1895 / 27 p. 5 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 30 Jan 1895 18:00:01 GMT) scan diff

eine Frage, zu der Stellung zu nehmen ich niht in der Lage bin. Eins möchte ih aber hervorheben: es if zweifellos die Ansicht der Landleute, daß bei den Korrektionen der größeren Ströme vielfa die Landwirthschaft zu kurz gekommen ist (sehr rihtig! rechts), weil man haupt\ächlih auf die Verkehrsverhältnisse Werth gelegt hat, und ih möchte glauben, daß doch dieser Umstand auch zu der Erwägung An- laß giebt, ob es niht richtiger ift, diese beiden Angelegenheiten in einer Hand zu vereinigen.

Meine Herren, ich will diefe Angelegenheit der Kanäle biermit verlaffen und mi nur noch zu den Kleinbahnen wenden. Sie wissen ja, daß die Anforderung an Sie herantreten wird, 3 Millionen für den Bau von Kleinbahnen zu bewilligen. Es ist aber nit die Ab- sicht, damit ein für alle Mal die Unterstüßung des Kleinbahnwesens abzuschließen; nun, meine Herren, es werden voraussichtlich, so lange das Bedürfniß besteht; die erforderlihen Mittel in ähnlicher Weise wie jeßt erbeten werden. Es sollen au niht, wie bei der ersten Lesung hervorgehoben ist, diese Unterstüßungen lediglih nah dem Osten oder zum größten Theil nah dem Osten !în verwandt werden es soll nah gleihmäßigen Grundsäßen im ganzen Staat verfahren werden, und zwar da besonders, wo das Bedürfniß am s{ärfsten hervortritt. Jch darf mittheilen, daß über die Aufstellung von Grundfägen für diese Vertheilung bereits Konferenzen stattgefunden haben. Es wird zweck- mäßig sein, bei der kommissarishen Berathung Sie werden do diese Vorlage an eine Kommission verweisen diese Angelegenheiten etwas eingehend zu behandeln.

Dann, meine Herren, wende ih mih zu den. Eisenbahntarifen. Bei der Generaldiékussion ist die Frage bereits gestreift worden. Jch kann namens der Staatsregierung keine Erklärung abgeben, um fo weniger, weil diese Angelegenheit doch nur indirekt das landwirth- schaftlihe Ressort berührt. Allein, meine Herren, ich bin nicht zweifelhaft, daß die Aufhebung der Staffeltarife für Getreide und Getreideerzeugnifse, - die sehr viel Staub aufgewirbelt hat, doch in der Folge nicht die Bedeutung für die Landwirthschaft gehabt hat, wie man von der Aufhebung erwartet hat. Es liegen mir eine ganze Reibe von Berichten von Handelskammern, Ober-Präsidenten u. \. w. vor, die sagen : da, wo direkte Verbindung mit den Seehäfen u. |. w besteht, hat das Getreide, anstatt jeßt nah Berlin, nah dem Westen zu gehen, theilweise die Tendenz, auswärts zu gehen, und da hat die Aufhebung der Staffeltarife absolut niht geschadet. Dagegen ift aus denjenigen Landestheilen, die mit dem Seeverkehr keine Berührung finden, allerdings behauptet worden, daß ihnen die Aufhebung der Staffeltarife nachtheilig gewesen if, und aus dem Westen ist von der Mehrzahl gesagt worden, daß man eigentlih niht sagen könne, daß die Aufhebung der Staffeltarife einen bemerkbar günstigen Einfluß für den Westen gehabt habe. (Hört! hört!)

Meine Herren, darüber existiert allerdings kein Zweifel, daß für die Eisenbahnverwaltung die Aufhebung der Staffeltarife einen finanziell nicht günstigen Einfluß gehabt hat. Indessen die Fraze fann man abscließend noch nicht beurtheilen. Die ganze Maßnahme hat jeßt aht Monate bestanden, und ich werde dafür Sorge tragen, daß, wie wir jeßt {on Berichte darüber eingezogen haben, wir das auch im nähsten Jahre thun werden, und dann wird man die Sache rihtig beurtheilen können. Meine Herren, ih persönlich hege die Meinung, daß die Staffeltarife für Getreide, die hier in Berlin enden, ein Unglüdck für die Landwirthschaft sind. (Sehr richtig!) Sie Fonzentrieren das Getreide hier nach Berlin, wofür ein Bedürfniß nicht vorliegt. Persönlih bin ih der Meinung, daß das System der Staffeltarife, für alle Güter von Osten nah Westen, von Westen nah Osten, von Süden nach Norden durchgeführt, prinzipiell das allein richtige ist. (Sehr richtig!) . Ih glaube, daß für die Eisenbahn- verwaltung nicht allein keine Schädigung, sondern ein erheblicher Nugten daraus hervorgeht.

Meine Herren, ich will noch einige allgemeine Worte über die gegenwärtigen Staffeltarife sagen. Sie werden sih ja in nächster Zeit mit einer Dezentralisation der Eisenbahnverwaltung zu beshäf- tigen haben, und ich glaube, gerade die Landwirthschaft kann dem Herrn Finanz-Minister und dem Herrn Eisenbahn-Minister nicht dankbar genug sein, daß sie diesen Schritt als die Grundlage für eine rihtige Wirthschaftspolitik gethan haben. Es ift jedoch zweifellos, meine Herren : den Pulsshlag des wirthschaftlihen Lebens, den eine folhe Betriebsverwaltung fühlen muß, wenn sie die Sache richtig be- urtheilen will und soll, den fühlt eine kleine Verwaltungsbehörde viel richtiger als diese umfangreiche Eisenbahnverwaltung, wo alles zu- sammenkommt, und ih gebe mih der Hoffnung hin, daß, wenn diefe Organisation erst ins Leben getreten is aus ihr heraus mit die An- regung gegeben wird, eine grundlegende Aenderung unserer Eisenbahntarife im allgemein wirthschaftlihen, auch im Agrar- interesse herbeizuführen, die ‘die Einnahme der Eisenbahnverwaltung niht schädigt, dagegen denjenigen Bedürfnissen Rechnung trägt, die auf dem gesammten wirthschaftlißen Gebiet immermehr in den Vordergrund treten.

