1895 / 25 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 28 Jan 1895 18:00:01 GMT) scan diff

(Columbia) ein Aufstand MLECANEN und im ganzen Lande das Standrecht proklamiert worden sei. Bogota sei in Be- lagerungszustand erklärt worden, da das Andringen der Aufftändishen befürchtet werde. Jn der Provinz Tolima herrshe gleihfalls Aufruhr. Der Präsident von Co- lumbia habe erklärt, daß die Ordnung in einigen Tagen wiederhergestellt sein werde.

Asien.

Aus No a ms meldet das „Reuter'she Bureau“, vom General Nodzu sei ein telegraphisher Bericht über „die Einzelheiten der Schlacht bei Haitsheng am 22. Ja- nuar eingegangen. Die Chinesen seien danach aus der Richtung von Liau-jang gekommen und bis auf 600 m Entfernung gegen die Japaner vor- gerückt. Um 1 Uhr habe ein Theil der 5. Jnfanterie- Brigade und ein Bataillon des 19. Regiments sowie die Ar- tillexie den linken Flügel der Chinesen angegriffen. Diese, durch den Angriff überrascht, hätten die Flucht ergriffen. Nah Angaben von Gefangenen seien sie 20 000 Mann stark gewesen. Die Japaner hätten einen Todten und 26 Verwundete gehabt. Weiter berichte der General unter dem 26. d. M. aus Huntsai, daß etwa 8000 Mann Chinesen unter General Sung in der Nähe von Yingkow ständen. General Hsii halte Niutshwang beseht. Der Feind habe am 25. bei Haitsheng seinen Angriff erneuert, sei aber zurückgeworfen worden. i

Von gestern berichtet dasselbe Bureau, eine amtliche Depesche des Generals Nodzu melde: EinTartar Namens Lukor Ariskang sei von der Grenze Kirins, einer im östlihen Theile der Mand- burei gelegenen Provinz, in das Lager der 5. Division ge- fommen und habe von wilden Plünderungszügen der Chinesen berihtet. Gleichzeitig habe er die Dienste von 60 000 Mann für den Angriff auf Mukden angeboten, um an den Chinesen für deren Grausamkeiten Rache zu nehmen. Der Mann sei zuvorkommend aufgenommen worden; man habe ihm die Reisekosten erstattet, seine weiteren Dienste abgelehnt, indeffen ihn angewiesen, über die Stellung des Feindes zu berichten. Die Depesche füge hinzu, in Haitscheng seien mehrere Petitionen der Eingeborenen aus der Gegend von Diayang angekommen, in denen eine schleunige Beseßung des Landes dur die japanische Armee erbeten werde. Die Stärke der chinesishen Armee in der Nähe von Niutschwang werde auf 10 000 Mann angegeben. - E

Amilih wird aus Jung-Tschen-Ken gemeldet, die Landung der japanischen Truppen sei am Mittag des 22. Januar beendet gewesen; die Chinesen hätten nur geringen Widerstand geleistet. Am Nachmittag des 21. sei Kanonen- donner aus der Richtung von Wei-Hai-Wei vernommen und während der Naht von Vorposten das Aufblißen elektrischer Lichter aus derselben Gegend gemeldet wor- den. Die Genietruppen hätten begonnen, die Wege in Stand zu seßen, um die Bewegungen der Artillerie zu er- leihtern. Der Admiral Jto telegraphiere, die chinesischen Kriegsschiffe befänden fih noch im Hafen von Wei-Hai- Wei. Am 21. d. hätten die Kanonen der Forts und die feindlichen Torpedos das Feuer auf die japanishen Schiffe eröffnet, jedoch ohne Erfolg.

Afrika.

Der „Agenzia Stefani“ wird aus Tripolis gemeldet: Das britische Kriegs\chiff „Dolphin“ sei am 18. d. vor Tokra eingetroffen. Der Kommandant und mehrere Offiziere, welche gelandet gewesen seien, hätten wieder an Bord gehen müssen, weil die türfishe Garnison eine feindselige Pag

egen sie eingenommen habe. Nach Benghasi zurückgekehrt, Lebe der Schiffskommandant es durchgeseßt, daß der Gouverneur Weisungen habe ergehen lassen, dem Anlaufen Tokra’s durch den „Dolphin“ kein weiteres Hinderniß in den Weg zu legen. Gleichzeitig sei der Oberbefehlshaber der türkischen Truppenabtheilung in Tokra beauftragt worden, sein Verhalten zu entschuldigen.

“länders

Wie dem „Reuter schen Bureau“ aus Kapstadt vom 9. d. M. emeldet wird, seien die Mörder des Eng- ercy TChristie in Damaraland von den deutshen Behörden nah dreitägigem Prozeß bestraft worden; einer sei ershossen, die anderen mit Gefängnißstrafen belegt worden. Das prompte Verfahren der deutschen Behörden finde allgemeinen Beifall.

Handel und Gewerbe.

New-York, 26. Januar. (W. T. B.) Die Börfe eröffnete in träger Haltung; im weiteren Verlauf trat eine allgemeine Steige- rung ein; der luß war lustlos bei feften Kursen. Der Umsay der Aktien betrug 62000 Stück. i

Nah dem amtlichen Bericht betrug die Goldausfubßr, in der vergangenen Woche 7 220 000 Dollars. Heute wurden dem Schaß 75 000 Dollars Gold entnommen. Die Versicherer haben die Ver- ficherungsprämie für Gold ermäßigt und werder- in Zukunft die Liefe- rung im Auëland zu einem bestimmten Zeitpunkt garantieren. Die Ermäßigung macht für jede Million ungefähr 150 Dollars aus.

Weizen eröffnete in fester Haltung und stieg dann infolge großer Käufe und |trammer Kabelberichte; später trat auf Realisation und ungenügende Erportnachfrage, sowie infolge der großen Goldver- \hiffungen in der vergangenen Woche Abshwächung ein. Schluß shwach. Mais einige Zeit nach Eröffnung feigend, entsprechend der Festigkeit des Weizens, sväter Reaktion und Abschwächung. Schluß träge. i |

L renberiht. Baumwolle, New-York 51/16, do. New- Orleans 51/16, Petroleum matt, dos. New-York 5,80, do. Philadelph a 5,75, do. rohes 6,50 nom., do. Pipe line cert. p. Februar 100, Schmalz West. steam 6,85, do. Rohe & Brothers 7,10, Mais willig, do. p. Januar 483, do. p. Februar 49, do. p. Mai 49i, Weizen willig, rother Winterweizen 988, do. Weizen p. Januar 574, do. p. Februar 57}, do. p. Mârz 58, do. p. Mai 5883, Getreidefraht nach Liverpool 1, Kaffee fair Rio Nr. 7 16#, do. Rio Nr. 7 p. Februar 14,50, do. do. p. April 14,50, Mebl, Spring clears 2,30, Zudcker 211/16, Kupfer 10. Nachbörse: Weizen 2 C. niedriger. / Z

Der Werth der in der vergangenen Woche eingeführten Waaren betrug 10 398 087 Doll., davon für Stoffe 2 990 966 Doll.

