1895 / 6 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 08 Jan 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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Abschrift hiervon erhalten Euer Hochwohlgeboren unter Bezugnahme auf unsern Runderlaß vom 20. d. M. zur gefälligen Kenntnißnahme und entsprehenden Beachtung. erlin, den 22. Dezember 1894. Der Finanz-Minister. Der Minister des Jnnern. M aueL In Vertretung : Braunbehrens. An sämmtliche Herren Ober-Präsidenten und sämmtliche Herren Regierungs - Präfidenten (mit Ausnahme derjenigen in Koblenz und Sigmaringen).

Ministerium der geistlihen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten.

Dem Privatdozenten in der medizinischen Fakultät der Universität Göttingen Dr. Arthur Nicolaier, dem bis- herigen Privatdozenten in der philosophishen Fakultät der Universität Göttingen Dr. Akfred Koch, und dem Privat- dozenten in der philosophishen Fakultät der Universität Mar- burg Dr. Johannes Stosch ist das Prädikat Professor bei- gelegt worden.

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 8. Januar. Seine Majestät der Kaiser und Konig arbeiteten,

wie „W. T. B.“ meldet, heute Vormittag im Neuen Palais längere Zeit mit dem Chef des Militärkabinets, General-Adju- tanten von Hahnke.

Mit Bezug auf die Zeitungsnachrichten über die Behand- lung des ehemaligen Königlich preußischen Lieutenants Frit Ruhnke von seiten der Behörden der Republik Salvador sind wir ermächtigt, folgende Aktenstücke zu veröffentlichen :

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Guatemala, den 18. Juli 1894. (Eingegangen in Berlin am 13. August 1894.)

Der Premier-Lieutenant a. D. Friß Ruhnke, zuleßt à la suite des Schleswigschen Feld-Artillerie-Regiments Nr. 9, hat unter der Regierunck des inzwischen gestürzten Präsidenten Ezeta von Salvador einige Zeit hindurh im Verbande der in dem Freistaat bestehenden regulären Truppe als artilleriftischer JInstrukteur Dienste geleistet. Jm Jahre 1893 ist das Ver- hältniß durch wehselseitiges Uebereinkommen wieder gelöst worden. Lieutenant Nuhnke verblieb indeß in Salvador und war dort als Vertreter des Grusonwerks thätig.

Nach hierher gelangten Nachrichten hat nun Lieutenant NRuhnke bei Ausbruch der jüngsten Revolution in Salvador dem General Ezeta von neuem seine Dienste angeboten, die von diesem auch angenommen wurden. Es wird weiter er- zählt, daß durch eine Verkettung mehrerer verhängnißvoller Umstände bei den Ezeta’s mit einem Male der Verdacht rege geworden sci, als siände Lieutenant Ruhnke im Einvernehmen mit ihren Feinden, den Ausständishen von Santa Ana. Er ward infolge dessen festgenommen und sollte, wie kaum be- zweifelt werden darf, nach den Absichten der beiden Ezeta auch erschossen werden.

Als der Kaiserliche Konsul Augspurg von Santa Ana bei seinem ersten Vesuche in der Hauptstadt, nah Aufhören der Feindseligkeiten, den ihm wohlbekannten Offizier wiedersah, fand er ihn in cinem bedauernswerthen Gesundheitszustande, er war offenbar geistesverwirrt. Konsul Augspurg hat, wie er mir meldet, sich alsbald mit der Familie des Kranken in Verbindung geseßt und alle Maßnahmen getroffen, um nach deren Wunsch die Heimschaffung des Offiziers herbei- zuführen. Für Begleitung durh einen deutshen Pfleger, Benachrichtigung der Kaiserlichen Konsuln in Panama und Colon, sowie für Bereitstellung der nöthigen Mittel zur Weiter- reise von Colon nah Hamburg auf einem Schiffe der Ham- burg-Amerikanishen Packetfahrt-Aktiengesellsshaft ist überall durch Konsul Augspurg bestens gesorgt worden. Die Ein- \chiffung des Lieutenants Ruhnke zur Fahrt nach Panama hat am 9. Juli in Acajutla stattgefunden.

Eurer Excellenz darf ih ehrerbietigst anheimstellen, von Vorstehendem dem Rechtsanwalt Ruhnke in Halberstadt, der in einer Eingabe vom 20. Juni cr. meine Jntervention in der Sache seines Bruders erbeten hatte, eine Mittheilung zugehen lassen zu wollen.

Peyer. Seiner Excellenz dem Reichskanzler, General der Infanterie Herrn Grafen von Caprivi. Nt S Guatemala, den 18. August 1894. (Eingegangen in Berlin am 17. September 18941).

Meiner Bitte um Mittheilung der näheren Umstände des Nuhnkeschen Falles, auf den sich zuleßt der Bericht vom 18. Juli cr. bezog, hat der Kaiserliche Konsul Augépurg in Santa Ana durch Einsendung der Preßkopie eines Schreibens entsprochen, das er untern: 31. Juli cr. an den Rechtsanwalt NRuhnke in Halberstadt gerichtet hat und worin er das Schifsal nil Bruders des Adressaten, des Lieutenant Ruhnke, eingehend schildert.

Durch die von Herrn Augspurg, der an Ort und Stelle nachgeforsht hat, gegebene Darlegung wird der traurige Vorgang nunmchr aufgeklärt und alles, was bisher darüber gemeldet worden, darunter auch der Jnhalt meines Berichts, richtig gestellt. i

Peyer. Seiner Excellenz dem Reichskanzler, General der Infanterie Herrn Grafen von Caprivi.

