1913 / 45 p. 7 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 20 Feb 1913 18:00:01 GMT) scan diff

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stelle. Die Dentisten wollen den Zahnärzten keine Konkurrenz machen. Für die Schulzahnpflege reichen die vorhandenen Zahn- ârzte niht aus; auch bei der Krankenbehandlung auf Grund der MReichsverficheungso'dnung sollte man die Z hatechniter hinzuziehen. Ja ganz Schlesien gibt es nur 73 Zahnärzte- und 407 Dentisten, auf 101400 Einwohner entfällt nur ein -Zahnarzt. Die Dentisten wollen keine Arbeit unternehmen, dic den Zahn- ärzten vorbehalten- is. Wir haben alle Veranlassung, unsere Zahnvyflege zu erweitern. In Ländern wie Italien, ¿Frankreich, der Schweiz hat die Bevölkerung durhweg gesunde, weiße Zäbne: der berühmte Zahnarzt Riese in Dresden hat « darauf. hin- gewiesen, daß *ter falkhaltige Boden, der auch den Produkten des Landes Kalkgehalt gibt, der Bildung guter Zähne förderlich ist. Schon bei ¡dem Kinde im Mutterleibe ist die Zahnbildung dadur zu fördern, daß man den Frauen in dieser Zeit knochenbildende Nahrung gibt. Dann möchte ih den Minister darauf aufmerksam mathen, daß wir noch 400 «Genossenschaften in Preußen haben, die keinem Nebisionéverbande angehören. Ich. möchte den Minister bitten, bei einer etwaigen Aenderung des Genoßssenschaftsgesetzes entsprechende Bestimmungen einzuführen, wonach diefe 400 Genossenfchafteu ge- ¿wungen werden, ‘einem Nevisionéverbande- beizutreten, der unabhängige evisoren hinausschickt, Weiter möchte ‘ih mich bes{chweren über die “Animierung der Banken zum Börsensptel. Aus genossenschaftlihen Kreisen wird mir ein Rundschreiben der Darmstädter Bank an die Genossenschaftsverbände itder- mittelt, worin diese aufgefordert werden, mit der Bank Ultimogeschäfte zu machen. Ih will die Bank darauf aufmerkfarm machen, ‘daß jeyt schon drei Vorstandsmitglieder ‘von gewerblichen Genossenschaften nahezu zugrunde gegangen {ind dadur), „daß sie fih verleiten ließen, an der Börse zu )pekulieren, und zwar nicht nur mit ihrem eigenen Vermögen, fondern auch mit dem threr Freunde, und zum Téil- die Genossenschaften stark geschädigt baben. Jch halte es für unmoralish, daß die Banken an derartige Leute in dieser Welfe herangehen. Sollte es dem Minister möglich sein, ‘den Banken zu beweijen, daß fie fih niht auf dem richtigen Wege befinden, ‘so‘würde ih Mich darüber freuen. Auch aus Kreisen der Sparkassen- genojenschaften bin ih gebeten / worden, dem Minister zu unterbreiten, ob es niht mögli sei, anzuordnen, daß die Höhe der Umsäße der Wertpapiere neben den Kursen veröffentlicht wird. Sehr ‘bedauerlich ist, daß die Vorlage über die Wanderlagerbetriebe, die bereits vor zwet Jahren seitens des Ministers in Aussicht gestellt worden ist, noch nicht im Reichstage cingebraht worden ist. Die Papierhändler beklagen fich noch immer darüber, daß die Schuldiéner Schreibhefte und dergleihen an Schüler ‘verkaufen. Die Papier- händler {tehen si nit besonders, fie fiùd schon dur die Waren- häuser beinahe ruiniert worden. Deshalb bitte ich den Mintster, fich mit dèêm Kultuêminister über diese Angelegenheit in Verbindung zu seyen. Zur Bekämpfung der Hausiererplage bitte ich den Minister, im Juteresse der ansä|figen Kaufleute mit dem Minister des Innern in Berbindung zu treten, damit den Gendarmen größere Befugn!s beüg- lich der Kontrolle der Hausiershemne gegeben wird. Die Behörden müßten angewiesen werden, bei der Verabtolgung der Haufierscheine äußerst vorsichtig vorzugehen. Dann lege ich dem Minister die Frage der Kleinhandtelsausshüsse ans Herz. Die feitber damit ge machten Erfahrungen find mcht besonders erfreulich. Einzel Haadelskammern haben überhaupt noch feine Kleinhandelsausfchüsse eingerichtet, während andere Handelskammern fich solche Leute zu Mitgliedern dieser Ausschüsse ausgewählt haben, die keines- wegs die Interessen der Kleinhandeltreibenden vertreten. Meine politischen Freunde stehen mit der Mehrheit dieses Hauses auf dem Standpunkt, daß. der Jodustrie und ‘der Landwirtschaft un- bedingt. S{Wuß gewährt werden muß. Selbstverständlih muß auch der Mittelstand, Gewerbe wie Kaufmannschaft, ‘den “gebührenden Schut-vona seiten der Regierung erhalten. Dann werden die segens- reichen Folgen auch für den Si1aat nicht ausbleiben.

Abg. Winckler (kons.): Ich bitte, daß die Frage der Förderung der niht gewerbsmäßigen Arbeitsovermittlung bei der Generaldebatte nicht berührt wiro. | : /

Abg. Dr. Schroeder - Cassel (nl.): Auch wir balten diesen Vorschlag für zweckent!prechend.

Das Haus beschließt danach.

