1913 / 275 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 21 Nov 1913 18:00:01 GMT) scan diff

A E EE E 1 E

O E E E

ewerbe.

für Handel und

Der Vergassessor Besserer bei dem Salzwerke i Bleicherode ist T N oiaieae ernannt worden. Gan a

Ministerium der geistlihen und Unterrihts- angelegenheiten.

Der bisherige Seminarlehrer Adalbert Nolte aus Lieben- thal in Schlesien ist zum Kreisschulinspektor in Beuthen O. Schl. ernannt worden.

___ Dem Dirigenten Paul Scheinpflug in Königsberg i. Pr. ist der Titel Königlicher Musikdirekior verliehen worden.

Béetanntmachunag.

Gemäß §8 46 des Kommunalabgabengeseßes vom 14. Juli 1893 (G.-S. S. 152) wird hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß der im laufenden Steuerjahre zu den Kommunal- abgaben einshäßbare Reinertrag aus dem Betriebsjahre 1912/13 bei der Neuhaldenslebener Eisenbahn auf

64 875 M6 festgestellt worden ist.

Magdeburg, den 19. November 1913.

Der Königliche Eisenbahnkommissar.

—_—

Sommer.

NicZkamillicßes. Deutsches Neich.

Preußen. Berlin, 21. November 1913. Seine Majestät der Kaiser und König ist, wie „W. T. B.“ meldet, infolge einer leichten Erkältung genötigt, sich einige Tage zu schonen.

Jn der am 20. d. M. unter dem Vorsiß des Staats- ministers, Staatssekretärs des Jnnern Dr. Delbrück ab- gehaltenen Plenarsißung des Bundesrats wurde dem Entwurf eines Geseßzes über die Wiederaufnahme eines Disziplinarverfahrens die Zustimmung erteilt. Die gleiche Be- \{lußfafsung erfolgte zu dem Entwurf einer Bekanntmachung, betreffend Uebergangsbestimmungen für die Krankenversiche- rung nah der Reichsversiherungsordnung, zu dem Ent- wurf einer Bekanntmachung, betreffend die von der Kranken- lasse zu erteilende Bescheinigung an Wandergewerbetreibende, und zu dem Entwurf von Uebergangsbestimmungen zur Reichs- versicherungs8ordnung. Demnächst gelangten folgende Etats- entwürfe zur Annahme: Die Etats der Reihs-Post- und Telegraphenverwaltung, der Reichsdruckerei, der Verwaltung der Reichseisenbahnen, der Reichsjustizverwaltuna, des Neichs- tanzlers und der NRNeichskanzlei, des Rechnungshofs, des Auswärtigen Amts, des Schußzgebiets Kiautschou, der Ver- waltung der Kaiserlichen Marine, des Reichskolonialamts, der Schutzgebiete ausschließlih Kiautschou, der Schußzgebietsschuld, des Reichsmilitärgerihts, des Allgemeinen Pensionsfonds, des Neich8heeres und der Schußgebietshauptetat. Hiernach wurde über die Besezung einer Reichsgerichtsratsstelle sowie über verschiedene Eingaben Beschluß gefaßt.

Der Bundesrat versammelte sich heute wieder zu einer Plenarsißung; vorher hielten die vereinigten Ausschüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen eine Sißzung.

Vor dem Technischen Oberprüfungsamte in Berlin haben in der Zeit vom 1. April 1912 bis dahin 1913 im ganzen 327 preußische Regierungsbauführer die Staatsprüfung im Baufache nah den Vorschriften vom 1. April 1906 abgelegt, und zwar 122 für das Hochbaufach, 74 für das Wasser- und Straßenbaufach, 97 für das Eisenbahnbaufah und 34 für das Maschinenbaufah. Von diesen Bauführern haben 276 die Prüfung bestanden, und zwar 110 im Hochbaufach, 57 im Wasser- und Straßenbaufach, 86 im Eisenbahnbaufah und 25 im Maschinenbaufach. Das Prädikat „mit Auszeichnung“ wurde 6, das Prädikat „gut“ 25 Prüflingen zuerkannt.

Die Bauführer, welche die Prüfung bestanden haben, sind sämtlich zu Regierungsbaumeistern ernannt worden.

Von 681 Negierungsbaumeistern, vie am 1. April 1912 im Staatsdienste beschäftigt waren, gehörten dem Hoch- bavfahe 238, dem Wasser- und Straßenbaufache 173, dem Eisenbahnbaufache 163 und dem Maschinenbaufache 107 an.

Jm Laufe des Etatsjahres 1912 sind etats mäßig an- gestellt worden: 107 Regierungsbaumeister, und zwar im Hoöochbaufache 36, im Wasser- und Straßenbaufache 14, im Eisenbahnbaufache 32 und im Maschinenbaufahe 5.

Verstorben sind: 2 Negierungsbaumeister des Hochbau- fachs und 1 Regierungsbaumeister des Eisenbahnbaufachs.

Aus dem Staatsdienst entlassen sind: 100 Regie- rungsbaumeister. Davon gehörten dem Hochbaufah 43, dem Wasser- und Straßenbaufach 46, dem Eisenbahnbaufah 9, dem Maschinenbaufach 2 an.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 18. November Si M. S. „Hansa“ "in Venedig und S. M. S. „Tiger“ in Futschau, und am 19. d. M. S. M. S. „Bremen“ in Veracruz eingetroffen.

Jn der Ersten Beilage zur heutigen Nummer des „Reichs- und Staatsanzeigers“ wird die vom Reichseisenbahn- amt aufgestellte tabellarishe Uebersicht der Betriebs- ergebnisse deutscher Eisenbahnen (aus\chließlich Bayerns) nah dem Stande am Ende des Monats Oktober 1913 veröffentlicht, auf die am Dienstag an dieser Stelle auszüglih hingewiesen worden ist.

Bayern.

