1895 / 29 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 01 Feb 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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_ des Bundesraths wurde dem Entwurf eines

Jhre Königlichen Hoheiten der Großherzog und Der Erbgroßherzog Lx Baden sind gestern Nachmittag um 1/3 Ühr von Bee nah Karlsruhe zurückgereist.

n der am 31. v. M, unter dem Vorsiß des Vize- “Präsidenten des Staats - Ministeriums, Staatssekretärs des Innern Dr. von Boetticher abgehaltenen F v eseßes, be- treffend die Bestrafung des Sklavenraubs und des Sklavenhandels, dem Entwurf eines Geseßes für Elsaß - Lothringen - über die Gebäudesteuer , dem Antrage Anhalts, betreffend die steuerlihe Behandlung der Abraum- salze, sowie den Entwürfen von Bestimmungen über die Be- shäftigung jugendliher Arbeiter auf Steinkohlenbergwerken und über die Beschäftigung von Avbeiterinnen und jugendlichen Arbeitern in E und Hammerwerken die. Zustimmung ertheilt. Der Entwurf eines Geseßes für Eljsaß-Lothrin- gen wegen Aufhebung des Gesehes über die Ernennuwg und die Besoldung der Bürgermeister und Beigeordneten væm

4. Juli 1887 wurde den zuständigen Ausschüssen Sd Sf

Ueber die Vorlage, betreffend Ueberschreitungen bei den Be- soldungs- und Pensions-Etats der Reichsbankbeamten für 1892 und 1893, sowie über die Allerhöchsten Orts zu unterbreitenden Vorschläge wegen Beseßung von pel Mitgliedsstellen beim Reichsbank-Direktorium wurde Beschluß gefaßt. Endlich wurde eine größere Anzahl von Eingaben erledigt.

In der gestern abgehaltenen Schlußsizung des Kom- munal-Landtags der Kurmark gab der Vorfißende, Geheime Regierungs und Landrath von Winterfeldt- Menkin eine Uebersicht der in der siebzehntägigen Session erledigten Geschäfte. Darnah sind 98 Sachen zur Ver- handlung gekommen, von denen der 1. Ausshuß 37, der IL Ausschuß 58 bearbeitet hat. Das Plenum hat diese in aht Sigzungen erledigt. Außerdem sind drei Vor- lagen von dem Ritterschaftlihen Konvent in einer Sißung des leßteren zur Berathung und Beschlußfassung gelangt. Der Vorsißende {loß den 67. Kommunal-Landtag mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser und König, in das die Versammlung mit begeistertem dreimaligen Ruf einstimmte.

Nach einer an das Ober-Kommando der Marine ge- langten telegraphishen Meldung beabsihtigt S. M. Kbt. „Fltis“, Kommandant Kapitän-Lieutenant Jngenohl, heute von Shanghai nah Chinkiang in See zu gehen.

Vayern. Seine Königliche Hoheit der Prinz Wolfgang, der jüngste, 15 Jahre alte Sohn Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Ludwig, ist gestern Abend nach eintägiger Krank- heit gestorben.

Schwarzburg-Sondershaufsen.

Der Lan dtags-Ausschuß des Fürstenthums wird am 4. Februar in Sondershausen zusammentreten.

Reuß ä. L.

—+ Seine Durchlaucht der Fürst ist am 31. v. M. pon seiner Besizung in Nadeberg bei Dresden, wohin sih Höchst- derselbe auf einige Tage zur Jagd begeben hatte, nach Greiz zurückgekehrt. j

In den öffentlihen Sißungen des Landtags vom 30. und 31. Januar d. J. wurde nah dem Referat des Abg. Jahn über die erfolgte Prüfung der Landes-Kassenrehnungen auf die Jahre 1891/93, sowie der Rehnungen über den Fonds für gemeinnüßige Zwecke im Jnteresse des Feuerlöshwesens und der Feuersicherheit auf die gleihe Periode dem Antrage der Finanzkommission entsprehend, der Fürstlihen Staats- regierung einstimmig die Ermächtigung zur Richtigsprehung der Rechnungen ertheilt.

Elsaß-Lothringen.

In dem Etatsentwurf für 1895/96 sind die Ein- nahmen und Ausgaben auf je 55383315 A veranschlagt, und ar im ordenilihen Etat auf 51 112798, im außer- ordentlichen auf 4270517 # Der dem Geseg beigegebenen Denk- schrift entnimmt die „Straßb. Korresp.“ Folgendes: Unter den Einnahmen des ordentlichen Etats findet sich ein Uebershuß von 296 225 M6 aus verfügbaren Beständen des Rechnungsjahres 1893/94, während dem laufenden Jahre 1894/95 ein Ueberschuß von 3192411 M zu gute fam. Der Unterschied zwischen den Ueberschüssen der beiden leßten Rechnungsjahre hat zum weitaus größten Theil feinen Grund in der Aenderung, welche in den beiden Jahren zwischen dem Verhältniß der Ueberweisungen des Reichs zu dem Matrikularbeitrag zu Un- unsten des Landesfonds eingetreten ist. Während nämlich 892/93 die Ueberweisungen den Matrifularbeitrag rechnungs- mäßig um 201 420 #. überstiegen, blieben dieselben 1893/94 rechnungsmäßig um 1849767 # hinter demselben zurüdck, was einen Unterschied von 2051187 # ausmacht. Hierbei kommt jedoch in Betracht, daß in beiden Jahren in dem an das Reich gezahlten Matrikularbeitrag das Biersteueräquivalent mitenthalten war. Wird dieses Aequivalent mit rund einer Million Mark in Gegenrechnung gebracht, so hat Elsaß- Lothringen 1892/93 vom Reich zur Bestreitung seiner eigenen Ausgaben einen Zuschuß von 1 201 420 4 erhalten, 1893/94 Sud dem Reich Zur Bestreitung der Reichsausgaben einen

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von 849767 46 aus Landesfonds gezahlt. Ohne

