D M R E G R Ats a MRA A Su R E L
S . Dr. Hegenscheidt (Rp.): Ich füble mi nicht be- alen TO, fehlenden Auffassungsvermögen e a R L E die Beine zu helfen. Schluß 61/4 Uhr. Nächste Sißzung Sonnabend 11 Uhr s der Beratung des Etats der Reichspost- und elegraphenverwaltung).
Preußischer Laudtag. Haus der Abgeordneten. 132. Sigung vom 14. Februar 1913, Vormittags 11 Uhr. (Bericht von „Wolffs Telegraphishem Bureau*.)
Ueber den Beginn der Sigzung ist in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden.
__ Das Haus setzt die zweite Beratung des Etats der direkten Steuern, und zwar zunächst die Debatte über den Titel der Einnahme aus der Einkommensteuer (379 Millionen Mark, 261/, Millionen mehr geaen das Vor- p00 fort, zu dem die Uebersicht der Ergebnisse der Ein- ommensteuerveranlagung für das Jahr 1912 vorliegt, welche die Budgetkommission nah Kenntnisnahme für erledigt zu ertlären beantragt. s
Nach dem Abg. Freiherrn von Zedlitz und Neukirch (freikonf.) erhält das Wort
Abg. von Strombeck (Zentr.): Der Abg. von Zedlitz hat zemeint, mit dem Zustandekommen der Steuernovelle werde die volle
deranzieburg der Steuerpflichtigen gewährleistet. Das Ober- verwaltungsgeribt bat in Steuersahen 14 Bände zu 500 Seiten voll Entscheidungen gefällt, die zumeist die Einkommensteuer betreffen. Bei großen Vermögen, die sich aus Kapitalverm ögen, Grundbesiß und Gewerbe- betrieb zusammenseßen, ift eine ritige Veranlagung cin kleines Kunststück. Der Redner geht dann ausführlich auf eine Anzahl diefer Entscheidungen ein. Er unterzieht diese Entseidungen einer eingebenden Kritik und kommt zu dem S&luß, daß die Quellentheorie unhaltbar sei, nament- lich sei die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts eine große Un- geredtigkeit, die dahin geaangen sei, daß auc ein Arbeitsloïer steuer- pflichtig sei, weil er die Quelle des Einkommens, die Arbeitskraft, in si habe. Der Nedner fstreift bei der Erörterung der verschiedenen Ein- Tommenemöglifeiten auch die neue Novelle zum Einkommensteuer- ge]eß und wendet si gegen dieselbe.
Präsident Dr. Graf von Swchwerin teilt mit, daß îm ganzen noch vierzehn Medner gemeldet sind, und daß er nach den getroffenen Vereinbarungen eventuell genötigt fein würde, für beute eine Abendsißung anzuberaumen.
Finanzminister Dr. Len y e:
Meine Herren! Der Herr Abg. von StrombeckXck hat die unserem Einkommensteuergescs zugrunde liegende Quellentheorte einer ein- gehenden Kritik unterzogen und ist dabei zu einer Verwerfung der Quellentheorie gelangt. Obschon er mehrmals erklärt hat, er wolle auf die dem Hause vorltegende Steuernovelle niht näher eingehen, hat er troßdem im Laufe seiner Ausführungen wiederholt darauf Bezug genommen; seine ganzen Darlegungen gipfelten eigentlich tn einer Kritik der Grundlagen dieser neuen Steuernovelle. Die Fragen, die er behandelt hat, sind in der Kommission zur Beratung der Ein- kommensteuernovelle sehr eingehend erörtert worden, und dort ist auch das Für und Wider der Quellentheorie ausführlich besprohen worden.
Meine Herren, es ist ja durchaus zutreffend, daß das derzeitige Einkommensteuergesey mit seiner Quellentheorie mancherlei Mängel, manerlei Lücken aufweist, welche es ermöglichen, daß ein Zensit aus den Mafchen der Steuerpfliht vurch\{lüpfen kann.
Aber, meine Herren, auf der anderen Seite würde die Ein- führung der von dem Herrn Abg. von Strombeck befürworteten Art der Eins{äßzung dasselbe zur Folge haben; es würde eine ganze An- zahl von Steuerpflichtigen mit ihrem Einkommen auch nicht voll herangezogen werden, venn sie lediglich nah der Vergangenheit zu besteuern wären. Jh will ja in keiner Weise verkennen, daß die Veranlagung nach dem Einkommen des vergangenen Jahres ganz wesentlihe Erleichterungen für die Behörden zur Folge haben würde. Die Behörden würden fehr viel bequemer und einfaher handeln können, wenn sie von jedem einzelnen Zensiten nur das Einkommen des vergangenen Jahres zur Steuer heranzögen. Aber, meine Herren, davon darf doch \chließlichß die Sache nicht abhängen. Die Staats- regierung muß do auch eine möglichst große steuerlibe Gerechtigkeit herbeiführen und vor allen Dingen die Steuerfähigkeit des einzelnen Zensiten bei der Heranziehung zur Steuer nach Möglichkeit berüdsihtigen, und da ist das Verfahren, das bis dahin in unserem Steuergeseßp zugrunde gelegt ist, das entschieden bessere. Die Kommission hat sich auch davon überzeugt, und sih s{ließlich, wenn ich nit irre, mit allen gegen eine Stimme dafür ausgesprochen, daß die bisherige Steuertheorie unserem neuen Steuergesez weiter zugrunde zu legen fei.
Zur Ausfüllung der bisher hervorgetretenen Lücken hat die Kom- mission und auch die Staatsregierung mebrere Vorschläge in das Geseß hineingebraht; es sind Vorschriften vorgesehen, die eine ganze Reihe von Fragen, die Herr Abg. von Strombeck hervorgehoben hat, für die Zukunft beseitigen. (Sehr rihtig!) Es ist dann auch in der Zukunft nicht mehr mögli, daß z. B. ein Gerichtêassefsor für die Einnahmen aus seinem Komwifsarium nit mehr herangezogen werden kann, oder daß jemand, der ein Gutachten abgegeben und daraus hohe Einnahmen erzielt hat, dafür nicht steuerpflihtig ist usw. Kurz, derartige Fälle sind vorgesehen. Ebenso ist auch der Fall vor- gesehen, den Herr Abg. von Strombeck erörtert hat, daß jemand zu ultimo März seine Papiere verkauft, den Erlös liegen läßt und infolgedessen nicht zur Steuer aus dem Erlöse der Papiere herangezogen werden kann. Es ist in der Steuernovelle ausdrücklich bestimmt, daß für derartige Kapitalien ein bestimmter Zinsfuß fiktiv zugrunde gelegt werden muß.
