1895 / 46 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 21 Feb 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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Das Verhältniß der Zahl der erhobenen Rekurse 7052 zu der Zahl der rekursfähigen Schiedsgerichtsurtheile 93724 ftellt sich im Berichtsjahr“ etwa wie 1: 3,4 gegen 1: 3,6 im Vorjahr.

Ueber die Aufnahme oder Ablehnung der Aufnahme von Betrieben in die Genossenschaftskataster (Uniernehmerverzeich- nisse) war in 3344 s einshließlih 525 aus dem Vorjahr stammender Fälle zu verhandeln; 2838 Sachen wurden erledigt. j

Si 15 gewerblihe und 2 landwirthschaftlihe Berufs- genossenschaften wurde die Weiden ting oder die Abänderung des Gefahrentarifs genehmigt. Bei einer landwirthschaftlichen Berufsgenossenschaft wurde ein Gefahrentarif erstmalig ge- nehmigt. k

, Neben 1555 Gefahrentarif-, Umlage-, Prämien- und Ab- \häßungsbeschwerden wurden 3482 darunter 1153 vor- jährige Beschwerden gegen Strasverstgungen, der Berufs- enofsenschaftsvorstände und 2572 sonstige Beschwerden aller Art darunter 319 vorjährige behandelt. L

Für 6 Berufsgenossenschaften wurden Unfallverhütungs- vorschriften oder Nachträge zu solchen genehmigt. 4

Bei 5 Berufsgenossenschaften wurde die Geschäftsführung durch Beauftragte des Reichs-Versicherungsamts revidiert.

Statutenänderungen wurden für 20 Berufsgenossenschaften genehmigt. E

Auf dem Gebiet der Jnvaliditäts- und Alters- versicherung wurden bei 11 Millionen versicherten Personen 1578 Revisionen in Jnvaliden- und 1345 Revisionen in Altersrentensachen, zusammen 2923 Revisionen anhängig. Unerledigt Übernommen aus dem Jahre 1893 find 467 Jnvalidenrenten- und 872 _Altersrenten- sahen. Erledigt wurden dur Urtheil nah mündlicher Ver- handlung 2278, auf andere Weise (Zurückweisung ohne münd- lihe Verhandlung, Zurücknahme, Vergleich 2c.) 583, zusammen mithin 2861 Revistonen. An 235 Sigzungstagen haben in 9315 Sachen mündliche Verhandlungen stattgefunden. :

Bei den auf Grund des Jnvaliditäts: und Altersversiche- rungsgeseßes errichteten 625 Schiedsgerichten wurden im Berichts- jahre 15 831 Berufungen anhängig, während 42 874 Ansprüche auf Altersrente und 62 627 Ansprüche auf Jnvalidenrente er- hoben wurden. Von diesen sind einschließlich der aus dem Vor- jahr übernommenen 5268 Jnvalidenrenten- und 3395 Alters- rentenansprüche 832747 Alters- und 45 634 Jnvoaliden- rentenansprüche von den Versicherungsanstalten 2c. anerkannt, 7167 Altersrentenansprühe und 12172 FJnvalidenrenten- ansprüche zurückgewiesen worden. :

An Alters- und Jnvalidenrenten bezogen im Jahre 1894 rund 296 000 Personen zusammen 34,4 Millionen Mark. Die seit dem 1. Januar 1891 festgeseßten Renten repräsentieren ein Deckungskapital von rund 157,7 Millionen Mark und mit Einschluß der Einlagen in den Reservefonds ein Kapital von rund 1892 Millionen Mark.

Die Einnahmen aus Beiträgen ergaben nah Abzug der Verwaltungskosten: : e

1891 rund“ 852 Millionen Mark, 18922 „840 5 2 1893 85,2 " 1 I B08 2 zusammen 341,9 Millionen Mark.

Ohne Berücksichtigung der Zinsen ist demnach zur Deckung

der bereits im Jahre 1895 wirksam werdenden Beitrags- erstattungen und der allmählich höher werdenden Jnvaliden- renten ein Kapital von rund 152,7 Millionen Mark verblieben.

Beschwerden gegen Strafverfügungen der Vorstände der Versicherungsanstalten waren 1244 zu bearbeiten, von denen 994 erledigt wurden. Statutenänderungen wurden für 6 Ver- siherungsanstalten genehmigt. :

Vom Rechnungsbureau waren einschließlich der aus dem Vorjahr übernommenen 6608 Rentenvertheilungsanträge 80813 derartige Anträge zu bearbeiten. Von diesen wurden 73900 erledigt. Gegen diese Rentenvertheilungen wurde beim Reichs-Versicherungsamt in 361 Fällen Einspruch er- oben. Diese Einsprühe wurden einschließlich der im A 1893 unerledigten 94 Fälle bis auf ‘92 Fälle erledigt.

Sn den „Amtlichen Nachrichten des Reichs-Versicherungs- amts“ wurden aus dem Gebiet der Unfallversicherung 68 Rekursentscheidungen und Verwaltungsbescheide, aus dem

© Gebiet der Jnvaliditäts- und Altersversihherung 84 Revisions-

entsheidungen und Verwaltungsbescheide veröffentlicht.

Die Gesammtzahl der bearbeiteten Rekurse, Revisionen und Beschwerden betrug, abgesehen von den Arbeiten des Rechnungsbureaus, 26 163, von denen 6543 unerledigt in das Jahr 1895 hinübergingen.

Dem diesjährigen Geschäftsbericht ist im Anhang eine Uebersicht über die zehnjährige Geschäftsthätig- keit des Neichs-Versicherungsamts beigefügt.

Hiernah sind in den Jahren 1886 bis 1894 zusammen 27 283 Rekurse gegen Urtheile der auéshließlich vom Reichs- Versicherungsamt ressortierenden Schiedsgerichte anhängig ge- worden.

