenden Fragen aus.

Amerika.

Nach längeren Konferenzen mit dem Präsidenten Taft hat das amerikanische Kabinett beschlossen, daß der Präsident, falls ie Zust ä nde in Mexiko die Landung amerikanisher Truppen notwendig machen, . die Angelegenheit dem Kongreß in einer Sonderbotschaft unterbreiten soll. Das Quartiermeisteramt gibt, wie „W. T. B.“ meldet, bekannt, daß sich jeßt wei amerikanishe Konteradmirale in den mexikanischen

ewässern befänden, der eine an der West-, der andere an der Ostküste. Alle Schiffe, die für den Dienst in den mexikanischen Gewässern beordert seien, wären Schiffe ersten Ranges, die eine Besazung von je 700 Mann hätten. Demnach würde die Besaßung der Schiffe der Ver- einigten Staaten in den dortigen. Gewässern noch vor Ende der Woche eine Stärke von 5000 Mann haben. Die Kommandanten der Kriegsschiffe sollten sowohl den Schuß der Europäer und siaten wie den der Amerikaner übernehmen. Es seien ferner orbereitungen getroffen worden, um 2500 Marinesoldaten nah Veracruz zum eventuellen Entsaßz der ausländishen Ge- \andtschaften zu entsenden; außerdem sei die 3000 Mann starke ttste Brigade der ersten Armeedivision angewiesen worden, \ih ur eine Expedition dienstbereit zu halten. d Nah Meldungen des „W. T. B.“ aus Mexiko endete er iegelivige Straßenkampf nach sieben Stunden ohne enischeidenden Erfolg. Tote wurden zu Hunderten gezählt. Die größten Verluste rührten aus einem Angriff der Ruraltruppen M eine Batterie der Aufständischen her, die die Angreifer fast be ständig aufrieb. Gestern früh haben die Kämpfe wieder f ies, Vier Stunden lang beschossen die Bundestruppen die ¿Me Wirkung die Stellungen der Aufständischen, {l as Feuer lebhaft erwiderten; ihre {hweren Geschüße euderten Schrapnells und Vollkugeln in den Mittelpunkt ästsviertels, wo sie großen Schaden anrichteten. Die eld schen haben ihre Stellung durch Aufpflanzung weiterer 3 teshüße auf einem Vereinsgebäude befestigt und etwa waffnet Gefangene aus den Gefängnissen befreit und be- I f Zeitweise richteten die Aufständischen ihre Geschüße as F 0s Gebäude der englischen Gesandtschaft und erwiderten êuer der dort zum Schuße aufgestellten Geschüße. Der

Aber es ist Pflicht der Regierung, auf diplomatishem Wege

Plan, eine Zusammenkunft der Vertreter der bciden Parteien zu ermöglichen, ist gescheitert.

_…. Der venezolanische Minister des Aeußern und der fran- zösishe Kommissar d’Avril haben nach einer Meldung des X. T. B.“ ein Protokoll unterzeichnet, durch das die zwischen Frankreich und Venezuela s{hwebenden Fragen geregelt werden. Anläßlich der Wiederaufnahme der diplo- matischen Beziehungen zwischen Frankreich und Venezuela haben die Präsidenten und die Minister des Aeußern der beiden Republiken Glückwunschtelegramme ausgetauscht.

Asien.

Die japanische Kabinettskrisis is beendet. Wie das

„Reutershe Bureau“ meldet, hat der Admiral Yamamoto den Posten des Ministerpräsidenten angenommen und das Kabinett aus Anhängern der Saiyukwai- und der Kokuminto- Partei (Nationalisten) gebildet. Die Minister für Auswärtige Angelegenheiten, Krieg und Marine sind vom Kaiser ernannt worden, um Eifersüchteleien zu vermeiden. Das übrige Kabinett sezt sih wie folgt zusammen: Finanzen : Matsuda: Eisenbahnamt: Hara; Justiz: Haseba; Verkehr: Jnuka i; Oeffentlicher Unterricht: Oza ki. - Vorgestern, am Erinnerungsfeiertage der Thronbesteigung JFimmu Tennos, des ersten Kaisers von Japan, der zugleich der Erinnerungstag der Einführung der Verfassung in Japan ist, fanden in Osaka hei der Eröffnungsversammlung eines fonstitutionellen Vereins junger Männer Kundgebungen der Menge statt. Die Versammlung wurde von der Polizei aufgelöst; als hierauf eine neue große Versamm- lung im Nakanoshima - Park stattfand und ebenfalls von der Polizei aufgelöst wurde, griff die bedeutend verstärkte Menge die Bureaus der regierungsfreundlichen Zeitungen an und ver- suchte, sie in Brand zu stecken, durceilte die Stadt, wendete sich gegen die Häuser der régierungsfreundlihen Abgeordneten und zerstörte sie. Die Polizei rief Verstärkungen herbei und ging mit blanker Waffe gegen die Menge vor. Die Unruhen dauerten bis gestern morgen an.

| Afrika.

