1913 / 292 p. 8 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 11 Dec 1913 18:00:01 GMT) scan diff

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ausländischen Werten follte nur gestattet werden, wenn es uns erb ebliche wirtschaftliche oder politishe Voiteile bringt. Vor allen Dingen foliten wir unsere politischen Freunde dur Gewährung von Geldmitteln unter- stüyen. Junsbesondere rün!chen wir, daß wir in dieser Beziehung den rumänischen Staat berüdsihtigen. Ih komme nun zu dem Schu der Arbeitswilligen (Zuruf links: Scharfmacher). Arbeiten Sie doc) nicht immer mit dem Wort Scharfmacher. Das ist eine Nedensart ohne Inhalt. Jh glaube, es wird keinen vernürftigen Menschen geben, der . nicht den Schuß für die Arbeitswoilligen wünsht. Wir verlangen ihn lediglih im Interesse der Arbeiter. Ais der Kohten- streif vor zwei Jahren im Ruhrrevier ausbrach, find 2000 Körper- verleßungen und Beleidigungen vorgekommen. Sie haben erst auf- ehört, als Miiitär gekommen ist. Ich glaube nit, daß die olizei allein mit der Sache fertig geworden wäre. It es nicht wens{chenfreundlich, wenn ich den Wunsch hege, daß diese 2000 Bestrafungen überflüssig wären? Die Aufgabe des Staates ist doch in erster Linie, zu verhüten, damit nicht gestraft zu werden braucht. Wenn wir da:auf hinwirken, so erweisen wir der Arbeiterschaft einen großen Dienst. Die Verhütungêmöglichkeit ist der springende Punkt. Wenn wir durch Androbung von Strafen diese Beschimpfungen von Arbeitöwilligen usw. verhindern können, so erweisen wix niht nur den Arbeitewilligen einen grcßen Lienst, sondern auch den unglüd- lichen Leuten, die, verleitet von Heyern, sih an den Arbeitswilligen vergreisen. Solange hier keine Majorität dafür zu finden ist, kann man der Regterung feinen Vorwurf daraus machen, daß sie feine entsprewende Vorlage einbringt, aber ih richte metnen Appell auch an die Parteien. Die katholischen Industriellen und die fatholischen Handwerker leiden do ebenso wie die evangelischen. Daß der Hansabund sich dazu entschlossen hat, einen größeren Schutz der Arbeitswilligen zu verlangen, ist ein Beweis dafür, in wie weite Kreise die Ueberzeugung von der Notwendigkeit einer solchen Maßregel gedrungen ijt. Der Hansabund bewegt \ih auf der Linie etwa zwischen National- liberalen und Freisinnigen; und der Industrierat hat diesen Beschluß ein- stimmig gefaßt. Auch die freisinnigen Parteien müssen {ließli diese Not- wendigkeit erkennen. So hat ein fortschrittliher Chefredafteur ausgeführt, daß er hinfihtlih der Frage des Schuß:s der Arbeitswilligen dem Hansabund zustimme. Es dürfte auch unter den Liberalen Einigkeit darüber herrschen, daß der Arbeitswillige geschüßt werden muß. Ich habe wiederholt darauf hingewiesen, daß wir kein Auznahmez„est ß roollen. Aber man hat ja ein besonderes Gese gegen Landesverrat, weil hier ein Bedürfnis es notwendig gemacht hat. Hier liegen die Verhält- nisse ähnlih. Jm ae und ganzen ist hier eine einstimmige An- sicht der Handwerker vorhanden. Die Fälle, die die Notwendigkeit einer solhen Maßregel dartun, sind häufig genug. Ich verweise z. B. auf die Ermordung des österreihishen Sozialdemokraten Shuhmeier. Den Arbeiter, der ihn ermordete, hatte er felbst vorher tn die sozialdemo- Tratishen Reihen getrieben, indem er ihm zurief: „Wissen Sie denn nit, wo der Plaß eines anständigen Arbeiters ist?* (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Sie rufen: Sehr richtig! Das ist Jhre Freiheit! Nachher war der Arbeiter vergeblich von etner Arbeits\tätte zur anderen gewandert, um Arbeit zu bekommen. Schließlich packte ihn die Verzweiflung. Wenn der Staat die Arbelitswilligen nicht {ütt, dann proklamieren Sie (nah links gewendet) selbst die Notwehr. Großer Lärm bei den Sozialdemokraten ; Glocke des Präsidenten. in jozialdemokratisher Abgeordneter wird wegen eines Zwischenrufs pr rdnun g gerufen.) Die großen Berufsstände: Landwirtschaft, ndustrie und Handel haben sich zusammengeschlossen zur gemeinsamen Vertretung ihrer Interessen. Diese Berufszweige haben endlich ein- gesehen, daßdie politifhen Parteten thre Interessen nit wirksam und sach- gemöß vertreten. Diefen S via ba/ri: sollte jeder Patriot mit Freude und Genugtuung begrüßen. Wenn wir Arbeitsgebiete haben, auf denen die Vertreter verschiedener Parteien zusammenarbeiten, so wird das auch zu einer Minderung der politischen Gegensätze führen. Landwirtschaft, Industrie und Handel haben zweifeuvs große gemeinsame nteressen. Die Landwirtschaft bat ja eine gewi}se Vertretung hier im Reichstag, wie wenig aber die Industrie ! Noch einige Worte über Dinge, die nicht direkt zum Etat gehören. Die Welfenfrage wird wohl im preußischen Abgeordnetenhause noch eingehend behandelt werden. Jh will nur hervorheben, daß ih die Hoff- nungen und Erwartungen, die sih an die Aussöhnung des Hohen- zollern» und des Welfenhauses geknüpit haben, nicht erfüllt haben. Die welfishe Bewegung in Hannover macht neue Anstrengungen. Es herrscht Enttäuschung und Verdrossenheit. Den Abg. Wiemer möchte ih daräuf hinweisen, daß noch heftiger, als es die Konservativen getan haben, der Hansabund die Vermögenszuwachssteuer bekämpft hat. Dieser hat jenen Herren dort geradezu Treubruch vorgeworfen, daß sie den Disabind im Stich gelassen hätten. Jh hoffe, er wird daraus die notwendigen Konsequenzen Ihnen gegenüber ziehen. Der Kollege Wiemer hat die Handel8politik des Reichskanzlers Graten Caprivi gerühmt. Ich kann Ihnen bet dieser Gelegenheit wieder mitteilen, daß ih der Neichs- kanzler bemüht hatte, mich in meiner Abstimmung über den russischen Handelsvertrag zu beeinflussen. Er hielt meine Haltung mit meinen FliSten als vortragender Nat nicht vereinbar. Jch reichte natürlich meinen Abschied als Neichsbeamter ein. Es wäre mir vielleicht möglich ge- wesen, mih der Abstimmung zu entziehen, aber ih sagte mir, daß, nachdem der Reichskanzler verfucht hatte, mi in dieser Wetse in meiner parlamentarischen Freiheit zu beshränken, ih genötigt wäre: jet gegen den Handelsvertrag zu stimmen. Sie sehen daraus, daß selbst vor- tragende Nâte einen selbständigen Charakter haben. Dem Abg. Wiemer bemerke ih weiter, daß die deutsche Landwirtschaft stets bemüht gewe'en ist, das Ausland vom einheimischen Markt möglichst auszuschließen. Sie produziert mehr Roggen, als wir gebrauchen, und sie ist nabe an der Grenze, den Viehbedarf zu sihern. Wenn cs wirklich zu einem Kriege kommt, kann die deutsche Landwirtschaft unsere Bevö!kerung ernähren. In bezug auf die auswärtige Politik hat der Neichs- kanzler wesentlich Neues niht vorgebraht. Jedenfalls hat unsere Diplomatie gut abgeschnitten. Das Zusammenarbeiten der Diplomaten für die Erhaltung des Weltfriedens ist auch sonst niht ohne Nutzen gewesen. Wenn die Diplomaten täzlih zusamnensigzen, fo wird natürlich eine ÎReihe von Mißverständnissen beseitigt. Von dem, was ih neulich über ‘Zabern gesagt habe, brauche ih nicht ein Wort zurückzunehmen. Auch die heutigen Ausführungen des Kriegeministers können mich nicht wankend machen. Ih sche nicht ein, weshalb er nicht mitteilea konnte, daß die Betreffenden mit Arrest von drei oder zwei Vonaten bestraft wurden. Der Kriegsminister konnte sih ja von der zuständigen Stelle die Ge- nehmigung einholen. Jch glaube, daß in etner so ernsten Frage man sehr wohl von den gewöhnlihen Vor'chriften abweichen kann. Jch muß au den Vorwurf aufrecht erhalten, daß die Militärverwaltung nicht gl-i bekannt gemacht hat, daß der Gebrauch des Wortes ,Wackes" strenge b-straft wird. JY habe auch auf die Verfchlungen der Zvil- behörden hingewiesen. Der Landrat war verpflihtet, das Militär vor folhen Insulten zu s{üten. Eine strenge Stheidung zwischen Mili!är- und Zivilverwaltung ist in Elsaß-Lothrirgen niht mögli, Der Chef der Militärverwaltung in Elsaß-Lothringen hat andere Aufgaben wie ein kfommandierender General beispielsweise in der Mark. Die Militärverwaltung darf gewisse Dinge, die die Sicherheit des Landés betreffen, nicht rubig hingehen lassen. Sie hat die Pflicht, fih mit Fragen zu beïchâftigen, die nicht rein militärisch find. Wenn die Zivilverwaltung Handlungen vornimmt, von denen eine Gefährdung der militärischen Auto-inät oder eine Schädigung mili- täriiher Interessen zu erwarten ist, so hat die Militärverwaltung selbstverständlid die Verpflihtang, dagegen Einspruch zu erheben, und wenn dies nit hilft, die Sacke an bhochster Stelle zur Sprache zu bringen. Bei der Verlesung der bekannten amtlichen Kundgebung über den Fall Zabern ist dem Redner, der sie verlesen hat ein fleiner Lapsus patstert. Der Schlußsat ist offenbar nur dur ein redaftionell-s Versehen durch Einfügung von Gänsefüßcben als’ zur offiziellen Kundgebung gehörend veröffentliht worden. Der Zusaß, wonach der Statthalter die Gewähr erhalten habe, daß seine verfafsung3mäßigen Zuständiakeiten gewahrt werden sollten, gehört offenbar nicht zu der amtlihen Kandgebung. Es hieße den Statt- halter, glaube ih, beleidigen, wenn man annehmen wollte, daß eine folde Grkiärung von ihm ausginge. Darin läge geradezu eine Ver- nachlässigung seiner Pflicht, das wäre absolut unzulässig, und ich bitte den Reichskanzler schr energisch, dagegen Stellung zu nehmen.

Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg: Meine Herren! Jch will zu einigen Gegenftänden Stellung nehmen, die im Laufe der bisherigen Debatte erörtert worden sind.

Zunächst will ih anknüpfen an die Auslassungen des Herrn Grafen Westarp über den Schub gegen den Mißbrauch des Koalitionsrehts ein Gegenstand, über den sih so- eben auch der Herr Abgeordnete Freiherr von Gamp geäußert hat. Es ist selbstverständlich, daß ih während der ersten Lesung des Etats diesen Gegenstand nicht bis in alle seine Konsequenzen verfolgen kann. Jch weise zunächst hin auf das, was ih vor drei Jahren, glaube ich, über diese Fragen hier im Hause gesagt habe; es war bei der Inter- rellation über die Moabiter Exzesse. Jch habe damals meine Meinung dahin ausgesprochen : egen Auswüchse des Koalitionsrogjens kann nicht eingeschritten werden durch Ausnahmegeseße, sondern nur auf cem Boden des gemeinen Rechts, und es darf dabei ein Einbruch in die Koalitionsfreiheit nicht erfolgen. (Bravo! bei den Nationallibe- ralen.) Jch nehme nach den Aeußerungen, die bisher in diesem Hause gefallen sind, an, daß diese beiden Grundsäße die Zustimmung der bürgerliden Parteien finden werden. (Bravo! bei den National- liberalen.)