Ueber dic Aufnahme oder Ablehnung der Aufnahme von Betrieben in die Genossenschaftskataster war in den 10 Zgahren in 23 394 Fällen zu verhandeln.

Gefahrentarif-, Umlage-, Prämien- und Abschäßungs- beshwerden wurden 8182 behandeit, hiervon wurden 3634 be- rüdsichtigt, 4062 abgewiesen und 48 an Landes-Versicherungs- ämter abgegeben, zusammen also 7744 erledigt. Beschwerden gegen Strafverfügungen der Berufsgenossenshaftsvorstände aingen von 1885 bis 1894 zusammen 19 173, sonstige Be- schwerden aller Art zusammen 11585 ein; von den Straf- beshwerden wurden 18473, von den übrigen Beschwerden 11 239 erledigt.

An Entschädigungsbeträgen sind scitens der Berufs- genosscnschaften und Ausführungsbehörden in dem genannten Zeitraum 193 535 000 # gezahlt worden; in dié Reservefonds find 102501 000 M eingelegt. Die Bestände der bis zum Schluß des Jahres 1894 angesammelten Reservefonds betrugen 114 990 000 M j

Die Zahl der Unfälle, für welche in den Jahren 1885 bis 1894 Entschädigungen festgestellt worden sind, betrug 362074 hiervon waren Unfälle mit tödtlihem Ausgang 46 141, Unfälle mit- dauernder, völliger Erwerbsunfähigkeit 923277, mit dauernd theilweiser Erwerbsunfähigkeit 198 089 und mit. vorübergehender Erwerbsunfähigkeit 94 567.

Die Anzahl sämmtlicher zur Anmeldung gelangten Un- fälle betrug 1 724 320.

Seit dem Bestehen der Invaliditäts- und Altersversiche- rung (1891) wurden zusammen 11225 Revisionen beim Neichs-Versicherungsamt anhängig; erledigt wurden durch

Urtheil nah mündlicher Verhandlung 8118, auf andere Weise 9906, insgesammt mithin 10 324 Revisionen.

Bei den auf Grund des Jnvakliditäts- und Altersver- sicherungsgeseßes errihteten Schiedsgerichten wurden 65 403 Be-

ru mges anhängig. - :

Refenvertheilungs-Anträge waren von 1891 bis 1894 zusammen 310 046 vom Rechnungsbureau zu bearbeiten; in 956 Fällen wurde gegen diese Vertheilung Einspruch beim Reichs-Versicherungsamt erhoben. :

Die Gesammtzahl der in den Jahren 1885 bis 1894 bezichungsweise 1891 bis 1894 bearbeiteten Nekurse, Revisionen und Beschwerden beitrug (von dew Arbeiten des Rehnungs- E abgesehen) 108 395, von denen 101 852 erledigt wurden.

Der Bevollmächtigte zum Bundesrath Herzoglich sachsen- altenburgische Staats-Minister von Helldorf} ist hier an- gekommen.

Nach telegraphishen Meldungen an das Ober - Kom- mando der Marine is S. M. S. „Jltis“, Kommandant Kapitän-Lieutenant Jngenohl, am 20. Februar von Chin- fiang nah Nanking in See gegangen. S. M. S. „Stein, Kommandant Kapitän zur See von-Wietersheim, ist am 19. Februar in Gibraltar angekommen und wird am 27. d. M die Reise nah Dartmouth fortsetzen.

Bonn, 21. Februar. Jhre Königlihen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Heinri ch sind, wie v L D meldet, heute zu einem mehrtägigen Besuche bei Seiner Durch- lauht dem Prinzen und Jhrer Königlichen Hoheit der Prinzessin Adolf zu Schaumburg-Lippe hier ein- getroffen. /

Vsürttemberg.

Die Eröffnung der Ständeversammlung dur Seine Majestät den König hat gestern in feierlicher Weise statt- gefunden. Vorher war in der Schloßkirche für die evange- lishen Mitglieder ein Gottesdienst I worden, dem Jhre Mazestäten der König und die Königin, sowie Shre Königlichen Hoheiten die Prinzessin Katharina und die Prinzessin Pauline beiwohnten, undin der St.Eberhardskirche ein solher für die katholishen Mitglieder. Um 11 Uhr er- schien Seine Majestät der König im Ständehause, worauf die Beeidigung der neuen Mitglieder auf die Verfassung er- folgte. Die beiden sozialdemokratischen Abgeordneten fehlten

bei diesem Akt. i S ierauf verlas Seine Majestät folgende Thronrede:

Lebe Getreue! Jh habe Sie heute zur Aufnahme Ihrer Thätig- feit um Mich vecsammelt und heiße Sie freundlich willkommen. Unter den Vorlagen, welhe Ihrer Beschlußfassung werden unterbreitet werden, tritt die Feststellung des Staatshaushalts für die beiden nächsten Jahre in den Vorderorund. Troy Einhaltung der umsichtigsten Sparsamkeit zeigt der Absc{luß der Boranschläge für die neu be- ginnende Finanzperiode vorläufig einen größeren Fehlbetrag, veranlaßt hauvptsählib durch die steigenden * Ausgaben für die Verzinsung und Tilgung der Staatsschuld und durh die erhöhten Leistungen für das Reich. Vorschläge wegen Ausgleichung dieses Fehlbetrags bleiben vorbehalten. Zunächst ist dér Erfolg der fortgeseßten Bemühungen der verbündeten Regierungen abzuwarten, für eine mäßige Vermehrung der eigenen Einnahmen des Reichs die Zustimmung des Reichstags zu erlangen, und damit die Herstellung des Gleihgewichts zwischen Ausgaben und Einnahmen in den Landes- Etats zu erleichtern. Zu eingreifenden Reformarbeiten auf dem Ge- biete unseres Finanzwesens wird Ihre Mitwirkung in Anspruch genommen werden. Insbesondere wird Ihnen ein Gesey- entwurf zugeben, der zum Ziele hat de Einführung einer allge- meinen progressiven Einkommensteuer mit Freilassung der fleineren Einkommen und mit Gestaitung des Schuldzinsenabzugs bei den größeren. Jn Zusammenhang hiermit bezwecken weitere Entwürfe die Umgestaltung der Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer, fowie der Kapitalsteuer in dem Sinne, daß diese Steuern fortan mit er- mäßigten Säten ausschließlich das fundierte Einkommen treffen. Die bisherige Steuer vom Dienst- und Berufseinkommen soll in der all- gemeinen Einkommensteuer aufgehen, der Gewerbebetrieb im Umher- ztehen aber einer besonderen Besteuerung unterliegen. Mit der ge- planten Reform wird, wie Ich hoffe, eine gleihmäßigere, ge- rechtere Veranlagung der direkten Steuern und die erwünschte Entlastung der niedrigeren Einkommen fowie der kleineren landwirthschaftlihen und gewerblichen Betriebe erreiht wer- den. An die Regelung der direkten Staatésteuern wird sich die umfassende Neuordnung des Steuerwesens bei den Gemeinden und Amtskörperschasten unmittelbar anschließen können. Im Bereich des Berkehrswesens ist für die Beschaffung der Mittel zur Fortseßung und Vollendung der bercits beshlosenen Eisenbahnbauten, sowte zur Her- stellung weiterer Familienwohnungen für Unterbedienstete der Verkehrs- anstalten in Stuttgart Vorsorge zu treffen. Mit dem Bau neuer Nebenbahnen von vorwiegend lokaler Bedeutung foll fortgefahren werden. In Rücksicht auf die allgemeine Finanzlage wird indessen zunächst nur die Ausführung einer Eisenbahn von Lauffen a. N. nah Güglingen nochmals Ihrer Zustimmung zu unterstellen und der Bau einer Bahn von Schussenried nach Buchau in Vorschlag zu bringen sein. Auch die im Betrieb befindlichen Bahnen bedürfen mehrfacher Verbesserungen und Ergänzungen. Der im vorigen Jahre nit mehr zur Verabschiedung celangte Geseßeëentwurf wegen Abänderung einiger Bestimmungen der Volks\chulgesege wird unter Berücksichtigung der \tändischén Verhandlungen Ihrer Berathung sofort wieder unterstellt werden. Zwei Gesetzetentwürfe, welche bestimmt sind, für die von der éevangelishen Landesfynode beschlofsenen kirhlihen Verfassungs8gesege soweit erforderlih, die staatliche Genehmigung herbeizuführen, werden gleihfals ay Sie ge- langen. Der in der leßten Landtag8periode unternommene Versuch ciner Abänderung der Verfassung binictlich der Qusammenseßung der Ständeversammlung is ohne Erfolg geblieben. Das weitere Vorgehen Meiner Regierung in dieser wichtigen Frage ist bedingt durch die Klärung der in Ihrer Mitte bestehenden An- schauungen darüber, was als erreihbares Ziel in das Auge gefaßt werden kann. Ein Geseßeëentwurf wegen Wiedercinführung der Wahl- fuverte bei den Landtagswahlen is vorbereitet. Seine Einbringung

bleibt bis zum Abschluß der zur Zeit s{webenden Verhandlungen s

über die Abänderung des Verfahrens bei den Reichstagëswahlen ausgescßt. Auf dem Gebiete der Gemeindeverwaltung ist eine Vorlage beabsichtigt, durch welhe zunächst für die größeren Städte des Landes die pertodise Wahl der Ortévor steher unter Uebertragung des Wahlrechts auf die bürgerlichen Kollegien ein- geführt werden soll. Jn den kleinen Gerteinden erscheint die geplante Aufhebung der Lebenélänglichkeit des Ortsvorsteheramts und zwar hier unter Beibehaltung der unmittelbaren Wahl durch die Gemcinde- bürger erst dann möglich, wenn anläßlich der Einführung des Bürgerlichen Geseßbuchs für das Deutsche Reich die Stellung der Hilfsbeamten der Gemeinden neu gerégelt und eine theilweise Ent- lastung der Ortsvorsteher von den bisherigen Geschäften bewirkt sein wird. Die wirthschaftlichen Verhältnisse des Landes find zu Meinem lebhaften Bedauern keine günstigen. Namentlich ift über die Landwirthschaft durch den ungewöhnlich niedrigen

Stand der Getreidepreise eine {were msuchung herein, Eoeaben. Diese beklagenswerthe Nothlage thunli zu lindern, lebt die ernste, unausgeseßte Sorge Meiner Regierung. Dur Exigenz zur Förderung der Hagelversicherung soll den Landwirtben die gewünschte Erleichterung und Verbilligung der Versicherung ihrer Feldfrüchte verschafft und auf die Verallgemeinerung der Hagel, versicherung hingewirkt werden. Weitere Exigenzen sind auf die Förderung des Feldbereinigungswesens und die Hebung der Viehzucht insbesondere auch der Psertezucht gerihtet. Durch die ferner vor; gesehene Gewährung erheblicher staatlicher Zuschüsse zu den Kosten der militärishen Einquartierung wird auch der Land, wirth\chaft treibenden Bevölkerung eine fühlbare Erleichterung erwahsen. Der Entwurf eines Geseßes über die Benüßung ver öffentlichen Gewässer, der sich die umfassende öffentlich-rechtlihe Re, gelung der Wasserbenußung und Wasserableitung sowohl für land- wirthschaftlihe als für gewerbliche, bygienishe und Wafferversorgungs- zwecke zur Aufgabe gesetzt hat, wird Ihnen in der nächsten Zeit unter, breitet werden. Auf dem gewerblihen und \ozialen Gebiet sind der Landesgeseßgebung enge Grenzen gezogen. Innerhalb dieser Grenzen aber bleibt das eifrige Bestreben Meiner Regierung auf die Förderung der Gewerbe und die Verbesserung der Lage der gewerblichen Arbeiter fort, dauernd gerihtet. Ein Gesetzesentwurf über die Vertretung des Kleingewerbes ist in der Ausarbeitung begriffen und wird Ihnen vorgelegt werden, falls niht vorher eine Ordnung im Wege der Neichsgeseßgebung erfolgt. Alle zur Hebung der wirthschastliden Lage des Landes vorgesehenen Maßnahmen der Geseßzaebung und Verwal- tung versprehen aber einen nahhaltigen Erfolg nur dann, wenn sie unterstützt werden von der eigenen Arbeit und dem ernsten Fleiß der betheiligten Kreise. Möge Gottes Segen Meinem Land und Volk nie fehlen, möge er auch auf den Arbeiten ruhen, zu welchen Sie jeßt als die berufenen Vertreter des Landes si vereinigen! Ich erkläre den Landtag für eröffnet.

