1895 / 15 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 18 Jan 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Meine Herren, die verbündeten Regierungen haben {on Gelegen- beit gehabt auszusprechen, daß, wo immer festgestellt worden ist, daß es sih wirklich um die Verurtheilung eines Unschuldigen gehandelt hatte, die Landesverwaltungen au bereit gewesen sind, nah ihren Kräften und mit ihren Mitteln zu helfen, soweit sie der einzelne Fall dazu berechtigte niht im Wege des Rechts freilich, aber im Wege der Gnade. Nah der Ansicht der verbündeteu Regierungen ift der Weg der. Gnade gerade derjenige, der sch am meisten eignet, um derartiges, durch die Aktion des Staats begangenes, in seiner Tragweite nur {wer bemeßbares Unrecht wieder gut zu machen. Nöthig wäre die Regelung also niht. Aber der Bundesrath verkennt niht, daß wir uns auf diesem Gebiet einer Zeitströmung gegenüber befinden, die unwiderstehlich dahin drängt, dasjenige, was bisher im Wege der Gnade gewährt worden ist, mit einem NRechtsanspruch zu umkleiden, und nachdem der Reichstag eine Reihe von Jahren ih zum Träger dieser Auffassung gemacht, sehen Sie die Regierungen jeßt bereit, Bestimmungen, die ein Entschädigung®- ret begründen, in den Entwurf aufzunehmen. Wir müssen aber immerhin auch jeßt noh aussprechen, daß es ein Problem bleibt, welches auf diesem Wege gelöst werden soll; es wird ein Weg beschritten, der, abgesehen von Oesterrei, in den größeren Kulturstaaten Europas noch nicht beschritten worden is, und wir beschreiten ibn durch unsere Vorlage in einem Umfange, wie es auch Oesterreih niht unternommen hat. Ich glaube deshalb, meine Herren, Sie werden geneigt fein, die Vor- (läge, die die verbündeten Regierungen in diefem Punkt Jhnen machen, mit der gebotenen Zurückhaltung zu prüfen, umsomehr, da die Vorschläge sih in den Grenzen bewegen, die früber der Reichstag selbst als zutreffend angesehen bat.

Meine Herren, erlauben Sie mir jeßt noch einige Worte zu einem anderen Punkt der Vorlage, den ih bis jegt ni®t berührt babe, der aber immerhin von prinzipieller Bedeutung ift, ih meîne die Frage der Kompetenzbestimmungen zwischen den verschiedenen Gerichts instanzen : zwishen den Schöffengerihten, den Straffammern der Land- gerihte und den Schwurgerihten. Die verbündeten Regierungen schlagen Jhnen hier zwei Aenderungen vor. Sie beantragen zunächst, die Strafkammern von einem Theile der îidßuen nad der gegenwärtigen Geseßgebung zufallenden Ges{äfte zu entlasten und* diese Strafsachen auf die Shöffengerite zu übertragen. Es handelt sich hierbei im wesentlichen um diejenigen Straffälle, die nah § 75 Strafprozeßordnung auf die Séöffengerichte zu übertragen bereits jeßt in der Hand der Strafkammern liegt. Die Straf- kammern machen, wenn auch în -den versWiedenen Landestheilen niht in gleichem Umfang, do annäherungêweise in dem Maße von dieser Befugniß Gedrauch, dak mehr als drei Viertel, bis gegen neun Zehntel aller durch den Entwurf in Betracht gezogenen, über- weisbaren Strafsachen * bereits jet von den Strafkammern auf die Schöffengerihte übergehen. Eine ju große Mehrbelastung der Schöftengerichte wird also dur diesen Vorschlag, wenn er Geseg wird, nicht herbeigeführt werden. Aber, meine Herren, es wird auf der anderen Seite Widtiges erreicht. Es tritt neben einer immerbin nit zu untershäßzenden Entlastung der Strafkammern eine erhebliche Beschleunigung der Sachen, die hier in Frage stehen, insofern ein, als die Sachen nit mehr den Umweg über die Strafkammern zu machen brauchen, um an die zuständige Instanz der S{öffengerichte zu gelangen. Das, meine Herren, is ein Gewinn, den wir in unseren Verhältnissen, wo, glaube ih, alle Welt dana verlangt, daß die Justiz etwas rascher arbeiten möge, nicht untershägzen mögen. Sodann die Kompetenzveränderung, die der Geseßentwurf in dem Verhältniß der Schwurgerihte und der Strafkammern vorschlägt, sie gebt aus anderen Motiven hervor. Es handelt sich hier um eine kleine Anzahl von Verbrechen, die zur Zuständigkeit der Schwurgerihte ge- hören: Amtsverbrechen, Urkundenfälshung, betrüglidher Bankerutt, Meineid Verbrechen , die erfahrungsmäßig den Schwurgerichten außerordentlih viel Mühe bereiten, theils weil es fit dabei um ein sehr umfangreiches, verwickeltes, thatsähliches Material bandelt, theils auch, weil dabei s{wierige Nehtsfragen in Betracht kommen, oder auch, weil sih beides mit einander verbindet. Daß die Schwur» gerichte in der That für die richtige Würdigung derartiger Verhältnisse sih nit eignen, das wird mir jeder Kenner der Verhältnisse zugeben. Wir werden auch hier, indem wir die Schwurgerichte entlasten, eine erbeblihe Beschleunigung der Aburtheilung der Straffälle berbei- führen, und das ift wiederum ein Gewinn.

