1913 / 260 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 03 Nov 1913 18:00:01 GMT) scan diff

: Marinüdhaumeisier Dannenberg und Dipl.-Jng. Cunze

Dipl-ng. Bauscher in Eckernförde, Regierungsbaumeister Regierungsbaumeister Dipl.-Ing. Knaus und Regierungs- baumeister Dipl.-Jng. Rosenow in Essen,

Rendsburg, Regierungsbauführer Dipl. - Jng. Kaftan in

Erfurt, Regierungsbauführer Dipl.-Jng. Keese und

ng. Schulz in Stettin, Regierungsbaumeister Kandner,

Regierungs- baumeister Dipl.-Jng. Hosemann und Regierungsbaumeister Dipl.-Ing. Winter in Königsberg i. Pr., Regierungs- baumeister Dipl.-Jng. Wolgram in Thorn, Regierungs- baumeister Dipl.-Jng. Laux in Görlitz, Regierungsbauführer Hartwig in Jdstein, Dipl.-Jng. Bräuer und Regierungs- baumeister Dipl.-Fng. Aders in Nienburg a. W., Dr.-Jng. Ebinghaus und Regierungsbaumeister Dipl.-Jng. Meyer in

Deutsh Krone, Regierungsbaumeister Keller und Regierungs- baumeister Rüßel in Cassel, Regierungsbaumeister Dipl.-Jng. Dolgner in Neukölln.

Ministerium der geistlichen und Unterrichts-

angelegenheiten.

Der bisherige Professor an der Königlichen Akademie zu Posen Dr. Otto Hoeßsch ist zum außerordentlichen Professor in der philosophischen Fakultät der Friedrih Wilhelms-Uni- versität in Berlin ernannt worden.

Finanzministerium. Der bisherige Oberzollsekretär Piy\chk aus Cöln ist zum . Geheimen expedierenden Sekretär und, Kalkulator im Finanzministerium ernannt worden.

Abgereist: Seine Exzellenz der Präsident des Evangelischen Ober- kirhenrats, Wirkliche Geheime Rat D. Voigts in dienstlicher Angelegenheit nah Jtalien.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 3. November 1913.

Seine Majestät der Kaiser und König hörten vor- gestern vormittag im Neuen Palais bei Potsdam die Vorträge des Chefs des Admiralstabes der Marine, Admirals von Bohl und des Chefs des Marinekabinetts, Admirals von Müller und nahmen danach militärishe Meldungen entgegen. Heute vormittag hörten Seine Majestät den Vortrag des Chefs des Zivilkabinetts, Wirklichen Geheimen Rats von Valentini.

Bei den Konsularbehörden des Reichs gehen noch häufig Anfragen ein, denen, obgleich fie lediglich persönliche oder geschäftliche Angelegenheiten der Juteressenten betreffen, das Porto für die Antwort nicht beigefügt ist. Jun solchen Fällen werden die Aniworten unfrankiert abgesandt, wodur den Empfängern Kosten für Zuschlagporto erwachsen. Die Befreiung der von Behörden ausgehenden Dienstbriefe vom Zuschlagporto besteht nur für den inneren deutschen Verkehr, dagegen nicht für Sendungen von und nach dem Auslande.

Unter diesen Umständen liegt es im eigenen Jntere}je der Beteiligten, den Anfragen an die Konsularbehörden des Reichs tunlichst das Porto für die Antwort beizufügen. Hierzu bieten die bei den größeren Postämtern zum Preise von 25 -Z für das Stück erhältlichen internationalen Antwortscheine ein bequemes Mittel. Der Antworts\chein wird dem Briefe mit der Anfrage beigelegt und vom Empfänger bei einer Post- anstalt des Bestimmungslandes gegen Landesfreimarken im Merte von % Centimes umgetauscht. Mit diesem Betrage kann ein Brief der ersten Gewichtsstufe frankiert werden, soweit nicht etwa von dem Aufgabelande des Antwortbriefes Zuschlag taxen erhoben werden. Jn diesen Fällen empfiehlt es sich, der Anfrage zwei Antwortscheine beizufügen. Veber die Zuschlag- taxen erteilen die Postanstalten d 0e N i

Antwortscheine werden im Verkehr fast sämtlicher Länder untereinander zugelassen; die Póstansialten geben darüber Aus- kunft, welche Länder dem Verfahren noh nicht beigetreten sind. Jm Verkehr mit diesen Ländern kann den an die Kaiserlichen Konsularbehörden zu richtenden Anfragen, auf welche die Ab- sender frankierte Antworten zu ‘erhalten wünschen, das Rück- porto in deutschen Freimarkeu beigefügt werden.

Während des Vierteljahrs vom 1. Juli bis 30. Sep- tember 1913 haben 158398 Schiffe (gegen 16 480 Schiffe in demselben Vierteljahr 1912) mit einem Nettoraumgehalt von 9 833 211 Registertons (1912: 2809913 Registertons) den Kaiser Wilhelm - Kanal benußt und, nah Abzug des auf die Kanalabgabe in Anrechnung zu bringenden Elb- lot3geldes, an Gebühren 1 251 860 46 (1912: 1200018 6) entrichtet. S

Davon entfielen auf den Monat September 4825 Schiffe (1912: 5258 Schiffe) von 907 687 Registertons (1912: 988 502 Registertons) und 400 174 46 (1912: 421915 M) Gebühren.

Laut Meldung des „W. T. B.“ find am 31. Oftober S. M. S. „Bremen“ in Veracruz, S. M. S. „Goeben mit dem Chef der Mittelmeerdivision u S. M. S. Breslau“ in Mersina, am 1. November S. M. S.

Jaguar“ in Kiukiang eingetroffen.

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Rathenow, 3. November. Seine Majestät der Kaiser und König traf, wie „W. T. B.“ meldet, gestern nahmittag zum Besuche Jhrer Königlihen Hoheiten

des Herzogs und der Herzogin zu Braunschweig und A t N E nah ungefähr zweistündigem Aufenthalt nah Berlin zurü. s |

: Taue morgen haben Jhre Königlichen Hoheiten der

enommen, und eine große Menschenmenge brachte dem hohen

S iare herzliche Abschiedsgrüße dar. Auf dem Bahnsteig hatte die vierte Schwadron mit Standarte und Regimentsmusik Aufstellung genommen, desgleichen hatten sich die direkten Vorgeseßten: der Korps-, Divisions- und Brigadegeneral sowie die Kre1s- und Stadtbehörden eingefunden. Jhre Königlichen Hoheiten der Herzog und die Herzogin schritten die Front der Ésfadron ab, verabschiedeten sich von allen Offizieren, vom Bürgermeister, Landrat usw. und reisten unter lebhaften Kund- gebungen des Publikums nah Braunschweig ab.