Nach einer Meldung der „Agenzia Stefani“ aus Addis Abeba ist der Streit, der beim Wechseln der Palastwache im Kaiserlichen Ghebbi entstanden war, durh die Vermittlung des obersten Bischofs friedlih beigelegt worden.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die gestrige Sizung des Neichs- tags befindet sih in der Ersten Beilage.

Die heutige (111.) Sißzung des Reichstags, welcher der Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke und der Staatssekretär des Reichsjustizamts Dr. Lisco beiwohnten, eröffnete der Präsident Dr. Kaempf mit der Mitteilung, daß er aus Anlaß der Verlobung Jhrer Königlichen Hoheiten der Prinzessin Viktoria Luise und des Prinzen Ernst August, Herzogs zu Braunschweig und Lüneburg, Jhren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin sowie den hohen Verlobten die Glückwünsche des Reichstags übermittelt hat. Von Seiner Majestät dem Kaiser ist folgende Antwort eingegangen :

„Die Kaiserin und Ih danken herzlih für die freundlichen Glückwünshe des Reichstags zur Verlobung Unserer Tochter. Wilhelm.“

Jm Namen Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Viktoria Luise hat der Oberhofmarschall Graf zu Eulenburg ein Danktelegramm an den Präsidenten gerichtet; Seine König- liche Hoheit der Prinz Ernst August hat ebenfalls telegraphisch seinen Dank ausgesprochen.

Das Haus seßte hierauf die Spezialberatung des Etats für die Reichsjustizverwaltung in der allgemeinen Debatte beim ersten Ausgabetitel „Staatssekretär“ mit den dazu vorliegenden Resolutionen fort.

(Schluß des Blattes.)

Die heutige (131.) Sißung des Hauses der Ab- geordneten, welher der Minister der öffentlichen Arbeiten von Breitenbach beiwohnte, eröffnete der Präsident Dr. Graf von Schwerin mit der Mitteilung, daß er Seiner Majestät dem Kaiser und König die Glückwünsche des Hauses zur Ver- lobung Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Viktoria Luise mit Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Ernst August, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, persönlih dargebracht und Seine Majestät die Glückwünsche huldvollst entgegen- genommen habe. Der Präsident verlas ferner die Dank- telegramme des Herzogs von Cumberland und des Prinzen Ernst August für die Glückwünsche des Hauses.

Zum Mitglied der Staats\chuldenkommission wurde auf Vorschlag des Abg. Freiherrn von Zedlig und Neukirch (freikons.) der Abg. Lüdhoff (freikons.) wiedergewählt.

Dann seßte das Haus die zweite Beratung des Etats der Bauverwaltung bei den einmaligen und außer- ordentlihen Ausgaben fort.

Zum erweiterten Ausbau der Weser auf der Strecke von Minden bis Bremen und zu Versuch8bauten auf der oberen Weser und der Aller wird eine erste Rate von 300 000 6 gefordert.

Abg. Freiherr von Maltzahn (kons.): Auch der Bundesstaat Bremen hat an dem Ausbau der Oberstreke der Weser ein erheb- lihes Interesse; ohne einen Antrag zu stellen, weisen wir, wie in der Kommission, so auch hier im Plenum, darauf hin, daß in geeigneten Fällen von dem Territortalprinzip abgesehen und auch benachbarte Staaten nah Maßgabe der thnen erwachsenden Vorteile, die auch in Geld umgerechnet werden müssen, herangezogen werden sollten. Es follen hier 4} Millionen Staatsgelder aufgewendet werden.

Abg. Hausmann (nl.) bittet die Verwaltung, die Vorarbeiten für den Ausbau auf der Strecke bis Minden so zu fördern, daß {hon im nächsten Etat eine Summe für den Ausbau selbs angefordert werden kann

Der Titel wird bewilligt.

Für die Erneuerung von Schleusentóren am Main werden 76 400 M, für die Erneuerung von Vas befestigungen an den Schleusen zu Frankfurt und Flörs- heim a. Main 118 000 4, für die Fortführung der Main- kanalisierung oberhalb von Offenbah als erste Rate 100 000 /6 (Gesamtkosten 5 107 000 1) verlangt. Die Budgetkommission hat die Forderungen genehmigt und beantragt außerdem, die Regierung zu ersuchen, in den nächsten Etat Mittel für den Neubau der Kostheimer Schleuse einzustellen.