Aber, meine Herren, ih will auf alle diese Fragen nicht eingehen, denn sie werden do bei der Beratung des neucn Steuergesctzes sehr eingehend erörtert werden müssen. Das führt mich zu den Aus- führungen, die Herr Abg. Freiherr von Zedliß gemacht hat.
Herr Abg. Freiherr von Zedlitz hat, wenn ich ihn recht ver- standen habe, angedeutet, daß eigentlih der Finanzminister die Schuld daran trüge, daß das neue Steuergeset bis jetzt in diesem Hause noch cht zur Verabschiedung gelangt sei. (Widerspruch des Abg. Frei- „errn von Zedliß.) Meine Herren, ih möchte genau das Gegenteil behaupten. Das neue Stevergeset befindet sch seit über einem Zahre in den Händen diefes hohen Hauses und es haben sehr ein- gehende und weltgehende Erörterungen über dieses Gese in der Kom- mission stattgefunden Die Herren Mitglieder der Kommission haben äußerst fleißig gearbeitet, aber ih habe troßdem nicht das Gefühl dabei gehabt, baß den Herren an der entgültigen Verabschiedung des Steuergesches in ihrer Gesamtheit wesentliß gelegen wäre.
Meine Bitte, als das Haus in diesem Sommer vertagt wurde, do das Steuergesetz gerade so zu behandeln wte das Wassergesez und auch das Steuergesey während der Ferien zu beraten, traf auf taube Ohren. Es wurde erwidert, das Steuergeseß wäre so witig, daß die Herren erst während der Ferien mit ihren Wählern in Berührung treten müßten, um sich darüber zu inforwieren, was diese zu dem n-uen Steuergeseß sagten. (Heiterkeit.) Jedenfalls konnte die zroeite Lesung des Steuergesezes erst nach dem Wiederzusammentritt des Landtags stattfinden.
Alle meine Versuche, die Erledigung des Steuergesetzcs zu be- \{leunigen, find fehlges{chlagen. Ih bin bei allen Kommissions- sißungen bis auf cine oder zwei immer zugegen gewesen und habe mich für das Zustandekommen des Gesetzes bemüht. Meine Herren- ih bin auch nit derjenige, der das Steuergeseß auf die Tagesordnung zu seßen hat. Die Etatsberatungen drängen, und bis dabin hat es noch nicht auf der Taoesordnung gestanden. Mir persönlichß und auch der Staatsregierung liegt außerordentli viel daran, daß das Gesetz zur Verabschiedung gelangt; denn es hat do sehr wesentlide Vor- züge gegenüber dem biéherigen Gesetz, und vor allen Dingen ift es sehr viel gerechter aufgebaut und gibt den Beranl[agungsbehbörden sehr viel mehr Machtmiitel, in die verwickelten Einkommensteuerverhältnisse einzudringen, wie das bisher der Fall gewesen ist, sodaß vom Stand- punkt der Staatsregierung dieses Gesetz eine dringende Notwendig- keit ift.
Nun ist leider in der zweiten Lesung — in der ersien Lesung ist es nicht der Fall gewesen; nebenbei bemerkt ist die Kommission in der zweiten Lesung fast vollständig neu beseßt gewesen — ein S{luß- paragraph angenommen worden, der die frohe Hoffnung auf das Zu- standeklommen des Geseßes ja wesentlich getrübt hat, nämli der Paragraph, daß die Steuerzuschläge nah dem Ablaufe von drei Jahren erlöschen sollen. Alle meine Hinweise auf die Finanzlage des Staates erfuhren kein Gehör. Es wurde einfa präsumiert, das neue Steuer- geseß wird dem Finanzminister so viele Mehreinnahmen bringen (sehr richtig!), daß es absolut unnötig ist, die Steuerzuschläge auf- rechtzuerhalten. Troßdem ih, der ich ja wohl der beste Sach- verständige dabei sein mußte, immer wteder betonte, daß das ein Irr- tum sei und nicht zu beweisen wäre, ist über meine Behauptung zur Tagesordnung übergegangen und beschloffen worden, daß die Steuerzushläge in Wegfall kommen follen. Meine Herren, ih möchte doch behaupten — bei der Etatberatung is das leider mehrmals zum Ausdruck gekommen —, daß die Ansicht, die Steuerzuschläge wären zu entbehren, durhaus unzutreffend ift. In der Kommission wurde mir gesagt: die Verbesserung des Steuer- geseßes ist so groß, daß ganz ohne Frage der Finanzminister mindestens so viel Mehreinnahmen erhält, wie dte Steuerzuschläge betragen Meine Herren, ih habe demgegenüber erklären müssen, das wäre eine Behauptung, die bis dahin einen reellen Untergrund nicht hätte (sehr richtig !), und daß eine Finanzverwaltung, welche für die Geschäfte des Staates verantwortlih wäre, unmögli auf eine solche willkürlihe Annahme ihre zukünftigen Berebnungen und Maßnahmen bauen könnte. Zu gleicher Zeit hatte die bobe Kommission aber dem Finanzminister noch 10 Millionen Ein- nahmen aus dem Steuergese 4 herausgestrihen. Die von Herrn von Zedliy vorhin erläuterten Erleichterungen der Abzugs- fähigkeit der Nealsteuern bei der Steuererklärung und außerdem die Erweiterung des Kinderprivilegs auf ein Kind bet einem Einkommen bis zu 1200 # haben tatsählich einen Minderertrag von 10 Millionen im Gefolge. Die Staatsregierung foll also auf der einen Seite die vollen Zuschläge verlieren und auf der anderen Seite foll fie diese 10 Millionen auch noch einbüßen; die vollen Zu- fchläge mahen momentan 63 Milltonen Mark aus, und kommen die 10 Millionen noch dazu, dann sind es 73 Millionen, und da wird glatt angenomnien, die Verbesserungen des Steuergesetzes werden nah Ablauf von 3 Jahren mindestens 73 Millionen Mehreinnahme cin- bringen, sodaß dadur die Steuerzuschläge entbehrlih find. Meine Herren, daß eine Finanzverwaltung darauf nicht eingehen fann, ift doch ganz selbstverständlih, und infolgedessen ist für mich das Steuer- gesetz in dieser Form unannehmbar.
