1895 / 23 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 26 Jan 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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Morgens einen Choral von der Kuppel der Schloßkapelle bläst und die Spielleute der 2. Garde-Jnfanterie-Brigade mit den oboisten des Garde-Füsilier-Regiments unter Führung eines Adjutanten vom inneren Schloßhofe vor Portal T des König- lihen Schlosses aus dur dieses Portal, über den Schloßplaß, die Schloßfreiheit und dann die Linden, Mittelweg, entlang bis zum Brandenburger Thor und ebenso zurück marschieren. Bei Beginn der Defiliercour im Königlichen Schlosse werden dur die Leib-Batterie 1. Garde-Feld-Artillerie-Regi- ments im Lustgarten 101 Salutschüsse gelöst werden. Um 121/, Uhr findet im Zeughause große Paroleausgabe statt.

Die Königlihe Akademie der Wissenschaften hielt am 24. Januar zur Feier des Geburtstags König Friedri ch's IT. und zur Feier des Geburtsfestes Ssiner Majestät des Kaisers und Königs eine öffent- e Sigzung, welcher der vorgeordnete Minister der geist- lichen 2c. Angelegenheiten D. Dr. Bosse beiwohnte. i

Der vorsizende Sekretar Herr Vahlen eröffnete die Sitzung mit einer Festrede, in welcher er dem doppelten Anlaß der Festfeier gebührenden Ausdruck gab und sodann über die Beziehungen Herder's zu: der Akademie im Zeitalter Friedrich's des Großen sich verbreitete.

Darauf wurden die Berichte über die fortlaufenden größeren wissenshaftlihen Unternehmungen der Akademie erstattet, über die Politishe Korrespondenz Friedrih’s des Größen, die Acta Borussíica, die Sammlung der riehishen Inschriften, die Sammlung der lateinishen Jn- schriften und die Prosopographie der römischen e Ueber das Corpus nummorum wurde mitgetheilt, daß von der nordgriechischhen Sammlung der Druck des ersten Bandes begonnen hat. Für die Bearbeitung der fkleinasiatischen Münzen wird eine Herrn Mommsen in Veranlassung seines fünfzigjährigen Doktor - Jubiläums zur Verfügung gestellte Summe von etwa 28 000 4, welche derselbe der Akademie überwiesen hat, verwendet werden. Von den Aristoteles- Kommentaren sind der siebente und zehnte Band, welche die Schriften von Simplicius de coelo und in physica enthalten, herausgekommen. Von der neuen Ausgabe der griechischen Kirchenväter befindet sich der erste Band, die Werke Hippolyt's enthaltend, im Druck; dec Druck von Origenes c. Celsum sell demnächst beginnen. Gemeinsam mit den Akademien und elehrten Gesellschaften in Göttingen, Leipzig, München und Wien hat die Königliche Akademie der Wissenschaften die Herstellung eines Thesaurnus linguae latinae in Angriff genommen. i :

Ferner wurde über einige mit der Akademie verbundene Stiftungen berichtet: die Humboldt-Stiftung, die Bopp- Stiftung, die Savigny-Stiftung, die Eduard GBerhard-Stiftung und die R E E h Die Savigny-Stiftung hat von dem Wörterbuch der klassischen Rechtswissenshaft das erste Heft unter dem Titel „Vocabularium inurisprudentiae Romanae“ im Druck erscheinen lassen. Dem Bericht, welchen Herr Mommsen über die Wenzel -Heckmann - Stiftung erstattete, ist Folgendes zu entnehmen:

Frau Maria Elisabeth Wentzel, geb. Heckmann, hat, wie bereits früher mitgetheilt wurde, im Mai 1894, den Absichten ihres Gemahls, des 1889 verstorbenen Berliner Architekten Hermann Wenzel ent- fprechend und zum ehrenden Andenken ibres Vaters, des 1878 hoch- bejahrt verstorbenen Berliner Fabrikbesißers Karl Julius Heckmann, die Hernann und Elise, geb. Heckmann, Wengel-Stiftung zu Gunsten der vorher um ihre Einwilligung befragten Akademie begründet. Unter dem 7. Juli desselben Jahres ift die Stiftung unter Verleihung der Korporationsrehte Allerhöchsten Orts bestätigt worden. Das Kapital beirägt anderthalb Millioneu Mark, wocon die Zinsen zum dritten Theil vom 1. Januar d. J. an, vollständig nah dem Tode der Stifterin für die Zweke der Stiftung vecwendbar werden. Es ist der Zweck der Stiftung, ohne statutarishe Bevorzugung eines einzelnen Forshungszebiets wissenshaftlihe Unternehmungen größeren Umfangs zu fördern. Das Vorschlagsrecht steht jedem ordentlichen Mitglied der Akademie zu; die Leitung und die scließlide Entscheidung ist einem Kuratorium übertragen, welches von dem UÜnterrihts-Minister sowie je drei von den beiden Klassen der Akademie von fünf zu fünf Jahren erwählten ordentlichen Mitgliedern gebildet wird. Ueber die Verroendung der Stiftungseinkünfte wird nah Vorschrift des Statuts in der afademischen Friedrih’s - Sitzung, und zwar, da die erstmalige Vergebung nach dem 31. März 1896 stattfindet, zuerst im Januar 1897 von dem Kuratorium Bericht erstattet werden. Das Kuratorium hat, den Bestimmungen des Statuts ent- sprehend., sich fkonstituiert und es gehören demselben für die erste, bis zum 31. März 1900 laufende Periode außer dem vorgeordneten Minister, der zugleich den Chrenvorsitz führt, an : die Herren Mommsen als - Vorsißender, Aurwers als Stellvertreter des Borsitzenden, Landolt, Möbius, Tobler und Weinhold. So wie Seine Majestät mit der Bestätigung der Stiftung der Stifterin zugleich Seinen Königlichen Dank ausgesprochen hat, gab auch Herr Mommsen im Namen der Akademie dec dankbaren An- erkennung derselben für diese hohe Ehrung und mägtige Forderung ihrer Arbeiten Ausdruck. Oft genug ei in akademischen Kreisen die Klage laut geworden, daß für die ungeheuren Anforde- rungen, welche die Zukunft der Wissenschaft an eine die Wissenschaft in ihrer Gesammtheit vertretende Anstalt stellt, die materiellen Mittel nicht auéreichten, und es hâtten aus diesem Grunde wieder und wieder berehtigte Wünsche unterdrückt, zukunftreide Pläne unausgeführt bleiben müfsen. Jeßt werde in ungeahntem Umfang vieles möglich werden, was es biéher nicht war. Es sei zu hoffen, daß die Afademie, dem ihr bewiesenen Vertrauen entsprehend, die mannigfaltigen Auf- gaben in gutem Einverständniß angreifen und die ¿TVE Mittel in großem Sinne verwalten werde.