Abg. von Pappenheim (konf.): Jh habe zunächst diesen Wunsch der Budgetkommission zu befürworten. Es wird ge- wünscht, daß der Neubau der Schleuse nah Möglichkeit be-

{leunigt werde und in den Abmessungen erfolge, übrigen Schiffbarkeit des Mains entsprehen. Was di führung der Kanalisierung des Mains angeht, so ist nah dem Vertrage von 1906 zwischen den beteiligten Staaten diese Arbeit von der Einführung von Schiffahrtsabgaben auf dem Main abhängig gemacht worden. Die Bundesflaaten haben der Er- hebung von Schiffahrtsabgaben zugestimmt durch das Reichsgeseß von 1911. Nun bestehen aber noch internationale Schwierigkeiten, die für den Nhein und seine Nebenflüsse durch die Rheinschiffahrts- afte verursacht werden. Troßdem is auch nah dieser Akte die Erbeburg von solchen Abgaben durchaus zulässig; der französische Text spricht von „travaux dart“, für welche die Erhebung von Schiffahrtsabgaben zulässig sein soll; der deutshe Text \spriht von „Anlagen“. Tatsählich liegt also hier eine fleine Divergenz vor. Mit Holland wird nun noch verhandelt. Da Holland sehr erheblidhe Interessen an der Kanalisierung des Mains hat, besteht für uns ein Mittel, auf Holland einen Druck auszuüben, in der Hinausschiebung der Arbeiten unsererseits; ein weiteres Mittel würde sein, daß wir son jeßt von diesem Recht, zu warten, Gebrauch machten. Entscheidend würde aber dieses Druckmittel für Holland nicht sein, und deshalb, meinen wir, sollte man den Wünschen Süddeutschlands, endlich eine bessere Wasserstraße für seine Verbindung mit dem Rhein zu gewinnen, nicht entgegen sein. Ich bitte daher, die hier geforderte erste Rate zu bewilligen. Die Arbeit, die fünf Millionen kosten wird, liegt hauptsächlich im Interesse Bayerns; namentlich der jeßige Negent hat si bekannt- lich sehr lebhaft dafür ausgesprohen. Schon aus bundesfreundlichen Erwägungen soliten wir also den Wünschen Bayerns nicht entgegen- treten. Jede weitere Verbesserung des Rheins aber ist abhängig von der Erhebung von Schiffahrteabgaben; die große Mehrheit des Hauses wird niemals weitere Mittel für den Rhein bewilligen, bevor diese Frage gelöst ist. Es besteben nah dieser Richtung fehr große und weitshihtige Projekte. Die Schiffbarmachung des Ober- rheins ist für den Kohlenbezug der süddeutshen Staaten von höchster Bedeutung, und auch Holland ist daran sehr interessiert. . Alle solche Arbeiten auf dem Rhein sind aber unausführbar vor der Lösung der Abgabenfrage; auch von der weiteren Schiffbarmachung des Neckars kann vorher nit die Rede sein. Hollands Relation zu Süddeutschland is so stark, daß es sich deswegen auch ent- gegenkommend zeigen dürfte, und das ist bisher wohl deshalb nicht in die Erscheinung getreten, weil es immer hoffte, daß auch ohne sung der Hauptfrage die Weiterführung dieser Korrektionsarbeiten möglich sein würde. Wir werden aber unter keinen Umständen vorher irgendwelhe Mittel dafür gewähren. Man könnte auch noch von anderen Mitteln einer Pression auf Holland sprechen. Wir sind unserer- seits hinsichtlich der Anforderung der Akte für die Verbesserung des Nhetins über unsere Verpflihtung hinausgegangen, während Holland sie noch nicht vollständig erfüllt hat. Die Hauptfrage ist die, ob wir weiter wesentlihe Mittel aufwenden wollen, um den hein in seiner jeßigen Tiefe und Fahrbarkeit zu erhalten, und auch dies hängt mit der Einführung der Abgaben zusammen. Auch hiermit ist ein Druck auf Holland auszuüben, der hoffentlich dazu genügen wird, ihm die Einführung dieser Abgaben in einem anderen Lichte erscheinen zu lassen. Wenn wir nun empfehlen, mit der Kanalisierung des Mains {on jeßt vorzugehen, so möchten wir das doh noch von gewissen Verhandlungen mit Bayern abhängig machen. Wir haben bei unserer Besichtigungsreise nach Frank- furt usw. uns davon überzeugen müssen, daß die Zustände auf den Wasserstraßen der außerpreußishen Flüsse auch den Mindest- forderungen der Hygiene nicht entsprechen. Besonders die bayerische Industrie hat uns da Bedenken verursacht. Die Zelluloidfabriken in Aschaffenburg führen ihre Abwässer in einer For:n in den Main, welche mit den bygientshen Interessen auf die Dauer ganz unverträglich ist. Kostsptelige Kläranlagen, wie wir fie z. B. von Frankfurt a. M. verlangen, bestehen in diesen bayerischen Städten nicht. Es wird zu erörtern sein, ob nicht durch Neichsgeseß eine Einigung über die Grundsätze für die Reinhaltung unserer öffent- lichen Gewässer zu erstreben ist. Die Wasserkommission hat wegen der Mißstände in! der Kaliindustrie und- wegen des nicht ent- \prehenden Verhaltens der mitteldeutsden Kleinstaaten der RNe- gierung den Wunsch unterbreitet, für ein solches Reichsgeseß die Borarbeiten zu machen; die Regierung hat \fich damit einver- standen erklärt. Wir erwarten, daß die Emanierung eines solchen Geseßes möglichst bald Tatsache wird. Das Geseß wird sich aber nicht auf die Kaliindustrie zu beschränken haben, sondern auch Hand- haben bieten müssen, die tn Bayern Besserung schaffen. An der Bereitwilligkeit Bayerns wird nicht zu zweifeln fein; sollten sich aber Schwierlgkeiten herausftellen, so haben wir mit unserer Zustimmun zu der Fortführung der Kanalisierung des Mains etnen boffenili® ausreihenden Einfluß auf die bayerishe Entschließung gewonnen.