Braunschweig.

Jhre Königlichen Hoheiten der Herzog und die Herzogin Ernst August zu Braunschweig und Lüne- burg sind, wie „W. T. B.“ meldet, heute mittag in Braun- \chweig eingetroffen. Die Mitglieder des Staatsministeriums waren den hohen Herrschaften bis an die Landesgrenze bei Velpke entgegengefahren. Auf dem Bahnhofe waren die Ver- treter der staatlichen Behörden, die Hofslaaten usw. zur Auf- wartung erschienen. Jhre Königlichen Hoheiten der Herzog und die Herzogin traten sodann unter dem Jubel der Be- völkerung ihren feierlihen Einzug in die Residenz an. Auf dem Friedrih Wilhelmplaße wurde das hohe Paar von den städtischen Körperschaften empfangen.

Eine Sonderausgabe der amtlichen „Braunschweigischen Anzeigen“ veröffentliht den Erlaß einer Amnestie Seiner Königlichen Hoheit des Herzogs Ernst August. Alle Freiheits- strafen bis zu 6 Wochen sowie alle Geldstrafen bis zu 150 6 werden erlassen. - Außerdem sind Straferlasse in einzelnen Fällen vorgesehen.

Frankreich.

Der französische Generalstab hat dem „Excelsior“ zufolge seit etwa Jahresfrist an der französisch-italienischen Alpengrenze eine Reihe neuer Befestigungswerke aus- führen lassen, die die Verteidigung dieser Grenze erleichtern und ermöglichen sollen, einen Teil der Truppen von dort nach der Ostgrenze zu verlegen. Weitere große Befestigungsarbeiten sollen in der nächsten Zeit in Angriff genommen werden, um insbesondere das Gebiet des Kleinen St. Bernhard und die Gegend von Modane in einen den modernen Besestigungen entsprechenden Verteidigungszustand zu seßen.

Das Kolonialministeriuum hat von dem Gouverneur von Französish-Westafrika eine Depesche erhalten, die nach einer Meldung des „W. T. B.“ besagt, daß nach den ersen Berichten über den Kampf bei Vo utilis am 18. Sep- tember auf seiten der Franzosen 25 Eingeborene gefallen seien, daß jedoh kein Europäer verleßt sei. Die Depesche fügt hinzu, daß der Rezzustamm, der den Angriff am 18. September unternommen hatte, später vom Hauptmann Mangeot verfolgt und am 10. Oktober in Outfoun eingeholt wurde, wo ihm eine völlige Niederlage beigebracht wurde. Die Franzosen hätten über 600 Pferde, 15 Gewehre, das gesamte Gepäck und Lebens- mittel erbeutet. Auf franzöfisher Seite seien nur zwei Ein- geborene gefallen.

Ftalien.

Die Stichwahlen haben gestern in ganz Jtalien unter aroßer Beteiligung stattgefunden. Wie „V: Bi WUDel, sind bisher 83 Stichwahßlergebnisse bekannt. Gewählt sind 46 Ministerielle, 17 Sozialisten, 3 Katholiïen, 12 radikale Sozialisten, 4 Republikaner und 1 reformistischer Sozialist.

Spanien.

Jn Barcelona fand gestern eine von den dortigen Kon- servativen einberufene Versammlung statt, in der die kataloni- schen Partikularisten als Verräter bezeichnet und hart angegriffen wurden. Wie „W. T. B.“ meldet, kam es dabei im Ver- fammlungssaal und auf der Straße zu lärmenden Kund- gebungen. Die Polizei schritt ein und nahm mehrere Ver haftungen vor, die zu einem Handgemenge Veranlassung gaben, in dessen Verlauf mehrere Manifestanten und Schußleute ver- wundet wurden.

Portugal.

Der Kolonialminister bereitet nach einer Meldung des „W. T. B.“ zwei Gesezentwürfe, betreffend die finanzielle Autonomie und die Zivilverwaltung der Ko- lonien, vor.

Türkei.

Eine Kommission, die aus drei türkishen Offizieren und Delegierten der russishen und englischen Botschaften besteht, beginnt heute auf der Pforte die Arbeiten zur endgültigen Abgrenzung der umstrittenen Bone der türkisch- persishen Grenze.

Amtliche Kreise und die offizióse Presse weisen nach einer Meldung des „W. T. B.“ die Ansicht der griechischen Regierung zurü, daß der griechisch-türkische Vertrags- entwurf von den nah Athen entsandten Delegierten fast voll- ständig angenommen worden sei, und betonen, daß noch nichts endgültig festgeseßt sei.

Rumänien.

Gestern nahmittag wurde in Bukarest der Kongreß der liberalen Partei abgehalten, an dem Abordnungen aus allen Teilen des Landes teilnahmen. Der Kongreß nahm, wie „W. T. B.“ meldet, eine Resolution an, in der folgende Programmpunkte festgestellt wurden :

Fortseßung der Agrarreform vom Jahre 1907 mit dem Rechte für den Staat, unter gewissen Umständen eine Enteignung des Grund-

besitzes vorzunehmen; 4

Aufhebung des bisherigen Wahlklassensystems mit Zuerkennung des direkten Wahlrechts an alle des Lesens und Schreibens kundigen Bürger und des indirekten Wahlrehts an die unkundigen und Ver- tretung der Minderheiten.

Der Kongreß verlangt für die Durchführung der Reform in dringlicher Weise die Abänderung der Verfassung.

Serbien.

In der Skupschtina wurde vorgestern die Adreßdebatte fortgeseßt und der Gesezentwurf über die Liq uidierung des Moratoriums beraten. Nach dem Bericht des „W. T. B." erklärte der Minister des &Fnnern Protitsch, daß das Verfassungsregime in den neuen Ge-

Person und des Eigentums eingeseßt werden könne. Das Uebergangs- regime dürfte demnach etwa zehn Jahre währen. Die Skupschtina unterbrah hierauf die Adreßdebatte und trat in die Verhandlung dec Geseßesvorlage über die Liquidierung des Moratoriums ein. Der Berichterstatter der Minderheit Timotyowitsch legte dar, daß die. Vorlage vollkommen unzulänglih sei, weshalb die Regierung der Skupschtina einen neuen Entwurf unterbreiten sollte. Der Justize minister Giuritschit\{ch und der Volfkswtrtschaftsminister Janko- wit verwiesen auf die Notwendigkeit einer dringenden parlamen- tarishen Erledigung des Geseßzes, um einer neuerlihen Verlängerung des Moratoriums vorzubeugen.