Daß in die Koalitionsfreiheit niht eingegriffen werden darf, ift selbstverständlih. Das Koalitionswesen is eine Erscheinung, die bei uns, ebensogut wie in anderen Ländern, durch die wirt- schaftliche Entwicklung zu einer Notwendigkeit für die Arbeiterschaft und für das Unternehmertum geworden ist. Es wäre ein ebenso aus- sichtsloses wie törichtes Unternehmen, durch Akte der Gesekgebung einer solhen Entwicklung das Leben abschneiden zu wollen. (Mehr- seitige Zustimmung.) Aber, meine Herren, das hindert uns nicht, Auswüchsen, wo sie konstatiert werden und sie sind konstatiert (sehr richtig! rets), das ist im Volke jeßt wohl bekannt —, solchen Auswüchsen entgegenzutreten. (Zuruf links: Auf beiden Seiten!) Gewiß, durchaus paritätisch muß in dieser Frage vorgegangen werden. Das liegt schon in dem Grundsaß, den ih aufgestellt habe, daß die Abhilfe auf dem Boden des gemeinen Rechts zu schaffen ist.

Nun, meine Herren, ist als Aushilfe vorges{hlagen worden ein- mal die Revision der Strafgeseße, zweitens die zivil- rechtlihe Haftung der Koalitionen. Gegenüber der übergroßen Macht, welche die Koalitionen ausüben, nicht nur infolge der Anzahl und der Disziplin ihrer Mitglieder, sondern auch durch bas große Vermögen, das sie besißen, drängt sih von selbst die Er- wägung auf, ob als Gegenstück hierzu die zivilrehtlihe Haftung ein- zuführen ist, eine Haftung für den Schaden, den die Koalitionen durch Beauftragte anderen im Widerspru mit den Geseben oder den guten Sitten zufügen.

Im Zusammenhang mit dieser Haftung steht bekanntlich die Frage nah der Nechtsfähigkeit der Berufsvereine, eine Frage, die zu lösen ja {on einmal geseßgeberisch unternommen wor- den ist, aber vergeblih. Meine Herren, ih glaube auf keinen Wider- spruch zu stoßen, wenn ich sage, daß diese Frage der zivilrehtlichen Haftung der Koalitionen, die Frage der Nechtsfähigkeit der Berufs- vereine, sooft sie auch \chon draußen und hier im Reichstag ver- handelt worden ist, noch keineswegs zu einem geseßgeberishen Aft reif ist.

Was die Revision der Strafgeseße anlangt, so habe ih, als ih vor drei Jahren über diese Frage hier sprach, darauf hin- gewiesen, daß die Kommission, welhe mit der Nevision des Straf- geseßbuchs befaßt ist, der Ansicht sei, es müsse in dem revidierten Strafgeseßbuh die Freiheit und das Selbstbestimmungs- recht des Individuums schärfer geshüßt werden als bisher. Es sind von der Kommission auch das wird bekannt sein ent- sprechende Paragraphen in den jeßigen Entwurf eines neuen Straf- geseßbuches aufgenommen worden. Meine Herren, daß dies geschieht, scheint mir doch eine Selbstverständlichkeit zu sein. Als unser Straf- gescßbuch erlassen wurde, befand sih das Koalitionswesen im Vergleich zu heute doch noch sehr in den Anfängen (fehr richtig! rechts), und als der Gesebßgeber die Paragraphen zum Schuße der persönlichen Freiheit faßte, hatte er im wesentlihen Angriffe auf die persönliche Freiheit des Individuums durch ein drittes Individuum im Auge, nicht aber Angriffe, die auf die Macht der Koalitionen gestübt werden. (Sehr richtig!) Wenn nun die tatsächlihe Entwicklung uns gezeigt hat, daß Lie Freiheit des Individuums jeßt in anderen Formen als früher und auch von anderen Subjekten aus, von den Koalitionen, ausgeübt wird, so muß die Geseßgebung diesem Gang der tatsächlichen Ent- wicklung folgen; das halte ich für eine Notwendigkeit. Dieser Not- wendigkeit muß in einem revidierten Strafgeseß Nechnung getragen werden.

Meine Herren, ih möchte, wenn ih das sage, aber doch gleichzeitig glauben, daß man sih täuscht, wenn man dieser Revision des Straf- geseßbuches cine gar zu große Wirkung zuschreibt. (Sehr richtig! links und bei der Wirtschaftlichen Vereinigung.) Die Erfahrung hat uns gezeigt, daß, wenn jeßt Terrorismus nicht überall und nicht ge- nügend gefaßt wird, das in unzähligen Fällen nicht an dem Tatbestand tes Strafgeseßbuchparagraphen liegt, sondern an anderen Dingen (fehr richtig! links und bei der Wirtschaftlihen Vereinigung), sehr häufig daran, daß es an den nötigen Zeugen fehlt.

Dann aber kommt noch ein zweiter und, wie mir \{eint, wi- ligerer Punkt hinzu: Gerade die empfindlihste Form des Terroris- mus, als die ih beispielsweise den wirtschaftlichen, den gesellshaft- lichen Boykott nennen will (sehr rihtig!), und den Boykott auf der Arbeits\tätte, gerade diese Form des Terrorismus, die am empfind- listen gefühlt wird, pflegt sih in der Regel nicht in Angriffen, in attiven Angriffen auszudrücken, sondern in Unterlassungen (sehr rihtig!), und diese Unterlassungen werden wir dur das Strafgeseßz- buch, auch wenn es revidiert wird, nicht fassen können. Jch will damit nicht sagen, daß nicht auf vielen Gebieten eine Aenderung des Strafgeseßbuchs Hilfe bringt. Jch habe nur davor warnen wollen, zu glauben, daß die großen Schäden, die wir tatsächlih haben, und die von weiten Kreisen des Volkes empfunden werden, nun damit dur- weg geheilt werden können. Es ift im Gegenteil die Besorgnis aus- zusprechen, daß gerade diejenigen Formen des Terrorismus, die vom Sirafrichter niht gefaßt werden, zunehmen. Wir haben ähnliche Er- fahrungen im Verlauf der Dinge bereits gemaht. Gewiß, meine Herren, gerade diese Formen des Terrorismus werden besonders stark gefühlt und werben sehr bitter empfunden -in den unzähligen Fällen, wo der mit dem wirtschaftlichen, mit dem gesellschaftlichen, mit dem Boykott auf der Arbeitsstätte Bedrohte sich vor dem Ruin seiner ganzen Existenz sieht, wenn er niht dem Boykott nachgibt. Jch

glaube: Hilfe auf allen diesen Gebieten, wirksame Hilfe wird nux dann geschafft werden können, wenn sih das allgemeine Volks, empfinden gegen diese Einschnürung der persönlichen Freiheit aufs lehnt, wenn es diesen Terrorismus von sih abweist. (Zuruf rets: Tut sie niht!) Ohne diese Hilfe, meine Herren, werden auch neue Paragraphen (Zurufe von den Sozialdemokraten: Militär- boykott! Geheimes Wahlrecht! Glode des Präsidenten.)