Meine Herren, man hat dem Vorschlage, die Schwurgerichte in dieser Weise zu entlasten, in der Oeffentlichkeit den Vorwurf gemacht, daß das der erste Schritt sei zur, wie man sich{ ausdrückt. Abbröcke- lung der Schwurgerichte, und ih möchte nicht, daß das hohe Haus unter den Eindruck dieses Vorurtheils gelange. Nach der Auffaffung der verbündeten Regierungen liegt, wenn man überbaupt an die Ab-« schaffung der Schwurgerichte und an ihre Ersezung durch eine andere Organisation denken will, die Zeit, wo dies ges{heßen könnte, in nicht absebbarer Ferne. Wir haben also keine Veranlaffung, irgend einen Schritt zu thun, der die Schwurgerichte in ibrem Ansehen vor dem Lande beeinträchtigen und zu dem Zweck in ibrer Thätigkeit einz shränken könnte. Aber, meine Herren, wir haben wohl das Interesse, dahin zu wirken, daß den Schwurgerichten Aufgaben abgenommen werden, die sich nah der Zusammenseßung der Gef{worenenbank für ibre Würdigung nicht eignen, die ibnen besondere Schwierigkeiten be» reiten und die vorzugdweise dazu beitragen, daß fi über die Wirk- samkeit der Schwurgerichte eine mißwollende Kritik erbebt. Was wir wollen, ift niht eine Verringerung, sondern if eïne Stärkung des Ansehens der Schwurgerichte.

Meine Herren, ich möchte nun noch ein Wort darüber fagen, wie die Oeffentlichkeit überhaupt dem Entwurf gegenüber fi geäußert kat.

Wir haben nicht nur den erften Entwurf fo, wie er an den Bundesrath kam, fondern auch den Entwurf in der Gestalt. wie er den Bundesratß verließ, fobald es wöglih war, bekannt gemacht, weil wir Werth darauf legten, eine fo wihtige Vorlage möglichst gründlih durch alle betheiligten Kreise geprüft zu fehen, bevor Fe dieses hohe Haus beschäftigen würde. Wir können im großen und ganzen nur dankbar sein für die eingehende Prüfung, die erfolgt if. Sie ift vielfa ablehnend gegenüber den Vorschlägen des Entwurfs, das ist das Recht der Kritik; fie if aber ernt und gründli, und das ift es, was die verbündeten Regierungen dankbar anerkennen.

In einem Punkte, meine Herren, glaube ih jedo, mus ih sc{hor in diefem Augenblicke zu der Kritik mi ¿ußern. Sie hat nämlich vielfah der Meinung Ausdruck gegeben und iff zweifellos, daß eine folde Meinung

Vorurtheile gegen den Entwurf zu nähren geeignet iff —, als gebe |

die Tendenz der Vorlage dahin, den Schuß, den die Strafprozeß- ordnung dem Angeklagten gegenwärtig gewährt, zu verringern. Es wäre ein s{werer Jrrthum von seiten der verbündeten Regierungen, wenn sie in einer Zeit wie der unserigen, in welcher die öffentliche Meinung gegenüber jeder Beeinträchtigung der Rechte des Individuums durch“ die Aktion der Staatsgewalt ganz besonders empfindlih ist, auch nur den Anschein im Volke aufkommen lassen wollten, als gehe ihre Absicht dahin, gerade dem Angeklagten gegenüber eine Rechts\{Gmälerung eintreten zu lassen. Das i} gewiß niht der Fall, und ih hoffe, wir werden in der Kommission, welcher voraussihtlih die Vorlage überwiesen werden wird, Gelegenheit haben, nachzuweisen, daß die Stellung des Anzeklagten in der That

. keine ungünstigere wird. Aber einen Gesichtspunkt läßt die Vorlage

allerdings mebr hervortreten, als es dur das geltende Geseß ge- scheben ift.

Meine Herren, wenn man die Verhandlungen des Reichstags über die Strasprozeßordnung liest, dann kann man si dem Eindruck nicht entziehen, als handle es sich bei diesem Gesez um nihts Anderes als um den Schuß des Angeklagten, als ob außer dem Interesse des Angeklagten bei Erledigung eines Strasverfahrens andere Interessen überbaupt nicht in Betracht kämen. Demgegenüber möthte id doch bervordeben und dieser Gesichtspunkt ist allerdings für den Ent- wurf mitdestimmend gewesen —, daß der Strafprozeß nicht bloß dazu da ist, dem Angeklagten Schuß zu gewähren, sondern daß er aut Schuß gewähren soll der verleßten Rechtsordnung und den Interessen der bürgerlichen Geschäftsordnung, die dur diese Verleßung berührt werden. Jch meine auch hier: gerade unsere Zeit legt uns mebr wie je die Pflicht ans Herz, diesen Gesichtspunkt nicht zu vernachlässigen, wenn wir einen nah allen Seiten gere(ten Strafprozeß konstruieren wollen, und ih möchte das hohe Haus bitten, bei der Würdigung der einzelnen Bestimmungen des Entwurfs nit zu vergessen, daß wir gewiß den Angeklagten, daß wir aber au die Intereffen der bürgerlichen Gesellsaft zu \{üßen baben. Finden Sie, daß der Ausgleih, den die verbündeten Regierungen nah dieser Richtung bin gesucht baben, kein glüdlicher und vollkom- mener ist nun, meine Herren, wenn Sie andere Vors{läge zu machen haben, ih kann Jhnen die Zusicherung geben, die Vertreter der ver» bündeten Regierungen werden dabei obne Voreingenommenbeit, und ohne an den Buchstaben der Vorlage sich anzuklammern, gern mit Ihnen zusammen arbeiten. (Bravo!)