Meine Herren, dann kommt ein zweiter Umstand hinzu: Jch gebe mi der Hoffnung hin, daß die gebauten Kleinbahnen Zuleitungs- adern für die Staatsbahnen find, die nicht dazu beitragen, den Staats- bahnen Konkurrenz zu machen, im Gegentheil, die den Verkehr auf den Staatsbahnen f\teigern und rentabler machen werden. (Sehr richtig!)

Fassen wir die beiden Maßnahmen zusammen, so hege ih die Hoffnung, daß einmal die Einnahmen der Eisenbahnverwaltung so ge- steigert werden, daß fie Konzessionen in agrarer Richtung, in wirth- \caftlich allgetneiner Richtung zu machen in der Lage ift, ohne das Staatsbudget zu gefährden, und anderentheils, daß sie engere Fühlung mit dem wirtb\chaftlihen Leben erlangen wird.

Meine Herren, ih darf nah diesen allgemeinen Bemerkungen die Sache verlassen.

Ich gehe nun über auf die Frage, ob dur sachentsprehende Bodenverbesserungen, Drainagen, Ent- und Bewässerungsanlagen,

Abweßr von Wasserschäden, Flußregulierungen, andere Organisation des Meliorationswesens besonders auch in technischer Beziehung und durch Erlaß eines Wassergeseßes der Landwirthschaft aufgeholfen werden kann. Ich darf bemerken, aus den Mitteln, die rücksihtlich dieser Verhältnisse in den Etat eingestellt sind, werden hauptsächlich gefördert im Osten mit erheblichen Zuschüfsen zahlreiche Drainagen- Genossenshaften, umfangreihe Ent- und Bewässerungsanlagen, groß- artige Polder-Bildungen, letztere besonders im Odergebiet. Ih will auch an die Korrektion der Memel, der Weichsel erinnern, sowie daran, daß für Oberschlesien hon vor Jahren der besondere Fonds gebildet ift, in dem augenblicklich, wenn ich nicht irre, sih noch

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rund etwa 4 Millionen befinden, zur Förderung der land- wirthschaftlihen Verhältnisse im oberschlesishen früheren Noth- standsgebiet. Ih will an den Eifelfonds erinnern, welcher au in diesen Etat wieder aufgenommen is, und ih will daran erinnern, daß für Ostpreußen der Fonds, der speziell für die Hebung der Landwirthschaft in Ostpreußen hon im vorigen Jahre mit 400 000 A im Etat stand, in diesem Jahre auf 500000 4 erhöht worden ift. :

Meine Herren, dann komme ih auf einen Punkt zu sprechen: Fch glaube, daß die Erfahrungen, die wir gerade in den wasserwirth- \chaftlihen Verhältnissen gemaht haben, wo wir leider bei jeder Melioration die Erfahrung machen, daß die Kosten, die veranschlagt sind, ganz erheblih überschritten werden (sehr rihtig!), worüber der Herr Finanz-Minister, wie ih sehe, seinen Kopf shüttelt meine Herren, der Grund für diese Ueberschreitungen is nah meiner Er- fahrung und Kenntniß ein ziemlih einleuchtender. Wir verlangen von unseren Technikern, daß sie Meliorationspläne machen sollen, während ibnen die Wasserverhältnisse des Stromgebiets, für das fie sie maden sollen, die Zuflüßverhältnisse, die ganzen hydrographischen Verhältnisse des betreffenden Gebiets zur Zeit vollständig unbekannt sind (sehr richtig!), und nun stellt sich heraus, daß sie entweder mit zu viel Wasser gerehnet haben, wenn bewässert werden foll, oder daß die Ableiter, die sie projektiert haben, bei gewöhnlihen Fluthzeiten nit ausreichen, oder daß sie die sonstigen Verhältnisse, die Boden- verhältnisse nicht genügend kennen. Da kann ih zu meiner Freude mittheilen, daß in dieser Beziehung ganz hexvorragende Vorarbeiten bei der landwirthschaftlichen Verwaltung ausgeführt sind und bald ibrer Vollendung entgegengehen. Das sind_hydrographische Aufnahmen mit Wasserkarten, mit einem Wasserbuh, für jedes Stromgebiet mit allen seinen Nebenflüssen. Ich rihte speziell an den Herrn Finanz- Minister die Bitte, daß er zur Beschleunigung diefer Arbeiten seine milde Hand noch weiter aufthut, als er es gethan hat.

Meine Herren, das sind Dinge, die absolut nothwendig find, und zwar nicht bloß für diese Meliorationsaufgaben; fondern wie fönnen Sie ein Wafsergeseß für den preußishen Staat erlassen, wenn Ihnen die Schäden, die in der Wasserwirthschaft vorliegen, nicht genügend bekannt sind, wenn Sie die ganzen Bedürfnisse der Wasser- wirthschaft nicht genau kennen? Und dazu dient speziell au neben den hydrographishen Aufnahmen das Wafserbuch, das genau feststellt, was für Rechte auf den Flüssen ruhen, und das die Stauanlagen und Wehranlagen u. \. w. festftellt. Das is ein unglaublich unauf- ges{lossenes Buch in der gegenwärtigen Zeit, wo die allerunerquidck- lichsten Rehts- und Verwaltungs\treite daraus entstehen, weil hier die Verhältnisse noch nicht aufgeklärt sind.