Nt Santa Ana, den 31. Juli 1894.

Euer Wohlgeboren habe ih die Ehre, den Empfang Jhrer geshäßten Zuschriften unterm 17. und 19. Juni d. J, Jhren Herrn Bruder, den Premier-Lieutenant a. D. Friz Rugnke betreffend, anzuzeigen.

Jch bedaure zu Jhren Meinungsäußerungen über die Angelegsertheit in einen gewissen Gegensaß tretend zunächst konjtatteren zu müssen, daß Herr F. Ruhnke im Januar d. J. mir selbst die vertrauliche Offenbarung gemacht hat, er befinde

fi in Unterhandlungen hinsichtlich seiner eventuellen Betheili- j

gung an einer gegen die Regierung des Präsidenten Ezeta geplanten

Umiturzbewegung, und daß er, troß meiner dringenden Warnung davor, sih irgendwie in die politischen Partei- intriguen der Eingeborenen zu stecken, n nachher doch die bezüglichen Vorschläge eines zwischen ihm und den Revolutionären als Mittelsperson dienenden deutschen Kaufmanns, den er mir gegenüber und später in den friegsgerichilihen Verhandlungen als Herrn X. bezeichnet hat, acceptierte.

Ebenso ist nahgewiesen, daß Herr NRuhnke, den mit diesem Mittelsmann getroffenen Vereinbarungen entfprechend, zwei Monatszahlungen von je 300 Doll. für Februar und März erhalten hat. Zu Anfang des leßten Monats wurde indessen ein in die Konspiration verwickelter Kolumbianer wegen versuchter Bestehung eines höheren Offiziers festgenommen: die andern Betheiligten, wie besonders die Kapitalisten, wurden ängitlich, die Geldquellen verstiegten. 5

Was nun den Herrn Ruhnke dazu veranlaßt haben kann, nah dem am 29. April hier in Santa Ana improvisierten Veoifsaufstande, an bessen Spiße der von allen Revolutionären des Landes zum Präsidenten proklamierte General Gutierrez stand, für den zu fämpfen Herr Ruhnke sich früher engagiert gehabt hatte dem mit ihm seit Monaten auf gespanntem Fuße stehenden Präsidenten Ezeta am 1. Mai aänzlich aus eigenem Antriebe seine Dienste zur Verfügung zu stellen —, ist nicht verständlih, es sei denn, daß er den Plan gefaßt gehabt hätte, anstatt auf Umwegen fi eventuell nach hier zu begeben, als Offizier der Ezetas fih dem Revo- lutionsher& zu nähern und alsdann überzugehen. :

Jch neige, völlig aufrichtig gesprochen, zu der Auffassung, daß die geistige Störung, welche einige Tage später bei ihm fiar zu Tage getreten ijt, in ihr akutes Stadiun getreten ijt, als ihn die Nachricht von dem plößglichen Ausbruch der Revolution erreihte und in eine große Aufregung versetzte.

Am 2. Mai ging Herr NRuhnke mit einem größeren Truppenkörper von der Hauptstadt ab nach Coatepeque, dem Hauptquartier der Regierungstruppen, und meldete sich am Abend desselben Tages als Artillerie - Oberst bei Antonio Ezeta, dem Bruder des Präsidenten Carlos Ezeta und höchst- fommandierenden General.

Schon am folgenden Tage, dem 3. Mai, nahm er Theil an einer Schlacht, in welher nach vierstündigem Kampfe die Elitetruppen der Regierung von den Revolutionären ge- schlagen wurden.

Am Abend des 3. Mai vershwand Herr Ruhnke aus Coatepeque.

Ér wurde dann am 7. Mai im selben Augenblick,/ als er von einer seitlihen Böshung auf die von Santa Ana nach Coatepeque führende Landstraße sprang, etwa eine Meile von Coatepeque entfernt die Distanz zwishen Santa Ana und Coatepeque beträgt 33/, Meilen in zerfeßten Zivilkleidern, mit einem ihm niht passenden ordinären Strohhut bedeckt, beshmußt über und über, und fast unkenntlih, von dem Offizier du jour aufgegriffen, welher mit zwei anderen Offi- zieren gerade eine nahe Biegung des Wegs erreicht hatte, und Herrn Ruhnke überraschte.

Es ist festgestellt, daß Herr Ruhnke in jenen Tagen keinerlei Fühlung mit den Revolutionären gehabt hat und nie nah Santa Ana gelangt ist. Bezeichnender Weise für seinen Zustand von Unzurehnungsfähigkeit, antwortete er dem Offizier du jour auf dessen Frage, woher er komme, bestimmt und ohne Zögern: „von Santa Ana“. Aufgefordert, den Offi- zieren zu folgen, leistete er keinen Widerstand und begleitete dieselben nah Coatepeque.

Die Annahme, daß cer sogleih erschossen werden würde und die wahrscheinlih zutreffend gewesen wäre, falls Antonio Ezeta nicht im Fieberdelirium gelegen hätte infolge von zwei Verwundungen, von deren Gefährlichkeit Herr Ruhnke feine Kenntniß hatte, scheint ihn bei seiner Vorführung vor den damals als Höchstkommandierender fungierenden Gencral Bolaños veranlaßt zu haben, nur um sein Leben zu bitten und cin scriftlihes Geständniß sciner Schuld anzu- bieten... . Dieses Geslänöniß, Das ex Mi „i union con el partido revolucionario del General Gutierrez“ d. h. „meine Zugehörigfeit zu der Reuolutionspartei des General Gutierrez“ betitelt, habe ih in den Prozeßakten im Original eingesehen, und in seiner theilweisen Unklarheit und Sinn- losigkeit macht es auf mich unbedingt den Eindruc krankhafter Geistesverwirrtheit. Jch gestehe indessen, daß es auf einen Einheimischen allerdings wohl den Eindruck hervorrufen konnte, als ob die Schwierigkeit, Gedanken in ciner nur unvollkommen beherrshten Sprache auszudrücken, die Ursache zu der Ver- \{hrobenheit und Jnkohärenz der Fassung des Schriftstücks sei.