Zuschußzahlung an das Reih wäre dem Etat für 1895/96 ein Uebershuß von 1 145 992 M zu gute gekommen. Daß im Rechnungsjahr 1893/94 troß der erhöhten Zahlung an Matrikularbeitrag ein Uebershuß von 296 225 6 verblieben ift, kommt vor allem daher, daß die Einnahmen an cigentlichen Enregistrementsgebühren und Erbschaftssteuer den Etatsansaßz um 1183975 F überstiegen haben. Weitere wefentliche Mehreinnahmen haben ergeben : die Weinsteuer mit 194 976 #6, die Biersteuer und Uebergangsabgabe von Bier mit 369 795 4, die direkten Steuern mit 102565 4 Diesen und anderen kleinen Mehrertirägnissen stehen als wesentlihe Minderein- nahmen gegen die Etatsansäße gegenüber: bei den Einnahmen aus” Holz 368784 F wegen der infolge der Wind- fälle erforderlih gewordenen Einschränkungen des Einschlags

und bei den Ueberweisungen des Reichs 339643 44 Nah der vom Bundesrath getroffenen Festseßung der Gesammtsummen der Ueberweisungen seitens des Reichs an die Einzelstaaten und des von diesen zu entrichtenden Matrikularbeitrags wird der von Elsaß-Lothringen für 1895/96 zu zahlende Matrikular-

- beitrag die Ueberweisungen, welche ihm zukommen, um 22420004

übersteigen. Mit Rücksicht auf diesen Umstand ist bei der Auf- stellung des Entwurfs davon ausgegangen, daß bei denjenigen Positionen, bezüglich welcher im Etat für 1894/95 die früheren Ansäße wegen der damaligen Pagen gekürzt worden sind, die frührren Beträge nur insoweit wieder in Vorschlag zu bringen seien, als dies unbedingt erforderlih ershien. Es be- trifft dies namentlich die has für fakfultative gemeinnüßige Es sowie diejenigen Fonds, bezüglih welcher verfügbare

este aus Vorjahren es ermöglichen, auch für 1895/96 mit einem ermäßigten Kredit auszukommen. Mehrausgaben sind thunlichst vermieden worden. Troßdem mußte nicht nur für den außerordentlichen, sondern sogar für den ordentlichen Etat eine Ergänzung der Einnahmen durch Rentenbegebung vor- gesehen werden.

E E S E S T eb Ebi ns W Mes e _—- C 0H:

Oesterreich-Ungarn.

Jn der geftriven Sibung des böhmischen Landtags begründete, wie „W. T. B.“ berichtet, der Abg. Kramarz unter A Unruhe des Hauses einen Antrag auf Abände- rung der Landtagsordnung in dem Sinne, daß das Ministerverantwortlichkeits-- Gesep auch auf den Statt- halter ausgedehnt werde und dieser dem Landtage ver- antwortlih sein solle. Kramarz griff den Statthalter heftig an und {loß mit der Bemerkung, daß wirth- e nbi Fragen die beiden Nationalitäten in einem elbständigen böhmishen Parlament mit wverantwortlicher Landesregierung vereinigen würden. Der Statthalter Graf Thun erklärte namens der Regierung den Antrag Kramarz als gegen die Staatsgrundgeseßze gerihtet und daher un- diskutierbar. - Troß der lärmenden Aufforderung seitens der Jungczechen, E zu sprechen, beendete der Statthalter seinen Say in deut]her Sprache. Der Antrag Kramarz Finn mit allen gegen die Stimmen der Jungczechen ab- gelehnt.

Das ungarische Unterhaus seßte (an die Be- rathung des Kultusbudgets fort. Titel 1 wurde mit roßer Mazorität bewilligt; auch ein überwiegender Theil er Opposition stimmte dafür. Der Kultus - Minister Wlassics erklärte auf das entschiedenste, er werde keine Modifikationen der noch ausstehenden Kirchengeseße ver- treten, die nicht auch die Mitglieder des früheren Kabinets acceptierten. Die Autonomie der Katholiken sei nur in der Weise denkbar, daß sie den Kirchendogmen nicht widersprehe. Seine Hauptthätigkeit werde der Minister der Verbesserung der Bil- dung der Lehrer zuwenden. Er erachte Frauen für die Aus- bildung zu Frauen- und Kinderärzten sowie zu Apothekern sehr geeignet. Unter lebhaftem Beifall {loß der Minister mit der Versicherung, er werde seine Pflicht in Hütung des größten Schatzes der Nation, des Kultus, zu erfüllen wissen.

Fraukreich.

Der Ministerrath hat die Beiseßung der Leiche des Marschalls Canrobert auf nächsten Sonntag festgeseßt und beschlossen, daß sie einen rein militärischen Charakter tragen solle.

Im Senat brachte gestern, wie „W. T. B.“ meldet, der Justiz-Minister Trarieux die Amnestievorlage ein, für welche die Dringlichkeit beschlossen wurde. Der Senat ver- sammelte sich sofort in den Abtheilungen, um die Kommission Wu wählen. Alle Mitglieder dieser Kommission waren für die

orlage. Nach der Wiederaufnahme der Sißzung befürworteten der Berichterstatter und der Justiz-Minister die Amnestie- vorlage und appellierten an die Eintracht und Brüderlichkeit. Buffet bekämpfte die Vorlage, die nur den Politikern zum Vortheil gereiche, welche die Arbeiter ausbeutcten. Die Vor- lage wurde mit 216 gegen 7 Stimmen angenommen. Hierauf brachte der Kriegs-Minister General Zurlinden die Vorlage ein, betreffend den Kredit für das Leichenbegängniß des Marschalls Canrobert, und hob die glänzende Laufbahn Canrobert’s hervor. Die Berathung der Vorlage wurde auf heute festgeseßt.

