1913 / 44 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 19 Feb 1913 18:00:01 GMT) scan diff

S tei nrn M: E Md ae T R

Lichtschein, es klappt, als würde ein Sargdeckel zu:eschlagen und alles ist wieder ill. So erzählen sch die Leute in der Wishe. Da brachte im Jahre 1888 eine gewaltige Wasserflut die Zerstörung des Begräbnishäushens. Nach Möglichkeit wiederhergestellt, blieb es do im Zustande eines Verfalls, der zum Entschluß einer Aenderung drängte. Am 29. Oktober vorigen Jahres wurden die Särge von Vater und Tochter Gijsels in Gegenwart des Superintendenten und des Gemeindektirch-nrats von Mödlih geöffnet, die vorgefundenen sterbli hen Reste gzmeinsam in einen neuen Sarg umgebettet und dieser Erde auf dem nahea Friedhof übergeben. Der Erinnerung an Gijsels foll ein mächtiger Findling auf dem Doppelgrabe dienen. Von Otto Friedrich von der Groeben berichtete an zweiter Stelle der Redner, daß er in den Wirrfalen des schwedi\{- polnischen Krieges am 6. April 1657 zu Pratten tin Ermland als Sohn des Generalmajors Georg Heinrich von der Groeben geboren wurde. Siebzehn Jahre alt unternahm der Wanderlustige eine Reise nah dem Mittelmeer. Jn Malta trat er in den Dienst des Malteser- ordens und kämpfte in zahlreihen Seegefehten gegen die türkischen Korsaren Später besuhte von der Groeb-n Jerusalem und das heilige Land, Aegypten mit seinen Pyramiden und Spiysäulen, entging wiederholt der Gefangeanahme und dem Tode und kehrte nah 11jähriger Abwesenheit 1682? nach der Heimat zurück Er fand die Welt erfüllt von Friedrich Wilhelms Ruhm, eine brandenburgishe Flotte durh Raule geschaffen und eine praktishe Kolonialpolitik eing-leitet. Er kam gerade zur rechten Zeit, fand den Kurfürsten, dem er gefiel, geneigt, thn in seine Dienste zu nehmen, uad in weiterer Folge soviel Ver- trauen zu der tühtigen Per)önlichkeit von der Groebens gzwinnend, daß dieser seine Beförderung zum Major echielt und nah Ernennung zum Kammerjunker mit der Leitung der zweiten Guinea-Expedition betraut wurde. (Die erste hatte 1681 unter Blonck stzttgefunden und damit geendet, daß mit einigen Negerhäuptlingen am Dreispißenkap Verträge über Landabtretungen zur Anlage eines Forts abgeschlossen worden waren.) Die Expedition ging ohne Säumen vor sich, und {hon am 1. Januar 1683 wurde feierlich Kurbrandenburgs Panier (der rote Aar im weißen Felde) auf dem Berge Mamfro gehißt und alsbald mit dem Fortbau be- gonnen, 2 nach der Landseite gelegene Bastionen, denen 1684 2 nah der Seeseite folgten, die Ingenieur Kapitän von Schnitter anzulegen unternahm. Dieser, der erst im genannten Jahre hinausging, wurde der Nachfolger von der Gro-bens, der hiermit aus seiner Mitarbeit an Kurbrandenburgs Kolonialwesen auss{h2tdet. Welhe Gründe iha hierzu bewogen, ist unbekannt. Er zog sich auf seine Güter in West- preußen zurü; doch {on 1686 nahm er Dienste bei der Repu- blik Veneckig und foht für sie gegen die Ungläubigen auf Morea. Wieder heimgekehrt und vom Kurfürsten mit der Amtshauptmann- schaft Marienwerder und Riesenburg belehnt, beiratete er und erfreute sih in der Folge mannigfahec Ehrungen. Köntg Friedri I. be- förderte ihn zum Gz2yeralmajor und verlieh thm die Würde eines Kammerherrn. Doch der unruhige Geist von der Groebens hielt es nicht lange im ländlihen Stilleben aus, obglei inzwishen au das Majorat Neudörfchen auf ihn übergegxzngen war. Noch etnmal regte sih das Abenteurerblut in ihm. Er trat in die Dienste des Polen- Tônigs Friedrih August, ohne jedoch Gelegenheit zu kriegerischer Betätigung zu finden. Siebzig Jahre alt, beschloß er am 30. Januar 1728 fein tatenreihes und wehselvolles Leben. Neben seinen dret Frauen, die er im Laufe der Jahre heimgeführt, ruht ec im Dom zu Marienwerder. Achtzehn Kinder waren die Erben seines Namens. Seine drei ältesten Söhne hatte er nach den drei Erzvätern benannt. Der Vortragende beschloß hiermit die Ecinnerungen an Friedr. von der Groben. Ein Sohn der unruhigen Zeit, in der er lebte, ist er zugleih typisch für die Männer, wezlche der Starfblick des Groß:-n Kurfürsten als Helfer in seinem Lebenswerk zu finden und an die rechte Stelle zu seßzzn wußte. Die Grün- dunz von Groß Friedrihsburg. als das Ergebnis feiner mit den Fregatten „Kurprinz“ und „Mohrian" 1682 und 83 ausgeführten Guinea-Erxpedition, wird in aller Folgezeit niht ins Gedähtnis zurück- gerufen werden können, ohne auch von der Groebens zu gedenken. Schwere Gefahren hatte er männlich bestanden, das Verderben von Proviant, daran sich knüpfende Entbehrungen und Krankheiten der Besaßung, namentlich der Scharbock, bereiteten dem Führer große Sorgen, und

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Theater,

keit für die neu angeseßte Vorstellung „Die Meisterfinger von Nüruberg““, fönnen aber auch tägli an der Vor- | rote.

