1894 / 262 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 06 Nov 1894 18:00:01 GMT) scan diff

F Ed Aa RA E205 A 0E M I E R N D A U D Et E E T E I E

vorschrifi vom 22. Dezember 1891 entzogen iji, läßt sich nit i beantworten, sondern ist nur nah den Umständen

des Einzelfalls du entscheiden.

Als vorübergehend, „niht-dauernd“ is eine Er- n dur Ae nur dann anzusehen, wenn ihre Ur- sachen durch solche Mittel beseitigt werden können, deren An- wendung im Rahmen des Heilverfahrens gemäß §8 12 des Invaliditäts- und Altersversicherungsgeseßes möglich ist und von dem Versicherten geduldet werden muß, wenn er niht den Anspruch auf Invalidenrente gemäß Ab- say 4 der genannten Gesehesbestimmung verlieren will. Zu derartigen Maßnahmen gehören aber Operationen, welche Eingriffe in den Bestand oder die Unversehrtheit des menschlichen Körpers darstellen, nicht; es ist deshalb die Weigerung einer Versicherten, der ihr angesonnenen Operation sich zu unterziehen, niht für geeignet erachtet worden, ihren Rentenanspruh zu gefährden.

Zn Fällen der vorgedachten Art ist die Erwerbs- unfähigkeit von dem Zeitpunkt an als eine dauernde anzusehen, in dem der ohne operativen Eingriff unheilbare Zustand der Erwerbsunfähigkeit objektiv vor- handen war. s

Die Anwendung des dem Anstaltsvorstand nach à 33 des Jnvaliditäts- und Altersversicherungsgeseßes zu- tehenden Rechts, die dem Kläger rechtskräftig zugebilligte Invalidenrente ihm zu entziehen, ist dann nicht zu- lässig, wenn nur eine veränderte Beurtheilung der Sah- und Rechtslage bei im übrigen unverändertem Sachstande Plaz greift, oder wenn nur eine Ergänzung oder Berichtigung derjenigen Kenntniß der an sich unveränderten Verhältnisse, welhe bei me der früheren Feststellung obgewaltet hatte, vorliegt.

Der gemäß 8 35 des Jnvaliditäts- und Alters- versiherungsgeseßes ersaßberehtigie Armenver- band ist im Rentenfeststellungsverfahren befugt, niht nur als Nebenintervenient durch Unterstüßung des Klägers, sondern auch selbständig als Klage- partei und Streitgenosse seinen Anspruch gegen die Versicherungsanstalt zur Geltung zu bringen. Jn leßterem Falle liegt eine „nothwendige Streitgenossenshaft“ im Sinne des 8 59 der Zivilprozeßordnung mit der Wirkung vor, daß, wenn eine Frist durch den - einen Streitgenossen versäumt Us de säumige als durch den nichtisäumigen vertreten an- zusehen ist.

Den Gemeinde- und Armenverbänden steht die Geltendmachung der Ersaßforderung auf Grund des S 35 des Jnvaliditäts- und AÄltersversicherungsgeseßes a u ch dann zu, wenn der zu der Jnvalidenrente Be- rehtigte vor Stellung des Rentenantrags ver- storben ift.

Eine reaus der Rente mit anderen Gegen- forderungen, welche der zaulungspflihtigen Versicherungs- anstalt gegen den Rentenberechtigten zustehen, beispielsweise mit einem gemäß § 39 des Jnvaliditäts- und Altersversiche- rungsgeseßes geltend gemachten Ersazanspruch der Versicherungs- anstalt, ist unstatthaft.

Bei der Rentenvertheilung ist der auf vorgeseßliche Krankheitszeiten entfallende Rentenantheil niht den betheiligten Versicherungsanstalten und dem Reich, sondern den ersteren allein zur Last zu legen.

Für den Begriff des „Bezirks“ der Versicherungs- anstalt im Sinne des 8 160 des Jnvaliditäts- und Altersversiherungsgeseßes ist niht die Eintheilung der Bezirke maßgebend, welche zur Zeit der vorgeseßlihen Be- schäftigung thatsählih bestand, sondern diejenige, welche bei Errichtung der Versicherungsanstalten für diefelben getroffen ist.

Der Regierungs - Assessor Dr. Gerlah aus Memel ist der Königlihen Regierung zu Schleswig zur dienstlichen Ver- wendung überwiesen worden.

Sachsen.

Jhre Majestäten der König und die Königin werden dem „Dr. J.“ zufolge voraussihtlich Ende dieser Woche aus Sibyllenort nah Dresden zurückkehren.

Aus Anlaß des Hinscheidens des Kaisers von Rußland- hat Seine Mazestät der König eine Armee-Trauer an

eordnet, derart, daß an den ersten drei Trauertagen kein Spiel gerührt werden darf und die Offiziere vierzehn Tage, vom 5. bis 18. November, Flor um den linken Unterarm an- zulegen haben. Hessen.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog gedenkt am 14. d. M. zu den Beiseßzungsfeierlichkeiten e St. Peters- burg abzureisen.

Der Prinz Waldemar von Preußen, der in Darm- stadt leiht an den Rötheln erkrankt war, befindet sih der „Darmst. Ztg.“ zufolge in der Besserung und konnte das Bett bereits Deriallen,

Mecklenburg-Schwerin.

Seine Königliche Hoheit der Großherzog und Jhre Kaiserliche a die V ebneriaals sind am 4. d. M. zum Winteraufenthalt in Cannes eingetroffen.

Schwarzburg-Sondershausen.

Der Landtag ist auf den 13. November nach Sonder€- hausen einberufen worden.