Meine Herren, ih sagte: ohne diese Hilfe werden au neue Parga- graphen sehr leiht auf dem Papier steben bleiben (sehr richtig! links), wofern sie niht sonstigen Schaden anrihten. (Zustimmung links.) Nun, meine Herren, bin ih der Ansiht und ih glaube, sie ist be- gründet —, daß sih unser Volksempfinden bei der Veberspannung des Koalitionsgedankens, der stattgefunden hat, tatsäblih immer energi- scher auflehnt gegen diesen Boykott, gegen den Terrorismus, wie ih ihn kurz geschildert habe. (Zurufe von den Sozialdemokraten.) Jch stimme mit dem Herrn Abgeordneten Freiherrn von Gamp voll- ommen darin überein: man fann diese Stimmung nicht ablehnen, wie es die Herren von der Sozialdemokratie tun, mit dem Hinweis auf Scharfmachertum. Damit ist gar nichts gesagt. (Aha! bei den Sozialdemokraten.) Es sind do nicht bloß die Konservativen, welche in dieser Beziehung treiben. Die Mitteilungen, die uns gestern Herr Bassermann gemacht hat, waren doch recht bezeihnend (Nufe von den Sozialdemokraten: Sehr!), und ebenso bezeichnend ist die Haltung einer großen Anzahl von Handelskammern (sehr richtig! rechts), sind die Kundgebungen aus dem Handwerkerstande und chließlich doch auch die Stellung des Direktoriums des Hansabundes. (Heiterkeit bei den Sozialdemokraten. Abg. Heine: Und der Dußende von Organi- sationen dagegen !)

Meine Herren, die Regierung ich bitte die Herren auch auf der rechten Seite dieses Hauses, dessen versichert zu sein ist sih der Ver- antwortung, die sie gegenüber den tatsächlichen Erscheinungen, und die sie gegenüber den Stimmungen im Volke hat, voll bewußt, und ih stimme dem Herrn Abgeordneten Grafen Westarp durchaus darin zu, daß in dieser unser Volksleben so tief berührenden Frage die Negie- rung eine führende Rolle zu spielen hat, und daß sie dem Reichstage Aktionen vorschlägt, sobald sie glaubt, daß die Vorbedingungen hier- für gegeben sind. (Aha! und Hört hört! bei den Sozialdemokraten.) Meine Herren, ih habe {on vor längerer Zeit den Herrn Staats- sekretär des Innern gebeten, die Erfahrungen, die in dem ganzen Ver- lauf der deutschen Arbeits\treitigkeiten gesammelt worden sind, und die Grfahrungen, die in anderen Ländern gemacht worden sind, zusammen- zustellen. Jch nehme an und hoffe, daß in nit zu ferner Zeit dem Neichôtag diese Arbeit vorgelegt werden wird. (Zuruf von den Sozial- demokraten: Auch über die der Unternehmerorganisationen?) Sie wird, meine Herren, nicht nur, was ih für durchaus erwünscht halte, wert- volle Fingerzeige geben für die Handhabung der bestehenden Geseße, denn hier bestehen der Herr Graf Westarp hat davon mit Recht gesprochen mannigfache Unklarheiten (sehr richtig! bei den National- liberalen), sondern sie wird uns auch die Grundlage für die weitere Behandlung dieser wihtigen Frage liefern. (Hört, hört! und Zurufe bei den Sozialdemokraten.)

Meine Herren, ih muß des weiteren auf die Kritik eingehen, die gestern der Herr Abgeordnete Bassermann und heute der Abgeordnete Freiherr von Gamp, wenn auch nur in verbhältnismäßig kurzen Worten, an die Haltung des Bundesrats in der braunshweigischen Frage angelegt haben. “Der Abgeordnete Bassermann hat dem Bundesrat den doch immerhin recht {weren . Vorwurf gemacht, daß er in dieser jeßt abgeschlossenen, aber politisch wichtigen Frage, die im Laufe dieses Sommers eine große Erregung der öffentlichen Meinung hervorgerufen hat (Lachen und Widerspruch bei den Sozialdemokraten) ja, meine Herren, wenn Sie die Presse verfolgt haben, werden Sie, glaube i, nicht zu lachen brauchen, sondern werden zugeben, daß das richtig ist (erneuter Widerspvuch bei den Sozialdemokraten), daß also in dieser Frage der Bundesrat umgefallen sei. Das ist ein \{chwerec Vorwurf. Aber, meine Herren, ih halte den Vorwurf in keiner Weise für berehtigt. Bei diesem Vorwurf wird übersehen, daß der Bundesratsbeshluß von 1907 so wenig ein Definitivum hat. schaffen wollen wie der Bundesratsbeshluß von 1885. Beide Beschlüsse wollten und konnten im Hinblick auf die von niemandem bestrittenen Thronfolgerechte des welfischen Hauses in Braunschweig nur ein Pro- visorium herstellen. Sie wurden rebus sic stantibus gefaßt. 1885 und 1907 kam der Bundesrat zu dem Ergebnis, daß, wie die Dinge damals tatsächlich lagen, die Thronbesteigung des Herzogs von Cumber- land in Braunschweig unvereinbar sei mit den Grundprinzipien der Meichsverfassung und der ihr zugrunde liegenden Bündnisverträge. Aenderten sih die Verhältnisse und daß sie sih geändert haben, wird wohl von niemandem bestritten werden —, so entstand für den Bundesrat die Pflicht, neuerdings zu prüfen, ob diese Unvereinbarkeit noch fortbestehe. s