es die Eifersuht der Holländer, welhe, die Negerstämme gegen die neue Siedlung aufheßend, ihm starke Verlegenheiten bereiteten. Heute liegt das Fort in Trümmern. Seit 1871 im englishen Besiß, ist es ver- lassen und von Urwald überwuchert. Seine Kanonen wurden dank dem Entgegenkommen König Georgs an_ unsere Marine aus3- geliefert, nahdem bereits 1884 S. M. S. „Sophie“ ein altes Ge- \hüßrohr von den Schwarzen eingetausht hatte. Die übrigen Geschüße sollen im Museum für Meereskunde Aufnahme finden. Der Vortragende {loß mit einem Hinweis auf die im Ver- folg seiner histocischen Untersuhungen ermittelte literarische Betätigung von der Groebens, mit der er bereits 1694 begonnen hatte. Ob ein Epo3 in deutshen Versen, „des Edlen Bargone und seiner tugendhaften Arabern denkwürdige Lebens- und Liebes- geschichte, Danzig 1700“ auch der Feder von der Groebens entstammt, ist zweifelhaft; aber es behandelt zweifellos die poetisch verklärten Aben- teuer des tüchtigen Mannes. Herr Voigt hatte auch eine Anzahl Bilder, Holzschnitte und Stahlstihe aus jener Zeit, aub Porträts von der Groebens, gesammelt und erfreute durch deren Vorführung mittels des Bildwerfers.

niht zuleßt war

Gesundheitswesen, Tierkraunkheiten und Absperrungs- maßregeln.

Das Kaiserlichße Gesundheits2mt meldet das Erlöschen der L EU Klauenseuhe vom Viehhofe in Nürnberg am . . Le

Theater und Musik.

Hermine Bosetti, die von threr Mitwirkung bei der zum Besten des Presseunterstüßungsfonds veranstalteten Matinee rüähmlt{chst bekannte Münchener Kammersängecin, ist von der Generalintentantur der Königlichen Swhausptiele zu einem mehrmaligen Ga'tspiel im Königlichen Opernhause eingeladen worden, das heute, Mittwoch, mit den „Lustigen Weibern von Windsor" (Frau Fluth) beginnt und am Sonnabend mit den „Meistersingern von Nürnberg“ (Evchen) seine Fortseßung findet. Morgen wird das Festspiel ,Kerkyra“ von JIosevh Lausf, Musik von Joseph Shlar, in der bekannten Beseßung der Hauptrollen wiederholt.

Das Königliche Schauspielhaus bringt morgen, Donnerêtag, eine Wiederholung des Militär|chwanks „Der Austauschleutaant“ von N. Wilde und C. G. von Negelein, mit den Damen Arnsiädt, Bute, Hetisler und Thimig sowie den Herren Vollmer, Patry, Clewing, von Ledebur, Boettcher, Werrack, Mannstädt, Vallentin und Eichholz in den Hauptrollen. Am Sonntag, den 23 Februar, Mittags 12 Uhr, findet, wie {on mitgeteilt wurde, dec Vortrag des Herrn Dr. Leopold Schmidt üder „Ariadne auf Naros* an der Hand der von ihm verfaßten Einführung und unter gesangliher und musikalischer Mitwirkung einiger Mitzliedecr der Königlichen Oper und der Kapelle in Gestalt einer Matinee statt. Die Preise der Pläße sind: Fremdenloge 5 4, 1. Nang Loge und Sessel und Parkettsesel 4 4, Parkettloge und Parkett 3 46, Balkon 2 4, 2. Balkon 1,25 A4, Galerie 0,75 46. Vorverkauf an der Tageskasse des Königlichen Schauspielhauses täglich von 101 bis 1 Uhr. Eine Vorverkauf8gebühr wird niht erhoben.

Mannigfaltiges. Berlin, 19, Februar 1913,

Junge Leute, die Lust zum Seemannsberuf haben, follten sich in erster Linie an den Deutschen Shulschiffverein inBremen, Herrlich- keit 5, wenden. Der Berein besigt zwei Schulschiffe, „Prinzeß Eitel- Friedrich" und „Großherzogin Elisabeth“, ein drittes Schiff befindet fh im Bau. Auf dem Schulschiff „Prinzeß Eitel-Friedrih" werden

junge Leute im Alter von 145—16 Jahren, und falls sie die Be- rechtigung zum einjährig-freiwilligen Militärdienst auf einer Sthule erworben haben, im Alter bis zu 18 Jahren ausgebildet, die zum größten Teil später die Navigations\hule besuchen und Schiffsoffizier in der

Freitag bis Sonntag: Der gute Ruf. Theater

am Nollendorfplaß. Montag: Der Kampf ums Rosen- Donnerstag, Abends 8 Uhr: Die Studenteu- |8 Uhr: 5. Kammermusikabend des

Handelêmarinae werden wollen. Die Ausbildun kostet im Jahre 250 4 für "Ebi und 175 4 für Kleidung 425 #4. Auf dem Schulschiffe „Großherzogin Elisabeth“ usa gegen unbesholtene junge Leute im Alter von 14318 Fabre da- unbemittelten Kreisen unserer Bevölkerung kostenlos Fus chie unterhalten und verpflegt. Auch die Zahlung der Kleidun ü 2 Ele trage von 130 46 wird den Jungen im Bedürfugkeitsfalle e- Diese Jungen finden später als Leihtmatrosen,

und Unteroffiziere lohnenden Verdienst in der niederen S manns[aufbahn auf deutshen Handelsdampfern. Die näch fte Ee stellung findet auf beiden Schiffen im April d. J. statt. Die g nahmebedingungen können kostenlos von der Geschäftsstelle e Deutschen Schulschiff-Vereins, Bremen, Herrlichkeit 5, bezogen werden. Die Anmeldungen müssen unter Einsendung der in Ven Annahmebedingungen geforderten Papiere bis Mitte März, spätestens bis Ende März tn der genannten Geshäftsftelle eingetroffen sein.

ersten zusammen

Der Verein für Kindervolkskühen und Volkskinder. horte hat in seinen 17 Anstalten im Monat Januar 1913 353 450 Portionen Mirrggesten an bedürftige Kinder verteilt, die ihm von der städtischen Schulbehörde, von den städtischen Säuglings- fürsorgestellen, den Auskunfts- und Fürsorgestellen für Lungenkranke und anderen Wohltätigkeitöveretnen überwiesen wurden.

Die zweite böffentliche Hauptversammlung der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schhundliteratur findet am Sonnabend, den 22. d. ‘M., Nachmittags 6 Uhr, im Ver- sammlungsfaal des Papierhauses, Berlin, Dessauerstraße 2, statt. Auf der Tagesordnung steht u. a. ein Vortrag des Dr. Ladewig-Berlin über „Die positiven Aufgaben dec Jugendliteratur“.