Zum Schluß berichtcte der Vorsißende über die seit der öffentlichen Sißung im Januar 1894 in dem Per}ona l- stande der Akademie eingetretenen Veränderungen.

Die Akademie hat durch den Tod verloren : die ordent- lichen Mitglieder der physikalish:mathematishen Klasse August Kundt, Hermann von Helmholy und Nathanael Pringsheim ;: das ordentlihe Mitgued der philofophisch:histori]hen Klasse August Dillmann; die auswärtigen Mitglieder Giovanni Battista de Rossi in Nom und Heinrich von Brunn in München: die Ehrenmitglieder Don Baldassare Boncompagni in Rom und Georg Hanssen tn (Göttingen; die korrespondierenden Mit- glieder der physikalish-mathematishen Klasse Joseph Hyrl in Wien, Charles Marignac in Genf, Moriß Traube in Berlin und Pafnutij Tschebyshew in St. Petersburg ; die korrespon- dierenden Mitglieder der philosophisch:historishen Klasse SOON Brugsch in Berlin, Aureliano Fernandez Guerra y Orbe in Madrid, Heinrich Keil in B Habbo Gerhardus Lolling in Athen, Charles Newton in London, William DwigthWhitney in New-Haven und K. E. Zachariae von Lingenthal in Großkmehlen. Neu gewählt wurde als ordentliches Mitglied der physikalisch- mathematishen Klasse Herr Max Plan. Das langjährige ordentliche, spätere Ehrenmitglied Herr Zeller wurde zum aus- wärtigen Mitglied gewählt und diefe Wahl durch Allerhöchsten Erlaß vom 14. Januar bestätigt.

Sämmilihe Schulen der Stadt Berlin feierten den Geburtstag Seiner Majestät des Kaisers und Königs bereits heute durch festlihe Akte und patriotische Veranstaltungen : - i

Im Sophien-Gymnasium hielt Oberlehrer Dr. Knauff die ge rede über die Jugendbildung Kaiser Wilhelms II.; unter den Vor- trägen der ersten Gesangflasie befand sih auch der „Sang an Aegir“. Bet der Feier im Königlichen Real-Gymnasium gingen der Gesang der Neukomm’shen Motette „Der König freue* und eine Psalm- verlesung der Festrede des Oberlehrers Dr. Heinze voraus, in welcher die Gründung und En1wickelung der hiesigen Akademie der Wissenschaften durch die Könige Preußens dargestellt wurde. Jm Wilhelms-Gymnasium \s{hilderte Oberlehrer Dr. Doehbler vor den Schülern der oberen und mittleren Klassen die Entwickelung der deutschen Flotte; den unteren Klassen führte alsdann Direktor Dr. Kübler die Bedeutung des Festes vor Augen. Das Königstädtische Gymnasium veranstaltete in seiner Turnhalle ein großes Schauturnen unter Leitung des Turnwarts Kregenow. Das Turnen bestand aus Reigen, Frei- und Geräthübungen, Uebungen mit Stäben und volkéthümliczen Üebungen sowie einem Musterturnen der Vorturner. Die Festansprache hielt der Direktor, Professor Dr. Wellmann. Im Sophien-Real- gymnasium sprah Oberlehrer Dr. Blaschke über nordishe Götter- und Heldensage im Vergleih und im Verhältniß zur deutshen. Die Sänger der Schule trugen die Motette „Gott segne den - Kaiser“ und das niederländishe Lied „Dankgebet*“ vor. In der Friedrihs - Werdershen Ober - Realshule behandelte die Festrede des Oberlehrers Dr. Violet die Eutstehun und den Ausbau der E des Deutschen Reichs. Das Ho auf den Kaiser brate Direktor Dr. Ulbrih aus. Im Königlichen Luifen-Gymnasium fanden zwei Feiern statt: in der einen hielt Dber- lehref Dr. Greifeld, in der anderen Oberlehrer Dr. Denide die Fest- rede. Auch hier forderte der Direktor Dr. Kern selb zum Hoch auf den Kaiser auf. Im Friedrihs-Gymnasium, wo die Feier mit dem Chorgesang „O Herr, es freue sich der König“ eingeleitet wurde, gab Dr. Sello ein anshaulihes Lebensbild des Fürsten Blücher. Dreyer's Lied „Gruß an den Kaiser“ beshloß den patriotischen Aft. In der großen städtishen Turnhalle in der Prinzenstraße hatte die Luisenstädtische Ober-Realschule ein Schauturnen veranstaltet, dem auch die Angehörigen der Schüler beiwohnten. Die Festrede hielt Pro- fessor Dr. A. Krause 1. Im Luisenstädtishen Realgymnasium wurde zur Einleitung der Feier ein „Preislied" von Mühry nah der Musik aus dem Oratorium „Samson“ von Händel vorgetragen, Festreduer war Oberlehrer Dr. Mann. Im Lefsfing-Gymnasium hatte Professor Dr. Siecke die Ansprahe übernommen. Im Dorotheen städtischen Realgymnasium schilderte Dr. Neukranz die Entwickelung der Marine unter Kaiser Wilbelm 11. Im Falk - Realgymnasium trugen die Schüler felbst durch Deklamationen zur Vershönerung des Festakts wesentli bei. Im Berlinishen Gymnasium zum grauen Kloster, wo Professor Dr. Tiedke Festredner war, wurde die Feier mit dem Gesang eines Psalms und der Grell’shen Hymne „Domine salvum fac regem“ eröffnet. Der Handelsshule war für die ersten Nach- mittagéstunden die städtishe Turnhalle in der Prinzenstraße zur Ver- anstaltung eines Schauturnens überlassen. Im Friedrichs - Real- gymnasium sprach Oberlehrer Dr. Tropfke über die Förderung, welche die Hohenzollern dem Turnen haben angedeihen lassen. Direktor Dr. Gerstenberg brahte das Hoh auf Seine Majestät aus. Vor den Schülern des Leibniz-Gymnasiums spra Oberlehrer Prüsmann. Jn der Aula des Französishen Gymnasiums hielt in einer Vorfeier stud, jur. Tavernier eine lateinishe Rede über „Justitia funda- mentum rei publicae“; bei der Hauptfeier spra Oberlehrer Dr. Dietrich „über Toleranz und Pflichttreue bei den Hohenzollern“. Fest- redner ‘im Köntigftädtishen Realgymnasium war Oberlehrer Dr. Mögelin; im Asfanishen Gymnasium sprah Oberlehrer Beyer über die Entwickelung der deutschen Flotte; im Andreas-Realgymnasium batte Dr. Schleich die Festrede, Herr Rückert die Leitung der Gesänge übernommen; im Humboldt-Gyninasium schilderte Dr. Schrodt Preußens deutsche Politik von 1815 bis 1850, und im Friedrich- Wilhelms-Gymnasium hatte sh Oberlehrer Günther den Großen Kurfünften als Thema gewählt.