Meine Herren, ih habe mi aber bereit erklärt, um nit als der gewinnsüchtige Finanzminister dazustehen, dem es nur darum zu tun ist, Geld einzuheimsen, aus dem neuen Steuergeset, aus den Ver- besserungen für die Finanzverwaltung überhaupt keinen Gewtnn ziehen zu wollen und habe den Gedanken, der von dem Herrn Vorredner in der Kommission geltend gemaht war, aufgegriffen und erklärt, auf alles, was das neue Steuergeseß dem Staate an Mehreinkommen gegenüber dem bisherigen Geseg bringt, will ih verzichten. Ich habe daher versu(t, mich auf dem Wege zu verständigen, daß automatisch, sofern sich herausstellt, daß Mehreinnahmen entstehen, diese sofort an den Steuerzuschlägen in Abzug gebracht werden sollen. Also der Staat soll die Mehreinnahmen aus dem neuen Steuergesetz nit erhalten. Jh glaube, meine Herren, das it doch dann ein gutes und weitgehendes Entgegenkommen, das die Finanzverwaltung Ihnen bezeigt hat. Das Steuergeseß ist ja leider unter einem un- günstigen Stern eingebraht. JIch habe ja au damals {on erklärt, daß der Zeitpunkt des Einbringens na der Auffassung der Staats- regierung fehr unglücklich wäre, weil das Verhältnis des Staates zum Reich in keiner Weise geklärt sei, und dethalb find wir auch mit der ganzen Reform garniht so recht vom Fleck gekommen.
Ich habe aber doch noch die lebhafte Hoffnung, meine Herren, daß Sie die Steuergeseße in diefer Session verabshicden werden, und möchte mich dem Appell des Freiherrn von Zedliy anschließen und das hohe Haus bitten, an ter Verabschiedung des Steuergesetzes mit- zuarbeiten und vor allen Dingen auch die Frage mit in nähere Er- wägung zu ziehen, ob es für eine Finanzverwaltung tatsächlich möglich und zulässig sein kann, daß diese 73 Millionen an Einnahmen durch das Steuergeseß weggenommen werden, ohne daß sie weiß, womit sie diese Einnahmen ersczen soll. (Bravo!)
Abg. Dr. Friedberg (nl.): Das einzig Neue, !was der Abg. von Zedliß gesagt hat, ist, daß er eine Majorität für die neue Ein- fommensteuernovelle als vorhanden annimmt. Wie ih die Frei- finnigen verhalten werden, werden wir vielleiht noch erfahren. Mit piel größerem Nete könnte aber der Abg. von Zedliß auf die Unter- stüßung der Sozialdemokraten hoffen. Der Minister bat gesagt, er könne unter kein-n Umständen auf die Steuerzushläge verzihten und
halte es für ganz unmö,lih, daß die 73 Millionen durch eine Steigerung der Einkommensteuer gedeckt werden können. Daran haben wir gar nicht gedaht. Wir bringen diese Steigerung auch nicht da- mit in Zusammenhang, sondern die Steigerung der ganzen Finanz- lage. Wir renen mit einer Steigerung des Uusgleichsfonds. In-
folgedessen werden in absechbarer Zeit die Steuerzuschläge überflüssig sein.
was in die Staatskasse
Der Abg. vot“Zedliz hat mit Recht die Vorzüge der ne
novelle hervorgehoben und bedauert, wenn man ibrer verlustig euer Wir sind mit ihm der Neberzeugung, daß eine geredtere Veranla 06: dringend notwendig ist, nauentlich im Interesse der Gewerbetreibenden
In der Handhabung der Veranlagung du1ch die Landrâte ist ei große Neibe von Mißständen hervorgetr: ten. Die Veranlagung bi
von einem technischen Finanzmann ausgeführt werden. Eg follen d Volke 90 Millionen neuer Steuern auferlegt werden, obne daß a zwingender Grund dafür vorhanden ist. Außerdem droht im Rei : eine Belastung durh die Besißsteuer. Deshalb darf man in dén aer aaten me weiter gehen, als es unbedingt erforder. lid ist. ü Preußen sind jedenfalls 60 Millionen L schläge in keiner Weise erforderlich. „Die Eisenbahnen bringen ia fa große Einnahmen, daß man auf Zuschläge verzichten kann. Au 13. Januar hat si der Abg. von Zedliß dafür erklärt, daß die Steuer zuschläge beweglich gemaht würden, alfo für cine Quotisierung der its \chläge. Er sagt, die Zuschläge würden ja doch bestehen bleiben. Es wäre wohl jeßt die rihtige Gelegenheit, einen Druck auf die Regierung auszuüben, daß sie nit bestehen bleiben. (3 liegt im Interesse der Bevölkerung, die Steuern nur so weit zu zahlen, als es dem Stagts, bedarf entspricht.
Finanzminister Dr. Len t e:
Meine Herren! Der Herr Abg. Dr. Friedberg hat die Aut führungen, die ih vorhin gemacht habe, nach der Richtung zu ber, bessern gesucht, daß er gesagt hat, es würden dem Staat ja gar niût die 73 Millionen fehlen, da der Staat diese 73 Millionen trogdey besäße; die ganze Finanzlage wäre so, daß die Einnahme von 73 Millionen aus den Steuerzuschlägen für den Staat nicht mehr not, wendig wäre. Jch war neugierig darauf, wie der Herr Abg. Dr, Friedberg diese Behauptung begründen würde. Bei der ersten sung des Etats hat er cine andere Begründung gewählt als jeßt bej der zweiten. Bei der ersten Lesung hat cr {ih darauf berufen, daß die Nechnungsabshlüsse bereits erwiesen hätten, daß unsere Vorans{hläge zu niedrig wären, und daß wir mit einer Mehreinnahme zu renen hättten, sodaß wir uns auf mindestens 38 Millionen, wenn 1 mi recht entsinne, Mehreinnahmen einri{chten könnten. Diesmal hat der Herr Abg. Dr. Friedberg hiervon nihts gesagt, sondern auf die Eisenbahnetnnahmen verwiesen und ausgeführt, der Aus. glei{hsfonds ist jeßt aufgefüllt oder wird doch im nächsten Jahre voll, ständig aufgefüllt fein, und es ist niht mehr nôtig, diese Beträge dem Ausgleihsfonds zuzuführen. Meine Herren, diese Art der Finanzierung des S1aatsbedarfs würde eine ganz bedeutende Gefahr in sfi bergen, Wenn wir die Mittel, welche für die Auffüllung des Ausgleichsfonds vorgesehen sind, in Zukunft für Staatszwecke mitverwenden wollten, dann wäre der Etat auf Sand gebaut; es würden dann die Beträge, welche für den Ausgleidsfonds überflüssig würden, zu dauernden Aus, gaben verwendet werden, während der Ausgleihsfonds seiner Y-- stimmung gemäß ganz unabwendbar nach einiger Zeit wieder entlt werden wird und dann wieder aufgefüllt werden muß. Wo folltea denn die Mittel herkommen, um den Ausaleihsfonds, sobald er einmal geleert ist, wieder aufzufüllen (Zuruf bet den Nationalliberalen), wenn wir dic Beträge, die wir bisher an den Ausgleichsfonds abführien, zu dauernden Auéëgaben verwenden wollten! Fc möchte den Herrn Abg. Dr. Friedberg bitten, mir dieses Exempel einmal vorzumathen, Da dies unmögli ist und deshalb mit Hilfe der bisher für den Aus- gleich8fonds bestimmten Mittel die 73 Millionen nicht ergänzt werden können, fällt die ganze Behauptung des Herrn Aktg. Dr. Friedberg zusammen, daß die Eisenbahneinnahmen die nötigen Mittel dazu bieten könnten.