Mülh eim (Ruhr), 19. Februar. (W. T. B.) Heute früh gegen 6 Uhr nahte sich in der St. Engelbertkirhe ein polnischer Arbeiter dem Beichtstuhl, anscheinend um zu beiten. Plößlich zog er ein Gewehr hervoc und tôtete den im Beichtstub[ tenden Missionspater Wengel er dur einen Schuß. Der Mörder wurde fofort verhaftet; ec gab an, er habe den Pfarrer Welter der St. Engelbertkirhe aus Nahe töten wollen.

Toulon, 18. Februar. (W. T. B.) Auf dem Linienschiffe „Danton“* sind durch die Explosion einer 7,9 cm-Kanone, die während der Vornahme von Schießübungen erfclgte, drei Matrosen tödlih verleßt worden. Die Verleßten sind im Laufe des beutigen Tages gestorben. Das explodierte Geshüß war ganz neu. Die f\echs Panzerschiffe vom Typ des „Danton" waren mitt 16 folher Geschüße, die vier Schüsse in der Minute abfeuern, ausgerüstet worden. Nach den bisherigen Festîtellungen dürste die Explosion durch vorzeitige Entzündung der Ladung entstanden sein, Die Unglücksnachricht rief bei allen auf der Reede versammelten Schiffen, welche anläßlich des Amts3antritts Poincarss Flaggengala angelegt hatten, große Trauer hervor.

Rom, 18. Februar. (W. T. B.) Seit heute früh herrscht

hier starker Schneefall.

Konstantinopel, 18 Februar. (W. T. B) Der Bränd in Stambul (vgl. Nr. 43 d. Bl.) hat gegen 100 Häuser und etwa 40 Geshäftsläden zerstört, von denen ein Teil in der Straße gegenüber der Hagia Sofia gelegen war. Zahlreiche Beamten- familien find obdachlos. Ein Teil von ihnen wurde in der Achmed- moschee oder in der Hagia Sofia untergebraht. Die Polizei seßt die Untersuchung über die Ursache des Brandes fort; doch scheint ein Zufall vorzuliegen.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten, Zweiten und Dritten Beilage.)

Singakademie. Dounerstag, Abends Mitw.: Rob.

Königliche Schauspiele. Donners- taz: Opernhaus. 49. Abonnementsvor- stellung. Jm vierten Rang sind die Dienst- und Freipläßge sowie die Reservate auf- gehoben. Kerkyra (Kotfu). Ein Fest- spiel. Zwei Bilder aus Vergangenheit und Gegenwart von Iosevh Lauff. Die zur Handlung gehörende Musik unter teilweiser Benußung vorhandener Originalnelodien von Joseph S{hlar. Musikalische Leitung: Herr Kapellmeister Dr. Besl. Anfang 74 Uhr.

Schauspielhaus. 50. Abonnermnentêvor- stellung. Der Austauschleutnant. Militärschwank in drei Aufzügen von Richard Wilde und C. G. von Negelein. In Szene geseßt von Herrn Regisseur Patry. Anfang 8 Uhr.

Freitag: Opernhaus. 50. Abonnements- vorstellung. Salome. Drama in einem Aufzuge nah Oskar Wildes gleichnamiger Dichtung in deutscher Uebersegung von

edwig Lahmann. Musik ‘von Richard

trauß. Anfang 8 Uhr.

Schauspielhaus. 51. Abonnementsvor- stellung. Die glückliche Hand. Lust- spiel in drei Aufzügen von Hugo Lubliner. (Frau Emma Schinemann: Fräulein Senta Söneland vom Komödienhaus als Gast.) Anfang 74 Uhr.

Schauspielhaus. Sonntag, Mittags 12 Uhr: 73. Kartenreservesaßy. Vortrag des Herrn Dr. Leopold Schmidt über eeAriadue auf Naxos“, an der Hand der von ihm verfaßten Einführung und untec gesangliher und mufsikalis{cher Mit- wirkung etnigec Mitglieder der Königlichen Oper und der Kapelle.

Preise der Plätze: Fremdenloge 5 #, 1. Rang-Loge und Sessel und Parkett\sefsel 4 #4, Parkettloge und Parkett 3 M, Baikon 2 4, 2. Balkon 1,25 4, Galerie 0,75 A. Vorverkauf an der Tageskasse des Königlichen Schauspielhauses täglich von 10}—1 Uhr. Eine Vorverkaufsgebühr wird nit erhoben.

Neues Operntheater (Kroll). Sonntag, Nachmittags 24 Uhr: Auf Aller- bôchsten Befehl: Siebente Vor- stellung für die Berliner Arbeitec- \chaffft: Freund - Friß. Ländliches Sittengemälde in dret Akten von Erck- mann - Chatrian. (Die Eintrittskarten werden durch die Zentralstelle für Bolks- wohlfahrt nur an Arbeiteroereine, Fabriken usw. abgegeben. Ein Verkauf an einzelne Personen findet nit ftatt.)

Die für die 51. Abonnementéêvorstellung „Die Zauberflöte" an der Theaterkasse

mittagskasse und am Tage der Vorstellung an der Vormittags- und Abendkasse bis zum Beginn der Vorstellung gegen Erstattung auch der Vorverkaufsgebühr zurückgegeben werden. Eine spätere Zurück- nahme der Eintrittskarten findet nicht statt.

Deutsches Theater. Donnerstag, Abends 7x Uhr: Der blaue Vogel. Freitag und Sonnabend: Der lebeude Leichnam. Kammerspiele.

Donnerstag, Abends 8 Uhr: Freuad Teddy.

Freitag und Frauen.

Aufführungen im „Zirkus Shumann“: Mittwoch, den 26. Februar: König Oedipus. Mittwoch, den 5. März: Jedermaunu.

Berliner Theater. Donnerst., Abends 8 Uhr: Filmzauvber. Große Posse mit Sesang und Tanz in 4 Akten von Rudolf Bernaver und Rudolph Schanzer. Freitag: Filmzauber. Sonnabend, Nachmittags 34 Uhr: Philotas. Hierauf: Der zerbrochene Krug. Abends: Filmzauber. Sonntag, Nachmittags 34 Uhr: Große Nofineu. Abends: Filmzauber.