Meine Herren, das Wassergesez, welhes mein Herr Amts- vorgänger hat bearbeiten lassen, hat im Staats-Ministerium eine Prüfung noch nicht erfahren, dagegen ist es der öffentlichen Kritik unterwocfen, und das Material über diese Kritik ist jeßt vollständig bei der landwirthshaftlihen Verwaltung gesammelt; wir sind dabei, es zu sihten, es zusammenzustellen und dann im nächsten Sommer das verspreche ih Jhnen, meine Herren, mit vollem Ernst an die Arbeit, die allerdings eine äußerst \{chwierige ist, heran- zutreten und zu versuhen, Ordnung in diese Dinge hineinzubringen. Aber, meine Herren, vershweigen will ih niht, daß ih einstweilen mit manchen Prinzipien, von denen der vorliegende Entwurf aus- gegangen ist, nicht einverstanden bin. (Sehr gut! rets.) Ich glaube, daß ich in dieser Beziehung mi in Uebereinstimmung mit dem Urtheil der meisten Vertreter landwirthschaftliher Interessen befinde, die eine Prüfung diefes Geseßzes vorgenommen haben.

Meine Herren, auf die Auseinandersegzung, die General-Kommisfion, will im im allgemeinen nicht eingehen; ich will nur einige kurze Be- merkungen mir dazu gestatten, die den Etat betreffen.

Während in den Etat pro 1885/86 zur Gewährung von Bei- hilfen für die Folgeeinrihtungen nur 60000 Æ eingestellt waren, sind diese Summen fortwährend gestiegen. Für das laufende Jahr betragen sie 280 000 #, und für das nächste Etatsjahr ist mit Rücksicht auf die große Zahl der Rentengutsbildungen diese Position um 90 000 A erhöht worden. Ich persönlih bin der Meinung, daß nach den Anforderungen, die an diese Position gestellt werden, sich auch dieser Betrag als unzureichend erweisen wird; denn das Auseinander- setzungsverfahren, die Rentengutsbildung und ihre Folgeeinrihtungen nehmen einen sehr bedeutenden Umfang an.

Meine Herren, dann will ih ganz kurz streifen die Hebung der Technik des landwirthschaftlihen Gewerbes, die Einführung ver- besserten Saatguts u. s. w. Meine Herren, das sind Aufgaben, wo die Staatsregierung, die landwirthschaftlißhe Verwaltung wohl helfend eingreifen kann; es liegt das aber im wesentlihen auf dem Gebiet der Selbsthilfe und die Staatsregierung is nah jeder Nichtung hin bereit, in dieser Beziehung zu helfen. Jh will bei der Gelegenheit erwähnen, daß in Amerika, England, Frankreich und Belgien ein Gesey besteht, wonach Fabrikauten und Händler verpflichtet sind, Dünge- und Futtermittel nur mit beigefügter Ge- haltsangabe zu verkaufen, und daß jede minderwerthige Lieferung neben der Pfsliht auf Schadenersay strafbar ift. Meine Herren, auch wir werden der Frage näher treten, ob sich ein solhes Geseß empfiehlt —; abgeschlossen sind diese Untersuhungen noch nicht. Jch will dabei auch daran erinnern, daß im Reich ein Gesetzentwurf über den unlauteren Wettbewerb ausgearbeitet worden ist, was möglicherweise denselben Gegenstand betrifft. Jedenfalls wird diese Froge ecnstlih erwogen.

Bei der Generaldebatte ist die innere Kolonisation angeregt, ih glaube von dem Herrn Abg. Dr. Sattler. Auf diesem Gebiet liegt die Moor- und Haidekultur namentlich in den westlihen Gebieten, in Westfalen und Hannover. Aber ich möchte an diesen Punkt eine, ih glaube sehr wesentlihe, allgemeine Darlegung anknüpfen.

Es ift eine viel umstrittene Frage, ob Deutschland in der Lage sei, seine Nahrungêmittel, sein Getreide, Fleisch u. #. w. selbst zu be- schaffen. Darüber bin ich persönlich gar nicht zweifelhaft und der Beweis liegt bereits vor —, daß wir unseren Fleishkonsum sehr wohl vollständig zu decken in der Lage sind (sehr richtig! rechts), und alle die früheren Aeußerungen ih habe fie ja nur aus der Zeitung gehört, beispielsweise beim Schweine-Einfuhrverbot, die Warnungen, die da von der liberalen Seite erfolgten, aus dem Munde des Herrn Abg. Richter —, haben sich als durchaus fehlsam erwiesen (sehr richtig! rets). Wir haben keine übermäßigen Fleishpreise bekommen, und gerade das ist auh bei der Generaldiófussion erörtert das Schwein und seine gute Verwerthung liegt hauptsählih im Junteresse des armen Manues. (Sehr wahr! rets.)

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Aber, meine Herren, ih bin auch der Meinung, daß wir auch die

Getreideproduktion mit den Jahren für Deutschland in viel größerem Umfang zu steigern in der Lage sind, als wie das jeßt der Fall ift. Aber das wird nur mögli sein, wenn das landwirthschaftlihe Ge- werbe lohnend ist. (Sehr richtig! rechts.) Darin liegt der Shwer- punkt! So lange das nicht der Fall ist, können Sie auf ärmerem Boden, in Mooren u. \. w. keine landwirthschaftliße Kuliur ein- führen. s Meine Herren, ih habe im Eingang gesagt, Deutschland fei nur in der Lage, eine richtige, zielbewußte Wirthschaftspolitik zu treiben, wenn es wirthschaftlich unabhängig sei; so lange wir mit unserm Bedarf an Getreide, an Brotfrucht u. \. w. in dem Umfange auf das Ausland angewiesen sind, wie das gegenwärtig der Fall ift, so lange stehen wir in einer Abhängigkeit; wir müssen in unseren landwirth- schaftlichen Verhältniffen mit diesem Umstand rechnen. Wollen wir auch in dieser Beziehung zu einer größeren Unabhängigkeit kommen, fo ist vor allem zu erstreben, daß wir das Ziel erreihez, uns in diefer Beziehung unabhängig zu machen.