Es wäre nur ein einziger anderer Auêweg möglich, nämlich der, daß man die 2,10% Grenze, die wir bis dahin für die Ueberweisung der Eisenbahnübershüsse an den Staat haben, in die Höhe seht. Ob das möglich sein wird — ich habe es bisher in keiner Weise in Abrede gestellt —, wird sich erst überblicken lassen, wenn wir einen gréßeren Zeitraum hinter uns haben. Einen fünfjährigen Zeitraum muß wan doch für cine so sehr weittragende Maßnahme mindestens hinter si haben, um übersehen zu können, ob die Eisenbahneinrahmen es ver- tragen, daß wir einen höheren Betrag davon an den Staat abführen. Aber daß die für den Ausgl-ihsfor.ds bestimmten Beträge zu cinem Ersay der Steuerzuschläge verwendet werden, das ift unmöglich. Das sind einmalige Einnahmen, während die Einnahmen, die wir für Staatszwecke haben müssen, dauernd sein müssen. Diese können also niht auf einmalige Einnahmen gestüßt werden; das ist unmöglich.
Ich habe ja vorhin aus dem Beifall, den die Behauptung des Herrn Abg. Dr. Friedberg gefunden hat, daß die Steuerzuschläge entbehrlih seien, die Freude aller der Herren, die Beifall \pendeten, herausgehört, und auch ihren Wunsch, daß sie die Steuerzuschläge gern in Zukunft nicht mehr entrihten mötten. Ich persönlich wäre auch dafür, daß die Steuerzuschläge in Wegfall kommen könnten, ih würde fie auch lieber nit bezahlen; aber, meine Herren, gegenüber dem Staatsbedürfnis ist es unmöglich, darauf zu verzichten.
In der ersien Lesung habe ih {hon darauf hingewiesen : die Ab rundung des Etats mat es allein noch nit. Wir haben bi unserem Etat zum erstenmal das Gleihgewicht zwischen Ausgabe und Einnahme herbeigeführt und haben das, was wir uns als Ziel geseßt haben, desgleichen erreiht, daß wir gegen die unabwendbaren Schwat- kungen im Eisenbahnhaushalt einen Sicherheitsfonds haben. Etwas Weiteres haben wir noh nicht erreiht; troßdem wird mir enfgegtl gehalten: jegt {chwimmen wir so im Geld, daß wir von unseren bisherigen Einnahmen einen großen Teil wegnehmen können; die können wir wegfallen lassen, die Steuerzushläge können wir unter den Tis fallen lassen. Das ist aber unmögli ; denn wir haben doch für die Zukunft noch mit weiteren Ausgaben zu rechnen als mit denen, die wir momentan in dem Etat haben. Meine Herren, ih habe n°0 keiner Sißung hier im Abgeordnetenhause beigewohnt, ohne daß ga wesentlihe Anforderungen an dfe Staatsregierung gestellt worden wären (sehr rihttg! bet den Fretkonscrvativen); und ih habe auth kaum aus irgend einer Nede etwas anderes entnommen, fobald es sid um fiskalishe Interessen handelte, als daß dann gesagt worten ist: ja, fisfalische Interessen können wir natürli dabei nit berüd- sihtigen; wir müssen die anderen Interessen vorgehen lassen. Ja, meine Herren, was hat das zur Folge? Sobald Sie die fiskalischen Interessen hintenanseßen, muß der Staat sein Portemonnaie weiter aufmachen und für die Differenz aufkommen. Denn v0 etner Stelle aus muß es doch bezahlt werden. Alls hineinfließt, wird nur zu meinnüßigen Zwecken veræxendet; und wenn Ste die Zwel die der Staat nun noch dazu erfüllen oll, immer mehr erweitern e troßdem dem Staat die Einnahmen beschneiden, dann ist es für M Staat unmögli, dem allem nachzukommen, dann müssen die v handenen Steuezrmittel thm erhalten werden.
(Schluß in der Zweiten Beilage.)
zuin Deutschen Reichsanzeiger und Köni
Zweite Beilage
Berlin, Sonnabend, den 15. Februar
— E E E E E E
(Schluß aus der Ersten Beilage.)
Also, meine Herren, ist gar kein Gedanke daran — da3 muß ih hier positiv erklären —, daß wir nah Lage der jeßigen Verhältnisse auf die Steuerzushläge verzihten können, und es ist seitens dec Finanzverwaltung nit Eigensinn, weil sie auf dem Gelde figen will, daß sie sich dem entgegenstemmt, fondern das Bewußtsein, daß sie ohne diese Erträgnisse niht wirtschaften kann. (Beifall rechts.)