Die Verhandlungen wurden darauf auf heute vertagt.

Bulgarien.

Die Danewpartei hat gestern in Sofia ihren Kongreß abgehalten. Wie „W. T. B.“ meldet, versuchte Dr. Danew in einer Rede alle Schuld an der Katastrophe Bulgariens auf das Hauptquartier abzuwälzen, und erklärte, die Führerschaft der Partei nicht niederlegen, sondern auf seinen Posten ausharren zu wollen, um den Parieikampf zu Ende zu führen.

Koloniales.

Ueber den Tod des Oberleutnants von Raven, der vor einigen Tagen aus Neukame run gemeldet wurde, ist ein vorläufiger tele- graphischer Bericht des Bezirksrichters Se ger, der seinen dienstlichen Wohnsiß in Nola hat, eingegangen. Der Bericht ist am 13. Oltober aus der Gegend zwishen Nguku und Nola abgesandt und offenbar mit einem Boten nah Njas\\ti, dem Endpunkt - der Telegraphenlinie (etwas über 200 km in der Luftlinie gemessen), ges{hickt worden. Von dort ift er drahtlich an das Gouvernement in Buea gegangen und von diesem mit Kabel nah Berlin ges{chickt worden, Er lautet folgendermaßen : „Auf gegenseitige Anzeige fcanzösisher und deutscher Faktorister wegen Bedrohung der Eingeborenen N gukus marschierte ih dorthin, wo ih am 10. eintraf. Ih traf dort den Postenführer von Nola, Oberleutnant von Naven, der mit dem für Sosso bestimmten Sergeanten Zota und 18 Mann herbeigeeilt war, weil ein französischer Faktorist, der dort für die Compagnie Forestière ansässig ist, brieflih mitgeteilt hatte, sein Leben sei gefährdet. Die Dörfer Ngufus bis. auf das Hauptdorf waren trog der Versiherung, daß ein kriegcrishes Vorgehen ihrerseits nit keabsichtizt et Leer Die Eingeborenen, mit denen tch nur aus der Entfernung verhandeln fonnte, weil sie sonst wegliefen, bestätigten die Anzeige wegen Be- drohung, drohten aber mit Feint seligkeiten, wenn der Postenführer und der Nichter mehrere Tage bleiben würden. Am 12. Vormittags wollte der Faktorist den thm angeblichß gewogenen jungen Häuptling von Nguku als Zeugen holen, um die Haltlosigkeit der Anzeigen gegen ihn zu beweisen. Auf dem W-ge zum Hauptdorf schossen die Eingeborenen auf ihn, ‘Mittags auf die Soldaten, die ihn zu der im Dorf gelegenen Faktorzi bringen sollten, und verleßten Leute von thm. Oberleutnant von Raven beschloß nun, das Hauptdor] räumen zu lassen. Auf dem Wege dorthin ließen die Eingeborenen einige Soldaten passieren und schossen dann auf uns aus dem Busch. von Raven erhielt einen Lungenshuß rechts und war in wenigen Minuten tot, {ch4 etnen Pfeilshuß im rechten Oberscenkel. Die Näumung des Dorfes konnte unter diesen Umständen nicht dur- geführt werden. EGingeborene zündeten darauf die franz ische Hauptfaktorei an und schossen Nachts ins Lager. Oberleutnant von Naven starb etwa 24 Uhr Nachmittags. Um seine Leiche nicht dort zu klassen, sondern nah Nola zu bringen, marschierten Zota, der Faktorist und ih heute, am 13., nah Nola ab.“ Das Kaijerlihe Gouvernement in Buea hat die nötizen An= ordnungen getroffen, um den Häuptling und die übrigen Schuldigen zu bestrafen und fie zur Anerkennung der deut\chen Herrschaft zu zwingen. (Deutsches Kolonialblait.)

Statistik und Vollswirtschaft.

Bei den preußischen Justizbehörden im Jahre 1913 beschäftigte Neferendare.