S D E E E D E

Die Kommission L Die A Lesung des

Entwurfs eines Bürgerlichen Geseßbuchs für das Deutsche Reich seßte in den Sizungen vom 21. bis 23. Januar die Berathung des Erbrechts fort.

Die S8 2025 bis 2044 betreffen den Erwerb der Erb- schaft. Der § 2025 bringt den Grundsaß zum Ausdruck, daß die Erbschaft, vorbehaltlih des Rechts der Ausschlagung, mit dem Erbfall kraft des Gesetzes auf den Erben über- geht. Dieser Grundsaß wurde sachlich gebilligt.

Nach dem 8 2026 Abs. 1 gilt eine nach dem Erbfall geborene, aber zuy Zeit des Exbfalls hereits empfangene Person in Ansehung des Anfalls der Erb- schaft als {on vor dem Erbfall geboren. Diese Vorschrift findet, wie der Abs. 2 hinzufügt, auf die Nacherbfolge mit der Maßgabe entsprehende Anwendung, daß an die Stelle des Erbfalls der Fall der Nacherbfolge trete. “Gegen den sach- lihen Jnhalt der bezeichneten Bestimmungen erhob sich kein Widerspruch. Man war aver einverstanden, daß die Vor- schrift des Abs. 1 {hon durch den zu § 1752 beschlossenen Zusaß gedeckt und deshalb hier zu streichen sei.

Der 8 2027 gewährt für den Fall, daß infolge einer zur Zeit des Ervfails oder des Eintritts der Nacherbfolge be- stehenden Schwangershaft die Geburt eines erbberehtigten Kindes zu erwarten is, der Schwangeren, sofern sie außer stande ist, sih selbst zu unterhalten, für die Zeit der Schwangerschaft einen Anspruch auf standesmäßigen Unter- hali aus dem Nachlasse oder, wenn noch- andere Personen als Erben berufen sind, aus dem Erbtheil, zu welchem der Ungeborene im Fall der Geburt allein oder in Gemeinschaft mit anderen berufen ist. Die Vorschrift gelangte mit der Abweichung zur Annahme, daß der Unterhalt nur aus dem Erbtheile verlangt werden kann, der im Fall der Geburt dem Kinde gebühren würde; dabei soll die Größe des Erbtheils so bestimmt werden, wie sie sich ergicbt, wenn nur ein Kind geboren wird. Ein Antrag, der Wittwe des Erblassers, wenn ste zur Zeit des Erb- falls schwanger ist, in noch weiterem Umfang einen Anspruch auf Unterhalt aus dem Nachlasse zu gewähren, als dies im 8 2027 vorgesehen ist, wurde abgelehnt.

Die Vorschriften der Sg 2028 bis 2032 über die Aus- chlagung und die Annahme der Erbschaft fanden in der Hauptsache die Zustimmung der Kommission. Einem Antrag, nähere Bestimmungen über die Annahme der Erb- schaft durhch stillshweigende , Erklärung auen wurde feine Folge gegeben. Nach dèm Entwurf muß die Ausschlagung der Erbschaft binnen einer Frist von sechs Wochen, wenn aber der Erbe sih bei Beginn der Frist im Auslande aufhält oder wenn der Erblasser seinen leßten Wohnsiß nur im Auslande gehabt hat, binnen scchs Monaten erfolgen. ‘Die Grist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welhem der Erbe von dem Anfalle der Erbschaft und dem Grunde des Anfalls Kenntniß erlangt hat; sofern jedoch die Berufung auf eincr Verfügung von Todeswegen beruht, nicht vor der Verkündung der Verfügung. Dazu war von einer Seite folgender Zusaß

beantragt: „Die Frist läuft niht ab, so lange niht der Erbe

Nachlaßsachen in Besiß genommen oder erbschaftliche ä geführt hat. Das Nachlaßgericht kann jedoh dem Erbe äfte er im § 2030 Abs. 1 bestimmten Frist gleihe Frist mit dex Wirkung bestimmen, daß die Ausshlagung nah dem Ablauf der Frijt ausgeschlossen ist. Die Frist soll nur auf den An- trag cines Betheiligten, welchem der Wegfall des Erben zu statten kommen würde, oder cines Nachlaßgläubigers bestimmt wen