Meine Herren, wer jeßt dem Bundesrat eine Inkonsequenz, cinen Umfall vorwirft, weil er die Verzichtsforderung, die 1907 aufgestellt wurde, fallen gelassen hat, der kann mit demselben Neht dem Bundes- rat von 1907 eine Inkonsequenz gegenüber dem Bundesrat von 1885 vorwerfen. (Sehr richtig! im Zentrum.) Der Bundesratsbe\{luß von 1885 kennt nicht die Verzichtsforderung als Vorausseßung für die Thronbesteigung in Braunschweig. (Sehr richtig! im Zentrum und bei der Wirtschaftlichen Vereinigung.) Die Verzichtsforderung ist im Jahre 1907 neu entstanden, und zwar waren es die damals tatsächlich vorliegenden Verhältnisse, welche zu der Verzichtsforderung geführt haben.

Im Jahre 1906/07 bot der Herzog von Cumberland für seinen Sohn, den Prinzen Ernst August, der den braunshweigishen Thron be- steigen sollte, den Verzicht auf Hannover an. Dagegen sollte der älteste Sohn des Herzogs, der Prinz Georg Wilhelm, nicht verzihten. Durch diése Unterscheidung konnte nur der Eindruck erweckt werden ob er gewollt war, lasse ih dahingestellt —, daß gewissermaßen zwei welfische Linien gebildet werden sollten: eine, welhe auf Hannover verzichtete und Braunschweig erhielt eine braunshweigische—, eine andere, für die der Verzicht ausdrücklih abgelehnt wurde, und in der die ver- meintlihen Rechte auf Hannover fortleben sollten. Diese unter- strihene Differenzierung war selbstverständlih niht annehmbar und strihene Differenzierung war selbstverständlih nicht annehmbar un hat zu der Forderung des Verzichts für alle Glieder des Hauses im Jahre 1907 geführt. Seit dem Tode des Prinzen Georg Wilhelm ift der Prinz Ernst August der einzige Erbe des welfischen Hauses, und damit sind die sachlihen Umstände, welhe im Jahre 1907 zur Ver- zihtsforderung geführt bben, weggefallen, A 4

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Meine Herren, ih sagte hon, der Bundesratsbes{kluß von 1885 stellt den Verzicht niht als Vorausseßung für die Thronbesleigung in Braunschweig auf. Entscheiderd für den Bundeerat im Fahre 1885 war die Ueberzeugung, daß im Falle der Thronbesteigung des Herzogs von Cumberland Braunschweig zum Stüß- und Mittelpunkt Def gegen den Bestand Preußens gerichteten hannoperiGwelgiGen Be- strebungen werden würde. Das war für Bismark und für die vers bündeten Regierungen allein das Entscheidende. Der Fürstenhof eines Bundeéstaals durfte niht sozusagen das Hauptquartier für Be- strebungen werden, welche gegen einen anteren Bundesstaat gerichtet waren. Das war es, worin die Unvereinbarkeit mit dem Griedens- stand unt:r den Bundeegliedern zu finden war, den die Neichs- vrfassung und die Bundesverträge fordern und garantieren. Von diesem Gesichtépunkte aus mußte der Bundesrak auch jetzt die Eltuation prüfen, und er hat sie au von diesem Gesichtspunkte aus geprüft. Gr hat sich also strikte auf die Grundlage gestellt, die 188% gelegt worden war. Voa einem Umfall ist also in keiner Weise die Rede.

Nun, metne Herren, ist der Bundesrat, wie bekannt, zu der Ueber- zeugung gekommen, daß die hannöversch-welfisGen Aspirationen in Braunscweig unter der Regierung des Prinzen Ernst August keinerlei Unterstützung finden würden. Der Bundesrat gründet diese UNeber- zeugung auf die Vermählung des Prinzen mit der Tohter des Kaisers, auf seinen Eintritt in die preußische Armee, auf sein mit dem Fahnen- eid für Lebenszeit übernommenes feierlihes Versprechen, nichts zu tun und nichts zu unterfiüßen, was darauf gerichtet ift, den derzeitigen Besitstand Preußens zu verändern, auf das Bekenntnis des Prinzen zur Verfassung und zu den Pflichten, welche ihm gegen seine VBer- bündeten obliegen. Die Bedeutung dieser Garantien an ih wird wohl. nicht bestritten. Aber es ist gesagt worten, diese Garantien lägen auf sentimentalem Gebiete, es fehle die staatêrechtlide Grund- lage, und diese Grundlage könne nur durch den Verzicht geschaffen werden, und zwar durch den Verzicht zugleich für die etwaigen Nach- Tommen.

Meine Herren, dieser Standpunkt ift, wie mir scheint, doch ein reihlich formalistischer, ich möchte beinahe sagen, bureaufratischer, und er steht noch dazu juristish auf sehr schwankendem Boden. (Sehr 1ichtig! links.) Was würde mit dem so viel besproch: nen, staatsrehtlic bindenden Verzicht für das Reih und für Preußen erreicht worden sein? Die Situation ist doch die: Hannover ist eine preußische Provinz kraft preußischen Gesetzes, und Preußen ist auf Grund der Reichsverfassung ein Glied des Deutschen Neiches mit Einschluß der Provinz Hannover. Es gitt keinen Staat Hannover, und es gibt keine Monarchie in einem Staate Hannover. Ein Verzicht auf Monarchenrecht kann aber nur dem eigenen Staat, uicht einem anderen Staat gegenüber ausge- \prochen werden. Dieser eigene Staat besteht nicht. Ein Jedhts- verziht gegenüber Preußen wäre juristisch inhaltslos, weil Preußen keine Rechte auf Hannover kennt, sondern höchstens vermeintlidhe Ansprüche auf