Abg. Dr. G eunenberg (Zentrc.): Unsere Handelsbeziehungen zum Auslande müßten weiter au gebaut werden. Meine politiscen Freunde haben s{chon seit Jahrzehnten die Industrie entsprechend gefördert, ich verweise nur auf die Sch1ffung der Handelsverträge und den Zolltarif. Son wiederholt haben wir darauf hingetwies n, daß die Handclsbilanz verbessert werden muß. Die Absatyuebiete müssen eriveitert werden, indem wir den JInlandskonsum von der auslänishen Produktion möglihst unabhängig machen. Das ift besoiders ‘bei fTriegeri\chen Verwilungen von größter Bedeutung. Schon in früheren Jahren habe ih darauf hingewiesen, daß es notwendig sei, daß zur Hebung der Handelsverhältnisse im Aus- lände die Konsula1sbeamten eine bessere Auc bildung erfabren als bisber. Ich bitte den Minister um Auskunft darüber, in welhein Umfange dies bieher geschehen is und wie sih eine bessere Ausbildu! g in der Praxis bewährt hat. Wir wünschen ferner Vermehrung der Handels- fahverständigen im Auslande. Bei der Durchführung der Zollg-\eße ist von Wich!igkeit, daß die Ausbilcung der 1echnisch:n Zollbeamten eine bessere it. Wir müssen zum mindesten fordern, daß die Dekla- ration eine richtige ift, damit der reelle - Handel konkurrenzfähig er hasten bleibt. Zur Vorbereitung der künftigen Handelsverträge veilangen wir eine umfassende Produktionsstatistck im Fn- lande und Erhebungen über Produktionsverhältnisse in fremden Staaten. Bezüglihß der Ecneueiuung der Syndikate wünschen wir, daß die Negierung alles tut, damit die großen Vers bände, namentli} der Stahlwerksverband, wieder erneuert werden. Von Wichtigkeit ist, daß eine eigene Nheinmündung geschaffen wird. - Leider liegt das Projekc noch in sehr weiter Ferne. Das ist um fo bedauerlih’r, als 1914 der Rhein-Hannoverkanal beendet fein wird. Die Schiffahrtsve hältnisse auf dem Nhein bedürfen einer Neu- regelung. Die Bestimmungen, denen \ih die Schiffer zu unter- werfen haben, find außerordentlich \{charfe. Fn den Nuhrhäfen und in den Seehäfen muß bei Tag und Nacht geladen und gelöst werden. Die Schiffer müssen sich verpflichten, an der angewiesenen Stelle ihr Schiff lädebereit zu halten und auch Sonntags zu 1öshen. Daß die Schiffer ganz außerordentlich ausgebeutet werden, gibt auch die „Frankfurter Zeitung“ zu, die wörtlich schreibt, daß bet diesen traurigen Verhältnissen der Schiffer dem sicheren Untergange entgegengeht. Wix fordern, daß eine geseß!ihe Negelung der Nacht- und Sonntags- rühe erfölgt. Ecst wenn dies geschehen is, wird diefe Ausbeutung déx Arbeitskraft beseitigt werden. “Der Minister hat der Deutschen Gfdölaktiengesellshaft eröffnet, daß er thre Aktten an der Börse nicht zu- lassen werde, folange die Verhandlungen über das Petroleummmonopol s{weben. Das ist auffallend, weil man bisher noch nie fo vor- gegangen ist. Wir bitten um Aufklärung. Wir begrüßen, daß end- lih das Wohnungsgesehz veröffentliht worden ist und in der nächsten Session elngebraht werden wird. Peine Freunde werden bereit sein, an dem Wohnungbgefeß nah Kräften mitzuarbeiien. Gefreut hat es unß au, ‘daß die Königliche Porzellanmanufakiur einen so günstigen Abs{hlüß gehabt hat. Im allgemeinen müssen wir darüber flagen,

daß auf dem Gebiete des Kleingewerbes zu wenig geschieht. Ich halte

es für bédduerlich, däß wir fast in jedem Jahre dieselben Klagen wieder- holen müssen. Ich bitte die Negierung, daß fie nun endlich die Föcde- ring des Kleingêwerbes energish und zielbewußt in die Hand nimuit. Dex heimliche Warenhandel hit einen außerordentlich großen Umfang angèénommen. Es wäre an der Zeit, wenn der Minister endli dagegen vorgeht. Unter dem Verbot der Benugung der Bodén- und Keller- räume für gewerbliche Arbeiten leiden nicht nur die Handelsgewerbe, sondèrn au die produzierenden Gewerbe, eine ganze Meihe von Ge- wetben und nit ihnen die Arb- iter, die in den Etagenräumen nit genügend Licht für ihre Arbeiten haben; die oberea Etagen leiden utiter den aus den unteren Geschossen aufsteig!-nden Dämpten. Die Kléinhandelsaus\{hüsse funktionièren noch nicht richtig, die Kletn- Händelsfreise wünschen, daß diefe Ausschüsse nicht ernannt, fondern gewählt. werden. Wir haben uns viel um bas Handwerk