Nag einer im „Justizministerialblatt“ veröffentlichten Nachweisung der Zabl der bei den preußischen Justizbehörden in den Fahren 1901 bis 1913 beschäftigten Referendare waren bei diesen Behörden am 1. August 1913 insgesamt 7155 Justizreferendare vorhanden gegen 7413 zu derselben Zeit des Vorjahres 1912, 7612 im Jahre 1911, 7701 im Jahre 1910, 7694 tm Jahre 1909, 7528 im Jahre 1908, 7182 im Fahre 1907, 7003 im Jahre 1906, 6524 tm Fabre 1905 und 4954 im Jahre 1901. Ihre Zahl ift also, nahdem fie von 1901 bis 1910 um 2747, von 1905 bis 1910 allein noch um 1177 gestiegen war, seitdem um 546 zurückgegangen, von 1912 bis 1913 allein um 298. Immerhin ergibt h für den Zeitraum von 1901 bis 1913 eine Zu- nahme von 2201 Neserendaren oder 44,4%/0, für die Zeit von 1905 bis 1913 noch eine solhe von 631 Referendaren oder 9,7 °/o. Im Bezirk des Kammeraerihts als Oberlandesgeril;ts8 wurden am 1. August 1913 1367 Justizreferendare gegen 1332 im Vorjahre, 1338 im Jahre 1910 und 890 im Jahre 1901 beschäftigt, im Be- zirk des Oberlandesgerichts Cöln, von dem im Fahre 1906 größere Gebiete abgetrennt und dem Bezirke des neu er- rihzteten Oberlandesgerihts Düsseldorf zugeteilt worden find, 879 gegen 914, 922 und 694 in den genannten Neraleichejahren, im Oberlandesgerihtsbezirk Breslau 766 gegen 814 856 und 962, im Oberlandesgerthtébezik Hamm, von dem im Jahre 1906 kleine Gebiete abgetrennt und dem Bezirke des neu errihteten Dberlandes- gerihts Düsseldonf zugeteilt worden sind, 737 gegen 826, 926 und 524, im Oberlandesgerichtöbezirk Naumburg 974 gegen 998, 653 und 440, im Oberlandeëgerihtebezirk Celle 502 gegen 932, 966 und 438, in dem 1906 neu gebildeten Oberlandetgerihtsbezirk Düsseldorf 477 gegen 469 im Vorjahre und 450 i. J. 1910, im Oberlandesgerichtsbezirk Frankfurt a. V Ol gegen 391 im Vorjabre, 396 i. J. 1910 und 237 i. J. 1901, im Vberlandes- gerihtsbezirk Königsberg 310 gegen 338, 375 und 254, im Dber- landesgerihtsbezirk Stettin 285 gegen 283, 269 und 229, Um Ober- landesgerihtsbeztik Cassel 255 gegen 262, 289 und 176, im Dber- landesgerihtsbezirk Kiel 248 gegen 243, 240 und 146, im Ober- landesgerichtébezirk Posen 213 gegen 224, 212 und 212 und im Oberlandesgerihtsbezirk Marienwerder 171 gegen 187, 213 und 156. Im legten Jahre, vom 1. August 1912 bis dahin 1913, hat die Zahl der bei den preußishen Justizbehörden beschäftigten Neferendare nur in den Bezirken des Kammergerichts, der Oberlandesgerihte Düsseldorf, Kiel und Stettin unbe- deutend zugenommen (um 35 bezw. 8, 9 und 2), R allen übrigen Oberlandesgerihtsbezirken dagegen abgenommen, im Oberlandesgerichtsbezink Hamm um 89, im Oberlandef gericht bezirk Breslau um 48, im Oberlandesgerichtsbezirk Cöln um 35, im Oberlandesgerihtsbezirk Celle um 30, im Oberlandes8gerichtsbezirk Köntgsberg um 28, tm Oberlandesgerthtsbezirk Naumburg um 24, im Oberlandesgerichtsbeztrk Frankfurt a. M. um 20 usw. Unter den bei den preußischen Justizbehörden des Oberlandeêsgerichtsbeztrks Naiums- burg beschäftigten Referendaren befanden sich am 1. August 1913 32 (5 mehr als im Vorjahr) aus dem Herzogtum Anhalt und 7 (1 weniger) aus dem Fürstentum S{hwarzburg-Sondershausen, unter den im Oberlandesgerihtsbezirk Celle beschäftigten Neferendaren 2 (1 weniger als im Vorjahr) aus den Fürstentümern Lippe und

Schaumburg-Lippe,

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orzog und die Herzogin Ernst August Rathenow | Stehen. Jn den Straßen halten die Bietenhusaren Aufstellung

bieten erst nah der Herstellung einer vollkommenen Sicherheit der

Zur Arbeiterbewegung.

In Riga haben, „W. T. B.“ zufolge, die Ausständigen in den meisten Fabriken die Arbeit wieder aufgenommen; in der Baumwollspinnerei von Sassenhof und den Werken von Richard Pohle dauert der Ausstand noch fort. (Vgl. Nr. 259 d. Bl.)

Aus Huelya wird tem „W. T. B.* gemeldet: Eine Gruppe yon ausständigen Arbeitern der Nio Tinto-Minen steckte den Scbacht „Alicia*“ in Brand, der rasch abbrannte und

einstürzte. Kunst und Wissenschaft.

Im Mailänder Museum des Caftel Sforceëco hat der erfte Sekretär des Deutshen Archäologischen Instituts in Nom, Professor Richard Delbrü, eine bedeutsame Bildntsbüste der byzantini- schen Kaiserin Theodora, der Gemahlin des Kaisers Justinian, festgestellt. Es ift ein Kopf von ungewöhnlihem Charakter. Das Merkwürdigste ist die. riesige Frisur. Das volle Haar ist ganz in einzn dünnen Stoff eingehüllt, v.rmutlich Seide, wie man unterhalb eines Diadems sieht. Ueber dem Diadem sigt noch eine steife Kappe, über die eine Perlenkette läuft. Der {male und hohe Kopyf mit der fräftigen Stirn und den großen Augen ist von hoher Schönheit. Man hat aber den Eindruck einer troy bester Pflege alternden Schönheit. Wirkung8voll ist die Kopftracht, der herablafend stolze Blick aus offenen Angen unter leise gehobenen Brauen, die gehaltene Lebendtg- Feit des feinen festen Mundes. Daneben stechen die Zeichen des physischen Verblühens und des psychi!chen MNetifens, die Hautsäcke unter den Augen, das unjugendlich flare Muskelsyiel um den Mund, eine feine senkrehte Falte über dem Nasenrücten, ein etwas angestrengtes Hochziehen der linken Augenbraue. Das Lebensalter der Dargestellten wird auf 40 Jahre ge\chäßt. Auf Grund des Mosaiks în San Bitale in Navenno, b.î dem die Kaîïserin neben ihrem Gatten mit ihren Hofdamen er}chetnt, und ihrer Elfenteinporträts weist Delbrück in den „Römischen Mitteilungen des Deutschen Archäclogischen In- lttuts“ in dem Kopf ein Bildnis der berühmten Kaiserin nah. Es scheint 538 für Matland selbst geschaffen zu sein. Damals war Theodora 13 Jahre verheiratct, 11 Jahre Kaiserin und wohl 38 Jahre alt, da sie {hon eine dunkele und bewegte Vergangenhett besaß, als VFuslinian sie kennen lernte. Es könnte wohl eins der Bildnisse sein, die aus Konstantinopel in das Hauptquartier Belisars geschickt wurden, um als Hoheitézeichen in den für das Nei zurückgewonnenen Städten aufgestellt zu werden. In drei anderen Marmwmorköpfen gelingt es Delbrück, ein Bildnis der Artadne, der Gattin des Anastasius, nach- zuweisen.