Meine Herren, dabei will ich nur ganz kurz die Gefahr streifen, in die wir gerathen, wenn was Gott verhüten möge! ein Krieg kommt. Es wären ganz unglaubliche Verhältnisse, wenn wir dann von dem Ausland in dem Umfange abhängig sink, wie das jeßt der Fall ist. ¡Das sind so s{chwerwiegende Umstände, daß wir auch {hon im Interesse der Vertheidigung unseres Vaterlandes dahin streben müssen, daß die Landwirthschaft lohnender wird (sehr wahr! rets), daß wir unsere Produktion ausdehnen können und unferen Bedarf selbst decken.

So ist es nit bloß eine wirthshaftlihe Aufgabe, die auf diefen Gebieten liegt, sondern eine hohpolitishe, und haben wir das erreicht, daß wir uns unabhängiger stellen, dann können wir au unabhängiger in unserer Wirthschaftspolitik diejenigen Maßnahmen ergreifen, die uns rathsam und zweckmäßig erscheinen.

Meine Herren, es wird Sie vielleicht interessieren, wenn ih rück- sihtlich der Moorkultur ein paar Zahlen mittheile. Die staatliche Forstverwaltung hat niht im Wege der Moordammkultur, sondern im Wege des Hohmoors oder des Leegmoors seit 1890 Meliorations- anlagen auf forstlihem Gebiet im Umfange von 2550 ha mit einem Kostenaufwande von 287 277 #4 ausgeführt, daneben sind noch ge- nehmigt zur Ausführung 7490 ha mit einem Kostenaufwande von 88 6934. Daneben will ih ganz kurz erwähnen, daß die Moorkolonisation im Westen, in Hannover, auch in Westfalen, sehr günstige Fortschritte macht, daß man {hon begonnen hat, dort mit fiskalishen Moor- anlagen Rentengüter aus den fkolonisierten Mooren auszugeben, und daß nach meiner Ueberzeugung mit Sicherheit zu er- warten ist, daß diese Kolonisation eine große wirthschaft- lie Bedeutung eins einnehmen wird. Während man jeßt durch 39, 40 Quabratmeilen öden Gebiets geht, wo die fata morgana nur ein ausgebranntes Moor noch am Himmel widerspiegelt, wo höchstens mal der Birkhahn darauf balzt, wird man dann erreichen, daß die fruchtbarsten Felder geschaffen werden. Und fo ist es, meine Herren. Die Provinzialverwaltung in Hannover hat in dem fanalisierten Moor eine größere Zahl folher Kolonate angelegt, wird ein paar Tausend Morgen kolonisieren, und wenn Sie dort hinkommen, \o finden Sie die üppigsten Saaten, die s{hönsten Kleefelder, die Sie sich denken können.

Meine Herren, dann sind für die Landwirthschaft im allgemeinen die Positionen von 310 000 auf 390 000 Æ erhöht worden. Ich will darauf nicht weiter eingehen, um so weniger, als ich rüdcksihilich der Verwendung dieser Mittel in der Budgetkommission bereits ein- gehende Mittheilungen gemacht habe, die wahrsheinlich der Referent der Budgetkommission Ihnen demnächst geben wird. Aber, meine Herren, aus zwei Zusammenstellungen möchte ich Ihnen einige Zahlen mittheilen wenn ih Sie niht zu sehr ermüde —, die hochinteressant sind. Ih bin erbötig, diese statistischen Ermittelungen zum sftenographishen Beriht zu geben; dann wird sie ein jeder in toto prüfen können. Jh will mir hier nur gestatten, einige wenige ganz allgemeine Zahlen zu geben. Die Zunahme an kultiviertem Acker- und Gartenland die Nachweisungen liegen mir vor für jede einzelne Provinz hat im ganzen Staats- gebiet § 9% betragen, die Wiesen haben um 0/6 abgenommen im ganzen Staatsgebiet, ebenso Weiden uad Oedländereien um 3 °/o, und die Forsten um # 9/6 zugenommen. In der Zeit von 1883 bis 1893 liegen diese statistishen Zusammenstellungen. Ich will nur Ostpreußen mal herauêgreifen. In Ostpreußen hat die Zunahme an Aer- und Gartenland 4 9/0 betragen, haben die Wiesen um 9/6 abgenommen, Weide- und Oedländereien um 7/9 und die Forsten um 2% abge- nommen. Nun wird es Sie aber interessieren, mal zu hören, wie sih das vertheilt. Die Getreide- und Hülsenfrüchte, obgleich im ganzen die Anbaufläche zugenommen hat, haben im ganzen Staat um 2 9/0 abgenommen, dagegen hat der Kartoffelbau das ift auch inter- essant um 4 °/9 zugenommen ; dagegen die Hackfrüchte um 140/69 zuge- nommen, dagegen die Handelsgewächse im ganzen Staatsgebiet um 23 %/o abgenommen. Meine Herren, das erklärt sih daraus, weil der Anbau von Rübsen und Naps total verkommen ift. (Sehr richtig.) Dann hat der Futterbau im ganzen Staat sich um 25%/o erhöht, und die sonstigen Kulturarten, weil die Brache aufgehört hat, haben um 89/9 abgenommen. Ich will auf die Zahlen für die einzelnen Provinzen niht weiter eingehen.

Es folgert aus diesen Zahlen, daß {on seit Jahren dort mehr oder weniger die einsihtigen Landwirthe bemüht gewesen find, sih auf dasjenige Gebiet der Landwirthschaft zu werfen, das rentabel ist. Alle diese Dinge weisen darauf hin, daß man auf Rentabilität hält, und die Folge ift, daß die Viehzuht das weisen diese Zahlen auh nah ih günstig entwickelt hat. Bei dieser Gelegenheit möchte ih Folgendes anknüpfen. Ih habe gesagt: die Verhältnisse im Osten sind mir nah vielen Beziehungen unbekannt; ich bin aber zweimal dort gereist und habe mir einen allgemeinen Eindruck verschafft. Im Osten müssen Sie Ihren Fortschritt da auf die Viehzucht, Rindvieh- und Pferdezucht, gründen, wo das Terrain dazu geeignet ift. Durch klimatishe Verhältnisse wird dieser Erwerbszweig weniger beeinflußt. Bei der Ausstellung der Deutschen Landwirthschafts- gesellshaft hat die oftpreußishe Viehzuht hervorragende Leistungen gezeigt.