Sein seltsames Bekenntniß beginnt Herr Ruhnke mit der Angabe von meinerseits bereits registrierten Thaisachen, „daß er für die Revolution engagiert gewesen sci und zwci Monats- zahlungen erhalten habe, daß der Kontrakt dur Herrn X. später gelöst worden sci, daß er sich, seinem cigenen Antriebe folgend, bei Beginn der Revolution dem Präsidenten Ezeta zur Verfügung gestellt habe, um gegen die Revolutionäre zu Felde zu ziehen, daß er am 3. Mai von Coatepeque als Chef einer Baiterie von vier Geschüßen ausgerückt sei, deren Führung êr später auf höheren Befehl zwei anderen Artilleric - Offizieren übergeben habe“.

Inmwieweit die Behauptung von anderen Offizieren, dic am Kampfe theilgenommen haben, Herr Ruhnfe habe nah ihrer Meinung absihtlich shlecht geschossen und zur Demo- ralisation der L ppa beigetragen, richtig oder fals ist, muß dahingestellt bleiben. Herr Ruhnke selbst giebt zu, daß er während der Schlaht „Mangel an Umsicht“ und anderer- seits „Nervosität“ bewiesen habe, was er damit cntshuldigt, daß cs das erste Mal gewesen sei, daß er im Feuer gewesen sei. Hérr Ruhnke will dänn am Abend nah dem Rückzuge ün Lager von Coatepeque seitens anderer Chefs gehässige Aeußerungen, welche auf eine Zuschiebung der Schuld an der Niederlage auf seine Person zuliefen und Drohungen s{chlimmster Art gegen ihn enthielten, belauscht haben und aus Furcht vor der mögliczen Verwirklichung derselben noch am selben Abend heimlich das Lager verlassen haben. Er sei ziellos fortgelaufen unter thunlihster Vermeidung der Landfiraßen, sei dabei gestolpert und in einen fogenannten „Barranco“ (hier häufig vorkommende shluhtartige, vom Regen ausgewaschene Erdspalten) gefallen, habe dabei einige un- bedeutende körperlihe Verleßungen erhalten, auch den Verlust seines Kneifers zu beklagen gehabt. Jn diesem Barranco, giebt er an, sich etwa 48 Stunden aufgehalten zu haben, um, von Hunger und Durst dazu geirieben, am 5. Mai Abends mit Mühe aus demseiben heraus- zufletiern und in einer Sirohhütte eine Naht zuzubringen, deren Bewohner ihm Wasser und Früchte gegeben, währenddem

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er shlief aber seine Baarschaft von etwa 50 Pfd. Sterl. ge-

stohlen hätten. Als cr von den Offizieren gefangen genommen worden sei, habe er den Weg nah einer in der Nähe von Santa Ana gelegenen Kaffeepflanzung gesucht, deren Besißer sein A sei.

Zum Schlusse bittet er um Erlaß der Todesstrafe.

Nach Uebergabe seines Bekenntnisses an den General Bolaños hat er um die Erlaubniß gebeten, seinen Eltern schreiben zu dürfen. Es ist ihm auch gestattet worden, aber der bezügliche Brief ist nicht abgesandt, sondern den Prozeß- akten beigefügt worden. Am nächsten Tage wurde Herr Ruhnke gebunden nach der Hauptstadt abgeführt, und haben mir sechs verschiedene Personen, darunter vier Ausländer, welche ihn ins Gefänaniß haben bringen sehen, mitgetbeilt, daß deutlihe Spuren von Mißhandlungen an scinemw Geficht und Körper wahrnehmbar gewesen seien. Ebenso zweifelsohne ift er in dem Gefängniß in raffinierter Weise gequäit worden mit der Entziehung des ihm von Herrn Fink gesandten Esens, der Einsperrung in einem von Unrath siroßenden, nicht mehr als mannesëhohen Kerker, mit dem wiederholten Hinausführen zum Füsiliertwerden, dem Beiwohnen von Exekutionen anderer u. f. w. Derartige Brutalitäten cbenso wie körperliche Miß- handlungen find allerdings auch nach hiesigen Geseßen unstatthaft, indessen vollkommen landläufig, und würdenin dem Fall des Herrn Ruhnke weder hiesige noch Ausländer, aus Angst vor der sicher folgenden Anfeindung, irgend welche Zeugenaussagen zu machen fih agetrauen.

In der Angelegenheit des Herrn Ruhnke fanden bis zum 24. Mai diverse Verhöre statt. Die Anklage lautete auf „Desertion vor dem Feinde“ und „Verrath“. Der Vertheidiger leugnete, daß der juridishe Begriff dieser Vergehen auf den Fall Nuhnke Anwendung finden könne, sowohl an sich als speziell, weil er die geistige Zurehnungsfähigkeit des Herrn Ruhnke völlig in Abrede stellen müsse. Er beantragte dem- nah die Beschaffung ärziliher Gutachten. Dieser Antrag wurde zurückgewiesen mit dem Bemerken, der Vertheidiger Iu ur die Urtheilsprehung in chikanöser Weise hinaus- zuschieben.