bemüht, mnamentliß durch die Anträge unseres Freundes Trimborn, aber die Klagen des Handwerks werden noch immer ‘er- hoben. Das beste Mittel, das Handwerk" zu fördern, ist-4. B. die richtige Kreditgewährung. Lebhaft klagen die Handwerker über die Stadtkonkurrenz, «die Städte nehmen viele Arbeiten in eigene Negie, ja die slättischen Betriebe machen den Handwerkern fogar da- dur Konkurrenz, daß fie für Private Arbeiten übernehmen... Daß das Geméinwesen auf die einzelnen keine Nüksiht nehmen kann, it ein überwundener Standpunkt, es muß hier den städtischen Betrieben ein energishes Halt gèboten werden. “Die: Klagen über“ die Bäerei- verordnung und ihxe xigorose Handhabung reißen nicht ab; wir bitten jedenfalls den Minister, daß mit möglichster Schonung verfahren werde. Im allgemeinen müssen wir wünschen, daß für das Handwerk mehr geschieht, daß der Mittelstand gefördert wird. Für die Arbeiter ge- \chieht sehr viel, für das fleine Gewerbe fehlt noh vieles. Das Reklame- wesen nimmt einen unglaublihenUmfang an; aus meinem Wahlkreisesind mir viele Netlamen zugegangen, die Auswüchse des Neklamewesens sind. Die Handelskammer in Bochum hat beantragt, dis Gefeß gegen den unlauteren Wettbewerb dahin zu ändern, daß das Angebot von Ge- schenken verboten wird. S i A E M Abg. Dr. Schroeder - Cassel (nl.): Auf die Genossen- haft. frage wird später mein Freund Sthifferer _zurü@kominen. Die Einführung det Retichsversicherungsordnung erfordert in dem Handélsministeruum eit großes Maß von Arbeit, die Ein- führungs8arbeiten sind bisher ‘glatt’ verlaufen, ber s besteht doh vielfa eine - große Rechtsunsicherhelt, man weiß vielfach nit, wie man si mit dem neuen Gesez abfinden soll. Namentlich bezügliG der Angestelltenversitherung besteht _große Nechtsunficherheit, und wir “bitten den Minister, möglichst für Aufklärung zu sorgen. Die preußische Megierung “ist -dankens- werter Weise den Landesversicherungsanjtalten bei der Auseinander- seßung mit den neuen Versicherungsämtern fehr entgegengekommen. Die Neichsversiherungsordnung ist fo kompliziect und umfständlich, däß durch fie kaum ein besserer ‘Rechtszustand herbeigeführt worden ift. Das Nechtsmittel des NRekurses ist beseitigt worden, um das -Neicßs- versicherungsamt zu entlasten: dadur fällt die Nachprüfung der ganzen Nentensahen durch das Reichsversicherungsamt leider fort. Die Ent astung dés Neichévérsiherung8amts hätte fih wohl auch auf andérem Wege erreichen lassen. Jch möchte wörschen, daß der Termin des 1. Sanuar 1914 für das Inkrafttreten der MKrankenverficherung mög- list innegebalten wird. Das Proportionalverfahren nah der Neichs- versicherungsordnung erscheint mir höchst zweifelhaft, es ist viel zu schwierig, und ih kann mihch damit nicht einverstanden erklären. Herr Grunenberg wünscht “die Errichtung einer Kleinhaändels- berufsgenossenschaft, dieser Wunsch ist aber bereits erfüllt, das Statut ist auszearb.itet ; ebenso ist eine Gärtnereiberufsgenossenschaft ge- bildet worden. Die Gärtner haben den Wuns gehabt, daß sie nicht einer anderen großen Berufsgenossenschaît, d. h der landwirtschaft- lichen Berufsgenossenschaft, angegliedert werden ; das hat man als be- rechtigt anerkannt, und ich wünsche den Gärtnern, daß sie mit ihrer Berussgenossenschaft zufrieden sein können. Die Möglichkeit der Bildung der Landkrankenkassen ist ret{8geseßlih ges währletstet, und meine Freunde bitten den Minister, daß er in ‘dieser Hinsicht ketne Schwierigkeiten in den Weg legen möge. ‘Er ‘hat das ja auch in der Kommission erklärt. Die Entscheidung über die Landkrankenkassen liegt jeßt bei den lofalen Behörden. Der neue Wohnungsgéseßentwurf ist {wer zu verstehen, man muß überall Vergleiche mit bestehenden Geseßesterten vornehtten; der Minister sollte uns etne Gegenüber stellung des neuen Textes mit den geltenden geseylihen Bestimmungen vorlegen. Der frühgre Ges 8-ntwurf von 1904 iît von allen Seiten zerzaust worden. Der jeßige Entwurf bringt wesentliche Abshwächungen des früberen, die ih nur beklagen kann. Es wird zu prüfen sein, ob diefe Ab- shwächungen richtig sind, wenn auch zuzugeben i, daß dér früße&e Entwurf zu weit gegangen ift. Der Reichstag hat eine Wohnungskommission eingesetzt, in der alle Parteiën vertreten find, und diese Kommission hat einstimmig den Erlaß eines Reichs- wohnungsgesezes gefordert. Auch die Konservativen und die Freifonservativen haben dafür gestimmt. Dasin bemeikenswert gegen- über den Angriffen des Freiberrn von Maltzahn ‘auf den Netchstag. Wenn auch die Zuständigk it des Nieiches nicht bestritten werden tann, so b lten meine Freunde es do für erwimsct, - daß die Bundesstaaten auf diesem Gebiete vorgehen. In enger Ver- bindung mit der Wohnungsfrage steht das Hypothekenwesen. Um den Hausbesißern die Beschaffung von Hypotheken zu. exleicbtern, halten wir es für notnendig, daß Pfandbriefanstalten errichtet werden. Gegen die Zulassung der Oerl gationen der Deutscen Erdöl- aktiengesellshaft an der Börse hat der Minister Bedenken erboben. Ih wäre dem Minister schr dankbar, wenn er bier an dieser Stelle auf die Gründe eingehen würde, die ihn zu seiner Stellung- nähine veranlaßt haben. Das Verhalten des Ministers ist -auf- falle d, weil ex früher in der Frage der Zulassung von Aktien an der Börse noch nie ‘eingegriffen hat. Er hat auch selbst gesagt, daß er dies nur im äußersten Notfalle tun werde. Wir wünschen, daß die Konsumvereine gegenüber dem Kaufmannsstand in steuerlicher Beziehung nitt bevorzugt werden. Wir verlangen insbesondere, daß die aufgespeichertèn Nabatte auch versteuert werden sollen. Ich hoffe, daß bei der Beratung der Etnkomme: steuernovelle diese F:aye gè- regelt wird, Mit der Handhabung “der Bäckereiverordnung in Preußen find wir: niht einverstanden. Bet der Konzessionierung ollten die geseßlihen Bestimmungen milder gehandhabt werden. Weiter wünsch-n wir eine Beseitigung des § 100 g der Gewerbe- ördnung, der Mindestpreise für das Handwerk vorschreibt, weil durch diesen Paragraphen eine unnötige Bcvormundung dés Hand- werks herbeigeführt wird. Mit einer s{ärferen Hanthabung des Bauschußgeseßzes werden wir wahrscheinlih niht weiter kommen. Es ist eine Engquete veranstaltet worden über die Subhastationen an einer Rethe von Gerthten. Wie ih höre, sollen die Ergebnisse dem Statistischen Landesamt zur weiteren Bearbeitung übermittelt worden scin. Cs wird interessant sein, zu hören, wie das Ergebnis aus- gefallen ist Jch habe die Befürchtung, daß die Erhebungen keine sichere Grundlage ergeben. Schon früher ist daraux aufmerksam gemacht worden, daß bet den Zwangsversteigerungen ein aroßer Teil des Forderungsnachweises uiht in Erscheinung tritt, weil die For- derungen nicht eingetragen sind, wegen der Ueberlastung des Grundstückes. Ueber die Handhabung - der neuen Submi\sionss bestimmumi gen werden viel Klagen laut Ih bitte den Minister um Auskunft, wie sich das Submissionsamt in Leipzig bewährt hat. E83 ift behauptet worden, daß dieses Submissionsamt auh \cchon selbst als Konkurrent aufgetreten set. Wenn das wahr ist, so würde ih das fehr bedauern, denn das Sub- misfionsamt soll doch nur etne Vermittlungasftelle sein. Da die Handwerkskammern aus eigener Kraft Submissionsämter nit schaffen können, glaube ih, daß die Negierung die Sache tn dle Hand nehmen muß. Vielleicht wäre es angebracht, in den -nähsten Etat die erforderlihen Mittel zu diesem Zweck einzustellen. Meine Freunde sind bestrebt, foweit es in ihren Kräften steht, mitzuhelfen zur Förderung des. Handwerks und Kleingewerbes. Gs besteht" kein Zweifel darüber, daß der Mittelstand das stärksté Bollwerk gegen die So-ialdemokratie ist. Die Stärkung des Miittelständes ist daher eine Lebensfrage des : Tages. Wenn wir uns alle Mühe geben, zur Stärkung des Mittelstandes beizutragen, dann hoffen wir, daß auch die Regierung ihrerseits nah allen Kräften dazu beitragen wird.