Die Mehrheit entschied sih jedoch gegen die Aufnahme des Zusazes. / :

Der § 2033, welcher die Regel ausspricht, daß die Erb- schaft niht vor Beginn der Ausshlagungsfrist angenommen oder ausgeschlagen werden kann, wurde gestrihen. Dagegen

elangte der § 2034, welher den Beginn der “p Fblagungsfrist für den Fall besonders bestimmt, wenn ein Pflichttheilsberehtigter als Erbe beschränkt oder hbe- shwert oder mit einem Pflichttheilsanspruhe belastet ist, mit den aus den Beschlüssen zu § 1981 sich ergebenden Aenderungen zur Annahme. Auch die Vorschriften der d 2035 bis 2037 über die Annahme oder Aus-

lagung der Erbschaft unter einer D oder Zeitbestimmung fowie über die Beschränkung der Annahme oder Ausshlagung auf einen Theil der Erbschaft oder auf einen von mehreren dem Erben angefallenen Erbtheilen wurden im wesentlichen gebilligt. Der § 2038 Abs. 1, 2 entscheidet die Frage, ob der Erbe, wenn er aus verschiedenen Be- rufungsgründen berufen is, die Erbschaft aus dem einen Berufungsgrund ausshlagen, aus dem anderen annehmen kann. Gegen den sahlichen Jnhalt dieser Bestimmungen erhob sih kein Widerspruch. Nach dem § 2038 Abs. 3 Say 1 kann der Erbe, welcher in Gemäßheit der Abs. 1, 2 zur An- nahme der Erbschaft aus einem weiteren Berufungsgrunde be- rechtigt ist, die Ausfchlagung für alle Berufungsgründe mittels einer und derselben Erklärung aussprehen. Man war ein- verstanden, daß diese Vorschrift infolge der Streichung des S 2033 entbehrlih geworden und deshalb ebenfalls zu streichen ei. Die Auslegungsregel des § 2038 Abs. 3 Saz 2, derzufolge die Ausshlaaung im Zweifel auf alle Be- rufungsgründe zu beziehen ift, D durch die Aus- legungsregel erseßt werden, daß die Ausschlagung wie die Annahme sich im Zweifel auf alle Be- rufungsgründe bezieht, die dem Ausschlagenden oder An- nehmenden zur Zeit der Ausshlagung oder Annahme bekannt waren. Die Vorschrift des § 2039, daß die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft un1widerruflih is, erfuhr keinen Widerspruch. :

Der S 2040 regelt die Anfechtung der Ausshlagung wegen Willensmängel. Abgeschen von dem im Abs. 1 berüsichtigten besonderen Falle, wenn einem Pflichttheils- berechtigten, der die Erbschaft wegen einer ihm auferlegten Beschränkung oder Beshwerung ausgeschlagen hat, der Wegfall derselben zur Zeit der Ausshlagung nicht bekannt war, läßt der Entwurf eine Anfechtung der Ausshlagung wegen Jrrthums nicht zu. Vom Standpunkt des Entwurfs konnte insbesondere eine Anfechtung wegen sogenannten wesent- lihen Jrrthums nicht in rage kommen, da ein solcher Jrrthum die Nichtigkeit der Erklärung zur Folge hatte N 98, 99 des Entw. T). Nach dem Entwurf zweiter Lesung 94 des Entw. 11) begründet dagegen der sogenannte wesentliche Jrrthum nur Anfechtbarkeit der Willenserklärung. Man war einverstanden, daß bei dieser Sachlage im § 2040 auch- dic Anfechtung der Ausschlagung wegen eines im Sinne des S 94 des Entwurfs zweiter Lesung wesentlihen Jrrthums zu berüsichtigen sei. Jm übrigen wurden die Vorschriften des S 2040 sahlih gebilligt. Abs. 2 erhielt jedoch den Zusag, As ne Muna der Ausshlagung als Annahme der Erb-

aft gilt.

Nach dem § 2041 muß die Anfechtung der An- nahme der Erbschaft E Drohung oder Betrugs gegen- über dem Nachlaßgericht in Verbindung mit der Ausschlagung in der für diese bestimmten Frist und Yorm erfolgen. Gegen den sahlihen Jnhalt des Z 2041 erhob sih kein Widerspruch. Entsprechend dem Beschluß zu § 2040, soll aber die Anfehtung wegen wesentlihen Jrrthums hier gleichfalls zugelassen werden. Ferner wurde beschlossen, gegenüber der Annahme der Erb- schaft abweichend von dem Entwurf ein Anfehtungsreht auch dann zu gewähren, wenn die Versäumung der Ausschlagungs- frist durch Drohung oder Beirug E worden ist.