Die Kammer der Abgeordneten begann heute die Be- ratung des Etats des Königlichen Hauses und Hofes und des Antrags der Regierung, die Zivilliste des Königs auf 5400000 1 zu erhöhen. Wie „W. T. B.“ meldet, beziffert sih der Gesamtbetrag der Ausgaben für diesen Etat mit den Apanagen usw. auf 6865734 A, das ist gegen den vorjährigen Etat eine Erhöhung von 1643259 #Æ. Der Abg. Dr. Müller-Hof (lib.) brachte mit Unterstüßung von 24 Liberalen, Demokraten und Deutschen Bauernbündlern einen Kompromißantrag ein, statt 5400000 #6 nur 4 800 000 s als Zivilliste für den König einzuseßen.

Oesterreich-Ungarn.

Der in Wien eingetroffene bulgarishe Minister Ghenadiew hat dem Minister des Auswärtigen Grafen Berchtold gestern einen einstündigen Besuch abgestattet.

Gestern vormittag erstattete der Kriegsminister von Krobatin im Heeresausshuß der Ungarischen Delegation ein Exposé, in dem er auf die umfassenden militärischen Vorkehrungen hinwies, zu denen bedeutende politische und militärishe Ereignisse an den Grenzen die Monarchie gezwungen hätten.

Nach dem Bericht des „W. T. B.“ betonte der Kriegsminister, daß, wie immer in tritischen Zeiten, auch diesmal alle Teile der be- waffneten Macht den an sie gestellten Forderungen , die vielfach \ckwerer als ein ernster Waffengang gewesen seien, mit voller Hin- gebung entsprohen und neuerdings bewiesen hätten, daß bas cinheititbe (Séefüge der Wehrmaht und deren Geist unverändert der alte set. Die verfügten Maßnahmen, so hart sie auch mttunter gewesen seien, jcien, ohne Klage zu erregen, durchgeführt worden dank dem patrio- tishen Opfermut aller Schichten der Bevölkerung und der werktätigen Mitwirkung der Regierungen beider Staaten der Monarchie. Der Kcieg?- minister sprach hierfür allen seinen tiefgefühlten Dank aus und föhr dann fort: „Schon während der Krise begannen die europäishzn Großmächte angesihts der veränderten militärtschea Lage weitreihende Maß- nahmen zur Verstärkung ihrer Strccitmittel zu treffen. Aehnliche Borforge war auch bei den Balkanstaaten im Zuge. Für die Monarchie ergibt \sch daraus weitechin da3 vom Selbit- erhaltungs8trieb diftierte Gebot, in dec militärisWen Ausgestaltung auch so weit zu gehen, daß un'ere milttärisch2 Lage sh gegen- über den Nachbarn zum mindesten nicht verschlehtere, und daß au unser Bündniswert nicht leide. Die durch diese Umstände gebotenen Vorsorgen fiaden thren finanziellen Ausdruck in dem porliegenten Budget, und zwar einersetts in den Nachtragdforderungen für die während der Krife getroffenen Maßnahmen, von denen der größere Teil bleibenden Wert besiut, und andererseits in den Mehr- forderungen der kommenden Jahre bebufs der auf mehrere Jahre ver- teilten Durchführung etnes unter Bedachtnahme auf die finanztelle Leistungsfähigkeit und mit der notwendigen Selbstbeschränkung au8gearbeiteten Organisation8programms, welches eine Neiße von Standeserhöhungen und Ausgestaltungen vorsieht. Diese Maßnahmen find um fo tringender, als die in allerlctter Stunde ad hoc getroffenen organisatorischen Verfügungen mit un- verhältntsmäßig hoben Kosten und einer empfindlichen volkswirtschaft- \chaftliben Schädigung durch die mit Necht als zu hart befundenen Einberufungen der Neservisten verbunden warea. Die Eindberufungen waren g1ößtenteils die Folge der geringen Friedensbestände, besonders in den Grenzgebieten. Die Elnberufung der älteren Wehr- pflichtigen ist die Konsequenz des gegenwärtigen unzuläng- lihen Mekrutenkontingenis. Die Kriegéverwaltung klonnte dur Gewährung von Utlauken und materiellen Unterstüßungen nur teilwetse für die durch die Einberufungen hervorgeruf-nen Härten Abhilfe schaffen. Durch die genannten Maßnz1hmen soll dies nun- mehr durhgreifend geshehen. Vor allem sollen die Truppen in den Grenzgebieten einen böberen Grad der Bereitschaft erhalten, um tin kritischen Situationen ihre Aufgaben zur Not mit den Friedensbeständen durchführen zu könnea, damit man nicht bet jeder pol:tishen Spannung gezwungen ist, sofort auf besondcre, die Bevölkerung und die Finanzen \hwer belastende Maßnahmen zurückzugreifen. Es sind au g.wisse während der Krise geshaffene Organisaiton8maßnabmen vorläufig weiter beizubehalten. Sie bilden die ersten Ansäße zu dem erwähuten Orgamisationcprogramm. Selbstverständlih iît die Bewilitgung der notwendigen Erhöhung des Mekrutenkontingents seitens dec beiden gescßgebenden Kötperschasten die Votbedingung für die Durchführung des Organisfationsprogramms.“ Der Minister bat, die erford:rlichen Kredite zu bewilligen.

Die nächste Sißung is auf den 1. Dezember anberaumt worden.

Im Einlaufse des österreichishen Abgeordneten - hauses befindet sih eine von fast sämtlichen Mitgliedern des Deutschen Nationalverbandes unterzeichnete Junterpellation, in der gegen die beabsichtigte Fusionierung der Alpinen Montangesellschaft und der Prager Eisenindustrie- gesellschaft als für die Bevölkerung und die Eisen verarbei- tenden Jndustrien schädlih Stellung genommen und der Minister des Jnnern gefragt wird, ob er im Einvernehmen mit anderen tompetenten ZBentralstellen dieser Fusionierung seine Zustimmung zu verweigern geneigt sei.

Frankreich.