Minister für Handel und Gewerbe Dr. Sydow :

Zu den leßten Worten des Herrn Vorredners kann ih mich durchaus zustimmend erklären. Ich bin mit ibm und ai mit dém Herrn Abg. Hämmer durchaus darin einverstariden, daß. wit das Handwerk gerade da, wo es mit seiner Selbsthilfe nit mehr dur fommt, staatlich unterstüßen müssen. Freilih muß nebenhèr au die Selbsthilfe des Handwerks auf den ihr zugänglihen Bahnen - fort- s{reiten, damit däs Handwerk auf gesunden Beinen und nicht auf Krlicken läuft,

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Eine Reihe von Fragen, die von den drei Herren Vor rednern angeschnitten sind, möchte ih schon jeßt in diesem Stadinm der Erörterung beantworten, obwohl ih voraus, sehe, -- daß - die . Redner; die nah” mir sprechen wollen sié au) auf ihrer Vorbéreitungéliste haben. Das sind Fragen, die alliährlih wiederkommen. Aber wenn ih mi zu thnen jeßt erfläre ist es vielleiht mögli, die Debatte der nah mir Sprechenden etwas abzukürzen, da ih in dem einen oder anderen Punkte Erklärungen abgeben kann,“dte‘den Herren Vorrevnern und ‘ben na “tür Spréthenden, wie ih denke, genügen werden.

Ich möchte anfangen mit der Frage des Submissionsverfahrens und der Submisfsionsämter. Jch bitte aber, glei die Frage des Subtnisfionsverfahrens" aus\Mheiden zu dürfen, da fte beim Ministerium dér öffentlichen Arbeiten zu verhandeln ist. Dagegèn geht mein Ressort ble Frage der sogenanriten Submissionsämter an. Der Herr Abg. Dr. S{hroedèr (Cassel) hat ganz rihtig vernommen, daß mein Referent kürzlih in Leipzig war, um sich ‘an Ort: und Stelle über das Funktionieren des dortigen Submissionsamts zu unterrichten, das sich wie bekannt, an die Mittelstandsvereinigung anschließt. Die Zeit ist wohl noh zu kurz, um ein endgültiges Urteil über die Erfolge, die tit der dortigen Einrichtung erzielt find, zu fällen. Sie besteht erst drei Jahre. Sie hat mit Unterstüßung der sächsischen Negierung si nit vergeblich bemüht, die Handwerker zusammenzuschließen, um fie, was der einzelne niht konnte, an Submissionen zu beteiligen. Auf die Weise sind in diefen drei Jahréèn für 300 000 46 Aufträge an dortige Handwerker gekommen, eine immerhin ganz hübshe Summe, wenn fie ‘auh nicht übermäßig hoh erscheint, sobald man daneben die Kosten der Einrichtung vergleiht. Die Kosten werden aus\chließlid von der Königlich sächsishen Staatsregierung bezahlt, und diese Zuschüsse haben in den ersten 3 Jahren 51 500 F betragen. Für das Jahr 1913 find 30 000 in Ausficht genommen.

Einmal hat das Submission2amt den Versuch gen adt, einen größeren Auftrag felbst auszuführen. Das ift aber mißlungen. Es hat fich herausgestellt, daß das Submissions- amt ih nach unten verkalkuliert hat. (Heiterkeit.) Also das kann man ‘daraus lernen: folWe Submisstonsämter sollen sh nit felbst mit der Ausführung von Arbeiten beschäftigen. (Sebr richtig!) Im gänzen darf man daber aus den kritisWen Bemerkungen nit folgern, als sei der Leipziger Vorgang erfolglos gewesen; er hat in seinen Grenzen immerhin einen gewissen Erfolg gehabt.

Hammer erwähnt hat, seitens der Handwérkskammer in Breskau er sprach au von Stettin, eine sölhe Vorlagë ist mir noch nit zugegangen

ein von ihm angeregter Vorshlag vor În Angliederung an die dortige Handwerkskammer eine Submissionsst-lle zu er- richten, deren Aufgabe folgende fein soll. Sie soll zunäthst die Kenntnis zu erlangen suhèn von allen Ausshreibungen, die im Bezirk vorkommen, was sih ja dur behördlihe Anordnungen sehr leiht erreihen läßt. Sie soll den' auß\reibenden Stéllen Vorschläge über die Faffung ‘der Bedingungen machen. Sie foll dann aber vor allen Dingen ‘mit Handwerkern in Verbindung treten, um sie zur Ausführung der Aufträge heranzuziehen, soll die einzelnen verbinden, sei es zu Leferunüsverbänden, vder sei es unter Umständen zu Ge- nossenshaften. Es fann au sein, ‘daß ‘den Innungen als sfolGen Aufträge zuges{riebèn werden können. Dann \oll die Submissionbstelle Sachverständige auswählen, die den Behörden aui Wunsch gute Di nste leistèn können. Sie soll Preistarife aufstellen, die auh den Behörden als Anhalt für ihre Auétschretbungen zur Ver- fügung gestellt werden, und fie foll endlch auf Mißstände im privaten Subwmissionswesen achten und fie abzuftellen suhen. In ganzen foll also diese Submissions\telle eine vermittelnde Stelle séïn, die nit eine Kontcolle über die Behöcden beansprucht, sondern die auf ein

vertrauensvolles Zusammenwirken zwischen ‘den aus\{h:eibenden Be

hörden einerseits und den zu Verbänden zusamimengefaßten Hand- wverkern anderérseits abzielt.

Nun liegt jeßt, wie Herr

Ich muß sagen, dieser Vorschlag {cheint mir so maßvoll und ver ständig zu sein, daß man ihm praktis wohl wird näher treten föônnen. (Bravo !) "Es wird ziïnähst eins vermieden, wxs in meinen Augen ein Fehler der technis{hen Etrrihtung fein würde, daß man nämli neben die geseßliche Organisation des Handwerks noch eine andere Oftgänisation stellt. Jch würde mi nie darauf einlassen, folhe Einrichtungen nebzn ‘den geféeßmäßigen Vertretungen des Handwerks zu begünstigen. Ste follen fh an die Handwerks- kammern anlehnen, die dazu berufen sind, das Handwerk zusammenzufassen. Sie wissen ja, seit Fahren sind die Bestrebungen des Hausés und auch die des Handelêministers darauf gerichtet worden, daß ‘andere Behörden bei Ausf{hretbungen Verbände von Hand- werkern zu {afen suchGen und diése mit der Ausführung der Auf träge ‘betrauen. ‘Diese Béstrébungen sind immer daran gescheitect, daß die Handwerker sehr \chwer zufänimenzubringen sind. Dazu gehört eben jemand, der weiß, wo die geeigneten Leute sind. Das können aber wieder am ersten Leute finden, die von den Handwerkskamrmeérn dazu auêgewählt find. Es erscheint am zweckmäßigsten, daß die Handwerkskainmer einen Ausschuß bildet, in dent erfahrêne, vielleiht frühere Handwerker, auch Kaufleute, kurzutm Leute, die Sachkünde äuf dem Gebtet dér Lieferung haben, zusammen find und dann gegebenènfalls, wein éine Ausschreibung kommt, sich sagen können: an der und ‘der Stelle sitzen geeignete Handwerker, die wöllen wir nun einmal heranhölèn und zufaminenzubtingen fuchen. Ih glaube, däß es in dieser Wéise am ‘besten geht.