Oesterreich-Ungarn.

n der gestrigen Sißung des österreihishen Ab- geordnetenhauses hielt der Präsident Freiherr von Chlumecky eine von den Mitgliedern des Hauses stehend angehörte Ansprache, worin er hervorhob, daß das tragische, tiefergreifende Ereigniß des Ablebens des Kaisers von Rußland in der ganzen Welt mit der wärmsten Theilnahme begleitet werde. „Wir betrauern“, fuhr der Redner fort, „in dem enen einen treuen, bewährten Freund unseres vielgeliebten Kaisers und der allverehrten Mitglieder unseres Kaiserhauses; sie werden diesen Verlust besonders \{chmerzlich empfinden, und die österreichischen Vöiker und wir mit ihnen theilen alles Leid, das den Kaiser und das Kaiserlihe Haus trifft. Es wird auch in Oesterreih unvergeßlih bleiben,

daß der Verewigie ein sihcrer Hort des Weltfriedens war. Europa dankt ihm dafür. Mit Recht konnte sein erhabener Nachfolger dies seinem Volke verkünden. Auch wir ehren den Zaren, danken ihm als der Verkörperung des Friedens und erkennen freudig an, daß er als anes Ver- mächtniß allen zivilisierten Völkern die Segnungen des Friedens hinterließ. Die Trauerkundgebung des Abgeordnetenhauses wird zum ewigen Gedächtniß dem amtlihen Protokoll einver- leibt werden.“ (Lebhafter Ma g Darauf verlangte der Abg. Lewakows ki (Pole) das Wort, das ihm von dem Präsidenten verweigert wurde. Der Abg. Lewakows ki rief darauf: „Jch protestiere gegen diesen —“, weiter ließ ihn der Präsident nicht sprechen, worauf das Haus unter großer Unruhe zur Tages- ordnung überging. Sofort nach diesem Zwischenfall trat der Polenklub zusammen. Der Obmann Zaleski spra sein leb- haftes Bedauern darüber aus, daß der Abg. Lerwakowski seiner erregien Stimmung ohne Rücksiht auf das öffentliche Interesse und das nationale Wohl Folge gegeben und nah der er ens ohne Ermächtigung des Polenklubs und gegen die Bestimmungen der Statuten des Klubs im Pee das Wort ergriffen und hierdurch die Solidarität des lubs verleßt habe. Die Erklärung des Obmannes wurde von dem Polenklub einstimmig ohne Debaite angenommen. In allen Kreisen Wiens begegnet das Auftreten des Abg. Lewakowski lebhafter Mißbilligung. a i An dem Bezirksgericht in Pirano is gestern das zwei- \sprachige Amtsschild ohne alle Störung angebraht worden. Es herrschte vollkommene Ruhe; in der Umgebung des Bezirks- gerihts waren zum Zeichen der Trauer die Geschäfte und die Sensterläden der Hauser geschlossen. An einzelnen Häusern wurden schwarze Tücher herausgehängt, jedoch wieder einge- u als eine Strafandrohung des Regierungs-Kommissars erfolgte.

Fraukreich.

In der gestrigen Sigzung der Deputirtenkammer theilte der Präsident Burdeau mit, er habe ein Schreiben des Minister-Präsidenton Dupuy erhalten, das besage, der Kaiser Alexander II1. sei dem unerbittlichen Leiden erlegen, dessen Fortschreiten Frankreih mit verdoppelter Sorge seit der ersten Nachriht von diesem unglücklihen Ereigniß gefolgt sei. Die französishe Nation habe ihre tiefe

ewegung und ihre einmüthige Trauer durch spontane Kundgebungen ausgedrückt, die dem verstorbenen Kaiser erwiesen worden seien. Von allen Seitcn. kämen Zeugnisse, ver- anlaßt dur die Erinnerung an die herzlichen Sympathien, die der verstorbene Kaiser gegenüber Frankreich unter denfk- würdigen Umständen kundgegeben habe. Diese Erinnerung werde in dem Leben der beiden großen Völker als Pfand der Eintraht und der Freundschaft zurückbleiben. Die Regierung sei überzeugt, die Gefühle des Landes und des Parlaments getreu wiedergegeben zu haben, als sie dem Kaiser Nikolaus die bewegten Beileidsbezeugungen und heißen Wünsche übermittelt habe. Nach Verlesung dieses Briefs fügte Burdeau hinzu, der Schlag, der so hart eine befreundete Nation betroffen habe, fönne nirgends ein volleres Echo finden, als in der Kammer, wo unmittelbar die Bewegung ganz Frankreihs widerhalle. Aus der Seele beider Nationen entstamme diese gegenseitige Sympathie, deren Kund- gebungen bereits zu mehreren Malen die Welt überrascht hätten, und die aétheilte Trauer, wie genieinsame Freuden und Feste unaufhörlich gestärkt hätten. Wenn man heute mit der

rauer der russishen Regierung und des russishen Volks den eigenen Schmerz und die eigene Klage vereine, so pflanze man nur die Getnnl Tradition fort und lege Zeugniß ab von einem Gefühl, daß die gesammte Nation theile. Das Andenken an den Kaiser Alexander werde, ver- eint mit unauslöschlihen Erinnerungen, in den Herzen der Franzosen und Russen fortleben und einen der stärksten Ringe bilden in jener Kette der Brüderlichkeit, welhe die beiden Nationen zum allgemeinen Wohl und zum Fritden der Welt verbinde. (Lebhafter Beifall.) Auf Navithlag Burdeau's wurde sodann die Sißung zum Zeichen der Trauer aufgehoben. Jm Senat verlas der Präsident Challemel-Lacour ebenfalls das Schreiben desMinister-PräsidentenDupu y und knüpfte daran den Ausdru der Trauer und des tiefen Schmerzes des franzö- sischen Volks über den Tod des Kaisers Alexander, sowie den Wunsch, daß die Regierung des Kaisers Nikolaus in allem derjenigen würdig sein möge, die inmitten einer die ganze Weit durchzitternden Bewegung soeben geendet habe. Darauf wurde zum Zeichen der Trauer die Sißung aufgehoben.