(Schluß in der Zweiten Beilage.)

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(Schluß aus der Ersten Beilage.) *

Ich kann Jhnen sagen, daß man im Westen, in unseren Marfchen, mit Bewunderung sieht, was in so kurzer Zeit der Osten in dieser Beziehung geleistet ist. Man wird dahin gelangen können, Hervorragendes Zuchtmaterial zu schaffen. Deutschland kann si daraus ein wichtiges Exportmaterial s{affen. Ein gutes Zuchtmaterial das schen wir ja überall wird in Amerika, in Australien u. #. w. überall untergebraht, und damit können wir die Landwirthschaft um ein Erheblihes weiterbringen. Meinë Herren, auf die Pferdezucht will ih hier nit weiter eingehen; es wird sich dazu wahrscheinlich noch Gelegenheit finden. Jch will nur daran erinnern, daß wir, in den gegenwärtigen Etat die Errichtung eines neuen Landgestüts in Preußisch-Stargard und eines Zuchtgestüts in Neustadt a. D. ein- gestellt haben; die weiteren Zahlen behalte ih mir für die Berathung des Geftüt-Etats vor.

Sodann bin ih genöthigt, noch einige kurze Worte über die Ge- fahren der Einschleppung von Viehseuhen zu sagen. Zunächst er- inneré ih daran, daß Ihnen ein Schweineseuchengesey zugehen wird; das’ will ih nur kurz streifen. i

Aber auch dies Gebiet hängt mit dem, was ich eben berührt.

Yatte, eng zusammen. Wollen wir unsere Viehzucht heben und ver- bessern, so find zwei Dinge nothwendig: einmal müssen wir uns immun im Innern halten , und zweitens müssen wir uns auc davor verwahren, daß uns Krankheiten von außen gebraht werden. (Sehr rihtig!) Meine Herren, die deutsche Landwirthschaft hat seit Fahren Tolossale Opfer gebraht und bringen müssen, um im Jnnern den an- \teckenden Krankheiten vorzubeugen. In gewisser Weise sind Erfolge ‘erzielt. Auf der anderen Seite das ist die allgemein verbreitete Ansicht sind die erzielten Erfolge in Frage gestellt durch das «Ein- \{chleppen von Krankheiten von außen. (Sehr richtig! rets.)

Meine Herren, wir wollen bei der landwirthschaftlihen Ver-

waltung die Maßnahmen, um uns im Innern zu hüten, weiter forts- -

seßen mit aller Energie, und wir wollen das Kapital, das darin an- gelegt ist, niht zu Grunde gehen lassen, sondern aufrecht erhalten, und das kann dadur) geschehen, daß man die Instruktionen vermehrt, daß man Quarantäneanstalten an den Grenzen macht, daß man das von auswärts eingehende Fleis untersuhen läßt u. f. w. u. \. w., und ih kann der Neichsregierung nur meinen Dank dafür aussprechen, daß, wo die landwirthshaftlihe Verwaltung mit Anträgen und mit Vorschlägen herangetreten ift, uns zu {chühen, sei es gegen Terasfieber, sei es gegen Rinderpest oder gegen andere Gefahren, dort den diesseitigen Wünschen stets Folge gegeben ist, sodaß ich überzeugt bin, daß wir auf diesem Gebiete Großes erreicht haben und auch fernerhin erreihen werten, sodaß die Landwirthschaft auch wieder die Ueberzeugung gewinnt, daß sie sich auf das Gebiet der Viehproduktion legen darf.

Ganz kurz, meine Herren, möchte ih noch der Maßnahmen gegen die Krankheitsgefahren für Feldfrüchte u. #\. w. gedenken. Die Frage der Nematoden und sonstiger Shädlinge wird sehr eingehend studiert bei den Landwirthschaftlihen Hohschulen. Gegen die Reblaus sind die umfangreichsten Maßnahmen auch jeßt im Gange, und ih will Jhnen in kurzen Zahlen, die Sie doch wahrscheinlich interessieren werden, mittheilen: das ganze Weingebiet in Preußen beträgt 17 904 ha; davon find in der Rheinprovinz verseuht 64 ha, in Hessen-Nassau 25 ha, in der Provinz Sachsen 27 ha. Meine Herren, die Kosten der Reblausvertilgung sind im ganzen mit 100 000 (4 in den Etat eingestellt; es sind 75 000 (A für die Reblausvertilgung bestimmt, die übrigen 25 000 für andere Weinbauzwecke; diese Mittel sind immer erheblih überschritten. Im ganzen haben wir bis jeßt für diese Zweckte ausgegeben 3 980 000 46 Das Erxtinktivverfahren hat sich aber bewährt, und wir müssen weiter auf diesem Gebiete vorgehen ; zweitens müssen wir für Veredlung von Neben, wofür auc erheblihe Summen ausgegeben werden, und für immune Reben, die auch der Ansteckungs- gefahr nit so ausgesetzt sind, mehr einstellen.

Nun, meine Herren, will ich ganz kurz noch, weil ich sons wohl zu weitläufig werde, des Kreditwesens gedenken. Meine Herren, Sie wissen ja, daß die Agrarkonferenz getagt hat, und auf diesem Gebiete hat sie jedenfalls praktishe Resultate gezeitigt, die weiter verfolgt werden, sowohl für den Mobiliar-, wie für den Immobiliarkredit, und ih will bemerken, daß, während man im Westen in dieser Be-

ziehung viel weiter ist, als im Osten, man jeßt darauf aus ift, im

Osten mit aller Energie sowohl auf dem Gebiet der Selbsthilfe, wie auf dem der Staatshilfe das Verfäumte nachzuholen; ich gebe mih ads Hoffnung hin, daß wir in dieser Beziehung zu einem Resultate ge- angen.