Mein

Sonnabend: Schöne

Theater in der Königgräßer Straße. Donnerstag, Abends 8 Uhr: Die fünf Frankfurter. Lustspiel in drei Akten von Karl Rößler.

Freitag: Brand.

Sonnabend: Die fünf Frauffurter.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Hunds- tage. Abends: Braud.

Lessingtheater. Donnerstag, Abends 8 Uhr: Der Bund der Jugend. Lust- spiel in 5 Aufzügen von Henrik Ibsen. Deutsch von Wilhelm Lange.

Freitag: Das Prinzip.

Sonnabend: Die Stützen der Gesell- schaft.

Deutsches Schauspielhaus. (Direk- tion: Adolf Lang. NW. 7, Friedrih- straße 104—104 a.) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Der gute Ruf. Schausptel in

Komödienhaus. Donnerstag, Abends 8 Uhr: Die Generals8ecke. Lustspiel in drei Aften von Nichard Skororonnek. Freitag und folgende Tage: Die Generalsecke. Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Das Stiftungsfest.

Srchillertheater. 0. (Wallner- theater.) Donnerstag, Abends 8 Uhr : Uriel Acosta. Trauerspiel in fünf Auf- zügen von Karl Gußkow.

Xreitag: Wolkeukratzer.

Sonnabend: Zum ersten Male: Der Audere.

Charlottenburg. Donnerstag, Abends 8 Uhr: Hedda Gabler. Schausptel in vier Akten von Henrik Ibsen.

Frettag: Die Reise durch Berlin in 80 Stunden.

Sonnabend, Nachmittags 3 Uhr : Wallen- fteins Lager. Hierauf: Die Picco- lomini. Abends: Uriel Acosta.

Deutsches Opernhaus. (Char- lottenburg, Bismarck - Straße 34—37. Direktion : Georg Hartmann.) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Tiefland.

Freitag: Die lustigen Weiber von Windsor.

Sonnabend: Eugen Onegin.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Fidelio. Abends: Der Waffenschmied.

Montis Op tr ettentheater.(Früher : Neues Theater.) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Der liebe Augustin. Operette in drei Akten von Leo Fall.

Tage: Der

Freitag und folgende liebe Augustin.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Der fidele Bauer.

Theater des Westens. (Station:

Zoologisher Garten. Kantstraße 12.) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Die beiden Husaren. Operette in drei Akten von

Léon Jessel. Tage: Die

Freitag und folgende Sonntag, Nachmittags 34 Uhr: Der

von Leo Fall.

Freitag und folgende Tage: Die Studentengräfia.

Sonnabend, Nachmittags 3 Uhr : Kabale und Liebe.

Sonntag, Nachmittags 34 Uhr: Die \Göne SHeleua.

Lustspielhaus. (Friedrihstraße 236.) Donnerstag, Abends 8} Uhr: Majolika. Schwank in drei Akten von Leo Walther Stein und Ludwig Heller.

Freitag und folgende Tage: Majolika.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: 2x D

= Dc

Residenztheater. Donnerêtag, Abends 8 Uhr: Die Frau Präfidventin. (Ma- dame la Présidente.) Schwank in drei Akten von M. Hennequin und P. Veber.

Freitag und folgende Tage: Die Frau Präfidentim.

Thaliatheater. (Direktion: Kren und Schönfeld.) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Puppcheu. Posse mit Gesang und Tanz in drei Akten von Curt Kraaß und Jean Kren. Gesangsterte von Alfred Schönfeld. Musik von Jean Gilbert.

Freitag und folgende Tage: Puppcheu.

Trianontheater. (Georgenstr., nahe Bahnhof Friedrichstr.) Donnerstag, Abends 8 Uhr: Wenn Frauen reisen. Lust- spiel in vier Akten von Mouezy - Eon und Nancey.

Freitag und folgende Tage: Weun Frauen reisen.

Sonntag, Nachmittags 3 Uhr: Der selige Toupinel.

Konzerte. Königl. Hochschule für Musik.

Donnerstag, Abends 8 Uhr: Vortrag@- abend von Luise Neuß - BVelce, Kammersängerin.

Philharmouie. Donnerstag, Abends 8 Uhr: 83. Kouzert des Berliner

Lehrergesangvereins. Dirigent : Prof. Felix Schmidt. Mitw.: E. K. Liß-

gekauften Eintrittskarten behalten Gültig-

vier Akten von Hermann Sudermann.

beiden Husaren. Frauenufresser.

manu. Am Klavier: Otto Bake.

gräfin. Operette in drei Aufzügen. Musik | Klingler - Quartetts.

Repky und Böttcher (Horn).

Saal Bechstein. Donnerstag, Abends 8 Uhr: Sonateuabend von Harricet von Müthel (Klavier).

Konzert des Kapellmeisters Wolff mit dem Philhar- Mitw.: Carl

8 Ubr: Weruer monischeu Orchester. Friedberg.

Blüthner-Saal. Donnerstag, Abends 87 Uhr: 2. Orchesterkonzert alter Musik mit dem Vlüthuer - Orchester yon Sam Frauko. Mitw.: Artur Schnabel.

Zirkus Schumann. Donnerst., Abends 77 Uhr: Große Galavorstellung. Auftre!teu sämtlicher Spezialitäten. Zum Schluß: Der unfi1bare Mensch! Vier Bilder aus Indien.

Birkus Busch. Donnerstag, Abends 77 Uhr: Große Galavorstellung. Zum Schluß: Die große Prunk?- pantomime: „Sevilla“.

I r E P A

Familiennachrichten.

Verlobt: Frl. Marie von Oerßen mit Hrn. Maximilian Valck (Weimar 7 Naldivia, Chile, z. Zt. Berlin). Frl. Hildegard Reymann mit Hrn. Bürger- meister Otto Schwarz (Oppeln—Allen- stein). : u

Verehelicht: Hr. Kapitänleutnant E Hoffmann mit Elisabeth Freitn Quadk- MWykradt-Hüchtenbruck (Potsdam). ßt

Geboren: Ein Sohn: Hrn. Ole O. Hartensdorf (Pieskow, Saarow Mar

Gestorben: Elisabeth Freifr. von Sehert Thoß, geb. Knappe von Knappslac® (Schweidnitz). A

Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg. Verlag der Expedition (Heidrich)

in Berlin.

i und Druck der Norddeutschen Buchdru@ere L Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 3

Neun Beilagen

(einsließlih Börsen-Beilage).

zum Deutschen Reichsanz 44, |

Dentscher Reichstag. 115, Sißzung vom 18. Februar 1913, Nachmittags 1 Uhr. (Bericht von „Wolffs Telegraphishem Bureau“.)