Das Schwurgeriht hat den Sozialisten Richard Gérault wegen eines den Präsidenten Casimir-Perier bc- leidigenden Artikels in dem Journal „Chambard“ zu einem Jahr Gefängniß und 3000 Frcs. Geldbuße verurtheilt.

Wie der „Temps“ mittheilt, erwiderte die Hovas-Negie- rung auf das Ultimatum Le Myre de Vilers’, sie werde sih nur bei Anwendung von Gewalt unterwerfen. Die Franzosen verließen Madagaskar ; die telegraphische Verbindung zwischen Tananarivo und Tamatave sci eingestellt.

Rußland.

Jn Darmstadt eingetroffenen Nachrichten aus Livadia zu- folge wird der Kaiser Nikolaus sowie der Kaiserlihe Hof Livadia am 8. d. M. verlassen und am 13. d. M. in St. Peters- burg eintreffen.

Der Prinz und die Prinzessin von Wales sind bei der Landung in Yalta von dem Großfürsten Alexis Alexandrowitsch empfangen und nah Livadia geleitet worden, wo Höchstdieselben im Palais abstiegen.

Der heute erschienene „Regierungsbote“ veröffentliht das Zeremoniell der Ueberführung der Leiche des Kaisers Alexander aus Livadia nah Moskau und St. Petersburg. Die Leiche wird aus Livadia nah Yalta getragen und von dort bis Sebastopol auf dem Kreuzer „Pamjat Merkurija“ und weiter in einem besonderen Eisenbahn-Trauerzug geführt werden. Vorher wird die Leiche in der großen Kirche von Livadia ausgestellt werden.

Die Reihenfolge des Leichenzugs von Livadia nah der Dampferstation Yalta ist folgende: Hinter dem Sarge schreitet der Kaiser, hierauf der Minister Graf Woronzow- Daschkow, das militärishe Hauptquartier, alsdann der Prinz von Wales, der Großfürst-Thronfolger, der KLonprins von Griechenland die Gro ß- fürsten Michael, Alexei und Alexander Micha e- lowitsh, hierauf in Wagen die Kaiserin- Wittwe, die Großfürstin Alexandra Feodorowna, die Groß- fürstinnen Olga und Xenia, weiter die Königin von Griechenland, die Herzogin von Sachsen - Coburg und Gotha und die Priliteilae von Wales, alsdann das Gefolge und die militärishe Eskorte. Längs des

ganzen Wegs find Truppen aufgestellt. Wenn der Leichenzu ie Kirche verläßt, läuten alle Glocken und werden E e elóst. An der Dampferstation wird ein Gottesdienst abgehalten. Bei dem Abgang des Kreuzers „Pamjat Merkurija“ segen sämmtlihe Schiffe im afen die Flaggen auf Halbmast und geben den üblichen

alut. Die Begleitung des Kreuzers bilden das Panzershif} „Die 12 Apostel“ und die Dampfer der freiwilligen Flotte von Orel. Sobald sich der Dampfer der Rhede von Sebastopol nähert, wird vom Ufer salutiert. Bei der Landung wird der Sarg von ciner Ehrenwache, der esammten Geistlichkeit, der Kriegsmarine, den bürgerlichen B Aitkatioren, den Deputirten des Adels und der Stadtver- waltung und den Schülern der Lehranstalten empfangen. Der Kaiser, die Mitglieder der Kaiserlihen Familie und der Hof- Minister Graf Woronzow heben den Sarg auf und seßen ihn auf einen dazu vorbereiteten Plaß auf der Dampferstation. Hierauf wird Gottesdienst abgehalten und der Sarg unter Artilleriesalut in den Trauerwaggon gebracht. Während des ganzen Aufenthalts in Sebastopol läuten die Glocken. Die Fahrt des Trauerzugs geht über Symferopol, Charkow, Kursk, Orel, Tula, Moskau Und von dort über Twer nah St. Petersburg. Jn Moskau wird der Sarg mit besonderem Zeremoniell! nach der Ärchangelsk- Kathedrale gebraht und von dort zur Nikolaibahn überführt. Das Zeremoniell für die Leichenfeiern in Mosfau und St. Petersburg sowie der für die Beisezgung festgeseßte Tag ist noch nicht. veröffentlicht.

Ein Telegramm des „Regierungsboten“ aus Livadia meldet, in drei Städten, wo der Eisenbahnzug mit der Leiche des Kaisers halten. werde, würden auf Rechnung des Kaisers Nikolaus die Armen gespeist werden.

Jn Besprehung der glänzenden cinmüthigen Beweise der Sympathie, die von Souveränen, Staatsoberhäuptern, den Regierungen fremder Völker anläßlich des Todes Kaisers Alexander II]. gegeben worden seien, führt das „Journal de St. Pétersbourg“ aus: Rußland nehme die Beweise der Sympathie mit aufrihtiger und be- wegter Dankbarkeit auf; mit gerechtem Stolz konstatiere es Überall den Rücfsshlag der schrecklichen Erschütterung, welche die Seele des russishen Volks getroffen habe. Nicht minder gerührt und dankbar sei Rußland für die Wünsche, die man aller Orten für das Wohl der neuen Regierung, für das Glück des jungen Kaisers ausgesprochen habe, dessen erstes an sein Volk gerichtetes Wort ein Wort des Friedens gewesen sei. Ganz Rußland umgebe seinen jungen Kaiser mit seiner Liebe und seße auf ihn seine ganze Hoffnung.

Die Moskauer Stadtverordneten-Versammlung hat nah einer Meldung des „W. T. B.“ beschlossen, die Ge- nehmigung nahzusuhen, daß es den Stadtverordneten bei der Ueberführung der Leiche des Kaisers Alexander durh Moskau gestattet werde, einen Trauer- gotiesdienst am Sarge abzuhalten, einen von der Stadt Moskau gewidmeten Kranz niederzulegen und eine Deputation zur Beisezung der Leiche nah St. Petersburg zu entsenden. Die Deputation soll die uner- schütterlihen Gefühle der Treue und die grenzenlose Er- gebenheit und Liebe der Stadt Moskau zu dem Kaiser und jeinem Hause ausdrücken.