Der Jnternationale Kongreß für Negelung des Zollwesens sprach sih gestern, wie „W. T. B.“ meldet, für die Festseßung einheilliher Bestimmungen über die Zollfreiheit der zeitweilig zugelassenen, für die Wiederausfußr bestimmten Waren aus. Ferner wurde eine Resolution zugunsten einbeitlicher Bestimmungen über die Steuerfreiheit der Geschäftsreisenden an- genommen. Schließlih fand auch eine von den Schweizer Delegierten beantragte Resolution, daß die Zollvehandlung der Warenmuster den Geschäftsreisenden durch vorherige L legung eines Depots und Unterzeichnung eines Reverses er- leichtert werden möge, günstige Aufnahme.

Der französisch-deutsche Zollkon greß hat, obiger Quelle zufolge, in seiner gestrigen Sizung den Beschluß gefaßt, das franzosishe Handelskomitee und den deutsch - französischen Wirlschaftsverein zu ersuchen, ihre Ermiitlungen über die ein- {lägigen Zollfragen fortzuseßen und bei dieser Arbeit die Erneuerung des Handelsvertrages, der 1917 ablaufe, im Auge zu behalten. Besonders sollten alle Handels- vereinigungen aufgefordert werden, ihre Wünsche bekannt zu geben, damit in den deutsch - französishen Zoll- beziehungen vollkommene Gegenseitigkeit und die An- wendung der Meistbegünstigungsklausel auf jede der beiden Nationen gesichert werde. Die Untersuhung der Zollfragen werde auf deutscher und französisher Seite einzig mit dem Zwécke fortgeseht werden, den beiden Regierungen seinerzeit für die amt iche Zollkonferenz genaues Material überreichen zu können. Es sei nicht beabsichtigt, in die Rechte der beiden Regierungen einzugreifen, sondern der deutshe wie der französishe Ausschuß wünschten nur, Jnterpreten der be- trächtlihen Jnteressen zu sein, die bei der Angelegenheit in

Frage kämen.

Die Deputiertenkam mer hat gestern ohne die Schaffung eines neuen Armeekorp3, deg XNT angenommen und der Aufnahme eines Kredits in Höhe i 30 000 Francs zwecks Schaffung einer Abteilung für Luft, \chiffwesen im Kriegsministerium zugestimmt. f

Die Deputierten Breton und Morin haben den Minist, präsidenten ersucht, die Beantwortung der von ihnen eingebraten «Fnterpellationen über die allgemeine Politit der Regie, rung auf den 28. November festzusezen. Barthou hat sich nit diesem Datum einverstanden erkiärt.

Der Finanzminister Dumont seßte gestern nahmi dem Budgetaus\chuß die Gründe auseinander, n Regierung auf dec Aufrechterhaltung der Anleihe von 1300 Millionen bestehen müsse, in der auch die Kosten für die Marofkoausgaben mit inbegriffen seien. Der v gde hielt jedoch seinen vorgestrigen Beschluß aufrecht, wonach die Anleihe lediglih auf den Betrag der außerordentlichen Militärausgaben beschränkt bleiben soll.

Rußland.

Der Ministerrat begutachtete gestern die Geseßesvorlage über eine Neorganisation des Justituts der Zwangs- arbeit laut Meldung des „W. T. B.“ in dem Einne, daß Bestrafung mit Zwangsarbeit nicht mit Verschikung verbunden werden solle, daß jedoh die Zwangsarbeit die ihr bisher eigen: tümlichen Prinzipien beibehalten folle, nämlih erstens dag Prinzip der Bestrafung, die erzielt werde durch Verhängung einer Gefängnishaft von hinlänglicher Dauer unter Auferlegung möglichst s{werer Arbeit, und zweitens das Prinzip der Besserung, indem das System progressiver Erleichterung der Lage der Sträflinge streng dem Betragen und dem Arbeits: fleiße des Sträflings entsprehend durchgeführt werde. Weiter bewilligte der Ministerrat die zollfreie Einfuhr von ausz- ländischer Kohle für den Bedarf der Südostbahngesellschaft.

Ftalien.

Der Ministerrat hat gestern, wie „W. T. B.“ meldet, beschlossen, den Unterstaatssekretär der Kolonien Colo simo in das Ministerium für Posi und Telegraphen zu verseßen und den dortigen Unterstaatssekretär Battaglieri zum Unterstaats- sekretär der Marine zu ernennen an Stelle von Bergamasco, der bei den Deputiertenwahlen nicht wieder gewählt worden is und deshalb demissiouiert hat.

Niederlande.

Aus Anlaß der Hundertjahrfeier der Unabhängig- keit der Niederlande hat die Königin eine Profkla- mation erlassen, in der laut Meldung des „W. T. Y, gesagt wird, daß das Vertrauen derer, die am 21. November 1813 die Regierung übernommen hätten, nicht getäuscht worden sei; die Niederlande hätten in jeder Beziehung einen hohen Aufshwung genommen. Die Proklamation gibt dem Wunsche Ausdru, daß Friede, Freiheit und die Blüte des Landes keine Unterbrehung erfahren möchten, und daß auch in Zukunft die Vereinigung aller Niederländer ih auf eine feste nationale Unabhängigkeit gründe. Die Königin hoffe, mit dem Volke zusammen zum Wohle des Vaterlandes zu arbeiten.

Türkei.

Das armenishe Patriarchat hat an dié Pforte das Ersuchen gerichtet, dem armenischen Volk in der Deputierten- fammer eine seiner Größe entsprehende Vertretung zu ge- währen. Wie „W. T. B.“ meldet, hat der Kultusminister das Gesuch ablehnend beschieden und erklärt, die Kammer vertrete alle Ottomanen und nicht eine einzelne Nationalität. "Jeder Abgeordnete sei Vertreter der ganzen ottomanishen Nation. Das Patriarchat habe mit dem Ersuchen seine Befu nisse über- schritten, der Minister werde derartige Anfragen in Zukunf unbeantwortet lassen.

Montenegro.

__ Nach einer Meldung des „W. T. B.“ haben vorgesiern abend einige Albanesenbanden montenegrinishe Vorposten in der Nähe von Tuzi angegriffen. Die Montenegriner, die in dem Scharmüßel mehrere Verwundete hatten, trieben die Albanesen zurück, deren Verluste unbekannt sind.