Am 25. Mai trat das Kriegsgeriht zusammen, und ein- E wurde Herr Nuhnke zum Tode durch Erschießen ver- urtheilt.

Beim Bekanntwerden des Urtheilsspruchs vereinigten fih sogleich die in der Hauptstadt ansässigen Deutschen und richteten ein schriftliches Gnadengesuh an den Präsidenten Ezeta, in dem sie seibstverständlih jeglihe Beurtheilung des Falles oder des Urtheils unterließen. Der Präsident entsprach demselben nah 24stündigem Zögern mittels des im Diario official (Regierungs-Anzeiger) vom 30. Mai veröffentlihten, unterm 28. Mai datierten Dekrets, wovon ih den bezüglichen Zeitungs- aussnitt beifüge.

Am 8. Juni beseßten die revolutionären Truppen die Hauptstadt und seßten sämmtliche politishen Gefangenen in Freiheit, so auch Herrn Ruhnke.

Wie sehr das Begriffsvermögen desselben durch den Aufenthalt im Kerker zerrüttet worden war, beweist der Vorfall, daß er sich weigerte, sein shreckliches Verließ zu räumen, indem er immerfort wiederholte, man habe kein Recht, ihn aus seiner Wohnung zu weisen, zumal er die Miethe im Voraus bezahlt habe.

Seit jener Zeit is der Unglückliche geistig gestört geblieben und hat bis zu seiner Abreise von San Sal- vador die meiste Zeit auf der Polizei - Direktion zu- gebracht, allerdings in dem best erhältlihen Zimmer, wohin ih ihm qgleich nach meiner Ankunft in der Hauptstadt ein dezentcs Bett, das nothwendigste Mobiliar, gutes Efsen, Zigarren u. \. w. bringen ließ. Zuweilen ging er im offenen Hofraum spazieren, meistens aber unterhielt er sich mit dem Niederschreiben von allerlei hohfliegenden Plänen, von mili- tärisch;en Jnstrukiionsbüchern 2c. Viermal innerhalb vierzehn Tagen hatte man ihn in Freiheit geseßt, er beging aber soglcichThor- heiten, welche die Polizei zwangen, ihn immer wieder festzuseßen. So ging er in die Artillerie-Kaserne, gelangte unbemerkt in die Geschüßkammer und beschädigte einiges Material, darunter Ver- schlüsse von Kanonen: er wollte eine Audienz beim Präfidenten Gutiérrez erzwingen; er bewarb sich um die Tochter des ersten Banquiers der Hauptstadt, deren Vornamen er niht einmál kannte; er bedrohte briéilih seine angeblihen Feinde u. \. w. Meine Bemühungen, Her:n Ruhnke in einem der gut organi- sierten Krankenhäuser der Haupistadt unterzubringen staat- liche oder private Jrrenanstalten giebt es in Salvador über- haupt niht und die nihtwohlhabenden Frren werden mit Ketten an den Füßen zusammen mit den Sträflingen in den Gefänanifssen gehalten —, scheiterten an dem hartnädigen Widerstand der Vorsteher. Ebensowenig waren die Jnhaber von Hotels bereit, ihn aufzunehmen, nachdem sein früherer Hauswirth die übrigens niht erwicsene Behauptung aufstellte, cr kabe das Haus aufgesuht und in einem unvewachten Nugen- blick einen Brandstiftungsversuch gemacht.

Da mir zudem das Nccht, über, Herrn Ruhnke zu ver- fügen, geseßlih keineswegs zustand, sondern ih zu dem Behuf erst durch ein iangwieriges und sehr fostspieliges Entmündi- gungsverfahren vor Gericht zu seinem Vormund hätte ernannt werden müssen, so blicb die einzige Möglichkeit, um ihn be- aufsichtigt zu halten, die geseßlihe Jntervention der Polizei, welche die strikte Ordre hatte und auch befolgte, ihn shonungs- vollst zu behandeln, seinen unschädlihen Wünschen Folge zu geben und ihn nur am Ausgehen auf die Straße zu hindern.

Zum Schlusse war ich genöthigt, da er absolut keine Neigung zeigte, den dem in Jhrem Telegramm geäußerten Wunsche entsprechenden und nach Maßgabe seines Zustandes durchaus nothwendigen Schritt zu thun und in sein elterliches Haus zurüczukehren, die List zu gebrauchen, ihn unter der Fiftion, daß die Regierung Salvadors in ihm fälschliherweise den Geheimagenten der Regierung Guatemalas sähe, und ihn des Landcs verwiesen habe, in Begleitung "von zwei Offizieren, welhe mir die Negierung zu dem Zwede zur Verfügung stellte, und von zwei Landsleuten, die sih ¡einer am meisten angenommen hatten, dem obenge- nannten Restaurateur Fink und cinem Lehrer RNadlah, nah dem afen Acajutla zu bringen und einzuschiffen. Jh hatte die Freude, ihn während der dreieinhalb Tage, welhe wir, auf den Abgang des Steamers wartend, zunächst in Sonsonate im Hotel zubrachten, physish aufleben zu schen und nur ganz vereinzelte Spuren von Größenwahnsinn an ihm wahrzu- nehmen. Leider vershlimmerten sich aber seine Wahnvor- stellungen am leßten mit ihm im Hafen verlebten Tage (muthmaßlich unter dem Einflusse der großen Hiße) bedenklih undfkonnte ih nit umhin, mir darüber Sorgen zu machen, daß ihmauf der BOCS

