1895 / 45 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 20 Feb 1895 18:00:01 GMT) scan diff

angeftellt hat. Der Vergleih mit sonstigen Versicherungsanftalten aber ergiebt für die Anstalten der Alters- und Invaliditätsversicherung ein außerordentlih günstiges Resultat. Es waren im Jahre 1893 bei 31 Versicherungsanfstalten im ganzen 1358 besoldete Beamte thätig, also auf rund 7700 Versicherte ein Beamter. Dagegen braucht der Preußische Beamtenverein, der, wie ich hon bemerkte, mit außer- ordentli geringen Koften verwa]tet wird, 20 Beamte auf 25 900 Ver- siderte, also einen auf rund 1250. Sie werden alfo auch nah der Richtung bin unseren Versicherungsanstalten \{chwerlich einen be- gründeten Vorwurf machen können. j

Wenn der Abg. Molkenbuhr weiter eine Klage und einen Vor- wurf über die Gestaltung unserer Gesetzgebung daraus hat herleiten wollen, daß die Arbeiter noch nicht die Hälfte von dem bezogen haben, was sie selbs für die Alters- und Invaliditätsgeseßgebung aus- gegeben haben, o beruht auc dieser Vorwurf wesentlih auf einem Miß- verständniß, auf einer irrthümlihen Auslegung des Geseges und auf thatsählich nicht zutreffenden Unterlagen. Es liegt hier vor mir eine Nachweisung, aus der \sich ergiebt, daß im Jahre 1891 von der Gesammtheit der Arbeiter in runder Summe 47 Millionen für die Alters- und Invaliditätsversicherung aufgebracht und Renten im Be- trage von 15,3 Millionen ausgezahlt worden find; im : Jahre 1892 steht einem Arbeiterbeitrag von wiederum rund 47 Millionen Mark eine Rentenzahlung von 22,4 Millionen gegenüber; und im Jahre 1893 find, während die Arbeiter rund 48 Millionen gezahlt baben, 28,1 Millionen an Rente ausgezahlt worden. Aber, meine Herren, ist denn das etwas fo Bedenklihes? Wir haben bekanntli E und darauf hat der Herr Abg. Enneccerus mit vollem Rechte hingewiesen Ges das Kapitaldeckungsverfahren; wir fönnen also nit, wie beim Umlageverfahren, nur die Deckung für die Renten, die in diesem Jahr ausgezahlt find, suchen, sondern wir : müssen die Prämien so bemessen, daß durch fie das Kapital gescafft wird, um dauernd die Renten, die in diefem Jahr erwachsen, sicher zu stellen; und die mir vorliegende Nachweisung ergiebt denn au} und das sage ich zur Berubigung des Herrn Abg. Molkenbuhr 2 daß in den folgenden Jahren sich das Ding ganz anders stellen wird. Bereits 1894 find auf 48 Millionen Arbeiterbeiträge 34 Millionen Rente gezahlt worden, 1895 werden {on 41,1 Millionen gezahlt werden und 1896 wird zuerfl die Summe der zu zahlenden Renten böber sein als die der Arbeiterbeiträge. Die Renten steigen fortgeseßt ; meine Nachweisung {ließt mit dem Jahre 1900, da werden zu zablen sein von vornherein können wir das natürlih nicht mit Sicherbeit feststellen, aber. an der Hand der bisberigen Erfahrungen im Wege der Wahrscheinlihkeitsbereßnung 67,7 Millionen Renten gegenüber nur 48 Millionen Arbeiterbeiträgen. (Hört! hört!) Also nur ein wenig Geduld, Herr Abg. Molkenbubhr, und das Verhältniß, welhes Sie jeßt anscheinend mit Recht beklagen, wird sich um- gekehrt stellen. :

Ich habe noch eine andere interessante Nachweisung; aus der ergiebt fich ich will nicht alle Zablen nennen, weil das zu weit führen würde —, daß die Arbeiter jeßt niht ganz ein Drittel der durch fie bewirkten Belastung aufbringen, d. h. desjenigen, was sie wieder ausgezahlt erhalten.

Ich kann mihch nur dem Wunsch des Herrn Abg. Dr. Enneccerus anschließen, daß auch von diésen Berehnungen und Zahlen in Ihren Versammlungen Sie sind ja jeßt Freunde dieser Gesetzgebung, also können Sie es um so leihter thun ein ausgiebiger Gebrau gemaht und gesagt würde: wenn die Arbeiter jeßt auch anscheinend Grund bâtten, um deswillen unzufrieden zu sein, weil die Gesammtheit der Arbeiter weniger erhalte als jie aufbringt, so würde sh dieses Verhältniß in Zukunft erbeblich verbessern und der Arbeiter nach der Absicht des Gesetzes immer zu den Renten nur ein Drittel beitragen. l

Man sprach geftern auch von der Einwirkung der sozialpolitischen Gesetzgebung auf die Armenpflege; man behauptete, daß, obwohl die sozialpolitishe Geseßgebung folofsale Summen aufbringen läßt, doch die Laften der Armenpflege niht geringer geworden seien. In dieser Allgemeinheit ift die Behauptung nit rihtig, die Frage hat uns früber {on bier beschäftigt, wobei ih darauf hinwies, daß, wenn die Laften der Armenpflege niht geringer geworden find, das wesentlih dem Umstand zuzuschreiben ist, daß die Armenpflege jeßt eine viel intenfivere ift als früber (sehr rihtig !), und daß, seit der verunglüdte invralide Arbeiter durh die sozialpolitishe Gesetzgebung ein menschen- würdigeres Loos erhalten hat, als er es früher hatte, auh die Anspröäe aller übrigen Armen gewachsen find, gegenüber dem standard of life, den fie früber batten. (Sebr rihtig!) Ih bin mit einer Gnquête in dieser Beziehung beshäftigt, deren Ergebniß ih Ihnen demnächst mitzutbeilen hoffe. Dasselbe wird voraus\sichtlih einen sehr interefsanten Einblick liefern in die Einwirkung unserer sozialpelitishen Gesesgebung auf die Armenpflege. Aber auch abgesehen von dem Ergebniß einer solchen Enquête, liegt doch die Frage außer- ordentlih nahe: wo bleibt denn das Geld, was wir in so großen Mengen aufbringen? Wem kommt es zu gute? Den verunglüdckten invaliden Arbeitern! Und der Gesetzgeber hat ih gern dazu ent- shlofien, die allgemeine Arbeiterfürsorge in dieser Form einzuführen- (Bravo!)