Albanien.

Die holländishen Organisatoren sind gestern mit Gefolgen zu Studienzwecken im Junern des Landes nach Berat abgereist. Sie begeben sich sodann nah Elbassan, Tirana und Durazzo, worauf sie mit ihrer Tätigkeit als Organisatoren der Gendarmerie beginnen werden.

Amerika.

Der Präsident Wilfon legt nah einer Meldung des „W. T. B.“ die Lage in der Stadt Mexiko dahin aus, daß die Negierung Huertas in der Zersezung begriffen fei, und daß, obwohl die Dinge sih langsam entwidelten, die \{hließliche Abdankung Huertas sicher sei.

Der frühere Präsident Taft warnte in einer gestern in New York gehaltenen Rede den Präsidenten Wilson vor dem Wagnis einer Jntervention in Mexiko; er meinte, sie würde mehr Geld und Blut kosten als die Eroberung der Philippinen.

Durch ein Dekret Huertas sind obiger Quelle zufolge die Stempelsteuer auf Urkunden öffentlichen Charakiers einschließli Scheck3, Quittungen und Verträge verdoppelt und die Auflagen auf Tabak, Alkohol und NRohöl beträchtlih erhöht worden. Durch ein weiteres Dekret wird den Notenbanken mit Rücksicht auf den durch die Zurückhaltung des Silbers hervorgerufenen Mangel an kleinem Geld gestattet, Ein- und Zwei-Pesoscheine auszugeben. Der kleinste bisher ausgegebene Schein lautete auf 5 Pesos. :

Der Kongreß ist gestern nahmittag in Anwesenheit Huertas eröffnet worden. Wie „W. T. B.“ meldet, versicherte der Präsident des Kongresses Huerta, daß der Kongreß ihn eu- mütig bei seinen edlen Bemühungen um die Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit der Nation unterstüßen werde. 27 Mitglieder des Kongresses, unter ihnen 24 Katholiken, waren abwesend. Säml- liche Mitglieder des diplomatishen Korps waren zugegen, nur der Geschäftsträger der Vereinigten Staaten fehlte. Fm Kongreß ist ein Steuergeseß eingebraht worden, nah dem von El fommen über 20 000 Dollar ein Steuerzuschlag von 5 Prozent erhoben werden soll. /

Die Mitglieder der fremden Kolonien in der mex? fanischen Hauptstadt treffen Vorbereitungen zur Verteidigung für den Fall von Unruhen. Der englishe Gesandte Carden hat den britishen Staatsangehörigen geraten, für Verteidigung® zwecke eine Organisation zu schaffen. Die Amerikaner planen

igungsmaßregeln, ohne dahin gehende Ratschläge von

‘Geschäftsführer erhalten zu haben. Es ist möglich, daß

allgemeine Verteidigungsorganisation geschaffen wird, die

d e peutschen, britischen und österreichisch - ungarischen Staats- angehörigen umfassen würde.

Afien.

Der chinesische Premierminister veröffentlicht einer eldung des „W. T. B.“ zufolge eine Erklärung, daß er die Absicht habe, wenn möglich, eine weitere Verwaltungsanleihe 41 vermeiden, die Ausgaben einzuschränken und die Einnahmen u steigern, indem er die bestehenden Steuern ertragfähiger ache und neue Steuern schaffe, bis die Ausgaben und alle bestehenden Verpflichtungen voll gedeckt wären. Es sind Steuern auf Wechsel und auf Tabak vorgesehen sowie eine Er- höhung der Zölle und, wenn möglich, noch eine innere Anleihe. Die Erklärung wurde veröffentlicht in der Absicht, das Volk îber die Lage aufzuklären und es auf die höheren Steuern vor- zubereiten. Jn der Erklärung ist deutlich ausgesprochen, welche Folgen es haben würde, wenn China fortführe, sih auf fremde Anleihen zu verlassen.

Während einer Sißung des Nationalistishen Komitees in Mukden hat die Regierung, wie die „St. Petersburger Telegraphenagentur“ meldet, sechsundfünfzig Komiteemitglieder festnehmen und gefangen seßen lassen. Die Behörden der Provinzen Kirin und Zizikar haben gleichfalls Befehl erhallen, die Mitglieder der Nationalistischen Komitees festzunehmen.

Afrika.

Meldungen des „W. T. B.“ aus Marrakesch zufolge hat der aufständishe Kaid der Anflus durch seinen Bruder um Gnade bitten lassen, die t von dem General Liautey be- dingungslos gewährt wurde. Doch dürfte dem Kaid eine entfernt liegende Stadt, wahrscheinlih Mekines, zum Wohnsiß angewiesen werden. Auch der Prätendent El Hiba soll dur Unterhändler seine Unterwerfung angeboten haben.

Koloniales.

Auf Einladung des Staatssekretärs des Reichskolonialamis Dr. Solf fanden sich gestern die Vorstände des Vereins westafrikanisher Kaufleute und des Verbandes der Kamerun- und Togopflanzungen zu einer Besprechung im Neichskolonialamt ein, über die „W. T. B.“, wie folgt, be- richtet:

Bei Beginn der Sißung führte der Staatssekretär aus, daß mehrere der Aeußerungen, die cer bei den Besprehungen mit den Interessenverbänden in Kamerun gelegentlich sciner legten Neise getan habe, einz finnentsiellende Wiedergabe gefunden hätten. Er stellte diese Aeußerungen richliz und wies die Angriffe, die aus Anlaß dieser miß- veritandenen Aeußerungen gegen thn gertchtet worden find, zurück. Die Vorstände d:¿r beiden Veretnigungen gaben übereinstimmend die Er- flärung ab, daß ihre Mitglieder diesen Angriffen vollständig fern ständen, si? nur lebkaft bedauern könnten und aufs s{härfst2 miß- billigten. In der Frage der Beseitigung tes Kautshukauefuhrzolls erklärte ih der Staatssekretär mit der Einführung eines Zollcs, dessen Höhe sih nach dem Mark:preis des Kautshuks abstuft, und ter ganz wegfallen sell, wenn der Marktpreis unter ciner gewisseu Dbhe bleibt, einverstanden. Eine Meinungsverschiedenheit, dte jetoch ledigli theoretishe Bedeutung hat, trat in der Frage zjutage, ob die MNexterung einen rechtlihen Anspru auf die voy herrenlosem Land- gewonnenen Landeserzeugnisse (Wild- fautschuk usr.) habe. Die Vorstänte der beiden Vereinigungen vec- traten die Ansicht, daß ein solcher Anspruch erst mit der Ausscheidung des herrenlcsen Landes entstehe. Dagegen stellte der Staatë]ekretär sich auf den Standpuntt, daß dieses Aneignungsrecht an den Grzeugrissen des Bodens in tem durch die Kronkandverordnung dem Staate verltcheren Aneignungereht an Grund und Boden enthalten sei. Seltstverständlih werde aber die Regierung aus dieser ihr durch die Kronlandverordnung gegebenen günstigen Rechtsloge keine wirtschaftlichcn Felgezungen ziehen, die den Handel unterbinden oder andere öffentliße Interessen verleßen. In der Frage der Selbstverwaltung führten die Interessenien aus, daß nach ihrer Ansicht die rein tropischen Schuggebiete, Kamerun und Togo, für die Einräumung weitergebender Befugnisse an den Gouvernementsrat noch niht reif seien. Es sei aber unumgänglich nötig, daß in allen wichtigen Fracen die heimishen Firmeninhaber und Borstände als die eigeutlichen Vertreter des in den nationalen Unter- nehmungén investierten Kapitals vorher gutachtlih gehört würden. Der Staatssekretär betonte demgegenüber, daß er Wert darauf legen müsse, den Schwerpunkt der Verwaltung im Schutzzebiet zu belassen, daß daher die Verbandlungen mit den Interessenten in erster Linie in der Hand des Gouverneurs liegen müßten. Auch könne er nit zu- geben, daß die Interessenten im Schutzgebiet ausgeschaltet und durch die keimishen Interessenten erscßt würden. Er wolle jedoch gern zu- lagen, daß der Gouverneur grundsäylich bei wichtigen Verwaltungs- maßnahmen und Verordnungen außer den Interessenvertretungen tw Schußgebiet (Hantelskammern, Pflanzervercinigung, Gouverne- mentärat) av die heimischen Firmeninhaber und Vorstände vorher \utahtli*o Hhôre. Die in dieser B«ziebung zwishen dem Neichss- blonialamt und dem Verein der Togokaufleute für Togo getroffenen Vereinbarungen hätten sfich bewährt, und er set bereit, fie auf Kamerun uêzudebnen. Zum Schlusse wurde die Frage der Arbetterbeshaff ung gestreist. In dieser Frage sollen demnächst Besprehungen mit dem auf Heimaturlaub befindlihen Gouverneur von Kamerua stattfinden.

Simmern

Parlamentarische Nachrichten.

Dem Reichstag ist gemäß § 1 der Reichs\chulden- ordnung vom 19. März 1900 (Neichsgeseßbl. S. 129) die Anleihe- Denkschrift zugegangen.

Nach der Denkschrift beziffern s|ch die Anleihekredite auf 9009 352 349 e, von denen am 30. September 1913 noh 903 745 632 6 verfügbar waren. Das gesamte auf Grund des Anleihekredits begebene Schuldkapital betrug an dem genannten Tage

897 229300 #, und zwar an 4 proz, Schuldverschreibungen 1072007500 4, an 34 proz. 1970802600 Æ, an 3 proz. 1634 415 200 M, und 4proz. Schaßanweisungen 220 000 000 . Von den Schbuldverschreibungen im Gesamtbetrage ven 4677 225 300 dgen am 30. September d. J. 1 366 942 000 46 gleich 29,29/6 in a Neichs\chuldbuch eingetragen. Der Kurs, zu welchem die Schu!d- ¿tlhreibungen im Durchschnitt begeben sind, beträgt für die derod. Neichs\chuld 100,311 9/0, für die 34 proz. 99,981 0/6 und für

e 3 proz. 88,492 9/0, sodaß der Zinsfuß, zu dem die Reichékasse den wfgenommenen Erlö3 zu verzinsen hat, ih für die 4 proz. Reichs-

uld auf 3,9880/0, für die 3L proz. auf 3,501 0%/% und für die

Proz. auf 3,388 % berechnet.

Statistik und Volkswirtschaft.

NVeber die Bedeutung und die Avsführung der Viech- nnd der Obstbaumzählung in Preußen am 1. Dezember 1913

En das Kniglich preußische Statistisße Land:8amt in der „Stat. err.“ die folgende Belehrung:

Am 1. Béréribes 1913 findet im Deutschen Neiche eine all- gemeine Viebzählung statt, mit der in Preußen die gleifalls vom Bundesrate angeordnete Obsibaumzählung verbunden ist. Die Fragen, die bierbet an die Bevölkerung gestellt werden, sind leicht verständlich, ihre A orting verursacht nur geringe Mühe. Es werden gezählt: die Pferde, Rinder, Schafe, Schroeine, Ziegen mit thren Unteraiten, ferner die tragfähigen und die ncch nit tragfähigen Obstbäume.

Jeder Haushaliungs8vorsteber oder scin Stellvertreter h2t das ihm gehörende oder unter seiner Obhut befindlihe Vieh, das in der Nacht vom 30. November zum 1 Dezember 1913 auf dem Gehöfte, wo er wohnt, steht, zu zählen und in die weiße Zähl- farte (A), unter Beachtung der Erläuterungen, wahrheitsgetreu einzutragen; die auf dem Gehöfte und in dem anstoßenden Hausgarten stehenden tragfähigen oder noch nicht tragfähigen Obstbäume sind vom R Verwalter oder Pächter des Gehöftes zu zählen und auf der Nülkseite der weißen Zählkarte zu vermerken. Für die im freten Felde) an öffentlihen Wegen, auf Kanalböshungea, Deichen usw. stehenden Obstbäume dient die blaue Zählkarte (A 1).