Jtalien.

Der König hat aus Anlaß des Todes des Kaisers Alexander von Rußland eine zwanzigtägige Hoftrauer vom 4. d. M. ab angeordnet.

Jn der Kapelle der russischen Botschaft fand gestern feier- liher Trauergottesdienst für den verstorbenen Kaiser von Rußland statt, dem der Minister-Präsident Crispi als Vertreter des Königs, andere Minister und hohe Beamte, das beim Quirinal beglaubigte diplomatische Korps, sowie die beim Vatikan beglaubigten Botschafter von Frankreich, Oesterreich, Spanien und Portugal beiwohnten.

Gestern fand unter dem Vorsiß. des Papstes die vierte Berathung in der Angelegenheit der Vereinigung der orien- talishen Kirchen mit der katholischen Kirche statt.

Griecheuland. Der König reist heute über Triest nah St. Petersburg. ab, wo die Ankunft am Montag erfolgi. __ Die Deputirtenkammer wird am 8. d. M. wieder zu}ammentreten.

Rumänien,

Gestern wurde in der Kathedrale für den Kaiser Alexander ein Nequiem zelebriert, dem der König und der Prinz Ferdinand, die eigens von Sinaia dazu ein- getroffen waren, beiwohnten.

Serbien. Der Professor Ljubomir Kleric Ut dem W. T. B.“ zufolge zum Unterrihts-M inister ernannt worden.

Bulgarien.

In der Sobranje theilte gestern der Minister-Präsident Stoilow mit, der Kaiser Nikolaus habe dem Prinzen Ferdinand von Sachsen-Coburg für das im eigenen und des bulgarishen Volkes Namen ausgedrücte Beileid gedankt; der Minister von Giers habe geantwortet, er sei befriedigt, zu sehen, daß das bulgarishe Volk die Trauer Rußlands theile. Bei der Verhandlung des Adreß- entwurfs erklärte der Minister- Präsident Stoilow auf eine Jnterpellation über die auswärtige Politik in längerer Rede, daß Stambulow nicht wegen auswärtiger Angelegenheiten, sondern einzig wegen seiner inneren Politik gestürzt sei. Die auswärtige Politik kleiner Staaten wie Bulgarien müsse sich auf die Entwickelung im Jnnern ründen. Bulgarien müsse vor allem in ausgezeihneten Veziehungen zu dem Hofe des Suzerains stehen, sodann mit den Nachbarstaaten und erst in leßter Linie mit den Großmächten, Rußland einbegriffen. Ie Mee gierung werde die Regelung der internationalen Lage

Bulgariens niht aus den Augen verlieren, werde jedo:

dieser Regelung wegen keinen Finger breit bulgarischer Erde. noch irgend ein erworbenes Recht opfern ; die Zaun fremder Offiziere zur bulgarischen Armee, noch mehr aber ein Aufwerfen der DynastiefraFt erachte die Regierung als Le Mehrere Redner sprachen darauf zu Gunsten des von Stoilow ver- langten Vertrauensvotums, das mit 134 von 159 Stiramen angenommen wurde.

Montenegro.

Vorgestern wurde, wie „W. T. B.“ meldet, in Cetinje ein Requiem für den Kaiser Alexander von Rußland abgehalten, dem der Fürst und die Fürstin, das diplomatische:

Korps, die Behörden und cine große Menschenmenge an- wohnten. Das Fürstliche Paar stattete sodann dem russischen Minister-Residenten Argyropulo einen Kondolenzbesuch ab.

Dänemark.

In der gestrigen Sißung des Folkething gedachte der Präsident Högsbro des verstorbenen Kaisers von Rußland als eines der Garanten des europäishen Friedens. Der Verlust sei für die dänische Kénigsfamilie besonders {hmerzlich. Das Andenken des Verstorbenen werde auch von dem dänischen Volke bewahrt werden, das an der Trauer der shwer geprüften Kaiserin-Wiitwe aufrichtig theilnehme.

Amerika.

Aus Lima wird der „Times“ gemeldet, die Regierung des Generals Caceres habe die Zollfreiheit aufge- hoben und einen Zoll von 8 Proz. ad yvalorem nebst 80 Cents in Silber per 1000 kg auf Eisen, Kohlen und Maschinen gelegt.

Asien.

Dem „Reuter'schen Bureau“ wird aus Shanghai von geftern gemeldet: Die chinesische Armee unter General Sung habe nah der Räumung von Kinlienheng den Berg- Übergang auf der Landstraße uach Peking beseßt und den Befehl erhalten, diese Stellung unter allen Umständen zu ver- theidigen. Eine Kolonne japanisher Truppen sei auf dem Marsche nordwärts begriffen, um die Armee des Generals Sung im Nücken anzugreifen.

In Tientsin verlaute abermals, daß japanische Truppen im Golf von Ljao-Tong, vierzig Meilen nördlich von Shanghaikwan, wo sih eine starke hinesishe Truppen- macht befinde, gelandet seien. Die Ausländer dürften binnen vierzehn Tagen amtlih aufgefordert werden, Peking zu verlassen.

Jn Nanking sei ein Dekret des Kaisers eingetroffen, das den See Snig der Liang-Kiang-Provinzen auffordere, sih sofort nah Tientsin zu begeben, um die Amtssiegel als dienstthuender Vize-König von Petschili von Li-Hung-Tschang zu übernehmen.

Aus Yokohama erfährt das genannte Bureau, der den „Messageries maritimes“ gehörige Postdampfer „Sidney“ sci von den Japanern bei Kobe mit Beschlag belegt worden.