Noch einige Worte zu dem vorliegenden Antrage Auer, den ih abzulehnen bitte. Er behandelt Detailfragen, die bei der Korrektur des Gesetzes werden behandelt werden, die wir au selbft bei Vorbereitung des Geseges in Angriff nehmen werden. Es empfiehlt sh nicht tas bemertie ih schon neulich in der Budgetkommission —, mit einer einzelnen Kerreftur einem Gesehe gegenüber vorzugehen, wenn es au nad anderen Richtungen Lücken und Mängel zeigt, die man beffer ge- meiziam fast. Jh trete Herrn Dr. Enneccerus darin bei, daß die beiden Punfiz: Beruftinvalidität und Altersrenten nicht die dringendsten sind, rüdfudtlid teren tas Gefeß Korrektur erheisht. Ih würde aber gar- nidts dagegen haben, diese Fragen besonders vorzunehmen, wenn ih zur ganz fider wáre, daf, wenn ein soldher Geseßentwurf, der sih auf dieie beiten Fragen beshränft, hier im Hause zur Verhandlung tommit, fu) au ter boße Reichêtag darauf beshränken würde. Aber giett man tur cinen solden Srezialentwurf einmal Gelegenheit, alle Sámeren unt lagen, bie über cin bestimmtes Gese laut geworden find, hier jz verhantesn, so wird in der Regel diese Gelegenheit nicht unbenutt gelassen; wir würden tann wahrscheinli eine sehr viel ausgedehntere Debatte haben, die fih niht auf diese beiden Punkte Feshränten würte. Da sage ih: diese Debatte hat nur dann einen Zweck und kann nur daun frutbar werten, wenn fie an der Hand von sorgfältig vorbereiteten und gut fundierten Borshlägen geschieht. (Sehr richtig!)

Ich empfehle also den Antrag Auer nicht zur Annahme. Gegen das Amendement Hitze habe ich nichts zu erinnern; auch meinen Wünschen entspriht es, wenn die Arbeiten mögli gefördert werden ich habe {on vorhin gesagt, weshalb das bisher nit hat gesehen können und ich werde meinerseits gern bemüht sein, die Sae zu fördern. , a Was den Antrag Pichler anlangt, so will ih nur notitias causa bemerken, daß die Förderung der Zwecke, welche er in feinem An- trag ins Auge gefaßt hat, doch {hon bisher von den Invaliditäts- und Altersversicherungsanfstalten niht unbeachtet geblieben ist. Nach der mir vorliegenden Zusammenstellung haben die Anstalten Darlehen ¡u Zwecken der Herstellung von Arbeiterwohnungen bereits in einem Betrage von 5 740 000 A hbergegeben, und an Gemeinden und Korpo- rationen sind zu Zwecken, die vorwiegend den Versicherten zu gute kommen , wie zu Krankenhäusern 2c., {hon 2 400 090 aufgewendet worden, zu anderen Zwecken, wie z. B. Schulen, Wasserleitungen, Slachthäusern, haben die Versicherungsanstalten rund 4 Millionen bereitgestelt. Es sind also ihre Aufwendungen auf diesem Gebiete der gemeinnützigen Thätigkeit auf über 13 Millionen zu beziffern. Ich leugne nicht, daß nah dieser Nichtung bin noch viel mebr ges {ehen könnte; allein der Antrag des Herrn Abg. Pichler ist in der Form, wie er gesteüt ift, kaum möglich; denn die Regierungen haben nach dem Geseß nicht die Befugniß, in dieser Beziehung irgendwelchWe Vorschriften mit verbindlicher Kraft zu erlaffen; sie können nur empfehlen, daß das Geld, welches die Versicherungs- anstalten ansammeln, mehr als bisber zu gemeinnüßigen Zwecken verwandt wird, und das ift bereits gesehen. Das Reichs-Versicherungs- amt hat auch dies Ziel im Auge und wird nicht ablafsen, fernerhin empfehlend einzutreten. | Was nun endlih den Antrag des Herrn Abg. Dr. Kruse betrifft, fo habe ih darauf hinzuweisen, und ich glaube, er bat geftern {on selbst in seinem Vortrage darauf aufmerksam gemacht, daß wie in der Novelle zum Unfallversiherungsgesez, welhe im vorigen Jahre publiziert worden ift, auch die Ausdehnung der Unfallversicherung auf die Seefischerei in Ausficht genommen if. Die neulichen Unglüds- fälle legen die Erwägung nahe, ob man nit von der Befugniß, die in §1 des See-Unfallversiherung8geseßes dem Bundesrath gegeben ist, Gebrauch machen und die Seefischerei hon jeßt der Versicherungs- pflege unterstellen sol. Jch bin niht dagegen, daß man diese Frage von neuem zum Gegenftand der Erwägung macht, aber ich will nur darauf aufmerksam machen, daß es nicht ganz leiht ift, die Seefischerei unterzubringen. Die Seeberufsgenofsenshaft würde vielleicht geneigt sein, die mit Dampfschiffen betriebene Hochseefischerei aufzunehmen, sie würde aber wahrsheinlich nicht geneigt sein, auch die übrigen Bootsfischer aufzunehmen, weil sie damit ganz andere, gegenüber dem eigentlihen Betriebe ihrer Genofsen durhaus heterogene Gewerbe- treibende in ihren Verband aufnehmen müßte. Und den Bootsfischern selber würde man einen außerordentlißch geringen Gefallen damit thun, wenn man fie der Seeberufsgenofsenshaft überweisen wollte; denn die Lasten, die die Zuweisung an die Seeberufs- genofsenshaft mit sch führen würde, würden wahrsceinlich für die Bootsfischer an unseren Küsten, die sch doch im allgemeinen in einer dürftigen Vermögensläge befinden, zu bhoch sein. Deshalb hat au die Novelle, welche wir wegen der Ausdehnung der Ver- siherungspfliht auf die Seefisher vorgelegt haben, in Auésicht ge- nommen, daß gerade dieser Kategorie von Versicherungspflichtigen die Last erleihtert werden sollte. Wir hatten eine Mitwirkung der Kom- munalverbände vorgesehen, wie das ähnli auch {hon im Bau- Unfallversicherungëgeseß zu gewissen Zwecken geschehen ift, und wollten “auf diesem Wege die Last für die Fischer erleihtern und ibnen auf billigere Weise eine Wohlthat zuweisen, die ibnen auf die Dauer gar- nicht vorenthalten werden kann. Diese Frage wird jeßt wieder erwogen werden, und ih werde mih freuen, wenn es gelingt, einen Weg zu finden, der \sahlich rihtig ift und der möglihst bald zum Ziele führt. Was den zweiten Antrag anlangt, daß die klimatischen Krank- beiten der Seeleute den Betriebsunfällen im Sinne des Unfall- versicherung8geseßes gleichgestellt werden möchten, so bin ich auch in dieser Beziehung bereits mit Verhandlungen befaßt. Die Seeberufs- genossenschaft wünschte, daß die Hinterbliebenen, also die Wittwen und Waisen von Seeleuten, ganz allgemein durch die Berufägenofsen- schaft versorgt würden, au die Hinterbliebenen von solchen Seeleuten, die an klimatishen Fiebern verstorben sind. Die Berufsgenofsenschaft ging dabei davon aus, daß schon die jeßigen Beiträge dazu ausreichen würden. Die Ermittelungen, welhe wir über die Möglichkeit einer folhen Herstellung der Wittwen- und Waisenversorgung für Seeleute angestellt baben, haben indefsen sehr erbeblihe Zweifel daran ergeben, ob mit den Beiträgen, die die Seeberufsgenofsenschaft jetzt aufbringt, auch dieser Zweck \ih werde erfüllen lassen. Es ift allerdings richtig, daß in der Seeberufsgenossenshaft das Aufkommen an Beiträgen sehr erheblih den Bedarf an Alters- und Invaliditätsrenten übersteigt. Das rührt einfach daher, daß der Seemann in der Regel {hon bei guten Jahren zu einem anderen Beruf übergeht oder sich selbftändig macht, und also im Falle der Invalidität niht in demselben Umfang, wie es bei anderen Gewerben der Fall ift, der Invaliditäts-Versicherungs- anstalt zur Last fällt. Außerdem kommt bei einer solhen Organisation, wie die Seeberufsgenossenshaft sie im Auge hatte, auch die Frage in Betracht, ob es \ich empfiehlt, nur allein für die Wittwen und Waisen der Seeleute eine Versicherung berzustellen, während man für die Wittwen und Waisen aller übrigen Gewerbetreibenden im Lande eine folhe Fürsorge noch nicht eingerihtet hat. Es fommt weiter in Betracht, daß die Abzweigung der Seeleute von den Invaliditäts-Versiherungsanstalten auch nicht ganz ohne Bedenken ist, daß sie ein Beispiel werden könnte, was angezogen wird, wenn auch in sonstigen Berufskreisen der Wunsch nah einer Sezession entstehen sollte. Wir wollen aber die Versorgung von Hinterbliebenen von solhen Seeleuten, die am gelben Fieber und an- deren flimatishen Krankheiten gestorben sind, niht ad calendas Graecas vertagen und vers{ließen uns der Erkenntniß nicht, daß es fi innerlich rehtfertigt, die Todesfälle an diesen Krankheiten, ähn- li wie das mit den Schäden, die durch Elementarereignisse hervorgerufen werden, geschehen ift, den Betrieb8unfällen gleih zu stellen. Es sind bereits die Vorarbeiten für eine solhe Regelung ver Sache gemacht, und ih bin damit beshäftigt, eine Aufnahme über den Umfang der Todesfälle und die Fürsorge, die einzutreten haben würde, aufzunehmen. Also dieser Antrag is gerade niht nöthig, aber wenn Sie ihn annehmen wollen, wird er die Reihsverwaltung niht weiter genieren. Im übrigen kann ich nur meine Freude wiederholen, daß die bis-