Die Nuppflanzen der Steinzeit. Die ältesten Menschen waren Jäger, aber auch. die Ausübung ter Jazd war fehr beschränkt dur den Mangel an wi:ksamen Woffen. Man wird also vorzugt- weise auf das Cinsammeln von nahrhaften Pflanzenstoffen und auf leiht zu überlisiende Tiere angewiejen gewesen sein. Die Einführung der eigentlichen NußzÞflanzen und der ersten Anfänge des Ackerbaues geschah wahrscheinlich von Asien her während der jüngeren Steinzeit ; als die Menschen auh {on in Europa Werkzeuge und Waffen aus poliertem Stein und später aus Bronze besaßen. Dadurch wurde ihre Lebenéweise vóllîig verändert, zumal mit dem Uebergang von der Iagd zum Acferbau auch die Seßhaftigkeit beginnen mußte. Ungefähr gleichzeitig hat fch wohl auch die “Vieh- zucht entwickelt. Unter den Gräsern, die als Getreide zu etner weltbeherrschenden Stellung berufen waren, ist der Weizen am

frübesten tn seinem Wert erkannt worden, oder hat diesen Rang doch wobl nur mit wenigen “anderen Gewächsen geteilt. Ueberreste von Wetzen sind in der berühmten fteinzetilichen Ablagerung von Mas- d’Azil am Nordabhang der Pyrenäen gefunden worden. Dieselbe Art findet sih auch in allen Pfablbauten. Sie wid noch heute im Taï von Sreterz im schweizerischen Kanton Freiburg angebaut, aber nur zur Strohgewinnung. Der Ursprung dieser sonst wegen zu geringer Ergiebigkeit aufgegebenen Getreideart in Asien ist sehr wahrscheinlich, und ste de dann durch die langschädligen Eindringlinge, die während der jüngeren Steinzeit aus Asien nah Curopa kamen, in unseren Erotetl eingeführt worben sein. In einigen Pfahlbauten findet sich auch der sogenannte ägyptishe Weizen. Auch die Geríte ist unter den Ueber- bleibseln dieses fernen Zeitalters ziemlich häufig, und zwar lassen sich bereits sechs Spiclarten gut unterscheiden. Foggen und Hafer waren damals wohl auch bereits bekannt, aber sehr jelten. Außerdem spielte der Flachs mit einer Art, die von der beutigen verschieden ist und jeßt nur noh an einigen Stellen der Mittelmeerländer in wildem Zustand vorkommt, eine gewisse Rolle. Was sich font noch an Pflanzen in den Pfablkauten gefunden hat, war kaum Gegenstand cines Ackerbaues, sondern nur von wilden Gewächsen eingesammelt. Dazu gehören vor allem Früchte, die in den Pfahlbauten, getrocknet und in Viertel geschnitten, sih erhalten haben, besonders gewisse lleine Arten von Aepfeln und Birnen. Cine dieser Birrxen ist mut- maßlih der Stammväater einer Art gewesen, die noch jeßt unter dem Namen Achras in det Schweiz gezogen. wird.

èiteratur.

_____— In den“nächslen Tagen wird im Verlage B. G. Teubner, Leit, eia Werl ¿Das Jahr 1913, ein GOesamtbild der Kulturentwicklung“ erscheinen (etwa 550 Seiten Lexikon. Oktav, gebunden 15 M), das die bleibenden und wertvollen Ergebnisse des tulturellen Fortschrittes des Jahres auf alen Gebieten darstellen will. Veber die QanDd](rift Napoleous, diele wunderlichen, oft hieroglyphenartigen Schriftzüge, die dem Graphologen s{wierige Näâtsel aufgeben, veröffentlicht das neue 4. Heft der illustrierten Zeitschrift „Moderne Kunst“ (Verlag von Nich. Bong, Berlin We 97, Preis des Bierzehntagshefts 60 A) einen mit Ab- bildungen rei versebenen Aufsag. Aus dem übrigen literarischen Teile- des Heftes, dessen Kunstbeilagen in dem neuen künstlerisch hoMstehenden Tiefdruckverfahren hergestellt sind, seiea noch der mit Handzeichnungen von Max Klinger, Marx Liebezmann und Franz Stu ges{chmückte. Aufsay von Georg Nhenanus „Handzeihnungen moderner Meister“, Dr. Oskar Anwands mit Abbildungen versehene Theater- plauderci über Berliner Eröffnungsvorstellungen und Ewald Lemkes Aufsay über das Völkershlackchtdenkmal bei Leipzig hervorgehoben. Für Unterhaltungslettüre sorgen die Fortseßung von Klaus Htttlands (Elisabeth Heinroths) Noman „Die Ehen des Herrn von Brenk- busen“ und Agnes Harders Novelle „Das Mädchen in dem afktclei- farbenen Kleide“.

Meller von. Köntgwinter: Das Haus der Brentano. Eine Nomancronik. Deutsche Verlagsanjtalt, Stutt- gart und Berlin. 4 #. Das Buch gibt ein umfassendes und lebens- volles Bild jener literarischen Bewegung, die wir als die Nomantik bezeihnen. Die Träger dieser Bewegung treten deutlich mit ihren Gaben, ihren Vorzügen und Fehlern voc unsere Augen, und vor allen find es Klemens und Bettina Brentano, die mit ihren beweg- liden und sprühenden Tewmperamenten im Mittelpunït des Inter- esses stehen. Jhre beiden reichen Lebens\{icksale, die erfüllt sind von jugendfrohem, übersprudelndem Streben, bewegt von Auf und Nieder stürmishen Cmpfindens und mancher Enttäuschung fesseln in hohem Maße. Die Persönlihkeiten Goethes und seiner Mutter in thren Beziehungen, namentlich) zu Bettina, tragen niht wenig zu dem Interesse bei. Das Buch klingt aus mit der Hindeutung auf eine neue Geistesrihtung und den Zeichen des Verfalls der romantischen Schule. Der bewegliche Geist Be1tinas aber überschreitet die Schwelle. Dem vornehmen, von poetishem Erfassen Köntgéëwinters zeugenden Buch ist ein reiner, fließender Sul zu eigen, und es vermag dem Leser, der sich mit liebevoller Geduld in dies Werk vertieft, eine er- loschene Geisteswelt neu erstehen zu lassen.