Seine Majestät verließ darauf unter den HoGeiien der Versammlung, huldreih dankend, den Saal und kehrte nah dem Residenzschloß zurü.

Der „Staats-Anzeiger für Württemberg“ veröffentlicht den Vortrag des Finanz-Ministers Dr. von Riecke an die Ständeversammlung, betreffend den Haupt - Finanz - Etat pro 1895/97. Danach beträgt der Ausgaben-Voranshlag pro 1895/96 72857 385 M, pro 1896/97 73577 201 Die Einnahmen sind veranschlagt pro 1895/96 -auf 70 057 385 M, pro 1896/97 70554450 M, sodaß si ein. Fehlbetrag pro 1895-96 von 2800000 und pro 1896/97 von 3 023751 M. ergiebt, welher unter dem ausdrüllichen Vorbehalt einer späteren Deckung aus Steuermitteln vorläufig durch Anleihe gedeckt werden soll. Zu diesem Vorgehen sieht sich die Regierung mit Rücksicht darauf veranlaßt, daß dur anderweite Besteuerung des Tabacks im Reich eine Mehr: einnahme von 355 Millionen erzielt werden soll, wovon auf Württemberg 1 440000 / per Jahr entfielen. Der Minister hebt die Schwierigkeit der Lage hervor, die durch die Schwankungen im Verhältniß der Matrikularbeiträge und der UVeberweisungen hervorgerufen werden, und wünscht dringend eine Verständigung der verbündeten Regierungen mit dem Reichstag über cine festere Regelung des Verhältnisses der Finanzen des Reichs und der Einzelstaaten. Die Landesgeseß- gebung werde sich mit einer Umgestaltung der direkten „Steuern zu befassen haben, wodurch leßtere der Leistungs- fähigkeit der Steuerpflichtigen besser angepaßt werden können, Der vorliegende Staatshaushalt gebe zwar zu wirklihen V sorgnissen wegen der Finanzen keinen Anlaß, es gehe aber daraus unzweifelhaft hervor, daß der Augenblick gekommen se; die Neformen des Steuer- und Finanzwesens allen Ernstes i Angriff zu nehmen.

Jhre Königliche Hoheit die Prinzessin Auguste von Sachsen-Weimar is an Jnfluenza erkrankt. Das gestern ausgegebene Bulletin lautet:

Shre Königliche Hoheit die Prinzessin von Sachsen-Weimar ift seit aht Tagen an einem heftigen ÎInfluenza-Anfall erkrankt. Der bisherige Verlauf des fieberhaften Bronchialkatarrhs is nit un- befriedigend. Der Kräftezustand läßt zu wünschen übrig.

Medizinal-Rath Dr. F. Gußmann.

Braunschweig.

Seine Königliche Hoheit der Prinz Albrecht von Preußen, Regent des Herzogthums Braunschweig, hat si gestern Nachmittag nah Berlin begeben.

Wegen des erfolgten Ablebens des Erzherzogs Albrecht von Oesterreich hat der Herzogliche Hof auf aht Tage Trauer

angelegt. Elsaß-Lothringen.

Der Landesaus\chuß hat in seiner vorgestrigen Sißung die Etats der Verwaltung für Handel und Gewerbe, der Tabackmanufaktur und der Verwaltung der Zölle, indirekten Steuern und des Enregistrements in zweiter Lesung erledigi.

Oesterreich-Ungarn.

Der Kaiser hat dem Präsidenten der Französischen Republik Faure auf dessen gestern mitgetheiltes Telegramm, die nachstehende Antwort zugehen lassen:

„Nehmen Sie meinen aufrichtigsten Dank entgegen für den Aus- druck berzliher Theilnahme anläßlich des schmerzlichen Ereignisses, da? meine Familie betroffen hat. Seien Sie überzeugt, daß dieses neu? Zeichen der Sympathie mich tief gerührt hat.“

Aus Arco wird gemeldet: Das Publikum wird heule zur Besichtigung der Leiche des Erzherzogs A lbrech!, die nah vollendeter Einbalsamierung, mit der Feldmarschalls Uniform bekleidet, in der Erzherzoglichen Villa aufgebahr! worden ist, zugelassen werden. Die Ueberführung der Leiche nah Wien erfolgt am Sonnabend, die Ankunft da selbst am Sonntag Abend. Die Beisezung soll anm Dienstag stattfinden. Wie es heißt, wird der Kaiser an der Spiße des Zuges dem Sarge von der Hofburg bis zu? Kapuzinerkirche zu folgen. Alle österreichishen und aus ländischen Regimenter, deren Jnhaber der Erzherzog Albre! war, entsenden Deputationen zu den Beisehungsfeierlichkeiten.

