1913 / 48 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 24 Feb 1913 18:00:01 GMT) scan diff

Seine Majestät der Kaiser haben Allergnädigst geruht:

zum Präsidenten der Kaiserlihen Disziplinarkammer in

Schleswig den Königlih preußischen Landgerichtspräsidenten

Groth in Flensburg, zu Mitgliedern der Kaiserlichen Disziplinarkammern

in Darmstadt den Großherzoglich hessishen Oberlandesgerichisrat Hermann Sandmann daselbst,

in Düsseldorf den Direktor des Oberversicherungsamts, Königlich preußischen Oberregierungsrat No lda daselbst,

in Erfurt den Königlich preußischen Landgerichtsrat Schettler daselbst und

in Stuttgart den Königlih württembergishen Oberlandes- gerihtsrat Dr. von Haidlen daselbst

auf die Dauer der von ihnen bekleideten Staatsämter zu ernennen.

Von dem Kaiserlichen Vizekonsul in Guaymas (Mexiko) ist der Kaufmann Arnulfo Liera zum Konsularagenten in Santa Rosalía bestellt worden.

Betanntmähuna.

- Der Fernsprechverkehr ist eröffnet worden zwischen Berlin und den österreichischen Orten Marchegg gewöhnliche Gespräch8gebühr 3 und Komotau 2 M.

—_

Berlin C. 2, den 22. Februar 19183.

Kaiserliche Oberpostdirektion. Vorbe ck.

Königreich Prenßen.

Seine Majestät der König haben Allergnädigst geruht: den Baurat Ludwig, Vorstand des Militärbauamts Berlin TV, zum Jutendantur- und Baurat bei der Intendantur des Gardekorps zu ernennen sowie 5 dem Regierungsbaumeister Porath, Vorstand des Militärbauamts Mainz I, den Charakter als Baurat mit dem persönlichen Range der Näte vierter Klasse zu verleihen.

Ministerium der geistlichen und Unterrichts- angelegenheiten.

Königliche Technische Hochschule zu Berlin.

Vetanntmahqung.

Die Technische Hochschule zu Berlin wird die Hundert- jahrfeier der Erhebung der Nation am Montag, den 10. März N Dee Mittags 12 Uhr in der Halle des Hauptgebäudes be- gehen.

Charlottenburg, den 22. Februar 19183.

Rektor und Senat Jose.

Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten.

Dem Baurat Heimerle, bisher hauptamtlicher tehnisher Beirat der Generalkommission in Düsseldorf, ist unter Ver- sezung nah Potsdam an Stelle des aus dem Staatsdienste beurlaubten Baurats Mahr (auftragsweise) die Stelle des meliorationstehnishen Regierungs- und Baurats für die Provinz Brandenburg übertragen worden.

Versetzt sind: der Regierungsbaumeister Sunkel, bisher Vorstand des teliorationsbauamts in Posen, nah Düsseldorf als haupt- amtlicher tehnischer Beirat der Generalkommission für die Rheinprovinz und die Hohenzollernschen Lande und

der Regierungsbaumeister Otto Schroeder, bisher beim Meliorationsbauamt T in Oppeln, nah Posen als Vorstand des dortigen Meliorationsbauamts.

Kriegsministerium.

Die Gerichtsa\ssessoren Dr. Fink, Bettinghausen gen. Betting und Lehmann (Georg) aus den Oberlandesgerichts- bezirken Marienwerder, Cassel und Naumburg a. S. sind unter Ueberweisung an die Jntendanturen des I., 11. und IŸV. Armeekorps zu etatsmäßigen Militär - Jntendantur-

assessoren ernannt worden.

Verzeichnis der Vorlesungen und Uebungen an der Königlichen Tehnishen Hochschule in B aanaver im Scmmerhalbjahr 1913. Die Einschreibungen erfolgen vom 1. bis 21. April 1913. Beginn der Vorlesungen und Uebungen am 10. April 1913.

Abteilung 1 für Architektur.

Mohrmann: Uebungen im Stil der frühgermanishen und fiühchristlihen Kunst; Baukunst des Mittelalters 1 und 111; Ent- werfen im Stil des Mittelalters. Schleyer: Baukonstruktions- lehre I1 für Architekten; Land- und Stadtbau 1 und 11; Bau- materialienkunde. Roß: Allgemeine Kunstgeshihte; Geschichte der Baukunst. N. N.: Baukunst des Altertums 11; Bau- funst der neueren Zeit 11 und 1V; Uebungen in der Baukunst des Altertums; Entwerfen im Stil der neueren Zeit. ODr.-Ing. Michel: Statik der Baukunst 1 und 11; Baukonstruktions- lehre 1 für Architekten. Halmhuber: Grundlagen des ornamen- talen Entwurfs; Innenarchit:ktur mit farbiger Dekoration; Baus- formenlehre 11. Kanold: Entwerfen und Detaillteren von Ge- bäuden: Skizieren und Entwerfen aus dem Stegreif; Neuzeitliche Bauaufgaben ; Die architektonishen Aufgaben des Städtebaues. Friedrich: Figurenzeihnen; Frethandzethnen; Afktzeihnen. SFordan: Freihandzeihnen; Architekturmalerei. Votgt: Land- \chaftzeihnen und Aquarellieren. Gundelach: Modellieren 1 und 11. ODr.-Ing Hölscher: Entwerfen einfacher Gebäude für - Bauingentieure; Acchitekturzeihnen. Dr. Haupt: Deutsche NRenaissauce 1; Aelteste Baukunst der Germanen. Siebern: Denkmalpflege.

Abteilung für Bauingenieurwesen.