—SophusBonde: „Fräulein Kapitän“. Ein Seeroman Deuische Verlagsanstalt, Stuttgart und Berlin. 3 1, geb. 4 (6. Dem Verfasser ist es in diesem Werk gelungen, seine bunten Reiseerlebnisse durch eine zusammenhängende Handlung zu verknüpfen und deren Fäden zu verknoten und wieder zu lösen. Immerhin liegt seine. stärkste Begabung weniger in psychologisher Entwicklung als in

nungen und seltsamen, märhenhaften Episoven, die tvte farbige Lichter auftauhen und wieder vergehen. Er läßt ein junges Mätcen mit ihrem Vater, dem Kapitän eines großen Segelschiffes eine weite Seercise unternehmen, läßt sie alle Schönheit, alle Gewalt und alle Schrecknisse des Meeres kennen lernen, verknüpft ihr Liebes- ge{ick mit dem anderer, fremdartlger Frauen, läßt sie den Tod des geliebten Vaters betrauern, läßt unedle Liebesleidenschaft sie bedrohen wahre ebe sie erretten und {ließlich in die Heimat zurückchren. h

Nikolaus Schwarzkopf: „Grsta Kunkel.“ Roman. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart u. Berlin. 2,50 4, geb. 3,50 4. Die Geschichte Greta Kunkels, der Försterstochter im Odenwald, bewegt und regt zum Nachdenken an. Es ist manches in dem Leben dieses Mädchens, das abstößt, aber die echte Menschlichkeit, die harte Sühne jedes threr Fehltritte wirkt versöhnend, Verstehen und Erbarmen auslófend. Es ist ein Buch stummer Anklage gegen Mütter, die ihr eigeñes Glüdsverlangen über die Liebe zum Kinde stellen; es zeigt, wie giflig der Same ist, den Mißtrauen und Ver- dacht gegen die Mutter in eines Kindes Herz zu streuen vermögen. Es zeigt, wie sehr ein kleines Mädchen in die Hand der Mutter gegeben ist, und wie not es thm tut, lange Zeit am Herzen der Muiter vertrauensvoll zu ruhen, zu wachsen und zu ecstarken. Gro find die Gefahren _ die eineL Toter harten, die keine rechte Elternliebe genoß Gretz Kunkel erliegt diesen Gefahren, wenn au bis zuleßt das Gute und Meine sehn- \üchtig in thr Tébl Eine Enttäushung im ersten zarten Lieben geht wie Froit über thres Herzens Blühen und läßt \chlechte, leidenschaftlihe Triebe in ihr \sprossen. Sie fällt einem rohen Manne zum Vpfer, und als der andere kommt, ter ihr ehrlih zugetan ist mißtraut sie ihm und \tößt ihn von sich. Schließlich suht sie ver- zweifelt nur nah Schutz, aber sie findet ihn nicht. Ihre Augen sehen nicht mehr das Glü, das threr wartet, se taumelt dem Tod in die Arme. Der Stil des Buches Ut spröde und zuweilen dialektish gefärbt, aber er_ paßt fich dem Inhalt gut an.

Von Heinrich Soh nreys „Landjugend“, Jahrbuch zur Unterbalturg und Belehrung, liegt ter 18. Jahrgang vor. (Verlag der Deutschen Landbucbhandlung in Berlin, geb. 1,60 46.) Das Buch verfolgt den Zwrck, seine Leser zu lehren, die Heimat zu ver- stehen, thnen die Augen für alles Schöne zu öffnen, was das \{chlichte Dorfleben und das Leben und Weben in Feld und Wald darbietet. Sohnrey ift der rechte Mann, das Programm lebensvoll aus- zubauen. Er und seine Mitarbeiter haben auch in dem vorliegenden Vändhen in Prosa und Poesie eine Fülle Gemüt und Verstand erwärmenden und belebenden Stoffes zusammen- gebracht und, obwohl fih der ganze Inhalt auf das Landleben bezieht, ist er doch weder einseitig noch ermüdend. Das Buch wird unker der Landjugend wieder viele Freude verbreiten, aber auch Stadtkindern sollte es in die Hand gegeben werden. Sie werden aus ihm viel

Neues und Schönes kennen lernen und cinen Blick in etne reiche und

eigenartige Welt tun, die. ihnen im Häusermeer der Stadt ver- chlossen bleibt.

Nr. 53 des „Zentralblatts für. das Deutsche Reth“, herausgegeben im Neihsamt des Innern, vom 31. Oftober 1913 hat folgenden Inhalt: Konfulatwesen: Ernennung; Erxequatur- erteilungen. Maß- und Gewichtswesen: Zulassung etnes Systems von Elektrizitätszählern zur amtlichen Beglaubigung. PYéeilitär- wesen: Gebührnisse der zur Durchführung von Ab}perrungsmaßregeln gegen die Ninderpest verwendeten Milttärkommandos und die Ers- stattung der entstandenen Meh1fosten aus Neichszivilfonds, Zolls und Steuerwesen: Veränderungen und Ergänzungen der Anlage D der Zuckfersteuerausführungsbestimmungen; Veränderungen in dem Stande der zur Ausstellung von Untersuhung8zeugnissen für Wein usw. ermächtigten ausländischen Fachchemiker; Zulassung eines zoUfreien N erebekiugorrehns. mit Pflanzen- und Bienenwachs, gefärbtem Bienenwachdersatz usw. zur Herstellung 2c. von Wachs8waren; Zulassung eines zollfreien Beredelungéverkehrs mit ausländischen rohen gewalzten Röhren aus schmicdbarem Eifen. Polizeiwesen: Ausweisung von Rusländern aus dem Neichsgebiet.

Theater und Musik. a Königliches Schauspielhaus.

_ Wohl als Ehrung für den greisen Dichter ging Paul Heyses vieraftiges Schausviel „Hans Lange“. am Sonnabend neu ein- studiert im Königlichen Schausptelhause in Szene. Das Drama führt in den Ltteraturgeschichten unter einer lobenden Note ein ehren- volles, aber stilles Da]ein, die Bühnenleiter erinnern sich seiner nur selten, und auch tim Königlihen Schausptelhause war és nahezu zwei FIahrzehnte nicht gespielt worden. Und doch zeigte die Aufführung am Sonnabend, daß „Hans Lange“, von tüchtigen Kräften dargestellt, noch immer ein bühnenwirksames Stück ist. Die Historie von dem Herzogsfohn, den die Erziehung durch einen watkeren Bauer vor Zügellosigkeit und Verweichlihung rettet, in die der Mutter Shwäche und tes ehrgeizigen Hofmarschalls verbrecherischer Vorbedacht ihn zu stürzen drohen, ift reih an ethischem Gehalt; die dur den aufrechten und lebensklugen Bauer durhkreuzten Ränke liefern einige dramatishe Spannung und die stimmungsvolie Nebenhandlung im Bauernhause, wo der Knecht, eifersüchtig auf den Herzogssohn, um den Besiß der lustigen Dörte ringt, misht der Handlung die nötige Dosis Humor bet. Ein gutes, flottes Sptel trug am Sonnabend wesentlih zum Erfolg des Stückes bei. Vor allen andern machte fich Herr Pohl tin der Rolle des Bauers Hans Lange um die Vorstellung verdient. Er verstand es auggezeihnet, die Mischung von Ehrlichkeit und Schlauheit, von ÜUnterwürfigkeit und aufrechter Unabhängkeit im Charakter dieser Hauptperfon des Stückes darzustellen. Recht gelungen wurde auch der hecrshsüchtige, vershlagene Hofmarschall von Massow von Herrn Leffler gespielt, sehr natürlich der von Eifersucht geplagte Großtnecht Henning von Herrn Vallentin, auch Herr Krauß brachte für die Nolle des Perzoaßlohnes das nôötige jugendlihe Ungestüm mit. Unter den feineren Nollen muß der jüdishe Viehhändler Henoch genannt werden, den Herr Vollmer in jeder Bewegung, in jedem Worte trefflich vor- führte. Herr Patry als Spielleiter hatte für Frische und Lebendigkeit und für stimmungsvolle Bühnenbilder gesorgt ; fo fand die Aufführung, die dur die Anw-.senheit der Kaiserlichen und Königlichen Majestäten ausgezeichnet wurde, wohlverdienten Beifall. |