Nach Erledigung * der ersten Punkte der Tagesordnung, worüber in der gestrigen Nummer d. Bl. berichtet worden ist, nimmt das Haus Berichte der Wahlprüfungskommission entgegen.

Die Wahlen der Abgg. Siebenbürger (dkons.)

(6. Stettin) und Haa # e (Soz.) (3. Königsberg) werden für gültig erflärt. __ Die Wahl des Abg. Me yer- Herford (nl.) beantragt die Wahlprüfungskommission gleichfalls für gültig zu erklären ; der Kommissionsbeshluß ist mit 9 gegen 5 Stimmen gefaßt. Von den Sozialdemokraten wird der Antrag auf Kassierung des Mandats gestellt. j

Abg Stücklen (Soz.) begründet diesen Antrag. Der Landrat v, Borries habe eine Versammlung der konservativen Wahl- männer mit seiner ganzen Autorität als Landrat bearbeitet, für den nationalliberalen Kandidaten in der Stichwahl zu stimmen. Jn dem völlig analogen Falle Buchwald-Altenburg, sowie in dem Falle Braun- Frankfurt a. O. habe der Reichstag die Ungültigkeit der Wahl ausgesprochen. Wenn eine Kassierung \{chon erfolge, sobald ein Beamter für den unterlegenen Kandidaten agitiert habe, um wieviel mehr müsse dies der Fall sein, wenn derjenige, für den die amtlihe Agitation erfolat sei, au gewählt werde, Es gehe nit an, hier den politishen Beamten einfa als Privatmann und Wähl-r hinzustellen, wie das der Landrat von Borries allerdings auch für \ich in Anspruch genommen habe. Bei der Macht des Landrats müsse umfomehr von ihm erwartet werden, daß er sih jeder Einmischung enthalte; zum Wähler zweiter Klasse werde er dadurch nit herabgedrückt. Rücksichtslos müßten alle Wahlen, die auf diefe Weise zustande gekommen seien, kassiert werden, sonst schaffe man zweierlei Net.

Abg. Dr. Neumann - Hofer (Fortshr. Volksp.) : Jn diesem Fall ist die notwendige Zurückhaltung geübt worden. Der Fall Braun liege nit analog; damals habe der Negierungspräsident ein Flugblatt mit seinem Amtscharakter unterschrieben. Hier habe es sch nur um eine ge\hlosjene Versammlung gehandelt. Der Fall Buch- wald habe freilich eine Achnlihkeit mit dem vorliegenden ; aber die rat ton des Redners halte noh heute dafür, daß die Kassiezung zu Unrecht erfolgt set.

__ Die Wahl des Abg. Meyer- Herford wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten für gültig erklärt.

__ Hierauf sezt das Haus die Spezialberatung des Ctats für die Neichspost- und Telegraphenverwaltung fort. Die Diskussion über sämtliche Titel, die die Be- sjoldungen für die mittleren und Unterbeamten und die \säch- lichen Ausgaben in der Zentralverwaltung und die Besoldung jur die höheren, mittleren und Unterbeamten in der Betriebs- verwaltung enthalten, ist verbunden. Die Budgetkommission hat befanntlih für das älteste Drittel der Bureaubeamten [I Klasse und der Assistentenklasse eine Zulage von 300 4 in den Etat eingeseßt und die Zahl der etatsmäßigen Beamten- der Assistentenklasse von 36 890 um 1200 auf 38 090 erhöht. Außerdem hat die Kommission für sämtliche 53 386 Unter- beamte je 100 #6 Zulage beschlossen. Ferner schlägt sie folgende Resolution vor:

a) den Reichskanzler zu ersuchen, dur stärkere Ver - mehrung der höheren Stellen, besonders der Endfstellen, dur Festseßung des Besfoldungsdienstalters beim Einrücken in die höhere Befoldungsklasse in sinnaemäßer Anwendung der füc die Direktoren und Vizedtrektoren bereits geltenden günstigeren Be- stimmungen der Gehaltévorschriften oder durch Bewilligung von Zulagen an diejenigen höheren Beamten, welche in ciner Durh- gangostelle länger als 3 Jahre auf demselben Gehalts\ag verbleiben, Maßregeln zu treffen, um die dur die vershlehterten Beförder ungs- verhältnisse für die höheren Post- und Telegraphenbeamt- n gegen- über den Absichten der Besoldungs8ordnung von 1909 eingetretenen Nachteile zu beseitigen ;

h) den Reichskanzler erneut zu ersuchen, zu veranlassen, daß die Post- und Telegravhensfek:etärprüfung mit Genehmigung des INeichspostamts zum zweiten Male wiederholt werden fann:

c) den Reichskanzler zu ersuchen, noch in dieser Session vor der dritten Lesung des Etats einen Gesetzentwurf zum Be- loldungêgeseß vorzulegen, durh welchen für die Postassistenten und Postunterbeamten jene Gehaltssäße eingeführt werden, welche der Ncichstag im Jahre 1909 in zweiier Lesung beschlossen hat.

___ _QVlerzu liegen ferner vor die Resolutionen Ablaß (fortschr. Volksp.): 1) wegen Anrechnung der im Etat für 1913 vor- gesehenen Zulagen für die Beamten der Postassistenten- und Postschaffnerklasse auf das Gehalt bei Versezung, 2) wegen unkündbarer Anstellung der Post- und Telegraphengehilfinnen nach Ablauf einer angemessenen Frist, 3) wegen Durchführung einer Einheitlichkeit in der Besoldung der gehobenen UÜnter- beamten behufs Verminderung der Schlechterstellung der erst O un 1. April 1905 in gehobene Stellen beförderten Unter- eamten.

_ Der Präsident teilt mit, daß die namentlichen Ab- jlimmungen über die Anträge zur Ostmarkenzulage am Beginn der Donnerstagssizung stattfinden werden.