die Wiederherstellung des Zustandes vor 1866. (Sehr richtig! links.) Und was den Verzicht für die etwatgen Nadkommen anlangt, so über- wiegt in der Staatsrechtslehre die Ansicht, daß ein Verzicht mit recht- licher Wirkung nur für die Person des Verzichtenden selbst, nicht für Nachkommen und Agnaten ausgesprochen werden kann. Also, meine Herren, diejenigen, die da glauben, unter juristischen und staatôrecht- lihèn Gesichtspunkten den Verzicht fordern zu müssen, befinden fich in einem JIrrtum. Aber, wie gesagt, ih halte den ganzen Standpunkt, der mit dem Verzicht und seiner staatörechtlichen Bedeutung operiert, für einen theoretischen, für einen formalistishen, er geht an dem Kern der Sache vorbei. Die Bürgschaften, die der Prinz Ernst August dafür gegeben hat, daß er die Negierung in Braunschweig in getreuer Grfüllung aller einem deutschen Bundesfürsten gegen das Reich und die Bundesstaaten obliegenden Pfl chten führen werde, sein Versprechen, daß er Ansprüche auf Wiederherstellung eines selbständigen Hannovers

diefe Garantien find genau so bindend, ob si2 mit oder ob fie obne Verzicht abgegeben sind. Wenn diese Garantien, die jeyt obne Ver- zicht abgegeben wcrden sind, versagten, dann würden sie au zusammen- fallen, wenn der Verzi&t vorläge. (Sehr richtig) KVber, meine Herren, keides ist ausgeschlossen, ausgeschlossen durch die über jeden Zweifel erhabene Loyalität des Prinzen Ernst August.

Nan, meine Herren, wenn aber die Vorausseßungen dafür ge- geben warcn, daß die Regierung des Prinzen Ernst August für Braun- \chweig mit dem von der Reichsverfassung garantierten Friedenéslande unter den Bundesmitgliedern in jeder Beziehung vereinbar fei, dann hatle Braunsdweig ein Recht darauf, daß der Prinz Ernst August den Thron feiner Väter besteige. (Sehr richtig!) Dieses Net Braun- \{weigs ist in der ganzen Polemik dieses Sommers fait gar nit erwähnt worden. Aber Braunschweig, dieses kerndeutsche Land, das immer treu zu Kaiser und Reich gestanden hat, vas den Einbruch bannöverscher welfis&cr Aspirationen in das Land in der Vecgangen- heit nit gewollt hat und einen folhen Einbruh au in der Gegen- wart und Zukunft nit will, hatte einen Anspru auf seinen re@t- mäßigen Thronerben, sobald es sicher war, daß dieser ebenso treu zu Kaiser und Neich steben werde wie das Land selbst, und daß die welfishen Trelbercien bei ihm feine Unterstüßung finden würden.

Nun, meine Herren, noch ganz wenige Worte über die hban- növers{hen Welfen. Der Herr Abg. Freiherr von Gamp hat gesagt, die Sache würde im preußischen Landtage noch ausführlich besprochen werden. Ih entnehme aus dem Kopfnicken des Herrn von Heytebrand, daß dies gesehen wird, und ih werde ja dann au no ausfübrlier über die Sache svyrehtn; aber ein paar Bemerkungen muß ih doch schon beute machen.

Herr von Gamp hat gemeint, dur diese Regelung der braun- \chweigischen Frage hätten wir die welfische Agitation in Hannover gestärkt. Da möchte ih doch einmal die Gegenfrage tellen, 0 wir viht die welfishe Bewegung in Hannover gerade dann verhängnis- voll gestärkr bätten, wenn wir um des, wie ih nachgewiesen habe, bedeutungêlosen Verziht-s8 willen die welfishe Frage verewigt und den Prinzen Ernst August zum Märtyrer des Welfentums gemacht hätten. ndem wir das Gegenteil getan haben, haben wir ter welfishen Be- wegung in Hannover für die Zukunft ihren stärksten Stüizpunkt ge- nommen. (Sehr richtig!) Gewiß, meine Herren, mir ist gesagt worden, es gäbe in Hannover Welfen, die da sagten: d?r Prinz Ecnst August hat so viel erreicht, die Hand der Kaisertochter, den braunschweigishen Thron, jeßt wid es ihm auÿŸ gelingen, ein selbständigcs Hannover herzustellen. Wenn es richtig ist, daß es solGe Leute gibt, fo sind da?, wenn i mit höflih auedrücken will, jedenfalls feine politischen Köpfe. Die gemäßigten besonnenen Elemente des Welfentums sollten einsehen, daß sich diejenigen Welfen, welche sich mit solchen utopischen Hoffnungen tragen, für eine ganz auésihtslose Idee einseßen, und sie sollten felbst dafür wirken, daß diese Irreführung im Volke aufhört. Hannover ift und bleibt eine preußise Provinz. Kein preußischer König, keine preußische Landesvertretung wird fh je dazu bereit finden, rückgängig zu machen, was in der Grslarkuag Preußens, die zum VDeut- schen Neiche geführt hat, Geschichte geworten ist. Einer folken Ver- sündigung am eigenen Leibe ist cin Preuße fähig. Und wahrlich, meine Herren, man hat Przufen eine ängstliche und [[einmülige Politik zugemutet, wenn man von Preußen verlangte, daß es aus Furt vor einer zum - Absterben verurteiltcn. Bewegung, tie von einer kleinen Gcuphe Unverschnlicher genähit wird, seine Haltung im Bundesrat und Braunschweig gegenüber regulieren solle. (Sehr richtig!) Weine Herren, i habe eine sol@e Politik abgelehnt, und indem ih cs tat, habe ih nichts von alten Traditionen preisgegeben, fondern ih habe geglaubt, an der Regelung eines Zustandes mitgewirËc zu baben, der mit der Beseitigung alten Haders Nüßyliches s{haffen wird.