0 Lessingtheater. _ Das Lessingtheatec siegte am Sonnabend im Zeichen Bernard Shaws, dessen fünfaktiges Lustspiel „Pygmalion“ die zahlreichen Zuschauer ebenso lustig wie geistreich unterhielt; eine Aufführung, an der man seine helle Freude haben fonnte, erhöhte noch ihrerseits tie Wirkung des von Siegfcied Trebitsh verdeuts{chten Stücks. Auf die eigenartige Erfindungsgabe des irischen Komödiendihters, den Humor, mit dem er die Dinge sieht, und die feine Art, mit der er fie ironifierend sch{ildert, auf seine Freude an Paradorxen und daran, Weltanschauungen dur die Kraft seines logishen Verstands ad absurdum zu führen und den Widersinn überkommener sfozialer BVorurteile mit der lächelnden Miene des Schalks aufzudécken auf das alles ift an dieser Stelle {hon bei früherer Geleaenheit \{chon oft genug bingewtlesen worden. Das Lust- spiel „Pygmalion" trägt den echten Shaw-Stempel und fesselt von Anfang bis zu Ende. Der Dichter führt uns gleich geshickt in medias res, indem er die Personen, auf die es ankommt, \{chußsuchend vor einem MNegenschauer unter dem Säulenvyorbau einer Londoner Kirhe zusammenbringt und fie miteinander und mit den Zuschauern bekannt macht. Es sind dies der Professor der „Phonetik*“ Henry Higgins, der tindishe Sprachforscher Oberst a. D. Pidering und ein Blumenmädchen Eliza Doolittle, die Tochter eines Müllkutschers. Sehr belustigend find hier die Gespräche und Bemerkungen der mit den genannten drei hier zu- fammengewürfelten Menschen, Vertreter des Löndoner Proletartats, des Bürgertums und der höheren Gesellschafts\chihten. Hier

den [ebensvollen Schilderungen yon Abenteuern, Naturerschei- |

lernen fi Higgins und Pickering kennen, und hier wird zwischen

ibnen die fonderbare Wette abgesGlossen, die die Handlung des Stückes beherrsht. Higgins behauptet nämli, daß es thm möglich wäre, mittels der von ihm erdachten phonetishen Lehrweise ein Wesen, das einen so ordinären Dialekt fpriht und sih so falsch ausdrückt wie das besagte Blumenmädchen, binnen einem halben E so abzurihten, baß sie in der besten Gesellschaft für eine Herzogin gelten könnte, Die Fortschritte Elizas unter den Händen Higgins', anfäng- liche Kämpfe und Enttäushungen und der endlihe Sieg [etner Theorie bilden den Inhalt der weiteren Akte. Pygmalion hat seine Galathea geschaffen, aber sie ist dabei auch zum lebendigen Weibe erwaht und will fich nun niht mehr lediglich als Objekt be- traten lassen ; sie mat ihm, dem rücksichtslosen und eingefleishten Junggefellen, Szenen, weigert sich, thn, der es für selbst- verständlih hielt, wte eine Magd zu bedienen, flüchtet zu seiner Mutter und benimmt sich nun und hinfort wie eine wirk- liche Laty, welhe die ihr zukommende Achtung gebietertfch fordert. Viese Flucht öffnet Higgins die Augen. Er merkt, wenn er es auch nicht zugibt, daß er Eliza nicht entbehren kann, und das Stück endet unter schr geschickter Umgehung der Banalitäten landläufiger versöhnlicher Lustspielshlüsse mit der begründeten Aussicht, daß aus den beiden ein Paar wird. Als Darsteller taten si ganz besonders Tilla Durieux als Eliza und Albert Steinrük als Professor Higgins hervor. Erstere ließ alle sprudelnden Wasserkünste ihrer lebhaften Naturveranlagung springen und fich in s{illerndem Sprühregen zer- täuben. Die Wandlung vom keifenden Straßenmädchen zur vor- nehmen Weltdame, die komishen Rückfälle in. die heimishe Denk- und Sprechweise, den Ausdruck echten Empfindens zeichnete sie meisterlih. Den Professor gab Albert Steinrück als groben, manieclofen, aber temveramentvollea, im Grunde gutherzigen Gelehrten. Auch er zeichnete mit sicheren humoristishen Strichen. Als Dritter im Bunde ist noch Herr Gkert zu nennen, der die fonder- bare Lebensphilofophie des Müllkutshers Doolittle, einer an Dickenssche Bolkstypen gemahnenden Gestalt, mit großer Wirkung vertrat. Ila Grüning, Paula Eberty, Max Landa und andere vervoll- sländigten unter der feinen Regie des Direktors Barnowski, das vollendete Zusammerspiel. Sehenswert war die Bühnenausstattung ; besonders das erste Bild einer verkehrsreichen Londoner Straße bei Regenwetter war ein Metsterwerk der Theaterkunst. Es war ein voller Erfolg, der vermutlih zahlreihe Wiederholungen des Lustspiels nach fih ziehen wird. e Deutsches Opernhaus.