Verkehrs-Anstalten.

Laut Telegramm aus Köln (Rhein) hat die zweite englishe Post über Ostende vom 26. Januar in Köln den Anschluß an - Zug 31 nach Berlin über Bs ta B nicht erreiht. Grund: Zugverspätung wegen Schneefalls in Belgien. Grund des Ausbleibens der gestrigen für Zug 3 fälligen zweiten Post von London war Schiffsverspätung und starker Schneefall in Belgien.

Triest. 26. Januar. (W. 4. D) Der „Vorwärts“ ist heute Nahwittag hier eingetroffen.

London, 26. Januar. (W. T. B.) Der Casiledampfer „Tantallon Castle“ is auf der Ausreise heute von London abgegangen. Der Uniondampfer „Gaul“ ift heute auf der Heim- reife in Southampton angekommen.

Theater und Musik.

Im Königlichen Opernhause wird morgen W. A. Mozart's „Zauberflöte“ unter Kapellmeister Weingartner?s Leitung mit folgender Beseßung gegeben: Sarastro: Herr Mödlinger, Tamino: Herr Sommer, Königin der Naht: Frau Herzog, Pamina: Fräulein Hiedler, Papageno; Herr Krolop, Monostatos: Herr Lieban, Papagena: Fräulein Dietrih, Sprecher: Herr Bet, Priester :

rren Fränkel, Philipp, Drei Damen: Fräulein Kopfka,

othauser, Frau Lammert, Drei Genien: Damen Weiß, Deppe, Goeße. Richard Wagner's „Tristan und Isolde“ gelangt am Donnerstag, 31. d. M., mit Frau Sucher als Isolde und Herrn Gudehus als Tristan zur Aufführung. Kapellmeister Dr. Muck dirigiert.

Im Königlicheñ Swauspieldaufe geht morgen das Lustspiel „Wie die Alten sungen“ in Scene. Frau von Jage- mann-Baumeifter vom Königlichen Theater in Hannover gastiert als Hanne. S

Das Programm des Konzerts, welches die Violinvirtuosin Fräulein Irene von Brennerberg morgen unter Mitwirkung der Konzertsängerin Fräulein Jenny Roîa im Saal Bechstein ver-

Lloyddampfer

anstaltet, bringt von Geigenkompositionen das V1. g von Spohr, das Adagio und Rondo von Vieuxtenteh Rôverie von und Sielanka von Wieniawsfky, lein Rosa Olipyka wird in ihrem zweiten Konzert (Sing, kademie) am Mittwoch unter anderen die altitalienishen Gesänge „Quella fiamma“ von Marcello und „Tre giorni son chs Ning“ von Pergolese, Beethoven's „In questa tomba“, „Gottes Zeit“ von Bach, Lieder von Schubert, Schumann, Franz, eine Arie aus St. Saëns' „Samson und Dalila“ m Vortrag bringen. Der Cello, Virtuose Hugo S{lemüller aus Leivzig übernimmt die Mitwirku mit St. Saëns’ Gellokonzert in A-moll, einem Adagio von Popyer, einem Rondo von Boccherini und einer eigenen Komposition.

e Mannigfaltiges.

Das Ballfest des Vereins „Berliner Prefse* hat vor- geftern Abend in der Philharmonie ftattgefunden und, wie in früheren Jahren, einen glanzvollen Verlauf genommen. Die prachtvoll ge, \hmüdckten Festräume waren von den Ghrengästen und Mitgliedern des Vereins dicht gefüllt. Gegen 105 Uhr ersien der Reichskanzler

ürst zu Hohenlohe, begleitet von seinem Sobn, dem Prinzen Alexander zu L beutile und seinem Adjutanten, dem Hauptmann Grafen von Schönborn. Der Reichskanzler wurde von dem Vorfißenden des Vereins, Kammer- gerihtës-Rath Wichert empfangen und in den Saal geleitet. Nach einem furzen Rundgang durch den Saal nahm der Reichskanzler in der für ihn reservierten Loge Plat. Unter den Ghrengästen des Vereins befanden sich ferner: der Minifter des Königlichen Hauses von Wedel, der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats-Minister Freiherr von Marschall, der Unter - Staatssekretär im Autwärtigen Amt Dr. von Rotenhan, der Großherzoglih badishe Gefandte Dr. von Jagemann, der Herzoglich braunshweigishe Gesandte Freiherr von Cranmm - Burgdorf, der General-Arzt Dr. Grasnick, der Rektor der Universität, Professor Dr. Pfleiderer und zahlreihe hervor- ragende Vertreter ‘\ämmtliher Berliner Bühnen. Der gegen 10 Uhr begonnene lebhafte Tanz wurde um 12 Uhr auf furze Zeit unterbrohen. Das Musikkorps des Garde - Kürassier - Regiments nahm auf dem Podium Aufstellung und erregte durch eine \hmetternde Fanfare die Aufmerksamkeit der Besucher, die an- geregt durch_ Herrn Georg Schweißer fih zu einem begeisterten Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König vereinigten, Allerhöchstdessen Geburtstag fsoeben angebrohen war. Gleih- zeitig erglühten Hunderte von elektrischen Lämpcben, während ein Scheinwerfer von der Galerie her die Scene magish beleuchtete. Nachdem fodann die Nationalhymne verklungen, wurde in der üblihen Weise - die Damenspende vertheilt, die diesmal in einem hôchft geschmackvoll, elfenbeinartig mit Goldschnitt gebundenen Büchlein bestand, das poetische Beiträge der hervorragendften Dichter der Gegenwart enthält und mit trefflihen Jllustrationen reih gcs schmüdckt ist. s L

Potsdam, 26. Januar. Dem Magistrat und den Stadt- verordneten ist nahfolgendes Allerhöchste Dankschreiben Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin zugegangen :