In der Deputirtenkammer brachte der Kriegs-Minister General Zurlinden gleichfalls die Vorlage ein, betreffend die Bewilligung eines Kredits von 20 000 Fr. für das Leichen- begängniß des Marschalls Canrobert. Der Deputirte A (radikal) bekämpfte die Vorlage und führte aus, Sanrobert habe an dem Staatsstreihe und an der Kapitu- lation von Meß theilgenommen. Der Minister-Präsident Ribot erwiderte, der Marschall Canrobert habe die Fahne Frankreihs ruhmreich auf allen Schlachtfeldern wehen lassen. (Hejtige Unterbrehungen auf der äußersten Linken.) Der Minister-Präsident Ribot stellie hierauf die Ver- trauensfrage. Der Deputirte Hubbard wollte antworten, wurde aber vom Zentrum am Sprechen gehindert. Lebhafter Lärm, Nufe: Es lebe die Armee! Der Lärm dauerte eine Viertelstunde. Endlich fonnte Hubbard wieder sprechen, und las unter großem Lurm einige Stellen aus dem Pro- tokoll über die Kapitulation von Mey vor. Die Kammer

genehmigte hierauf die Dringlichkeit L die Vorlage mit 304 gegen 160 Stimmen . und beshloß die fso-

fortige Berathung. Der Deputirte Lavy tadelte unter großem Lärm das Verhalten Canrobert’s beim Staatsstreih. Der Deputirte Le Hérissé (früherer Boulangist) befürwortete die Vorlage und rechtfertigte Canrobert's Verhalten, da er bei dem Staatsstreih doch nur den Befehl feiner Vorgeseßten ausgeführt habe. (Widerspruch auf der äußersten Linken.) Der Deputirte Avez (Sozialist) erwiderte, Major Labordère habe lieber seinen Degen zerbrochen als die Verfassung verleßt. (Beifall links.) Der Deputirte Le Hérissé entgegnete: Labor- dère habe Unrecht gehabt. Rufe: „Zur Ordnung!“ Der Präsident Brisson bemerkte, ein Soldat dürfe nicht der Verfassung zuwiderlaufenden Befehlen gehorhen. (Lebhafter Beifall links,) Der Deputirte Grousset (Sozialist) beantragte, Baudin solle eine Statue errichtet werden. Der Minister- Präsident Nibot bestieg nun die Tribüne und erklärte, die Regierung habe Baudin für seine Vertheidigung des Gesehes Ehre erwiesen. Grousset, der gegen die Geseße seines Landes verstoßen habe, sei niht berehtigt, zu Gunsten von Baudin Forderungen zu stellen. (Lebhafter Beifall im Zentrum. Widerspruch auf der äußersten Linken.) Möge Canrobert der jungen Armee ein Vorbild sein; gänz Frankreich werde von ganzem Herzen gern dem Sarg folgen. Hierauf wurde der

“Kaisers * érlafsenen Manifest, baben zür

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Antrag Grousset mit 296 gegen 150 Stimmen abgelehnt und der Kredit von 20 000 Fres. Für die Beisezung des Marschalls Canrobert mit 288 gegen 152 Stimmen genchmigt.-

Nufßland. i Der Kaiser und die Kaiserin empfingen, wie „W. T. B.“ aus St. Petersburg berichtet, vorgestern weitere 129 Deputationen, darunter solche von jüdischen Gemeinden aus verschiedenen Theilen des Reichs. ; Die Leiche des Staats-Minisiers von Giers wurde gestern Nachmittag 1 Uhr im Nes neben der Gruft des Prinzen von Oldenburg in Gegenwart der Familie, der Beamten des Ministeriums der auswärtigen A g enen,

des Ministers Yermoloff und des Fürsten Gortschakoff beigescßt. Die „Juriditscheskaja Gazeta“ (Juristishe Zéttuna]

schreibt :

Die Thronbesteigung des Kaisers Nikolaus hat in einigen Kreisen Rußlands willkürlicher Weise die Idee bezüglich der Möglichkeit einer geplanten wesentlichen Veränderung in der Ordnung der Staats- verwaltung hervorgerufen. Diese auf nihts begründeten Voraut- seßungen, welche in vollem Widerspruhe stehen wie zur Geschichte, dem Wesen und dem Charakter u{serer felbstherrlißen Ver- waltung, so auh zu dem béi der Thronbesteigung des ser ] abe Einbringung einer Pon seitens der Na Dam ing des Gouvernements

wer geführt wegen der wünschenswerthzn Betheiligung der Ver- treter der Semstwo an den Angelegenheiten der allgemeinen inneren Verwaltung. hne Zweifel haben f\olhe Petitionen felbst gegen- wärtig nur deshalb stattgefunden, weil \ih in der Gesellshaft Gerüchte verbreiteten, daß der Kaiser fih ihnen gegenüber wohlgeneigt ver- hält. Nur dur diese Kombinationen konnte man sih auch die jüngste Blättermeldung erklären, daß es dem Kaiser gefällig gewesen sei, die Wahl der Person für den vakanten Posten des Ministers für Wege und Kommunikationen der Einsicht des Reichsraths anheim- zustellen. Auf diese Weise erscheint die Ansprache des Kaisers im Winterpalais sie ist voll E und Klarheit durchaus zeit- gemäß, da sie der Möglichkeit jeglicher, durchaus unbegründeter Illusionen vorbeugt, welche zu traurigen Folgen führen, in die un- willkürlich nicht nur einzelne Personen, fondern auch ganze Institute hineingezogen werden fönnen. Ae

Die Herausgeber und Redakteure, sowie sämmtliche Mitarbeiter der Moskauer Zeitungen (der „Moskows- kija Wjedomosti“, des „Moskowskij Listok“, der „Rußkoje Obosrenje“ und des „Ruskoje Slowo“) haben vorgestern in der Sergiuskirche einen Gottesdienst aus Anlaß des Kaiserlihen Gnadenerlasses vom 13. Januar ab- halten und dem Kaiser durch Vermittelung des Groß- fürsten Konstantin Konstantinowish ihren Dank zum Aus- druck bringen lassen. Außerdem wurde beschlossen, ein nach -dem Kaiser Nikolaus benanntes Asyl für arbeits- unfähig gewordene Mitarbeiter russischer Zeitungen und deren Familien zu gründen, ferner in der Kirche abel Sergius das Bild dieses Heiligen zu stiften und alljährlich am 13./1. einen Dankgottesdienst abhalten zu lassen. Für das Asyl wurden von den Zeitungsherausgebern namhafte jährliche oder einmalige Beiträge gezeichnet.