Aus dem sächsischen Beispiel kann man entnehmen, daß sonst leiht die Gefahr entsteht, daß die Orgauisalionskosten unverhältnis- mäßig hoh werden, daß die Sade teurêr veranlagt wird, als nötig und zweckmäßig ist. Jh denke mir die Sale also so: Von der Händwerkskammer in Breslau würde eine solhe Submissionsstelle eingerichtet werden, zu der die Handwerkskammer aber au selbst einen Koöstenbeitrag gibt das will sie ja au. Sie würde dann aus den Mitteln des Handelsmiritstertunis einen Zushuß bekommen. Wenn das Ganze als Versu behandelt wird, so glaube ih in der Lage zu sein, aus dem Fords „Zuschüsse zu den Veranstaltungen der Handwerkskammern usw." der Kaminer für ein, zwei oder dre! Zahre einen Zushuß in Aussicht stellen zu können. (Bravo) Das Ganze wollen wir als einn Versuch ansehen. Bewährt er sid- dánn mag ‘das in anderen Bezirken nachgemacht werden. Allzu gros dürfen die Bezirke nicht fein. Von etnem zentralisierten ae thissionsamt für Preußen kann gar keine Rede seln. (Sehr rihitg-/ Ob si die Bezirke genau mit dem Bézitk inet Haudwerkskamme

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der mit dem Bezirk mehrerer Handwerkskamnmern, etwa mit deu der ¿gvinz, déTén sollen, ‘das"tinuß die Erfahrung lehren. Jch glaube, wenn wir fo vorsichtig vorgehen, haben wir die Aussicht, etwas gernünftiges zu schaffen, dic Handwerker zu unterstüßen und do ihre etgene selbsttätige Mitarbeit dabei nicht Tahm zu legen. (Bravo!)

Dann komme ih auf etwas, was uns hier au {on oft besGäf- tigt hat: die Einführung des weiten Teils des Bausficher u ngs- esezes. Die Herren tennen ja die Bédenken, die ich früher dagegen geltend gemacht have und die im wesentlichen dahin gehen: ich be- «irdite, daß, wenn wir den Teil 2 des Gefeßes eingeführt haben, das anze Bauwesen in die Hände der Baubanken fallen wird (fehr cdtig! links), weil diese die unbequemen Bestimmungen mit der Mustherungshypothek vermeiden können, indem fie eine Kaution wterlegen , und daß auf die Weife die Selbständigkeit y Handwerker gefährdet werden könnte. (Sehr richtig! uts.) Ih bin auch von dem Bedenken noch nicht ganz gebeilt. Jer auf der andern Seite sehe ih, daß die beiden Häuser des Land- ags den Wunsch haben, einmal ‘einen Versu mit der Einführung des zweiten Teils zu machen. Deshalb habe ih mi im vorigen Jahre bereit erklärt, der Frage näher zu treten, und habe zunächst Frhebungen in fünf Städten ‘veranlaßt, nämlich in Greß Berlin, reslau, Cöln, Stettin und Kiel. Hier sind mit Hilfe des Statistischen Undesamts zunächst bei den Gerichten Erhebungen gepflogen über die Verluste der Bauhandwerker und Baulieferanten bei den Subhaftationen aus den Jahren 1909 bis 1911. Den Sub- |astationsfällen ist tm einzelnen nahgegangen worden. Ein wüklich ¡ureihendes Material, wie wir es brauchen, kann man aber auf die Meise niht bekommen ohne Mitwirkung der Bauhandwerker felbst. Eine solche Fühlung zwishen dem Statistishßen Landesamt und den Hauhandwerkern hat zunächst für Groß Berlin stattgefunden. Bei den anderen Städten war es einfach wegen der Größe der Arbeitslast nit gleiWzeltig möglich. In Berlin ist unter dankenswerter Mit- virfung der Handwerkskammer und der Handwerker selbst durch eine Umfrage bei rund 12000 Beteiligten ermittelt worden, wie hoh sich nun die Ausfälle der Bauhandwerker und Baulieferanten wirklich) belaufen, wie weit diese auf nichteingetragene Forderungen Ausfälle gehabt haben, was etwa an eingetragenen Forderungen aus- gefallen, was anderweit gedeckt ist. Es ist auf die Weise ein um- fassendes Material zusammengekommen, daß jeßt der Bearbeitung unterliegt. Das Statistishe Landesamt hat noch weitere Absichten. Es will aus dem Material fozusagen eine Studie über die Ursachen tes Baushwindels in Berlin in den drei Jahren herausentwickeln.

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Das wird ein fehr wertvolles Material sein. Es ist aber au viel Arbeit !

dazu nötig, und es wird beim Statistischen Landesamt unter Zuziehung von Hilfekräften mit aller Anstrengung daran gearbeitet. Die Hoffnung, bis zum Januar d. Js. das verarbeitete Material {hon hier vorlegen zu fônnen, ift nit crfüllt; aber es ist Grund anzunehmen, daß wir in elva 2 Monaten das ganze Material wenigstens für Groß Berlin fertig haben werden. Ein folches Material muß man wenigstens baben, ehe man der Frage, ob nun wirkli) der zweite Teil des Ge- \eged einzuführen ist, ents{heidend näher tritt. Denn nah dem Geseg sind darüber zunächst die Handwerkskammer, die amtlihe Handels- bertreng und die Gemeinde zu hören, und denen muß man do sichere, zuberlaisige Tatsachen an die Hand oeben. Wenn also das Material mir borliegt, so werde ih vorautsihtli% diefe Organisationen über die Frage zu höôren haben, wie es das Geseg vorschreibt, und muß mir natürli die weitere Entsheidung so lange vorbehalten, bis ih deren Aeußerungen gelesen habe. Wenn man für die anderen Städte auch an die Frage der Einführung herangchen will, follte inan in gleiher Weise mit den Handwerkerkammern zusammen die Zahlen prüfen. Jch bemerke übrigens, daß Bayern ähnlich vorgeht, daß aber noch immer kein ecinziver Staat im Deutschen Staate die Courage gehabt hat, den zweiten Teil des Bausicherungsgesetes in Kraft zu setzen. (Hört, hört!)