Abg. Dr. Pachnidcke (fortshr. Volksp.): Widerlegt bat der Minister den Abg. Friedberg niht. Wir werden in 1913 im Aus- gleihsfonds 375 Millionen haben, und das sind nicht etnmalige Ein- nabmen. Es kommen dazu Mehrbeträge durch die verihärfte Ein- s{ißung. Wir brauchen eben eine OQuotisierung, um die Steuern abstufen zu können. Wenn wirkli einmal in den nächsten Fahren ein Ausfall entstehen sollte, so kann der Minister das Vertrauen zu dem Abgeordnetenhause haben, daß es die Deckung bewilligen wird. Wenn wir die Quotisierung haben, läßt ih das leiht machen, und wir rechnen gegenwärtig mit der Fortdauer der Konjunktur, und ein Abflauen wid jedenfalls nicht fo pvlößlih eintreten, daß es ge- fährlih werden könnte. Ein fo unmittelbarer Zusammenhang zwischen den steigenden Einkommen und der Wirtschaftspolitik, die Herr von Zedliß meint, besteht nit; das beweist England, das eine ganz entgegengeseßte Wirtschaftspolitik und auch steigendes Finkommen bat. Wir rechnen mit ciner Steigerung der Einkommensteuer von 4 % jährlih, und diese Zahl ist niht na irgendwelhen Monats- ergebnissen, sondern nah der ganzen wirtschaftlichen Beweaung festgestellt. Auch die Eisenbahnverwaltung rechnet mit einer jährlihen Steigerung ihrer Ginnahmen um 32%, und zwar auch vicht nach den Ergebnissen der Ilcßten Monate, sondern unter Berücksichtigung aller Verhältnisse. Es wäre gut, wenn uns der Etat einen Monat früher vorgelegt würde. Das Finanzministerium sagt, das sei nicht möglich, wie im Neich, weil Preußen fo große Betriebsverwaltungen habe, die nit früher abschließen Tönnten. Hat aber nit das Neich au aroße Betrtebs- verwaltungen? Im Neich ist es möglich, den Etat früher vorzulegen. Gegenwärtig legen die einzelnen Ressor!s am 1. September dem Finanz- ministerium ihre Forderungen vor, wir wünschen, daßes shonam 1. August geschieht; dann kann die Feststellung des Etats um einen Monat Vor!‘ gehoben werden. Das ist nit der Wunsch einer Partei, fondern das ganze Haus hat die Regierung {hon darum ersucht. Wenn wir im Dezember schon die erste Lesung des Etats erledigen, können wir gleih nah Neujahr mit der zweiten Lesung beginnen und dann können wir in größerer Ruhe und Gründlichkcit beraten. Die Finanzverwaltung wird sich dazu ent|chli:-ßen müssen. Das ist auch der Wunich des Hecren- hauses. Der Generalberickterstatter für den Etat hat dort denselben Wunsch ausgesprochen, daß die Forderungen der Nessorts \{on im August angemeldet werden. Der Generalberihterstatter im Herrenhause ijt ausdrücklich von der ¿inanzkommission aufgefordert worden, diefen Wunsch der Regierung vorzutragen. Meine Freunde haben in der Kommission an der Steuernovelle redlich mitgaearbeitet und sind bereit, weiter daran mitzuarbeiten und alle E: leichte- rnngen und Vorzüge des Gefeycs im Intcresse der Steuerzahler zu sicern, aber der Abg von Zedlitz sieht in dem Geseßentwurf nur Lictseiten, er weist aber niht auf die Schattenseiten hin. Es fehlt in dem (Geleß die Quotifierung, deren Wert i dargelegt habe, und dann find es die Zuschläge, die abgebaut werden müssen und 1916 ganz in Wegfall kommen tollen. Wenn der Abg von Zedlitz meint, in diesen Worten und unserer Haltung einen Widérspruc finden zu können, fo geht er fehl. Warum kann denn die Regierung niht nachgeben? Wir ändern unsern Standpunkt nicht in vier Wochen, das können Sie uns nicht zumuten, daß diese Beweglich- keit mit dem Abg. von Zedliß mögli ci. Aber wir halten an unserem Standpunkt fest, daß die Steuerzuschläge nit aufrecht er- halten werden können in einer Zeit, wo wir fort„eseßt steigende Ein- nahmen haben. Das verstehen die Steuerzahler nicht, das können wir ihnen nicht zumuten. Warum ri{tet der Abg. von Zedlig seine Mahnung niht nah der rechten Seite? Die Kommissionsbe|chlüsse, für den allmahlihen Abbau der Zuschläge find mit großer Mehrheit gefaßt worden, die bis in die Reihen der Konservativen hinein- ging. Die Steuer- und Wirtschaftsreformer haben vor einem Jahre diesen Gegenstand behandelt, und da hat Graf Mirbach diese Novelle überaus murrend frcitisiert und eine Resolution vorgeschlagen, die nicht die Annahme dieses Gesetzes befürwortete, sondecn das Gegen- teil. Auch Graf Kaniß sagte vor einän Jahre, daß er \chwere Bedenken gegen die dauernde Lait der Steuerzuschläge habe, und daß das finanzielle Bedürfnis des Stac&tès nicht so groß set, daß es vielmehr durch die \teigenden Eicenbahneinnahmen erh blich verringert werde, und er warnte vor cinem Staatsfozialismus. Der Minister meint, daß es den Parteien niht wesentlich daran läge, daß das Gesetz zustande kommt. Nach olchen Aeußerungen muß er allerdings diesen Eindruck habn. Aus der Verbesserung der Veranlagung werden auch höhere Erttäge erzielt werden. Aber diese Aendering ist nicht mehr cine Verbesserung der Ver- anlagung, sondern zum Teil eine Verschärfung. Der Landrat bleibt Vorsitzender der Veranlagungskommission. Allerdings fordert dieser Ctat einige wenige Stellen für besondere Vorsißende der Ver- anlagungsfommission, aber nur für den Westen, für die ndustrie. Im übrigen sollen die Negierungsassessoren bei der Ver- anlagung den Landrâten helfen, diese verlassen aber ihre Stellen et den Landratsämtera nah wenigen Jahren, wenn fie sich erst ein- gearbeitet haben. Wir verlangen für den Osten dasselbe wie für den Westen, daß die Steuerveranlagung von den Landratsämtern los- gelöst werde. Es heißt, der Landrat kenne am besten die wirtschaft- (hen Verhältnisse seines Kreiscs, aber er wird am besten mit den Verhältnissen seines Kreises in Fühlung bleiben, wenn er mehr von dem Bureaudienst befreit. wird. Der konservative Nedner hat m der Landratsdebatte vor éiniger Zeit gesagt, daß dies Konservativen die Stellung des Landrats stärken wollten. Wir minen, er habe bereits zu viel Macht. Man \sprah davon, daß in der Brust des Landrats drei Seelen wohnen müßten, die vierte Seele hat man vergessen, das ist die, die die guten Wablen machen soll. Vlese Fülle der Geschäfte verhindert den Landrat, sih um die Dinge Pie dend ¿u kümmern, die seine Aufgabe sein sollten. Der Landrat at nit allein mit der Veranlagung zu tun, sondern auch mit den
erihtigungen und Beanstandungen, und die sind auf dem Lande sehr iablreih, viel zahlreidher als in den Städten. Wir sind fogar land- tatsfreundlih, wenn wtr den Landrat von dieser Last befreien wollen. ine Beanstandung der Steuererklärung eines Standesgenossen durch den Landrat wirkt immer verlezend. Wir wünschen eine rihtige Er- lassung aller Einkommen. Die Einschäßung des Einkommens der ge- werblichen Betriebe, die auf der doppelten Buchführung beruht, kann der Fandrat nit machen, dazu gehören tehnische Kenntn'sse, und es handelt L niht nur um die zunehmenden gewerblichen Betriebe auf dem Ande, sondern auch der Großbetrieb der Landwirtschaft wird immer mehr fabrifkmäßig. Nur von besonderen Bureaus können alle diese inge bearbeitet werden. Wenn man meint, daß die besonderen cin enden der Veranlagungskommission nicht genü end beschäftigt lede würden, fo braucht man nur die 400 Kreise in 200 zusammen- sigen dann sind sie genügend beschäftigt. Die Kosten der Vor- ko nden würden durch die Verbesserung der Veranlagung heraus- gemmen, is noch etwas mehr. Professor Wagner sagt in der neuen einer „Finanzwissenschaft", daß die Landräte und Bürger-
meister nit nur richt die genügenden Kenntnisse, sondern aub nicht die genüge-de Zeit für die Veranlagung haben. Hoffentlich erfüllt der Finanzminister unseren Wunsch, wir werden jedenfalls diese Forderung |1tellen, bis fie erfüllt ist. Die Vorieile der Steuernovelle erkennen wir gern an, und wir wollen sie sichern. Es liegt nicht an uns, sondern an der Negierung. Warten wir ab, wie die Herren sih entscheiden werden. Uns bestimmen nit agita- torise, sondern sahlihe Nücksichten. Es ist Sache der Regierung, von dem Volke die Lasten fernzuhalten, die es nit zu tragen braucht.