Jtalien. _ Auf Antrag der Kardinalskommission für die orienta- lischen Kirchen hat der Papst beschlossen, in Konstantinopel eine höhere Studienanstalt zur Ausbildung des griechisch- katholischen Klerus zu gründen und eine Kirche erbauen zu lassen, in welcher Gottesdienst nah grièhischem Ritus abgehalten werden soll.

Spanien.

Aus Madrid berichtet „W. T. B.“, daß der maroktka-

nische außerordentlihe Gesandte, als er gestern sein Hotel oerließ, von einem Mann einen Schlag auf die Schulter erhalten habe. Der Thäter, ein verabschiedeter General l der shon mehrfah Spuren von Q gezeigt abe, fe sofort verhaftet worden. Eine große Menschenmenge hatte sich vor dem Hotel des Gesandten angesammelt: zahl- reiche Polizeibeamte waren zur Stelle. Der Gesandte E das Haus, ohne daß es zu einem Zwischenfall kam, un machte dem Minister - Präsidenten Sagasta einen Besuch. Später stattete der Marschall Martinez Campos dem marokkanischen Gesandten einen Besuch ab und gab dem Bedauern über die That Ausdru.

: Je der Kammer erklärte der Kriegs-Minister auf eine Anfrage Canova's, der Minister des Auswärtigen habe ein Telegramm nah Tanger gesandt, welches besage, die That sei eine vereinzelte, Volk und Regierung protestierten gegen dieselbe. Außerdem habe der Minister an die übrigen Mächte Depeschen gerichtet, um zeder falschen Jnterpretation entgegenzutreten.

Der oberste Nath für Krieg und Marine ist zu- sammengetreten, um cin summarisches Verfahren gegen Fuentes einzuleiten.

Die Sache hat in Madrid große Erregung hervorgerufen. Man glaubt, Fuentes habe den in Melilla gefallenen General Margallo rächen wollen.

Schweiz.

Alle ausgewiesenen Anarchisten sind, mit Ausnahme des flüchtigen Tirolers Gioseffi, in Haft genommen worden und werden, abgeschen von zweien, die zur Regelung ihrer Geschäfte einen 24 stündigen Aufschub erhielten, sofort an die Grenze gebracht werden.

Numänien.

__ Jn der Kammer interpellierte o der liberale Depu- tirte Stefanesco die Regierung über angebliche andauernde Meinungsverschiedenheiten zwishen der Regierung und den Präsidenten der beiden Kammern, fowie über die angebliche Erklärung des Ministers Carp, daß die Präsidenten der Kammern lediglich die Majoritäten zu repräsen- tieren berufen seien. Der Minister - Präsident Catargi be- dauerte den Zeitverlust, den solche mit sich brächten. tonte, die Präsidenten hätten wie jeder Abgeordnete das Recht, ihre Einwendungen gegen Geseßentwürfe zu erheben. Hoffent- lih werde nie der Fall eintreten, daß Geseßentwürfe ohne er- zieltes Einvernehmen mit den Präsidenten den Kammern vor- gelegt würden. Seine persönliche Würde und die Präsidenten- würde werde er stets zu wahren wissen. Jn Bezug auf das Bergwerksgeseß bestehe zwischen der Regierung ind den Präsi- denten der Kammern volliges Einvernehmen.

__ Bei den Ergänzungswahlen eines Senators im Distrikt Sudzawa und eines Deputirten im Distrikt Tutova wurden die konservativen Kandidaten mit großer Mehrheit gewählt. Bei einer Deputirten-Ergänzungswahl in Prahova erhielt gleihfalls der konservative Kandidat die meisten Stimmen, doch ift eine Stichwahl erforderlich.

e Znterpellationen Der Kammer - Präsident Mano be-

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Schweden und Norwegen. Am Shlusse der heutigen Ministerrathsfihung hat, wie „W. T. B.“ meldet, das Ministerium feine Entlassung

eingereiht. Der König entschied, die Demission solle ver- fassungsmäßig behandelt werden. „Amerika.

Eine in New-York eingetroffene Depesche aus Panama meldet, daß die Rebellen von Cundinamarca dur General Zoe geshlagen worden seien. Nach einer Depesche aus Colon fand gestern in Bogota ein Gefecht statt, bei dem gegen 200 Mann fielen. Die von dem Prästdenten geführten Regierungstruppen - blieben fiegrei ch. Jn Carta- gena wurden 60 Liberale verhaftet. E

In Paris ist die Nachricht aus Uag uil eingetroffen, die Regierung von Ecuador habe dem von Japan an- gekauften chilenishen Kreuzer „Esmeralda“ gestattet, die Flagge von Ecuador zu führen. Diese Erlaubniß habe

roßen Unwillen hervorgerufen, und es sei zu ernstlichen Aus-

éccitunden gekommen, bei denen die Truppen Feuer gegeben

hätten und mehrere Personen getödtet ¿vorden seien. 5 Aus Lima wird aemeldet, die Aufftändishen hätten

—{ich-Arcquipa=s bemächtigt. --—- S o

Asien. :

Eine in Shangha # eingetroffene Depesche aus Wei- Ha i-Wei meldet, die Japaner hätten das östliche Fort erobert; das auf der entgegengeseßten Seite des Hafens liegende Fort beschieße indessen das eingenommene Fort }o a die Chinesen hofften, Wei - Hai - Wei halten zu önnen.