Dr.-Ing. Hotopp: Mechanik für Bauingenieure 1 und II; Bewegliche Brücken. Or. Oertel: Grundzüge der praktischen Geometrie; Praftishe Geometrie Plrlanzeichnen; Geodäsie 1: Grundzüge der astronomishen Ortsbestimmung. Dolezalek; Grundzüge der Ingenteurwifsenshaft; Baukonstruktionélehre I und I1 für Bauingenieure; Uebungen in Baukonstruktionslehre I1 für

Bauingenieure. Lang: Baustofflehre für Bauingenieure; Bau- ingenieurlaboratoriuum. Quietmeyer: Mörtelkunde T. Oen: Eisenbetonbau; Bauingenieurwesen für A1chitekten 1T; Ent- werfen von Eisenbauten. Brugsch: Statik; Eisenbau; Uebungen im Eisenbau. ODr.-Ing. Blum: Eisenbahnwesen I, II und Ill. Or.-Ing. Launhardt: Erd- und Straßenbau; Trassieren. Danckwerts: Wasserwirtschaft Il; Uebungen im Entwerfen wasser- wirtschaftliher Anlagen. Arnold: Wasserbau Il.

Abteilung für Ma shineningenieurwesen.

Frese: Maschineningenieurlaboratortum 1 und Il; Kinematik. Troske: Eisenbahnmaschinenbau ; Kraftwagenbau ; Uebungen im Ent- werfen von Fabrikanlagen und Eisenbahnhauptwerkstätten; Grundzüge des Eisenbahnmaschinenbaues. Klein: Maschinenzeichnen ; Hebe- zeuge und Pumpen; Entwerfen größerer Hebezeuge und Pumpen; Wasserhaltungs-, Förder- und Gebläsemaschinen; Ausgewählte Kapitel aus Hebezeugen und Pumpen; Baumaschinen. Weber: Mechanik 1; Ausgewählte Kapitel der Technischen Mechanik; Aeromecanik in ibrer Anwendung auf Motorluftschiffe und Flugzeuge. Dr.-Ing. Nachtweh: Allgemeine mechanishe Technologie; Tecnologte der Lrt Fabrikationszweige der Faserstoffindustrie; Technologisches

raktifkfum mit besonderer Berücksichtigung der Faserstoffindustrie. Rudelo ff: Maschinenelemente; Bau der Verbrennungskraftmaschinen. ODr.-Ing. Braun: Wasserkraftmashinen. Schwerd: Werk- zeugmaschinen; Fabrikorganisation und Betrieb; Ausgewählte Kapitel aus dem Gebiet der Maschinenfabrikation. Franke: Dampfkraft- maschinen; Entwerfen von Dampfmaschinen für Fortgeschrittenere; Ausgewählte Kapitel des Dampfmaschinenbaues ; Mascinaitelemente für Bauingenieure. Wilk e: Maschinenmeßkunde. Dr.-Ing. Willkomm: Untersußung und Prüfung von Terxtilstoffen, alle 14 Tage.

Abteilung für Chemie und Elektrotechnik.

Dr. Preht: Erxperimentalphysik; Arbeiten im Laboratorium der Physik; Luftschiffahrt. Dr. Leit häuser: Photographie ; Glektrische Wellen und drahtlose Telegraphie. Dr. Se ubert: Grundzüge dec Chemie; Arbeiten im Laboratorium der anorganischen Chemie. Dr. Eschweiler: Maßanalyse. Dr. Behrend: Grund- ¡üge der organtshen Chemie; Arbeiten im Laboratorium der organischen Chemie. Dr. Deer: Einführung in die Patentliteratur ; Synthese aer Stoffe. Dr. Oft: Zukerindustrie und Gärungsgewerbe ; Farbstoffe und Färberei ; Arbeiten im Laboratorium der technischen i Dr. Keppeler: Moorverwertung; Arbeiten im Labo- Moorverwertung; Die Glasindustrie; Keramisches Or. Bodenst ein: Angewandte Elektro- Arbeiten im elektrochemischen

Chemie. ratoriuum für Praktikum L und 11 hemte; Elektrohemishè Uebungen; | SFnstitut; Uebungen in der Elektroanalyse. Dr. J änecke: Ent- stehung und Verwertung unserer Kalilager. Dr. Bergius: An- wendung der physikalish-chemishen Betrachtungswetise auf einzelne Zweige der chemishen Industrie. Dr. Wehmer: Ueber Enzyme und Enzymwirkungen; Technische Baktertologie (eins{chl. Mykologie); Mikroskopierübungen ; Uebungen im bakteriologishen Laboratorium. Dr. Laves5: Grundzüge dec physiologishezn Chemie. Dr. Er d- mannsdöôrffer: Kristallographte 1. Teil; Grundzüge der Geologie. Hoyer: Praktische Geologie 11; Geologie des nordwestlichen Deutschlands. Dr. Schö ndorf: Technish wichtige Mineralien und Gesteine Deutschlands; Uebungen im Entwerfen und in der Ver- wertung geologisher Karten und Profile. Dr. Kohlrausch: Grundzüge der Elektrotehnik; Theoretishe Glektrotehnik; Elektro- tehnishes Laboratorium 1, IL und TIL. Dr. Heim: Elektrische Anlagen 11; Entwerfen von elektrishen Maschinen und Trans- formatoren; Elektrishe Bahnen; Elektrishe Kraftübertragung für Maschinentingenteure. Dr.-Ing. Beckmann: Praktische Elektro- technik für Anfänger ; Elektrotehnische Meßkunde T und Il; Asynchron- motoren. Dr.-Fng. Brückmann: Einführung in die Rechnung mit vektoriellen Größen; Dxehstromkollektormotoren; Elektrotehnishes Seminar, alle 8 Tage Uebungen. Dr. Humann: Elektrische Kabel.

Abteilung für allgemeine Wissenschaften, insbesondere Mathematik und Naturwissenschaften.