Abg. Freiherc von Rihthofe n-Merishütz (kon\.): Wir haben gegen die zehn neuen Stellen für Vorsitende der Beraniagungs- tommissionen nihts einzuwenden und bewilligen sie. Es ift aller- dings in unserer Fraktion das Bedenken erhoben worden, daß man diese Einrichtung in industriellen Bezirken dazu benußen könnte, au Teile von Landkreisen diesen Veranlagungsbezir ken anzugliedern, wo ein Bedürfnis dafür nicht vorliegt. Jch hoffe, daß eine solche Annahme unbezründet fein wird. Aber bezügli der industriellen Bezirke, wo die Verhäitnisse kompliziert sind, haben meine Freunde \ich in der Kommission überzeugt, daß gegen diese Vorschläge des Etats Einwendungen nicht zu machen sind. Bon den Kreisrentmeistern sind uns Petitionen zugegangen bezüglich des Wohnungsgeldzushu}ses und der Wohnungsverhbältnijse; die Nent- meister haben darin Gesichtspunkte geltend gemacht, die eine wohl- wollende Prüfung erforderlich machen. Auch in Petitionen von Katasterzeichnern ist viel Begründetes angeführt, aber ein Haupt- beshwerdepunkt dieser Petitionen ist dadurch beseitigt, daß in diesem Etat dreißig neue Stellen für Katasterzeichner vorgesehen sind, und die Negierung hat eine weitere Vermehrung zugesagt. Die Befürchtung, daß die Katasterzeichner ausgeschaltet werden sollen, trifft also nicht zu. Wenn ih nun auch meinerseits namens meiner Freunde auf das Ein- kommensteuergesetz zu sprechen komme, fo habe ih nicht die At sicht, auf alle Einzelheiten einzugeben. Ich verweise auf die eingehende Grörterung in der Kommission, wo auc die hier erwähnten Bedenken besproden worden sind. An die Spiße meiner Ausführungen über diefe Frage möchte ih die Anerkennung seßen, daß man dem Finanz- minister keinerlei Vorwurf machen kann. Er har in allen Stadien die Ciklärung abgegeben, taß er die Zuschläge nicht entbehren will. Man kann von der Regierung nicht verlangen, daß sie ihren Stand- punkt ändert und unseren Standpunkt einnimmt. Wir beanspruchen auch, nach unserer Ueberzeugung zu dem Gesetz Stellung zu nehmen, und müssen dies deshalb auch der Regierung über- lassen. Auch den Vorwurf, der meinen Freunden in der Presse ge:nacht worden ist, als ob die Konservativen etwa den Wun!ch bâtten, daß das Geseß nicht zustande kommen sollte, muß ih zurüctwelsen, Die Urheber eines folen Vorwurfs sind keineswegs ortentiert über die Stellungnahme meiner Freunde und über deren Arbeit in der Kommiision Aus etwaigen Aeußerungen, die einzelne meiner Freunde außerhalb des Hauses gemacht haben, fann nicht auf die Stellung meiner Fraktion ges{chlossen werden. Sie werden mir zugeben müssen, daß wir alle fleißig in der Kommission gearbeitet haben, um etwas Gutes zustande zu bringen. Wir haben versucht, ein brauchbares Gese zustande zu bringen, wir haben auch feines- wegs der Verhandlung wäbrend der Sommermonate widersprochen. Allerdings besteht ein gewisser Unterschied zwischen der Materie des Wassergeseßzes und der Materie des Einkommer-st-uergesetzes. - Das Wajsergesey verlangte ein Speztalstudium einzelner Abgeordneter, die mit den |chwierigen Fragen dieses Gefeßes besonders vertraut sind. Mit dem Cinkommensteuergesey verhält es sih dagegen anders. Es waren Mitglieder unfcrec Fraktion ohne Speziall'udium mit den Berhältnissen des Einkommensteuergese Bes vollauf vertraut, da solche Mitglieder zum Teil einer Einschätungbkommission angehörten. Wir hatten den Wunsch, daß die Kommission nicht einseitig
Be'chlüsse fassen sollte, ohne mit der anwesenden éFraktion Fühlung zu haben. Nachdem das Haus im Herbst zufammenge:reten ift, haben wir alles getan, um die Berhandlung zu einem {nellen Ab- {luß zu bringen. Der Abg. F!iedbery bat ja auch betont, daß die Arbeiten der Kommission seit Wochen abgeschlossen sind, und daß dies also niht der Grund ist, wenn das Gesey in dieser Tagung nicht zur Verabschiedung kommt. Wir haben die Tendenz der Ne- gierung durchaus gebilligt, welche die Bestimmungen dis Gesetzes so fassen will, daß das Ziel, durchweg etne gleichmäßige und gerechte Durchführung der Einkommen, und Ergänzungassteuer herbeizuführen, gefördert werden foll. Wir sind dabei der Ansicht gewesen, daß zur Gr: eichung dieses Zieles niht eine neue Organisation der Steuer- behörden notwendig ist. Ich glaube nit, daß es poli ishe Gründe sind, die den Abg. Pawbnicke zu sener Stellungnahme g gen die Vor- fißenden der Einshäßungskommission veranlaßt haben. Der Abg. Pachnicke hat felbst betont, die Vorsigenden tieser Kommission müssen Beamte scin, die mit Land und Leuten wirkli bekannt find. Sind denn die von dem Abg. Pachnicke gewünschten Regierungsassessoren und inneren Verwaltungsbeamten ohne weiteres den Landräten vorzuziehen? Sind die Landräte niht mindestens ebenso gut mit Land und Leuten bekannt? Glaubt der Abg. Pachnicke, daß ein erfahrener Verwaltungsbeamter, der von dem Kreis- tag präsentiert und von der Regierung zum Landrat ernannt wird, weniger ortentiert ist über die wirtshaftlihen Verbältnisie als ein bisher