Dem „Reuter hen Bureau“ wird aus Chefoo von gestern gemeldet, die Japaner hätten vorgestern Wei-Hai- Wei nah zweitägigem Kampf genommen. Die Chinesen seien geflohen ; die Verluste derselben würden auf 2000 Mann angegeben. Die Jnsel Lin-Kung-Tan, auf der sih zahlreiche Befestigungen und der Regierung gehörige Werkstätten befänden, sei noch in den Händen der Chinesen. Alle Europäer hätten wohlbehalten Wei-Hai-Wei verlassen. i

Nach Meldungen aus Hiroshima von heute wird der Premier-Minister Jt o heute die chinesischen Abgesandten empfangen.

Parlamentarische Itachrichten.

Die Schlußberihte über die gestrigen Sißungen des Reichstags und des Hauses der Abgeordneten befinden fich in der Ersten Beilage.

Der Nag seßte in seiner heutigen (28.) Sißgung, welcher der Staatssekretär, Staats - Minister Dr. von Boettiher und der Staats - Minister Freiherr von Berl epsh beiwohnten, die erste Berathung des Geseßes, betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung (Wandergewerbe), fort, in Verbindung mit der ersten Be- rathung des in Betreff} desselben Gegenftandes von den Abgg. Gröber, Hiße und Genossen (Zentr.) eingebrachten Gesehentmurfs as Wori nahm zuerst Abg. von Strom- eck (Zentr.). (Schluß des Blattes.)

Das Haus der Abgeordneten sezte in seiner heutigen (10.) Sißzung, welcher der Minister für Landwirth- haft 2c. Freiherr von Hammerstein beiwohnte, die zweite Berathung des Etats der landwirthshafilihen

Verwaltung fort. : : i

Abg, Parisius (fr. Volksp.) nimmt Bezug auf statistische Nachweisungen, um festzustellen, daß die MeHbl- und Broipreise mit den Kornpreisen in engem Zusammenhange f\tänden und also eine Zollerhöhung auch immer eine Vertheuerung des Mehls und Brots zur Folge gehabt habe, s L

Abg. Shmidt-Steglitz (kons.): Ich Habe hier einen Wunsch des Verbandes deutscher Gärtner zur Sprache zu Bringen, der dahin geht, es möchte im landwirthschaftlißhen Ministerium für die gärt- nerishen Interessen ein befonderes Dezernat bestellt werden, damit die die Gärtnereien betreffenden Angelegenheiten eine sahgemäße Be- handlung erführen. Die Gärtnerei ift nah der fozialen Selesuung den landwirthschaftlihen Betrieben gleichgestellt, nah der Steuer- geseßgebung aber werden Handelsgärtner ¿zur Gewerbesteuer heran- ezogen, während sonst! landroirthshaftlihe Betriebe von dieser Steuer frei bleiben, Es kommt daher vor, daß große Gärtnereien, die von Nichtgärtnern betrieben werden, fteuerfrei bleiben, während fleine Handelsgärtner besteuert werden. Ich bitte den Minister, diefer Ungerechtigkeit ein Ende zu machen.

Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammerstein: X habe als ehemaliger Vorsißender des hannoverschen GärtnerverbanrWs ein warmes Empfinden für die Interessen diefes Gewerbes und werde ihm auch in meiner jeßigen Stellung entgegenkommen. Ein Referat für gärtnerishe Angelegenheiten besteht bereits im Ministerium, damit erledigt sih diese Frage; die andere Frage gehört in das Ressort ‘der Herren, die die Steuerfragen zu behandeln haben.

Abg. Gothein (fr. Vgg.): Es ist doch fehr bedeutsam, s der Minister, der aus dem Westen stammt, wo die größte Gegnerschaft gegen die Staffeltarife bestand, die Aufhebung dieser Tarife be- lagt. Den Ausführungen des Herrn Ministers über die Wichtigkeit der Kanalfrage für die Landwirthschaft ftimme i vollständig bei. Eer Vize-Präsident Freiherr v on Heereman ermahnt den Redner, ih nicht in eine Generaldiskussion zu verlieren, worauf der Redner auf weitere Ausführungen verzichtet.) E

du dem Kapitel der General-Komm issionen bemerkt der Berichterstatter z :

__ Abg. Frhr, von Erff a (kons.): In dieses Kapitel sind auch die Ge- hälter für die Beamten aufgenommen, welche für die neu zu grün- dende General-Kommission in Königsberg nothwendig sind. Die Budget- Kommission hat Anstand genommen, die Annahme dieser Posten vor der Entscheidung über den Gefetzentrourf, betreffend die neue General-Kommission, zu empfehlen, wenn feitens der Regterung niht die Erklärung abgegeben wird, daß fie von der Bewilligung nur Gebrauh machen werde für den Fall der Genehmigung des be- treffenden Gesehentwurfs. i

_ Minister für Landwirthschaft 2c. Freiherr von Hammerstein: Die von der Budgetkommission gewünschte Erklärung gebe ih in folgender Form3ab: Ih erkläre namens der Staatsregierung, daß dit Voraussegung der Budgetkommission zutrifft, unD daß die für die neue General-Fommission in Königsberg in den Etat eingestellten Summen nur zur Verausgabung gelangen werden, sofern das Geseg, betreffend die Einrichtung der neuen General. Kommission, angenommen wird.