„Ich sprehe dem Magistrat und den Stadtverordneten der Residenzstadt Potédam Meinen aufri@tigen Dank für die Mir zum Neuen Jahr dargebrachten herzlichen Segenswünsche aus. Mit Freude und Genugthuung baben den Kaiser und Mich im vergaugenen Jahr die Fortschritte erfüllt, welchWe Potsdam auf kirchlidem Gebiet dur Inangriffnahme des Neubaues einer Kirche, eines Gemeindehaufes und eines Pfarrhauses in der Brandenburger Vorftadt gemacht hat. Die Segnungen des Christenthums und die opferbereite Bethätigung desfelben müssen mehr als bisher in akle Kreise des Volks bineingetragen werden ; denn nur durch angestrengte und gemeinsame Liebesarbeit und durch willige Dankesopfer aller Treugesinnten wird man den Gefahren unserer Zeit wirksam enigegentreten und die mannigfachen Schäden heilen können. In diesem Sinne hoffe Ich, daß die städtischen Behörden und die Einwohner Potédams auch in dem neuen Jahre weiterstreben und wirken und ih an allen Arbeiten, welche unser Herr und Heiland zur Ausbreitung des Wortes Gottes und zur Bewahrung der Nächstenliebe von uns fordert, gern betheiligen werden.

Berlin, den 18. Januar 1895. : :

Auguste Victoría. L R.°

Dresden, 28. Januar. Auf besondere Anordnung Seiner Majestät des Königs findet heute zur Feier des Geburtstags Seiner Majestät des Kaisers und Königs im Königlihen Hoftheater eine unentgeltliche Vorstellung für Kinder statt. Zur Aufführung foll Humperdinck's „Hänsel und Gretel“ gelangen.

(Fortsezung des Nichtamtlichen in der Ersten, Zweiten E und Dritten Beilage.)

R ti od R TE T D T T E S S6 R E U Ei B R I E E: C U E E R E B C EO R N E E D L O R E E PE S E I I E E E S B I I I I E P R: [o G E U T B 5E E S8 S; S I 2A E G Ei F E i BEE R F L L E Lk S E S B A GEE B

iht vom 28. Januar, Morgens.

Wetter

go 2“

307 Grad.

reih fowie arößtentbeils in England und Schottland herrscht Frostwetter. aranda Fortdauer wahrscheinli.

Harparanda meldet Minus

Deutsche Seewarte. Dienstag :

Metter. | | O | 3'heiter 764 4\wolfig 758 |D' 1iwolkig (02 f lbeiter 762 | fill bededt F 761 | ftill beiter

t. Petersbg 762 |ND e Mea, l 51 [D2 3|Schnee Cork, Quéens-

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Bar. auf 0 Gr. || in ° Celsius

u, d. Meeressp red. in Millim. “Temperatur 99G. =49%N.

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Brandt.

768 |N9 3lheiter 0 761 |NN halb bed. E 762 wolkenlos —7 760 wolkenlos | —8 108 [Nebel |—12 Swinemünde | 761 2wolkig —8 Neufabrwaffer! 761 [wolkig —10 M... 1: 702_ 4 92 Mone iter. e U 001 Karlsruhe . . | 761 Wiesbaden . | 762 München . . | 758 Ghemniy .. | 762 i. l TOL

mann. Grube. Mittwoch:

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Wien .…..| 7599 |[VWANW 2bedeit | —1

Breslau …. | 760 |NNW lbededt A Ge ai

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Nizza .... | 751 |NNO 2Schnee —1

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Nebersiht der Witterung.

Auf dem ganzen Gebiete is der Luftdruck ge- stiegen, stark über Nordwest-Europa, fodaß die Witterung einen mehr beständigen Charakter ange- nommen dat. Ein Hochèruckgebiet liegt westlich von Irland, flache Depressionen über Skandinavien und jenseits der Alyen. In Deutschland if das Wetter rubig, falt, trübe und vielfa nebelig; ftellenweise ist ctwas Schnee gefallen; überall herrsht strenge Kälte, am fälteften ift es in der Pfalz, wo die Temperatur zu Kaiserslautern um 20 Gr. unter dem Gefrierrunkt liegt. In fast ganz Franfk-

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Prolog.

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Abtbeilung :

paguon. Mittwo

E i R B S BEEIR L E R E E L I R 5 B E 7 M ge Theater-Anzeigen,

Königliche Schauspiele. Dienstag: Opern- haus. 26. Vorftellung. in 2 Akten von Wolfgan Dichtung nach Karl Ludwig C Schikaneder. In Scene geseßt vom Ober-Regifieur Tetzlaff. Dekorative Einrichtung vom Ober-Inspektor Dirigent : Anfang 7+ Ubr.

Schauspielhaus. Iu i sungen. Lustspiel in 4 A von Karl Nie- In Scene geseßt vom Anfang Uhr. H

Opernhaus. 27. Vorstellung. Ca- valleria rusticana. (Bauern-Ehre.) Over in 1 Rufzug von Pietro Mascagni. Tert na dem gleichnamigen Voltsftück von G. Verga. Bajazzi. (Pagliacci.) i Musk und Dichtung v on R. Leoncavallo, deuts von é Hartmann.

Schauspielhaus. p lungeu. Ein deutsches Trauerspiel in 3 Abthei- lungen von Friedrich Hebbel. I j Der gehörute Siegfried. Zweite Abtbeilung: Siegfrieds Tod. Anfang 7# Uhr.

Deutsches Theater. Dienstag: Weh dem, Abends 7#§ Ubr.

Mittwoch: Der Taliêman.

Donnerstag: Weh dem, der lügt!

Berliner Theater.

Anfang 7# Uhr. Uhr. och: Der Pfarrer vou Kirchfeld. Donnerstag: Zum ersten

Schauspiel in 5 Akten von Ernst Wichert.

Lessing-Theater. [Dienstag : Anfang 7# Uhr.

Mittwoch: Die wilde Jagd.

Donnerstag: Zwei Wappen.

von Carl Mi Epstein. Dirigent : Anfang 7F Uhr.

Residenz - Theater.

Direktion : Sigmund Larttenburg.

Die Zauberflöte. Oper Amadeus Mozart. iesecke, von Emanuel

arbeitung von Benno Jacobson. EUOnoG und folgende Tage:

fontraft.

28. Vorstellung. Wie die Alten S

Kapellm-ister Weingartner.

ber-Regisseur Max | Dienslag: Das liebe Geld.

Mittwoch: Demi-Monde.

Oper in 2 Akten und einem Anfang 7} Ubr. Die Nibe-

29. Vorstellung. n Erster Abend. Erft A F ¿G

S e, L Mittwoch: Der Probekuß.

Benirai-Theater. Thomas a. G.

offe mit G-san Salingré’s „Reise reund,

Dienstag: Der Kom-

durch

Male: Marieuburgçs.