Der „Pester Lloyd“ schreibt: Der Ar meebef e) Seiner Majestät des Deutschen Kaisers bezüglich de Ablebens des Erzherzogs Albrecht ist ein neucs wertl- volles Dokument nicht nur der innigen Freundschaft zwischen den Souveränen und des Gefühls der d sammengehörigkeit der beiden Heere, sondern qus des Solidaritätsbewußtscins der Völker Deutschlands U Oesterreih-Ungarns, die längst aus ganzem Herzen s Bündniß der Monarchen ratifiziert haben. Der Anlaß, wele die Kundgebung des Kaisers Wilhelm hervorgerufen hat, 5, ein irauriger, aber die öffentliche Meinung unserer Monar? wird für den Verlust des erlauhten Feldmarschalls do E aus der erneuten Ueberzeugung s{höpfen, daß die gewalt, Friedensmaht, welche Deutschland und Oesterreich - Ungs zusammen bilden, unerschütterlih fest begründet ist.

Jn der gestrigen Sihung des österreichischen Herren- auses widmete der Präsident Graf Trauttmansdorff verstorbenen Erzherzog Albrecht einen warm ndenen Nachruf, den die Mitglieder stehend anhörten. Präsident wurde ermächtigt, dem Kaiser das Beileid des Hauses zur Kenntniß zu bringen. Hierauf wurde die Sißung lossen. i geld Der Budgetaus\huß des Abgeordnetenhauses er- ledigte gestern in Abwesenheit wit der Minister Fürst zu Wi n dis ch- räß, Marquis Bacquehem und Dr. von Plener die Kapitel: Taback, Salz, Hofstaat, Kabinetskanzlei, Reichsrath und Reichsgericht. Bei dem Titel „Dispositionsfonds“ erklärte der Minister - Präsident Fürst zu Windischgräß, die Er- höhung dieser Post von 50 000 Fl. auf 100 000 Fl. hänge mit der Erhöhung des ganzen Budgeterfordernisses um das Doppélte zusammen. Der Zweck des Dispositionsfonds sei die Stärkung, Vertiefung und Kräftigung des österreichischen

Staatsgedankens' und die Pflege des österreichischen Selbst-

bewußtseins in der Presse, welher Gedanke in einem großen Theile der Publizistik hochgehalten werde. Gegenüber den jungczehishen Rednern betonte der Minister-Präsident: es sei seine ernste Absicht, die Wahlreform zu einem gedeihlichen Resultat zu führen, und er bitte, das Programm der Wahlreform seinem ganzen Jnhalt nah ins Auge zu fassen und mit dem Vorwurf der Lässigkeit sparsamer zu sein. Gegenüber dem Vorwurf, daß in der Legis1ative kein Fort- schritt zu verzeichnen sei, wies der Minister-Präsident auf die Haltung der Opposition hin, welhe den Fortgang der legislativen Arbeiten in vielfacher Weise beeinträhtige, eine Neform der Steuern und des Justizwesens niht wolle, sondern als wichtigste Arbeit die Wahlreform betrachte. Auf die Be- hauptung die legte Session des Landtags habe nur cine

ershärfung der nationalen Gegensäße gezeigt, konjta- tierte der Minister-Präsident, daß die Verhandlungen und Be- schlüsse einiger Landtage eine Milderung der nationalen Gegen- säße wahrnehmen ließen, insbesondere die Verhandlungen des máhrishen Landtags. Der Minister-Präsident wies ferner die Bemerkung eines jungczehishen Redners zurück, die Bildung der jeßigen Majorität sei cine Revolte gegen die mit Zustim- mung der Krone von der früheren Regierung ein- gebrahte Vorlage, und verwahrte sich nachdrücklichst gegen eine Einbeziehung der Krone, da die Verant- wortung für die Vorlage aus\cließlich die Regierung zu tragen habe. Auf die Frage des Ausnahmezustandes über- aer erklärte Fürst Windishgräß: Ebenso wie die Regierung

ih niht leichtfertig entschlossen habe, den Ausnahmezustand zu.

verhängen, so werde sie auh den Zeitpunkt der Aufhebung desselben nicht leichtfertig / hinausschieben. Die Regierung wünsche sehnsüchtigst gedeihlihere und bessere Verhältnisse in Böhmen; die Besserung hänge aber von alljeitigem guten Willen und fkooperativem Zusammenwirken aller Fak- toren ab. Der Regierung fehle es, wie der Minister auf das bestimmteste erklärte, nicht an gutem Willen; sie werde überall auf der Basis der bestehenden Geseße nah bestem Wissen und Gewissen darnach trachten, ihrer chweren Aufgabe gerecht zu werden. Schließlih wurde der Dispositionsfonds mit vier- s gegen fünf Stimmen angenommen. Die übrigen Titel es Kapitels „Ministerrath“ wurden genehmigt.

Wie das „Vaterland“ meldet, beshloß der Hohenwart- klub einstimmig, für die Budgetforderung für das slove- nishe Gymnasium in Cilli einzutreten.