Die von Herrn Hammer berührte Frage der Taxämter steht damit in gewissem Zusammenhange, und es wäre erwünscht, daß, falls man zur Einführung des zweiten Teils kommt, bereits Tar- ämter vorhanden wären, denen man die Funktionen des Bauschöffen- amts übertragen könnte. Aber ich kann heute noch nicht sagen, ob die schwierige Frage der geseßlichen Regelung des Tarxierungswesens hon fo weit gediehen ist, daß darauf gereWnet werden kann, daß bald eine Vorlage an den Landtag kommt.

Die weitere Durchführung des § 35 Abf. 5 der Gewerbe- ordnung möchte ih doch im Auge behalten. Ih gebe vollkommen i, daß das kein Radikalmittel ist, aber etwas hilft es do. Wenn Sie sih die Zahlen ansehen, \o sind’ infolge der von hier aus- gegangenen Anregungen ‘doh seit 1910 in Preußen in 116 Fällen Üntersagungen des Gewerbes als Bauunternehmer erreicht worden. Das Verfahren {webt noch in 132 Fällen, und in 353 Fällen haben die Leute, ehe es zur Untersuchung kam, freiwillig den Betrieb eingestellt.

Ver erste Teil des Bausicherungsgeseßes wird, glaube ih, vnbeshadet der Einführung des zweiten Teils doch noch ver- besserungsfähig sein. Man wird einmal doch der Frage näher treten müssen, ob die Nichtführung der Baubücher ‘nicht absolut unter Strafe it stellen ist. (Abg. Hammer: Sehr richtig!) Jeßt werden die zur Führung cincs Baubuches Verpflichteten erst bestraft, wenn fie ihre Yhlungen eingestellt haben oder der Konkurs über ihr Ver- ügen eröffnet ist, also wenn es zu spät ist. Zweitens, ob man iht irgend einer Instanz die Möglichkeit der Kontrolle der Bau- tier übertragen foll. (Sehr gut!) Jeßt fehlt die gefeßliGe Hand- \abe dazu.

Ih komme nun nod) kurz zu den Fragen, die in der Venkschrift des Handweiker- und Gewetrbekämmertages er- mert weiden, und möchte auch hier meine Freude und Genug- tung darüber autsprechen, däß fsich die organisierten Ver- er der Handwerker die Mühe gema(ht haben, in dieser ventsuift alle \Gwebenden Fragen in einer wirklih vortrefflichen Mlatheit und Vollständigkeit im Reichstage und Bundesrat vorzu- gen. (Bravo!) Es ist die Absicht, im Wege einer Novelle d Gewerbeordnung eine Rethe von Fragen zu tegeln. Jm

tihéamt des Innern i} zurzeit der Entwurf einer Hand-

tkerno velle in Vorbereitung, bei deren Ausarbeitung alle q benden Handweikerfragen, insbesondere auch die, welche ù N erörtert sind, eingehend geprüft werden sollen.

Uifeie en binnen kurzem zwischen den beteiligten Ressorts kom- [hè Beratungen flattfinden, an die {{ch dann Bêéspreungen

ên beruf enen Verttetern des Hant werks anfWhließen sollen. Bei

der weiteren Beratung der an- den Reichstag kommenden Vorlage werden die einzelnen Streitfragen noch eingehend zu erörtern cin.

Wenn sh ‘die Sache fo lange * hingezbgert hat; liegt das wirklih nur an der Shwierigkéit der Fragen.

Ich will nur -die drei Punkte erwähnen, die heute besprochen find. In der Frage ‘der Abgrenzung von Fabrik und Handwerk find wir uns wohl alle Handwerk und Regierung einig, ‘daß gefeßzlid die Merkmale nit festgelegt werden können, daß és im wesentlihen därauf ankommen wird, die Zabl der Instanzen zu “vermindern; jetzt fönnen es die Gerihte, die Verwaltungsgerihte und die Ver- wältungsbehörden fein. Man wird die Gerichte, {on weil Bestrafungen vorkommen können, nicht ganz aushalten Tönnen, aber man kann die beiden anderen Instanzen, Verwaltungsgert{t und Verwaltungsbehörden , vielleiht in irgend einer Weise zu- zusammenlegen. Ebenso {wer ist die Frage der Beiträge,

welche die Großbetriebe zu den Koften der Lehrlings- | ausbildung zahlen sollen, zu lôöfen. Bei der Bespre{ung, die |

voriges Jahr im Reichsamt des Jnnern mit Vertretern des Hand- wérks stattgefunden hat, ist man ja darauf bimau8gekemmen, man wollé fuhen, im Wege der Verftändigung zwischen Handwerks- ‘Und Handelskammern Beiträge von beiden Seiten zu gében, um gewisse, für Lehrlinge im Handwerk und für junge Leute im Großbetriebe gemeinschaftliche ‘Einrichtungen, z. B. Jugendheiure, Fahs{uleri, für gemeinschaftliche Nehnung zu schaffen, und man muß däbwarten, wie weit das führt.

Was den § 1004 betrifft, so steht der Herr Abg. Dr. Schroeder das hat er ja hon im vorigen Jahre getan —— auf dem Standpunkte, wenn das Handwerk dié Beseitigung des § 100g abfolut haben will, dann soll man den Einwand, den au der verstorbene Abg. Jacöbs- kötter machte, fie würde vorausfichtliG nit zum Segen des Hand- werks ausf{chlagen, auf si beruhen laffen.

Die Sache hat aber-noch eine andere Seite. Glauben die Herren wirklich, daß es gut täte und der Erfolg würde eintreten, wenn der § 100g gestrigen würde —, zu sanktionieren, wenn z. B. eine Zwangsfleisherinnung nun die Fleishpreise für einen Ort festsezt, ohne das etwas dagegen zn machen ift? Ich glaube, mit einer Streihung \{lech{tweg is da nit zu helfen; das muß mit großen Kautelen ges{hehen. Wie die Kautelen zu treffen sind, darüber bin ih augenblicklich nicht in der Lage, Vorschläge zu machen. Der Widerstand, der hier gegen die Aufhebung des § 100 q geleistet ist, geschieht rwikliß nit aus Engherzigkeit, sondern ih möhte fagen, weil es auß noch andere Menschen als Handwerker gibt. (Sehr gut! Heiterkeit).