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nach Panama etwas zusloßen fönnte, H des für ihn

shafften Pflegers in der Person eines Reisebegleiters. Heute empfing ih das schr befriedigende Telegramm von

dem Kaiserlihen Konsui in Panama, daß Herr Ruhnke am 97. d. F. per Dampfer der „Hamburg-Amerikanishen Packet- fahrt-Aftiengesellshaft“ „Teutonia“ von Colon nach Hambur abgereist sei. Jh nahm Veranlaffung, Sie hiervon umgehen per Draht in Kenntniß zu seßen. Der Kaiserlihe Konsul. Alb. W. Augspurg. An den Rechtsanwalt und Notar Herrn Ruhnke Wohlgeboren Halberstadi.

Die Nr. 1 der „Amtlichen Nachrichten des Reichs- Versicherungsamts“ vom 1. Januar 189% enthält die Nachweisung über die gesammten Rechnungs- ergebnisse der Berufsgenossenshaften, Ausführungsbehörden u. \. w. für das Jahr 1893, sowie folgende Bescheide des Reichs-Versicherungsamts :

Die Werthpapiere des Reservefonds sind mit den Ankauf3werthen zu Buche zu bringen und mit diesen Werthen bis zur Jnabgangjtellung der betreffenden Papiere, welche im Fall des Verkaufs, des Umtausches oder der Ausloosung zu erfolgen hat, ebendaselbst unver ändert na h- zuweisen. Auch genügt es bei Aufstellung der Jahresrechnung und der Vermögensüberstht, wenn die Werthpapiere lediglich mit dem Anschaffungspreise angeseßt werden, und, falls die Be- rufsgenofsenschaften Werth darauf legen, der davon bei der Aufstellung abweichende Börsenpreis nur nachrihtlih daneben geseßt wird.

Die Gemeindebehörden haben Einziehungs- gcbühren nah § 81 Absaß 2 des landwirthschaftlihen Un- fallversichherunasgesezes auch für die nah § 87 a. a. D. fest- gesezten Zuschläge, welhe niht den Charafter ciner Strafe T: jondern rectlih den Beiträgen gleichstehen, zu bean- spruchen.

Das von dem Kaiserlichen Gesundheitsamt unter dem Titel „Gesundheitsbüchlein, gemeinfaßliche Anleitung zur Gesundheitspflege“ im Herbst vorigen Jahres herausgegebene kleine Werk hat eine solhe Verbreitung gefunden, daß bereits der dritte Neudruck vergriffen ist. Der soeben erschienene vierte Abdruck hat eine Bereicherung durch eine zweite farbige Tafel, die Hauptblutgefäße im Körper dar- stellend, erhalten; außerdem sind mehrere Abbildungen durch vollkommenere erseßt und einige Aenderungen im Text vor- enommen. Uebersezungen in fremde Sprachen sind in der

usführung begriffen. Dank dem Entgegenkommen der Ver- lagsbuchhandlung ist der mäßige Preis von 1 F noch weiterhin auf 80 F bei gleihzeitiger Abnahme von 20 Exremplaren herabgeseßt worden.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Senator der freien Hansestadt Bremen Dr. Pauli ist hier angekommen.

Laut telegraphischer Mittheilung an das Ober-Kommando der Marine ist S. M. S. „Arcona“ Flaggschiff der Kreuzer-Division, Chef: Kontre-Admiral Hoffmann am 5. Januar in Amoy eingetroffen und beabsichtigt am 9. Januar nah Kelung zu gehen. S. M. S. „Jrene“, Kommandant Korvetten-Kapitän von Dresky, ist am 6. Januar in Aden Loren und wird von dort aus heute die Weiterreise nah Colombo (Cenlon) fortsezen.

Sachsen.

Wie das „Dresdner Journal“ als sicher vernimmt, wird mit Ende des Monats März der Staats-Minister und Minister der Finanzen vonThümmel aus seinem Amt ausscheiden und der Wirkliche Geheime Rath, Ober-Hofmeister Jhrer Majestät der Königin von Waßdorf das Departement der Finanzen übertragen erhalten.

Württemberg.

Jhre Kaiserlihe und Königliche Hoheit die Herzogin Albrecht ist, wie aus Stuttgart gemeldet wird, heute früh 43/4 Uhr von einem Prinzen glücklih entbunden worden.

Der „Staats-Anzeiger für Württemberg“ schreibt :

Gegenüber der in jüngster Zeit in einigen Blättern auf- getauchien Behauptung, Seine Majestät der König habe in den leßten drei Tagen seines Aufenthalts in Königsberg im September v. J. an den Manövern ‘niht mehr dig eiue Sevi und sei von Königsberg abgereist, ohne sich von Jhren Mazestäten dem Kaiser und der Kaiserin zu verabschieden, können wir uns darauf beschränken, auf den in Nummer 215 unseres Blattes vom 14. September 1894 erschienenen Bericht ju verweisen, der aus allerzuverlässigsiter Quelle stammt und en wirklihen Sachverhalt wiedergiebt. Derselbe lautet: „Friedrichshafen, 183. September. Seine Majestät der König ift heute Nachmittag um 3 Uhr nebst Gefolge von Königsberg wieder hier eingetroffen. Allerhöchstderselbe ver- abschiedete sich gestern Mittag, nachdem Seine Majestät von Morgens an dem Gefechte der gegen einander operierenden Armee-Korps angewohnt hatte, auf dem Manöverfelde von Jhren Majestäten dem Kaiser und der Kaiserin aufs herzlihste und begab sich sodann zu Hs nach Braunsberg, wo ein Frühstück eingenommen wurde. Von dort fuhren Seine Majestät um 1 Uhr ab.“ Dem können wir noch bei- fügen, daß- die Verabschiedung des Königs von Jhren Kaiser- lichen Majestäten angesihts des ganzen Stabes und der beiden unter dem Befehl des Kaisers kombinierten Kavallerie- Divisionen stattgefunden hat.