Wie die „Agenzia Stefani“ aus Peking meldet, wäre die chinesishe Regierung bereit, unter Aufrecht- erhaltung der Unabhängigkeit Koreas und Zahlung einer von den Mächten festzuseßenden Kriegs- entshädigung mit Japan Frieden zu \chließen. China strebe zu diesem Zweck eine FJntervention der Vertreter derjenigen Mächte an, die bereit wären, diese Vorschläge zu empfehlen. Die Londoner „Daily News“ meldet: China habe sich, beunruhigt durch die Erfolge Japans, entschlossen, die Vermittelung Europas nachzusuchen. Der chinesishe Gesandte habe gestern der englischen Regierung diesen Wunsch seiner Re- gierung mitgetheilt und sei gestern Abend nach Paris gereist, wo er mit dem Minister des Auswärtigen Pas und dem Präsidenten Casimir-Perier eine Zusammenkunft haben werde.

Außerordeutliche Versammlung der UAXx. General-Synode.

In der gestrigen sechsten Sitzung stand zuerst zur Berathung der Bericht der Petitionskommission über die Petition der Kreiës-Synode Bochura, betreffend Gewährung größerer Sonntagsruhe für die Unter- beamten der Post. Auf Antrag der Kommission wurde einstimmig te’chlossen: „Unter dankbarer Anerkennung dessen, was bisher von seiten des Staats und der Kirche für die Sonntazsruhe geschehen ist, und unter Bezugnahme auf das im Jahre 1891 an den Evan- gelischen Ober-Kirchenrath gerichtete Gesuch spricht die General-Synode der hohen Behörde die Bitte aus, dem im Volk vorhandenen Verlangen nah Sonntagsruhe entgegenkommen und dahin wirken zu wollen, daß dur entsprehende Regelung des Postbetriebs den unteren Beamten ein größeres Maß von Sonntagsruhe als bisher zu theil werde.“ Der nächste Gegenstand war der in der Reliktenkommission vorberathene Entwurf eines Kirchengesetzes, betreffend die Verwaltung des Pfarrwittwen- und Waisenfonds. Das Geseß besteht aus zwei Theilen, deren erster eine Veränderung in der ‘Verwaltung der betreffenden Fonds betrifft, während der zweite Theil das Bestreben verfolgt, auch den Hinterbliebenen der Geistlichen in den neuen Provinzen eine gleichmäßige und angemessene Versorgung zu gewähren. Der Anschluß der Landeskirhen der neuen Provinzen soll sich in einer germ vollziehen, welche die Selbständigkeit jener Kirchen- gemeinden aufrecht erhält. Der Entwurf wurde mit den von der Kommission vorgeschlagenen Aenderungen angenommen. Hierauf begründete Dr. von Nathusius folgenden Antrag: „Hochwürdige General-Synode wolle beschließen: den Evangelischen Ober-Kirchen- rath um Auskunft zu bitten, ob seitens der Vereinigung der Kirchenregierungen in Eisenach bereits Vereinbarungen in das Auge gefaßt sind darüber, welche Stellung künftig zu denjenigen evangelischen Kirchen einzunehmen sei, welhe Mitglieder zulassen, die die christliche Taufe niht empfangen haben, sowie zu diesen Mitgliedern selbst“. Der Vize-Präsident des Evangelischen Ober-Kirchenraths, ron Frei- herr von der Golß erklärte: Die evangelische KirhenTonferenz in Eisenach habe über die angeregte Frage bisher nicht verhandelt. Ueber die Frage, ob die Taufe Tberbauvt gen werden könne, fei darum nit gesprochen worden, weil darüber überhaupt kein Zweifel auftommen konnte. In der evangelishen Landeskirhe sei darüber auch kein Zweifel, daß nur die Getauften als Mitglieder der evangelischen Kirche angesehen werden können. Die Eisenacher Konferenz sei au nur eine Versammlung, der eine gesetzgeberishe Exekutive niht zustehe, der Evangelische Ober-Kirchenrath nehme aber die Anregung gern ent- egen und sei bereit, die Frage auf einer der nächsten Ver- ammlungen in Eisenah auf die Tagesordnung zu seten. Nach dieser Auskunft beantragte Dr. Cremer (Greifswald) zu Lehen! „Die General-Synode nimmt von den Aeußerungen des ertreters des Evangelishen Ober - Kirhenraths gern Kenntniß und spriht die Hoffnung aus, tas die gegebene Anregung dazu dienen werde, a über den chustlihen Charakter der Taufprarxis in der deutsh-evangelishen Landeskirhe kein Zweifel entstehe." Nach- dem ih der Präsident des Evangelischen Ober-Kirchenraths D. Dr. Barkhausen mit diesem Antrag einverstanden erklärt hatte, wurde derselbe angenommen. Ein Antrag des Dr. von Nathusius und Ge- nossen: „den § 34 Abs. 4 der Kirchengemeinde: Synodalordnung dahin zu ändern, daß in Zukunft nicht mehr diejenigen Gemeindeglieder von der Wahlberechtigung auszuschließen sind, welche im leßten Jahr vor der Wahl armuthshalber Anna aus Armenmitteln oder Erlaß der Staatésteuern oder der kirchlichen Beiträge genossen haben“, wurde der Verfassungskommission zur Vorberathung ‘überwiesen. Ein weiterer Antrag derselben Mitglieder : „den Evangelischen Ober-Kirchenrath zu

bitten, derselbe wolle die Konsistorien veranlassen, den kirchlichen

Gemeindeorganen zu empfehlen, bei der Neuvertheilung der N soweit eine Vermiethung fester Siße nicht ganz zu umgehen ist, jedenfalls für eine geeignete Anzahl von der Vermiethung ausgeshlossener guter Kirchensiße für die ärmeren Mitglieder der Gemeinde Sorge zu tragen“, fand Annahme.