Dr. Kiepert: Höhere Mathematik 11; Ausgewählte Kapitel der Mathematik. Dr. Müller: Höhere Mathematik T und IIl. Dr. Rothe: Grundzüge der höheren Mathematik für Architekten und Chemiker; Ausgewählte Kapitel der Elastizitätslehre; Die Differenttalgleichunyen der tehnishen Mechanik. Dr. Rodenberg: Darstellende Geometrie; Darstellende Géometrie T. Dr. Heß: Botanik 11; Die Feinde der Bauwerke im Tier- und Pflanzenreiche ; Die Familie der Gräser. Dr. Gehrig: Geld-, Bank- und Börsenwesen; Allgemeine Volkswirtschafislehre; Grundzüge der Finanzwissenschaft; Volkswirtschastliche und \ozialpolitische Uebungen. Dr. Erdmann: Staats- und Verwaltungsreht. Dr. Kasten: Englische Sprache und Literatur für Anfängec und für Geübtere. Dr. Loh mann: Fianzösishe Sprache und Literatur für Anfänger und für Geübtere. Dr. cher: Deutsche und allgemeine Geschichte im 19. Jahrhundert. Nu ßbaum: Gewerblihe Gesundheitslehre. Dr. Geißler: Die erste Hilfeleistung bei ÜUnglüksfällen. Dr. Deetjen: Grillparzers Leben und Werke. Dr. Krüger: Wil- belm Raabes Leben und Werke. Dr. Otto: Bakteriologischer Kursus für Anfänger; Die Gefahren der Prostitution und ihre Ver- hütung. Dr. Lessing: Encyklopädte der Philosophie ; Aecsthetik des Dramas und Theaters; Naturphilosophie; Kant; Erziehungs- und Unterrichtsfragen; Soziologie. Dr. Budde: Crperimentelle Pädagogik. Riese nberg: Praktische Nebungen im Sprechen und Bortragen.

Hannover, den 15. Februar 1913.

Der Rektor der Technischen Hochschule. Mohrmann.

Nichkamllicßes. Deutsches Reich.

Preuszen. Berlin, 24. Februar 1913.

Seine Majestät der Kaiser und König besuchten, wie „W. T. B.“ meldet, heute vormittag den Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg.

Das Königliche Staatsministerium trat heute zu einer Sißung zusammen.

Die 40. Tagung des brandenburgischen Provinzial- landtages ist gestern im hiesigen Ständehause dur den Oberpräsidenten, Wirklichen Geheimen Rat von Conrad mit folgender Ansprache eröffnet worden:

P Herren!

Vor wenigen Tagen hat die Verlobung der einzigen Tochter unseres Kaiserpaares Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Viktorta Luise mit Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Ernst August, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg stattgefunden. Wie diese Nachricht im ganzen Reiche freudige Bewegung I hat, fo war der Jubel in der Mark Brandenburg darüber besonders groß; denn wir Brandenburger, die wir nunmehr 500 Jahre lang Freud und Lid mit dem edeln Fürstengeihl-cht der Hohenzollern geteilt haben, fühlen uns unserem erhab-nen Herrscher und seinem V in Treue und Ergebenheit besonders nahe. Wir gedenken daher heute an erster Stelle des Kaiserlichen Hauses und des hohen Brautpaares mit

unsern ehrfurchtsvollen Glück- und Segenswüns ;

unsere Verhandlungen mit dem ebrerbletigen Ausdru gerit beginnen Dankbarkeit für die Huld und Gnade, welche Seine Majestät und Allergnädigster Kaiser, König und Markgraf unserer Provinz u nier Provinztallandtag au im vorigen Jahre wieder bet Gelegen dem großen r Wt qugewandt hat. eit der

Indem i ie bei Wiederbeginn Ihrer Sißungen i kommen heiße, habe ih zunächst dem (émecilider Baer Me zu geben, daß seit unserer leßten Tagung sechs Mit lied. durch den Tod aus unserer Mitte geschieden sind, darunter. au unser bisheriger verehrter Alterspräfident, der seit Einführung de Provinzialordnung dem Provinztalauss{usse und dem Provinziallandta L ununterbrochen angehört hat, ein Mann, der \sich dur die Lauterkeit und Festigkeit seines Charakters wie durch treue und gewissenhafte Pflichterfüllung gleich ausgezeihnet hat. Wir werden ihm und den anderen im Dienste der Provinz bewährten Männern ein treues und ehrendes Andenken bewahren. Außerdem haben zwet Mitglieder ihr Mandat wegen Verzug aus der E niedergelegt. Die Ersagt- wahlen haben bis auf eine stattgefunden und werden Jhrer Prüfung unterworfen werden.

Von der Königlichen Staatsregierung werden Ihnen dieses Mal keine Vorlagen unterbreitet werden. Sie werden viel, mehr in der gegenwärtigen Session nur über solche Vorlagen zu be- {ließen haben, welhe Ihnen vom Provinzialausschusse unter- óreitet werden und welhe entweder dem Gebiete der laufenden Ver- waltung angehören oder welhe dazu bestimmt sind, bereits bes{chlofene E weiter auszubilden oder der Provinz neue Aufgaben zu stellen.

Die von Ihnen im vorigen Jahre beshlossene Provinzial-Le-bens- versiherungsanstalt Brandenburg ist unter dem 14. April v. J. Aller- hödst genehmigt worden und hat am 15. Mai v. I. ihren Geschäfts- betrieb aufgenommen. Im Interesse der Verbreitung des Ver- sicherungsgedankens in weiteste Kreise hat sch die Aufnahme der Bolksversiherung in den Geschäftsbetrieb der Provinztalanstalt als erwünsht herausgestellt; es wird Ihnen daher vorgeschlagen, zu diesem Zweke der Provinzial - Lebensversicherunganstalt einen einmallgen Zushuß von 950000 ## durch den Etat zu bewilligen. Sodann hat die von ihnen im Vorjahre be- \chlossene Aenderung der Brandenburgischen Feuerwehrunfallkafse die Allechöchste Genehmigung gefunden; und s{ließlich ist in Ueber- einstimmung mit Ihrem Beschluß die Eingemeindung von Borhageu- Rummelsburg in den Stadtkreis Lichtenherg durh Gese vollzogen worden. Die Stadt Lichtenberg ist damit in die Reihe der größten Städte der Provinz gerüdt.