Abg. Antrick (Soz): Wir haben uns wiederholt über Un- regelmäßigkeiten in der Zustellung der Briefschaften und Drucksachen beschwert, leider ohne Erfolg; besonders 1m Ueberweisungsverkehr ill manches nit in Ordnung, die Beamten scheinen zum Teil die be- treffenden Vorschriften nicht zu kennen. Die Drucksachen des Reichs- ¡ags werden zwar gut verpackt, kommen aber vielfach mit zerrissener ÜUmhüllung án. An den Mißständen auf dem Gebiete der Paket- beförderung sind nicht die Beamten, speziell die Unterbeamten |chuld, jondern der leidige Fiskalismus der Postverwaltung. Darum habe ih much entschlossen, die Sache hier zur Sprache zu bringen. Nament- lih die übermäßige Verwendung der Hilfskräfte und ihre Ueberlastung if zu rügen. Klagen hierüber sind mir insbesondere aus Braunschweig ôligegangen. Die Unterbeamten in Braunschweig werden so inhuman mit Veberarbeiten belastet, daß sie nicht einmal ihre Mahlzeiten regel- ag einnehmen können. Der Vorgänger des jeßigen Direktors Aulemann war zwar jtreng im Dienst, aber billig und human denkend. eule 1st die innere Verwaltung der Post in Braunschweig sehr {lecht c 9amisiert, namentlich das Fuhrwesen, .was zu einer Erhöhung der Krankenziffer geführt hat. Der Bestelldienst ist ungünstig eingerichtet, e Uberlasteten Beamten haben nicht Zeit, ihren Bezirk richtig kennen t lernen. Die Briefträger und Schaffner haben bis zu 16 Stunden gli Dienst, manche Beamten haben kaum 5 Stunden Schlaf.

Erste Beilage

Berlin, Mittwoch, den 19

. Februar

bezirk die Landbriefträger daran. Mitunter sind die armen Teufel mit Paketen so bepackt, daß sie fast unter der Last erliegen. Sie müssen oft einen {weren Karren mit sich führen. Jch habe mi davon per- jonlich überzeugt. Jeßt scheint insofern eine Besserung eingetreten zu sein, als ein Ziegenbock in den Dienst der Reichspostverwaltung ein- gestellt ist. Wer bezahlt dieses Ziegenbockgespann, der Landbriefträger? der trägt die Verwaltung zu den Kosten bei? Auch die Personen- beförderung durch die Post liegt im Braunschweigischen im argen. Auf einer Linie ist der Postomnibus fo klein, daß er für den Andrang nicht genügt. (Vizepräsident Dr. Paas) che bittet, auf solche Einzelheiten bei diejer Position nicht einzugehen.) Immer rückwärts, rückwärts, Don Rodrigo! ist der Wahl)pruch der Neichspostverwal- tung. Wenn die Post ein zeitgemäßes Verkehrsmittel sein will, so muß hier Wandel geschaffen werden. Der Reichstag muß die Ver- waltung zwingen, sih mehr um die einzelnen Oberpostdirektionen zu fummern und sie anzuweisen, daß das Personal anständig behandelt, gut bezahlt und nicht so überlastet wird, wie es seit Jahren in Braun- schweig geschieht.

Abg. Erzberger (Zentr.): Jch möchte eine versassungsrecht- liche Frage an den Staatssekretär richten. Es besteht eine Lücke in der Reichsverfassung und auch in einzelnen Bundesstaaten, ob ein deutscher Neichsbeamter, der in einen Landtag gewählt wird, eines Urlaubs bedarf oder niht. Kann der Staatssekretär einem gewählten Post- beamten den Eintritt in ein etnzelstaatliches Parlament verweigern? Ich bitte den Staatssekretär, zu erklären, daß, wenn ein in Preußen angestellter RNeichsbeamter gewählt wird, er jeinerseits dagegen feine Scchwierigkeiten machen wird, daß dieser Beamte 1n den preußischen Landtag eintritt. Der Staatssekretär hat früher erklärt, daß er den Beamten seines Ressorts, wenn sie gewählt werden, keine Schwierig- keiten machen wird. Ich bitte aber, auch den Beamten keine Schwierigkeiten zu machen, wenn fie Ürlaub zu Wahlreisen haben wollen. Die Wünsche der betreffenden Beamten gehen dahin, daß ihnen gestattet wird, den ihnen zustehenden Urlaub so zu teilen, daß sie 8 oder 14 Tage vor der Wahl der Agitation sih widmen können.

Staatssekretär des Reichspostamts Kraetke:

Ich kann betde Fragen des Herrn Vorredners bejahend beant- worten. Wie bekannt ist, find mehrere Postbeamte niht bloß Mit- glieder des preußischen Parlaments, fondern auch anderer einzelstaat- licher Parlamente. Noch niemals ist den Beamten Widerstand ent- gegengeseßt oder sind ihnen Schwierigkeiten bei Uebernahme des Mandats bereitet worden. Wir haben ihnen die Annahme des Mandats unter Uebernahme der Stellvertretungskosten auf das Reich gestattet. (Bravo! im Zentrum.) Was die zweite Frage angeht, wiewcit den betreffenden Beamten Urlaub erteilt werden kann, fo ist auch nah dieser Nichtung hin immer so vorgegangen worden, daß ihnen, wenn nicht s{chwerwiegende Hinderungégründe entyegenstanden, kürzerer Urlaub zu ihren Reisen usw. gewährt worden ist. Dieses Verfahren wird au künftig eingehalten werden. (Erneuter Beifall im Zentrum.)

_ Abg. Böhl e (Soz.): Die Brief- und Paketbestellung in Siraßburg läßt Jehr zu wünschen übrig. Hier muß die Vberpojt- direktion für Abstellung dieser Mißstände sorgen. És ist ferner zu bedauern, daß die Reichslande kein eigenes Postsheckamt haben. So vergehen mindestens 60 bis 80 Stunden, ehe der Kontoinhaber zu scinem Gelde kommt. Bei der industriellen Entwicklung Elsaß-Loth- ringens legt gerade die Geschäftswelt großen Wert auf ein neues Scbeckamt.