Jn der gestrigen Sißung des ungarischen Unter- hauses besprah der Minister des Jnnern Perczel den Nothstand im Alföld und erklärte, es sei erwiesen, daß der Nothstand niht durch von fern hergeholte Ur- sahen, sondern lediglich infolge der Dürre des leßten Jahres entstanden sei. Die drei Haupt- produkte jener Orte: Mais, Rüben und Kartoffeln seien mißrathen, die Regierung habe eine Hilfsmaßnahme verfügt, doh sei Vorsicht geboten, um unter dem Volke nicht den Glauben aufkommen zu lassen, der Staat müsse den, der nicht arbeite, erhalten. Jn leßter Zeit habe in der dortigen Be- völkerung die Tendenz die Oberhand gewonnen, als hätten die Arbeiter, die unter besseren Zeitumständen 2 Gulden und darüber Tagelohn verdienten, berechtigten Grund, den gegenwärtigen Tage- lohn von 80 Kr. zu verwerfen. Der Minister versicherte, daß zur Pflege der Rübenfelder gerade in jenen nothleidenden Orten 2700 Tagelöhner aus Nordungarn hätten bestellt werden müssen, weil einheimische Arbeiter sih nit eingefunden hätten. Sie glaubten, sie müßten solhe Tagelöhne wie bei dringenden Wassershußarbeiten erhalten. Darauf wurde der Antrag des Abg. von Endrey, wonah die Diäten für einen Tag den Nothleidenden im Alföld gewidmet werden sollen, einstimmig mit dem Zusaßantrag des Abg. Uranyzi an- enommen, die Summe unter die Nothleidenden des ganzen

andes proportionell zu vertheilen. Der Minister des Fnnern Perczel und der Minister-Präsident Baron Banffy waren für die Anträge eingetreten.

Großbritannien und Frland.

Die Abreise der Königin nah der Riviera ist der „Allg. Korresp.“ zufolge auf den 12. März festgeseßt. Von Portsmouth wrd die Königin sih am 13. n. M. früh auf der Königlichen Yacht „Victoria and Albert“ nah Cherbourg Und von dort direkt nah Nizza begeben, wo die Ankunft am 15. n. M. erfolgt.

__ Das Befinden des Prinzen von Wales hat sich ge- bessert; der Prinz machte gestern einen Ausgang.

Frankreich.

_ Der Ministerrath hat dem „W. T. B.“ zufolge in seiner gestrigen Sizung beschlossen, daß, wenn der Deutsche Reichstag Prämien für die Ausfuhr von Zucker bewilligen würde, die französishe Regierung unverzüglich Maßregeln er- greifen müsse, um die Wirkung dieser Prämicn auf den fran- osishen Markt aufzuheben.

Gestern Abend empfing der Minister-Präsident Nib ot die parlamentarischen Vertreter der Zuckerindustriegegenden, die eine Erhöhung der Zushlagsätaxe auf raffinierten HUucker auf 12 Fr. und auf Rohzucker auf 11 Fr. per di tter-Zentner verlangten. Der Minister - Prästdent machte ie Mittheilung, daß eine derartige Erhöhung bereits in dem gestrigen Ministerrath beantragt worden fei.

u Der General Négrier is beaufträgt worden, eine niersuhung über den Gesundheitszustand der arnison in Dijon einzuleiten.

Der dem Generalstab der Marine attachierte Lieutenant

L See Grancey ist für den Posten des Marine - Attachés ei der französishen Botschaft in Berlin ausersehen worden.

Rußland.

Der bisherige E in Wien Fürst Lobanow ist gestern von St. a urg nach Wien abgereist.

Die „Russishe Telegraphen-Agentur“ meldet: Nah Mit- theilungen von durhaus fompetenter Seite ist die Nach- riht auswärtiger Blätter über eine angeblihe Mediation Rußlands und Englands zwischen China und Japan unrichtig. Die Vertreter der genannten Mächte hatten bis jeßt kein Bedürfniß, ihre Vermittlung an- zubieten, weil Japan sich niemals geweigert hat, in Brie ens- verhandlungen einzutreten, und der erste chinesische elegirte, der mit vollgültigen Vollmachten ‘ausgerüstet ist, sih eben erst vorbereitet zu unterhandeln. Außerdem hat Japan von An- beginn des Kriegs an und bis auf den heutigen Tag mit der größten Willfährigkeit die Rathschläge der Gesandten Nuß- lands und Englands ausgenommen, welhe gemeinsam, und von den Vertretern aller anderen Mächte unterstüßt, Mäßigung empfehlen. Noch ganz neuerdings erklärte die japanische Regierung den fremden Gesandten, daß Japan, von versöhnliher Gesinnung beseelt, bereit sei, den Vormarsch seiner Armeen auf dem chinesischen Gebiet aufzuhalten und die Friedensvorschläge Chinas zu erwarten. Dies ist die Lage im gegenwärtigen Augenblick, doch halten es die maßgebenden Kreise nicht für ausgeschlossen, daß dieselbe sih erheblih und ras ändern kann.

Spanien.

Nach einer Meldung des „W. T. B.“ aus Madrid bilde die Abgrenzung der neutralen Zone bei Melilla die einzige bei den Verhandlungen mit der marokkanischen Gesandtschaft noch vorliegende Schwierigkeit.

In der Kammer erklärte sich gestern die Regierung mit der Vornahme einer parlamentarishen Untersuchung über die Marineausgaben einverstanden.

Belgien.

Das „Journal de Bruxelles“ meldet auf Grund ihm von kompetentester Seite zugegangener Mittheilungen, daß die britishe Regierung keinerlei Einwand gegen eine eventuelle Annexion des Congostaates durch Belgien crhoben habe.

Rumänien.

Jn der vorgestrigen Sißung des Senats (siehe die gestrige Nr. d. Bl.) erklärte der Minister des Auswärtigen Lahovary weiter, angesihts der Agitation der Opposition über das Berggeseß, halte er sih für verpflichtet zu erklären, daß die Regierung die Verantwortlichkeit für das Gesch über- nehme, das als das Werk der ganzen konservativen Partei an- zusehen sei.

Schweden und Norwegen.

Aus Christiania meldet „W. T. B.“, der Verein der Linken habe Steen, Sivert Nielsen und Lövland zu Vertretern gewählt, um mit den andern Parteien über die Lage zu verhandeln, und leßtere aufgefordert, auch ihrerseits Delegirte zu ernennen. Eine Versammlung der Moderaten sei gestern Abend abgehalten worden, ohne daß ein Beschluß gefaßt worden sei. Das Ergebniß einer Versammlung der Rechten sei noch unbekannt.