Bei den bevorstehenden Verhandlungen wird wiederum der Etat den Mittelpunkt Ihrer Beratungen bilden. Er is mit gewohnter Vorsicht und Sparsamkeit aufgestellt, und es ist daher gelungen, ihn ohne Erhöhung des im vorigen Jahre beschlossenen Zuschlags von 14% zum Staatssteuersoll zum Abschluß zu bringen.

Zum ersten Male erscheint im Etat etne Position von 30 000 4 zur Förderung der Jugendpflege, die ihre Begründung in besonderer Vorlage findet. Jch begrüße die beabsichtigte Beteiligung des Pro- vinzialverbandes an dem Werke der Heranbildung einer frohe, förperlich leistungsfähigen, sfitilih tüchtigen, von Gemeinsinn und Gottesfurht, Heimats- und Vaterlandsliebe erfüllten Jugend mit besonderer Freude und hoffe, daß Sie der Vorlage Ihre Zustimmung nicht versagen werden.

Die umfangreichen und wichtigen Arbeiten zum Ausbau der nicht \chiffbaren Spree, der Lausiger Neisse und des Bobers sind innerhalb der Provinz Brandenburg gemäß den Bestimmungen des Geseßes vom 4. August 1904 nunmehr zum Abschluß gelangt. Die Uebergabe der Flußstrecken an den Provinzialverband hat stattgefunden, der damit die neue verantwortungsvolle Aufgabe der dauernden künftigen Unterhaltung dieser Flußläufe in vollem Umfange übernommen hat. Wenn Staat und Provinz bei dem Ausbau sh auch in erster Linie von dem Interesse der besseren Abführung gefähr- lichen Hohwassers leiten lassen mußten, fo ist es do gelungen, dabei gleichzeitig auh an vielen Stellen den Forderungen der unmittelbaren Landeskultur vor allem durh Wiesenanlagen in den Borländern oder durch Absenkung zu hoher Wasserstände gereht zu werden. Eine Er- gänzung dieses wichtigen Werkes plant die Provinzialverwaltung durch den SFhnen in besonderer Vorlage vorgeschlagenen Ankauf der beiden Amtds- mühlen tn Lübben. Die Beherrschung des Staues dieser Mühlen würde für weite Wiesenflähen und damit für etne vermehrte Viehhaltung von Bedeutung sein können. Diesen Zwecken der Wiesenmelioration und der Hebung der Viehzucht dient auch ein neuer von Staat und Provinz in ähnlicher Weise wie der Ostfonds zu shaffender und zu verwaltender Fonds zur Urbarmachung von Niederung8mooren, über dessen Begründung Ihnen eine besondere Vorlage zugeht. Außerden werden Fhrer Beschlußfassung noch Vorlagen, betreffend die Ergänzung der Sagzung des Pfandbriefamtes, den Bau einer Hebammenlehranftalt für die ganze Provinz und die Errichtung eines Viehversicherungs- verbandes innerhalb der Provinz, unterbreitet werden. Schließlih möchte ich noch zwei Vorlagen besonders hervorheben, die die Förderung des Verkehrs innerhalb der Provinz bezwecken, nämlich die stärkere Be- teiligung des Provinzialverbandes an der Bahn Reinickendorf- Lieben- walde, sowie cine Vorlage wegen Uebergabe des Kanals von Leibsd) na der Dahme an den Staat, weil er in Zukunft au dem Schiffs- verkehr gewidmet werden foll, während er seiner ursprünglichen Be- stimmung nach nur der \s{nelleren Abführung {hädlicher Spree- bohwässer dienen sollte. j

Meine Herren! Sie sehen, daß Sie wichtige und zum Teil umfangreihe Vorlagen beschäftigen werden. Mögen Ihre Be- ratungen und Arbeiten auch diesesmal der Provinz Brandenburg zum Wohle gereichen und ihr reihen Segen bringen. Mit diesem aufrichtigen Wunsche erkläre ih kraft der mir erteilten Allerhöchsten Vollmacht die 40. Tagung des Provtknziallandtages ür

eröffnet.

Hierauf wurden die Verhandlungen von dem Alters: präsidenten eröffnet und, nahdem der Majoratsbe}1ßer Gra] von Arnim - Boizenburg zum Vorsißenden gewählt war, nach einem dreifachen Hoh auf Seine Majestät den Kaiser und König, in das die Versammlung begeistert einstimmte, weiter-

geführt.

Laut Meldung des „W. T. B.“ ist S. M. S. „Möwe“ am 21. Februar in Lindi eingetroffen.

Großbritannien und Jrland.

Wie das „Reutershe Bureau“ erfährt, haben die Mächte auf den leßten Schritt der Türkei, durh den sie um ihre guten Dienste ersucht wurden, darauf hingewiesen, ‘daß ihre an die Pforte gerichtete gemeinsame Note noch nicht angenommen

worden sei. : Frankreich.

Der Minister des Aeußern Jonnart bestätigte in der vorgestrigen Sitzung des Ministerrats, daß Schukri Pascha der Pforte aus Adrianopel telegraphiert habe, _er habe n Einvernehmen mit den Konsuln den Stadtteil Karagasch 2 neutrale Zone für die Fremdenkolonie bestimmt. L Ministerrat begann sodann die Prüfung militärischer os i

Der in Marseille abgehaltene Kongreß des R Mie kanisch-sozialistishen Verbandes des Departeme Rhônemündungen hat beschlossen, von dem Vollzugsaus 7 der Partei die Streichung Millerands zu verlang tifffen dieser als Kriegsminister verschiedene Maßnahmen A ivie lte die den republikanisch-sozialistischen Grundsäßen ô iefen.