Ghismonda.

Friedrich - Wilhelmstädtishes Theater. Ghaufieestraße 25/26. Der Bettelstudent. 3 Akten von f: Zell und Richard Genée. V

ôcker. Regie: Herr Ober-Regiffeur Herr Kapellmeister Baldreich.

Mittwoch: Der Bettelftudent.

Blumenstraße Dienstag: Fer- naund’s Ehekontrakt. (Fil à la patte.) Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau, in deutsher Be- Anfang 7 Uhr.

Fernaud’s Ehe-

Neues Theater. Séiffbauerdamm 4a. /5-

Theater Unter den Linden. Behrenstr. 55/57. Direktion : Julius Friyzfche. Dienstag: Mit neuer Ausftattung: Der Probekuß. Operette in 3 Akten von Hugo Wittmann und Julius Bauer. Musik von Carl Millöcker. In Scene geseßt von Julius Dirigent : Herr Kapellmeister Hierauf: Tanz-Divertissement. Anfang 74 Uhr.

Klte Jakobftraze Nr. 30.

Direktion: R.char» Schulz. Dienstag:

Anna Bâckers. ;

um 148. Male: O, diese Berliuer! Große

D, und Bani in 6 Bildern /nach Berlin“) v

Musik vo1 Julius Einsdshofer. fang

Mittwcchch: O, diese Berliuer!

Adolph Ernst-Theater. Dienstag: Auftreten der ersten Pirouette- und Courbette-Tänzerin Eng- lands Miß Rose Batchelor vom Prince of Wales- Theater in London. Ein fideles Corps. Anfang

74 Uhr. Mittwoch: Dieselbe Vorstellung.

Konzerte.

Konzert-Haus. Dienstag: Karl Meyder- Konzert. Ouv. „Marca Spada*, Auber. „Wil- belm Tell“, Rosfini. „Der erfte Glückstag“, Auber. Prolog a. „Der Bajazzo“ v. Leoncavallo. Phantasie a. „Cavalleria rusticana“ v. Maëcagni. Romanze f. d. Violine v. Nachez (Herr Carnier). „Edelweiß vom Semmering“ f. Pifton v. Hoh (Herr Werner).

Saal Bechstein. Linkstraße 42. Dienstag, Anfang 7} Uhr: Konzert der Violinvirtuosin Jrene von Brennerberg, unt. gef. Mitw. der Konzert- sängerin Fräul. Jenny Rosa.

Birkus Renz} (Karlstraße). Dienstag: Große Extra-Vorstellung. Tjo Ni En. (Beim Jabhres- wechsel in Peking.) Neue Musik-Einlagen. Sen- sationelle Tänze, u. a. Original! le grelots vivants, jeu des barbichons 2c. Original! Nur noch drei- maliges Auftreten des Herrn Guftav Hüttemann (als Gaft) mit seinem Schulpferde „Cincinatus.“ Außer- dem: Auftreten sämmtlicher Kunft-Spezialitäten, Damen und Herren, Vorführen und Reiten beftdref. Freiheits-, Spring- und Schulpferde. Anfang 74 Ubr.

Mittwoh, Abends 74 Uhr. : Außerordentliche Vorstellung. Tjo Ni En. Vorleßtes Auftreten des Herrn Gustav Hüttemann (als Gasft). . T H R i E E R E A E EERLLE

Familien- achrichten. Geboren: Ein Sohn: Hrn. Rittmeister von

Klißing (Potédam). Hrn. Hauptmann a.

Hans Euen (Korschlißz bei Bernstadt, Schlêf.).

Hrn. Georg von Bülow (Brunsêrode). Gestorben: Hr. Lieut. Robert Elgnowski (Gne-

sen). Hr. Major a. D. Xaver von Mittelftaedt

(Stettin). Hr. Geb. Ober-Hofkammer-Rath

a. D. Gustav von Lentcke (Berlin). Fr. Geb.

Rath Julie Pfaff, geb. Schuster (Brandenburg).

Hr. Ober-Kirchenraths-Präsident a. D. Kliefoth

(Schwerin).

Verantwortlicher Redakteur :

F. V.: Siemenroth in Berlin. : Verlag der Expedition (Scholz) in Berlin. Druck der Norddeuts@en Buchdruckerei und Verlagt- Anftalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. 32. Zehn Beilagen (einschlilih Börsen-Beilage). (1538)

Operette in Musik

Nr; 9.

Federmann.

Emil Josefine Dora.

) von lius

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

M _29-

Auszrg aus der Festredeam Geburtstag Seiner Maiestät des F risers, am 27. Januar 1895, in der Aula der Universität Lerlin gehalten vom z. Rektor, Professor D. Pfleiderer.

Auch im Lében der Völker, wie des Einzelnen, giebt es Mark- steine, die zum Rückblick und Ausblick auffordern, um über das ver- worrene Getriebe des Augenblicks sich zu freier Höbe zu erheben und aus ‘deu Wegen der Vergangenheit die Aufgaben der Gegenwart und Zukunft zu crkennen. Solch ein Anlaß zu ges{hihtliher Selbstbefse- rung ift für das deutsche Volk der Geburtstag des Kaisers, in welchen das ‘nationale Bewufßtsein die Verkörperung der Idee der nationalen Cinbeit erblidt. Vor allen hat die Universität als Pflegerin der Geschichtéwifsenshäft “die Aufgabe, durch Klärung des nationalen Selbstbewußtseins den Willen zu nationalem Wirken zu stählen. Wir hoffen taker ¿ur würdigen Feier des nationalen Feft- tags beizuktägen durch Beträhtung des deutschen National- bewußtseins in Vergangenbeit und Gegenwart.