Der § 2042 bestimmt die Wirkungen der Aus- \chlagung. Die betreffenden Vorschriften wurden nicht bc- anstandet. Auch die §8 2043, 2044, nah welchen, falls der Erbe unter elterliher Gewalt oder unter Vor- mundschaft steht, regelmäßig zur Ausshlagung der Erb- schaft die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderli sein soll, fanden die Zustimmung der Komuission. |

Jm Anschluß an die Vorschriften des Entwurfs über die Annahme und Ausschlagung der Erbschaft, war von einer vg beantragt, im Art. 13 des Entwurfs des Einführungs-

ejeßes : G 1) dem § 5 der Konkursordnung als Abs. 3 hinzu- zufügen :

„Die Annahme oder Ausschlagung einer vor der Eröffnung des Verfahrens dem Gemeinschuldner angefallenen Erbschaft: sowie eines vor diesem Zeitpunkte dem Gemeinschuldner an- gefallenen Vermächtnisses steht nur dem Gemeinschuldner zu.“

2) der Nr. 2 des § 122 der Konkursordnung folgende Fassung zu geben: i

„2) wenn Darlehen aufgenommen, fremde Verbindlich- keiten übernommen, zur Masse gehörende Gegenstände ver- pfändet oder Grundstücke erstanden werden sollen.“

Diese Anträge wurden angenommen.

Die Berathung wandte sich sodann den Vorschriften über die Erbunwürdigkeit (§8 2045 bis 2050) zu.

Der § 2045 führt unter vier Nummern die einzelnen Erb- unwürdigkeitsgründe auf. Nah der Nr. 1 ist erb- unwürdig, wer aus Vorsaß durch eine widerrechtlihe Handlung den Erblasser getödtct oder bis zu dessen Tode in einen Zu- stand verseßt hat, durch welchen der Erblasser zur Errichtung einer leßtwilligen Verfügung unfähig wurde. Es wurde be \{lossen, die Nr. 1 dahin zu ändern, daß erbunwürdig ift, wer vorsäßglich und widerrehtlich den Erblasser E, oder zu tödten versucht hat. Einem Antrage, die Erbunwürdig- keit auch auf den Fall auszudehnen, wenn der Erbe wegen eines gegen den Erblasser begangenen Verbrechens zu Zuchthausstrase verurtheilt worden ist, wurde keine Folge ge- geben. Gegen die Nr. 2: „wer aus Vorsaß durch eine wider- rehtliche Handlung den Erblasser an der Errichtung oder Auf- hebung einer Verfügung von Todeswegen gehindert hat; erhob sich kein Widerspruh. Jn der Nr. 3: „wer den Erb- lasser widerrehtlich durch Drohung oder Betrug zu einer

Verfügung von , Todeswegen bestimmt hat;“ sollen die Worte: „zu eiyer Verfügung von Todeswegen“ durch die Worte ersezt werden: „zur Ecrihtung oder Auf- hebung einer Verfügung von Todeswegen“. Die Nr. 4: „wer in Ansehung einer Verfügung des Erblassers von Todes- wegen einer nah den Vorschriften der §8 267 bis 274 des Strafgeseßbuchs strafbaren Handlung sih shuldig-gemacht hat ;“ wurde nit beanstandet. Als Ergänzung wurde dem § 2045 die Bestimmung beigefügt, daß die Erbunwürdigkeit nit ein- tritt, wenn der Erblasser cine andere Verfügung von Todes- wegen getroffen hat, durch welche die aufgehobene Verfügung unwirksam geworden sein würde, oder wenn er die R R E v Pt deren die strafbare Handlung begangen is, auf- ehoben hat.

E Die Vorschriften der §8 2046, 2047 über die Geltend- machung der Erbunwürdigkeit durch Anfechtung ge- langten in der Hauptsache nah dem Entwurf zur Annahme. Der Abf. 3 des H 2046, demzufolge derjenige anfehtungs- berechtigt ist, welcher Erbe sein würde, wenn der Erbunwürdige den Erblasser niht überlebt hat, soll jedoch durch folgende Vorschrift ersezt werden: „Anfechtungsberechtigt ist jeder, dem das Wegfallen des Erbunwürdigen, sei es auch nur mittelbar, zu statten kommt“

Der § 2048 Abs. 1, welcher die Wirkungen der Anfecht ung regelt, wurde nicht beanstandet. Dagegen ent- [s sih die Mehrheit dafür, die Vorschrift des Abs. 2, daß er Anfechtende die Erbschaft niht ausshlagen könne, zu

ragen. i

Nach dem § 2049 is für den Erbunwürdigen ein Pflichttheilsanspruch kraft des Geseßes ausge- \chlossen. Man war einverstanden, statt dessen zu be- ftimmen, daß, wenn die Vorausseßungen vorliegen, unter welchen der Pflichttheilsberehtigte erbunwürdig sein würde, der Pflichttheilsanspruh anfehtbar ist, auf die Geltend- machung der Anfehtung aber die für die Anfechtung leßtwilliger Verfügungen beschlossenen Vorschriften der SS 1785, 1787a Anwendung finden sollen.

Gegen den § 2050, wonach die Anfechtung wegen Erb- unwürdigkeit durch Verzeihung des Erblassers ausgeschlossen wird, erhob sih kein Widerspruch.

__ Die S8 2051 bis 2057 enthalten Bestimmungen über die Wirkungen des Erbschafts erwerbes. « __Dœ un S 2061 Sab 1 ausgesprohene Grundsaß, daß die zum Vermögen des Erblassers gehörenden Rechte und die vermögensrechtlichen Verbindlichkeiten des Erblassers kraft des Geseßes auf den Erben übergehen, fand sachlih die Zustim- mung der Kommission. Der Prüfung der Redafktions- kommission blieb indessen vorbehalten, ob der Grundsaß mit Rücksicht auf andere Vorschriften des Entwurfs überhaupt eines besonderen Ausdrucks bedürfe. Die Berathung des S 2051 Saß 2, welcher das Nechtsverhältniß der Mit- erben zur Erbschaft betrifft, wurde einstweilen ausgeseßt.