Amerika.

Die oppositionellen Parteien des Senats be- \{lo}sen gestern, ein Votum über die Resolution Walcott zuzulassen, welche erklärt, der Senat sei der Ansicht, daß das Wohlbefinden der Vereinigten Staaten ein Gesez über die freie Silberprägung im Verhältniß von 16 zu 1 verlange; aber angesihts der Wichtigkeit der dem Kongreß gegenwärtig vorliegenden Ausgabenentwürfe sei dec Senat der Meinung, daß ein derartiges Geseg während der gegenwärtigen Session nicht berathen werden dürfe. Entsprehend diesem Beschlusse, wird der Antrag Jones auf unbeschränkte freie Silberprägung zurückgezogen werden.

Zum Mayor von Miladélpbia wurde gestern der Republikaner Warwick mit 55 000 Stimmen Mehrheit ge- wählt, troßdem der erbitterte N unter den republikanischen Parteigruppen die Stimmenzahl der Republikaner vermindert hatte. Von republikanisher Seite wird der Wahl insofern weitergehendes Jnteresse beigemessen, als sie den Sturz des bisherigen Regimes bedeute.

Asien.

Der bei dem japanischen Landtag beantragte neue Kredit beträgt ncht, wie gestern gemeldet worden ist, 10 Millionen , sondern 100 Millionen Yen. Falls derselbe vom Landtag bewilligt wird, belaufen sich damit die gesammten bisherigen Kriegsauslagen auf 250 Millionen Yen.

Eine amtliche, in Hiroshima eingetroffene Depesche meldet: Die gesammte japanishe Flotte sei Sonntag in den Hafen von Wei-Hai-Wei eingelaufen. Die Forts, alle Torpedolager, zehn cinesishe Kriegsschiffe und die gesammte Garnison Fei den Japanern übergeben worden. Das chinesische Schiff „Kuangtschi“ sei, nahdem es abgerüstet worden, den Chinesen zum Transport der Leiche des Admirals Ting nah Chefoo übergeben worden.

Eine weitere amtliche Depesche meldet, die Chinesen hätten am 17. d. M. einen Angriff auf Kumotscheng in der Mandschurei gemacht, seien aber mit Hinterlassung von 30 Todten zurückgeschlagen worden. Die Japaner hätten feine Verluste gehabt. Nach Aussage Gefangener sei cine Truppe von 3000 Fußsoldaten und 100 Reitern mit aht Geschüßen unter dem Oberbefehl des Generals Schiung von Liaujang zum Angriff auf Kumotsheng abgeschickt worden; den Angriff am 17. d. habe die aus 1000 Mann Infanterie und 30 Reitern bestehende Vorhut ausgeführt.

Aus Haitscheng vom 17. d. ist folgende Depesche des Generals der Kavallerie Katsura eingegangen: Die Stellung des Feindes bei Niutschuang sei unverändert; die feindlichen Truppen bei Liaujang begönnen vorzurücen.

Aus Tientsin wird berichtet, ein Kaiserlicher Befehl vom 19. d. M. gebe bckannt, daß Jaotai Kung und der General Yechihicao von dem Kriegsrathe zu Gefängniß bis zum Herbÿt verurtheilt worden seien; alsdann sollten sie wegen des Verlustes von Port Arthur hingerichtet werden.

Das „Reuter’she Bureau“ berichtet aus Hongkong, daß das Pulvermagazin eines Forts zu Takao auf Formosa in die Luft geflogen sei. Dabei seien 2000 (?) Menschen getödtet worden. Jnfolge der unsihheren Lage auf Formosa verließen viele Kaufleute die Jnsel. Ein in Hongkong ein- etroffenes Handels\cif berichte, daß ein japanishes Ge- F wader in der Nähe von Formosa kreuze.

j Afrika. Nach einer Meldung dcs „W. T. B.“ aus Kairo dauern daselbst die gegen das Ministerium Nubar Paschha’s ge- rihteten Bestrebungen fort. Ein von Nübar:- Pasha und Gorst ausgearbeiteter und von dem Kabinet ange- nommener Gesezentwurf über die Verwaltung der Dörfer war dem gg Nath vorgelegt worden. Leßterer ging sowohl auf diesen, wie auf einen von Sir John - Scott bear- beiteten Entwurf nicht ein und vertagte sih in ungeseßlicher Weise troß der Dringlichkeit der vorgeschlagenen Makmeiinen Wegen der Fasten des Namadan kann der geseßgebende Rath vor April nicht wieder zusammentreten.

__ Wie die „Times“ aus Kairo von gestern meldet, nimmt die bedrohliche Lage in Alexandrien die allgemeine Auf- merksamkeit in Anspruch. Das italienishe Organ „Messaggiero“ sowie das griechishe Blatt „Telegraphos“ lenken die Aufmerksam- keit auf eine unter den Eingeborenen verbreitete Prophezeiung, daß das diesjährige Ramadanfest durch ein großes Blut- bad unter den Europäern gekennzeichnet sein werde. Einem Briefe eines seit langem in Alexandrien wohnenden Europäers zufolge wäre die Haltung der unteren Klassen gegen die Europäer, namentlich gegen die Soldaten und Seeleute, eine drohende und her- ausfordernde. Das Eintreffen von zahlreichen Beduinen in der D Stadt bildeeinen weiteren Grund zurBeunruhigung. Die Anzeichen erinnerten an diejenigen, welthe dem Blutbade von 1882 POrORIIan ge seien. Die verantwortlichen Beamten seien der Ansicht, die Regierung müsse besondere Vollmachten haben, um den Angriffen gegen die Europäer summarisch begegnen zu können.