Dr. Warnedck beantragte und begründete sodann nastehende Refo- lution: „Anläßlich der bekannten Vorgänge in Kemerun hält es die Ge- neral-Synode unter ausdrücklicher Anerkennung des E Ernstes, mit welchem das Auswärtige Amt dieselben behandelt hat, für ihre Pflicht, fowohl als Vertreterin der christlich-sittlichen Is wie als Schüßerin und flegerin der ristlichen Missionéinteressen vor der Oeffentlichkeit erstens ihrer tiefen Betrübniß Ausdru zu geben über diese traurigen Vorgänge, deren Thatsächlichkeit notorisch ist, und zweitens energisch Verwahrung einzulegen gegen den Versu, diese Vor- gänge zu rechtfertigen durch tropishe Leben8gewohnheiten, welche mit den Férkentaciien Forderungen der ristlihen Sittlichkeit in Widerspruch stehen. Die General - Synode glaubt sich mit den Organen der Obrigkeit in der Auffassung in Uebereinstimmung zu befinden, daß jene Vorgänge und diese Rechtfertigungsversuhe im Vaterlande wie in den Schußgebieten das sittlihe Urtheil verwirren, den deutschen wie den ristlihen Namen s{hädigen und die Erfolge der hristlihen Mission ershweren.“ Nachdem der Wirkliche Ge- heime Legations - Nath Humbert feine Zustimmung ausgedrückt und erklärt hatte, daß gen das Urtheil des Disziplinarhofs in

otsdam bei dem Reichs-Disziplinarhof Berufung eingelegt worden ei, wurde die vorgeschlagene Resolution einstimmig genehmigt.

Um 5 Uhr wurde die Sißung geschlossen und die nächste Sitzung auf heute, Nachmittags 1 Uhr, anberaumt.

Statistik und Volks8wirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Einer Mittheilung des „Vorwärts“ aus Bremen zufolge han- delt es sich bei dem Ausstande von Hafenarbeitern (vgl. Nr. 259 d. Bl.) nur um 150 Mann- des Unternehmers Schlöndorf. Als Grund der Arbeitseinstelung wird angeführt, der Unternehmer habe auch „nichtorganisierte“ Arbeiter beschäftigt. .

Aus Troppau meldet ,W. T. B.*: Auf dem Hauptschacht in Orlau, der Sofienzehe in Poremba und dem Eugentiashaht in Peterswald ist gestern früh anläßlih der beginnenden Zehnstunden- \chicht die Belegschaît nicht angefahren ; auf dem Bettina-Schahht in Dombrau und dem Neuen Schacht in Laz y erfolgte die Anfahrt nur widerwillig. Auf dem Albrecht-Schacht in Peterswald sollte die erste Zehnstundenschicht erst Nachmittag beginnen; Morgens war noch Acht- stundenschiht; die Anfahrt verlief daher normal. Bei dem gestrigen Nachtschichtwehsel fuhren die Belegschaften auf den Schächten in ODrlau, Dombrau, Poremba und Lazy garnicht ein; auf dem Erzherzoglihen Schaht Peterswald traten 3099/6 der Belegschaft ihre Arbeit an. (Bal. Nx. 260 d. B[)

Aus Mähr i\ch-Ostrau wird der „Köln. Ztg.“ über den Aus- stand berihtet: Die Gesammtzahl der Ausständigen beträgt 3000. Man hofft, den Ausstand beilegen zu können. Die Belegschaften einiger Shächte verlangten gestern Morgen bei der Einfahrt eine Achtstundenschiht. Auf die Weigerung der Betriebsbeamten entfernten si die Arbeiter mit dem Ersuchen, ihnen Bedenkzeit zu lassen; alles vollzog sich in vollster Ruhe. i

In Schemnitz haben, wie „W. T. B.* meldet, dreihundert Bergarbeiter die Arbeit eingestellt und eine Abordnung an den Bergwerks-Direktor entsandt. Die Antwort hatte eine gute Wirkung auf die Arbeiter, doch wurde für den heutigen Tag eine größere Arbeitseinstellung als bevorstehend angesehen. :

In den Londoner Baugewerken droht, wie die Londoner „A. K.“ mittheilt, ein gewaltiger Ausstand. Dem mächtigen Bau- meisterverein steht der Baugewerkbund geschlossen gegenüber. Oie Meister behaupten, bei der Beendigung des großen Ausstandes des Jahres 1892 sei vereinbart worden, daß Gewerkvereinler und Nichtgewerkvereinler friedlih nebeneinander arbeiten und die Meister bei der Anstellung beider Klassen von Arbeitern keinen Unterschied machen sollten. Sie behaupten , sie hätten den Vertrag gehalten, während die Gewerkvereinler sich stetig weigerten, mit Nichtgewerkvereinlern zusammen zu arbeiten. Der Baumeister- verein hat daher den Vertrag von 1892 gekündigt. Er wird am 1. Mai nächsten Jahres ablaufen. Schon jeyt haben 300 Mann die Arbeit niedergelegt.

Kunst und Wissenschaft.