Was die Wanderlager betrifft, so kann ih Herrn Abg. Hammer miktteilen, daß zwischen dem preußis{en Ressort und dem Reichsamt eine Verständigung darüber erzielt ist, daß eine Ergänzung der Gewerbeordnung vorgeschlagen werden soll, wonach die Zulassung von Wanderlagern in gewisser Wéise vom Bedürfnis ‘abhängig gemacht werden soll. (Bravo!) Ste ist noch niht an den Neihstag gélängt, weil eine Reihe von Fragen zur Gewerbeordnung gemein- \chaftlih durch eine Novelle zur Entschzidung gebracht werden soll.

Die Kleinhandelsaus\chüsse haben, seit ch mi im Jahre 1912 darüber äußern konnte, weitere Fortschritte gemacht. 1911 waren deren 45 vorhanden und 5 in der Bildung begriffen, jéßt find 62 vor- handen. Nun hat Herr Abg. Grunenbèrg gemeint, man solle doch die Kleinhandelsaus\@üsse wählen, nicht ernennen lassen ernennen, ist wohl gemeint durch die Handelskammern. Das geschieht fon zum großen Teil. In 40 Fällen erfolgt ‘die Wahl der zum Klein- handel8ausschuß gehörende Mitglieder dur dirékte Wahlen der Gewerbetreibenden oder durch Mitwirkung Präsentation zur Wahl der Fachvereine, Kommunalvertretungen oder anderer Wahl- körper, und nur in 16 Fällen erfolgt die Wahl dur die Handels- tammer selbst. Eine ‘direkte Einwirkung darauf, daß diese 16 Fâlle anders geregelt werden, steht mir nit zu.

Die schwierige Frage der Sonntagsruhe und der Nacht- ruhe im Binnenschiffahrtsgewerbe, bildet seit einiger Zeit den Gegenstand der Verhandlungen zwischen den Beteiligten, den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern. Es i big jeßt leider nicht gelungen, eine Uebereinstimmung zwiscken ihnen zu er- ztelen. Die amtliche Régelung auf der Gewerbeordnung wird deshalb erwogen. ESie i|t aber nicht ganz einfach zu bewirken. Insbesondere ist cs zweifel. haft, ob man auf Grand der Gewerbeordnung für die S(iffahrts- betricbe, die doch zum Verkehrsgewerbe gehören, Bestimmungen üker die Sonntagöruße erlassen und ob man auf dieser Grundlage die von den Schiffern gewünschte objektive Nuhe für das ganze Schif für Nacht und Sonntag vorschreiben kann.

Die Bäckereiverordnung gehört ja au zum lebenden In-

ventar der Etatsdebatte beim Etat der Handels- und Gewerbéverwaltung.

Ciner der Herren Vorredner sagte: die Klagei wollen nit verstummen: Ich glaube, sie werden auch nicht verstumtmen, fo lange noch eine Bâätdckerei- im Betriebe ist, die den Anforderungen, die an fie gestellt werden müssen, niht entspriht, weil ja immer der Haus- besißer das Interesse hat, dieses" Lokal möglichst lange verwerten zu können. Aber ih glaube auch, in diéser Beziehukg ein gewisses Ent- gegenkommen in Aussicht stellen zu können. Es ist richtig, daß man es war wohl im Jahre 1909 zunächst im Handelsministertum davon ausging, die Dispense nur auf Zeit zu erteilen. Das lag aber hauptsählich an der Neuhett der Sache. Man glaübte, damit etwas méht darauf drücken zu Töônnen, daß die disvensierten Be- triebe nun alles täten, um die Näume den bygienishen An- forderungen citsprehend au8zugestalten. Jeßt ist eine Reibe von Jähren verflossen. Jn Größ Berlin find vielleicht interessieren die Zahlen —- von 2777 überhaupt vorhandenen Bätereien 2110 als vor- shriftsmäßig oder nabezu vorschriftemäßig befunden 1oorden. Auch alle nahezu vorshriftsmäßigen haben dauernden Dispens b-kommen. Es blieben 667 Bätkèrëien, ‘die erhebliGße Abweihungen von den Vor- {riften der Bäckereiverordnung aufwiesen. Davon haken 376 be- fristeten Dispens bekommen, ohne daß ein Umbau nötig war, und 291, nachdem in ihnen Verbesserungen durch einen Umbau herbeigeführt worden sind.

Nun wird man keinesfalls so weit gehen können, was zeitweilig das Schlagwort in den Kreisen der Bäcker wär, die rückwirkende Kraft der Verordnung aufzuheben, das hicße mit anderen Worten auf alle Bâckereien, die bet der Bekanntgabe der Verordnung schon be- standen, die Verordnung überhaupt niht anzuwenden. Das würde ein folher Verzicht auf die notwendigsten Verbesserungen sein, daß ih glaube, kein Mensh könnte das billigen. Nachdem nun aber

Grund des § 120f

alle. Bâtereien . varaufhin gevrüft worden find, ob sie den Anforderungen entspreer, id na@hdem erbéblihe Ver- besserungen erfolgt find, wird man, glaube id, {iebt, wo die zunäGhßst bewilligten Auknahmefristen zu Ende gehen, mit der Gewährung dauernder Dispense, das heißt solher, die bis zu einem größeren Unibau oder einem Erweiterungsbau reihen, weit- herziger sein fönnen. (Bravo!) Man wird, wenn tnaän nh sagt „die Abweichungen sind nicht unecträglih, tas möglide ist gesceben, der Mißstand der bleibt, ist nit gar zu groß“, den Dispens auf. die Dauer, d. h. solange bis der Umbau erfolgt, verlängern können. Es wird natürlih Fälle geben, wo die Mißstände immer noh fo groß find, daß man ‘eigentli die Bäüterei glei {ließen müßte. Auh dann aber können noH persönliße Nü&sihten in der Person des Hausbesißzers oder des Bätereiinhabers vorliegen, die eine Verlängerung des Fristdispenfes auf kurze Zeit angezeigt erfdeinen lassen. Deshalb wird man immer mit einer Erteilung von Frist- dispensen weiter zu renen haben. Uéterall, wo man dn Dispeas dauernd gewährt, muß natürli im Wege der Aufsicht darauf gesehen werden, daß die Reinlihkeitsvors{hriften \trengstens befolgt werden (sehr rihtig!); wo das nit geschieht, muß mit Strafen eingesetzt werden. Das sind wir sowohl den Arbeitern als au ‘dem fkonfu- mierenden Püblikum \chHuldig.