11 (ck ; ; M nrto i+ Noznig guf Meine Herren, zum Schluß noch wenige Worte mit eun au

Scheidemann haben sich die Führer des Zentrums und der National- liberalen in der Frage der politishen Bedeutung eines Mißtrauen®- votums auf den verfassungsmäßigen Boden gesteUt. Der Herr Abg: Wiemer hat es zwar abgelehnt, sih die Anschauungen der sozialdemo- fratishen Fraktion über die Tragweite des Mißtrauensvotums oder Mißbilligungsvotums es sind ja verschiedene Worte vom Reichstag gebrauht worden anzueignen. Er hat aber unwillige Aeußerungen darüber gemacht, daß ih im Laufe der Etatsdebatte auf die Zaberner Angelegenheit niht noch cinmal zurückgekommen bin, und daß dém Reichstag keine weiteren amtlihen Erklärungen gugegangen wren, Ja, meine Herren, was sollte ich denn zu der Sache weiter ertlären (Heiterkeit bei den Sozialdemokraten), nachdem, wie am 3. Dezember gesagt war und öffentlich bekannt ift, der Interpellationsgegenstand einem gerichtlichen Verfahren unterliegt? Wohin führen uns ‘denn die jeßigen weiteren Debatten? Es wird Partei ergriffen auf der cinen Seite für das Militär, auf der anderen Seite für das Zivil. Der eine wirft dem Kreisdirektor Vernachlässigung seiner Pflichten vor, greift den Statthalter, den Staatssekretär an. Der andere rihtet die Angriffe gegen den kommandierenden General. Meine Herren, ih habe {on am 3. Dezember erklärt, daß ih auf Grund der mir vorliegenden einander widersprehenden Berichte über das

Nerhältnis, das in den kritishen Tagen zwischen Militär und Zivil in Zabern geherrscht hat, mit Sicherheit nicht entsheiden kann, wo

Recht und Unrecht liegt. Ich kann nur bedauern, daß bei diesem un-

gewissen Stand hier {hon ganz kategorishe Urteile gefällt werden,

und insonderheit, daß die Angriffe gegen einzelne Personen und Be-

hörden gerihtet werden. Jh weise diefe Angriffe zurü. (Zuruf

rechts.) Ih möchte niht mißverstanden werden nah den Zurufen,

die der Herr Abg. Oertel hier macht. Jch habe ausdrüdlih ge-

sagt, ih hätte niht entscheiden können, ob die Berichte des Välitärs

über ein angeblihes Versagen der Zivilhilfe und die Berichte des

Zivils, welche diefes Versagen verneinen, —- wo bei diesem Wider-

treit das Necht liegt. Darum, sage ih, ist es bedauerlich, wenn jeßt

fategorishe Urteile über angeblihe Versäumnisse der givilen Autori-

täten gefällt werden, oder wenn auf der anderen Seite damit wende

ih mi an die Herren (nah links) ebensolche kategorishe Urteile

über das Verhalten des militärishen Kommandos gefällt “werden.

Jedenfalls muß ih mir bei diesem Stande der Dinge, wo der Gegen-

stand tatsählih so sub judice ist, Reserve auferlegen. Das eine,

meine Herren, kann ih Ihnen aber versichern, daß in der amtlichen

Behandlung und in der Beurteilung der gänzen Sache infolge der

Interpellation kein Umschwung eingetreten ist, wie der Serr Abg. Dr. Wiemer meinte, und mit der gleichen Bestimmtheit sage ich, daß von einem Rückzug, wie ihn der Herr Abg. Graf von Westarp gu be- fürhten schien, in feiner Weise die Rede ist. (Hört, hört! bei den Sozialdemokraten. Bravo! rets.)

Meine Herren, das Zurückgreifen des Herrn Abg. Scheidemann auf die Interpellationsdebatte hat wenigstens das eine gute gehabt, daß sie offenbar machte, wie wenig Homogenität unter den Parteien herrscht, welche sh auf das Mißtrauensvotum geeiniat hatten. So wentg cine Einmütigkeit über die Tragweite des Mißbilligungsvotums besteht, ebensowenig bestand eine Ginmütigkeit über die Motive. Die Aeußerungen der fozialdemokratisdhen Presse und das Verhalten der sozialdemokratishen Wortführer in diesem Hause darin stimme ih dem. Herrn Abg... Grafen von Westarp durchaus zu V haben keinen Zweifel darüber gelassen, daß. die Sozialdemökratie- die Vorfälle in Zabern zum willkommenen- Anlaß genommen hat, um gegen die Armee und gegen die verfassungsmäßigen Rechte des Kaisers und des obersten Kriegsherrn Sturm zu laufen. (Sehr richtig!" rechts, Zurufe bei den Scezialdemokraten.) Hier. meine Herren, scheiden sich die Geister. Hier ist die Sozialdemokratie isoliert, und sie wird es hoffentlih immer bleiben. (Lebhaftes Bravo! rechts.) j

Hierauf wird um 634 Uhr die weitere Beratung auf

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nie und nimmer, in keiner Form betreiben oder unterstüßen werde

die Interpellation über Zabern. Jm Gegensaß zu dem Herrn Abg.

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1. Unter\uchungs8fachen.

9, Aufgebote, Verlust- und Fundsachen, Zustellungen u. dergl. 3. Verkäufe, Verpachtungen, Verdingungen 2c.

4. Verlosung 2c. von Wertpapieren. i i

5. Kommanditgesellschaften auf Aktien u. Aktiengesellschaften. j

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Anzeigenpreis für den Naum einer 5 gespalten

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en Einheitszeile 39 K,

Donnerstag 11 Uhr vertagl.

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3. Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften. 7. Niederlassung 2c. von Rechtsanwälten.

. Unfall- und Invaliditäts- 2c. Versicherung. 9. Bankausweise., 10. Verschiedene Bekanntmachungen.

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o 5)

1) Untersuchungssachen. [83493] Ï Der unter dem 2. 12. 1907 erlassene Steckbrief gegen den am 20. 7. 1878 zu Verlîin geborenen Malermeister Emil Korth, zulegt Berlin, Utrechterstr. 27, wird hiermit erneuert (siehe Nr. 291: [71480]). Trebbin, den 5. Dezember 1913. Königliches Amtsgericht.

[83500] Steckbriefserledigung.

Der gegen den Grenadier Baresel der 7. Komvagnie 1. Garderegiments wegen unerlaubter Entfernung unterm 5. De- zember 1913 erlassene Steckbrief ift erledigt.

Potsdam, den 8. Dezember 1913

Gericht 1. Garderegiments zu Fuß, Potsdam.

[83494]

In der Untersuhungs\ache gegen den zur Dizposition der Ersatzbehörden entlassenen Musketier Artur Kremer aus dem Lando. Bez. Elberfeld, weaen Fahnerflucht, wird auf Grund der 8&8 69 ff. des Militärstraf- geseybuchs sowie der §8 356, 360 der Militärstrafgeridbtsordnung der Beschul- digte hierdurch für fahnenflüchtig erklärt.