Der S 2052 entscheidet die Frage der Vererblichkeit des Besißes an den zur Erbschaft gehörenden Sachen t daß der Besiß nicht kraft des Geseßes auf den Erben über- geht. Von diesem Grundsay machen aber die §8 2053, 2054 in Ansehung der Besißklagen weittragende Ausnahmen. Die Mehrheit entschied sih dafür, die 39 2052 bis 2054 zu streichen und statt derselben als § 779a zu bestimmen:

4 „Der Besiß geht auf den Erben über.“

__ Der Ober-Hofmeister Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin, Freiherr von Mirbach hat sih durch einen Sturz von der Treppe beide Füße verstauht und wird voraussichtlich längere Zeit zu Bett zubringen müssen.

Der Königliche Gesandte in Karlsruhe, Wirkliche Geheime Rath von Eisendecher hat einen ihm Allerhöchst bewilligten kurzen Urlaub angetreten.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Landes-Direktor des Fürstenthums Waldeck und Pyrmont von Saldern ist hier angekommen.

_ Der Regierungs-Assessor Zoberbier in Merseburg ist der Königlichen Regierung zu Posen zur dienstlihen Verwendung überwiesen worden.

Württemberg.

__ Seine Majestät der König ist, wie der „Staatsanzeiger für Württemberg“ meldet, heute früh 9 Uhr 47 Minuten nach Berlin abgereist, um Seiner Majestät dem Kaiser die Glückwünsche zum Geburtstage persönlih auszusprehen. Mit Seiner Majestät hat sich auch Seine Durchlaucht der Fürst zu Waldeck und Pyrmont nah Berlin begeben.

Hessen.

__ Die Zweite Kammer lehnte gestern mit 29 gegen 16 Stimmen den Geseßentwurf über die Organisation des Forstshußes ab und nahm den Antrag auf Revision des atholishen Ordensgeseßes gegen 14 Stimmen an; ferner bewilligte die Kammer mit allen gegen 7 Stimmen die oche Dotation für die Prinzessin Alix, ebige Kaiserin von Rußland, anläßlich ihrer Vermählung, im Betrage von 34286 #4 Die Abgg. Osann und Ge- nossen brachten einen Antrag ein, welcher die Neuorgani- sation der höheren hessishen Staatsbehörden be- weckt. Jn ihrer heutigen Sißung bewilligte die Kammer ohne Debatte die Forderung für den Bau einer Eisenbahnbrücke über den Rhein bei Worms.

Sachsen-Coburg-Gotha.

Seine Königliche Hoheit der Herzog hat sih gestern zur Theilnahme an der Geburtstagsfeier Seiner Majestät des Kaisers nah Berlin begeben und wird am 28. d. M. nach Gotha zurückfehren.

Oesterreich-Ungaru.

Dem gestrigen Festessen der deutschen Kolonie anläßli des bevorstehenden R ibtaés Seiner Majestät Ver Deutschen Kaisers wohnten der deutsche Botschafter Graf zu Eulenburg, das Personal der deutschen Botschaft und

Trinkspruh aus, worin er bat, das erste Glas zu leeren auf das Wohl desjenigen, dessen Weisheit, dessen Güte die Angehörigen des Deutshen Reichs verdankten, daß sie in diesem shönen Lande in Frieden die Güter genießen könnten, die sie 1hr eigen nennten. „Der erhabene Bundesgenosse des Deutschen Kaisers und des Deutschen Volkes, Seine Majestät der O Sn GeDE lebe hoh!“ Nachdem die Be und die Volkshymne verklungen waren, brahte der Vorstand des reihsdeutschen Vereins „Niederwald“ Oertel cinen Toast aus, worin er die innigsten Segenswünsche für Seine Majestät den Deutshen Kaiser aussprah und hinzu- fügte: „Möge das Wirken Seiner Majestät für die Größe, Freiheit und Wohlfahrt des geliebten Vater- landes von glücklihem Erfolge gekrönt sein, möge ihm auch ferner gelingen, mit dem erlauhten Herrscher Oesterreih-Ungarns die starke Bürgschaft eines dauernden Friedens in Europa zu erhalten!“ Oertel {loß: „Gott shügße, Gott erhalte Kaiser Wilhelm T1. und sein blühendes Kaiserliches Pa Seine Majestät der Kaiser Wilhelm lebe hoch!“

ie Versammlung stimmte jubelnd in die Hochrufe ein. Es wurde die deutsche Nationalhymne angestimmt und fodann ein Huldigungstelegramm an Seine Majestät den Deutschen Kaiser abgesendet.

Zu Ehren des Kommandanten und der Offiziere des vorgestern eingetroffenen deutshen Schulschiffes „Stein“ fand gestern in Triest bei dem deutschen General-Konsul ein Diner statt, woran der Statthalter mit seiner Gemahlin, der Kontre-Admiral Graf Casini, sowie die Spißen der Zivil- und Marinebehörden und zahlreiche hervorragende Persönlich- keiten theilnahmen. :

Der ungarische Minister - Präsident Baron Banffy und der inanz-Minister von Lukacs trafen heute in Wien ein und statteten dem Minister-Präsidenten Fürsten Windischgräßt, dem Grafen Käálnoky und den übrigen Ministern Besuche ab. Baron Banffy wird morgen von dem Kaiser empfangen werden und sih am Montag den Mitgliedern des Kaiserlichen Hauses vorstellen.