Abg. Rintelen (Zentr.): Die Vorlage bat den Vorzug, kein Partei-Geseßentwurf zu sein; die Forderungen der Wiedereinführung der Berufung und der Entschädigung unschuldig Verurtbeilter baben von jeher in allen Parteien Freunde gehabt und seit Jahren schon zu Abânderungsvorschlägen geführt. Die Regierungen haben sich bisher immer ablebnend gegenüder dem legteren verhalten, bis nunmebr die Ansicht durchgedrungen ift, daß die Aufbebung der Berufung ein Febl- griff war. Die Entschädigung unscduldîg Verurtbeilter fand eine Gegner- )chaft, die mit der Schwierigkeit der Feststellung der Unschuld begründet war. Was die einzelnen Punkte der Vorlage betrifft, fo theile i die Bedenken gegen die Verweisung gewisser Strafthaten von den S{wur- gerichten an die Strafkammern niht und ebensowenig die Besorgniß, daß zuviel Stellen mit Hilfêrichtern bescgt werden würden; eine S@wächung der Garantien für den Angeklagten würde au i nicht wünschen, deshalb möchte id das Recht der Vertheidigung, schon im Vorverfahren Beweisanträge zu stellen, nit entbehren. Bedenken babe ich gegen die Bestimmung, daß die Ablehnung eines Richters vom Vor» fißenden auch aus anderen als formalen Gründen zurückgewiesen werden kann. Mit besonderer Freude babe ih die Bestimmung de- grüßt, daß die Vereidigung der Zeugen erst na der Aussage statt- finden foll, desgleichen die Ausdebnung des Kontumazialverfabrens. Was die Einschränkung ‘der sogenannten Prozeßgarantien betrifft, so fann man darüber nit so leiht binweggeden, weil es sich um bereits bestedende Vorschriften handelt, die fich eingelebt haben. Be- denkli® ersheint mir auG die Bestimmung über die Beseßung der Präsidien der Strafkammern dur die Justiz- verwaltung, wodur leßtere einen zu weitgehenden Einfluß erbält. Frübder nabm man mehr als jest Rücksicht auf die persön- lichen Gefühle der Richter und machte namektlich einen jüngeren Richter nit zum Vorsitzenden von älteren. In der Kommission dürften sch noch mehr Punkte finden, welche eingehende Erwägung verdienen. Ih möchte mit Rückficht auf die s{wierige Arbert, welche die Kommisston zu erledigen haben wird, nur noch den Wunsch aus sprechen, daß ihre Arbeiten nicht durch einen vorzeitigen Schluß der Tagung pro nihilo gesehen mögen.

Abg. Dr. Enneccerus# (nl.): Zu unserer Freude baben die ver- bündeten Regierungen in diefer Vorlage einen Rechtsanspruc unf{uldig Verurtheilter auf Entschädigung anerkannt. Wir stimmen der Vorlage darin bei, daß diefe Entschädigung nicht denjenigen gewährt werden soll, die zwar îim wiederaufgenommenen Verfahren freigesprochen werden, auf denen aber immer noch ein s{werer Verda&t lastet. Die Vorlage hat aber leider bier enen Weg eingeschlagen, der mir bedenflih erf{eint. Nur folien Verurtheilten fol eimn Wiederaufnaßhmeverfahren ermöglicht werden, deren nfchuld als dargethan betrachtet werden kann. Bis jezt war das anders. Man konnte die Wiederaufnahme des Berfabrens

langen, wenn neue Thatfachen oder Beweismittel wurden, welche die Freisprechung begründen konnten. ede aufnahmeverfahren wird entweder der Schuldbeweis ganz zerftört oder es bleiben eïnige fleine Shuldmemente bestehen, die zw ciner Verurtheilung nit führen können. Jh halte es für eine f{were Ungerechtigkeit, wenn jeßt bloß der erstere Fall berüdfidtiat werten soll. Soll jemand, der, zu lebenslänglichem Zuchthaus verurtheilt, na- weisen kann, daß die Gründe, auf welche hin feine Verurtheilung erfolgte, bis auf etnen fleînen Ref unrichtig find, kein Wiederaufnahmeverfahren verlangen können? Die Praxis lebrt toch, daß ein großer Theil der Angeklagten freigefprochen wird, nit, weil ihre Unschuld erwiesen if, fondern weil man ihnen die Schuld nicht nachweisen fonntz. Der Hauptpunkt der Vorlage ift die Frage der Berufung. Es if gesagt worden, daß für die Berufung eigentli nur Optimistzn uns Jrealisten fein fönnten. Aber id glaube do, daß eine mangelhaftz Beweis- würdigung und ungenügende [üdenhafte Vorarbeiten der ersten Instanz im sehr vielen Fällen erft im einer zweiten Instanz gut gemacht werden können. Auch der Juristentag hat fic mit großer Majorität für die Berufung ausgesprochen. Áus den Kreifen der Án- walte wird ebenfalls dafür eingetreten. Das Gutachten der Umwalte ist um fo mehr zu berüdfihtigen, als sie diefer Frage näher fteßen. Sehr oft erinnern fie si erft später, daß fie den oter tem Punkt vergeffen, daf fie noch einen Zeugen hätten vernehmen laffen mien. Die Gründe für die Berufung wiegen bei weitem \{chwerez, als die dagegen geltend gemadtem Bedenken. Au der gewiffenkafteste Richter fanm fi viel eher in der Thatfrage, als inm der Rebtsfrage teren. Eine Anzabl der neu aufgenommenen Bestimmungen verschlechtert das Geseg. Hierher gehört die Besetzung der Strafkammern# mit drei Richtern, anstatt mit fünf; dabei i betenklich, daf zu einer Verurtheilung jet s{om zwet Richter genügen sollen, währenb bisher die Stimmen vow vier dazu nöthig waren. Eine andere be- dentliche Bestimmung is die Befugniß des Gerichts, dew Umfang ver Bewersaufnaßhme zu bestimmen. Cs ist j@ zuzugeben, daß jeut häufig Mißkrauch mit den Zeugenaussagen: getrieben wird, und baß Dinge produzierk werden, die garnicht zur Sache geßören. Soldje Aussagen müssen allerdings abgesc{nitten werden fönnen, aber sg weitarhentve Befugnisse des Gerichtshofs find dazw nit nöthig. Die Zeugen, die über erheblide Thatsachen aus\agen önnen, müssew untex allen Um- [tanden vernommen werden. Dur die vorgeschriebene Protokollieruma