Dáß das deutsche Volk später und s{hwerer, als die anderen Kulturbölker, zu einem wirklihen Nationaltewußtsein gekommen ift, ist die Folge tbeils der Anlage, tbeils der Geschichte unserés Volks. Das kräftige persönlihe Selbstgefühl unserer Rasse neigt zu sprôtem Intivitualiëmus, der si der staatlihen Zufammenfassung der Volkstheile troßig widerseßt. Dazu kam, daß die Mächte, welche eine gewisse Verbindung der Volksstämme seit dem 8. Jahrhundert bewirkten, internatienaler Art waren: die rômish-katholi’he Kirche und ‘das Kaiserthum, welhés scit Karl d. Gr. die Idee des rötnishen Weltreichs wieder cufnabm und in der Kaiserkrone das Symbol und den Rethtstitel ¿1 einer allgemeinen Weltherrs{aft ‘fah. Die Politik der großen \ädchsischen, falishen und staufishen Kaiser mag unter den Verhältnissen ihrer Zeit unverweidlich gewesen sein, ber für die Bildung des deutsWen Nationalstaats war fie vertängnifivoll. Sie verhinderte ‘die Kaiser an der inneren Ortiuñng und Festinutiig des Deutschen Reis, begünstigte die Er- starkung ‘der einzelnen Territorialgewalten und führte zum Konflikt mit der Kithe. An diesen Kämpfen verblutete das deuts@e Kaiser- thum im Mittelalter. Wäbrend aber die staatlihe Einheitäform zerfiel, - entwidelte #sch in der mittelhochdeutihen Dichtung der Keim eines nationalen Bewußtseïns, dem besonders der ‘gemlitbvolle Walther von der Vogelweide - einen be- gena Ausbruck gab. S@{hon hier - läßt sich bemerken, daß dem

cútschèn das staatliche Nationälbewuüßtsein aus ‘derm idealen Nätional- gefühl, aus det Wetrthshäßung des inneren Gehalts des nationalen Lebens, erwächsen ist; während bei anteren Völkern aus der staatlichen Eittheitéforin ‘das gemeinsame Nationalgefühl entstand, vollzog fich unfêre Enttvickelunig in üwmgekehrter Richtung nah dem Geseß: „Es ist der Geist, der sich den Körper baut“.

Die’ untér dèm entfesselten Egoitmus aller Stände in den leßten Jahrhunderten des Mittelalters immer méhr gesteigerte Auflöfung allér gemeinsamen Ordnung erweckte das allgemeine Verlangen - en L der tiefen Sck{äden, nah Reforta dér Kirche und: des Reichs.

urds{lagend wirkte aber erst dás Auftreten Luther's, ‘dessen reformatorishe Sc{ristenu das religiöse Gewissen ergriffen und die Axt an die Würzel der - römischen Hierarchie legten, zugleich aber -aúd an das nâticúale Ebrgefühl dèr Deutschen appellierten, und den Anfpruh dés Papstes übér den Kaijer Gewalt zu haben, verúrtheilten. Besonders war Ultih von Hutten der begeisterte Herold diefer nationalen Motive, von welchén bald alle Stände der Nation tur{drüngén waren. Daß es detinoh nicht zur Bi]dupg des nationálén Staates kam, vershüldete der Kaiser Karl V., ter für die natioñalen deutschèn Bestrebungen kein Verständniß Hatte und sie durch' seine fremdländischen Heere und dur die Jesuiten zu ünter- drücken versuchte. So kam es, statt dèr erbófftén naäticnalén Wiedergeburt und Einigung, zur unbeilbaren konfessionellen Spaltung des deutschén Volks, die zum Ausbru{h- dés dreißigiährigen Krieges fübtte, unter dessen Greueln die leßten NRegungen des nationalen Be- wußtfeins verschWwanden. Der wesifälische Frieden besiegelte die kon- fessionelle und territoriále Zörrissenbeit der deutschen Nation, die in- folge ibres Ppolitischen und éforomishën Vérfalls auch motälisch und intélléftuell immer mebr in Abhängigkeit vom Ausland versank.

Die Wiederethetúng aus diesem Véifall erfolgte auf zwei äm Ziél“ zuüscniwmenttefenten Wegen: der eine wär die Bildung einer neuen deutschen Literatur auf Pprotestäntisher Grundlage, der andere die Exrstärküng des preußishen Staats zur führenden Macht des neuen Deutschen Reichs.

Der Pröotestäntiëmus hatte an Lutber's deuts{er Bibel eine Quelle unerf@spflicken Segens für das ganze Geistesleben Unseres Volks. An ihr verjüngte uvd kräftiäte sich das Sþrachgefübl, sodaß cs die drohende Vetwelsckvng ?u überwinden und sich zur Vollkommenheit der Spräche Lessing’s, Scbiller's und Goëthé's ¿u entwickeln vermochte. Aus ihr geitänn vas deutshe Bürgerthum die herz;lide Frömrhidkeit und das ernste Pflichtäefühl, welche der Anfäng wahrèr Weisheit sind. Der Pietismus war das erste Lebenszeichen des wiedererwahenden Geistés- lcbeñs unséres'Volks nach tiefer Erstárrung. Mit ibm hingen auch die meiften unter den Begtündtetn der neuen deutschcn Diditung und Uitératür zusänimen. Diése wär freilich zunächst niht bewúßt natibnal, sontern welttürgertih und individualistisch. Man legte nur: Werth auf die S méns{liche ‘Auébildúng der einzelnen und hielt tas Nátionale für éine alei{gültige Zuthat oder \töréide Scränke des rein ‘Méns{lichen. Darin zeictén sich die Denkèr und Dichter des vorigen Jahrhfundetts in der Ethseitigkeit der Denkweise ibrer Zeit befangen. “Daß es ihnen abet dech am Sinn für ein kräftiges deutsches Stäätstvesen nicht fehlte, zeigt ihre Syinzathie für Ftiedtid d. Gr. und sein siégreihes Héer. Unbewußt und ungêwöollt zwar, aber dennoch sehr

wirksam babén der preüßishe Stáat und die deutsche Litératur, diese -

beidèn werdenden Grosfimächte jener Zeit, eirxander gegenseitig in die Hände gearbeitet zur Vorbereitung tes künftigen nationalen Staates. An der dramatishen VérbërrliGung der Tüchtigkeit und Pflichttreue det' preußisckci Arte in“ Lefsing's „Mina “von Bärnhelm* ‘häben alle Deutsthen sich patriotish etbaut. Und Schiller, der in feinen Dtämen dâs “Ideal der thôtkräftigen, erfolgreihén Vatétländs- liede freilch án fremdländishen Beispielen —-* H Volk ‘vor Aúgén malte, is dadur der Prophet ünsértes eigenen er- wachenden Nativnalberwbußtseins ünd seinèr Thâten in den Befréîiungs- kriegen gäwborden.