herige Diskussion doch die Ueberzeugung in mir beftärkt hat, daß

es niht die Absicht des Reichstags „ist, "an den Fundamenten unserer segensreihen Arbeiterversiherungs-Geseßgebung zu rütteln. (Bravo!) . Grillenberger (Soz.): Der Staatssekretär bat erklärt die S Verzögerung in der Abste ng der vorhandenen Mängel bs, deute keine Stagnation der Sozialgeseßzgebung. Vor einigen baben wir in diesem Hause sehr viel von der Stagnation dieser Gesetzgebung gehört ; vom Regierungstische wurde gesagt : man müsse ih - überlegen, ob man n: weiter auf dem bisherigen ge gehen könne, wenn die Geseze nur Wasser auf die Mühle der Sozialdemokratie seien. Wenn diese Geseze der Sozialdemokratie förderlih gewesen sind, fo beweist das, daß sie bes weitem niht genügen, den tiefgehenden sozialen Schäden wirkli ab, zuhelfen. Auf die allge:neine Lebenshaltung der arbeitenden Klasse baben sie einen befsernden Einfluß niht ausgeübt. Jst die Alters- und Invaliditätsverfiherung auf falsher Grundlage aufgerichtet, fo noch mehr die Unfallversiherung. Die Berufsgenofsenshaften find nit eeignet, diese Versicherung sahgemäß durchzuführen. Die auf allen Seiten etheilte Erwartung, daß die Liberalität der Berufs, enoffenshaften es faum würde zu Prozefsen kommen lasen, it sehr enttäuscht worden. Die bi alia» me _ haben ih zu Innungen der Großkapitalisten entwickelt und stellen in den ordergrund den Gesihtspunkt, möglihst wenig zu zahlen. Daß die Genoffenschaftsärzte nicht nur über den Zustand des Verleßten Aus- kunft geben, sondern auch den b tentlah der Arbeitsfähigkeit fest- stellen, ist die Hauptquelle der zahllosen Klagen. Wir wünschen die Ausdehnung der Unfallversiherung auf das Handwerk, und wenn dieses die Lasten niht tragen kann, so find wir geneigt, eine Be- stimmung in das Geseßz zu bringen, wonach das Reih Zu: s{üfse giebt. Nah unserer Auffafsung müßten die Kranken-, die Unfal- und Alters- und Invaliditätsversicherung in einer Organisation vereinigt und die Beiträge in Form von Steuer- zus{lägen erboben werden. An die Spiße der ganzen Organisation wäre ein selbständiges Reichs-Arbeitêamt zu stellen, zu welhem das Reichs-Versiherungsamt umzugestalten wäre. Der Ah Enneccerus irrt, wenn er dem Abg. Molkenbuhr den Vorwurf macht, nicht auf die glänzenden finanziellen Resultate A mg as bin- gewiesen zu haben. Er hat nur andere Schlüsse daraus friogen, als der Abg. Enneccerus. Am nächsten läge es do, angesichts so guter Ergebnisse in der Gewährung von Invalidenrenten weniger rigoros u sein. i Ü A | Aba. Rösicke (b. k. Fr.): Es ist do interefsaut, daß ein An- trag, wie der Antrag Auer, von der fozialdemokratischen Partei ein- gebracht wird; denn die Herren versuchen damit, die Zahl der Renten- empfänger zu vermehren, also derjenigen Personen, welche sie früber immer als „30-Pfennig-Rentiers* bezeichneten, die nit leben und nit sterben könnten. Und während die fozialdemokratische Partei immer und immer wieder versichert hat, daß es Arbeiter von 70 Jahren garniht gebe, verlangen die Herren jeßt, daß den fiebzig- jährigen A bettera der Nachweis der Nentenberectigung ers leihtert werde. Wenn es fo fort geht, dann werden wir die Sozial- demokraten boffentlich bald als die besten Freunde der fozialpolitischen