Das „Deutsche Kolonialblatt*“ s{reibt: „Am 26. Oktober traf auf telegraphishem Wege die ershütternde Nachricht ein, daß Dr. phil. Lent und Dr. med. Krets\chm er nebst sieben Trägern von Warombo- leuten ermordet worden find. Dr. Karl Lent befand si seit Ende März v. J. am Kilimandjaro, woselbst er die wissenschaftliche Forschungsstation bei Marangu in Gemeinschaft mit dem Bo- taniker Dr. Volkens und dem Forstassessor Wiener be- gründete. Als Sobn des Dr. med. Karl Lnt Ende 1867 in Dortmund geboren, widmete er sich nach Ablegung der Maturitätsprüfung an den Universitäten Greifswald, Freiburg i. B. und Wien naturwissenschaftlihen Studien und wurde im Herbst 1890 als Assistent des geologischen Instituts an der Universität Freiburg i. B. angestellt. Daselbst, wo er bereits im Frühjahr 1888 die ärztliche Vorprüfung bestanden hatte, promovierte er im Dezember 1891 mit einer geologishen Kartenaufnahme im westlichen Shwarzwalde. Am 1. Mârz 1892 legte er die Stellung als Assistent nieder, um \ich den Vorbereitungen für ostafrikanishe Landetuntersuhungen zu widmen. und unter der Leitung des Dr. Kersten sih die für die Landes- aufnahme nöthigen Kenntnisse zu erwerben. Wohl vorberêitet, tra er im Frühjahr v. J. am Kilimandjaro ein, wo er bis Ende Juni d. J. gemeinsam mit Dr. Volkens wirkte, um nach dessen Abreise die Leitung der Station allein zu übernehmen. Dr. Lent ift während der 13 Jahre seiner Anwesenheit am Kilimandjaro auf das eifrigste thätig gewesen, wie die von der Deutschen Kolonialgesellschaft ver- öffentlihten Tagebücher, sowie die im „Kolonialblatt“ und den „Mit- theilungen“ enthaltenen Nachrichten zeigen. Er hatte die topographi- {en Aufnahmen des Süd- und Osthanges des Kilimandjaro zum Abschluß gebraht und auf mannigfachen Expeditionen werthvolles Material gesammelt, welches zum großen Theil noch der Veröffent- lihung harrt. Neben diesen umfangreichen Arbeiten, den meteoro- logishen Beobachtungen und den Stationsgeshäften fand er Zeit, eine größere Arbeit zu verfassen, welche auf das eingehendste alle für eine Nußgbarmachung des Kilimandjarogebiets wichtigen Fragen behandelt. Dr. Kretshmer war erst Ende Juli d. Is. auf der Marangu- station éingetroffen; er hatte ursprüuglih an der Freiland-Expedition theilnehmen wollen, bei der Auésichtslosigkeit dieses Unternehmens {ih jedoch bereit erklärt, die von Dr. Volkens und Dr. Lent als dringend er- wünscht bezeihnete zoologishe Erforshung des Kilimandjarogebiets zu übernehmen. Von ihm rührt der leyte, von der Station eingegangene und vom 9. September datierte Bericht her, in welhem bemerkt ift: Am Ende diefes Monats gedenke ih Herrn Dr. Lent nach Useri zu begleiten. Um dorthin zu gelangen, ift vorausfihtlih die zwischen der Station und dem nordöstlih davon gelegenen Useri gelegene, kürzlich unterworfene Landschaft Rombo betreten worden, welhe Dr. Lent niht lange vorhec in Begleitung des Kompagnieführers Johannes {on einmal besucht hatte. Dr. Lent war diesmal offenbar ohne militärische Bedeckung gereist, was er im allgemeinen vorzog. Wir können nur dem \{chmerzlichen Bedauern über den Tod der beiden Forscher Ausdruck geben, welche mitten aus eifrigster Thätigkeit in der Blüthe der Jahre als Opfer der Wissenschaft dahingerafft sind.“

Das R des Vereins für Deutsches Kunst- gewerbe in Berlin is soeben zum zweiten Mal herausgegeben worden und bildet wieder einen stattlichen Band mit vielen retzvollen Vignetten und Illustrationen. Das Geschäftsverzeichniß führt 1250 Mitglieder aus allen Gebieten der Kunst und des Gewerbes auf und kann bei Bedarf als bequemes Nachschlagebuch dienen. Aus den Mit- theilungen über die Thätigkeit des Vereins Ta hervor, wie hier alle Kräfte des Kunstgewerbes zu gemeinsamer Arbeit und E S werden. Das Adreßbuch, das in seiner gediegenen Aus- tattung dem Berliner Buchgewerbe alle Ehre macht, dürfte dazu dienen, dem Kunstgewerbe und seinem Verein bei Fachleuten und Kunstfreunden neue Anhänger zu gewinnen.

Land- und Forftwirthschaft.

: Anbauflächen in Großbritannien. ; Einer von dem Board of Agriculture in London im Oktober d. I. veröffentlihten Uebersicht über die Anbauflähen in Groß- britannien entnehmen wir folgende Angaben : Es waren bestellt: 1894 1893

mit Weizen . 1 980228 Aer gegen 1 955 213, Gerste . 2268193 ,„ 2201208 pur. . 4524167 4 435 944,

oggen. 102676 69 526, Bohnen. 247 062 248 304, Erbsen . 243 551 210 900.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten nund Absperrungs Maßregeln. (R

„_ Nach der im Kaiserlichen Gesundheitsamt bearbeiteten Statistik über die Verbreitung von Thierseuhen im Deutschen Reich während des ¿weiten Vierteljahres 1894 hat die Maul- und Klauenseuche in diesem Vierteljahr nicht unerhbeblih an iung gewonnen. Besonders wurde das südliche und \süd- westliche Deut land, und hier haupt\fählich Mittelfranken (261 Aus- brüche gegen 22 im Vorvierteljahr), der Schwarzwaldkreis (258 gegen 6), der Landeskommissärbezirk Freiburg (406 gegen 24), das Ober-Elsaß (365 gegen 91) und Lothringen (169 gegen 2), sowie der Regierungsbezirk Trier (179 gegen 2), befallen. In den weniger stark heimgesuchten nördlichen Gebieten des Reichs hat die Seuche in beträchtlicher Weise nur in den preußischen Regierungsbezirken Königs- berg (44 gegen 12) und Schleswig (42 gegen 1) zugenommen. ÎIm ganzen rourden neue Ausbrüche gemeldet aus

16 Staaten. . . . . , gegen 19 im 1. Vierteljahr 1894,

62 Negierungs- 2c. Bezirken , O a 2

260 Kren C a g z

(04 Gemeliben O z 2

2669 Ocn O, ¿ z _ Somit wurden während der Berichtszeit 31 Kreise 2c., 319 Ge-

meinden 2. und 2003»Gehöfte mehr ergrfffen als im Vorvierteljahr.