| oder die Hehlerei bezieht, zur Zustäadigleit ver S M

| Kammern fühnreæ ver Präsident und vie F

der Zeugenaussagen wird eine erbeblihe Verlangsamung des Ver: fahrens und die i Gerichtsperfonals herbeigeführt. d die Bestimmung, daß fie binnen vierzehn g eing muß. Das wird häufig unmöglich fein. Die Ausdehnun Kon- tumazialverfabren8 widerspriht dem font durhgeführten Prinzip der Unmittelbarkeit. Sie würden zu Ungunsten der unbemittelten Ange, fagten wirken. Die Frage: ob Nacheid oder Voreid, ist vom Vor. redner zu Gunsten des ersteren beantwortet worden. Jch [O mi dem an. Tadeln mödhte ih aber, daß die Vereidî v ereits bei der ersten gerihtlihen Vernehmung stattfinden foll. t der Beschleunigung des Verfahrens kann ih mih nur in dem Fall ein. verstanden erklären, daß der Angeklagte geständig ist. Gegen die Be, seßung der Strafkammer durch die Landes-Justizverwaltung lassen \i shwere Bedenken geltend machen. Jn der Regel werden die Präsidien der Landgerichte eine bessere Kenntniß von der S der einzelnen Richter baben, als die Landes-Justizverwaltung. Mein Gefammturtheil über die Vorla je geht dabin, daß Ä manches Gute, aber überwiegend Bedenkliches enthà t. Jh wünshe und hoffe, - daß wenglens die Entschädigung unschuldig Verurtbeilter in der vorgeschlagenen oder in anderer Form Geseß werde. Die Regierungen sollten es sih doch überlegen, ob sie niht eine Mittelinstanz zwischen Selten zerichten und Strafkammeen einrichten wollen. Ueber kleine Strafsachen urtheilen ein Richter und zwei Laien, über die große Masse der mittleren nur Richter, und über die größten Strafsachen nur Laien. Dieser: Zustand muß geändert wereen. Laien und Richter müssen sich das Gleichgewicht halten. Den Gerichten, in denen Laien und Richter gleihmäßig zusammenwirken, wird das Volk das größte Vertrauen entgegenbringen.

Staatssekretär deg Reichs-Justizamts Nieberding: Meine Herren! Nur eine thatfächlihe Berichtigung zu den Aus: fübrungen des Herrn Vorredners. Er hat Bemerkungen über die Wirkungen gemacht, welche die vorgeschlagene Kompetenzverschiebung zwishen den Shöffengerihten und den Strafkammern für die leßtere nah si ziehen würde. Diesen Bemerkungen lag ein Jrribum bezüglih dessen zu Grunde, was ih vorher die Ehre batte auszuführen. Was ih gesagt habe, war Folgendes, Je bin ausgegangen von denjenigen Strafsachen, die nach dem Entwurf definitiv dem Shöffengeriht überwiesen werden sollen, während nah dem bestehenden Geseß die Strafkammern befugt sind, im einzelnen Falle sie an die Shöffengerichte zu überweisen. Ich habe gesagt, von dieser Befugniß machen die Strafkammern gegen- wärtig în dem Umfang Gebrauch, daß bis zu 90 9% dieser Sachen an die Schöffengerichte kommen, während der Rest bei den Strafkammern bleibt. Die Folge des Geseßentwurfs würde die fein, daß die Strafkammern bezüglich dieses Restes für das ganze Verfahren, be: züglih der 90% für das Vorverfahren entlastet werden. Ich habe die Frage, wele Folgen die in dem Entwurf zu Gunsten der Schöffengerichte vorgeschlagene Kompetenzverschiebung im ganzen für die Strafkammern haben würde, überhaupt nicht berührt. Ih babe es nicht gethan, weil es s{wierig ist, in diesem Punkte, wo die Qualität und der Umfang der Sachen eine große Rolle spielen, ein rihtiges Urtheil zu fällen. Wenn Sie aber nach dieser Richtung eine Zahlenangadbe vermeiden, so kann ic nur Folgendes sagen : Die Ent- lastung, die infolge des Entwurfs für die Strafkammern überhaupt eintreten wird, darf höchstens auf 15 % aller Arbeiten geshäßt werden, die an die Strafkammern gelangen. Sie würde also bei weitem nicht den Umfang annehmen, den infolge eines Mißverständnisses der Herr Vorredner angenommen hat. Y

Hierauf wird die Berathung auf Freitag 1 Uhr vertagt.

Die Berufung wird erschwert t werden

Parlamentarische Nachrichten.

Der dem Reichstag vorliegende und gegenwärtig zur Berathung stehende Entwurf eines Bed ode betreffend Aenderungen und Ergänzungen es Gerichts: verfassungsgesezes und der Strafprozeßordnung

lautet : Artikel 1.

In dem Gerichtêverfassungsgeseß werden die nacstebenden Be-

stimmungen in folgender Weise abgeändert : S 27. ie Schöffengerichte sind zuständig:

1) für alle Uebertretungen ;

2) für diejenigen Vergehen, welhe nur mit Gefängniß von béhsten2 drei Monaten oder Geldstrafe von höchstens etnes Markt, allein oder neben Haft oder in Verbindung mit einander oder in Verbindung mit Einziehung bedroht sind, mit Ausnahme der im 5 320 des Strafgeseßbuchs und der im § 74 dieses Gesezes be- zeichneten Vergeben ;

3) für das Vergehen des Hausfriedensbruchs im Falle des § 123 Abs. 3 des Strafgesezbuchs;

4) für das Vergehen der Beleidigung, wenn die Verfolgung im Wege der Privatklage geschieht:

5) für das Vergehen der Körperverlezung in den Fällen der nur anf Antrag eintretenden Verfolgung ;

6) für das Vergehen der Bedrohung mit der Begehung eines

rbreens im Falle des § 241 des Strafgeseßbuchs;

T) für das Vergehen des Diebstahls im Falle des § 242 de ‘trafgescSbus, wenn der Werth des Gestohlenen einhundert Mark richt übersteigt;

3) für das Vergehen der Unterschlagung im Falle des § 246 des S egbuchs, wenn der Werth des Untershlagenen einhundert

Ét überstzigt : __ 9 für das Vergehen des Betrugs im Falle des § 263 d Strafgesegbus, wenn ter Schaden einhundert Mark nicht übersteigt

10) für tie Vergehen tes strafbaren Eigennußes in den p des S 236 ALxf. 2 und ter §§ 290, 291 und 298 des Strafgeseßbuchs

11) für das Vergehen ter Sachbeshädigung in dem Falle d S 303 des Strafgesetbuchs, wenn der Schaten einhundert Mark nickt iberfteigt;