Braunschweig.

Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen Friedrich Heinrih und Joachim Albrecht sind “gestern in Be- fung des Rittmeisters von Arnstedt wieder von Braun- chweig nah Bonn zurückgekehrt.

Oesterreih-Ungarn,

Die Erzherzogin Marie Valerie is gestern in Budapest eingetroffen und vom- Kaiser am Bahnhof

empfangen worden. Der Kaiser und die Erzherzogin wurden von De Volksmenge lebhaft begrüßt.

Der Kaiser empfing gestern Koloman Tisza, den Grafen Szapary und den Banus Grafen Khuen-Héderváry. Leßterer fonferierte Abends längere Zeit mit dem Baron Banffy und Dr. Weferle. 5

„W. T. B.“ erfährt, Graf Khuen-Héderváry habe mit den Führern der l1beralen Partei ein Programm ver- einbart, auf Grund dessen ihm die Unierstüßung derselben gewiß fei. Graf Khuen werde daher heute auf Grund dieses Pro- gramms vom Kaiser die Ermächtigung zur Bildung des Kabinets erhalten, das im Laufe dieser Woche zu stande kommen dürfte. Jn der morgigen Sißung des Unter- hauses werde mitgethcilt werden, daß Graf Khuen mit der Kabinetsbildung betraut sci, worauf sich das Haus bis zur Vorftellung des neuen Kabinets vertagen werde. Als neue Kabinetsmitglieder würden gegenwärtig genannt: Stefan Tisza für das Portefeuille der Finanzen, Graf Ludwig Batthyany als Minister a latere, Graf Bethlen für das Ackerbau-Ministeriuum, Daranyi für Justiz. Der Minister- Präsident werde auch das Portefcuille des Jnnern übernehmen.

Wie die „Politishe Korrespondenz“ erfährt, hat am 5. d. M. in Sofia ein Notenaustaush stattgefunden, dur den zwischen Oesterreich - Ungarn und Bulgarien ein für zwei Jahre gültiges, provisorishes Handels-Ueber- einkommen auf Grund 101/5 prozentiger Werthzölle zu stande aekommen ist. Das Uebereinkommen foll am 13. d. M. in Kraft treten.

Großbritannien und JFrland.

Der General-Sekretär der Königin Sir H. F. Ponjfonby erlitt gestern, als er nach dem Diner bei der Königin auf dem Heimiwege begriffen war, einen Schlaganfall. Sein Zustand ist bedenklich.

Der Premier-Minister Lord Roseber y ift gestern von der Königin empfangen worden.

Die „Pall-Mall-Gazette“ hatte ein Gerücht von dem Rücktritt des Schaßkanzlers Sir W. Harcourt und der bevorstehenden Auflösung des Parlaments verbreitet. Von autorisierter Seite wird, wie „W. T. B.“ meldet, das Gerücht für gänzlich unbegründet erklärt. Weder der für Donnerstag einberufene Ministerrath noch der Empfang Lord NRosebery's in Osborne bezögen sih auf derartige Eoen- tualitäten.

Frankreich.

Der italienischc Botschafter Neßmann hat gestern Abend Paris verlassen und dem Botschafts-Sekretär Grafen Gallina die Leitung der Botschaft übertragen.

Die Varisfer Blätter von gestern besprehen die Abberufung des italienishen Botschafters Reßmann. Die „Liberié“ bedauert dieselbe, indem fie hervorhebt, daß der Charakter und die versöhnlihe Haltung des Botschafters von allen Seiten geshäßzt worden sei. Das Wichtigste sci jedoch, daß die Abberufung auf keinerlei s{webenden Konflikt zwischen den beiden Ländern zurückzuführen sei. Jn ähnlichem Sinne äußert sih der „Temps“, der die Meldung, daß die Maßnahme mit den A mehrerer Pariser Blätter zu- sammenhänge, als unbegründet zurückweist.

Jn parlamentarischen Krei)en glaubt man, das Kabinet werde den gestern im 13. Arrondissement von Paris zum Deputirten gewählten Sozialisten Gérault Richard

nicht in Freiheit segen: falls die Kammer sich zu Gunsten.

der Freilassung aussprehen sollte, sei der Nücktritt des Kabinets möglich.

Der Ober- Kriegsrath hat sih, wie der „Figaro“ meldet, fast einstimmig gegen die Zweitheilung des VI. Armee-Korps ausgesprochen.

Ftalien.

Der Papst empfing gestern, wie „W. T. B.“ meldet, die Kronprinzessin von Schweden und Norwegen.

Nach der „Agenzia Stefani“ wird in kurzer Zeit die Ernennung des Nachfolgers des Botschafters Reß- mann erfolgen. |

Wie , die Zeitungen mittheilen, sollen am 16. d. M. 16 Offiziere und 600 Mann in Neapel nah Erythraea ein eshifft werden, um die bei den afrikanishen Truppen dur Verabschiedungen in den leßten Monaten entstandenen Lücken auszufüllen. Der „Riforma“ zufolge is in den von General Baratieri täglich eingegangenen Berichten nichts enthalten, was auf unmittelbar Ld otftelzende Feindseligkeiten der Derwische hinwiese.