Ueber die in den Zählkart n enthaltenen, den Vieh- und Obst- baumtesiz des Einzelnen betreffenden Nahrichten ist das Amtsgeheimnis zu wahren. Die Angaben dürfen rur zu amilichen statistishen Arbeiten, nit ab:r zu anderen Zwecken, insbesondere auch nicht zu Steuer - zwedcken, benußt werden. Die Ergebnisse der Bieh- und Obstbaum- zählung dienen daher lediglich den Zweken der Staats- und Gemeinde- verwaltung und dcr Förderung wissenshaftliher und gemetnnüßiger Aufgaben, wie Hebung der Viehzucht und des Obstbaues; insbesondere foll ober auch festgestellt werden, ob durch die hetmi'che Viehzucht und den Obstbau das für die Volksernährung nötige Fleisch und Obst ge- wonnen werden kann. Nah Feststellung der Grgebnisse durch das Köoiglihe Statistishe Landetamt in Berlin werden die Zähßhlkarten vernichtet.

Die Erreichung des bedeutsamen Zweckes der Zählung bängt zum grcßen Teile von der Mithilfe der Bevölkerung ab. An sie wird daher die dringende Bitte gerichtet, das Zählgeschäft duxch bereit- williges Entgegenkommen den Zöhlern, Ortebchörden usw. gegenüber zu erleihtern. Wenn auch die Zählkarte in erster Linie von dem Haushaltungsvorsteher usw. selbst auszufüllen ist, so bedarf es doch außerdem einer großen Zahl freiwilliger Zähler, die bei der Aus- übung ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit die Eigenschaft von öffent- lihen Beamten besißen. Es steht zu etwarten, daß, wie bei früheren Zählunzen, so auch diesmal fih in genügender Zahl Per- sonen finden werden, die bereit find, dieses Ehrenamt zu übernehmen ; sie würden damit dem allgemeinen öffentlihen Jnteresse einen wesent- lichen Dienst leisten. Endlich ist noch in geeigneter Weise, namentli durch Besprelung in den Gemeinteversammlungen, in den Schulen und durch Adbdrvck diefer Belehrung în- den amtlihzn Blättern und in der Tagespresse der Zweck der bevorstebenden Zählung zur mögltch{|t allgemeinen Kenntnis zu bringen.

Die Aufbereitung der Ergebnisse der Zählung ges{hleht durch das Königlich preußishe Statistisle Landes8amt in Berlin SW. 68, Lindenstraße Nr. 28, das zur Behebung ctwa auftauhender Zweifel auf jede Anfrage bereitwtilligst Auskunft erteilen wird. Die Ver- öffentlihung der Ergebnisse wird so gehalten werden, daß darin die Angaben des einzelnen Haushaltungsvorstehers in keinem Falle mebr erkennbar sind. S

Zur Arbeiterbewegung.

Die christlihen Bergarbeiter der rheiniswhen Braun - kohlenreviere sind, wie. der „Frkf. Ztz.” aus Cöln gemeldet wird, in eine Lohnbewegung eingetreten. Sie fordern vor allem im Hinablick auf die steigeade Zahl der Krankheitsfälle und Unfälle sowie auf dick steigende Rentabilität des Bergbaus im Braunkohlen- A eine Verkürzung der Arbeitszeit, die zurzeit etwa 12 Stunden ckeirägt.

Zur Ausstandsbewegung der französishen Berg- arbeiter (vgl. Nr. 275 d. Bl.) wird dem „W. T. B.“ aus Paris gemeldet: In einer von dem Hauptau:\{chusse der franzssischen Kohlengrubenbesizer einberufenen Versammlung erklärten die Direktoren der Bergwerke der Departements Nord und Pas-de-Calais, daß zwis{chen ihnen und dèn Bergleuten gegen- wärtig keinerlei Zwist bestehe, und daß der Ausstand lediglich durch den Beschluß des Senats hetbvorgerufen worden sei. Die Direïtoren versicherten, daß fe keinerlei Druck auf die Arbeiter aus- üben würden, um sie zu Ueberstunden zu zwingen. Der Deputierte Baëly erklärte in einer in Nantes abgehaltenen Aus\chuß- ißung des Bérgärbeiteroibals, erx hoffe, däß die Regierung, wie in früheren Fällen so auch diesmal, bei den Bergwe1ksgesellshaften zugunsten dcr Bergleute vermitteln werde. Falls sih die Gesellshaften ents{chließen würden, die langen Schichten abzuschaffen, würde der Ausstand sofort beendet werden. Der nationale Ausschuß des Bergarbeiter- verbandes in Carmaurx veröffentlicht einen Aufruf, in dem erflärt wird, daß weder die Regierung noch das Parlament die ge- gebenen Versprechungen erfüllt hätten, was unter- den Bergleuten be- rechtigte Enirüstung hervorgerufen habe. Der Ausshuß müsse jede Verantwortung für etwatge Folgen dieser Haltung dir öffentiichen Gewalten ablehnen. In Don-Sainghin hielten die Aus- ständigen einen Arbeiterzug an und zwangen die Arbeitswilligen beimufkehren. Zwei Omnibusse, die arbeitsw:llige Bergleute be. förderten, wurden mit Steinen beworfen. In dem Bergarbeiter- dorfe Lalaigne bei Douat wurde gegen die von einem polnischen Bergmann geführte Wirtschaft, in der etwa 30 polnische Bergleute versammelt waren, ein Dynamitanschlag verübt. Fn dem Hause wurde durch die Explosion beträchtliter Schaden an- gerichtet. Dret Bergkeute erlitten erbeblihe Verleßungen. Die Untersuchung ergab, daß die Explosion durch eine auf das Fenste,brelt gelegte Dynamitpatrone verursaht worden ist. Die Polizei vermutet, daß die Urheber mehrere aus\tändige polnische Arbeiter sind. Der Verband der Bergarbeiter desDeparte- ments Loire hat beschlossen, sch dem allgemeinen Berg- arbeiteraus\stande anzuschlteßen. Der Verwaltungsrat des Grubenarbeitersyndikats hat ven den Dotkarbeitern in Dün- kfirhen ein Sympathtieschreiben erhalten und beschloß, die Dodarbetter in Dünkirchen zu bitten, Schiffe mitt englischer Kohle nicht auszuladen. 4

In St. Petersburg ist, wie ,W. T. B.“ erfährt, die Arbeit gestern in fast allen Fabriken der Residenz wiederaufgenommen worden. (Val. Nr. 275 d. Bl.)