Abg. Sa hs e (Soz.): Bei der Entwendung der Steigerliste im Nuhrrevier ist den Postbeamten vorgeworfen worden, daß sie dabei die Hand mit im Spiel gehabt hätten. Der darüber entstandene Prozeß hat aber feinen Beweis hierfür erbraht. Dies will ich bier festitellen.

Abg. H ubri ch - Oberbarnim (forts{r. Volksp.): In den großen Städten, namentlich in Berkin, sind diè Beamten durch die Entwick- lung der Industrie und des Handels gezwungen, in den Außenvierteln eder Vororten zu wohnen. Das hat zur Folge, daß sie täglih weite Gntfernungen zurückzulegen haben. Da sie ih das Fahrgeld nicht leisten können, so müssen sie diese Strecken zu Fuß zurücklegen. Viel- leicht ließe sih dadurch Abhilfe schaffen, daß man einen zusammen- hängenden Dienst schafft und die englische Tischzeit einführt. Damit würden auch die Bestrebungen der Gartenstadtbewegung und des (Figenheims gefördert. Viele Zentralbehörden haben ja {on diese Dienstzeit und stehen sih gut dabei. Jn den Kreisen der Beteiligten wünscht man die Erseßung des Titels „Geheimer erxpedierender Sekre- tär“ durch einen der Post angemesseneren. Auch die Titelwünsche der Kanzlisten verdienen Beachtung. Geklagt wird darüber, daß das neu geschaffene Verdienstkreuz in Gold nur an die Assistenten verliehen wird, während die andern sih mit dem in Silber begnügen müssen. Die Dienststrafen. hindern den Beamten häufig noch am ÄAvancement, troßdem noch vor einigen Jahren eine Verfügung erlassen worden ift, daß bei cinwandfreier Führung auf solche Strafen, die 5 Jahre zurück- liegen, nit zurükgegriffen werden darf. Unzufriedenheit erregt es, daß die Telegraphensekretäre früher zur Anstellung als die Postsekre- târe fommen, ebenso daß die Wartezeit zu den Prüfungen so ungleich ist. Der Nedner tritt dann noch einmal für die Resolution Ablaß ein und meint, daß die Beamten mit ihrer Auffassung Necht haben, daß man von thnen nur die Reife für Untersekunda verlangt, um den Anspruch auf Gleichstellung mit den anderen Beamtenkategorien zurücckweisen zu können.

Abg. Schirmer (Zentr.): Das weibliche Personal der Post- verwaltung soll nach dem Etat weiter vermehrt werden. Die Be- denken gegen diese Vermehrung, wie sie von der Rechten vorgetragen worden sind, kann ih nicht teilen. Wir haben ja im Deutschen Reiche eine Million Frauen mehr als Männer; follen wir alle jungen Madchen, die micht in die Ehe treten, in die Kolonien \{icken? Nein, wir wollen unsere Frauen bei uns behalten. Die Verwaltung kommt dabei auch niht zu Schaden, im Gegenteil. Für den Telephondienst eignen sih Frauen besser als Männer; auch beim Postscheckamt sind die weiblichen Beamten den Männern an Firigkeit durchaus eben- bürtig. Jn Bayern wird demzufolge kein Unterschied zwischen männ- lichen und weiblichen Beamten in bezug auf etatsmäßige Anstellung gemacht, und der Staatssekretär sollte dem Beispiele Bayerns folgen. Wir werden für die entsprechende Resolution Ablaß stimmen. Daß ein Teil der wegen Krankheit Abgegangenen sich verheiratet und nach- her wieder gesund wird, ist doch kein Wunder: die Ebe ift doch der natürliche Beruf der Frau, die Betreffenden haben sich gesund ge- heiratet. Und haben wir nicht oft erlebt, daß pensionierte Beamte und Offiziere nachher ein Geschäft aufmachen oder in Privatstellungen treten?

Abg. Werne r - Hersfeld (d. Neformp.) tritt für Besserstellung der Postdirektoren cin. Es würden ja die ältesten von ihnen Näte dritter Klasse; aber damit sei der Gesamtheit dieser Kategorie nicht gedient. Man sollte ihnen na einer gewissen Dienstzeit einen be- Fenbézan Natstitel geben. Ferner wünscht er für die gehobenen Unter- beamten die Schaffung einer besonderen Klasse zwisHen den mittleren und Unterbeamten. er vermehrten Anstellung von Frauen wider-

Ner wird über unbezahlte Ueberstunden und mangelnde Sonntags- lde geklagt, Besonders \{leckcht sind in diesem Oberpostdirektions-

* poarter einstellen.

spricht der Redner; zunächst möge man alle brauchbaren männlichen An- Gegen die Telephonistinnen und ihre dienstlichen

eiger und Königlih Preußischen Staatsanzeiger.

Leistungen habe er gar nichts einzuwenden, seine bezüglichen Acuße- rungen 1m Vorjahre seien mißverstanden worden.

Abg. Dr. Struve (fortshr. Volksy.): Es handelt sich doch beute nicht mehr darum, ob weibliche Kräfte in das Postbeamten- personal aufzunehmen seien: das Neich habe sie ja bereits seit einer langen Reihe von Jahren, und da müßten auch die Wünsche dieses Teiles der Beamtenschaft, soweit sie berechtigt seien, erfüllt werden. „Hierzu gehöre das Verlangen der unkündbaren Anstellung nah einer Rethe von Dienstjahren. Bei den Telegravhenarbeitern besteht noch immer der Mißstand, daß ihnen bet der Anstellung die Zeit nit angerechnet wird, die fie als Arbeiter bei der Verwaltung zugebracht haben ; alle unsere Versuche, hierin R-medur zu schaffen, sind bisher vergeblich g:blieben Die gehobenen Unterbeamten, die nach 1905 in gehoben2 Stellen befördert wurden, Haben infolge ver- änderter Dienstpragmatik zum Teil ganz erheblihe Zurück- versezungen im Gehalt erfahren. Auch diesen Uebelstand wünschen wir zu beseitigen und bitten um Annahme unserer bezüglichen Resolution. Bis zum nächsten Jahre sollte dic Frage der Anrechnung fo weit geflärt werden, daß die Frage endgül:ig geregelt werden kann. Auf den Wunsch des Vorredners, zwishen den mitt}eren und unteren Beamten noch eine besondere Klasse von mittleren Unter- oder unteren mittleren Beamten zu schaffen, follte fich ter Staatsfekretär nicht einlassen. Die Tagegeldsäße der Postboten müßten ebenfalls erhöht und den Ortslohnsazen angepaßt werden; es sollte diese Fest- seßung von dem Staatssekretär selbst vorgenommen und nicht den einzelnen Oberpostdirektionen überlassen werden. Brauch- bare Elemente, die auch nachher im Postdienst . vorwärts fommen, werden \ich diesem Verwaltungszweige nur zuwenden, wenn sie auh in den erften Jahren angemessen bezahlt werden.

