1913 / 44 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 19 Feb 1913 18:00:01 GMT) scan diff

P M G G S T L I S ÄBUB E E m Pert E I N R A M R O Trt O R

Königreih Preußen. Ministerium für Handel und Gewerbe.

Zur Ausführung der Ziffer T3b der Aus- führungsanweisung vom 13. Oktober 1909 zu dem Geseße vom 28. Juli 1909, betreffend die Abände- rung des Allgemeinen Berggesezes vom 24. Juni 1865/1892 und 14. Juli 1905, verfüge ich: :

Die Bestimmungen vom 26. Oktober 1910, betreffend die Anerkennung der Bergschulen zur Ausstellung von Zeugnissen über die technishe und geschäftliche Befähigung der Aufsichts- personen (88 73 ff. des Allgemeinen Berggejeßes vom 24. Juni 1865 in der Fassung des Geseßes vom 28. Juli 1909, Geseßsamml. S. 677) werden unter IT dahin erweitert, daß die Bergschule zu Hamborn befugt ist, Zeugnisse für die Stellen der unteren technischen Werksbeamten, insbesondere der Gruben- und Tagesteiger, und zwar für die im Bezirke des Oberbergamts Dortmund belegenen Bergwerke sowie für den gesamten Steinkohlenbergbau Preußens, mit Ausnahme des- jenigen auf den mächtigen Flözen Oberschlesiens, auszustellen.

Berlin, den 15. Februar 1913.

Der Minister für Handel und Gewerbe. Sydow.

Minisierium der geistlihen und Unterrichts- 5 angelegenheiten.

Königliche Friedrih Wilhelms-Universität. Betanntmahung.

Das Verzeichnis der Vorlesungen an der hiesigen Universität für das am 16. April 1913 beginnende Sommer- semester 1913 ist von heute ab bei dem Oberpedell im Uni- versitätsgebäude für 50 Z zu haben.

Berlin, den 18. Februar 1913.

Der Rektor der Königlichen Friedrih Wilhelms-Universität. D. Dr. Graf von Baudifssi1..

Verzeiwnis der Vorlesungen und Uebungen an der Königlichen Bergakademie in Berlin im Sommerhalbjaÿr 1913. Bom 16. April bis 31. Juli 1913.

Prof. Dr. Jahnke: Analytishe Geometrie und algebraische Analysis; Höhere Mathematik und Mechanik 11 mit Uebungen; Aus- leihungêrechnung. Geheimer Negierung2rat Brelow: Dar- ftellende Geometrie I mit Uebungen. Prof. Dr. Stavenhagen: Anorganishe Chemie 11; Arbeiten im Chemishen Laboratortum. Prof. Dr. Mehner: Einführung in die Physikalische Chemie und Thermohemie 11 mit Uebungen; Arbeiten im Physiko-hemischen Laboratorium. Dr. Wölbling: Analytische Chemie 11; Grundzüge der theoretischen Chemie; Chemisches Kollo- quium. Dr. Nudolfi: Experimentelle Elektrizitätslehre zur Ein- führung in die Glektrotehnik; Physikalishes Kolloquium Geheimer Bergrat, Prof. Dr. Scheibe: Mineralogie 11; Mineralogische Uebungen. Prof. Dr. Rauff: Paläontologie mit Uebungen. - Prof. Dr. Potonisé: Paläobotanik; Paläobotanische Arbeiten ; Die Entstehung der Steinkohle und der Kaustobiolithe überbaupt. Dr. Gothan: Paläobotanishes Praktikum. Pro, Baller: Maschinenlehre mit besonderer Berlik- fihtigung der Berg- und Hüttenwesen; Maschinen Il mit Uebungen. Regierungsbaumeister Ph oentx: Einführung in die Maschinen- lehre; Üebungen zur Einführung in die Maschinenlehre ; Ausgewählte Kapitel der Hebemaschinen und Transportanlagen. _Oberingenieur, Prof. Philippi: Elektrotechnik 11; Elektrotehnische Uebungen. Geheimer Baurat Beck: Baukunde. Geheimer Bergrat, Prof. Franke: Bergbaukunde 11 (Tiefbohren und Schachtabteufen) mit Uebungen; Uebungen im Laboratorium für Aufbereitung und verwandte Gebiete des Bergbaues; Entwerfen von Aufbereitungs- und Brikettierungsanlagen; Salinen- funde. Prof., Bergrat Dr. Tübben: Bergbaukunde IV (Wetter- wirtschaft und Wasserhaltung) mit Uebungen; Entwerfen von Berg- werksanlagen. Prof. Krahmann: Berg- und Hüttenwirt\chafts- lehre einschl. Montanstatistik; Uebungen im Bergwirtschaftlichen Seminar. Prof. Fuhrmann: Markscheidekunde und Geodäfie [I mit Uebungen : Einführung in die Véarkscheidekunde ; Markscheiderisches Zeichnen. Geheimer Bergrat, Prof. Dr. Pu fahl: Spezielle Metall- Jüttenfunde: Einführung in die Metallhüttenkunde; Metallurgische Pro- bierkunst eins{ließlih technisher Gasanalyse. Dr. Krug: Feuerungs- funde und Ofenbaumaterialien; Quantitative Lötrohrprobierkunft; Uebungen im Bestimmen von Mineralien mit Hilfe des Lötrohre ; Entwicklung des Eisenhüttenwesens; Kollequium über Eisenprobier- funst: Arbeiten im Laboratorium für Eisenprobierkunst für Geübtere. Prof. Dr. Peters: Elektrometallurgie wäßriger Lösungen; Gleftroanalyse und Galvanotechnik; Uebungen in Clektro- metallurgie für Anfänger; Arbeiten im Elektrometallurgischen Laboratorium für Geübtere. Prof. Cichhoff: Eisen- büttenfunde IL: Eisfenhüttenkunde 1V ; Entwecfen von Cisenhütten- werken und Einzelanlagen ; C&igenschaften des Eisens und deren Prüfung im Betriebe; Furhung der Walzen. Dr. Loebe: Metallo- graphie T mit Üebungen; Arbeiten im Metallographischen Labo- ratorium für Geübtere. Regierungsrat Schlenker: Formgebung und Bearbeitung der Metalle 1. Geheimer Oberbergrat Voelkel: Einführung in die Rechtswissenshaft und Grundzüge des öffentlichen Rechts 11; Bergreht Il. —- Geheimer Oberdergrat Neuß: Zuil- recht 11. Geheimer Oberregierungsrat Haber: Koloniales Berg- recht. Bankdirektor Dr. Schacht: Volkswirtschaftslehre IL. - Oberstabsa1zt, Professor Dr. Bischoff: Gesundheitsgefahren im Bergbau und Hütenwesen und die erste Hilfe bei Unglücksfällen.