Die Lage im Nio Tintogebiet bat sih, wie dem ,W. T. B." aus Huelva telegraphiert wird, wieder vershlimmert (vgl. Nr. 275 d. Bl.). Gruppen von Ausständigen zogen gestern vormittag dur die Fabriken und Werkstätten und veranlaßten etne allgemeine Arbeits- n{iederlegung bis in die Druckereien der Zeitungen hinein, die infolge dessen gestern abend nit erscheinen konnten. Ebenso gelang cs den Stretkenden, die Schließvng eines Handelshauses zu veranlassen. Gendarmeriepatrouillen zu Fuß und zu Pferde durchziehen fortge?eßt die Straßen.

Die englische Zeitung „Daily Chronicle“ meldet aus Boston vom 20. d. M.: In der Wirkwarenindustrie von Lawrence in Massachusetts ist ein neuer Ausftand erklärt worden, der sich mögliherw?ise auf alle Webereiarbetter der Vereinigten Staaten aus- dehnen wird. 300 Heizer und 50009 Arbeiter in den Lagern der American Woolen Company befinden sich bereits im Ausstande. Fans die Forderung auf eine zehnprozentige Lohnerhöhung nicht

ewillizgt wird, werden voraussihtlich 35000 Weberetarbeiter im Staate Massachusetts in den Ausftand treten. Das staatliche

Schied8amt hat die Angelegenheit in die Hand genommen,

Kunft und Wisseuschaft.

Wie in Kleinasien, so sind in diesem Herbst au tie deuts\chen Ausgrabungen, die vom Athener Archäologtshen Institut in Tiryns, der altpeloponnesishen Köntgsstatt aus mykenischer Zeit, veranstaltet wurden, und die zur Aufd-ckung des alten Königspalastes geführt haben, vo:läufig abgeschlossen worden. In der legten Kampagne wurde der Zugang von der Unterburg zur Oberburg zum größten Teile von den mächtigen gefallenen Blöcken gereinigt, sodaß die Änlage in ihrer ursprünglichen monumentalen Wirkung erscheint. Ferner sind durch fleinere Graburgen die Beziehungen des jüngeren zum älteren Palaste geklärt worden. Ueberall zeigt es sid, taß der jüngere eine ganz neue abweichende Anlage und Einteilung der Räume besißt: sogar tas große Megaron ist in Tiryns erst cine späte Schöpfun,, genz anters als in Myfkene. Unter den Fundamenten einer byzantini]chen Kirche fanden sch eivige Zimmer des jüngeren Palastes, vor allem aber hat Dr. Kurt Müller, wie er im Jahrbuch des Arhäclogishen Instituts berictet, im Hofe des so- genannten Frauen-Megaron ausgegraten und hier mehrere Schichten fesistellen können : zu unterst Reste eines sehr alten Kurvenbaues, dar- über einen Teil eines höchst merkwürdigen Nunbbaues, dann cine Schi#t von Kurvenwmnauern unò Hokerg: äbern, welche die Zerstörung des * Rundbaues vorausfeßen, endlich übereinapder zwei Schichten des älteren Palastes mit reichen, den zaykenishen Shachtgräbern entsprecher den Scherbenfunden und zu oberst den Hofestrich des jüngeren Palastes. Der Nundbau, der ctwa am Anfang des zweiten Jahrtausends entstanden ist, hat den fsiattlichen Durchmefser von 27,6 m. Von dem Bau erhalten sind sogar einige fein gebrannte Ziegel, offenbar zum Dae gebörtz. Der Bau muß in etner Feuersbrunst zugrunde geganyen sein. Leider sind feine übrigen Teile entweder vernichtet oder von Räumen des Palastes bedeckt. So bleiben die Gestalt und die Ver- wendung der Anlage unsicher; am ehesten wird man doch wohl in ihr das älteste Herrenhaus auf der Burg von Tiryns erkennen.