novelle damit begründet wird, daß die soziale Gesezgebung den Land- wirthen AkrsWioiaglithe Lasten auferlege, fo ist hierfür doch kein Be- weis erbraht. Das Zentrum verlangt eine ausgedehntere Verwendung der Mittel der Versicherungsgesellshaften für landwirtb\{aft- lihe Kreditzwecke. Ich halte es für bedenklih, auf diese Weise in die Selbstverwaltung jener Institute einzugreifen. Der

Kruse wird sich leichter bei der in Aussicht stehenden Novelle

E ie s E B E C T IG hat {hon vor Jahren

grn o

erledigen lassen. Die S einen inbaltlih noch weitergehenden Antrag als Zeugniß für die von dem Abg. Bebe Selbstsuht der Rheder angesehen werden fann. be hat die alte Methode angewandt, einzelne Vorkommnisse zu generalisfieren und gegen ganze Klassen von Arbeit- gebern zu verwerthen. Wir würden uns leihter mit den Sozial- demokraten aus8einanderseßen, wenn überhaupt niht so viel Unwahr- haftigkeit bei ihnen herrschte. Der Abg. Grillenberger hat auch heute wieder die Berufsgenossenshaften angegriffen. Er klagte darüber, daß dieselben nit die vielen Prozesse über die Schadentersatzpflicht aus der Welt geschafft hätten. Die Berufsgenossenshaften haben damit aber garnichts zu thun; es sind die Arbeiter, welche Einspruh gegen die Entscheidungen erheben. Für die Richtigkeit der leßteren im allgemeinen spricht der Umstand, daß nur der ahte Theil aller angefohtenen Entscheidungen im Wege des Schiedsgerichts zu Gunsten der Arbeiter verändert worden ist. Der Abg. Grillenberger hat auch den Mangel an Liberalität bei den Berufsgenofsenschaften angegriffen. Die Berufs- genofsenshaften haben aber garniht Liberalität zu üben, sondern ein- fach als Behörden Reht zu sprechen. Der bg. Grillen- berger hat einzelne Fälle angeführt, um die Entscheidungen der Berufsgenofsenshaften zu diskreditieren. Dem gegenüber könnte ih wieder Fälle anführen, in welchen die Be- rufsgenofsenshaften weit über das hinaus8gingen, wozu fie verpflichtet waren. So wurde im Hospital in Prenzlau ein Invalide verpflegt, der dur einen Unfall völlig gelähmt war und jeiner Auflösung ent- gegenging. Eine hohe Dame aus einem mildthätigen Verein inter- essierte ih für den Mann und regte seine Ueberführung nach dem Süden an. Gegen die Ansicht der behandelnden Aerzte, welche diesen Schritt als absolut nußlos erklärten, übernahm die be- treffende Berufsgenofsenshaft die Kosten für die „Ueber- siedelung, die freilich erfolglos blieb. Das war doch wohl liberal: Der Abg. Grillenberger verlangt die Abkürzung der Karenz- zeit. In praktifcher Weise haben mehrere Berufsgenossenschaften in Berlin diese Frage durch die Einrihtung von Unfallstationen gelöft, welhe gleich nach dem Unfall in Thätigkeit treten sollen. Diese Unfallstationen find aber von den Sozialdemokraten bohkottiert worden. ges haben fie tropdem gute Erfolge erzielt. Die Sozialdemo- aten aber sollten, wenn sie es ehrlich mit den Arbeitern meinten, die Arbeitgeber, die Gutes s\tiften wollen, lieber unterstützen, ftatt ihnen die Arme zu unterbinden. l | E Abg. Hilpert (bayr. Bauernbund): Auch wir wollen einen Schus für die Arbeiter, aber in anderer Form, als ihn das Invaliditäts- und Altersversicherungsgeseß organisiert , das namentli für die Land- wirtbschaft eine Last ist. Die Kosten der Invaliditäts- und Alter- versicherung müssen auf breiterer Grundlage und zwar in der Form einer allgemeinen Steuer vertbeilt werden. E Abg. Meyer- Danzig (Rp.): Ih kann dem Staatssekretär nicht darin beiftimmen, val die Verwaltung eine sehr billige ist, und ih glaube nicht, daß der Vergleich mit den Versicherunganftalten zutreffend ist; denn die Hauptsache fehlt. Das if die folofia Arbeitsleistung, über die wir uns auf dem Lande beklagen, And Amtsvorsteher und Arbeitgeber umsonst und kostenfrei dur E stellen der Karten und Einkleben der Marken verrihten muß. E, 4 das gerade ein Punkt, der zur Verbilligung au sich beiträg!, aber eine solhe Belästigung hervorruft, daß wir eine Aenderung dart! dringend wünschen müfsen. Im übrigen kann ih auch nit fag F daß die jezige Vertheilung der Beiträge eine* ideale und shöône 2e wie der Staatssekretär annimmt, und daß wir darin keine Besserurs wünschen. Wir balten gerade die Beitra E für Cine Se günstige. Theoretish macht sich das ja fehr Î ôn, daß der Arbeiter da E moralisch erzogen wird und Pflichtgefühl ekommen foll. In der Pr: e dagegen ist die Sache so, daß von Anfang des Gesetzes an, wenigften? Ae sehr vielen Stellen, diefe Arbeiterbeiträge einGegenftand des Zwistzs un tens Unfriedens zwi [n rbeitgebern und Arbeitern gewesen find, 1 L der Arbeiter von Anfang an geweigert hat, den O V, zahlen. Als das Geseß in Kraft trat, weigerten \sich meine rbeiter, die Beiträge zu zahlen man ist ja ein Hen _ideal a bezügli der Le Erziehung der Arbeiter. I L die Beiträge nicht bezahlt, indirekt aber Scnzuloge gemacht un waren sie zufrieden. Bei jedem Arbeiterwecsel entslan is derselbe Zwist. Wohin führt das aber bei dem Fre Angedvot © Arbeitskräften in der Nähe großer Städte? Die Beiträge werd