12) für das Vergehen der Begünstigung und für das Vergehar der Hehblerei în den Fällen tes § 258 Nr. 1 und des § 259 tes Strafgesezbuchs, wenn tie Handlung, auf welthe Her die Beglinstigens

öffengeridite geht

5 ede

If tie Zuständigkeit tes Schöffengerichts tur) Len Werth cirez Sache cter ten Betrag eines Schatens bedingt, uñd stellt ih in tex Hauvtverßanblung heraus, dah der Werth er Schaven mehr einhundert Mark beträgt, gat tas Geridit seine Unzmustäntietet nur dann auszusprechen, wenn aus anveren Grunven vie Autssezaun der Verhanélung geboten erscheint,

S G1 Den Vorsis im Plenum int her Pritivent, ven Vorfi io 22:

Att orten

S 2 fi f s L f d 44 ti d Pet Ueber cle Zusammensezong Ler Kammann, lbe vie teudlimáise

| Stellvertretung des Vorsizenten 168 zer anveren VMitalieter dz

Kammern im Verhkaterungsfällen, 1556 fehr vie Tertheilung tz Geschäfte unter die Kammern wt fir Me Dare jeh Gil jahrs im voraus Bestimmrag gettoficn, Zekás Fileblar lay gun Mitglieze mehrerer Kamen bit When

Die getroffene Añoediong lern in L406 v4 Gidbittsiare mir geänbert werch, wer S BSSR M ENE Hebe rlaliuna Ez Kammer over infolge Wess 8805 54861/0445 Tritt Ges Mitgliever ves Gerichts cid its

othwendigkeit einer übermäßigen Vermehrung dd \ uw

- § 88 Nr. 2 und der §8 272 und 273 des Stra

§ 63. e im vorstehenden Paragraphen bezeihneten Anordnungen er- Les dur die Landes-Ju ibervaliung \ 65.

Ueber die Vertretung des Präsidenten in den ihm als solhem obliegenden, dur dieses Gesey bestimmten Geschäften wird von der andes-Justizverwaltung Bestimmung getroffen.

8 69 Absay 1.

Soweit die Vertretung eines Ms niht durch ein Mitglied desselben Gerichts möglich ist, erfolgt die Anordnung derselben auf den Antrag des Präsidenten dur die Landes-Justizverwaltung.

8 73. Die Strafkammern sind als erkennende Gerichte (asnbig: 1) für e Vergehen, welche uicht zur Zuständigkeit der Shöffen- erite gehören; d N r diejenigen Verbrechen, welche mit Zuchthaus von höchstens fünf Jahren, allein oder in Verbindung mit anderen Strafen bedroht ind. Diese Bestimmung findet iat Anwendung in den Fällen der 8 86, 100 und 106 des Strafgeseßbuchs ; : “Q füe die Es der Per onen, welche zur Zeit der That das ahtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hatten; 4) für das Verbrechen des Widerstands gegen die Staatsgewalt in den Fällen der 88 118 und 119 des Stra Cefebbi g; H) für das Verbrechen des Meineids in den Fällen der §8 153, 164 und 166 des Strafgeseßbuchs ; 6) für das Verbrechen der Unzucht in den Fällen des § 176 des Sltaigel epu : : 7) für das Verbrechen des Diebstahls in den Fällen der §8 243 und 244 des Strafgeseßbuchs; 8) für das Verbrechen der Hehlerei in den Fällen der §8 260 und W1 des Strafgeseßbuchs; 9) für das Verbrechen des Betrugs im Falle des § 264 des Strafgeseßbuchs; 10) für das Verbrechen der Urkundenfälshung in den Fällen des 6 fgesepbuchd; 11) für die Verbrechen im Amt in den Fällen der 88 349 und 361 des Strafgesetzbuchs; 12) für die nah §8 209 und 212 der Konkursordnung strafbaren Verbrechen. 8 7h, Die Strafkammer kann bei Eröffnung des Hauptverfahrens wegen der Vergehen: : 1) des Widerstands gegen die Staatsgewalt in den Fällen der & 113, 114, 117 Abs. 1 und des § 120 des Strafgeseßbuchs; 2) wider die öffentlihe Ordnung im Falle des 137 des Straf- gefegbuchs; Q , A 3) wider die Sittlichkeit im Falle des §183 des Strafgeseßbuchs; 4) der Beleidigung in den Fällen der nur auf Antrag eintre- tenden Verfolgung ; i H) der Körperverlepung in den Fällen des § 223 a und des § 230 Abs. 2 des Strafgeseßbuchs ; - 6) der Nöthigung im Falle des § 240 des Strafgeseßbuchs ; 7) des Diebstahls im Falle des § 242 des Strafgeseßbuchs ; 8) der Unterschlagung im Falle des § 246 des Strafgeseßbuchs; 9) der Begünstigung ; 10) der Hehlerei in den Fällen des § B%8;Nr. 1 und des § 259 des Strafgeseßbuchs; 4 11) des Betrugs im Falle des § 263 des Strafgeseßbuchs ; 12) des strafbaren Eigennußes in den Fällen des § 286 Abs. 1 und der §8 288 und 289 des Strafgeseßbuchs; 13) der Sachbeshädigung in den Fällen der §8 303 und 304 des Strafgeseßbuchs; und i: : | 14) wegen der gemeingefährlihen Vergehen in den Fällen des 8 327 M. l und des § 328 Abf. 1 des Strafgeseßbuchs; erner 15) wegen derjenigen Vergehen, welche nur mit Gefängniß von höchstens fechs8 Monaten oder Geldstrafe von höchstens eintausend- fünfhundert Mark, allein oder neben Haft oder in Verbindung mit einander oder in Verbindung mit Einziehung bedroht sind, niit Ausnahme der in den §8 128, 271, 296 a, 301, 320, 331 und 347 des Strafgesepbuhs und der im § 74 dieses Gesezßes bezeichneten Vergehen ; sowie i / Le wegen folGer Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften über die Er ebung öffentliher Abgaben und Gefälle, deren Strafe in dem mehrfachen Betrag einer hinterzogenen Abgabe oder einer anderen Leistung besteht, a auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Verhandlung und Ent- sheidung dem Schöffengericht, soweit dieses niht hon zuständig ist, überweisen, wenn nach den Umständen des Falles anzunehmen ist, daß wegen des Vergehens auf keine andere und höhere Strafe, als auf die im § 27 Nr. 2 bezeichnete und auf keine höhere Buße als \secchs- hundert Mark zu erkennen fein werde. Beschwerde findet nicht statt. E Hat im Falle der Nr. 16 die Verwaltungsbehörde die öffentliche Klage erhoben, so steht ihr der Antrag auf Ueberweisung an das Schöffengericht in gleicher Weise wie der Staatsanwaltschaft zu. S T7, Die Zivilkammern und die Strafkammern entscheiden in der Be- seßung von drei Mitgliedern mit Einschluß des Vorsitzenden.