Abg. Erzberger (Zentr.): Au) im Westen sind die Post- botenlöhne nicht boch genug, sie müßten um 10 °% autgebefsert werden. Hoffentlich jeßt der Staatssetretär seinen ganzen Einfluß bis zur dritten Lesung im Bundesrat ein, daß etwas Brauchbares erreicht wird. Mit bloßen Resolutionen können wir uns in diitter Lesung nicht begnügen, wie es aus den Ausführungen des Abg. Struve für die freisinnige Partei herausflang. Wir halten unbedingt an den Beschlüssen zweiter Lesung fest.

Die erste der von der Budgetkommission vorgeschlagenen Resolutionen, betreffend die Beförderungsverhältnisse der höheren Beamten, wird mit großer Mehrheit angenommen.

__ Vei der Abstimmung über die erst& Resolution Ablaß muß Auszählung erfolgen. Die R tion wird mit 135 gegen 103 Stimmen angenommen. d

__ Die Kommissionsanträge zum Eiat selbst werden ebenfalls mit großer Mehrheit angenommen.

Die zweite von der Kommission vorgeschlagene Resolution, betreffend die Wiederholung des Sekretärexamens, wird an- genommen, ebenso die dritte, betreffend die Vorlegung einer Novelle zum Besoldungsgesez noch vor der dritten Lesuna.

Hierauf werden die folgenden zur Beratung des Postetats für 1912 von der Budgetkommission beantragten Resolutionen zur Abstimmung gebracht:

1) die verbündeten Regterungen zu ersuchen, geeignete Maß- nahmen in Erwägung zu ziehen, durch welhe eine gerechte Be- seitigung der in der Festseßung der Bezüge, insbeiondere des Wohnungsgeldzushusses, für dic Postunterbeamten in einzelnen &äâllen hervorgetretenen Härten und Unstimmigkeiten bewirkt wird, und vom Reichstag in einem Nachtragsetat die dafür erforderlichen Mittel anzufordern;

2) den Reichskanzler zu ersuchen, nahmen zu treffen, durch welche:

qa. die in der RNeichspostverwaltung beschäftigten Personen eine

den örtlihen Lohn- und Lebensverhältnissen entsprehende Bezablung erhalten,

. die Anwärter für die Schaffnerklasse bei der Neichspost- verwaltung nah durhschnittliher zehnjähriger Beschäftigung in der Regel etatèmäßig angestellt werden.

Mit kleiner Mehrheit gelangt eine zweite Resolution Ablaß wegen der unkündbaren Anstellung der Post- und Telegraphen- gehilfinnen zur Annahme; Deutschkonservative, Reichspartei, Zentrum und Polen stimmen" dagegen.

Die leßte Resolution Ablaß wird mit großer Mehrheit an- genommen.

Für Postagenten sind im Etat 8701 925 4 ausgeworfen; der Durchschnittssaß der Vergütung ist von 650 auf 675 erhöht. Außerdem sind 100 neu einzurichtende Postagenturèn in Ansaß gebracht. Die Vergütung erreiht bei Stellen ohne Telegraphenbetrieb ein Maximum von 900 46, bei Stellen mit Telegraphenbetrieb von 1200 6.

Abg. Werne r - Hersfeld (Reformpy.): Die Forderungen der Post- agenten nah Gewährung einer Urlaubszeit und unentgeltlichen Ver- tretung sind vollkommen berechtigt, da ihre Tätigkeit immer mehr zu einem Hauptamte auswächst. Die Erhöhung des Zuschusses von 650 6 auf 675 F ist ja erfreulih, genügt aber nit.

Abg. He ck (nl.): Die Postagenturen sind au die Ausgabe- stellen für Invalidenrenten. Viele Agenturbezirke sind sehr groß, sodaß die Klagen der Rintner über die weiten Wege, die fie all- monatlih zurüdckz legen haben, um ibre Renten abzuheben, berechtigt sind. Vielleicht lassen sich diese durch die Landbri: fträger zustellen.

Der Fonds für außerordentliche Unterstüßungen für mittlere Beamte ist in der Budgetkommission um 10000 4 auf 487 177 A, der Fonds zur Unterstüßung für höhere und mittlere Beamte um 27200 #6 auf 1305573 #6 erhöht worden. \

Die Ostmarkenzulagen stehen im Etat für 1913 mit 1 100 000 6 aufgeführt als „außerordentlihe unwider- ruflihe Zulagen für die in der Provinz Posen und in den gemischtsprachigen Kreisen der Provinz Westpreußen angestellten mittleren, Unter- und Kanzleibeamten“.

Die Budgetkommission hat den ganzen Titel gestrichen. Von den Abgg. Hubrich und Kopsch (fortshr. Volksp.) ist die Bewilligung nah dem Etatsentwurf beantragt. Die Rechte (Deutschkonservative, Reichspartei und Wirtschaftlihe Ver- einigung) haben einen Antrag Behrens-Schultz-Bromberg-Graf Westarp eingebracht, den Titel als außerordentlihe unwider: rufliche Zulagen für die in der Provinz Posen und in den gemischtsprachigen Kreisen der Provinz Westpreußen und in Elsaß-Lothringen angestellten mittleren, Kanzlei- und Unterbeamten mit 2 Millionen Mark zu bewilligen. Die Nationalliberalen endlich wollen als „unwiderrufliche Zulagen für die in den gemishtsprachigen Teilen des Reichs8postgebiets angestellten mittleren, Kanzlei- Und Unterbeamten“ 2100 000 4 in den Etat einstellen.

die erforderlichen Maß-

Ueber diese drei Titel wird gemeinsam beraten,