E gewiß i rf angegriffene Der Abg. Bebel

4 - . « Ein i uf den Arbeitgeber abgewälzt. Dadurch wird die ganze e um so bärter und empfindlicher. Der Abg. Röside #2

Dee auftreten sehen. Wenn die Nothwendigkeit einer Gesetzes

| temseltbd: r ese namens des

je Landwirtbschaft babe durch nihts bewiesen, daß die Lasten un- die Sralich seien. Was nennt er denn uners, ab s Die Laften betragen, je nah dem Grade der Verschuldung, 5—30 % des Rein- ertrages des wirthschaftlihen Betriebs. Ist der Besißer sehr ver- , fo kommt das bis z ganzen Drittel feines Ertrags

. Gerade die Vershuldeten und Schwachen werden daber in unverbältnißmäßig höherem Grade getroffen, als die wirth\s{chaftlich

Abg. Kühn (Soz.): Der Abg. Rösicke habe beute anscheinend die Verzeihung des Abg. Freiherrn von Stumm erbitten wollen für seine neulihe Rede über den Bierboykott. Die Berufsgenossenschaften verdienten kein besonderes Lob, denn fie handelten ja in ibrem eigenen Interesse. Die sozialdemokratishe Presse babe die Arbeiter über ihre

ichten gegenüber dem Alters- und Invalidengeseß in auëreichendstem

informiert; sie habe aber mit vollem Recht die geringen Vor- theile des Gesetzes konstatiert. Redner weist darauf hin, daß seinerzeit au das Zentrum in seiner großen Mehrheit gegen das Gefeß gestimmt habe. Und daß für die Konservativen niht Arbeiterfreundlihkeit der Grund für die Zustimmung zu dem Alters- und Inpaliditätsgesetz sen sei, gehe aus der neulichen Erklärung des Adg. von Kardorff ervor, daß für ihn die Wiedereinführung des Soziali tengeseßes dabei Vorausseßung gewesen sei. Im. einzelnen werde zu sehr am Buch- staben des Gesetzes festgehalten. Das geshebe oft in geradezu rigoroser Weise. Die Leute, die einen Unfall erlitten bâtten, müßten oft viel zu_ lange auf die Entscheidung über die Entschädigung warten. Hier müfse entshieden Abhilfe geschaffen werden.

Abg. Hofmann (Soz.) tadelt, daß sehr bäufig au von großen Betrieben die Marken nicht eingeklebt würden. In Chemnitz seien fast 30 000 Marken nicht eingekflebt worden, was si bei der Kontrole berausgeftellt babe. Es seien in seiner Heimath Leute ausgepfändet worden, weil sie die Beiträge nit bezahlt hätten. Wenn so etwas ge- hebe, wenn die Arbeiter ihre geringe Habe deswegen verlören, dann müsse vor allem dafür gesorgt werden, daß, wenn Arbeitgeber die Beiträge nicht ablieferten, sie wegen Unter]hlagung belangt würden.

Damit schließt die Diskussion.

_ Der Antrag Kruse wird angenommen, ebenso der erste Antrag Hiße unter Ablehnung des Antrags Auer. Der zweite Antrag Hiße wird abgelehnt.

Zum Kapitel Physikalisch - tehnische Reichs- anstalt“, Titel 1, Gehalt des Präsidenten 15 000 & und künftig wegfallende gge von 9000 e, liegt ein Antrag des Abg. von Kardorff (Np.) vor, die bisherige persönliche Zu- lage von 9000 M auf 5000 # herabzusegzen.

Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. von Boetticher:

Meine Herren! Wie Sie wissen, is der hochverdiente Präsident der Physikalisch-Tehnishen Reichsanstalt, Dr. von Helmbolt im ver- gangenen Spätsommer aus unserer Mitte gerufen. Mit den gebildeten Kreisen der Nation und des Auslands trauert die Reichs- verwaltung um den seltenen Mann r E die Ansialt auf eine sihere Grundlage gestellt und ihr die Wege vor- gezeihnet hat, auf welden sie die ihr im Interesse der Wissenschaft und der Gewerbthätigkeit gestellten Aufgaben der Lösung entgegenführen foll. Wie das Vaterland auf diesen seinen Sobn stolz ist, so dankt ibm die Regierung über das Grab hinaus sein selbstloses, ausgezeichnetes Wirken im Dienste der Menschheit. (Leb- baftes Bravo!)

Die Neubeseßung der Stelle war, als der Etat, der Ihnen zur Berathung vorliegt, aufgestellt wurde, noch nit in sichere Aussicht genommen. Heute sind die Verhandlungen mit dem vorauésihtlichen Nalfolger des Herrn von Helmholtz soweit gediehen, daß ich Ihnen borshlagen fkann, den Etatstitel zu modifizieren. Bei der Errihtung der Physikalish - Technischen Reichsanstalt sagte man sh, daß es nicht mögli sein werde, einen Physiker ersten Ranges für einen Gehaltssaß, wie solher für den Präsi- enten der Anstalt mit 15000 ausgewiesen wurde, für die Anftalt gewinnen zu können, es wurde deshalb sofort eine als „Éünftig wegfallend“ bezeihnete persönliche Zulage von 9000 Æ in den Etat aufgenommen. Diese Zulage is unter den gegenwärtigen Umständen niht mehr in vollem Umfange erforderlih. Es wird vielmehr mög- lich sein, eine Kraft ersten Ranges zu gewinnen für das Gehalt und für eine Zulage von 5000 A Ich bin deshalb dem Herrn Abg. von Kardorff dankbar dafür, daß er Ihnen den Antrag unterbreitet hat, den Etatstitel dahin zu korrigieren, daß statt 9000 A nur 5000 M. und ¿war mit der Bezeichnung „künftig wegfallend“ bewilligt werden sollen, und ih ftelle Ihnen anheim, in diesem Sinne zu beschließen.