__ Abg. von Brockhaus en (konf.): Die bisHerigen Rentenguts- bildungen haben ohne Zweifel für die Landwirthschaft im Osten vor- theilhaft gewirkt. Zu beklagen if nur, daß die General-Kommissionen viel zu langsam arbeiten. Wenn 4 Jahre von der Fest- stellung der Punktationen bis zur Fertigstellung des Renten- guts verfließen, so ist Das eine viel zu lange Zeit. Es wäre sehr zu wünschen, daß den General-Kommissionen erfahrene Katasterbeamten beigegeben würden. Weiterhin ift es nothwendig, die Zwischenarbeiten, die Regelung der Hypothekenangclegenheiten, die

Heranziehung von Ansiedlern 2. mehr aus den Händen der Agenten zu nehmen. , Wenn mit ftaatliher Betheiligung die Bildung von Privatgesellshaften, welche diese Arbeiten übernähmen, SeAen würde, so würde ‘das eine bedeutende Unterstüßung der General-Kommissionen fein. Der Güterschlähterei muß entschieden entgegengetreten werden. Die Frage, ob dic fogenannten Adjazenten- fäuse unter das Gesetz fallen, ist bisher zweifelhaft; es würde gut sein, wenn die Regierung sih darüber äußern wollte. Auch die Frage der Ausgabe von 3%/oigen Rentenbriefen möchte ih anregen. Es ist ja nur eine Frage dex Zeit, ob die Landschaften ihre Pfand- briefe fonvertieren, und man follte das in dem Rentenguts- geseß bestehende Hinderniß für die Ausgabe von 3%/% ftatt 33 %/o Rentenbriefen {on jeßt beseitigen. Wenn es nun auch wünschens- werth’ist, den Geschäftsgang der General-Kommission zu beschleunigen, so darf doch die Tendenz des Nentengutsgeseßes nicht außer Acht gelassen werden: die Schaffung: eines leistungsfähigen Bauern- standes. Es kommt bei .der Bildung von Rentengütern nicht auf die Masse, sondern auf die Qualität an. Um einen ‘wirklich [eistungsfähigen Bauernstand zu schaffen, genügt aber das Rentengut®- geseß nicht; dazu ift nothwendig, daß die Landwirthschaft überhaupt wieder rentabel gemaht wird. Dazu kann die Hebung der Viehzucht, besonders der Schafzucht, im Osten viel beitragen; vor allem aber handelt es sich darum, den Getreidebau wieder lohnend zu gestalten. Ohne dies reichen alle anderen Mittel nicht aus.

« in Abrede stellen, -daß das Verfahren--bei der-Nentengüterbildung ænt- die Vermessungsarbeiten bisweilen eine unliebsame Verzögerung erfahren. Das liegt in der Natur der Sache. Wenn wir im Osten der Monarchie über ein rihtiges Katasterkartenmaterial verfügten, würden die Rentengutspläne “in „verhältnißmäßig kurzer Zeit aufgestellt werden können. Den Wunsch des Vorredners, daß die Vermessungs- Vorschriften erleichtert werden möchten, halte ih für \{chwer erfüllbar. Fh bezweifle auch, daß die Finanzverwaltung damit einver- standen fein würde. 8 muß natürlich als berechtigt aner- kannt werden, daß die Verwaltung cin vollkommen einwand- freies Landmessungsmaterial beschaffe, damit die Reuntengut- Nehmer über hren Besitz eine Karte erhalten, die sie für alle Zeiten egen fostspielige Grenzstreitigkeiten sichert. Wir sind feit läugerer Zeit bemüht, den Uebelftänden auf diesem Gebiet entgegen- zutreten. Die Landmesser müssen sich. jeßt an den Minister wenden, damit eine den Verhältnissen entsprehende Vertheilun des tehuishen Materials ermöglicht wird. Ferner ist der Versu emacht worden, Kataster - Kontroleure zu den Vermessungsarbeiten P éreniletiaben, unter Umständen auch Privat-Landmesser. Das hat aber niht genügt. Nach dem nächsten Prüfungstermin an den Land- wirthschaftlichen A pa werden wir eine Reihe neuer Kräfte ein- stellen können. Gewerbsmäßige Gütershlächter werden von der Ver- mittlung von Rentengütern ausgeschlossen werden. Ganz ohne Agenten wird es aber wohl nit abgehen. Gerade im Kreise Berlin habe ih einen Agenten kennen gelernt, der ein ausgesprochenes Organisationstalent für Ansiedelungen hat. Ueber die Frage der Ausgabe von dreiprozen- tigen Rentengüterbriefen kann umäso weniger debattiert werden, als der Vorredner selbst einen diesbezüglilen Wunsch nicht ausgesprochen hat. Daß die Form der Rentengutbildung dur Konfolidation, also die Adjazentenkäufe, im Sinne des Gesetzes liegen, ist bereits in einer allgemeinen Verfügung vom Justiz-Minister, vom Finanz- Minister und dem Landwirthschafts-Minister aus8gesprohen worden. Nach einer kürzlich aufgemahten Zusammenstellung entfallen von 3593 MRentengütern 1072 auf folche Adjazentenkäufe, woran die General-Kommission für die Provinz Schlesien den Hauptantheil hat.

(Schluß des Blattes.)

In der Kommission des Reichstags zur Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend Aenderung und Ergänzungen des Sitrafgeseybuchs, des Militär-Strafgefeßbuchs und des Gesetzes über die Presse, haben der ,„Nat.-Ztg.* zufolge die Abgg. Graf von Roon, Freiherr von Hammerstein, Hüpeden, von Buchka und von Salish (kons.) beantragt, im § 353a des Strafgeseßbuhs, welher die Verleßung der Amtsverschwiegen- heit von Beamten im Dienste des Auswärtigen Amts des Deutschen Reichs mit Gefängniß oder mit Geldstrafe bis zu 5000 6 bedroht, die gesperrt gedruckten Worte zu streihen, fodaß also die Strafbestimmung auf alle Beamten Anwendung finden foll. Ferner beantragen die genannten Abgeordneten, dem er- wähnten Paragraphen folgenden Absaß anzufügen: „Dieselbe Strafe trifft denjenigen, welher es unternimmt, einen Beamten zu einer der im Absag 1 bezeichneten strafbaren Handlungen zu verleiten, oder welher ein Schriftstück oder eine Anweisung eines Vorgeseßten oder deren Inhalt, von denen er durch die Verleßung der Amtsvershwiegenheit von seiten eines Beamten Kenntniß erlangt hat, veröffentliht, oder welher auf die im S 111a bezeihnete Weise eine nah Abs. 1 strafbare Handlung an- preist oder als erlaubt darstellt.“

__— Dem Herrenhause ist der Entwurf eines Geseßes, betreffend die Vertretung der Kreis- und Provinzial-Synodalver- bände in vermögensrehtlihen Angelegenheiten, zugegangen.