(Schluß des Blattes.)

Wohlfahrtspslege.

Wie „W. T. B.“ meldet, hat der Seniorhef des Bankhauses S. Bleichröder in Berlin, Hans von Bleichröder, anläßlih seines heutigen 60. Geburtstages eine Million Mark für eine Stiftung bestimmt zur Erbauung eines Erholungsheims, in dem unbe- holtene und bedürftige Personen ohne Unterschied der Konfession unentgeltliche Aufnahme finden sollen, und 500000 # dem Pensionsfonds für die Beamten seines Bankhauses überwtesen.

Land- und FForftwirtschaft. 41. Plenarsitzung des Deutschen Landwirtschaftsrats. In der gestrigen, zweiten Sißung, der auch Seine Majestät der Kaiser und König, der Reichskanzler und Präsident des preußishen Staatsministeruums Dr. von Bethmann Hollweg, der Staatssekretär des Innern, Staatsminister Dr. Delbrüdck, der Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr. Freiherr von Schorlemer und der Staatssekretär des Neichskolonials amts Dr. Solf beiwohnten, beschäftigte sich der Landwirt- \{aftsrat mit „Maßnahmen zur weiteren Produktions- steigerung der deutsGen Landwirtl & aur der bisherigen Kulturflähe, b. durch Vermehrung derselben, c. durch innere Kolonisation“. Als erster Referent Bébanbidie von Lochow-Petkus eingehend Maßnahmen zur weiteren Produktions- steigerung auf der bisherigen Kulturflähe. Dan ergriff Seine Majestät der Kaiser und König das Wort und machte Mit- teilung über die in Cadinen in jüngster Zeit ausgeführten Arbeiten, die [is namentlich auf Wiesenmeltorationen, Vergrößerung des Viehbestandes und eine ertragreihe Roggenart erstreckt haben. Seine Majestät faßte die in Cadinen gemachten Erfahrungen dahin zusammen, al: ergletch dem Vorredner der Ansicht sei, daß die deutsche Landwirtschaft imstande sei, ihre Produktion so zu steigern, daß fie den heimishen Bedarf an Fleisch und an Brotgetreide zu decken vermöge. Hierauf verbreitete ch Beseler-Kunrau über weitere Produktionssteigerung der deutshen Landwirtschaft durch Vermehrung der Kulturfläche, und Professor Dr. Sering-Berlin erstattete ein eingehendes Referat über Produktionssteigerung dur innere Kolonisation. An die Aus- führungen der Referenten knüpfte sich etne längere Diskussion, an der sich auch Geheimer Regierungsrat, Professor Dr. Delbrück-Berlin und Wirklicher Geheimer Nat Dr. Graf von Schwerin-Löwihz beteiligten. Nach einem S{hlußwort von Professor Dr. Sering faßte der Land- wirtschaftsrat einstimmig die folgende Resolution : „Es steht außer Zweifel, daß die deutsche Landwirtschaft echnisch imstande ist, nicht nur die jeßige R des Reichs, sondern auch die künftige, vermehrte Volksmenge mit den wichtigsten Nahrungsmitteln, insbesondere mit Brot, Fleisch und Kartoffeln, in genügender Menge zu versorgen. l Zur Lösung dieser Aufgabe ist es notwendig, die betrtiebs- technishen Errungenschaften der Landwirtschaft 7M dem Gebiete der Bodenkultur, der Bestellung, der Düngung mi mineralischem Dünger, der Pflanzen- und Tierzüchhtung sowie der