Berlin, den 15. Februar 1913.

Königliche Bergakademie. Franke.

Nicifamflices. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 19. Februar 1913. Seine Königliche Hoheit der Prinz Ernsst August, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, ist gestern, wie ‘R. T. B.“ meldet, von Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin und Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Viktoria Luise zum Bahnhof geleitet, über München nah Gmunden abgereist.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Zoll- und E enden und für Handel und Verkehr hielten heute

eine Sißzung.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind S. M. S. „Breslau“ am 16. Februar in Leros, S. M. S. „Luch s“ am 17. d. M. in Amoy-und S. M. S. „Cormoran“ am 18. d. M. in Suva (Fidjiinseln) eingetroffen.

Hessen.

Jn der gestrigen Sißung der Zweiten Kammer führte der Finanzminister Dr. Braun bei der Fortseßung der Etats- beratung in bezug auf die preußish-hessishe Eisenbahn- gemeinschaft laut Meldung des „W. T. B.“ aus: ; Einem Ersuchen um Revifion des Eisenbahngemeinschafts- vertrages, die in diesem Vertrage überhaupt niht vorgesehen fei, fônne nur dann Folge geleistet werden, wenn ein solches Ersuchen von beiden Kamm-:rn ausgesprohen werden würde. Aber auch dann müsse die Negierurg ein Eingehen auf ein folhes Ersuchen noch als bedenklih bezeichnen. Die Ueber- \chußanteile Hessens seien in den lezten Jahren höher gestiegen als je zuvor. Daß die Frage der Tilgung der Staatsschuld sih habe gefeß- lih ordnen n beruhe allein auf dem Bestehen der preußis- hessishen Eisenbahngemeinschaft. Die Eifenbahneinnahmen seien ein Epfeiler ves hessishen Staatshaushalts. Angesichts des glänzenden Aufs{wungs der hessishen Ueberschußanteile sowie des ständig wachsenden Entgezenkommens Preußens gegenüber den hessischen Wün- schen müsse er darauf hinweisen, wie [{chwer der Staatshaushalt Hessens und setne wirtshaftlichen Interessen durch ein auch nur unfluges Verhalten erschüttert werden könnten; er müsse sih deshalb seinem Amtsvorgänger anschließen, der deu Wunsch ausgefprochen habe, eine Erörterung über den preußisch-hessishen Gemeinschaftsvertrag ohne zwingende Gründe nicht hervorzurufen.

Elfaß-Lothringeu. Der Kaiserlihe Statthalter in Elsaß-Lothringen Graf von Wedel hielt gestern im Verlauf eines Mahles, zu dem er die höchsten Beamten des Landes, eine Anzahl Landtags- abgeordneter und die Vertreter der Presse geladen hatte, eine Ansprache, in der er der Hoffnung Ausdruck gab, daß die Be- foldungsvorlage und die Steuerreform recht bald zur Ver- abschiedung gelangen möchten, und dann laut Bericht des „D. D j0g1e: l i Unser aller Streben ist auf das gleibe Ziel, auf die Förderung der Wohlfahrt und Entwicklung des Landes gerichtet. Dies aber wird am leichtesten und sichersten erreicht, wenn Landtag und Ne- gierung im Einvernehmen und mit Vertrauen an der Lölung der ge- meinsamen Aufgaben arbeiten. Vorbedingung dazu ist, daß wir ale mit bestem Willen den Aufreizungs- und Ver- führungsversuhen von hüben und drüben entgegentreten, : die die Gegensäße vershärsen, anstatt sie auszugleihen, Nuhe und Frieden nicht aufkommen lassen und damit dem Lande \chweren Schaden zufügen. Darum lassen Sie uns einen ent- \{lossenen Kampf gegen diese Störenfriede führen. Vann wird das ernsteste Hindernis gegenscitigen Verständnisses aus dem Wege ge- räumt und der Bli in die Zukunft frei und hoffnungsvoll werden. Denn nur die Zukunft vermag zu bauen, nur in thr liegt das Heil, und diejenigen versündigen fich {wer am eigenen Lande, die unter Hintansezung unumstößlicher geshichtlicher Tatsachen die Entwicklung nach vorwärts dur den beständigen Hinweis auf die Vergangenheit zu erschweren und Vorstellungen zu erwecken suchen, deren Verwirklichung dem Lande unheilbare Wunden s{hlagen würde. Darum laffen Sie uns zielbewußt auf dem Boden der gegebenen Verhältnisse vorwärts schreiten, dann werden auch die Einwirkungen von selbst aufhören und unser Land wird unter dem mächtigen Schuß des Kaifers und des Neich3 niht uur einer blühendeu Entwicklung entgegengehen, fondern es wird auch die Bewegungsfreihetit erringen, die cs erstrebt und auf die es bei normalen Verhältnissen Anspru erheben darf. Und nun bitte ih Sie, die Eläser zu erheben und unserem erhabenen Landes- herrn zu huldigen mit dem Rufe: Seine Majestät der Kaiser, den Gott \{üßen möge, er lebe hoch! Der Präsident der Zweiten Kammer des Landtags Abg. Dr. Ricklin (Zentr.) betonte in seiner Erwiderung: j Wir Vertreter des elsaß-lothringischen Bolks, die wir uns un}erer Aufgabe voll bewußt find, find entschlossen, Hand in Hand mit der Negierung zu gehen und alles zu tun, was die Wohlfahrt dieses Landes zu fördern geeignet ist. In Anerkennung des zielbewußten Wohlwollens der Regierung weisen wir aber auch alle Machen aften zurück, die unser gutes Verhältnis zur Regierung zu unter- graben fuchen. Wir {streben eine friedliche Gntwicklung. der Verhält- nisse unseres Landes im Nahmen des Rechts an und verurteilen rüd- haltlos alle Bestrebungen, die sih dem entgegenstellen, mögen fie von jenseits der Grenze oder von jenseits des Iheins kommen. Jeden- falls aber darf das elsaß-lothringische Vo.k für jene Machenschaften nicht verantwortlich gemacht werden.