Amerika.

Wie „W. T. B.“ aus Washington meldet, haben mehrere Senatoren der republikanishen Partei er- flärt, sie würden gegen jede Tarifgeseßgebung in der gegenwärtigen Session, die Verbesserung der in der Tarifbill enthaltenen Jrrthümer mit inbegriffen, opponieren. Eine Vereinigung demokratisher Mitglieder des Nepräsentantenhauses lehnte cine Resolution ab, die sich für die Ausgabe von Obligationen behufs Einziehung der Greenbacks ausspriht, und nahm mit 81 gegen 59 Stimmen die Vorlage über den Geldumlauf in der Carlisle’schen Fassung an.

Eine in New-York eingetroffene Depesche aus Washington meldet dem „W. T. B.“ zufolge, die Meinungsverschiedenheiten im Kabinet über das Verfahren, das bei den bestehenden Handelsshwierigkeiten mit den europäishen Mächten ein- zuschlagen sei, hätten Verstimmungen unter den Mit gliedern des Kabinets hervorgerufen. Der Sekretär des Ackerbau-Ministeriuums Morton habe feine Einladung zu der Konferenz zwischen Carlisle, Gresham und dem General-Anwalt am 5. d. erhalten, worin der Protest Oesterreichs gegen den Differentialzoll für Zucker berathen wurde.

Asien.

Wie dem „Reuter'shen Bureau“ aus Shanghai von gestern gemeldet wird, ist der chinesische Friedensunterhändler Chang-Yin-Huan gestern von Peking über Shanhaikwan nah Shanghai abgereist, wo er in vierzehn Tagen erwartet wird. Man glaube, daß Japan bei der gegenwartigen Lage die Feindseligkeiten nicht einstellen werde.

Parlamentarische Nachrichten.

In der heutigen, gegen N/4 Uhr Nachmitiags von dem Prä- sidenten von Leveßow eröffneten 9. Sißgung des Reichs- tags wurde die vor den Weihnachtsferien nach Beendi gung

der einleitenden Rede des Staatssekretärs des Reichs-Justiz- amts Nieberding wegen Beschlußunfähigkeit des Hauses vertagte erste Berathung des Entwurfs eines Gesehes, betreffend Aenderung und Ergänzungen des Straf- ge fepou s des Militär-Strafgeseßbuchs und des eseßes über die Presse, fortgeseßt. : / Vor dem Eintritt in die Tagesordnung war ein Schreiben des Abg. Prinzen zu Hohenlohe (b. k. F.) zur Verlesung gelangt, worin derselbe dem Hause davon Kenntniß giebt, daß ihm der Charakter als Legations-Rath verliehen worden sei. Der in dem Schreiben ausgedrückien Auffassung, daß hierdurch das Mandat des Abg. Prinzen zu Hohenlohe nicht er- loschen sei, trat das Haus bei.

Das Wort zur Tagesordnung erhielt sodann der Abg. Auer (Soz.).

(Schluß des Blattes.)

Statistik und Volkswirthschaft.

Zur Arbeiterbewegung.

Hier in Berlin fand am Sonntag eipe _ zahlreich besuchte Buchdrucker-Versammlung statt, in der die früher gewählte Kommission (vgl. Nr. 274 d. Bl. von 1894) Bericht erstattete über ibre Verhandlungen mit den Arbeitgebern. Der Berliner Bund der Buchdrucker lehnte es, wie wir nah der Berliner „Volks-Ztg.“ mit- theilen, . ab, als l[ofale Organisation über Tariffragen zu verhandeln, und verwies auf den Vorstand des deutschen Buchdr:cker- vereins in Leipzig. Die einleitenden Schritte hierzu sind bereits von dem Vorsitzenden des Verbandes der deutshen Buchdrucker, Dökblin, gethan, der versichert, daß die Gehilfenschaft den Arbeitgebern zeigen wolle, daß es thr ernftlich darum zu thun sei, Frieden zu halten. Man wolle cinen Tarif schaffen, der von beiden Theilen be- rathen sei und für die Gesammtheit gelten solle. Ueber die Hilfskasse der Arbeitgeber wurden Mittheilungen gemacht, nah denen diese Kasse sh nicht günstig entwickele.

In Kottingbrunn in Nieder-Oesterreih stellten, wie der „Vorwärts“ berichtet, sämmtliche Arbeiter in der Cisen gießerei von Lange wegen angebliher „Maßregelung“ die Arbeit ein.

Aus London berichtet die Londoner „A. K.“ : Der Präfident des Dockarbeitervereins bat eine Lifte von neuen Beschwerden zusammengestellt. Die kleinen Vortheile, die der Ausftand vor fünf Iahren zu Wege gebracht hat, seien wieder verloren gegangen. Eine Unmenge Arbeiter wollen Arbeit in den Doks, und nur 60 9/0 föônnen Arbeit finden. Die Löhne werden herabgeseßt, und die Negel, wona ein Arbeiter mindestens vier Stun- den ununterbrohen beschäftigt werden muß, wird nit beahiet. Der Sefretär des London und India Dotausschufses, Morgan, stellt alle Ves{uldigungen Tillett's als unwahr hin; dennoch scheint es Thatsache zu sein, daß während 1889, im Jahre des Aus- stands, 8 bis 10 000 Arbeiter in den London Dos beschäftigt waren, jeßt nur 5009 von den Docks angestellt sind. Es rührt dies zum Theil daber, daß die Dodgesellshaften den Schiffsrhedern jeßt das Löschen der Schiffe zum größten Theil überlassen, und diese sich nicht an die Verpflichtungen kehren, welhe die Dekgeellshaften den Dock- arbeitern gegenüber eingegangen find.