vi lleicht nur in der Stadt tätig gewesener B anter? Meine Freunde sind der Ansicht, daß der LUndrat, von einigen be- dauerlihen Ausnahmen abgesehen, in der Lage ist, die Verhältnisse ebenso gerecht zu beurteilen wie der Bürgermeister. Sie verlangen auch nicht vom Negierungspräsidenten oder Oberbürgermeister, daß er alle Details selbst maht. Ec muß nur der sPiritus rector fein und im übrigen ein geshultes Material jüngerer Beamten haben, dann wird er seine Aufgabe erfüllen können. In meiner früheren Tätigkeit als Landrat habe ih mich sehr gut über die wirtschaftlichen Verhält- nisse orientieren können. Gewissenhafte Beamte tun das eben. Wenn dieNevision ergibt, daß ein Landrat feine Schuldigkeit nit tut, dann muß die Regierung cinen anderen Landrat an seine Stelle seßen. Auch der Ein- wand, daß die Landräte deshalb nicht zum Vorsitzenden der Einshätzungs- kommission geeignet seien, weil fie mit vielen Kreisen der Zensiten in gefellschaftlidem Verkehr stehen, ist nihtig. Wir können von dem Landrat ebenso viel Obijektivität erwarten, als von einem Beamten, der als Veranlagungskommissar auf das Land geshickt wird. Die Regierung ernennt in der Negel nur \olhe Leute zu Land- räten, von deren Tüchtigkeit sie überzeugt ist. Es sind alfo viele Gründe, die dafür s\prehen, daß wir den Landrat als Vorsißenden der Steuerkommission beibchalten müssen. Meine Freunde sind der Ansicht, daß, wenn das Geseß in der von der Kommission beschlossenen Fassung pverfekt werden follte, eine niht unerheblihe Vermehrung der Einnahmen die Folge sein würde. Das Geseß soll aber doch deshalb eingebraht werden, um die Einnahmen, die durch das Gesetz wegfallen, zu ergänzen, deshalb heißt doch das Gescß auc Ergänzungèsteuergeseßz. Da wir glauben, daß durch das Gesetz erhebliche Mehreinnahmen erzielt werden, haben wir den Gedanken in der Kommission bekämpft, daß durh das neue Gese Steuern auf Vorrat ges{affen werden. Da wir der Ansicht sind, daß die etwaigen Mehreinnahmen nicht im Interesse des Staates, sondern im Interesse dec Zensiten verlangt werden sollen, sind wir auf den Gedanken gekommen, ob das durch das neue Geseß erzielte Mehr nicht den Zenfsiten dur Abbau der Zuschläge zu gute gebraht werden kann. Wir können natürlih dem Staatshaushalt feine Einnahme wegnehmen, wenn wir nicht klar schen, daß Ersay geschaffen wird. Wir
glich Preußishen Staatsanzeiger.
0963.
fönnen deshalb dem Antrag der fortshrittlihen Volkspartei niht zustimmen. Der großen Mehrheit meiner Freunde ging auch der Antrag der Nationalliberalen zu weit, daß gewissermaßen die Zuschläge in drei Naten wegfallen sollen. Meine Freunde find durch die Ausführungen des Finanzministers und des Kommissars der öffentlihen Arbeiten in der Kommission der Ueberzeugung gewesen, daß man aus den sih rapide steigernden Eisenbahneinnahmen fkeines- wegs folgern darf, daß der Betriebskoeffizient infolgedessen dauernd derselbe bleiben wird wie jeßt. Jn der Kommission ijt eine graphische Varst-lung des Eisenbzhnministers vorgelegt worden, aus der hervor- geht, daß eine rapide Verfehre- und Einnabmesteigerung auch natur- gemäß eine Erhöhung der Ausgaben zur Folge hat. Deshalb muß ih dem Finanzminister zustimmen. Dem Borschlag, daß das Plus aus der Novelle zur Beseitigung der Kommunalsteuern verwendet werden follte, kann ich nicht zui11immen. Wir bestreiten nicht, daß die ÜUeberbü: dung mit Kommunalsteuern beseitigt werden muß, aber das kann nicht durch das CEinkommensteuergesez geschchen, sondern durch eine entsprechende Aenderung des Kommunalst: uergeseßzes. Wir geben zu, daß es nicht angängig ift, [lediglich ein Plus aus den Steuereinnahmen zur Entlastung für die Zenfiten zu verwenden. Wir werden für die zweite Lesung des (inlinmeniteuerasene einen dahin- gehenden Antrag stellen. Wir haben jedenfalls alles getan, um das Gese zustande zu bringen. Aber wenn auf diesem Wege eine Cinigung nicht zu erzielen ift, dann ist doch niht zu erwarten, daß wir bei der jeßigen Lage der Geschäfte uns ohne weiteres damit ein- verstanden erklären, daß wir hier vier oder fünf Tage im Plenum debattieren, ohne Ausficht auf ein Zustandekommen des Gesetzes. Zunächst muß do erst der Etat eiledigt werden. Die \{wer- wiegenden Fragen, die bei der zweiten Lesung des Einkommensteuer- geseßes im Plenum wieder aufgerührt werden, müssen auch noch im Herrenhause erledigt werden. És ist nit ohne weiteres anzunehmen, daß das Herrenhaus, wo doch eine große Anzahl sehr gut orientierter Herren s\ißt, keine Aenderung vornmmt. Zudem ist uns mitgeteilt, daß im Mai das Abgeordnetenhaus seine Pforten shließen soll. Es ist also zweifelhaft, ob die Arbeiten der Kommission noch zu einem Ergebnis führ-n werden. Meine Kreunde scheuen keineèwegs eine weitere Verhandlung im Plenum. Wenn das Gesetz nicht persekt wird, dann möge wenigstens die fleißige Arbeit, die «in der Vorlage der Regierung und in den Berhandlungen der Kommission zu finden ift, einen dauernden Nutzen zeitigen.