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Parlamentarische Nachrichten.

Der Schlußbericht über die gestrige Sißung des Reichs- tags befindet sih in der Zweiten, der Schlußbericht über die gestrige Sißung des Hauses der Abgeordneten in der Ersten Beilage.

Jn der heutigen (43.) Sißung des Reichstags, welcher der Staatssekretär Graf von Posadowsky Ri wohnte, trat das Haus in die erste Berathung des Taback- steuergeseßes ein. Zur Begründung des Eitvinss nahm das Wort der Staatssekretär des Reichs-Schaßamts Graf von Posadowsky.

(Schluß des Blattes.)

Jn der heutigen (25.) Sißung des Hauses der Ab- geordneten, welcher der Minister des Jnnern von Köller beiwohnte, wurde die zweite Berathung des Etats des Ministeriums des Jnnern beim Kapitel der landräth- lihen Behörden fortgeseßt.

Abg. Sander (nl.) wünschte für die Kreibsekretäre ein höheres Anfangsgehalt als 1800 (A und eine schnell steigende Gehaltszulage, besonders, da die Kreissekretäre gleih den Landräthen mit jedem Jahre mehr belastet würden.

__ Geheimer Ober-Regierungs-Rath Lindig erwiderte, daß bisher keine Beschwerden von seiten der Kreissekretäre laut geworden seien. - Sie seien im großen und ganzen niht s{lechter als die Negierungs- Sekretäre gestellt.] A

Beim Kapitel des Polizei-Präsidiums von Berlin nahm das Wort

Abg. Graf Douglas (fk.): Im Hinblick auf die immer- mehr zunehmenden Infektionskrankheiten halte ih es für angebracht, auf die Polizeiverordnung in Meran hinzuweisen, welche den Damen das Schleppentragen auf den Promenaden verbietet. Durch das Aufwirbeln von Staub auf den Straßen werden viele Infektionskeime in die Lungen der Passanten getrieben. Wenn man die öffentlihe Meinung wachrufen und dur die Presse den Damen die Ueberzeugung verschaffen würde, daß durch diese Unsitte nach der Ansicht aller Autoritäten häufig sehr {were Krankheiten verursacht werden, so wird ficher die Gewissenhaftigkeit den Sieg über die Tyrannei der Mode und der Eitel- keit davontragen. Zur Verbreitung der Infektionskrankheiten trägt auh die enorme Zunahme des Verkehrs bei. Die Decken auf den Fußböden der öffentlihen Fuhrwerke Berlins be- herbergen. sicher eine große Zahl von Bakterien. Es würde sich empfehlen, die Fußböden mit Ausnahme der kalten Jahreszeit mit einer abwashbaren Decke zu belegen. Die Kosten würden gering, der Nußen aber bedeutend fein. Außerdem wäre es erwünscht, wenn die Polizeiaufsiht über die Waisen- und Haltekinder fih auf länger als vier Jahre erstreckden würde.

Abg. Dr. Langerhans (fr. Volksp.): Daß durch das Schleppen- tragen auf .den Steen zuglecih mit dem Staub viel Bakterien auf- gewirbelt werden, läßt sich nit leugnen; aber das ist nicht das wesentliche. Viel {limmer ift es, daß mit den Schleppen der Straßen- {muy und mit ihm viele Krankheitserreger in die Wohnungen getragen werden. Es ist aber sehr E derModeentgegenzutreten. DaësHauptmittel gegen Infektionskrankheiten ist vor allem Reinlichkeit. In dieser Be- ziehung bin ih mit dem Vorschlage des Vorredners, abwaschbare Fuß- bodendecken in den öffentlichen E einzurihten, einverstanden. Aber das würde z. B_ für den Fall, daß ein Kranker befördert würde, nicht genügen. Die Desinfektion der Fuhrwerke hat sich bis jegt immer noch am besien bewährt.

Abg. Graf (nl.) wünschte, daß die Regierung dur die ihr zur Verfügung stehenden Organe im Interesse der Hygiene wirken möge.

Geheimer Ober - Regierungs - Rath Lindig: Seitens des Ministeriums werden die beahtenswerthen Anregungen, welche die Debatte ergeben hat, thunlichst Berücksichtigung finden. Namentlich wird in Erwägung gezogen werden, ob die bestehenden polizeilichen Bestimmungen einer Ergänzung bedürfen.

Abg. Dr. Arendt (fr. konf.): In Berlin ist nur das Polizei- Präsidium an das Telephonnetz angeschlossen, die einzelnen Polizei- reviere aber nicht. Im Interesse des Dienstes wie im Interesse der gesammten Bevölkerung würde es ih wohl empfehlen, wenn auch die Ae telephonisch mit dem Polizei-Präsidium und den Fernspreh- tellen im allgemeinen verbunden wären. Besonders bei Unglüdcks- fällen würde sich diese telephonishe Verbindung von Nußen erweisen. Der Kostenpunkt ist nicht so groß, daß er den Vortheilen gegenüber ins Gewicht fallen fann.

Bei Schluß des Blattes nahm der Minister des Jnnern von Köller das Wort.

Dem Reichstag ist die allgemeine Rechnung über den Reichshaushalt für das Etatsjsahr 1891/92 nebst den dazu gehörigen Spezialrehnungen, einem Vorberiht und den Be- merkungen des Rechnungshofes behufs der Entlastung zugegangen.

Dem Hause der Abgeordneten ist der, Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des preußish-luxemburgishen Ver- trages vom 5./15. November 1892, betreffend den Beitritt Luxemburgs zum Vertrage wegen Negelung der Lachs- fisherei im Stromgebiete des Nheins vom 30. Juni 1885 und zur Regelung der Fischereiverhältnisse der unter der gemeinschaftlihen Hoheit beider Staaten stehenden Ge- wäs ser, zugegangen.