Alle meine Bemerkungen beziehen si{ natürliß nit auf folie Bätereien, die den baupolizeilihen Vorschriften nicht entsprehen: für fie kommen in erster Linie die Dispens- vorshriften in Betracht, die für den Di2pens von baupolizeiliden Vorschriften gelten.

Der Herr Abg. Dr. Schroeder (Cassel) hat auch die Ver- siherungs8gesezgebung des Reiches hier berührt. Fch babe nur zu einem Punkt in der Beziehung eine Erklärung abzugeben, betreffend die Landkrankenkassen. Da kann ich nur noGmals das wiederholen, was ih in der Kommission gesagt habe: seitens des Mivisteriums für Handel und Gewerbe wird die Einrichtung der Landkrankenkassen in keiner Weise ershwert. Wir gehen in der Be- ziehung Hand in Hand mit dem Landwirtshaftsmiristerium, das in erster Linie dafür zuständig ist.

Die Frage der Besteuerung der Konsumvereine und Nabattsparvereine gehört zum Etat des Finanzministeriuums. Ich dürfte wohl bitten, wenn nötig, sie dort wieder vorzubringen. (Abg. Hammer: Sehr ritig !)

Nun bleibt mix zum Shluß noch eine Angelegenheit, die mit den eben besprohenen wenig innere Gemeinschaft hat. Das ist die Frage der Zulassung der Aktien der Deutschen Erdöl- aktiengesell\schaft. Im Reichsrage ist über mein Verhalten in der Sache eine kurze Anfrage an den Herrn Reihskan,ler geftellt worden; dieser hat bei .der Beantwortung darauf hin- gewiesen , daß es sich bei der Einwirkung auf die Zulassungsstelle um eine “Tandesrechtlihe Angelegenheit handle, da die Aufficht über die Börsen und ihre Einrichtungen, alfo au über die Zulassungsftellen, zur Kompetenz der Landesbehörden gehöre. Mein Vorgehen in dieser Sache ist daher hier zu ‘vertreten. Mit der Zulaffung der 13,8 Millionen betragenden Aktien und der 6 Millionen betragenden Schültvers{reibungen ‘der Deutschen Erdöl- aktiengesellschaft hat es folgende Bewandtnis.

Der Prospekt w-gen Zulassung ‘dieser Papiere ist bereits im vorigen Herbst an ‘die Zulassungsstelle gebracht worden. Da aber ‘die Erdölaktiengesellschaft ungemein verwidelte Geschäfts- beziehungen hat, war der Prospekt sehr umfangreich ausgefallen er umfaßt 16 Seiten dicses Formats! und nach der Meinung der Zulafsungdst-lle do nit genügend durhsihtig. Der Prospekt rourde daher zuriächst zur Umarbeitung und besseren Klarlegung zurückgegeben. Bei der weiteren BespreGung entsland in der Züläfsungsstelle felber das Bedenken, ob cs denn überhaupt mögli set, klare Grundlagen zur Bewertung der zu emittierenden Papiere zu geben, solange über das Schicksal der Petroleummonopolvorlage, die dem Reichstage vorgelegt ist, niht entschieden sei. Die Bedenken berubten darauf, daß für die künftige Gestaltung der Verhältnisse der Deutschen Erdöls aktiengesellshaft der Ausgang der Gesezesvorlage nach zwei Nich- tungen von wesentliher Bedeutung fei; einmal, weil fie so ziemli die ganze deutshe Erdölproduktion in der Hand hat, und demzufolge, wenn das Gese zuslande käme, auf den aus\{lteßlich-n Verkauf ibrer ganzen deutschen Produktion -an -die deutsche Monopolverwaltung -an- gewiesen sein würde. Zweitens aber, weil fie noch einen besonderen Vertrag mit der Standard-Oil-Gesellshaft geschlossen hat, wona sie für den Fall des Nichtzustandekommens des Geseßes an dem deutschen Petroleumverbrauß mit 20 9/ beteiligt sein soll. Je nachdem nun das Gesetz zustande kommt oder nicht, müfsen sh die Verhältnisse der Gesellshaft in dem wesentlichsten Punkte, der Art ihres Absatzes, völlig verschieden gestalten. Kommt das Geseß nicht zu stande, ist die Gesellshaft in der Lage, auf Grund des Abkommens, wona ihr 209% der deutschen Petroleumversorgung zufallen, ihr Produkt zu dem Preise, den dann die Standard-Dil.-Ge- sellshaft Deutschland diktiert, abzuset-n. Kommt das Gesetz aber zu stande, dann muß fie mit ihren deutshen Produkten an die Monopol- verwaltung herangehen und erzielt den Preis, den ihr ‘diese gibt. Der Staatskommissar der Berliner Börse hat f diesen Bedenken ange- {lofsen. In der Zulässungsöstelle felbst waren die Metnungen \ehr geteilt. Ih möchte hier ein Wort betref des Vorgangs, den der Herr Abg. ‘Dr. Schroeder erwähkite, einshalten. Er betrifft die Aktien der Steaua NRotnana, die tim vorigen September zugelassen sind; diefer Fall lag indessen von dem der Deutschen Erdöl- aktiengeselschaft wesentlih vershieden. Die Frage des Petroleum- monopols ist für die fernere Entwicklung der Steaua nit von so grundlegender Bedeutung. Namentlich führte fe keinerlei Unmöglih- keit in der Bewertung ihrer Aktien herbei. Denn die Steaua Nomana wird garnit dadurch berührt, ob das Petroleummonopol in Deutfch- land zustande kommt oder nicht, weil fie lhre Produktion au außer- halb Deutschlands äbzuséßen in der Lage is und außerdem au nit in ähnlihen Beziehungen zur Standard-Oil-Company wie die Deutsche Erdölaktiengesell Gaft steht.

Ich habe mih den Ansichten des Staatékommissars nur an- {ließen können. Jh halte“ es" für niht dem öffentlihen Interesse entsyredend, wenn Päpiere an der Bötfe zugelassen werden, für die éin einigermaßen zuverläsfizer P -ospékt überhaupt nit aufgestellt werden kann, weil in einer Grundfrage ein großes Fragezeithen besteht. (Sehr rihtig! rechts.) Das ist au der Hauptgrund, weabalb ih mi zurzeit gegen die Zulassung ausgesprochen habe. Diese Papiere roürden sonst ein Spekulationêpapier geworden scin, das je nach den Aussichten