Kunst und Wiffenschaft.

Der Aus stellungssaal des Königlichen KupfeTr- stihkabinets wird von heute ab auf einige Zeit geschlossen wegen Vorbereitungsarbeiten für eine Ausstellung der hervorragendsten Handzeichnungen alter Meüster aus dem Besiß des Kabinets.

_ Der Maler Professor Gusta v Graef, Mitglied der . Aka- demie der Künste, ist am Sonntag Abend bierselbst nach kurzem Krankenlager verstorben.

An der Humboldt-Akademie beginnen morgen und an den folgenden Abenden bezw. Nachmittagen die Mehrzahl der Vor- tragscvclen und Unterrichtskurse für Herren und Damen in beiden Lehrstätten; die erste Stunde jedes Cyclus bezw. Kursus ist auch ohne Hörerkarte zugänglih. Es beginnen in NW., Georgenstraße 30/31 (nabe dem Babnhof Friedrichstraße): Mittwoch 7 bis 8 Ubr Dr. Ad. von Hanstein, Deutsche Literatur; 8 bis 9 Uhr derselbe, Shakespeare’s Dramen; 7 bis 9 Ukr Dr. A. Markow. Russische Grammatik für Anfänger; Donnerstag ò bis 6 Uhr Dozent G. Duncan, Lessons in English Reading and Conversation ; 6 bis 7 Ubr Dozent William Wolf, Geschichte der Mußk (mit Klavier und Notenbeispielen); 7 bis 8 Uhr Professor H. Thurein, Lehre vom Licht (mit Demonstrationen); Profeffor Dr. H. Buchholz, Letteratura italiana, E. de Amicis: 7 bis 9 Ubr Dr. G. Naf, Chemische Technologie (mit Exverimenten und Exkursionen): 7 bis 8 Uhr Dr. M. Klein, Seelenkundc; 8 bis 9 Uhr derselbe, Ang-- wandte Lebensweistheit; Dr. H. Potonié, Die Eiszeit Norddeutschlands (mit Demonstrationen): Dr. A. Marfow, I. Turgenjew's Gedichte in Prosa. In W., Lütowstr aße 84 d. (nabe der Potsdamerstraße) be- ginnen : Mittwoch 5 bis 7 Uhr Dr. A. Chr. Kalischer, Griechisch, Il Quartal (Kursus): 7 bis 8 Ubr derselbe, Eigentbum und Erbtbum ; 6 bis 7 Ubr Dozent G. Sacerdoti, Letteratura italiana, Dante ; 8 bis 9 Ubr Dozent G. Duncan, M. A., English Literature and Language; Dr. FI. Klein, deute Geschichte im Mittelalter; Donnerstag 6 Lis 7 Uhr Dr. Agnes Bluhm, Hygiene dzr Frau (mit Demonstrationen, nur für Damen): 8 bis § r. Jobu Pierson, preußishe Ge- schihte 1786—1871. Alles Nähere enthalten die Programme, welche e H Bu in den Bureaux Zentralbotel,

D mont yoltl ry 127570 z unentgeltlih ausgegeben werden.

Handel und Gewerbe.

ng für Koblen und Koks in Vberschlejien. geftellt 10 923, nicht rehtzeitig

. M. gestellt 4691, nit re(t-

fdem Berliner S{blaht- nuar 5. Auftrieb und Marttpreise na tgewickt Ausnahme der Schweine, welche n Lebdendgewicht gehandelt werden. Rinder. Auftrieb 3285 Stü. (Durchschnittspreis für 100 kg.) f. Qualität 124—130.4, I1. Qualitst 110—120 Æ, I. Qualität 96—106 -#, IV. Qualität 90—94 # S@{weine. Auftrieb 4570 Stück. (Durhschnittspreis für 100 kg.) Mecklenburger 104 „é Landshweine: a. gute 100—102 , b. geringer? 6—W „6. Galizier H, leichte Ungarn M bei 20 Uz Tara, Bakonver 86—88 „&« bei 27,5 kg Tara pro Stück. Kälber. Auftrieb 1117 Stück. (Durchshnittopreis für 1 kg.) L. Qual. 1,34—1,40 4, Il. Qual. 1.16—1,32 4. 1II. Qualität 1,06—1,14 Safe. Auftrieb 6487 Stück. (Durchschnittspreis für 1 kg.) I. Qualität 1,00—1,12 Æ#, II. Qualität 0,84—0,96 M, TIT. Qualität Æ

Der Kurs für die hier rinlösbaren Oesterreichischen Silberkupons ift auf 164,50 erböht worden.

Das Westfälische Kokssyndikat hat in seiner gestern in Bochum abgehaltenen Monatsversammlung beschlossen, für Ja- nuar eine 5% Gins{ränkung der Förderung feftzusezen und als Bei- trag 23%, gegen 25% im Dezember, zu erheben. Das Abkommen mit dem Kohlensvndifat wegen Uebertragung des Koksverkaufs an das Koblensyndikat wurde,. wie „W. T. B.* meldet, für die Dauer

des gegenwärtigen Kohblensyndikatvertrags genehmigt.