Ftalien.

n der Deputiertenkammer hielt der Minister des Aeußern Marquis di San Giuliano vorgestern eine mit Beifall aufgenommene programmatishe Rede über die aus- wärtige Politik. Nach dem Bericht des „W. T. B.“ führte

der Minister aus:

Mehrere Redner haben mit \{harfen Worten der Kritik an der uropäischen Diplomatie nicht gespart, aber wenn diefe ih “iht an die Stelle der großen bestimmenden Kräfte der Geschichte

segen kann, wenn man diesen leßteren häufig die endgültige Lösung der größten politischen Probleme überlassen muß, so bleibt es darum aht minder wahr, daß es der Diplomatie bis jeßt gelungen ist, egenüber fo großen Verwicklungen einander entgegenstehender Interessen den Frieden Europas aufrecht zu erhalten. Seit dreiundvierzig Jahren gab es fkcinen Krieg mehr ¡wischen den europäishen Mächten, und wenn die Diplomatie ¡u diesem Ergebnis die friedlihe Lösung der Balkankrise und den fciedlihen Ausgleich der mehr oder weniger direkt von den Balkanereignissen betroffenen Großmächte hinzufügen wird, so wird sie si sicher damit ein großes Verdienst erworben haben. Ihre Aufgabe wird dur die Tatsache erleichtert, daß alle Völker und alle Regte- rungen ein sehr starkes Gefühl für thre Verantwortlichkeit und für ihre Pflicht besißen, nicht einen fo ernsten und shrecklichen Konflikt aus unangemessenen Gründen \ih entfesseln zu lassen. Unsere intime Uebereinstimmung mit Oesterreih-Ungarn und die Herzlichkeit unserer Beziehungen zu Rußland werden sicher zu diesem wohltätigen Er- gebnis beitragen. : j

Die Formel des territorialen status quo auf dem Balkan, die hundert Jahre hindur die Nichtschnur der europäischen Diplomatie gewesen ist, war und ist noch immer ein Gegenstand der Kritik. Aber man darf nicht vergessen, daß das lange treue Festhalten an dieser Formel für die Türkei die Wirkung gehabt hat, den Verlust {hrer europäischen Provinzen bis zu dem Tage zu verzögern, an dem die Balkanvölker reif waren, ihre Erbschaft anzutreten. Die lange Aufrehterhaltung der vorläufigen Formel vom ;tatus quo hat heute die Anwendung der endgültigen Formel: „Der Balkan den Balkanvölkern“, ermögliht. Das ist eine Lösung, die sowohl den Interessen und den liberalen Prinzipien Italiens, als au dem allgemeinen Interesse des europäischen Friedens entspricht. Eine solche Lösung muß sobald wie möglich verwirklicht werden; es muß eine endgültige Lösung sein, die für viele Jahre den Frieden für die Balkanhalbinsel und für Europa sichert. Dieses Ergebnis kann nur erreicht werden, wenn das Verhältnis der Territorien auf dem Balkan soweit wie möglich den ethnographishen und geographischen Bedingungen des Landes und den Wünschen und Interessen der Be- völkerung entspriht. Diese müssen jedo versöhnt und in gewissen Fällen dem höchsten Ziel der Zivilifation und des Friedens unter- geordnet werden, mit anderen Worten, der Notwendigkeit, die materielen und moralishen Interessen der europäischen Großmächte in Uebereinstimmung zu bringen. In einer Krisis, wie der gegenwärtigen, wo so viele entgegengeseßte Inter- essen im Spiele sind und eine so große Menge Zündstof überall veritreut t, kann keine große over kleine Macht hoffen noch verlangen, daß alle ihre Interessen und alle ihre Wünsche vollständig befriedigt werden, fondern “es ist notwendig, daß jede einige Opfer bringt, und daß die auseinander gehenden Interessen und widerstreitenden Bestrebungen durch eine Rethe gegenseitiger Zugeständnisse ausgealihea werden. Die Politik Staliens richtet sich nah diesen Grundsäßen. Vor dem Ausbruch des italienisch. türkishen Krieges waren noh zwei große Probleme für

ms ofen: das Gleichgewicht in der Adria und das Gleichgewicht im Mittelmeer. Das Gleichgewicht in der Adria ist eine Frage, di dank dem innigen Zusammenarbeiten zwischen Italien und Dester- reih-Ungarn, der Mitwirkung Deutschlands und dem hochherzigen und friedlichen Getlste und der Gerechtigkeit der anderen Großmächte gelôst worden ist. Sie sind heute in gleiher Weise willens, das gegenwärtige Gleihgewiht im Mittelmeer .tatsählich aufrecht zu erhalten. Wir freuen uns dieser Uebereinstimmung, die unseren Anshauungen und unseren Interessen entspricht. Der Besitz Libyens hat für Îtalien ‘das Problem des nordafrikanishen Gleich- gewihts gelöst, aber sicher niht unser Interesse an der Aufrecht- erhaltung des allgemeinen Gleichgewichts im Mittelmeer ver- mindert. Oesterreih-Ungarn hat die gleichen Interessen wie wtr, was die gegenseitige Freundschaft der beiden verbündeten Regierungen verstärkt. Wenn dur die Macht der Ereignisse gegen unseren Willen und gegen den unserer Verbündeten und aller Großmächte früher oder später erhebliche territoriale Veränderungen im Mittel- meère eintreten sollten, könnte Jtalien dabei kein müßiger Zu- \hauer bleiben, sondern müßte verlangen, daß seine Stellung als Mittelmeergroßmacht von jedermann gebührend berüdcksihtizt werde. Das Mittelmeer ist heute nicht mehr wie im griehisch-römischen Altertum das einzige Zentrum der Zivilisation, aber seine Be- deutung für die Welt hat sih deswegen niht verringert. Im Gegen- teil, es ist heute der Schnittpunkt der Verbindungen zwishen Europa, allen Ozeanen und allen Konttnenten geworden. Seine Bedeutung ist unter diesem Gesicht: punkt größer geworden. Niemand mehr hat heute, noch jemals in Zukunft das Necht, das ‘Mittelmeer „mare nostrum“ zu nennen. Es ist und muß die freie Bahn der Nationen bleiben, wo feine Nation die Herrschaft haben kann und darf, an dem aber alle Anteil haben follen. Einen der ersten Be unter diesen Nationen hat Kch Italien erobert und wird ihn auch bewahren. Die gegenwärtige Lage im Becken des Mittelmeeres tut unseren politishen und wirtshaftlihen Interessen Genüge, und wir wünschen lebhaft, ebenso wie die übrigen Großmächte, daß sie aufrechterhalten bleibe. Auf dieser Grundlage werden unsere nachbarlihen Beziehungen zu Frank- reih und England in Afrika weiterhin von dem billigen und freund- \haftlichen Geiste der bestehenden Abkommen getragen. Wir werden wahrsheinlich entsprehende Abkommen auch mit Spanien abschließen, weil beide Nationen wünschen, ihre herzlihen freundschaftlichen Be- ziehungen immer mehr zu stärken.