Meine Herren, wenn wirkli die Lage der Landwirthschaft vor- übergehend bei einzelnen Landwirthen oder auch bei vielen eine“so gedrüdte ift, so könnte man auch die Frage erwägen, ob man bei den offentlihen Kreditinstituten nicht für einzelne unter besonderen Um- ständen die Amortisation einmal vorübergehend ausfallen lassen soll, um gewissermaßen für einzelne gefährdete Existenzen Luft zu schaffen. Das ist ein Gedanke, den ich nur hinwerfen will, dem ih persönlich noch nit näher getreten bin; ich kann mich weder dafür, noch dagegen aussprechen, aber ich denke, der Gedanke wäre doch zu erwägen.

Nun, meine Herren, will ih ebenso kurz das Genossenschaftswesen streifen. Meine Herren, die Produktion sowohl, wie der Absatz, wie der Bezug von landwirthschaftlihen Erzeugnissen und Bedürfnissen muß ohne Frage im genossenschaftlißen Wege organisiert werden. (Bravo! rets.) Da müssen Sie fi, meine Herren, und das liegt wesentlih auf dem Gebiete der Selbsthilfe in dieser Beziehung energischer organisieren, wie das bisher der Fall ist. (Sehr richtig!) Ich will nur daran erinnern, daß der Herr Kriegs-Minister mir schon bei meinem Dienstantritt und wiederholt gesagt hat, er seinerseits sei sehr agrarisch angehauht, er wolle der Landwirthschaft in seiner um- fangreihen Verwaltung sehr gerne zu Hilfe kommen, aber er finde keine Gegenliebe; entweder ftelle sich heraus, daß die Landwirthe sagen: Ja, wir können in dieser Qualität nicht liefern, oder, wir können nit in der Masse liefern, oder, wir können in der Gleihmäßigkeit

: f weite Beiléne zum Deutschen Reichs-Anzeiger und Königlich Preußischen

Berlin, Mittwoch, den 30. Januar

niht liefern, wie der Bedarf is. Meine Herren, diesem Mißstande fönnen Sie nur begegnen, wenn Sie Produktiv- und Absatzgenofsensaften bilden, wo im Wege der Gesammtheit die Sache gemacht wird, und ih möchte dringend mahnen, daß dieser Weg auch besritten wird. Bei- spielsweif e sind im Westen solche Dinge gemacht, theilweise auch im Osten’; ¿. B. ist eine Obstabsaßgenossenschaft gebildet worden in Heiligenbeil,

die sehr gute Resultate erzielt hat. Im Großherzogthum Oldenburg [

besteht seit 15 bis 20 Jahren eine Produktivabsaßtzgenossenschaft für fettes Vieh nah allen Hauptmärkten Deutschlands; sie liefert hervor- ragend. Man kann das auch für andere Gebiete; man kann si für Getreide u. f. w. genossenschaftlich organisieren; kurzum , das ist ein Ding, das zur Hälfte auf dem Gebiete der Selbsthilfe und der Staats- hilfe liegt, und die Staatsregierung is gewillt, nah allen Richtungen zu unterstüßen. (Bravo !)

: Die Ermäßigung von Gewichts- und Stempelgebühren darüber liegen Ihnen Gefeze vor will ich nicht weiter \treifen, aber ih möchte einen Punkt hier hervorheben. Jch halte es für dringend noth- wendig, daß die immensen Verwaltungskosten bei unseren Versicherungs- anstalten der sozialen Gesetzgebung ermäßigt werden. (Sehr wahr! rets.) Ich kann Ihnen Fälle darlegen, wo über 5009/9 der ganzen Einnahmen verwendet werden zur Dekung der Verwaltung. (Sehr richtig! rechts.) Wir haben ein viel zu kaleidoskopisches Bild für diese Einrichtungen, die sind zu doktrinär aufgezogen, und bis jeßt hat die Landwirthschaft insofern nach meiner Meinung mit ein Verschulden, als sie die Bedeutung ¡der Kosten nicht richtig verstanden hat. Die Sektionsvorstände u. f. w. haben sich garniht um die Sachen bekümmert, und infolgedessen haben die Kosten einen lawinenartigen Zuwachs genommen.

Meine Herren, ganz kurz will ich au noch die Gesindeverhältnisse erwähnen und nur bervorheben, daß gegen das. Gesindemaflerwesen eine Gesehgebung intendiert wird, die, wie ih glaube, hon in nächster Zeit dem Reichstag zugehen wird.

RNückfichtlih des Mobiliar- und JImmobiliarversiherung8wesens will ich nur darauf hinweisen, daß bei der Staatsregierung einmal darauf hingewirkt wird, die Hagelversiherung weiter zu verbreiten, die Grundsäße, nah denen versichert wird, die Formulare dafür gleich- mäßig zu gestalten; daß erwogen wird, ob man nicht bei den Re- gierungen einen Techniker anstellen will, der im Versfiherungswesfen erfahren ist, und an die Spitze eine Versiheruns-Kommission, die diese ganzen Sachen überwacht. Und dann hat sich auch der Herr Minister des Innern bereit finden lassen, versuch8weise die Sparkassen anzuweisen, daß sie Kredit geben. Kurzum, alle diese Sachen sind im Fluß.