Oesterreich-Ungarn. i Die deutsch-t\cchechischen Ausgleichsverhand- lungen find gestern wieder durch eine mündliche Besprechung aufgenommen worden, die unter dem Vorsiß des Minister präsidenten Grafen Stürgkh über die Regelung des Sprachen- gebrauchs bei den staatlihen Behörden in Böhmen stattfand.

Großbritannien und FrlanD.

Wie das „Reutersche Bureau“ erfährt, erwägen die Groß- mächte jeßt, ob sie in den zwischen Bulgarien und Numänien \hwebenden Fragen ihre Vermittlung anbieten sollen. Nach Meldungen aus Sofia erfolgte der legte Schritt in den Ver- handlungen dort am Sonnabend, indem der Prinz Ghika er- flärte, Rumänien könne die leßten Vorschläge Bulgariens niht annehmen. Es fkönne notwendig werden, daß er sich nah Bukarest begebe, um mit seiner Regierung zu fonferieren. Er fügte hinzu, daß Rumänien nicht auf der Erlangung Silistrias bestehen werde, falls Bulgarien gewillt sei, Kap Kaliakra abzutreten. Kaliakra liegt ungefähr in der Mitte zwischen Baltschik, das früher von Rumänien in Vorschlag gebracht worden war, und einem Punkte am Schwarzen Meer, der von Bulgarien bereits als Grenze angeboten wunde. Vor einigen Tagen erklärte sich Bulgarien bereit, ein weiteres Zugeständnis zu machen. Anstatt die Befestigungen bei Medjidije Tabia in dem Gebiet von Silistria nur zu schleifen, er- klärte es sih bereit, es in unverändertem Zustande mit den Forts an Rumänien abzutreten. Gleichzeitig erbot es fich, seine Zugeständnisse am Schwarzen Meer weiter nach Süden auszudehnen, als in dem leßthin in London unterzeichneten Protokoll festgesezt war. Es wird darauf hingewiesen, daß des Prinzen Ghika Vorschlag hinsichtlich Kaliakras von Bulgarien nicht angenommen werden konnte, weil die dort angelegten Forts Varna bedrohen würden. / ;

Amtliche Meldungen aus Bukarest bezeichnen, _ obiger Quelle zufolge, die Lage als akut. Rumänien müsse seine Stellung wahren und auf der von ihm vorgeschlagenen Grenz- linie von Turturai bis Baltschik bestehen/ falls Bulgarien feine weiteren annehmbaren Zugeständnisse mache. Die leßten Vorfhläge Bulgariens werden als zu unbedeutend bezeichnet, um annehmbar zu sein. Die Mächte unternehmen Schritte in

Frankreich.

Gestern hat Poincaré sein Amt als Präsident bex französishen Republik angetreten. Wie ,W T Y 6 meldet, begab er sich am Nachmittag in Begleitung Ministerpräsidenten Briand von Ee Privatwohnung nag des Elysée, wo der Präsident Fallières, umgeben von ällen Ministern und den Präsidenten des Senats und der Kammer ihn empfing und ihm die Machtbefugnisse des Präsidenten, übergab. Hierbei beglückwünshte Fallières den Feu Präsidenten und feierte ihn als hervorragenden Mann, der sein ganzes Leben dem Dienste dex Republif gewidmet habe. Seine Tätigkeit werde von jeßt an, mit bor höchsten Autorität versehen, ihre Wirkung auf die Politik des Friedens, der Freiheit und des Fortschritts haben, an die dis Nation fest gebunden sei. Frankrei könne dadur nur an Ruhm, Kraft und Wohlstand gewinnen. Poincaré dankte indem er Fallières als treuen Diener der Republik und der Demokratie feierte, dessen sicheres und klarsehendes patristisches Urteil er oft bei Regierungsberatungen kennen gelernt habe Er werde, fügte Poincaré hinzu, seine ganze Kraft der Auf- gabe widmen, die ihm zugefallen sei, und der zu genügen er ih auf das Vertrauen des Parlaments und des Landes stüßen müsse. Er \{chloß mit der Versicherung, die Präsidenten der beiden Kammern könnten auf feine unwandelbare Hingabe an die Republik und an das Vaterland rehnen. Hierauf verließ Poincaré das Elysee und begab sich unter lebhaften Kundgebungen der Bevölkerung nah dem prächlig geshmücckten Rathause, wo feierlicher Empfang durch den Munizipalrat stattfand, dem Fallières und Loubet, die beiden lezten Präsidenten, beiwohnten, Galli, der Präsident des Munizipalrats, und der Seinepräfekt Delanney fprachen Fallières den Dank der Stadt und des Seinedepartements aus und begrüßten dann Poincaré. Jy seiner Antwort auf die Begrüßung danîte Poincaré dem Munizipalrat dafür, daß er Fallières, Loubet und ihm selbst Gelegenheit gegeben habe, am gemeinsamen Herd. der Ein wohnerschaft von Paris zusammenzuïommen, und: suhr dam fort :

| In dem Augenblick, in dem ih zum höchsten Amt berufen bin, empfinde ih es um so angenehmer, das erz der großen Stadt mir fo nahe s{lagen zu hören. Wenn auch die warmen Sympathicn, die mich umgeben, weit mehr meine hohen Funktionen als meine Person betreffen, so sind sie deshalb cin nicht minder ichäßbares Pfand des öffentlihen Vertrauens. Sie bieten deu neuen Präsidenten cine Hilfe, über die er fich nur freuen kann. Sie schaffen ihm aber auch glei, zeitig Vflichten, deren Ernst er niht verkennen fol. Er wird si Mühe geben, fie zu erfüllen, indem er nit einer ganzen Seele dem republikanischen Frankceih dienen wicd.

Nachdem die drei Präsidenten sich in das Goldene Buch der Stadt eingetragen hatten, kehrte Poincaré wieder in das Elysée zurü.