Was die: Dichter begoniien, baben die ges{di{htlihen Erfahrungen zu ‘Anfang diéses Jährhunderts volléndet. Unter - dem Drück der napoleenisckchen Fremdbherrschäft Tlerüte man den : Werth und die’ Nothwendigkeit des selbständigen und - einheitlihen nätio- nalen Staats kennén. Zu“ -seinèr Herstéllung aber be- dutste es einer sittlißen Wiétergeburt mittels nationaler Erziehung, wie sie Fichte in seinen Reden an die deutsche Nâtion forderte. Diése Uebérzeugung . durhdtäng ‘alle Stände. Der König befahl die Gründung unscrer Ho{schule, damit der Staat an Ee Kräften gérvitine, was er an physischen verloren babe. Abel und Bürgerthum wetteiferten in pserwtWgfeit für das Vaterländ. Die Gelehrten erforshten liébevoll dieg he Vergängenbeit unseres Volks, feiner Sprache, Sitten Und Sagen. Die Studenten gkündeten die deutshe Burschenschaft auf der Grundlage dèr Väterláändäliebe. Es war ein ‘neuer Géeistesfrühling, so hoffnüungsvoll, wie einst iri ‘den An- fängen ‘der Refortnationszeit. :

Aber der ‘Grfols/ blieb auch jeßt wiedèr hinter den begeifterten Loffnungen weit zurück. Noch war es nit mögli, die staatliche

inheit zu erringen; nur ein' trauriges Zertbild dés hohen Ideals war

Berlin, Montag, den 28. Januar

die deutshe Bundesverfassung. Der Unmuth des enttäushten Volks wedckte das Mißtrauen der Regierungen; die Nationalgesinnten- wurdén verfolgt, die Freiheit. der. Preffe unterdrückt, die Mitwirkung des Volks an den öffentlihen Angelegenheiten verweigert oder beschränkt, dur alles das aber das Nationalbewußtsein fabm gelegt. Ein doktrinäres Freiheitsftreben und weltbürgerlihes. Liébäugeln mit allem Fremden nahm wieder überhand. Dennoch war das deutsche Nationalbewußtsein auch in diesen Jahrzehnten nicht erstórben, sondern nur erkrankt und gelähmt. Es erhob. sich schon bei der Bedrohung unserer Rheinlande im Jahre 1840 zu zorniger Ermannung und duürchbrach vollends im Jahre 1848 alle Schranken und Dätnme. Bei den Berathungen der Frankfurter Nationalversammlung. zeigte sh der feit dén Be- freiungsfriegen gewonnene Fortschritt in ftaatliher Hinficht, sofern die Mehrheit erkannte, daß zur einheitlihen Spitze des künftigen Neichs sich niht das vielsprachige, aus Deutschland herausgewacfene Desterreih, sondern _nur__ der rein deutsche preußische Staat eigne, dessen Lebenéintereffen mit denen Deutschlands in eins zusammenfallen. Mit der Anbietung der deutschéèn. Kaiserkrone an den König von Preußen war das Natioralbewußt- sein in die richtige Bahn gelenkt, die allein zum Ziel führen konnte. Daß die gute Absicht nit auf den erften Wurf gelang, war natürlich und für die Sache kein Schade. Die Entscheidung über die künftige Führung Deutschlands konnte nur durch einen Waffengang zwischen den rivalifierenden Vormächten herbeigeführt werden. Der Tag von Königgräß war das geschichtlihe Gottesurtheil, ‘das dem jahrhunderte- langen Schwanken ünd Zweifeln über die definitive Gestaltung des deutsden Staats ein Ende machte.

Zunächst vermochte ¿war der Süden unferes Vaterlands in diese Wendung. der Dinge sih nit zu finden. Er stand \chmollend zur Seite und sah zu, wie \sich im Norden der neue Bund unter der weifen Hand des gewaltigen Kanzlers zu ftattlihem Bau erhob. Aber vom Augenblick der französischen Kriegserklärung an war aller Hader vergessen, begeistert eilte die Jugend aus:Süd und Nord zu den Fahnen ; die geeinigte deutsche Kriegêmacht warf unter der genialen preußishenFührung die feindlihen Heere in unerhörtem Siegeétlauf nieder, gewann als Siegeépreis das deutsche Kaiserthum und \sühnte alte Schmach dur Wiedergewinnung einst geraubter Lande. So hatte endlich. nach vielen Irrungen und. s{weren Prüfüngen das deutsche Nationalbewußtsein seine feste staatlihe Form im neuen Reich gefunden.

Um fozuversichtlicher dürfen wir nun hoffen, daß es sih au künftig allèn Gefahren gegenüber fiegreih behaupten werde. In den äntinätióna- len Erscheinungen der Gegenwart erkennen wir eine neue Forin derselben alten Gegnér, - die wir früher zu bekämpfen hatten und überwunden haben. Der Ulträmontanismus- is die Etneuerung des uralten An- spruchs der rômischen Kirche auf die Welthèrrsc{aft ; wär er früher für uns verhängnißbvoll, fo lange das römish-deutshe Kaiserthum auf derselben Idee der Welttheökratie beruhte, so ist das jeßt anders gewotden, seit wir ein national - deutshes Kaiférthum auf protestantisher Grundlage haben, das mit dem Saße Ernst mat: Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottés ist. Weil wir überzeugt sind, daß uns unter dem Kaiserthüm der Hobenzollern der Papst niht mehr viel Schäden ‘thun kann, können wir au die nâtürlihen Verstimmungen unser kätholishen Mitbürger rubig tags und dürfen hoffen, - dur brüderlihe Geduld sie mit dem neuën Stand der Dingè auszuföhnén.

Mit dem Ulträmontanismus ift die Soziäldembokratie viel näher verwandt, als män gétwöhnlih annimmt. Beiden gemeinsam i} die internationale und antiñatiónale Idee eines Weltreichs, das die Kirche als übérnatürlihen Göttesftaät denkt ‘und dur hierarhishe Be- berrs{üng der irdif@en Stäaten verwirklihen will, die Sozialdemokratie aber als natürlichen Ménschheitsftaat, der durch revolutionäre Be- seitigung der bestehendèn Skaaten verwirklicht werden soll. Diefe Idee ist {on in ftüberen Jahrhunderten oft aufgetauht und fag be- sonders den Bauernäufständen und dén Orgien der Münsterschen Wieder- tâufer zu Grunde, deren reite mit dem der heutigen Sozial- demokraten die auffalléndite Verwandtschaft hatte. Luthèr hat dainals die Obrigkeiten zur rücksi{tslosen Niedershlagung diesés Unwefens aufgéfordett, weil er R war, daß eine Bewegung, tie an den Grundfesten der fitkli{en Lng rüttle, feinen Anspruch auf Duldung habe, sondern als Macht des Unheils zu bekämpfen sei. Das Verweriliche an der Sözialdémokrätie ist nicht, daß sie die Lage der unteren Kláfsen verbessern will das wollen wir alle sondern daß sie in ihrer weltbürgerlihen Vaterländslöfigkeit unseren so theuer errun- genen deutschen Staat wieder vernidten und ‘auf seinen Trümmern

- ein internationáles Gemeinwesen ‘ertichten will, in deffen Chaos alle

eschihtliche Gliederung und sittliche Ordnung der nationalen Staaten ih auflôfen müßte. Es ist das “so wenig éine fortfhrittlihe “dee, daß es vielmehr die llérgrändlichsie Reaktion ist, die Rückkehr zu dem uralten phäntástishen Ttaum voin tausendjährtgen Reich der allgemeinen Glüfeligkeit; Gleichheit Und Freiheit.