8 78 Sas 2, i

Die Besetzung einer solhen Strafkammer erfolgt aus Mitgliedern des Landgerichts oder Amtsrichtern des Bezirks, für welchen die Kammer gebildet wird. Der Vorsitzende wird ständig von der Undes-Iustizverwaltung bestellt, die übrigen Mitglieder werden von derselben in Gemäßheit der §§ 62, 63 berufen.

& 121,

Die Bestimmungen der §§ 61—68 finden entsprehende An- wendung.

Q 123.

Die Ober-Landesgerichte sind zuständig für die Verhandlung und Gntscheidung über die Rechtsmittel : : i A __1} der Berufung gegen die Endurtheile der Landgerichte in bürger- lihen Rechtss\treitigkeiten ; :

2) der Berufung gegen Urtheile der Strafkammern in erster

Instanz; gegen Urtheile

3) der Nevision

Verusungsinftan ; : . : __D der Beschwerde gegen Entscheidungen der Landgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten; ;

9) der Beschwerde gegen strafrihterlihe Entscheidungen erster Instanz, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammer begründet ist, und gegen Entscheidungen der Strafkammern in der Beschwerde- instanz und Berusungslnftanz,

der Strafkammern in der

§ 124. : Die Senate dox Ober-Vandedgerichle eutscheiden in der Beseßung von fünf Mitgliedern mit Cinschluß des Borsiteuden. _ Durch Anordnung dex Lande&Iustizverwaltung kann [ür die vom Siß des Ober-Landesgerichts eutlerateren VLaudgerichte boi einem oder medreren derselben ein Strafsenat gebildet und demelben für den ibm uzuweisenden Bezirk die gesammte Thätigkeit des Lber- Vaudesgerichts m der Berufungöin\stanz übertragen werbes Dis Volepung eines selheu Strafsenats exfolgt aus Mitglicdera des Ober Landesgerichts der Mitgliedern eines odex mebreres Langerite des Beziris, für welden der Senat gebildet wirs, Vex Boikeude wird Vlndia vou der Landes+Fustizp erwa ina belt, bie üblen BMoriuitedèr werden von derfelben ih Vini ver 28 W203 beru . Durch die Geselgebung eines Bigup e taahs Mais Ban Ven daß die BezelPing Se Ver er Bete Vi, Bed Strafsenate und bie Mac bres Vicatrte. lus V id b (P s v erfolgen but

§ 133. Die Bestimmungen der 88 61 bis 68 finden mit der Maßgab Anwendung, daß an die Sielle der Landes-Justizverwaltung dai j

sident tritt. 8 136 Ablay L

In Strafsachen ist das Neichsgericht zuständig:

1) für die Untersuhung und Entscheidung in erster und leßter Instanz in den Fällen des Hochverraths und des Landesverraths, i d “aide Verbrechen gegen den Kaiser oder das Reich ge- richtet sind;

2) für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel der Revision gegen Urtheile der Ober-Landesgerichte in der E instanz und gegen Urtheile der Schwurgerichte, fowie über das Rechts- mittel der Beschwerde gegen Entscheidungen der Ober. Landesgerichte in der Berufungsinstanz. Wu

rtikel T.

Die Strafprozeßordnung erhält die Fassung, welche si aus der nachbezeihneten Einschaltung und Aufhebung von Bestimmungen, Lene aus dem veränderten Wortlaut der nachstehend unter der bis- erigen Paragraphenziffer aufgeführten Bestimmungen ergiebt : 8a. Der Gerichtsstand is auch bei demjenigen Gericht begründet, in dessen Bezirk der PUGRIRGEE Ra ien worden ist. s

Jst der Ort, an weldem die strafbare Handlung begangen ist, im Auslande gelegen oder nit ermittelt und ein Gerichtsstand in Ge- mäßheit der §8 8 und 8a. nit begründet, so wird das zuständige Gericht vom Reichsgericht bestimmt. ;

23 Absay 3 ) 26 Absay 3

S 2a.

Jst das Ablehnungsgesuch verspätet oder niht unter Angabe und Glaubhaftmahung des Ablebhnungsgrundes, oder in der offenbaren Absicht angebracht worden, nur das Verfabren zu vers{leppen, so bat der Ae ar das Ablehnung8gesuch, auch wenn es gegen ihn gerihtet ist, als unzulässig zu verwerfen.

Die Vorschrift findet, wenn das Ablehnun S gegen einen Untersuchungsrichter oder einen Amtsrihter gerichtet ist, auf diesen entsprehende Anwendung.

wird aufgehoben.

wird aufgehoben.

& 27.

Wird das Gesuh niht als unzulässig verworfen, so hat der abgelehnte Richter sich über den Ablehnungsgrund dienstlih zu äußern.

Ueber das Ablehnungsgesuch entscheidet das Gericht, welchem der Abgelehnte angehört; wenn dasselbe durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beshlußunfähig wird, das zunähst obere Gericht.

Wird ein Untersuchungösrichter oder ein Amtsrichter abgelehnt, so entscheidet das Landgeriht. Einer Entscheidung bedarf es nit, wenn der Abgelehnte das M IR Un für begründet bält.

2

F .

Gegen den Beschluß, durch welchen das Ablehnungsgesuh für be- gründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluß, durch welchen das Gesu für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

Der Beschluß, durch welchen ein gegen einen erkennenden Richter angebrahtes Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt wird, kann nicht für sih allein sondern nur mit dem Urtheil angefochten werden.