Der Präsident Poincaré hat Glückwunschtelegramme von zahlreichen Staatsoberhäuptern erhalten. Die Depesche des Kaisers von Rußland hat folgenden Wortlaut: Fa dem Augenblick, wo Sie thr hvhes: Amt antreten, zu dem Sie das Vertrauen des französishen Volkes berufen hat, drängt mih mein Herz, Ihnen die Versicherung meiner herzlichen Gefühle zu er- neuern, die ih Ihnen am Tage Ihrer Wahl zur Präsidentschaft ausgedrückt habe. Sie kennen den Wert, den ih der bestehenden engen Union zwischen Frankreih und Rußland beilege. Jh rene auf Ihre Mirwirkung für die Aufrechterhaltung und gedeihlihe Ent- woicklung dieser Unton und spcehe Ihnen meine aufrichtigsten und berzlihsten Wünsche aus. : Die Minister traten gestern abend im: Elyseepalast unter dem Vorsitß Poincarés zu einer Sißung zusammen. Briand überreichte dem Präsidenten der Republik die Demishion des Kabinetts, das dieser bat, im Amte zu bleiben.

Rufß;land. Die Dumak ommission, die mit der Ausarbeitung eines Programms für die Beteiligung am Jubiläum des Hauses Romanow beauftragt ist, hat. nach einer Meldung des „W. T. B.“ beschlossen, einen besonderen ¿z3onds für landwirtschaftliche Meliorationen zu errichten, ferner tin pädagogisches Jnstitut zu gründen mit Musteranstalien eine! Kleinkinderschule, einer Primär-, einer Sekundärschule und eines Gymnasiums, des weiteren in jedem Gouvernement und jeder Provinz ein Lehrerseminar zu errichten, und schließlich in Moskau ein Nationalmuseum zu begründen mit einer Ehrenkapelle für das. Haus Romanow. Türkei.

Nach einem amtlichen türkishen Kriegs bericht hal der Feind vorgestern Adrianopel mit großen Zwischenräumen beschossen. Bemerkenswertes hat sih nicht ereignet; in det militärischen Lage vor Bulair ist keine Aenderung eingetreten; die Erkundungen und die Verstärkung der Stellungen bet Tfchataldscha dauern an. N U

Wie „W. T. B.“ meldet, haben die Türken gestern Ä Tscharköj eine beträchtlihe Truppenmacht gelandet, dit bisher an Bord von E ARE oa O gewartet halte. a

Aus amilichex montenegrinisher Quelle wird gemeldel, daß die Beschießung von Skutari fortdauere. Die e Truppen machen keinen Versuch, die Montenegriner 11 len von ihnen eingenommenen Stellungen anzugreifen. Sle ste N infolge Geschüßmangels alte Kanonen auf, die jedody gegen d! montenegrinischen Stellungen wirkungslos sind, da hle weit genug tragen.

Numänuien. N

Die Vertreter der Großmächte legten, wie das gien K. K. Telegraphen-Korrespondenzbureau““ meldet, im Auftrage ihrer Regierungen der rumänischen Regierung nahe, M dh wendung der äußersten Mittel die Mithilfe der, cen mächte für die Beilegung des bulgarisch-ruman1} Streitfalles anzurufen.

Wie das Amtsblatt meldet, hat der König Carol af die Mitteilung von der Geburt des Prinzen Mircea ein ®

wunshschreiben des Königs der Bulgaren erhalten.

Amerika. « Eve

Die Bill, durch die Analphabeten von V ossen wanderung in die Vereinigten Staaten ausge gesiern werden sollen, ist nah einer Meldung des „W. T. tir ‘men zum troy Tafts Veto vom Senat mit 72 gegen 18 À L Versuch zweiten Male angenommen worden. Nunmehr so! i | gemacht werden, die Bill wiederum im Reprâä]e! einzubringen. Ls Ne Das Repräsentantenhaus des Staates usi Jersey hat in der gestrigen Sißurg n sieven ngenommen, vorlagen Dr. Wilsons in derselben Fassung immen hatte. in der sie hon der Senat vor einer Woche ange! ichnung.

Sofia und Bukarest, um weitere Reibungen zu verhindern.

; 2 er el Sie gehen nun an Gouverneur Wilson zur Unter

tantenhaus f

Eine Abordnung von Arbeiterführern suchte gestern den Gouverneur auf und verlangte, obiger Quelle zufolge, eine Ab- änderung, durch welche die Arbeitergewerkfshaften und Ver- hände von der Anwendung der sieben Geseße ausgenommen werden. Dr. Wilson wies darauf hin, daß die Anwendung der Geseßze auf diejenigen beschränkt sei, die Handel mit all- emeinen Verkehrsgütern trieben. Der Oberste Gerichtshof babe entschieden, daß Arbeit kein allgemeines Verkehrsgut im Sinne des Gesetzes sei. Falls die Vorlagen nah den Wünschen der Arbeiterführer abgeändert werden sollten, würden sie von den Gerichten New Jerseys als Klassengeseßgebung für nicht fonstitutionell erklärt werden. Die Arbeiterführer zogen daraufhin ihren Einwand zurü.

Nach Meldungen des „W. T. B.“ aus Mexiko hat das Feuergefecht die vorgestrige Nacht und den Morgen hin- durch angedauert. Während der Nacht wurden die Bundes- truppen von allen gefährdeten Punkten zurückgezogen und kurz vor Mittag verließ eine starke Abteilung Bundestruppen Zie Hauptstadt, um in der Richtung auf Cuernavaca zu marschieren. Dies wird als Zeichen dafür aufgefaßt, daß die Stellung der Regierung sehr geshwächt ist und daß eine Einigung irgend- welcher Art bald erreicht wird. Die Stimmung der Ein- wohnerschaft ist stark zugunsten Diaz. Die Regierung kfonnte Hunderte von Bundessoldaten nur mit Mühe bewegen, sich in die Gefechtslinie zu begeben. Wie groß die Zahl der Opfer ist, die die Kämpfe gefordert haben, wird sich, obiger Quelle zufolge, nie feststellen lassen. Bekannt sei, daß vielfa Abteilungen von fünfzig bis hundert Mann, in den engen Gassen eingekeilt, von Maschinengewehren niedergemäht worden seien. Die Toten seien von Wagen nach den Vororten geschafft und dort ver- hrannt worden.