Die territoriale Integrität der astatischen Türkei ist von allen Mächten als einer der wesentlihen Faktoren für das gegen- wärtige Gleichgewicht und als wirksame Garantie für den europäischen Frieden anerkannt worden. Wir hegen das Vertrauen, daß die Türket, wenn fie niht mehr zur Verteidigung ihrer europäishen Provinzen gezwungen ist, die sie durch die Natur der Dinge selbst in beständiger Gefahr wußte, unter ruhigen und sicheren Bedingungen ihren asiatishen Best festigen können wird, und wir haben ferner das Vertrauen, daß sie in der wirtschaftlihen Tätigkeit Italiens einen Faktor der Ent- wicklung und des Fortschritts erblicken wird, der ihr kein Mißtrauen einflößen kann und keinen Verdacht, daß wir zu ihrem Schaden terri- tortale Absichten hegen.

_ Wenn die Türkei, wie wir anzunehmen Grund haben, uns gegen- üter in loyaler Weise den Vertrag von Lausanne erfüllt, wenn sie unserem Handel, unserem Kapital und unseren Landsleuten gegen- über eine Politik einnimmt, die von ihren wahren Interessen ein- gegeben ist, so wird sie in Jtalien einen zuverlässigen Freund finden. Nachdem die libysche Frage endgültig gelöst worden it, hat jeder Grund zu Unstimmigkeiten zwischen Italien und der Türkei zu bestehen aufgehört, weil nicht allein jeder Interessen- gegensay zwishen den beiden Ländern fehlt, sondern weil diese nun- mehr auch viele und große gemeinsame Interessen haben. Die territoriale Integrität der asiatishen Türkei, die eine gleich- artigere Zusammenseßung aufweist als die europäische, die Entwicklung ihrer Wohlfahrt und die Verbesserun der Lebensbedingungen ihrer Völkerschaften bilden für talien ein Interesse erster Ordnung. Wir wollen hoffen, daß die leitenden ottomanishen Kretse, ohne sich durch vereinzelte und unzuständige Stimmen täuschen zu lassen, fich von dieser Wahr- elt überzeugen werden. Inzwischen versucht Jtalien und wird es au weiter versuchen, der Türkei greifbare Beweise der Freundschaft zu geben, uad wird mit den anderen Mächten zusammenarbeiten, da-

mit der Friede fobald áls möglich wiederhergestellt wird und der Türkei nur der Schaden erwächst, der unvermeidlih ift und der von dem Ausgange des Krieges abhängt.

Belgien.

Die Bürgermeister der neun Provinzialhauptstädte waren gestern im Rathause in Brüssel versammelt, um über die dur den drohenden Generalstreik geshaffene Lage zu beraten. Wie „W. T. B.“ meldet, wurde beschlossen, einen Appell an die Arbeiter zu richten, in dem sie ersucht werden, im Interesse des Friedens auf den Generalstreik zu verzihten; ferner wurde beschlossen, eine Audienz beim Ministerpräsidenten zu erbitten, um ihn zu ersuchen, bei Verzicht der Arbeiter auf den General- streik in voller Freiheit an die Lösung der Wahlrechtsfrage heranzutreten. Zwei katholishe Bürgermeister enthielten si bezüglich des leßten Wunsches der Abstimmung.

Türkei.

Infolge der von den Militärbehörden in den Pro- vinzen vorgenommenen Requisitionen von Waren, die fremden Untertanen gehören, überreichten die Botschafter vorgestern der Pforte eine gleichlautende Note, in der fie nah einer Meldung des Wiener K. K. Telegraphenkorrespondenzbureaus zur An- wendung des Requisitionsgeseßes formelle Vorbehalte machen und erklären, Requisitionen könnten nur geduldet werden, wenn ein Konsulatsvertreter behufs Abschäßung der requirierten Gegenstände zugezogen und wenn der Wert dieser Gegenstände bar oder durch Wechsel auf die Ottomanbank be- zahlt werde.

Der italienische Botschaftsrat Aldorandi Mares- cot ti ist gestern in außerordentlicher Mission in Konstantinopel eingetroffen.

—- Nah Meldungen des „W. T. B.“ hat der Komman- dant von Adrianopel den dortigen Konsuln den Beschluß der Regierung mitgeteilt, daß es den Ausländern freistehen solle, sih in die in der Vorstadt Karagatsh eingerichtete neutrale Zone zu begeben. Die Konsuln haben ihren Boi- \chaftern funkentelegraphish dargelegt, daß dieser Auszug der Fremdenkolonien auf die einheimische Bevölkerung einen pein- lichen Eindruck machen werde, und angefragt, ob sie von der Erlaubnis der Regierung Gebrauch machen sollten. Die türkische Presse hat schon vor mehreren Tagen die Frage auf- geworfen, warum die Erlaubnis zum Auszuge in die neutrale Zone nur für die Ausländer und nicht auch für die Frauen und Kinder der Einheimischen verlangt werde. | 4 Der amtliche türkische Kriegsbericht vom 21. Februar

esagt:

Der Artilleriekampf vor Adrianopel dauerte zwanzig Stunden. Ein von dem russischen Leutnant Nikolas gelenkter bulgarisher Aeroplan fiel gestern innerhalb der Verteidigungslinie von Adrianopel nieder. Der Leutnant wurde mitsamt dem Flugzeug gefangen genommen. Bei Bulair ist in der militärishen Lage keine Veränderung eingetreten. Vor Ts\chataldsha wurde um 3 Uhr Nachmittags eine starke feindliche Kolonne, die aus Infanterie, Artillerie und Kavallerie bestand, in der Umgebung von Kadiköj wahrgenommen. Die Kolonne rüdckte gegen die Anhöhe Sivritepe bei der Ortschaft Sür- günköj vor und begann ein Gefeht mit unserer dort befindlichen Ab- teilung. Der Kampf dauerte bis 54 Uhr Nachmittags. Der Feind mußte ih gegen Kadiköj zurückziehen. Gleichzeitig rückte eine andere feindlihe aus Infanterie und Artillerie zusammengeseßte Kolonne gegen Alissu vor und beseßte die Anhöhen, die 1} km westltch von dieser Stellung liegen. Ein Bataillon fretwilliger Kurden unternahm jedoch Nachts einen Angriff, durh den diese Höhen zurückgewonnen wurden.

Der offizielle Kriegsberiht vom 23. d. M. meldet:

Gestern hat der Feind die Beschießung von Adrianopel fort- geseßt. An der Ostfront fand ein Artilleriekampf statt. Vor Bulair sind keine Veränderungen eingetreten. An der Tscha - taldshalinie ist der Feind damit b:\châftigt, die im Westen von T\schiftksj gelegenen Anhöhen zu befestigen. Unsere Erkundungs- kolonnen sind in Tätigkeit.

Nach türkishen Angaben übersteigen die türkischen Verluste in den bisherigen Kämpfen seit der Wiederauf nahme der Feindseligkeiten kaum 1500 Mann. Die Zahl der in Konstantinopel in Pflege befindlihen Verwundeten übersteigt nicht 500. Die anderen Verwundeten befinden sih in Galli- poli und in den Dardanellen in Pflege, wo die Schulen in Ambulanzen umgewandelt worden sind. Der türkische Rote Halbmond hat beschlossen, 50 000 Pfund für die Pflege der Verwundeten“ und weitere 50 000 Pfund für die Unterstüßung der mohammedanischen Flüchtlinge auszuseßen.

Bulgarien.

Die Vertreter der Großmächte haben gestern nah einer Meldung der „Agence Bulgare“' einzeln den Schritt beim Ministerpräsidenten und Minister des Aeußern Geschow unternommen, dem fie den dringenden Rat erteilten, die Lösung der bulgarish-rumänischen Streitfrage der Entscheidung der sechs Großmächte zu unterwerfen. Der Ministerpräsident Geschow erwiderte, er werde darüber dem Ministerrate be- richten und sodann die Antwort mitteilen.

Die Regierung hat den Vertretern der Mächte zur Kenntnis gebracht, daß sie dem türkischen Beschlusse, eine neu trale Zone in Karagatsh für die Fremdenkolonien von Adrianopel zu schaffen, nicht zustimmen könne und in dieser Frage nah wie vor an der von der Pforte selbst vor- geschlagenen ursprünglichen Lösung festhalte, wonach die Fremden die Bewilligung erhalten sollten, die türkischen Linien zu ver- lassen. Diese Lösung sei im übrigen menschlicher, da jie alle Gefahren auss\chließe, die aus Epidemien, Hungersnot und den Unbilden der Jahreszeit entstehen könnten.

Amerika.

Nach Meldungen des „W. T. B.“ sind der frühere Präsident von Mexiko Madero und der frühere Vizepräsident Suarez gestern erschossen worden, als man bei ihrer Ueber- ührung nah dem Gefängnis den Versuch machte, fie zu be- reien. Wie der Präsident Huerta mitteilt, grif} um Mitter- nacht eine Schaar von fünfzig Mann die aus hundert Rurales bestehende Eskorte der Gefangenen an. Diesen wurde befohlen, die Wagen zu verlassen, worauf sie von einer Wache von 30 Mann umgeben wurden, während die übrigen Rurales das Feuer erwiderten. Der Kampf dauerte 20 Minuten. Nach seiner Beendigung wurden Madero, Suarez, zwei Rurales Siu Ma Bürger tot aufgefunden. Die Angreifer ergriffen die eur.

Der Präsident Taft hat seinem Bedauern über den Tod Maderos Ausdruck gegeben und erklärt, daß er darin keinen Grund zur Jntervention erblicke.

Asien.

Der japanische Landtag tritt morgen zusammen. Wie „W. T. B.“ meldet, sind Baron Ojsaki und seine An- hänger aus der Seiyukwai-Partei ausgetreten und stellen selbst ein Parteiprogramm auf, in dem sie eine strikte Parteiregierung fordern. Die Seiyukwai hielten gestern nachmittag eine Generalversammlung ab. Alle Minister waren anwesend und die Minister der Miundnc des Ackerbaus und des Verkehrs traten formell der Partei bei. Der Premierminister sagte in einer Ansprache, er habe der Partei seit ihrer Gründung durch den Fürsten Jto sympathisch gegenübergestanden. Er würde ihren Grundsäßen und ihrem Programm und der Politik des Kabinetts Saionji folgen.

Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die vorgestrige Sißung des Hauses der Abgeordneten befindet sih in der Ersten Beilage.

Statistik und Volkswirtschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Nachdem in Crefeld die Verhandlungen eine Einigung zwischen den Färbereibesizern und den Seidenfärbern (vgl. Nr. 47 d. Bl.) niht_ zustande gebracht haben, find, wie die „Köln. Ztg.“ mitteilt, am Sonnabend sämtlihe Färber in den Au s\tand getreten. Es handelt #ch um 2652 Arbeiter und Arbeiterinnen, von denen 2300 organisiert find, und zwar 2000 im deutschen Terxtilarbeiter- verband und 300 im christlichen Verband.