Die „Politishe Korrespondenz“ erklärt die Washingtoner Meldung, der österreichish-ungarishe Gesandte habe der Unionsregierung Retorsionsmaßregeln in Aussicht gestellt, falls die Herabsezung der amerikanischen Zuckerzölle niht bald erfolgen werde (siehe Nr. 18 d. Bl.), für niht zutreffend. Der Gesandte sei nur beaustragt worden, sih den Schritten der Vertreter jener Mächte anzu- schließen, die in der gleichen Lage wie Oesterreich-Ungarn seien, und gegen die Bestimmung, daß der Zucker von Staaten, die Exportprämien gewährten, mit einem Zollzushlag von 1/10 Cent pro Pfund belegt werden solle, als den österreichis{h- amerifanischen Vereinbarungen von 1892 widersprehend, Ver- wahrung einzulegen. Zugleich wird die Erwartung ausgesprochen, daß die Unionsfstaaten Abstand davon nehmen würden, dem österreichisch-ungarischen Zucker cine paritätishe Behandlung mit den Produkten der meistbegünjtigten Länder zu ver- sagen, da bei fortdauernder differentieller Behandlung sich auch Vesterreih-:Ungarn betreffs der nordamerikfanishen Produkte freie Hand wahren müsse. Die Meldung, daß Oesterreich- Ungarn in dieser Angelegenheit weitergegangen sei als die übrigen Mächte und Wiedervergeltungsmaßregeln angedroht habe, ist daher, wie die „Politische Korrespondenz“ sagt, voll- kommen unbegründet.

__ Die Kommission dcs böhmischen Landtags hat die Regierungsvorlage über die Einreihung Weelsdorfs in die Landtagswahlordnung mit allen gegen die Stimmen der Jungczehen angenommen. Jm Laufe der Debatte griffen die Zungczehen Pacak und Dvorak die Deutschen sowie den Großgrundbesis an und warfen ihnen vor, daß sie die Reaktion förderten. Die Altezehen ver- liegen den Saal mit der Erklärung, in dieser Angelegenheit niht mitberathen zu wollen. Die Redner der Deutschen, Funke und Langer, wiesen die Angriffe auf die Koalition Tit der Referent Graf Zedtwiß s{chloß sich diesen Aus- ührungen an.

Der Triestiner Landtag beschloß gestern einstimmig, an die Regierung und den Reichsrath eine Petition zu richten, worin verlangt wird, die Führung der Standesregister den Seelsorgern abzunehmen und staatlihen oder Gemeinde- behörden zu übertragen. Der Vertreter der Regierung wies demgegenüber auf die geseßlich genügend vorge- sehene Kontrole der Matrifkelführung und auf die höhere Bil- dung der Seelsorger als Vorsteher kleiner Gemeinden hin, trat jedoch dem Antrage formell nicht entgegen.

Der ungarische Minister - Präsident Baron Banffy hat sih gestern Abend nah Wien begeben, :

Großbritannien und Frlaud.

__ Der Staatssekretär der Kolonien Marquis Ripon hielt gestern in Blackburn eine Rede, worin er erklärte, Homerule nehme auch jeßt noch den ersten Plaß in der liberalen Politik ein. Es sei aber unnüg, jeßt daran u denken, da man wisse, daß die Maßregel von vorn- erein vom Oberhause verurtheilt sei. Die Regierung werde an das Land appellieren, das zu entscheiden haben werde, welches Haus die Kontrole über die Gesezgebung ausüben solle. Die Entscheidung des Volks werde von der Regierung respektiert werden.

Oberst Welby und zwei andere Offiziere des Regiments „Royal Scots Greys“ begeben sih heut über Berlin nach St. Petersburg, um den Kaiser Nikolaus, den Chef des Regiments, zu begrüßen.

Frankreich.

Ribot hat sich gestern Vormittag mit Brisson besprochen. Am Nachmittag berieth sich Ribot mit Challemel-Lac our, Méline und Poincaré. Mit Bourgeois kam Ribot noch nicht zusammen. Gestern Abend fand bei Ribot eine Zu- Vau statt, die sich bis nah 1 Uhr Morgens aus- ehnte. Es n sicher, daß Ribot die Finanzen mit der Präsidentschaft übernehmen werde; Ribot wird heute seine Unterhandlungen fortseßen. Die beiden radikalen Gruppen der Deputirten- kammer hielten gestern Nachmittag eine Sißung ab, worin sie beschlossen, jedes radikale Kabinet zu M 4:8 André de Trémontel, der frühere Präfekt von Korsika und Vorstand des zahlungsunfähig gewordenen Spar- vereins, ist wegen Betrugs verhaftet worden.

Ruf:land,

__ Der Chef des transkaspishen Gebiets Kuropatkin hat, wie „W. T. B.“ meldet, vorgestern St. Petersburg mit dem Auftrage verlassen, dem Schah die Thronbesteigung des

die Vertreter der Bundesstaaten, im ganzen etwa 150 Per- sonen bei. Der Botschafter Graf zu Eulen burg brachte einen

Kaisers bekannt zu geben.

._ Der Chef des Generalstabs, General Obrutschew ift plöglih an einem Augenleiden erkrankt. Dem „Grashdanin“ zufolge flößte sein Zustand einige Besorgniß ein, do ist nah den lezten Mittheilungen eine Besserung eingetreten.

Ein Kaiserlicher Ukas ordnet an, daß aus der Reichs- Rentei jährlich 50000 Rbl. für hilfsbedürftige Gelehrte, Literaten und Publizisten anzuweisen seien, theils zu einmaligen Unterstüßungen, theils zu lebenslänglihen Pensionen. Der Minister für Volksauffklärung, der Finanz - Minister und der Präsident der Akademie der Wissenschaften sind mit der Aus- arbeitung der näheren Bestimmungen betraut worden.

Der landwirthschaftlihe Konseil berieth gestern unter dem Vorsiß des Ackerbau-Ministers die «Frage der landwirthshaftlihen Bildung und nahm die folgende Resolution an: Der Konseil glaubt, daß die Volks- shule als eine der wichtigsten Pflanzstätten der land- wirthschaftlichen Aufklärung dienen fkann, jedoeh nicht, indem sie theoretishe Unterweisun über die Land- wirthschaft in ihr ia irg aufnimmt, adera durch lebendige und praktische Thätigkeit des Lehrers als eines unterrichteten Landwirths. Es ist daher nothwendig, dafür Sorge zu tragen, daß jede Schule die erforderliche Landparzelle und die Mittel für eine selbständige Lehrwirthschaft erhält.