Einer aus Mexiko in New York eingetroffenen Depesche zufolge sind Madero und das Kabinett gestern durch den General Blanquet gefangen genommen worden; Madero hat seine Demission unterzeichnet. Weiteren Meldungen zufolge ist Huerta zum vorläufigen Präsidenten ernannt worden. Er hat dem Botschafter der Vereinigten Staaten den Regierungs- wechsel mit der Bitte bekannt gegeben, die Vertreter der übrigen Großmächte davon zu unterrichten. Der Botschafter antwortete, sie alle hätten den Wunsch, daß Huerta die Ordnung aufrecht erhalte. Huerta berief fodann die Kammer zusammen.

Die Führer der Aufständischen des Nordens Orozco und Gelan billigen die Ernennung Huertas zum Präsidenten nicht; sie erklären vielmehr, den Aufstand fortseßzen zu wollen, wenn nicht ein anderer, am liebsten de la Barra, zum Präsidenten ernannt würde.

Asien.

Nach einer Meldung der St. Petersburger Telegraphen- agentur haben der mongolishe Minister und der Vertreter Rußlands Korostowez ein Abkommen unterzeichnet, nah dem russishe Offiziere zur Organisation und zur Ausbildung einer mongolischen Reiterbrigade berufen werden sollen.

YVarlamentarische Nachrichten.

Die Schlußberichte über die gestrigen Sizungen des Reichs - tags und des Hauses der Abgeordneten befinden sich in der Ersten Beilage.

Auf der Tagesordnung der heutigen (116.) Sigzung des Neichstags stand die erste und event. zweite Beratung des von den Abgg. Dr. Schödler und Gen. (Zentr.) ein- gebrachten Geseßzentwurfs, betreffend die Aufhebung des Geseßzes über den Orden der Gesellschaft Jesu, vom 4. Juli 1872. Der Gesetzentwurf lautet:

8 1. Das Gesetz, betreffend den Orden der Gesellschaft Jesu,

wird aufgehoben.

8 2. Die zur Ausführung und zur Sicherstellung des Boll- zugs des in § 1 genannten Gesezes erlassenen Anordnungen ver- lieren ihre Gültigkeit.

S 3. Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem Tage seiner Ver- kündigung in Kraft.

Der Geseßentwurf ist am 14. Februar 1912 eingebracht.

Es ist ein Amendement Ablaß (fr. Volksp.) eingegangen, dem 8 2 hinzuzufügen: „Die landesgeseßlichen Vorschriften über den Orden der Gesellschaft Jesu bleiben unberührt“.

__ Abg. Dr. Spahn (Zentr.): Der Reichstag hatte {on früher einen Antrag angenommen, der die Aufhebung des Jesuitengeseßes vorsah. Trotzdem besteht es weiter, sodaß wir uns genötigt gesehen haben, am 14. Februar 1912 einen neuen Antrag ein- zubringen, um einen erneuten Beschluß des Neichstags herbei- zuführen. Zu diesem Antrag ist ja- vom Abg. Dr. Ablaß und Genossen ein Uaterantrag gestellt worden Für das Zentrum bandelt es fih dabei um cine Herzensfrage. Von allen Seiten der Katholiken im Reiche bat man erkennen lassen, daß man die Aufrecht- erhaltung dieses Gescßes bedauert. Aber nicht nur die Katholiken haben hieran ein großes Interesse, sondern auch das ganze deutsche H O man ja doch der Ansicht ist, daß Deutschland ein Rechts-

aat ist.

(Schluß des Blattes.)

__— Das Haus der Abgeordneten seßte in der heutigen (136.) Sißung, welcher der Justizminister Dr. Beseler bei- wohnte, zunächst die zweite Beratung des Etats der Justiz- verwaltung bei dem Kapitel der baren Auslagen in Zivil- und Strafsachen fort.

Abg. Goebel (Zentr.): Der Minister des Innern hat auf eine Anregung erklärt, daß es seinem Standpunkte nicht en!sprehe, wenn katholishe Zeitungen bei der Vergebung von Bekanntmachungen über- gangen werden. Die Justizverwaltung \ceint diesen Standpunkt nicht zu teilen. Der „Oberschlcsishe Kurier" ist nicht berücksihtigt worden. Die Zentralbehörde sollte die Berücksichtigung dieser Zeitung empfehlen.

Justizminister Dr. Beseler: Es wird grundsäßlih daran fest- n daß Ankündigungen seitens der Staatsbehörden lediglih aus ahlihen Erwägungen ohne Bevorzugung einer konfessionellen Nichtung vergeben werden. Diesem Grundsay ist auch im vorliegenden Fall nicht entgegengehandelt worden. Die Zentralbehörde ist nicht in der Lage, solhe Empfehlungen zu geben, wie es verlangt worden ist. Es kommt nur darauf an, ob eine Zeitung zur Aufnahme geeignet ist oder nicht ; von diesem Grundsay ist niht abgewichen worden.

Bei den Entschädigungen der im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochenen Personen wendet fich Abg. Boisly (nl.) gegen eine frühere Behauptung des Abg.

Dr. Liebknecht, daß von den Gericht:n im Wiederaufnahmeverfahren

\{ablonenhast und nachlässig verfahren werde.

18 Qu den Ausgaben für die Unterhaltung der Justizgebäude GL Abg. Boisly (nl.): Die Ausgaben für die Unterhaltung der

Justizgebäude sind in kurzer Zeit von 1F auf 2} Millionen im ahre

angewachsen, obwohl gerade in den letzten Jahren viele neue Gebäude

errichtet worden sind. Statt der großen Reparaturen in den alten,

Ium noch benußbaren Gebäuden, in denen die Gerichte vielfa unter-

gebracht find, sollte man lieber neue Bauten ercihten. In Halber-

wo die Räume für moderne Dienstzwecke ungeeignet find. Ießt sollen Ae Tausente hineingesteckt werden, um das alte Gebäute instand zu seyen.

Der Rest des Ordinariums wird ohne Debatte bewilligt.