Aus Saarbrücken wird dem „W. T. B." gemeldet: Eine Versammlung der Zahlstellenvorsißenden des Gewerkvereins christliher Bergarbeiter beschloß gestern nachmittag die endgültige Beendigung der Lohnbewegung der Saarbergleute. Bekanntlich hatte eine Verxtreterver- sammlung am 29. und 30. Dezember 1912 beschlossen, einen Waffenstillstand eintreten zu lassen, nahdem die Könialiche Bergwerksdirektion die Erklärung abgegeben hatte, die Löhne der Berg- leute ertöhen zu wollen. Die angestellte Erhebung hatte ergeben, daß etne bemerkfbare, teilweise sogar wesentlihe Lohnerhöhung eingetreten ist. Die Versammlung \prach die Erwartung aus, daß der Fiskus auf Gruben, wo dite Whne noch nicht zufriedenstellend find, noch eine Lohnerhöhung vornehmen und die Löhne bei weiterer guter Geschäfts lage noch weiter erhöhen werde.

(Weitere „Statistishe Nachrichten" \. i. d. Ersten Beilage.)

Kunst und Wissenschaft.

Der Kapitän Staxrud ist, wie ,„W. T. B.“ meldet, endgültig zum Leiter der Hilfs8erpedition nach Spitßbergen aus- ersehen. Die Expedition wird aus neun Mann, darunter drei Lappen, bestehen.

Theater und Musfik.

Königliches Schauspielhaus.

Im Königlichen Schauspielhause hielt Dr. Leopold Schmidt gestern in der Mittagsstunde einen Vortrag, der dazu bestimmt war, tn Strauß - Hofmannsthals Bühnenwerk „Ariadne auf Naxos“ einzuführen. Im wesentlichen gab Dr. Leopold Schmidt eine Wiederholung seines im November vorigen Jahres im Saal Bechftein gehaltenen Vortrags, dessen Inhalt im Konzertbericht in Nr. 267 v. I. dieses Blattes ausführlih wieder- gegeben worden ist. Gindringlich und klar war auch gestern feine Nede, die niht allein bewies, daß der Vortragende seinen Stoff völlig beherrshte, sondern auch, daß er mit voller Ueberzeugung und mit Wärme für die von thm gepriesenen Schönheiten der Straußschen Musik eintrat. Etne wesentliche Erleichterung des Verständnisses feiner Ausführungen, die er im Saal Be{stein nur dur den Notbehelf eines Klaviers musikalisch hatte erläutern können, war gestern die Mitwirkung des von Strauß vorgeschriebenen Kammerorchesters unter der Leitung von Leo Blech, das charakteristishe Stellen der Partitur an geeigneter Stelle erklingen ließ, sowie von Mitgliedern der Königlichen Oper: Frau Denera (Ariadne), Frau Andrejewa- Sfkilondz (Zerbinetta) und Frau Easto n (Sängerin). Sie fanden, ebenso wte der Vortragende selbst für seine] dankenswerte Tat, den lebhaftesten Beifall der Zuhörer.

Schillertheater O. (Wallnertheater).

Paul Lindaus bekanntes Schauspiel „Der Andere“ wurde am Sonnabend auf der Bühne in der Wallnertheaterstraße neu einstudiert mit gutem Erfolg gegeben. Durch die vortreffliche NRollenbeseßung wurde der dem Psychologen wohlbekannte Vorgang der Spaltung der Persönlichkeit in überzeugender Weise dargestellt. Karl Noack wußte der Hauptrolle des Dr. Hallers innerlich wie äußerlih voll zu entsprechen. Ein ganz anderer Mensch schien dem Zuschauer vor Augen zu treten, sobald das Tages- bewußtsein ausgeschaltet war und die krankhaften Vorstellungen des Traumlebens etnseßten. Ebenso bewundernswert wurde dann wieder das allmähliße Erwachen und die aufdämmernde Erkenntnis der unbewußt begangenen verbrecherishen Handlungen fowie die völlige Genesung von dem gewandten Künstler veranshauliht. Unterstügt wurde er hierbei wirksam von Adolf Kurth (Professor Feldermann), Harry Förster (Privatsekretär Kleindßen), Otto Letroe (Polizeikommissar), Jessie Hold (Rote Male) und Karl Elzer (Karl Dickert). Besonders ftellte der zuleßt genannte Künstler einen Verbrehertyp mit ers{reckender Naturwahrheit hin und bildete au bei der Szene im Verbrecherkeller des Wirts zur „Lahmen Ente“ (durch Adolf Joseph ausgezeihnet verkörpert) die wirksame Hauptfigur. Alle Mitwirkenden vereinigten sich unter Willy Beckers anerkennenswerter Be zu ges{lossenem Zusammensptel und fanden den wohlverdienten Beifall des vollbesetten Hauses.

Im Könitialihen Opernhause wird morgen, Dienstag, „Violetta" (La Traviata) wiederholt. Frau H. Bosetti fingt als Gast die Titelrolle, Herr JIadlowker den Alfred, Herr Bronsgeest den Germont. Dirigent is der Kapellmeister von Strauß. In der für Sonnabend, 1. März, angekündigten Aufführung von „Bajazzi" wird Herr Bernal Resky, früheres Mitglied der Metropolitan Opera und des Kaiserlich Russischen Theaters in St. Petersburg, die Nolle des Tonio singen.

Im Königlihen Schauspielhause wird morgen Otto Ernsts Lustsptel „Flahsmann als Erzieher“ aufgeführt. Die Haupt- rollen spielen die Damen Heisler, Buße, Meyer und Abih sowie die Herren Vollmer, Boettcher, Eggeling, Pohl, Patry, Werra, Ballentin, von Ledebur, Stange und Eichholz.

Das 7. Symphoniekonzert der Königlihen Kapelle unter der Leitung des Generalmusikdirektors Dr. Nichard Strauß

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