Nun, meine Herren, komme ih auf das Gebiet, wo die Reichs- geseßgebung in Frage kommt. Da will ih, in der Hoffnung, daß Sie mich noch etwas länger ruhig anhören, meine Anshauungen zunächst bezüglih der Zukersteuer geben. Bei der Staatsregierung wird der Erlaß eines neuen Zuckersteuergeseßes erwogen; wann und ob es noch in dieser Tagung vorgelegt werden kann, das ist eine ofene Frage. Aber die Grundgedanken, von denen man bei dieser Gesetz- gebung ausgehen will, find folgende: man- will die Ver- brausteuer erhöhen. Da wird - mir wahrsheinlißh von der linken Seite des Hauses gesagt werden: dann wird also der Zuker- konsum für den armen Mann gesteigert. Gegen dieses Bedenken will ih hier hervorheben: wenn es so weiter geht mit der Zuckerkrisis, dann geht. unsere heimishe Industrie zu Grunde. (Sehr richtig!) Das Großkapital bemächtigt sich der Sache, und was dann daraus wird, das kann keiner übersehen; jedenfalls wird die Landwirthschaft zu Grunde gerichtet. Darauf kann man nit rechnen, meine Herren, daß ein Zuckerpreis, der die Produktionskosten niht mehr deckt, derjenige ist, auf den der Konsument einen Anspruch erheben kann. (Sehr richtig! rets.) Jede Arbeit muß lohnend fein, also auch ihr Haupt- produktionszweig. Der Konsument hat nur Net darauf, daß ihm das Produkt zu einem Preise geliefert wird, der den Produktionskosten einshliezlich des Gewinns für den Produzenten entspriht. (Sehr richtig! rechts. Nufe: Getreide!)

Dann kommt die Einführung einer Betriebsabgabe mit einer Skala in Frage. Dadurch denkt man, einmal die Ueberproduktion einzushränken und zweitens die Zuterindustrie als landwirthschaftliches Gewerbe zu shirmen und zu: \{chüßen, indem man die kleinere In- dustrie begünstigen will gegen die Großindustrie. (Sehr gut! rets.)

Dann will man Melasseentzuckerungs-Fabriken durch Strontianit- verfahren, welche Anlagen des Großkapitals find und die zur Ver- mehrung der Ucberproduktion beitragen, entsprehend höher besteuern (fehr gut! rechts), auch vom agrarishen Gesichtspunkt aus, weil man glaubt und erwartet, daß die Melasse schr wohl zu unserer Vieh- ernährung gebraucht werden kann, nit aber dazu zu dienen bat, die Zuckerindustrie zu vermehren.

Dann, meine Herren, will man die Ausfuhrprämien in einem Umfange erhöhen, daß unsere Industrie konkurrenzfähig gegen das Ausland bleibt. (Bravo! rets.) Meine Herren, auf keinem Gebiet hat Deutschland, und zwar unter Aufwendung großer Kapitalkosten, soviel geleistet wie im Rübenbau, in der Rübenindustrie. (Sehr rihtig! rechts.) Wir marschieren in diesen Dingen an der Spitze der Produktion. Es ist neulih bei der Generaldiskussion, ih meine von Herrn von Erffa, {on hervorgehoben worden, - wenn alle übrigen Staaten auch keine Ausfuhrprämien gäben, dann könnten wir sie am ersten entbehren. (Sehr richtig! links.) Das unterschreibe ih voll- ständig. Nun aber, nachdem Frankreich, Oesterreich das sind unsere Hauptkonkurrenten diefe erheblichen Ausfuhrvergünstigungen ge- währen, da sollen wir die Flinte ins Korn werfen (sehr richtig! rechts), und die Produktion, die wirths{aftliG die günstigste für uns ist, follen wir ohne Kampf in diesem Konkurrenz- kampfe aufgeben? (Sehr richtig! rechts.) Meine Herren, wer folche Ideen hat, versteht von unserem wirthschaftlichen Leben auf agrarishem Gebiete garnihts. (Bravo! -rechts.) Was wir im Schweiße unseres Angesichts erworben haben, das wollen wir im Konkurrenzkampf chüten, und ih bin überzeugt,, die Jndustrie und der Rübénbau sind bereit, ihrerseits diejenigen Opfer zu bringen, welche nothwendig sind,

laals-Anzeiger. | 1895.

um das Reich zu {üßen gegen Einnahmeausfälle, wenn ihnen dafür der nöthige Schuß gewährt wird. (Bravo! rets.)

Meine Herren, wie liegt die Sahe? Nebmen Sie es mir nit übel, ih habe diese Ansichten von Anfang an gehabt und wage sie au ofen auszusprechen: kein Geseß ist bedenklicher gewesen als das von 1891. (Sehr richtig! rechts.) Man hat statt der Materialsteuer die Fabrikatsteuer eingeführt, und glaubte, wenn man die Fabrikat stexer einführte, s{chränke man die Produktion ein. Nein, . meine Herren, das Umgekehrte ist der Fall: die Fabrikatsteuer erleichtert den NRübenbau auf den geringeren Böden. Sie war also ein Mittel nicht für Einschränkung, sonderá zur Vermehrung der Pröduktiöon. (Sehr richtig! rets.) Dann, meine Hecren, glaubte man die Ueberproduktion einschränken zu können dadur, daß man allmähliß unsere Boni- fikation fallen ließ, berücksihtigte aber damals nit, daß nichts Gün- stigeres geschehen konnte für unsere Konkurrenten, als wenn wir durhch Aufgabe der Erportprämien unsere Konkurrenzkraft vernichteten.