Bei den einmaligen und außerordentlichen Aus- gaben dankt L N

Abg. Burchard- Austinehlen (konf.) für den Neubau für die Zivilabteilunz des Land- und Amtsgerichts in Königsberg i. Pr., für den eine erste Nate von 320 000 4 gefordert wird, und bittet, auch n Neubau für die Kriminalabteilung möglichst bald in Angriff zu neymen.

Abg. Mogk (nl.) dankt für die Einstellung der ersten Rate von 70 000 6 für den Úm- und &rweiterungsbau des Amtsgerichts in Schlochau in den Etat.

Für den Neubau eines Geschäftsgebäudes für die Zivil- abteilung des Landgerichts und des Amtsgerichts in Beuthen in Oberschlesien wird eine erste Rate von 200 000 46 (Ge- samtbedarf 732 400 46) gefordert. A

Die Budgetkommission beantragt, diese Forderung zu streichen, eine Petition um Bewilligung dieser Mittel für erledigt zu erklären und über eine Petition um Errichtung eines neuen Landgerichts in Oberschlesien zur Tagesordnung überzugehen. . N

Die Abgg. Dr. Porsch (Zentr.) und Genossen be- antragen die Wiederherstellung der Etatsposttion.

Berichterstatter Abg. von dem Hagen (Zentr.): Die Kom- mission hat die Position mit neun gegen neun Stimmen abgelehnt. Dieser Beschluß ist aber vielleicht darauf zurückzuführen, daß die be- treffende Sihung bis gegen §12 Uhr Abends gedauert hat und infolgedessen nit voll beseßt war. Es ist daher begreiflih, daß der Wunsch ausgesprohen worden ist, die Position wteder herzustellen.

(Schluß des Blattes.)

Statistik uno Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Eine stark besuchte Versammlung der in der Berliner Damen - maßschneideret beshäftigten Schneider und Schneiderinnen, die gestern abend stattfand, erklärte sih, der „Voss. Ztg.“ zufolge, mit den Zugeständnissen der Arbeitgeber, die in der Hauptsache den männlichen Arbeitern eine wöchentllche Zulage von 4 4, den selbständigen weiblichen eine folhe von 5 4 und den Zuarbeitecinnen eine Zulage von 2,25 6 gewährt, einverstanden. Der Tarif tritt am 1. Vêârz in Kraft.

Der Ausstand der Ko hlenarbeiter in Hamburg macht f, wte der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, vorläufig noch eintgermaßen fühlbar. Es haben sih aber bereits zahlreihe Arbeitswillige gemeldet, für die im Hafen ein Wohnschiff verankert worden ist. Aus Essen find 200 Arbeiter dort eingetroffen. (Vgl. Nr. 42 d. Bl.)

In einer großen Versammlung der Dockarbeiter in Grimsby (val. Nr. 43 d. Bl.) ist, wie „W. T. B.“ erfährt, mit großer Mehrheit beschlossen worden, die Bedingunaen der Great Central MNailway Company anzunehmen, voraukgeseßt, daß der Schaden, dec einigen Arbeitern zugefügt worden fei, wteder gut ge- macht würde. Die Arbeiter verbleiben im Ausstand, bis die Antwort der Gesellschaft eingetroffen ift.

Der Ausstand der Frachtverlader beim Norddeutschen WUoyd in Hoboken ist, ,W. T. B.“ zufolge, beigelegt. (Vgl. Nr. 43 d, Bl)

Aus New York wird dem „W. T. B.* telegraphiert: Die Gesellschaften der Ostbahnen haben eingewilligt, die Ent- {eidung über die Forderungen der Heizer einem aus drei Perfonen bestehenden Schiedsgericht zu übertragen, wie es dite Arbeiter verlangt hatten. (Val. Nr. 42 d. Bl.)

(Weitere „Statistische Nachrichten“ \. i. d. Zweiten Beilage.)

Wohlfahrtspflege.

Der Vorstand der Landesversiherungsanstalt Berlin hat bes{lossen, der Landesversicherungsar stalt Ostpreußen eine Million Mark zur Verwendung für gemeinnüßige Zwecke in der Provinz Ostpreußen zur Verfügung zu stellen.

Das Zentralkomitee des preußtschen Landesvereins vom Roten Kreuz hat am 17. und 18. d. M. einen Kursus über die Einrichtung und den Betrieb der Tuberkulosefürsorge- stellen veranstaltet. Am 17. Februar besihhtigten die zahlreihen, aus allen Teilen des Landes erschienenen Delegierten die Tuberkulosestationen der Landesverficherungsanstalt Berlin. Vor der Besichtigung begrüßte der Vorsitende der Landesversicherung8- anstalt Berlin, Dr. Freund, die Teilnehmer und gab ausführliche Erläuterungen über die Entstehung, Organisation und Wirksamkeit der Tuberkulosestationen, die fich nunmehr über alle Stadtbeztrke Berlins erstrecken.

Kunst und Wissenschaft.

Das Königliche Kunstgewerbemuseum hat für die Monate Februar bis April eine Sonderausstellung „Brandenburgische Gläser des 17. und 18. Jahrhunderts“ veranstaltet, deren Vollständigkeit besonders den Leihgaben Seiner Majestät des Kaisers und Königs aus den Königlichen Schlössern, Ihrer Köntglichen Hoheiten des Großherzogs von Sachsen und des Herzogs von Sachsen- Coburg und Gotha und Seiner Hoheit des Herzogs von Anhalt, ferner dem Entgegenkommen zahlreicher Privatsammler und Museen zu verdanken ist. Sie umfaßt die Gläser der Kurfürstlihen und König- lihen Glashütten Grimniß bet Joachimsthal, Marienwalde, Potsdam und Zechlin. Die Potsdamer Hütte hatte eine Zeitlang unter der Leitung des berühmten Alchymisten Johann Kunckel gestanden, der das Goldrubinglas erfand und in seinem Laboratorium auf der Pfauentnsel herstellte. Hervorragende Arbeiten aus diesem Nubinglas sind in der Ausstellung vereinigt mit den erlesensten Werken der Potsdamer und Berliner Glasschneider, Prachtpokalen mit allen Arten des Hoch- und Tiefschnitts.