Entscheidungen des Reichsgerichts.

Die Frage, ob einRoman als eine unzüchtige Schrift, deren Verbreitung aus § 184 Str.-G.-B. zu bestrafen ift, zu erachten ift, kann, nah einem Urtheil des Reich8gerichts, 11. Strafsenats, vom 18. September 1894, regelmäßig nur nah dem Gesammtinhalt des Romans richtig beurtheilt werden, ift aber der Roman in einer Zeitschrift, von der jedes Heft einzeln verkauft wird, stück- weise herausgegeben worden, und ift dasjenige Heft, welches. un- züchtige Stellen enthält, in jolche Leserkreise gelangt, die nur dieses Heft in die Hände bekamen, so kann, ohne Rücksicht auf den Gesammt- inhalt des Romans, das Unzüchtige des in dem be- treffenden Heft enthaltenen Theils festgestellt werden. Ein Roman wurde heftweise in der eitshrift „Lichtstrahlen“ von welcher alle vierzehn Tage ein Heft erscheint, veröffentlicht. Jedes N dieser Zeitschrift wird einzeln verkauft und ein Zwang zum

bonnement auf einen ganzen Jahrgang besteht nicht. Der in dem Heft 12 veröffentlichte Theil des Romans enthielt nach der Auf- fa ua des Staatsanwalts unzühtige Stellen, und es wurde gegen den Mitverleger (der auh der Verfasser des Romans war) der Zeit- rift Anklage aus § 184 Str.-G.-B. wegen Eng einer un- züchtigen Schrift erhoben. Entgegen dem Antrage des Angeklagten, es solle der ganze Roman verlesen oder wenigstens ein literarisher Sachverständiger über den behaupteten fkünstlerishen Zweck des Romans vernommen werden, beshloß die Strafkammer nur die in pest 12 befindlihe Fortseßung des Romans zu verlesen, nachdem sie festgestellt hatte, daß das Heft 12 mit dem Willen des Angeklagten auch in solche Lesertreile gelangt ist, die nur dies Heft in die Hände bekamen und sona von den künstlerishen Tendenzen, die der Ver- fasser des Romans angeblich verfolgte, keine: Kenntniß erhielten. Die Nevision des Angeklagten wurde .vom Reichs8gericht verworfen, indem es ausführte: „Unter den festgestellten Umständen konnte der_ erste Richter ohne Rechtsirrthum das Heft 12 als eine selbständige Schrift ansehen und ohne Rücksiht darauf, daß Theile des Romans sih in N eften befanden, die Unzüchtigkeit dieses Heftes feststellen.“

4/94.

Handel und Gewerbe. Jn der Reichsbank fand heute Vormittag 101/52 Uhr

die jährlihe Plenarversammlung der Berliner Abrechnung s- stelle statt, welcher außer der Reichsbank und der Seehandlung

Geheimer Regierungs-Rath Sachs: Es läßt sich allerdings nicht

geblieben: die von

20 erste Berliner Bankhäuser angehören. Aus den Mittheilungen - des Vorsißenden, Reichsbank-Präsidenten, Wirklichen Geheimen Naths Dr, Koch entnehmen wir, daß die Abrechnungen (Clearings) hinsichtlih der wu c die des Jahres 1893 um 29076 überschritten haben, hinsichtlich des Betrages dagegen (mit 4619368 600 Ma) um 17536 100 M hinter denen von 1893 een sind. Bei allen 10 Abrehnungsstellen der Reichsbank zeigt sih aber sowohl bei den Beträgen als bet der Stückzahl ein niht unerheblihes Mehr. Es sind im ganzen abgerehnet:

1894: 3 379 730 Posten mit... . 18398 039 600 #6

1893: 3200546 „, e 1B T2090 O0 also 1894 :

mehr 174184 Posten im Betrage von 125 104 000 6

Somit sind die höchsten Umsäße seit der Errichtung der deut- schen Clearing-Häuser (1883/84) erreiht. Die Gesammtsumme der Clearings in London mit 6337 Mill. Lstrl. ist es in diesem Jahre wieder zurückgegangen. Seit 1887 (6077 Mill. Lítrl.) war der Umsaz nicht M niedrig. Der Gesammtumjaß

aller englischen Clearing-Hä@user im Jahre 1894 beläuft sih aber

troßdem auf 5 417 295 Mill. Pfd. Sterl. = 108 345 900 000 #6

Bei der Chambre de compensation ?n Paris sind eingereiht

5379348.000. Fres. = 4303478 000 E

Die Umsäße der Clearing-Houses der Vereinigten

Staaten betrugen 45 615 280 187 Doll.- = 182461 000 000 und sind damit um 16 Proz. hinter den vorjährigen zurück-

New-York allein beliefen sich auf 24 387 307 000 Doll. = 97551 000 000 M, d. i. 22 Proz.

weniger als im Jahre 1893. Schließlih wurden die vier bis-

gera kaufmännischen Ausschußmitglieder durch Zuruf wieder- gewählt. i / i

Verkehrs-Anstalten.

Laut Telegramm aus Herbesthal is die erste englishe Post über Ostende vom 31. Januar ausgeblieben. Grund: Zugverspätung in England und Sturm auf See. Laut Telegramm aus Köln (Rhein) ist auch die zweite englische Post über Ostende vom 31. Januar wegen Zug- orodtala in England ausgeblieben. Laut Telegramm aus Goch hat die erste englische Post über Vlissingen vom 31. Januar in Oberhausen den Anschluß nah Berlin nicht erreiht. Grund: Sturm auf See.