Abg. Schul § -!Lupiß (NRp.) dankt dem Staatssekretär für den warmen Nachruf, den er von Helmholt gewidmet hat, und wünscht, daß die Errungenschaften der Anstalt, der der Verstorbene borgestanden hat, niht nur der Hauptstadt, sondern au dem ganzen Unde zagänglich gemacht würden. Redner betont, daß die Ergebnisse der Forschungen dieser Anftalt auch vorzugsweise der Landwirtbschaft zu gute kommen fönnten und au sollten, da gerade die Landwirth-

stt in jer Hinsicht der größten Fürsorge bedürfe. Publikationen

sollten also den weitesten Kreisen zugänglih gemacht werden.

Staatssekretär des Jnnern, Staats - Minister Dr. von Boetticher:

Ich will ganz kurz sein.

Was die Publikation anlangt, so ist die zweite Abtheilung der Reichsanstalt bisher bemüht gewesen, das Ergebniß ihrer Arbeiten den interessierten Kreisen zugänglih zu machen; sie hat verschiedene Organe dazu benußt, ift aber bisher nit dazu übergegangen, in allen Kreisblättern zu verkünden, was sie an Erfolgen zu verzeichnen hat. Ih werde mich sehr freuen, wenn die Presse aus den Anregungen des Herrn Vorredners Veranlassung nimmt, den Publikationen eine noch weitere Verbreitung zu geben.

Die im Tit. 7 mehr geforderten 9400 A sind für die Publikation der Arbeiten der 1. Abtheilung der Physikalish-Technischen Neichs- anstalt bestimmt. Die Arbeiten sind wesentlich wissenshaftlibe und infolgedessen au für das große Publikum nicht bestimmt; sie haben nur ein Interesse für die engeren Kreise der Wissenschaft.

4 Was die zweite Anregung anlangt, so würde ih außerordentlich olüdlih fein, wenn das Reichsamt des Innern ein Scherflein zur Förderung der [andwirthschaftlihen Interessen auf dem Gebiet bei- itragen in der Lage wäre, das der Herr Vorredner berührt hat. Jh laube aber niht, daß die Physikalish-Technische Reichsanstalt die Stelle sein würde, die sich mit der Vertilgung der Schädlinge, welche ie Erträge der Landwirthschaft beeinträchtigen, zu beschäftigen haben würde, sondern ih möchte glauben, daß man diefe Schädlinge der

blaus folgen läßt und fie dem Kaiserlihen Gesundheitsamt zur

handlung übergiebt. (Heiterkeit. / Das Kapitel wird bewilligt mit der dur “iy Kardorff LeNEn Modifikation des Tit. 1, ebenso

l Rest des Etats des Neichsamts des Jn nern.

Beim Extraordinarium protesti

den Antrag

ert

die Be des A Td d gegen E de E e bg. Hahn wegen der Besoldung un

Abg. Lorenzen (fr. Vg.) klagt darüber, daß die Fährgelegenheit über den Nordostsee-Kanal bei Rendsburg ungenügend sei, sowie über Versiegung verschiedener Brunnen infolge des Kanalbaues.

Staatssekretär des Jnnern, Staats-Minister Dr. von Boetticher:

Ich eigne mir den Say an, daß ein gutes Wort auch eine gute Statt findet, und ich will meinerseits alles thun, was zur Abhilfe begründeter Klagen geschehen muß. Die Klagen aber, die der Herr Vorredner vorgetragen hat, habe ih troß der sorgfältigften Prüfung, die ih ibnen habe angedeihen laffen, und ungea@tet -ineines lebhaften Interesses für die Provinz Schleswig-Holstein, nicht durhweg für berehtigt ansehen können.

Was zunächst die Brunnensache anlangt, so ist festgestellt, daß die Brunnen in Büdelsdorf darunter gelitten baben, daß die Stadt Rendsburg infolge der Anlage des Nord-Osftsee-Kanals eine veränderte Wasserversorgung eingerichtet hat. Also der Schaden, der den Besißern in Büdelsdorf erwahsen ist, ist durh die Stadt Rendsburg verursacht, und diese aus Reichsfonds ent- s{hädigt worden ift für die Veränderung ihrer Wasserversorgung, so hatte die Kanalkommisfsion vollständig Recht, wenn sie den ihr gegenüber erhobenen Anspruch ablehnte ; denn andernfalls würde sie und eventuell ih vom Rechnungshof verantwortlich gemacht sein für die Leistung von Zahlungen, zu denen der Reichsfiskus nicht verpflichtet ift. Solche Zahlungen dürfen wir niht leisten, und wenn der Herr Vorredner sich beruft auf das Verhältniß der Nathbar- gemeinde, so war dort dur sachverständiges Gutachten festgestellt, daß die Versiegung der Brunnen veranlaßt sei durch den Bau des Nord-Osftsee-Kanals. Hier mußte die Entshä- digungépflicht anerkannt werden, während fie bei Büdelsdorf nicht begründet war.