_Die vorstehenden Bestimmungen finden auf die im § 26a be- zeihneten Verfügungen Een Anwendung.

Bei denjenigen Zustellungen, welhe von Amtswegen erfolgen, können dur Anordnung der Landes - Justizverwaltung einfachere Formen für den Nachweis der Sens zugelassen werden.

S 96a.

Die Beeidigung eines Zeugen darf unterbleiben, wenn die Aus- sage desselben sih nah rihterliher Ueberzeugung als offenbar un- glaubwürdig oder unerheblich darftellt und leyterenfalls die Beeidigung nicht beantragt ift.

P)

8 60,

Die Beeidigung der Zeugen erfolgt nah dem Abschluß seiner Vernehmung.

Der Nichter darf eine Mehrzahl von Zeugen gleihzeitig beeidigen.

8 61.

Der von dem Beugen zu leistende Eid lautet:

daß Zeuge nah bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt, nichts

vershwiegen und nichts hinzugeseßt habe.

8 63,

Der Eid wird mittels Nasprecens oder Ablesens der die Eides- norm enthaltenden Eidesformel geleistet.

Bei gleichzeitiger Beeidigung mehrerer Zeugen hat der Nichter den zu Beeidigenden die Eidesnorm mit der Eingangsformel :

„Sie s{chwören bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden“ vorzusprehen. Die Zeugen leisten den Eid, indem jeder einzeln die Worte spricht: :

„Ich shwroöre es bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden,

so wahr mir Gott helfe“. j

via Schwörende foll bei der Eidesleistung die rehte Hand erheben.

Stumme, welche s{chreiben können, leisten den Eid mittels Ab- bi aa und Unterschreibens der die Eidesnorm enthaltenden Eides- ormel.

Stumme, welche nicht {reiben können, leisten den Eid mit Hilfe eines Dolmetschers durch Peihen,

J

Die Beeidigung erfolgt bei der erften gerihtlihen Vernehmung des Zeugen. i

Im Vorverfahren kann die Beeidigung unterbleiben, wenn Be- denken gegen deren Zulässigkeit obwalten, sowie wenn der Richter die Beeidigung für den Zweck des Borverfahrens nicht als erforderlich erachtet und die Ss E Lee nicht beantragt.

Wird ein eidlih * vernommener Zeuge in derselben Strafsache nohmals vernommen, so kann der Richter, statt der nohmaligen Beeidigung, den Zeugen die Nichtigkeit seiner Aussage unter Berufung auf den geleisteten Eid verfichern N

Der Sachverständige ist vor oder nah der Erstattung des Gut- achtens zu beeidigen. Der vor der Begutachtung zu leistende Eid lautet: daß er das von ihm erforderte Gutachten unparteiisch und nah bestem Wissen und Gewissen erstatten werde. Der nach der Begutachtung zu leistende Cid lautet : daß er das von ihm erstattete Gutachten unparteiisch und nah bestem Wissen und Gewissen abgegeben habe. ; Jst der Sachverständige für die Crstattung von Gutachten der betreffenden Art im allgemeinen beeidigt, so genügt die Berufung auf

den geleisteten Eid. 8 112 Absah 1.

Der Angeschuldigte darf nur dann in Unterfuchungshaft genommen werden, wenn dringende Verdachtsgründe gegen ihn vorhanden sind und entweder er der Flucht verdächtig ist oder Thatsachen vorliegen, aus denen zu {ließen ist, daß er Spuren der That vernichten oder daß er Zeugen oder Mitschuldige zu einer falschen Aussage oder Zeugen dazu verleiten werde, sih der Zeugnißpflicht zu ‘entziehen, oder daß er seine Freiheit zur Begehung neuer strafbarer Handlungen miß- brauen werde. Diese T batjadben sind aktenkundig zu machen.

8 12%.

Der aenes S 1% erlassene Haftbefehl ist aufzuheben, wenn die Stwatsanwaltschaft es beantragt, oder wenn nicht binnen fes Wochen ad Vollstreckung desselben die erfolgte Erhebung der fentlichen Wage zux Kenntniß des Amtsrichters gelangt. i

Bei Uebertretungen, mit Ausnahme der im 3 und 4

& 361 Ne des Strafgesekbduds vorgesedenen, beträgt die Frift uwei Wochen.

8 140.

Die Vertheidigung i nothwendig in den Sachen, welche vor dem Reichsgericht în erster Instanz oder vor dem Schwurgericht zu verhandeln Fnd,

In Sachen, welche vor dem Landgericht in erster Instanz zu ver- handeln sind, ist die Vertheidigung nothwendig:

1) wenn der Aan te taub oder stumm is oder das seh- „zehnte Lebensjahr noch nit vollendet hat;

2)’ wenn ein Verbrechen den Gegenstand der Untersuhung bildet und der Beschuldigte oder sein gesehlicher Vertreter die Be- tellung eines Vertheidigers beantragt.

Diese Bestimmung findet nicht Anwendung, wenn die ivaibare Handlung nur deshalb als ein Verbrechen sich darstellt, weil sie im Rückfalle begangen ist.

In den Fällen des Absayes 1 und des Absatzes 2 Nr. 1- ist dem nagen, welcher einen Vertheidiger noch nit gewählt hat, ein folher von Amtswegen zu bestellen, }obald die Eröffnung des Haupt- verfahrens beschlossen ist. In dem Falle des Absatzes 2 Nr. 2 ist der Antrag binnen einer A von drei Tagen 1 der Bekannt- machung des Eröffnungsbeschlusses zu stellen.

Für das Verfahren in der Berufungsinstanz ist in den Fällen des Abs. 2 Nr. 1 dem Angeklagten, welcher ohne gewählten Vertheidiger ist, ein solher gleichzeitig mit der Anberaumung des Termins zur Hauptverhandlung zu bestellen. In den Fällen des Abs. 2 Nr. 2 ist der Antrag auf Bestellung eines Vertheid gers, soforn ér“ niht {hon in erster Instanz gestellt war, spätestens binnen einer Frist von drei Zaun nah der Zustellung der Ladung zur Hauptverhandlung

zu stellen.

i 8 156 Absatz 2. Bei strafbaren Handlungen, deren Verfolgung nur auf Antrag eintritt, muß der Antrag sriftlich oder zu Protokoll angebracht

werden. E S 176 Absayz 2. _In denjenigen Strafsachen, welche zur R der Land- gerichte gehören, findet die Voruntersuchung statt, wenn die Staats- anwaltschast dieselbe beantragt.