Gleichzeitig sind die Neuerwerbungen des Jahres 1912 zu einer Auëstellung vereinigt.

Im Lichthof wird eine Ausstellung „Berliner Bronze- und Messingguß“ vorbereitet.

Das Märkische Museum in Berlin eröffnet am 20. d. M. eine Ausstellung zur Erinnerung an die Befreiungskriege.

A. F. Die jüngste Versammlung der A A 2

Gesellschaft für Heimatkunde, wurde vom Vorstandstisch aus durch eine Reihe wertvoller Mitteilungen eingeleitet, von denen mehrere ih auf neueste Veröffentlihungen auf dem Gebiet der vaterländischen Geschichte bezogen. Genannt seten davcn eine „Festschrift des Hohenzollernhauses* mit dem interessanten Bericht über die Be- schäftigung Friedrichs IL. als Kronprinz bei dem Küstriner Gericht, wo ihm auf des Königs besonderen Befehl ein recht verwickelter Prozeß zwischen Fiskus und Fischergilde zur Bearbeitung übertragen war, den zu gutem Ende zu führen dem fürstlihen Referendar indessen ebensowenig gelang, als na ihm den Küstriner Richtern; denn der Prozeß wurde erst 20 Jahre später zugunsten der Fischer entschieden. Hierher gehören auch Untersuhungen über die Entwicklung des Ständewesens im Erandériluca M Men Staate, zurückverfolgt bis auf seine ersten Anfänge unter Joachim Il., sowte das zum bevor- stehenden Jubiläum unseres Kaisers herausgegebene, reich ausgestattete

stadt ist das Gericht in dem alten bis{öflihen Palast untergebracht,

Werk „Kaiser Wilhelm und die Martne“.

Im Hinblick auf den kurz vorher gefeierten Kaiserlichen Geburtstag und auf das bevorstehende 25 jährige Regierungsjubiläum Seiner Majestät des Kaisers und Königs hielt hierauf Dr. Fr. Nett o- Potsdam eine sich mit den {lichten Worten „Unser Kaiser!“ ein- führende Ansprache, die an dem geistigen Auge der Versammelten vorüberzichen lteß, was diese 25 Jahre hindurch die treue Fürsorge des Landesherrn für Preußen und Deutschland gel-istet und geschaffen hat.