Was den Tod des Pastors Bischoff anlangt, so ist der Unglüdcks- fall ja überaus beflagenêwerth. Jch hätte gern das Meinige gethan,

überhaupt noh nit durchgeführt und ftand dieselbe noch auf Tantièmen. Hieraus ergaben si sehr vershiedenartige Ergebnisse, welhe durch dieses Geseß im Interesse einer wohlwollenden Behandlung der be- troffenen Beamten zu regeln sind. Jm großen ganzen sollen diese Beamten ebenso behandelt werden wie die zur Disposition geftellten Beamten der Eisenbahn-Verwaltung infolge der Neuorganisation der leßteren. Aber eine Reibe von Abweichungen ergeben si aus den eben be- zeichneten besonderen Verhältnissen als nothwendig, und man ift in dieser Beziehung noch etwas weiter gegangen zu Gunften dieser Beamten, als die Eisenbahn-Verwaltung in ihrem Ressort es für nöthig gehalten hat. Abweichende Bestimmungen sind namentli getroffen in Be- ziehung auf die Dauer der Zurdispositionsstellung, auf die theilweise An- rechnung des bisherigen Einkommens aus der Verwaltung von Neben- ämtern und in Betreff der Aufrechterhaltung der mit der Verwaltung dieser Nebenämter verbundenen Pensionsansprüche. Auch will der Gefey- entwurf Entscheidungen treffen in Betreff der Ermittelung des bis- herigen Einkommens der Beamten, soweit dasfelbe sih aus ihren nit feststehenden Bezügen zusammenstellt, sowie wegen des Uebertritts von Beamten in nit staatliche, insbesondere kommunale Dienststellungen.

Wenn die Herren sich die Einzelbestimmungên des Gesetzes an- sehen, so werden sie sih überzeugen, daß man in Beziehung auf die zukünftigen Verhältnisse dieser Beamten soweit gegangen ift, wie irgend möglih. Wir haben sogar zur dauernden Regelung der Verhältnisse derselben eine Anzabl von Fragen rechtlicher Natur zu Gunsten der Beamten entshieden, auf welhe sie allerdings bisher einerlei Anspruch hatten. Diejenigen Nach- rihten und Beschwerden der Beamten, welhe aus der bis- berigen Unsicherheit ihrer Verhältnisse hervorgingen, konnten wir natürli, da nun einmal eine folhe Neuorganisation ftattfinden muß, nit beseitigen; aber in Zukunft werden die Beamten in ibren Verhältnissen größtentheils noch gesiherter stehen als vorber: materielle Verluste werden sie in keiner Weise in der Negel erleiden, und ih hoffe daher, daß das hohe Haus den Geseßentwurf, wie er hier vorliegt, au seinerseits in woblwollender Weise behandelt.

übertragen, welche zuglei in Rheinland und Westfalen die Steuer- erhebung au für die Gemeinden besorgten. Die Gemeinden waren aber bisher nit verpflihtet, ihre Gemeindesteuererhebung auf die Steuer- kassen zu übertragen, fie konnten darüber selbständig verfügen; in den meisten Fällen und Gemeindesteuern bei den Steuerkassen weise Bremer Lloyd gegen die Vorwürfe, die | in

um den Hinterbliebenen eine Unterstüßung zu erwirken, daran aber dadurch gehindert worden, fisïus ein Prozeß angestrengt worden ist, und möglich gemacht wurde, während der Dauer (fehr richtig !) irgend eine Unterstüßung zu gewähren. bliebenen Mutter gerathen hat, den Rechtsweg zu die Verantwortung dafür tragen,

des

daß sie jeßt bis zur rechtskräftigen

auf den Bescheid, auf die in ihrem Interesse angebrahte Immediat- vorstellung, so würde sie wahrscheinli {on jeßt empfangen haben, was sie billigerweise verlangen fann. Was die Verbesserung der Einrichtungen an der Nobiskruger Fähre anlangt, so bin ich selbst an Ort und Stelle gewesen an einem fehr verkehrsreihen Markttage. Jch habe gesehen, wie si der Verkehr gestaltet, und ih habe bei dem Interesse, was ih daran besiße, daß berechtigte Beshwerden nicht aufkommen, an Ort und Stelle die Anweisungen ertheilt, die nöthig find, um den Verkehr möglihst {nell zu bewältigen. Daß man bei einer Fähre nicht in jedem Moment hinüberfahren kann, namentlich, wenn der Fährprahm auf der gegenüberliegenden Seite si befindet, ist klar. (Heiterkeit.) Das it doch unzweifelhaft, meine Herren. (Heiterkeit.) Es ist aber ausdrüdcklich angeordnet worden, daß an verkehrsreihen Tagen und Stunden ein zweiter Fährprahm infBetrieb geseßt wird, und ich bitte den Herrn Vorredner, sich und die Interessenten darüber zu beruhigen, daß die Reihsverwaltung in dieser Beziehung nihts versäumt hat. Die Polizeiverordnung, über welche ih der Herr Abgeordnete beschwert hat, und welche unter anderem bestimmt, daß die Pferde bei Benußung der Fähre abgesträngt werden follen und daß der Kutscher absteigen soll so ift diese nit von uns erlassen. Die König- lie Regierung in Schleswig hat das gethan, und er wird sih, wenn er Abhilfe begehrt, an den Herrn Regierungs - Präsidenten wenden müssen.

Was endlich den Mann mit dem ausgeshofsenen Auge anlangt, so kommt es vor, daß auh Leute mit zwei Augen warten müssen, wenn der Verkehr augenblicklich nicht mögli ift. (Heiterkeit)

Das Extraordinarium wird bewilligt, ebenso die Einnahmen.

Schluß 61/5 Uhr.

Preußischer Landtag.

Haus der Abgeordneten. 23. Sißung vom Dienstag, 19. Februar.

Der Sißung wohnen der Finanz-Minister Dr. Miquel und der Justiz-Minister Schön stedt bei.

Zur ersten Berathung steht der Geseßentwurf, betreffend die von der Umgestaltung der Kassen im Bereich der Verwaltung der direkten Steuern betroffenen Be- amten.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Der Geseßzentwurf, betreffend die von der Um- gestaltung der Kassen im Bereih der Verwaltung der direkten Steuern betroffenen Beamten, hat den Zweck, für diejenigen Beamten, welhe durch die Umgestaltung unseres Kassenwesens infolge Ueber- tragung der Steuererhebung auf die Gemeinden berührt werden, in thunlichst wohlwollender Weise Sorge zu tragen. Die Herren wissen, daß, nahdem die Steuererbebung der ganzen Monargie mit dem 1. April auf die Gemeinden übergehen wird, 337 Steuerkassen zur Aufhebung gelangen, und zwar entfallen 9 auf die 7 ôstlihen, 328 auf die 5 westlihen Provinzen. Die Herren wissen au, wie verschiedenartig die Verhältnisse in dieser Beziehung in den östlihen und in den westlihen Provinzen bisher gelegen haben. Während in den östlichen Provinzen wesentlih {on bisher die Indi- vidualerhebung der direkten Steuern den Gemeinden oblag, war umgekehrt in den westlihen Provinzen diese Elementarerhebung den Steuerkafsen

aber war die Erhebung der Staats- vereinigt. Theil- waren die Inhaber und Verwalter der Steuerkafsen

den Einnahmen fiiert, soweit der Staat in Frage

en bezügli der mangelnden Bootmanöver gemacht sind, sowie

fam, theilweise und

bin daß gegen den Reichs- es mir so un- Prozesses Wer der binter- beschreiten, mag