Diesen Gefahren gegenüber befteht das ficherste Mittel zur Er- haltúng unseres deuts{hen Nationálstaats tarin, daß in allen Gliedern unferes Volks das nationaldèutshe Bewußtsein zusammen mit der Ehr- furt und Tréite aegen das Käiserlihe Haupt des Reichs gepflegt werde. Erziehung zum Deutshkhum, tvie fie Fichte gefordèrt hat, muß Uünsere Lofung sein. Aber übér die Art dieser Erziehung géhen die Meinungen noch vielfäch auseinänter. Es fehlt unter den eifrigen Patrioten nit an solchen, welche aus dem Bildungéstoff unsérer Schulen das ganze Alterthum mögli zúrückgedrängt sehen möhten. Dabei läuft bei [öblicher Absicht hie Und da doch einige Uebertreibung mit unter. Es förinte nicht zur Förderürig des nationalen Bewußtseins gereichen, wenn der Inhalt unserer geistigen Kulkür eine Schädigung oder Min- derung erlitte : diefe aber beruht tvesentlich darauf, daß wir die Kultur- säße fremder Zeiten ünd Völker uns angeeignet und zu lebendigem geistingem Besitßthüm gemaht haben. Wer könnte aus der Entwick- lung des deutschen Volks den ‘erziehènden Einfluß dér Bibel oder der griechif{ch-rômis{chen Literätur und Künst hinwegdènken? Es wäre also im Widerfprüch mit deutscher Art“ Urid Gefchichte, wenn wir jeßt alles von ‘Auswärts Ueberkomtnene ‘auësheiden und vershmäben wollten, um uns auf ein êngherziges Deutshthum zu beschränken.

iében wir aber diefe Ueberkreibüng ab, fo bleibt allerdings ein werthvoller Wahrheitskèrn än den Bestrebungen, welche anf ent- sciedenere nl des deutfch-nationalen Elements in unferem gesamimnten Erziehungéwesen hinzielèn. Hat doh unser Kaiser selbst in in der Versfaminling deutscher e das bedeutfame Wort gespro{en : „Wir wollen ‘nicht junge Römer und Griechen, sondern junge Deutsche erziehen !*“ Er wollte damit ohne Zweifel sägen, daß unfére Erziehung imer zut Endzweck haben foll dié Heranbilduna von folchèn deutkschen Bürgern, die iht in fremder und vergangener Welt, fondérn în der! wirklichen Welt ihres Volks leben, die fih als die Erbén einer großén Géshihte, als die Träger und Werkzeuge einer größen R He ihres Volks fühlen.

Auch die religiöse De E unseres Volks in Konfessionen und* Parteien ftamnmit zuleßt nur daher, daß wir allefammt noch immer viel zu sehr rômisché und griehische Christen sind und viel zu wenig dettsche Saki ¡u sein gelernt haben. Das Chriftenthum hat in seiner ‘gefhihtli&en Entwicklüng mehrfähe Wanblüngén durh- gemacht, indem es ih den Volköshärakteren anpäßte: bei ten Juden war ‘es Wundérgläube, béi den“ Griechen wurde es zum Dogmen- glas bei ‘den Nötñern zum kirchlihen Staat, dec Gehorsam gegen

eine Priestersaßungen fordèrte, bei den Germanen ber wurde es zur Treue zwischen Darum war das

zum Bund der

Hetzenssaße der Pérfonen , Gott.

dem Menschen und seinem

1895.

deutshe Volk zur Reformation der Kirche prädestiniert. Aber es hat in die ‘neuen Kirchen der Reformation noch viele Stücke vom griehishen und römischen Christenthum herübergenommeén, von den mittelalterliben Dogmen und Priestersazurgén; und ében diese undeutshen Stücke sind noch immer der Zankapfel, der unser Volk seines deutschen Chriftenthums niht recht froh werden läßt und Der auch die Wiedervereinigung der Korifesfionen unmöglich macht. Wie aber, wenn wir ‘den Muth fassen würden, auch bei unferer religiösen Erziehung niht fowohl Griehen und Römer, als vielmehr Deutshe zu bilden, die die Dogmen- und Fu dahintenlafsfen und das Chriftentbum der Ge- innung und der That zur Wahrheit machen würden? Sollte dann niht zu hoffen sein, daß die so peinlichen und verwirrendeén Difso- nanzen zwischen dem ‘nationalen und dem:eligiösen Bervoußtfein unseres Volks sih ‘endlih auflösen und in dem heiligen Einklanz deutscher rôminigkeit dié Einmüthigkeit deutsher Vaterlandsliebe ihren tiefsten rund ‘und ihre höchste Weihe erhalten würde ? , j Vieles steht jeßt noch diesem Ideal allseitig geeinigten Deutsch- thums entgegen. Mächtig wird unser Volk vom Kampf der Mei- nungen und Interessen, der Stände und. Parteien bewegt, und die Gegensäße seinen si oft eher zu verschärfen als zu mildern. In solher sturmbewegten Zeit ist es uns eine tröstliche Beruhigung, daß wir, ‘ob auch ‘alles ringsum zu watken und zu weichen scheint, wenigfténs auf einen festen Punkt blicken können, der voin Wogen der Partei- tämpfe unbewegt rubig in sich selbst beharrt: auf das Kaiserliche Haupt unseres Deutschen Reichs. Darum wissen wir uns heute mit den Deutschen aller Gaue ‘unseres Vaterlands einig in dem Wunsch: Gott \chüge, erhalte, segne unfern Herrn, den Kaiser und König !

„Friedrich I. von Preußen und die Künst.“

Rede zur Feier des Allerhöchsten Geburtstages Seiner Majestät des Kaifers und Königs am 27. Januar 1895, veranstaltet cis die Königliche Akadetnie der Künste in Berlin. Von Profeffor Dr. Hans Müller, Erstem ständigen Sekretär und Senator der Königlichen

Akademie der Künste. Hochgeehrte Festversammlung!