Ueber Verkehrsftörungen, die dur die Witterungsver- bältnifse verursaht find, liegen heute folgende Meldungen des Q, Pop!

Die Königliche Eisenbahn-Direktion Br omberg giebt bekannt: Auf der Strecke Tilsit—Stallupönen is seit gestern früh 7 Uhr der Perfonen- und Güterverkehr infolge von Schneeverwehungen unter- brohen. Die Sperrung wird vorauésihtlich 48 Stunden dauern.

Das Eisenbahn-Betriebsamt Küstrin meldet: Die infolge von Schneeverwehunßen eingetretene Betriebsstörung auf den Strecken Stargard—Lippehne und Glasow— Berlinchen der Stargard-Küstriner Eisenbahn war bis 31. v. M. Nachmittag gehoben.

Das Kösniglihe Eisenbahn-Betrieb8amt Stralsund giebt be- fannt: Die Strecke Stralsund bis Berlin, Stettiner Bahnhof, ift frei. Die Strecken Stralsund—Demmin, Stralsund—Rostock und Wolgast—Barth sind gleichfalls wieder frei. Die Rügener Bahnen werden voraussihtlich ers morgen wieder fahrbar.

Aus Altona wird gemeldet: Die Bahnen auf Fünen fowie die jütländishen Strecken Herning—Skanderborg, Hobro—Hjörring, Verde—Ringkjöbing —Lunderskow—Ribe und Herning—Skern sind 06 agen aaa unfahrbar; die Dauer der Störung ift ungewiß.

Aus Reval wird telegraphiert : Drei im Eis \teckengebliebene Dampfer sind freigekommen und ins offene Meer gegangen. Die E o Reval und Ba ltischp ort find abwechselnd frei und eisbedeckt.

Theater und Musfik.

Berliner Theater.

_ Ernst Wichert's neues Schauspiel „Marienburg“, das gestern Abend bei seiner ersten Aufführung eine beifällige Aufnahme fand, hat, wie sein Schauspiel „Aus eigenem Recht“, einen historischen Hintergrund. Der Titel „Marienburg“ weist bereits auf den Ort und annähernd auf die Zeit der Handlung hin, auf jene Zeit nämlich, als die Hochmeister des Deutschen Ordens von der Marienburg aus die Segnungen der Kultur im damals fernen Preußen- lande verbreiteten. Das Schicksal des leßten Hochmeisters, Ludwig von CErlichshausen, der vor dem Polenkönig und dem Preußenbunde \{chmnählich aus der Burg entweihen muß, verflicht der Dichter gewandt mit eincr düsteren Familientragödie, die fast überreih ist an Verwickelungen und Konflikten. Die Theilnahme des Zuschauers wird auf diese Weise zersplittert. Kaum hat er sih für das Geschick der Tochter und des Sohnes des Bürgermeisters Blume in Marienburg erwärmt, als das uralte Leid des Thorner Nathsherrn Tileman vom Wege-fich in den Vordergrund drängt. Jost, der Sohn Tilemän's, entdeckt fue todtgeglaubte Mutter, erkennt in der mit wilder Leiden- schaft von ihm verfolgten Ursula seine Halbschwester und kehrt endlich reumüthig zu Blume's vergebungsreihem Töchterlein zurück, das er zuerst geliebt hat, während Ursula nun dem Zuge ihres Herzens folgen und \sich mit Blume's Sohn Marcus vereinigen kann. In der all- gemeinen Versöhnung werden alle alten Leiden vergessen, aber durch die her- eindrängenden Böhmen und Polen, die den ehrlichen Bürgermeister Blume zum Tode s{leppen, wird zum Schluß eine düstere Stimmung erzeugt. In dem Schauspiel tritt, troß des beweaten historishen Hintergrundes und der verwickelten Familienverhältnifse, die epishe Erzählung, die lang ausgesponnene Reflerxion vor einer eigentlihen Handlung in den Vordergrund. Diese Schwäche mahnt an die Entstehung des Dramas, das aus einem hbistorishen Roman Wichert's gleihsam heraus- geshnitten worden ist. Eine wirklich dramatische Scene besißt nur der dritte Akt, wo Jost seinem Vater Tileman die todt geglaubte Mutter gegenüberstellt. Die übrigen zahlreichen Motive der Handlung sind meist nur kurz angedeutet, sodaß der Zuschauer auch keinen O Einblick in das Seelenleben der handelnden Personen ge- winnt.

Die Darsteller gaben ihr Bestes und konnten doch nicht immer die erstrebte lebendige Wirkung erzielen. Fräulein Haverland als Waldfrau und sündige verstoßene Gattin sprah in mildem Klageton rubig und einfach und bot in ihrer Erscheinung ein vornehmes rührendes Bild dar. Frau Geßner als Ursula entwickelte mehr Natürlichkeit und Frische der Darstellung als sonst in der leßten Zeit. Unter den Herren sind F. Suske (Tileman), Sommerstorff (Iost), Nollet (Bürgermeister Blume) und besonders Herr Merten (Ulrich Czerwonka) als greiser durstiger Kriegsheld mit Anerkennung für ihre shauspielerishe Leistung zu erwähnen. Die Regie hatte für ges{chmadckvolle Kostüme und \timmungsvolle Dekorationen geforgt und fo zu dem Erfolg des Abends beigetragen.

Zentral -Theater.

Das Zeutral-Theater konnte vorgestern bei ausverkauftem Hause die 150. Aufführung feiner Mgreahgen Repertoire-Posse „O, diese Berliner * begehen. Die bunten Bilder des Stücks übten auf das animierte Publikum au diesem Jubiläums-Abend noch eine ebenfo be- lustigende und unterhaltende Wirkung aus, wie bei der Première. Kränze und Blumenspenden gab es wieder in Fülle, besonders nah

dem vierten Bilde „Italien in Berlin“. Die Hauptdarsteller, K Emil Thomas, Frau Anna Bâäckers, Frau Dora, Herr