Entscheidung des Prozesses warten muß. Wenn sie gewartet hätte

Abg. Krawinkel (nl.): Daß die Beamten in keiner Weise materielle Verluste erleiden werden, trifft in gewissen Fällen nit zu: denn sie hatten vielfachß Nebeneinnahmen aus den Kommunalkafsen, auf die in dieser Vorlage keine Rücksicht genommen wird. So kommt es, daß sie theilweise nur 43 % ibres früberen Einkommens erhalten werden. Die Eisenbahnbeamten sind in diefer Hinsicht viel beser estellt. Die rheinishen Rentmeister haben bisher erhebliche Neben- ezüge gehabt; ih bitte den Finanz-Minister, gerade dieser Kategorie von Beamten in dieser Vorlage mehr Wohl- wollen entgegenzubringen. Es müßte eine vollständige Entschädigung für das Gefammteinkommen eintreten. Bei der Lotterieverwaltung ließen ih meiner Ansicht nah wohl Beamte, die durch die Steuer- reform überflüssig werden, beschäftigen, ebenso auch bei den Shar- kafsen. Jch hoffe, der Finanz-Minister wird den durch die Verände- rung geschaffenen Bedürfnissen Rechnung tragen.

Geheimer Ober-Finanz-Rath Wallach erwidert, das Einkommen aus Nebenämtern könne bei Rentmeistern ebensowenig als pensions- berechtigt betrahtet werden, wie bei den anderen Staatsbeamten.

t müsse an den durch das Gesey aufgestellten Grundsäßen fest- alten.

Abg. von Bo ckelberg (konf.) befürchtet, daß durh die Neu- organisation die Arbeit der Kommunalverbände sehr vermehrt werden werde. Er befürwortet, in dfeser Richtung vorbeugende Maßregeln zu treffen. Redner beantragt die Verweisung der Vorlage an die Budgetkommission.

Abg. von Eynatten (Zentr.) ift der Ansicht, daß man den Konsequenzen der veränderten Verhältnisse mit Rüsiht auf die materielle Lage der Rentmeister mehr, als in der Vorlage geschehen, Rechnung tragen müsse.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Wenn die Frage, die zuleßt von Herrn von Eynatten angeregt is, und die ih vorher auch on erörterte, in der- Budgetkommission zur Verhandlung kommt, so werden Sie sich über- zeugen, daß eine generelle Regelung der Frage wegen Entschädigung für den Verlust von Nebenämtern mit Ausnahme derjenigen, die aus den Kommunalkassen bezahlt wurden, unmögli ist. Sie stoßen da auf verschiedenartige Verhältnisse in Beziehung auf diese Nebenämter selbft, daß man eine generelle geseßlihe Regelung, wenn sie auch an sih zulässig und mit den allgemeinen Prinzipien der Staatsverwaltung in Einklang zu bringen wäre, nah meiner Mei- nung überhaupt nicht finden kann. Haben denn au die Rentmeister auf einen großen Theil ihrer Bezüge aus den Nebenämtern irgend einen Anspruch gehabt, oder waren sie auch nur sicher, wenn sie selbft anh Rentmeister blieben, thatsächlich diese Bezüge unverändert zu be- halten ? Wenn die Landeskreditkasse in Heffen, die früher ihre ausstehenden Forderungen an Zinsen und Amortisationsbeträgen dur die Rentmeister einziehen ließ, bes{hloß, davon abzusehen, so mußten die Rentmeister si darin fügen und haben sih darein gefügt. Wenn irgend eine Feuersozietätskafse, z. B. in Ostpreußen, die Vergütung für die Er- hebung ihrer Sozietätsbeiträge herabseßte, so mußten die Rentmeister sih darin fügen und haben sich darein gefügt. Sie hatten alfo in dieser Beziehung keinerlei sichere Bezüge.

Es wird pöllig unmöglich sein, darüber generelle Bestimmungen zu treffen, die auf den einen Fall passen mögen, und eine gewisse Billigkeit für \sih haben, in dem andern Fall aber eine ganz unbe- rechtigte Begünstigung darstellen. Gerade deswegen sieht der Gesetz- entwurf vor, daß für Fälle, wo besondere Härten entstehen ih er- kenne durchaus an, daß solche entstehen können der Finanz-Minister einen Fonds zur Disposition bekommt, um solhe Härten im einzelnen Falle auszugleihen. Wir haben ja schon in dieser Beziehung Positionen in den Etat eingestellt, und die Herren können ganz sicher sein, daß ih in Anerkennung der besonderen Verhältnisse durchaus geneigt sein werde, in dieser Beziehung mit voller Billigkeit und mit vollem Wohlwollen zu verfahren. Aber eine geseßlihe Anerkennung, daß für die Zukunft ein Reht auf Nebenämter und deren Bezüge konstituiert würden durch dieses Gese, was bisher auh niemals bestand, und was allen Prinzipien der Staatsverwaltung zuwider laufen würde, halte ih nit für mögli.

Im übrigen bin ih ganz damit einverstanden und freue mi darüber, daß dieses Geseß in der Budgetkommission eingehend und sahlih geprüft wird. Jh glaube, es wird dann noch klarer werden, wie das in der generellen Diskussion im Hause klar werden kann, daß die Staatsregierung wirklich unter voller Berücksichtigung der \{wie- rigen Lage, in die durch die Neuorganisation ein großer Theil dieser Beamten gekommen is, mit vollem Wohlwollen denselben entgegen- zukommen bereit und entshlossen ift.

Abg. von Eynern (nl.) erklärt, so jue er das Wohlwollen

in einem Regierungsbezirk war diese Fixierung

des Ministers anerkenne, so müsse er die Abhängigkeit, in welche di Beamten von einer persönlihen Entscheidung des Ministers ai