Den Vortrag des Abends hielt der Admiralstabssekretär Chr. Voigt über „Admiral Gijsels van Lier und Otto Friedrich y. d. Groeben, zwei Helfer des Großen Kurfürsten im Marine- und KolonialwesenKurbrandenburgs“. Der Erst- genannte war 1580 zu Löwenstein in der holländishen Provinz Gel- dera geboren und trat, erst 16 Jahre alt, um seinem Hange zur See leben und seinem Wunsche, fremde Länder kennea zu lernen, zu ge- nügen, in die Dienste der Holländish-Westindishen Kompagnie. Rasch emporsteigend, wurde er kaum 40 Jahre alt bereits Flottenbefehlshaber und bezeihnend für den praftischen Sinn der Niederländer gzugleiÞh „Oberkaufmann“ tim Malayischen Archipel, später Gouverneur von Amboina, in allen diesen Stellungen energisch und mit Eifolg bemüht, den Kolonialbesiß der General- staaten zur Blüte zu bringen. Nachdem Gijsels vin Lier hier die Verwaltung8geshäfte der Kompagnie von 1621 bis 1629 geleitet hatte, ohne gerechte Anerkennung zu finden, zog er sih für die nächsten 12 Jahre auf seine Güter in der Heimat zurück; doch noch einmal betätigte sich der alte Scemann in seinem Fach, als 1641 Portugal von Spanien abgefallen war und die Portugiesen Holland um Unterstützung gegen dessen Erbfeind gebeten batten. Da ließ sich Gijsels an die Spige einer Flotte von 20 Schiffen berufen und erreichte in den portugiesischen Gewässern den beabsichtigten Erfolg. Doch auch jeßt wurde thm in der Heimat die erhoffte Anerkennung vorbehalten. WVerbittert sagte er fich nun von seinem Vaterlande los und bot, erfüllt von dem Ge- danken, der Ostindischen Kompagnie im Auslande einen Wettbewerb zu schaffen, 1647 seine Dienste dem Kurfürsten von Brandenburg an, den er durch den Prinzen Fciedrih Hetnrihh von Oranien kennen ge- lernt hatte, desen Tochter die Gemahlin des Kurfürsten war. Voll von den Eindrücken, die Hollands Macht zur See bei ihm nach mehrjährigem FJugendaufenthalt in den Niederlanden hinterlassen hatte, lieh der junge Fürst Gijsels* Plänen ein williges Ohr und fand die von dem Admiral in einer Denkschrift niedergelegten Vor- \chläge „nüßlich, vernünftig und praktish“. Sie empfahlen die Grün- dung etner brandenburgisch-ostindischen Kompagnie mit einem Kapital von einer Million Taler unter Beteiligung einflußreiher Holländer, die, in ihrer Erwerbstätigkeit durh das foecben wieder erneuerte Monopol der OsiindisGen Kompagnie beeinträchtigt, gern dem Nufe Branoenburgs Folge leisten würden. Doch Gijsels hatte hierbei die furhtbare, als Folge des 30 jährigen Krieges in Deutschland ein- getretene Verarmung und Mutlosigkeit niht in Rechnung gezogen. Seine Pläne blieben ohne Erfolg; aber seine Ideen wirkten fort und zeitigten in weiterer Folge den durch Benjamin Raule zur Tat gestalteten Gedanken einer kurbrandenburgtshen Marine und einer überseeischen Ko- lonie. Kurfürst Friedrtch Wilhelm besaß die seltene Herrschertugend der Dankbarkeit. In Ansehung der Bemühungen und Verdienste Gijsels? ernannte der Kurfürst ihn zum Geheimen Rat und Erbgerichtsherrn, schenkte ihm die Burg von Lenzen an der Elbe und überließ thm das Amt Lenzen in Erbpacht. Hier nahm Gijsels, damals Witwer, mit seiner Tochter Clara im Jahre 1650 seinen Wohnsiß und entfaltete nun seine weitergehenden maritimen Pläne de‘halb keineswegs aufgebend in kleinerem Kreise eine hôchst segensreiche Tätigkeit. Jener Landstrich zwishen Elbe und Löcknitz bei Lenzen, zwischen Meclenburg und dent hannoverschen Wendland, dte sogenannte, Elb-Wische“, ist bekanntlich dur fruhtbaren Boden und erfolgrethe Viehzucht au3gezeihnet. Der Ruf seines Reichtums an Bodenerzeugnissen und Vieh hatte während des 30 jährigen Krieges die begehrlich-zn Blicke von Freund und Feind auf diese Gegend gezogen. Schreckliche, dur die Pest vermehrte Leiden der Bewohner waren die Folge gewesen. Oede und leer standen um 1650 die von den geflühteten Einwohnern preisgegebenen Ortschasten. Da galt cs, um neues Leben zu hafen, energish einzugreifen. Kein für diese Aufgabe besser Geeigneter konnte gefunden werden als Gijsels. Vom Niederrhein und aus Holland wurden Kolonisten heran- gezogen, die unter Gijsels’ Oberleitung den verqueckten Boden wieder { urbar machten und nüglihe Kulturen einführten, ¿. B. die deF Flafes und dec Kartoffel, welhe in dex Wishe lanae vor ihrer allgerneinen Einführung în Deutschland angebaut worden ist. Auch die Hausweberei fand hier eine Stätte, ein Lhrmeister war zu dem Zweck von außerhalb verschrieben worden. Jm Anschluß hieran wurden Spinnstubenabende eingerihtet. Gijsels s{chäßte den Tabaks- genuß. Es ist bezeichnend für die Denkart des Mannes, daß er auch selne Bauern zur Unterhaltung und Beschäftigung in . den langen Winterabenden mit diesem Genuß bekannt zu machen suchte, der zu jener Zeit in ganz Norddeutschland noch so wenig in Uebung war, daß auf dem Schlachtfeld von Fehrbellin, als der Mohr des Kurfürsten dem Träger des Bauernbanners die brennende Pfeife anbot, dieser erwiderte: „Nee, gnädiger Herr Düwel, ick frete keen Füer“. Die Bauern der Wische aber lernten bald Feuer essen und lehrten es andere, und vielleicht verdankt der märfishe Tabakbau dieser ersten Anregung seine Entstehung. Der vielseitige Varn widmete seine Aufmerksamkeit auch der Kunst. Den niederländischen Maler Adam Pynaker zog er nah Lenzen und vershaffte ihm den Auftrag des Kurfürsten, für feine Galerie sämtlihe Städte seines Landes zu malen, als erstes Bild Lenzen. Es befindet fich heute im Lenzener Rathause. Andere Pynakershß2 Bilder hatte ein späterer Besißer von Burg Lenzen, Rentier A. Jahn (1871-—1885) dort gesammelt. Sie find nah seinem Tode leider in alle Winde zerstreut worden, bedauerlich bezüglich derjenigen, welche Märkishes darstellte. Doch der praktisch hoŸveranlagte Mann begnügte sich nicht mit alle-, dem. Als Holländer war er mit Wasserbauten wohl vertraut und es lag ihm nahe, seine Kenntnisse auf die Verbesserung des nahen Elbstroms anzuwenden und die Wische nah Möglichkeit gegen VebersGwemmungsgefahr dur Deichbauten zu {üßzen. Was hter zu diesem Zweck geschehen und nüßlich fortwirkt, verdankt Gijsels seine Entstehung. Und fo erfüllt war Gijsels gerade von dieser Seite seiner segensreihen Wirksamkeit, daß er seinen Wohnfiß von Burg Lenzen nah dem benachbarten Mödlich verlegte und sich hier ein \chlichtes Erbbegräbnis erbauen ließ: „am Elbdei, unter rauschenden Eichen und nahe dem braufenden Strom" wollte er begraben sein. Dort hat man den edeln Mann, als er im 97. Jahre heimging, zur ewigen Nuhe gebettet. Der \{chlichte Fahwerkbau des am Ostgiebel der Kirche angebauten „Begräbnishäuschens*“ wirkte noch vor wenig Jahren, von reihem Pflanzenwuchs überrankt, ungemein stimmungsvoll. Nah dem Tode der Tochter, die den Vater nur 2 Jahre überlebte, fiel Amt Lenzen an den Kurfürsten zurück. Gijsels ist als Greis auch äußerst fleißig mit der Feder gewesen. Nicht weniger als 20 umfang- reiche Bände Aufzeihnungen hat er hinterlassen, die wabts{Geinlith shäßbares Material über allerlei, vor allem zur Geschichte der nieder- ländischen Kolonie,* enthalten. Wo diese Schriften geblieben, ist nit verbürgt. Das Wahrscheinliche ist, daß sie mit dem gesamten Nachlaß an den Sohn Gijsels’, der unter dem großen Admiral de Ruyter als Kapitän genannt ift, ausgeliefert und von diesem der Ne- gierung der Niederlande überantwortet worden find. Mit dem Kurfürsten, der ihn hochs{chäßte, hat Gijsels allezeit im besten Einverständnis gelebt und dur Anhänglichkeit und unentwegte Treue die Fürstliße Gunst vergolten. Schon bejahrt, hat er in wichtigen diplomatishen Sendungen für den Kurfürsten weite Reisen unter- nommen. WMehrfahe lockende Anerbietungen fremder Mächte Schweden und Frankreich —, in ihre Dienste zu treten, wurden von ihm abgelehnt. Ob der Name und Nuf des Wohltäters einer Gegend sich anderweit wohl, wie es bei Gijsels der Fall ist, ein Wierteljahrtausend im dankbaren Gedächtnis der Bevölkerung erhâlt, ist zweifelhaft. Um die Gestalt dieses Mannes hat si fogar die Sage gerankt, die in ihm den auf den Deichen forgende Umschau haltenden Deihwächter sieht und erzählt, daß Gefahr vor- handen ist, wenn um Mitterna(t heller Schein aus der „Kapitäns- gruft“ dringt. Dann schreitet der „olle Admiral“ wohl den Deich ent-

lang. Und wenn er fih wieder zur Ruhe begibt, dann verlischt der