Dann kommen aber noch zwei {werwiegende Umstän i welche jeßt die Gefahr so akut maten: Amerika mit e E renzierung des Zuckers und Frankrei, wohin der Haupttheil unserer Melasseproduktion ging, mit kolossalem Einfuhrzoll für Melasse, woran wir zu Grunde gehen. Ich kann Jhnen mittheilen, daß einzelne Domänenpächter mir erzählt haben, daß sie allein dur diefen franzó- sischen Melafsseeinfuhrzoll jährlih etwa 9—10 000 A Einbuße haben Meine Herren, ih habe {hon im Eingange gesagt: die landwirthshaft- liche Krisis ist eine vielleiht mehr oder weniger {leidende im Osten : sie hat verschiedene Ursachen, wie z. B. die Verschuldung des Gtuika besißes u. f. w.; ein plößliher Untergang kann wohl bei einzelnen Gristenzen eintreten, aber daß eine von ciner befonderen Produktions- rihtung abhängige größere Kategorie von Wirthschaften zu Grunde geht, dazu ¿ählt au die mit Spiritusfabrikation arbeitende Land- wirthschaft, worauf ih glei noch komme, das ist niht anzunehmen. Dagegen, meine Herren, bei der Zuerindustrie und dem RNübenbau da wird die Krisis eine akute und zwar eine, wie ih fürdte, unglaublih akute werden. (Sehr wahr! rechts.) Meine Herren, in der Zuer- industrie und bei uns hat die Entwiklung ih fo gestaltet, daß sie eine landwirth\@aftliche Industrie geblieben ist, die Produzenten der Rüben Aktionäre der Fabriken sind da \teckt die Landwirthschaft mit den ganzen Anlagekapitalien ihrer Industrie mitten drin. Wenn sie niht mehr konkurrenzfähig bleibt, ist das Anlagekapital verloren. Es muß zum großen Theil verzinst werden, die Einnahmen aus der Industrie O und dann ist alfo der Krach doppelt herb, und wir werden A ad Dinge erleben, wenn das fo weiter geht. (Sehr richtig!

Ih möchte noch auf einen Gesichtspunkt aufmerksam ! Meine Herren, ih glaube: es is zweifellos ih va a bier ps anstandslos und ofen aus —, daß mit die größte wirth\chaftliche finanzielle, intelligente Tüchtigkeit unserer Landwirthschaft in déi Pächtern unferer Domänen steckt. Es ist auc natürli. Unsere Domânen sind von unserer weitsihtigen Domanialverwaltung seit

Jahren mit allen Meliorationen ausgestattet, die die neuere Technik

fördert. Als Pächter nehmen wic auf unseren Domänen nur Leute an, die durch ihre Person, ihr Können und Wissen die Garantie dafür bieten, daß sie die Domänen rihtig und nah dem Stande der neueren Wissenschaft verwalten. Meine Herren, Sie wissen aus den allgemeinen Bedingungen: es kann kein Pächter Domänenpächter werden, der nicht den Nachweis erbringt, daß er auc in vollem Umfange das Wirth- saftskapital besißt, was zur Bewirthschaftung nothwendig ist.

Nun, meine Herren, will ih Ihnen einige Zahlen nennen, die zu denken geten. Ich habe da Ostpreußen absihtlih weggelassen, weil es einstweilen in der Entwicklung ist; die Zahlen beziehen sih auf die Regierungsbezirke Magdeburg, Merseburg, Hildesheim, Frankfurt, Cassel Hannover und Breslau. Die Domänen in diesen Provinzen bewirth- schaften im ganzen alljährlih mit einem gewissen Turnus von 3, 4 oder 5 Jahren 14 492 ha. Die Zahl der Domänenpa{htungen in den von mir genannten Bezirken beträgt 210, die Gesammtfläche des Areals, das sle bewirthschasten 89590 ha. Davon waren, wie ih vorhin \{on an- führte, mit Zuckerrüben alljährli bestellt 14 492 ha; die Ein- nahmen aus diefen Domänen betragen 7 170 144 M, durchs{nittlich pro Hektar bringen diese Domänen einen Pachtertrag von 80,03 M, bezogen auf die Gesammtflähe inkl. der mit Nüben bebauten Fläche, wogegen fämmtlihe Domänenpahtungen des Staats einshlicßlih diefer Nübendomänen, durchschnittliß an Pactzinfen nur 41,51 4 pro Hektar bringen. Meine Herren, es ist. aber doch wohl mit Sicherheit anzunehmen und im Interesse dieser hoHintelligenten Wirthschafter, die die allergrößte Anerkennung und Achtung verdienen, sehr zu bedauern, daß, wenn der Rübenbau zurüdckgeht, die Leute ihre Pahtzinsen, die mit Rücksicht auf den Rübenbau fo hoh gegriffen find, dauernd nit werden bezahlen können. Was ist nun die Folge? Erstens verlieren diese Leute unverdienterweise, wenn sie diese hohen Pachtpreise zahlen sollen, das in die Wirthschaft hineingesteckte Kapital, und damit ihr ganzes Vermögen. Aber auch der Staat kommt dabet zu Schaden, denn wenn die alten Pächter nun die Sache nicht mehr halten können, dann werden die Domänen wieder verpahtet und im glüdlihsten Falle zu dem Durchschnittspreise der Domänenverpachtungen im ganzen Staatsgebiet. Da rehnen Sie fih nun einfa aus: jeßt bekommen wir 80 Æ pro Hektar im Durchschnitt, nachher als höchstes 41 pro Hektar, alfo die Pacht von 7 170 000 (6 geht zurück auf die Hälfte; das if die Wahrscheinlichkeit, wenigstens die Möglichkeit. Meine Herren, wenn f\chon unsere Domänenpäter, wohlhabende Leute, intelligente Landwirthe, in dem Besiy einer ausgezeihneten Wirthschaft, wo alle Meliorationen angewandt sind, mit allen technischen Mitteln ausgestattet, in die Gefahr kommen, zu verkrachen wie steht’ es da mit den Privatbesitern, die an Kapitalmangel [eiden, oder den Grundbesißern, die niht tehnisch ausgebildete Landwirthe sind und der Landwirthschaft ferner stehen, in der Hand ihrer Inspektoren u. st. w. sind die werden viel weniger widerstandsfähig sein, die verkrahen um so mehr! Und ein Staat wie Preußen darf nicht till«

s{chweigend ‘zusehen, daß seine tühtigsten Landwirthe und großen

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