Am Schluß des zweiten Vierteljahrs 1894 herrshte die Maul- und Klauenseuche in 42 Regierungs- 2c. Bezirken (gegen 37 bei Be- ginn desselben), 123 Kreisen 2c. (77), 275 Gemeinden 2c. (110) und 1038 Gehöften (133). Sie war um diese Zeit am stärksten ver- breitet in einzelnen Gegenden von Bayern, Wêrttemberg, Baden und Elsaß-Lothringen, sowie in den preußishen Regierungsbezirken Schles- wig (Landkreis Kiel) und Koblenz (Kreis Kreuznah). Von den Ende Juni 1894 seuchefreien größeren Verwaltungsgebieten gehörten 38 von 63 den nördlich des Main (einschl. Oberhessen) und 3 von 21 den südlich davon gelegenen Bundesftaaten an.

Türkei.

Zufolge Beschlusses des internationalen Gesundheitsraths in Konstantinopel ift die für Herkünfte von der Küste des Marmara- Meeres zwischen Mudania und Panderma (inkl.) angeordnete Quarantäne von 5 Tagen auf 10 Tage erhöht worden. (Vergl. „N.-Anz.“ Nr. 256 vom 30. v. M.)

Argentinien.

Die gegen Herkünfte“ aus Deutschland bestehende Quarantäne (verge „R.-A.* Nr. 196 vom 21. August 1894) is für die nah dem 13. November d. J. aus Bremen und Hamburg anlangenden Dampfer aufgehoben worden.

Cholera.

Königsberg, 5. November. Aus Wilklhelmsrode und Gr. Friedrihsgraben im Kreise Labiau is je ein Cholerafall ge- meldet worden.

Danzig, 5. November. Jn Tolkemit sind zwei weitere Cholerafälle konstatiert worden.

Breslau, 5. November. Bei der Megierins in Oppeln ist am Sonnabend je ein Cholerafall aus Myslowiß und Brzezinka als bafteriologish festgestellt gemeldet worden.

Wien, 3. November. Nach den am 1. und 2. d. M. hier ein- getroffenen Nachrichten über den Stand der Cholera kamen in Galizien 231 Erkrankungen und 117 Todesfälle, in der Buko- wina 1 Erkrankung vor.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks

an der Nuhr und in Oberschlesien.

An der Ruhr sind am 5. d. M. gestellt 11380, nit recht- zeitig gestellt keine Wagen.

In Oberschlesien sind am 3. d. M. gestellt 6282, nit reht- zeitig gestellt keine Wagen.

Ausweis über den Verkehr auf dem Berliner Schlacht- viehmarkt vom 3. November 1894. Auftrieb und Marktpreise nah Schlachtgewiht mit Ausnahme der Schweine, welhe nah Lebendgewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 2404 Stüd. (Durchschnittspreis für 100 kg.) 1. Qualität 122—126 H, IT. Qualität 116—120 Æ, ITLI. Qualität 100—106 , IV. Qualität 90—96 A Schwe ine. Auftrieb 4503 Stück. (Durchschnittspreis für 100 kg.) Medcklenburger 106—108 4 Landschweine: a. gute 102—104 M b. geringere 94—100 #4, Galizier M, leichte Üngarn M bei 20 0/6 Tara, Bakonyer 84 4 bei 27,5 kg Tara pro Stü. Kälber. Auftrieb 550 Stück. (Durchschnittspreis für 1 ks.) I. Qual. 1,36—1,44 4, II. Qual. 1,20—1,34 „46, III. Qualität 1,00 —1,18 4 Schafe. Auftrieb 9712 Stück (Durchschnittspreis für 1 kg.) T. Qualitäi 0,84—1,16 , 11. Qualität 0,64—0,80 4, ITI. Qualität M

Leipzig, 5. November. (W. T. B.) Kammzug-Termin- handel. La Plata. Grundmuster B pr. November 2,975 4, pr. Dezember 2,97F F, pr. Januar 3,00 4, pr. Februar 3,00 #4 pr. März 3,024 #4, pvr. April 3,05 6, pvr. Mai 3,05 4, vr. Jun 3,10 4, vr. Juli 3,127 4, pr. August —, per September —. Umsay 45 000 kg.

Bremen, ò. November. (W. T. B.) Börsen-Schluß-Bericht. Raffiniertes Petroleum. (Offizielle Notierung der Bremer Petroleum-Börfe.) Ruhig. Loko 4,90 Br. Baumwolle. Ruhig. Upland middl. loko 292 A. Schmalz. Ruhig. Wilcox 38 ck, Armour shield 37 4, Cudahy 38 „4, Fairbanks 32 4. Wolle. Umsay 133 Ballen. Speck. Ruhig. Short clear middl. loko 37. Taback. Umsaß: 123 Faß Kentudv.

Milwaukee, 5. November. (W. T. B.) Das Gericht ordnete die Aufhebung der besonderen Receiverschaften für die Nebenlinien der Northern Pacificbahn an und ermächtigte die Hauptbahn zur Uebernahme des Betriebs dieser Zweigbahnen.

Theater und Musik.

Königliche Schauspiele.

Zur Feier des vierhundertsten Geburtstages von Hans Sachs wurde B via Abend im Königlihen Opernhause Richard Wagners große Oper „Die Mei L von Nürnberg“ aufgeführt : eine Vorstellung, di&durh ihre in allen Theilen künst- lertdbe Vollendung eine weihevolle Erinnerung an die volksthümliche Dichtergestalt verwirklichte, die der Dichterkomponist in der Handlung und mufikalisch in den Vordergrund seiner Oper gestellt hat. Einen vornehmeren Vertreter des Hans Sachs als Herrn Beg, der gestern wieder mit einer bewundernswerthen Wärme, Klarheit des Ausdrucks und Reinheit der Empfindung sang und in seinem en bevorzugten Geist aus dem Volke trefflich widerspiege dürfte es kaum geben. Die pan seiner bedeutendste Gesan, partie, die des Liebhabers Walther von Stolzing, wurde dem Gast unserer Königlichen Bühne, Herrn Georg Anthes