Abg. Strö bel (Soz): Was der arbeitenden Bevölkerung durch Erhöhung des Einkommens gegeben worden ist, wird ihr durch die hohen indirekten Steuern wieder äbgenommen. Daß die Besteuerung der Konsumvereine etn Vorzug des neuen Gesetz-s ist, wie Abg. von Zedliß sagt, kann ih nicht anérkennen. Die Konsumvereine sind do gerade dazu geshafen, durch Aueschaltung des Zwischenhandels der arbeitenden Bevölkèrung einen kleinen Vorteil einzutragen. Davon kann do keine Rede fein, daß durch das neue Geseg wirkiich eine schärfere Heranziehung der besißenden Klassen stattfinden wird, und daß damit gewissermaßen eine Ehrenpflicht, wie sih Abg. von Zedli ausdrückte, den Arbeitern gegenuber eingelöst sei. Der Landrat uns unter allen Umständen aus der Steuerveranlagungskommission aus- scheiden. Solange das nicht geschieht; haben wir feine Garantie, daß der Besiß genügend herangezogen wird Gerade bei dem landwirt schaftliGen Grundbesiß. ist - eine Steuerhinterziehung leiht möglich. Bei Anrechnung des Hausbedarfs, der do au zum Einkommen ge- rechnet werden muß, werden vielfach Fehler zuungunsten des St uer- fiskus begangen. Daéselbe trifft au bei der Industrie, bei dem mobilen und Börsenkapital zu. Aach ist es außerordentlich \{chwierig, festzustellen, ob der Besitz, der in Papieren festgelegt ist, richtig ver- \teuert wird. Angesichts dieser Tatsachen wäre es notwendig, daß jedes Ausnahmereht gegen die besißlosen Kreise beseitigt wird. Auch der Derunziationszwang für die Arb itgeber bei der Ein- shäßung ihrer Arbeiter muß aufgehoben werden. Das Zentrum hat gegenüber dem neuen Steuergesey keine klare Stellung eingenommen. Wie sollen im Reiche die 125 Millionen aufgebraht werden, die die Militärvorlage kostet? Das Zent:um will darüber seine Karten noch nicht aufdecken. Herr von Heydebrand will im Reich feine Besißsteuer, weil sie in dem von den Sozialdemokraten beeinflußten Neicbstag zu einer „Vermögenskonfiskation“ gemacht werden könnte. Meinen die Herren wiki, daß die Freisinniyen bis zur Ver- mögensfonfiskation gehen würden? Die Konservativen wollen hier in Preußen die Besißsteuer mahen, um niht selbst zahlen zu müssen. Herr Friedberg will dem Volke die Last der 90 Millionen nicht auferlegen, aber diese 90 Millionen sind doh das, was aus den Taschen der Steuerdefraudanten genommen werden soll. Aus der Einkommensteuerstatistik wird man wieder folgern, daß die Ver- elendungeth: orte der Sozialdemokratie in die Brüche gegangen sei. Die Sozialdemokratie - hat aber niemals die absolute Berelendungs- theorie vertreten, daß die Lage der arbeitenden Klasse si absolut ver- {hlechtere, sondern nur die relative Verelendungstheorie, daß die Lage der befigenden Klasse sich \Gneller verbessere, als die Lage der breiten Masse. Bei der Betrachtung der Steuerstati1tik muß man die gefunkene Kauffraft des G.ldes berücksichtigen, ein Einkommen von 1200 6 ist heute nur fo viel wert wie cin Einkommen von 900 M vor 15 Jadren. Das Zentrum ist gegen die Steigerung der Progression bis zu 59/0; staats\ozialistis{ soll es sein, wenn die Herren mit einem Einkommen von 100000 4 50/9 davon als Steuern zahlen müssen. Die Steuerzuschläge sollte man bei den hohen Einkommen rubig be- stehen lassen, aber bis zu dem Einkommer von etwa 7000 6 müßten sie entschieden beseitigt wecden. Gerade in den böberen Stufen wird das wirkliche Einkommen nicht richtig von der Steuer erfaßt. Die hohen Vermögen nehmen s{nell zu, es i aber nit nôt:g, daß auf Kosten der großen Masse Millionäre gezüchtet werden. Der Abg. von Dewiy hat einmal zugegeben, daß das Vermögen der Besitzenden sih viel mehr vermehrt als das Vermög»n der Besißlosen. Die Etwerbstätigen müssen durch\@{nittlich jährli 100 # mebr erar- beiten, nur um die 6000 Neichsten in den Stand zu feßen, ihre Vermögen zu akkumulieren. Die Grenze der Steuerfreibhcit von 900 6 müßte auf 1500 4 heraufgeseßt werden. Wir müssen immer- fort die volksfeindlihe Steuerpolitif dieses Hauses brandmarkèn. Im Jahre 1883 hat sogar die Negierung die steuerfreie Grenze bei 1200 6 ziehen wollen. Wir verlangen etne Steuerpolitik, die den Interessen der breiten Massen und des Mittelstands gerecht wird. Die i-bige Steuerpolitik ift nur mögli in einem Hause, das seine beschämende Existenz dem elendesten aller Wahlsvsteme verdankt.
Vizepräsident Dr. Porsh: Das ist eine Beschimpfung des Hauses. J rufe Ste_zur Ordnung.
Abg. Herold (Zentr.): Wir haben eine Steuerdebatte nicht erwartet, müssen aber nun unfere Stellung darlegen. Die Be chlüfse der Kommission enthalten gemiß Verbesserungen; das Kinderprivileg ist ver- vollkommnet, wenn au no nichr ganz fo, wie es un'eren Wünschen ent- spricht. Da: Kinderprivileg ist gerade auf unsere Jnitiativezurückzuführen. Eine wettere Verbesserung ist die Abzugsfähigkeit der kommunalen Nealsteuern. Der Schwerpunkt in der Frage der Steuerzuschläge liegt in der Gestaltung der gesamten Kinanzverhältnisse. Wenn heute eine Borlage gemacht würde, um diese Zuschläge neu einzufübren, so würde sie keine Majorität-im Daute finden. Weyen geringer Mehreinnahmen aber jegt die Steuerzuschläge zu beseitigen, wäre nicht vorsichtig. Die Verbesserung nach der einen Seite und die Aufhebung der L pr müssen zuglei erfolgen. - Jeßt nod das Gese zu verabschieden ist nit angängig, denn wegen der Militärvorlage muß das Reih neue Steuern machen, und es muß abgewartet werden, welche Nück-