Im Deutschen Opernhaus wurde am Sonnabend Lorßzings „Undine“ in einer sorgfältig vorbereiteten Neucinstudierung gegeben, die Direktor Hartmann mit einem gewissen Recht als Erstaufführung bezeihnen konnte. Unter Lorgings dramatishen Schöpfungen ist die eUndine“ von jeher nur ‘geringerer Anteilnabme bet den Theaterleitern und dem Publikum begegnet. Man hielt fih Ueber an Lorßing den bewährten Liederspiellomponisten, als daß man es versucht hâtte, dem Schöpser der vom Darsteller wie vom Zuhörer mehr verlangenden großen Oper nahe zu treten. Direktor Hartmann hat sich - nun als eifriger Freund der Lorßingschen Kunst der dankendwerten Aufgabe unterzogen, die Undine von den stil losen Einlagen anderer Tonseßer zu befreien und fie in zum Teil gekürzter, zum Teil ergänzter Form neu erstehen zu lassen. Die wohl- gelungene Neuaufführung am Sonnabend zeigte vor allem, wie lebens- trish die Undinen-Mußik heute noch wirkt und wie Lorßing gerade in ihr sowobl in den breiten, melodisWen Linien der lyrischen Partien, wie in der Größe und Wucht der Affektstellen sich als geborener musifalischer Dramatiker ausweist. Vielleicht könnte der Gesamteindruck des Werkes durch einige Streichungen noh unterstüßt werden. Troß des starken Beifalls, die sie bei den Zuhörern fand, würde eine Kürzung der derbkomishen Trintszene im leßten Akt z. B. im Interesse der Ein- heitlichkeit des Cindrucks entschieden zu befürworten sein. Als Ganzes muß man aber die Neueinrihtung der Oper durchaus gutheißen. Das Orchester, unter Leitung von Hans Leschke, begleitete fein- fühlig und sicher und ließ die Stellen, an denen es mustfkalis{ch führen \oll, eindringlih hervortreten. Frau Böhm van Endert, die stimmlih vorzüglich aufgelegt war, i unter den Darftellenden in erster Rethe zu nennen. In Spiel und Erscheinung wußte sie der Undine echten Märchenzauber zu verleihen, Julius Lieban bewährte sih in der Rolle des Veit wieder als unübertrefflich in feiner natür- lichen nie aufdringlihen Komik. Paul Hansen zeigte als Ritter Hugo gefangliche Borzüge, sein Sptel war aber in den Anfangs- atten nit frei genug. Hertha Stolzenberg betonte in der musikalisch nit sehr dankbaren Rolle der Berthalda etwas zu sehr die Intrigantin und zu wentg die erfolgreiche Verführerin. Werner Engel verkörperte den Wasserfürsten Kühleborn in seinen verschtedenen Wandlungen wirkungsvoll und wurde auch musikalish der Partie in anerkennenswerter Weise gerecht. Peter Lor mann als Kellermeister war urwüchfig in seiner Komik, müßte fch aber vor Uebertreibungen hüten. In der szentshen Ausstattung der Oper herrshte echte, romantishe Märchenstimmung. Ein ungewßhnlich s{chönes Bühnenbild bot der dritte Akt mit der troßvig aufgebauten Nitterburg über dem wetten, von blauenden Bergen um- \{lc}ssenen See. Sicher wird die echt deutshe Märchenoper \sich in

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dieser Neueinstudierung viele alte Freunde zurückgewinnen und neue

erobern. Deutsches Künsilertheater. (Sozietät.)

_ Auch das Deutsche Künstlertheater haite auf den Sonnabend eine Erstaufführung angeseßt, die ein Schauspiel „Kampf“ des eng- lischen Nomandichters John Galsworthy (Deutsch von Frank G. Washburn-Freund) brachte. Es war für Berlin nur eine haibe Neuheit, denn das Stü ist vor einigen Jahren bereits im htesigen Berein „Freie Bolksbühne" gegeben worden. Die gestrige Wieder- gabe des die sozialen Gegensäße von Arbeitgebern und Arbeitern \childernden Schauspiels wirkte durch die Darstellung stärker als vermöge seiner dihterishen Eigenschaften, denen die epische Breite näher liegt als die fnapye Zusammenfassung der dramatischen Gegen=- säße. Der Verfasser befleiß1gi fih einer Wirklichkeitstreue, die sich bet allen Einzelheiten von Aufsichtsratssizungen und Versammlungen der Arbeiter aufhäit, und aus der der dramatische Kern des\Schauspiels sich nur ganz allmählich herausshält. Dieses gipfeli in einer Szene, in der die beiden erbittertsten Gegner itn Kampf, der Führer der Arbeitgeber John Anthony und der Führer der Arbeiter David Roberts, beide von ihrenParteien, diefih hinten herum miteinander vertragen haben, verlassen, beide besiegt, aber beide ungebeugt einander gegenüberstehen und nicht umhin können, trog der Todfeindschaft, die fie trennt, fih gegenseilig zu achten. Diese beiden Charaktere sind es, die den Zuschauer allein fesseln, während der Lohnkampf selbsi, der mit dem üblichen Aufwand von Lungenkraft und oft gehörten Schlagworten geführt wird, im Grunde falt läßt. Zu bewundern war da nux die muster gültige Anordnung der Massen in den Streikversammlungen, dur den Regisseur Nudo!f Vittner, wie überhaupt alles, was auf der Bühne dem Auge sich darbot, etn lebendiges und bewegtes Abbild dessen war, was sih im wirklihen Leben absptelen könnte. Auch sehr eindrucksvoller Einzelleistungen ist zu gedenken, fo besonders derjenigen Emanuel Netchers in der Nolle des seine starren Grundsätze verfechtenden John Anthony und Theodor Loos’ temperamentvollen Arbeiterführers Noberts. Ergreifend spielte ferner Mathilde Sussin die Episode der als Opfer des Lohnkampfes in Hunger und' Elend fterbenden Frau des Roberts. Die Damen Irma Strunz und Dagny Sewages, die Herren Zeise-Gött, _Forest, Tiedtke, Fus, Galeen und zahlreide andere Inhaber kleinerer Rollen trugen das Jhrige zur Vervyoll- a Ly Sd h meg r bei. Für die freundliche Mufnahme ausptels dankte zu 3 irekti i Willy Grunwald. zum Schluß das Direktionsmitglied

Im Köntglihen Opernhause fingt morgen, Diens Frau Hermine Bosetti als erste Nolle ihrer für den Monat Roveiiit vereinbarten Gastspielabende die Nosine im „Barbier von Sevilla", Herr Jadlowker ist ihr Partner als Graf Almaytva, Herr Brondgeesl Sur der a O Gere Schulz sia den Bartolo, Herx egler den Basilio, Herr Krasa den Fiorillo, Diri i Kapellmeister von Strauß. N dai T O #