Jtalien.

Die „Riforma“ erklärt übertriebenen Gerüchten ge enüber, daß die Zahl der nah Afrika gehenden Erinne 2000 nicht erreihe. Die Sendung diene größtentheils zum Ersatz beurlaubter Mannschaften, sowie der kleinen, in den leßten Kämpfen erlittenen Verluste.

Spanien.

In der gestrigen afen der Deputirtenkammer be- antragte der Abg. Velajeo, die Einfuhr ausländischen Ge- treides zu untersagen, bis die Getreidefrage endgültig ent- schieden sein werde. Der Finanz-Minister erwiderte, die Gesege erlaubten dieses Verbot nicht. Schweiz.

_ Der Ausschuß des Nationalraths zur Prüfung der finanziellen Lage der Eidgenossenschaft beantragt einige Er- sparnisse im Militär-Departement durch Verkürzung einzelner Kure, ferner die Festsegung eines jährlichen Maximums der Aus- gaben für die Förderung der Kunst und des Landes-Museums, für die Erbauunz von Wildbahnen, für Korrektionen, Straßen- bauten und Hochbauten, für Aufforstungen 2c., sowie die Er- höhung der von den Versicherungsgesellschaften zu entrichtenden Prämien auf 11/2 Proz. Außerdem soll der Bundesrath die Frage der Gebührenerhöhung für Eisenbahnkonzessionen prüfen.

Die \chweizerishen Zolleinnahmen des Jahres 1894 beliefen sich auf 41 200 000 Fr., d. i. eine Mehreinnahme von 4 200 000 Fr. gegenüber dem Voranschlag und von 2 822 000 Fr. gegen das Vorjahr.

Velgien.

In der gestrigen Sizung der Repräsentantenkammer entspann fich, dem „W. T. B.“ zufolge, eine lebhafte Dis- kussion über die sozialen Fragen. Der katholishe Depu- tirte Eemann, der den sozialistischen Deputirten Anseele unterbrah, wurde von dem Präsidenten de Lantsheere zur Ordnung gerufen. Als Eemann darauf Anseele einen Toll- häusler nannte, wurde er zum zweiten Male zur Ordnung ge- rufen. Hierauf wurde an die Kammer appelliert, ob Eemann ermächtigt werden folle, sih über die Angelegenheit auszu- sprehen. Der Präsident bekämpfte diese Ermächtigung. Als jedoch die gesammte Rechte sih erhob, um dafür zu stimmen, daß Eemann sih aussprechen jolle, verließ de Lantsheere jeinen Siß und legte sein Amt als Präsident nieder, troßdem ihn viele Deputirte dringend baten zu bleiben. Unter lebhafter Bewegung wurde die Sißzung aufgehoben.

Griechenland.

Das gestern erschienene amtliche Blatt veröffentlicht cin Dekret, dur welches die Kammer auf 40 Tage vertagt wird. Die Auflösung wird dem „W. T. B.“ zufolge wahrscheinlich vor Ablauf dieses Zeitraumes angeordnet werden.

Serbien.

Der König Alexander ist gestern Abend nah Paris abgereist. Eine gestern veröffentlihte Proklamation des Königs betraut den Ministerrath mit der Regentschaft.

DieErnennung des Gencrals Pantelic zum Gesandten in Berlin ist nunmehr vollzogen. Der Gesandte in Bukarest Mijatowic geht in gleicher Eigenschaft nah London und wird dur den Ersten Sekretär des Auswärtigen Amts Kosta Ristic ersezt. Der frühere Handels-Minister Lazár Jova- norwic ist zum General-Konsul in Saloniki ernannt worden.

Bulgarien.

Die „Agence Balcanique“ bestreitet, daß in der ein- geborenen Bevölkerung sih Unzufriedenyeit gegen die Accise bemerkbar mache; nur einige Ausländer hätten auf das Gerücht von einer bevorstehenden Einsprache der Großmächte hin Schwierigkeiten gemaht. Man halte übrigens an der Hoffnung fest, daß es der Regierung gelingen werde, die Schwierigkeiten mit Oesterreih-Ungarn beizulegen.

Amerika,

Nach einer Meldung des „W. T. B. aus Washington glaube man dort, die Regierung werde demnächst im Kon- greß eine Vorlage einbringen, durch welche sie zur Aus- gabe von 500 Millionen dreiprozentiger Obliga- tionen ermächtigt werde.

Die Repräsentantenkammer hat ein Gesez ange- nommen, worin die Zurückziehung und Tilgung der Goldzertififate genehmigt wird. Diese Zertifikate werden vom 1. Juni ab von den Zollbehörden zurückgewiesen werden.

Der Senat hat ein Gesez über den Kanal von Ni- caragua angenommen.

Das „Neuter'she Bureau“ meldet aus Buenos Aires, der Finanz-Minister der Provinz Buenos Aires habe gestern eine Besprehung mit dem nationalen Finanz- Minister Romero in der Angelegenheit der Regelung der äußeren Schuld der Provinz Buenos Aires auf der Basis der Uebertragung der Arbeiten an dem Hafen von La Plata an die Nationalregierung gehabt.

Asien. Aus Yokohama berichtet das „Reuter\{e Bureau“, eine amtlihe Depesche des Generals Nor besage, die Chinesen hätten die Japaner am 17. d. M. bei Haitcheng angegriffen. Achttausend Mann unter General Chang hätten

dem reten, sechstausend Mann unter General Vini dem