A. F. In der Novembersigung der Gesellschaft für Anthropologie mahte Herr von Desten auf ein von thm ent- dedtes, vorgeschichtlich:s Gräberfeld aufmerksam, das im Lichten- bercer Busch bei Feldberg liegt und 33 Gräber enthält. Das Ge?ände trägt tort den Charafter der Grundmoräne; vielleicht dürfte eine genauere Natihforshurg an Ort und Stelle Neste von Pfablbauten ergeben. Ueber Untersuhungen an Zwillingen, als Beitrag zur Erbforshung, sprah sodann der Professor H. Poll. Der Zoologe und der Botaniker sind, fo behauptet der Bortragende nah seinen {on längere Zeit be- triebenen Erbforschungen, in bezug auf das Matertal besser daran als ter Anatom und der Physiologe; denn beim Menschen ist das in Frage kommende Material höchst \sprôde, Familiensiandsbüher und Stammtafeln, die belfen könnten, find höchst selten. Im Licht- bilde fonnte der Redner Forellenzwillinge und die 4 in einem Ei befindlihen Embryonen eines Gürteltiers zeigen. Hinsichtlih mens{- licher Mehrlinge ist zu scheiden, ob sie im Ei durch eine aus 4 Lamellen bejtehende Doppelhaut oder nur durcheine zweiblättrige Haut getrennt sind. Die Erfahrung hat gezeigt, daß bei vorhandener dünner Scheidewand die Mehrlinge gleien Ges{chlechts waren, bei doppelter Sch-tckewand dagegen teils gleihen, teils ungleihen Geshlechts und sich auch sonst nit so sehr al'chen wie im erïten Falle. An einer Rethe vón Lichtbildern erläuterte Professor Poll seine Ergebnisse. Es gibt keine zwei Menschen, die in ihrem Erbgut in jeder Beziehung ganz gleich find, nur die einetigen Zwillinge machen hier eine Ausvrahme. Diese Aehnlichkeit erstrecktt #sch bei ibnen auch auf die Kapillarlinien der Fingerkappen, bckannt als untrügllhes Zeichen zur Feststellung der Identität eines Individuums. Diese #Fingerkappenkapillarlinien hat der Amerikaner Wi!der zuerst genauer untersucht mit dem Ergebnis, daß er stets bestimmt angeordnete Shleifen, Spiralen, Doppelsptralen fand. Poll seinerseits entdeckte, daß zroar auch einetige Zwillinge in bezug auf die Fingerabdrüde gewisse Spezialisierungen zeigen, fie ch bierin aber doW&) mehr ähn-Tln als eiwa zwet zu vershiedenen Zeiten geborene Brüder. Wie beim Einzelindividuum, nah den Forschungen des Italieners Falco, fi die Fingerabdrüde der etnen Hand zu denen der anderen homolog ver- halten, so entsprechen fie fich bei einetigen Zwillingen im ganzen, sodaß wir es hier gleihsam mit einem Individuum mit 20 und bet Drillingen, wie Poll fand, mit einem folch:n von 30 Fingern zu tun haben. Ferner fand Poll, daß eine Vererbung der Fingerabdrucklinien vor- fommen kann, so vom Vater auf die Tochter und dann wteder auf tie Enkelin, daß aber die Daumenabdrucklinien in terselben Familie nicht auf alle Kinder vererbt werden. Als Antwort auf die Frage: Was stellt ch bei gleihem Erbgut als Vartabilität heraus ? sagt Poll, daß nach seinen Befunden sih Farbenblindheit und Bluterkrankungen bet beiden Geschlechtern vererben, Erostosen (Knochenwucherungen) bei Männern. An feine Darlegungen knüpfte der Vortragende den Wur, man möge die zweieitgen wie die etneiigen Zwillinge in Züs- funft fehr beahten, da fie für die Erbforshung wichtiges Material bieten.

Es folgte ein Vortrag des wegen seiner ethnologishen Arbeiten sehr beahtcten Paters P. Schmidt, St. Gabriel-Möding, über die Anwendung der kulturhistorishen Methode auf Südamerika. 7

In der Völkerkunde steben \fich methodisch seit etwa einem Jahrzehnt gegenüber die dur Adolf Bastian formulierten „Elementar- gedanken* und die Annahme von gewissen „Kulturgedanken*“, die bistorisch bei den einzelnen ethnischen, größeren und kleineren Gruppen als „entstanden“ anzusehen seien. Bastian, der seine Theorie mehr auf das geistige Besißztum dec Völker, auf Sprahe, Mythologie, Sitte, Religion aufbaute, steht die Leipziger Schule, vertreten durch Peschel und Natel, gegenüber, die den kulturbistorischen Uebertragungen einen großen, ja oft entscheidenden Wert auf die Ent- wicklung der Völker beimessen. Ankermann und Graebner haben der erste in bezug auf Afrika, der zweite für Ozeanien die Bedeutung der „Kulturgedanken“ nachzuweisen unternommen, indem sie auf die materielle Kultur das Gewicht legten und die geistigen Faktoren erst in zweite Linie stellten. Man hat diese Veisuche „Museumsethnologie" genannt; aber Bastian selbst hat ja durch sene Schaffung des „Berliner Museums für Völker- kunde“ gezeigt, welde hohe Bedeutung der materiéllen Kultur für die Wissenschaft zukommt. Das Verdienst Baftians wird in feiner Weise geschmälert, es bildet die kultur- historische Methode vielmebr eine Ergänzung zu seinen Lehren, wenn sie auf der breiten Grundlage unserer deutshen Sammlungen versucht, die Kultur fast eines guten Weltteiles von ihrem Gesichtepunkt aus zu betcachten. Der Vortragende tat / dies in Hinsicht auf Süd- amerika. In seinen Erörterungen legte er auf die materielle Kultur den Nachdruck und suchte zunächst in bezug auf die Wirtschaftsformen, dann nach Sprachen, endlich nach Völkergruppen gewe Kulturkreise in Südamerika aufzustellen. Nach der Wirtschaft \heidet Pater Smidt drei Stufen: die Sammelstufe, d. i. die Periode, in der die Nahrung, Wurzeln, Kräuter, Früchte, gefammelt und Tiere gejagt werden. Auf dieser Stufe stehen die ältesten Stämme der Ein- geBauanén Brasiliens und Argentiniens; fodann die Stufe des Ha ck-

aues, vertreten durch die Stämme des Amazonasgebtlets und des Orinocobeckens; endlih die Hohkultur in den Anden, in welhe die Inkastufe gehört. Diese g umfaßt zunächst Völker, die nach Sprache und e völlig verschieden sind. Geht man von der Betrahtung der Wohnung und der Waffen aus, fo entsprcht die Kultur der Sammelstufe in Südamerika der Kultur der Pygmäen in der Alten Welt und der gewesenen tasmanishen Kultur in der Südsee. Es fehlt auc in ihr wie dort die Narbentätowierung, dagegen kommen Wurfkeule uid Bogen vor, der leßtere in einer Form, die auch für die afrikanischen Pygmäen fennzeidnend ist. Auch das Erdbegräbnis auf dieser Stufe würde dem tasmanischen Kulturkreise entsprechen. In die Gebiete des Amazonas, des Rio Negro, des Orinoco, sind die heute dort lebenden Stämme, wie es \{eint, eingewandert und haben

dort {on cine \praŸlich von ihnen verschiedene Bevölkerung angetroffen,