8 181. Gegen den Beschluß des Gerichts, dur welchen der Antrag der Staatsanwalts{aft auf Eröffnung der Voruntersuhung abgelehnt worden ist, findet sofortige Beschwerde statt.

8 199

§ 206 Absah 2

8 208.

Betraf das Vorverfahren mehrere derselben Perfon zur Last ge-

legte strafbare Handlungen, und erscheint für die Strafzumessung die

eststellung des einen oder des anderen Straffalles unwesentlih, so tann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft beschließen, daß in Tula eines solhen das Verfahren einzustellen sei. *

Dasselbe gilt, wenn einer zu Freiheitsstrafe rechtskräftig ver- urtheilten Person eine strafbare Handlung zur Last gelegt wird und die Feststellung des Straffalles mit Rücksiht auf die noch nit voll- ständig verbüßte Strafe unwesentlih erscheint.

Die Aufhebung des {Einstellungsbes{lusses kann im Fall des Abs. 1 binnen einer Frist von drei Monaten nah Rechtskraft *des Urtheils von der Staatsanwaltschaft beantragt werden, wenn nicht Verjährung eingetreten ist. :

8& 211.

Personen, welche auf frisher That betroffen oder verfolgt und vorläufig festgenommen worden sind, können von der Staatsanwalt- chaft unmittelbar dem zuständigen Gericht mit dem Antrag auf sofortige Aburtheilung vorgeführt werden. Dieser Antrag is auch dann zulässig, wenn der Beschnldigte in den Fällen des § 10 einem danach zuständigen Gericht arge wird.

Das Gericht hat ohne \{ri\tlich erhobene Anklage und ohne eine Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens sofort oder spätestens am zweiten Tage nah der Vorführung zur Hauptverhand- lung zu schreiten und dabei über die Verhaftung oder Srelafung des Angeklagten zu entsheiden. Der wesentlihe Inhalt der Anklage ift in das Sißungsprotokoll aufzunehmen.

Die ordnungsmäßige Ladung der Zeugen kann von jedem Beamten der Staatsanwaltschaft oder des Polizei- und Sicherheitsdienstes mündli erfolgen.

Erweist sih die Sache in der Hauptverhandlung als nicht \pruch- reif, so hat das Gericht die Verhandlung auf eine der nächsten Sißungen zu vertagen. Jn Fällen, wo eine Voruntersuchung ftatthaft ist, kann das Gericht die Eröffnung derselben auf Antrag der Staats- anwalts{haft beschließen.

Auf das Verfahren vor dem NReichsgericht und vor dem Schwur- gericht finden die Bestimmungen A hA Paragraphen keine Anwendung. 8 211 a.

Vor den Schöffengerichten kann nah der Vorschrift des § 211 auch dann verfahren werden, wenn der Beschuldigte entweder sich frei- willig stellt, oder infolge einer vorläufigen Festnahme in anderen als den im § 211 bezeihneten Fällen dem Gericht vorgeführt oder nur wegen Uebertretung verfolgt wird.

8 911 b.

Der Amtsrichter kann in dem Fall der Vorführung des Be- {huldigten mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft ohne Zuziehung von Schöffen zur Ma atbarkaubluna schreiten, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte That eingesteht. Gegen die im Laufe der Hauptverhandlung ergehenden Entf terungen und Urtheile des Amts- rihters finden dieselben Rechtsmittel satt, wie gegen die Ent- scheidungen und Urtheile der BGMengecnee.

N 4

Die Anklageschrift und der ‘Bes luß über die Eröffnung des S sind dem Angeklagten spätestens mit der Ladung zu- zustellen.

wird aufgehoben.

wird aufgehoben.

& 215 Absay 1.

Die Ladung eines auf freiem Fuße befindlichen Angeklagten ge: schieht shriftlich unter Hinweis auf die geseßlihen Folgen seines un- entshuldigten Ausbleibens.

8 216 Absay 1.

Zwischen der Zustellung der Ladung 215) und dem Tage der Hauptverhandlung muß eine Frist von mindestens einer Woche oder, wenn eine Uebertretung den Gegenstand der Untersuchung bildet, von mindestens drei Tagen liegen.

8 224 a.

Vor der Hauptverhandlung kann auf Grund neu hbervorgetretener Umstände die Staatsanwaltschaft zu Gunsten des Angeklagten die Wiederaufhebung des Eröffnungsbeschlusses und eine anderweite Be- \{lußfassung in Gemäßheit der O ff. beantragen.

Bleibt der gehöri \{huldigung aus, so ist befehl zu erlafsen.

In den vor den Schöffengerihhten und vor den Strafkammern zu verhandelnden Sachen kann jedoch das Gericht zur Po Es schreiten, sofern es die Anhörung des Angeklagten zur Aufklärung der Sache nicht für erforderlich erahtet. In diesem Falle findet die Vorschrift des Abs. 1 keine Anwendung.

8 230 S I,

Entfernt der Angeklagte sih dennoch, oder bleibt er bei der E seßung einer unterbrohenen Hauptverhandlung aus, so kann diese in setner Abwesenheit zu Ende geführt werden. Für die Hauptverhand- lung vor dem Reichsgericht und vor dem Schwurgericht Ls dies nur dann, wenn die Vernehmung des Angeklagten über die Anklage hon erfolat war und das Gericht seine fernere Anwesenheit nicht für erforderlich erachtet. L ou

§& 232. Ist das Erscheinen eines Angeklagten wegen großer Entfernung seines Aufenthaltsortes besonders erschwert und hat der Angeklagte

eladene Angeklagte ohne genügende Ent- ie Vorführung anzuordnen oder etn Haft-

wird aufgehoben.