Ein alter, {öner Brauch vereinigt uns heute, wie alljährlih, an diefer Stelle. Festlih begeht weit und breit das déutshe Volk den Geburtstag seines Landesherrn, und wie es seit jeher éine {öne Ge- wohnheit ‘der Deutschen war, ih bei solher Gelegenheit ‘vergangener Wohlthaten zu entsinnen, fo. wird die Feier vielfah zu einem Dänk- feste, an dem stolze und berrliche Erinnerungen aus dein Schähßz der Geschichte bervorgeholt werden, die Thron und Krone mit ewig grünen Lörbeer \{chmücken. Eine so vielbewegte Geshichke, wie die der Hohenzollern, die sh Schritt für Schritt, Jahr für Jähr einþor- gearbeitet haben aus kleinen Anfängen bis zu den höhsten Stufen des Ruhms und der Mat, immér fihher und ziélbewußt, intiner tapfer und thatkräftig, immer aufrihtig und hocherzig, bis es gekäng, Mittelpunkt und Stütze des großen deutshen Reihs zu wetden, eine folche Geschichte is \o reich an hervörragenden Ereignifsen, Schöhfungen und Wirkungen, daß man niemals um einen Stoff ver- legen zu fein braucht, wenn es gilt, am Celtage eines einzelnen O auf ältere Zeiten hinzuweisen. Fast jedèr Tag if ein Gedenktag und mahnt an wichtige frühere Werke in dieser gewaltigen, immer vorwärts \trébenden Arbeit der Jahrhunderte.

Bei der Veranstaltung eines -Kunstinstituts, das die idealen Gütêr des Lebens und Strébens hütet und nährt, wird vorzugsweise die künfstlerishe und kunstgeshihtlihe Seite zu berücksi{htigen fein. Für die Akademie ist gerade das Jahr, in das wir vor wéñigen Wochen eingetreten find, wiederum ein - besonders bedeutsames. Zweihundert Jahre sind nuntnehr -verflofsen, daß ‘ein kuäst- liebender Hohenzollernfürst den erften Entschluß gefaßt hat, in preußishen Landen eine Kunst-Universität ins Lebèn zu rufen. Am 14. Juli 1695 sezte Kurfürst Friedrih 111. von Brandenburg seinen Namenszug unter eine ‘Bestállungsurkunde, die den einst viel- gerübmten Maler Iosef Werner aus seiner Vaterstadt Bern nah Berlin berief, um als Direktor der hier änzulegenden Malér- und und Bildhauer-Akademie in preußische Diénste zu treten; und im selben Jahre wurde der Befehl gegeben, ‘an der nämlichen Stelle, wo die Akademie noch heute ihren Sih hat, eine Reihe von Zimmern herzurihten, um für die Zusainmenkünfte der Mitglieder wie für die Unterrichtsstunden der Schüler zu dienen. Freilih if die Anstalt nit ofort eröffnet worden. Es bedurfte längerer Vorbereitungen und Versuche zu ihrer Einrichtung; es wurden äuch hier, wie häufi zu Begiun eines Unternehmens, Fehler gemacht, aus deren Etkenntniß man aber úm fo mehr’ Vortheil gewänn; denn gleich bei dem ehbr- geizigen ersten Direktor--zeigte \sih die Lehre, daß es niht gut sei, wenn bestimmte Einrichtungen eines Geimeinwe}ens auf eine einzelne

erfon zugeschnitten werden, die bei ‘der Orgañisation vornehmlich an ih selbst denkt. Eingewetht wurde die Akademie nah Jahresfrist, 1696, ten 1. Juli alten Stils, dàs ist den ‘11. Juli ‘unserer Zeit- rechniüng, wie wir aus der untrüglichen Inschrift einer Erinnerungs- medaille der Akademie s und thr gesezmäßiges Stätut ‘erhielt fie am 20. Mätz 1699, nahdem vorläufige, von Fefe Wernér nieder- geschriebene Neglements erst eine Zeit lang auf ihre Brauchbarkeit hin in der Práxis érprobt worden waren.

Die Erinnerung án dàs Anstellúngspatent giebt am heutigen Tage den pafsendèn Anlaß, Uns zu vergegenwärtigen, wie der Stifter diefer Akademie, Kurfürst Friedri 111. von Brandenburg, nächmals N E Teri I. von Preußen, überhaupt ein erfolgreiher Förderer der Kunst und der Künstler gewesen is, wie er es verstanden hat, ausgewählte Meister an Berlin zu fesseln oder dorthin zu berufen, die jum größten Theil Lehrer und Mitglieder der Akademie wurden, ‘und ‘wie er mit nie ermüdender Sus auf den mannigfaltigen Gebieten große und größte Aufgaben gestellt hat, déren Lösungen ‘als machtvolle Kunftwerke auch in “unserer Zeit noch die höste Beritderitig ver- dienen und unkbeftritten erhälten.

__Män weiß heute, daß der erste König von Préußen lange Zeiten hindur unterfchäßt worden ist. Nach neuerer Auffaffung hak Friedrich der Große, um seinen Vater ünd feine Großmutter Sophie Char- lotte, möglichst zu beben und zu ‘verklären, den“ Großvater ‘in einem Lichte beurtheilt, das nicht ganz mit ‘der Ansicht der Zeitgenösen und den thatfächlihen Leistungen Friedrih's übereinstimmt. Er ' hat seine Prachtliebe, sein Strebèn nah Litxrus- Und äußérer Rehräfèntation all- zusehr in den Vordergrund geftellt. Er hat von seinèm geringen Verftandé geredet und behauptet, daß er demn Skaatë keinèn beson- dern Vortbeil gebracht kabe; und dfese Worte dés großen “Königs sind begreifliher Weise vielfach nächgespröchen würden, um“ fo mehr, da es nur allzuleiht war, Friedri tn eten Gegensaß zu “bringen gegen den Großen Kurfürsten, gegen die philofophishe Königin, gegen den eisernen Soldatenkönig. Der Urtheilöspruch der Gefchichte lautet milder und günstiger. Wobl war Friedri nïht von der Bedeutung, Kühnheit und Klugheit feines Vaters, nicht von der Begabung, Bil: dung und Vielfeitigkeit feiner Gatkin, nicht von der Festigkeit, Spar- sarnfeit ‘und Ordnungsliébe seines Sohnes. Aber er hat es ‘verstanden, die is des Vaters weiter zu führen und zum theil abzuschließen. Gr hat die geistréiden und unter französishem Einfluß herängereiften Eigenschaften und Einwirkungen feiner Gemahkin durh echte deutsche frgcunigfeit, Gutmüthigkeit, Fürsorge für “des Volkes Wobl ergänzt.

r hat, wenn auch vor Allem ein Freléid des Friedens, die fkriegs-