Düsseldorf, den 9. 12, 1913.

Königliches Gericht der 14. Division.

[83495] Fahnenfluchtserflärung

und Beschlagnahmeverfüguug.

In der Untersuhungtsache gegen den Matrosen Karl Dyballa von der 5. Kom- pagnie der I. Matrosendivision, geboren am 24. Mai 1892 in Märzdo1f, Kreis Gr. Wartenberg, wegen Fahnenflucht, wird auf Grund der 88 69 ff. des Militär- strafgeseßbuhs sowie der §8 356, 360 der Militärstrafgerihtsordnung der Be- \{üldigte hierdurch für fahnenflüchtig er- lärt und sein im DeutsGen Reiche befind- iches Vermögen mit Beschlag belegt.

Kiel, den 6. Dezember 1913.

[83496] Verfügung. V&Fn der Untersuchungssaße gegen den Nefkruten des Bezirkskommandos Vtegens- burg Johann Kübler, wegen Fahnenflut, wird auf Grund der 69 ff. des Dilitär- strafgeseßbuch3 sowie der §S 356, 360 der Militärstrafgerihtsordnung der Beschul- digte hierdurch für fahnenflüchtig erklärt. Regensburg, den 9. 12. 13. Gericht der 6. Divifion. Der Gerich!sherr: von Hoehn, Schrodt, Generalleutnant und Krieg8gerichtsrat. Divisionskommandeur.

[83497] Beschluß.

Die wider den zur Disposition der Ersaßzhehörden entlassenen Heizec Edvard Golücfe aus dem Landwehrbezirk T Cassel am 5. Dezember 1911 erlassene Fahnen- fludts8erkflärung wtrd hiermit zurüdgezogen.

Cassel, den 9. Dezember 1913,

Gericht der 22. Divifion.

[83498] Beschluß. | Die Fahnerfluchtserklärung vom 19. 11, 1912 gegen den Neservisten Heinrich Gustav Schäfer aus demi Landw -Bez. Barmen wird na Ergreifung des Be- \{uldigten aufgehoben. y

Düsseldorf, den 9. 12. 1915. _

Königliches Gericht der 14. Division.

[83499] Verfügung. Ï Die gegen dea Rekruten in Kontr. tes Bez.-Kdos. 1 München nunmehr Mus- ketier 4/Jnf.-Regt. Nr. 85 Xaver Sigl, geboren am 3. Dezember 1889 zu München, am 6 4. 1911 erlassene und tn Nr. 85 (3. Beil.) des Deuischben NReichsanzeigers voin 8, 4. 1911 veröffentlichte Fahnen» fludtserflärung wirh aufgehoben. Müuchen, den 9. Detember 1913. Gericht der 1. Divifion,

M Gericht der T, Marineinspektion.

l

2) Aufgebote, Verlust u, Fundsachen, Zusiellungen li. dergl.

3389] Zivaugsversteigerung. Im Wege der Zwangsvollsireckung foll das in Berkin, Senefelderstcaße 22, be-« legene, im Grundbude vom Schönhaujer- torbezirk Band 97 Blatt Nr. 2871 zur Zeit der Eintragung des Berfteigerungs- vermerks auf den Namen des Kaufmanns Friedri Steinberg zu Neukölln einge- tragene Grundstück, bestehend aus Vorder- wohngeßäude mit linkem und 1echtem Seitenflügel, Quergebäude und 2 Höfen, am 3, Februar 1914, Vornuittags U ühr, dur) das unterzeihuete Gericht, Neue Frtiedricstraße 13/14, Ul (orittes Stodwerk), Zimmer Nr. 113/115, ver- steigert werden. Das Grundstück Ge- marfung Berlin, Kartenblait 31 Parzelle 2344/1 ist nach Artikel Nr. 2870 der Srundfeuermutterrolle 10 a 30 qm groß und unter Nr. 2870 der Gebäudesteuerrolle bei cinem jährliben Nußtzungswerte von 17 500 „é mit 696 W# Jakbresbetrag aur Gebäudesleuer veraalagt. Der Versteige- rungsvermerk ist am 9. Juli 1913 îin das Grundbu eingetragen. 85. K. 107/13. Berlin, den 22. November 1913. Königliches Amtsgericht Berlin - Witte. Abteilung 85.

73195 Aufgebot.

l (s ft das Aufgebot folgender Schuld- verschreibungen zum Zweckte der Kraftlos- erklärung beantragt worden:

1) der Königlich Preußischen 39% taen fon- folidierten Staatsanleihe von 1903 —1904 Lit. 11 Nr. 218046 über 300 Æ, Antrag- steller: Gendarm August Kleist zu Bobau,

9) der Köutglih Preußischen 32 °/oigen

[8

vormals 49/6 igen konsolidierten Staats,

anleihe von 1883 Lit. D Nr. 418 758 über

Heinr! Krabbenbsöft zu Lascemborn, Polt St. Quirin i. Lothr., i

3) dec Köatglih Preußkishen 4 °/atlgen Schaßzanweisung von 1908 Serie T Lit. G Nr. 39919 über 500 46, Antragsteller: Gutébestzer Karl Friedrich Baumaärtel zu Langenreintdorf béi Crimmitschau î. S., vertreten dun Rechtsanwalt Dr. Grimm in Crimmitschan, L

4) der Köntglihß Preußishen 32 9/a t3en fon}olidierten Staatsanleihe von 1390 Lit. E Nr. 632 795 über 300 4, Antrag- steller: C. H. Ebeling, Gesellshazft mit bes{ränkter Haftung in Aachen, Sand- faulbah 21/23, : :

5) der Könialit Preußisen 37 ®/aigen vormals 4 9/%itaen fTonfolidierten Staats- anleibe von 1880 Lit. E Nr. 88 642 über 300 1, Antragsteller: Händler Sebastian Bradtendorf zu Ehrenbceitenstein, Cle- menssiraße 74, |

6) der Königlih Preußischen 33 9% igen vormais 4 9% toen fTonsolidierten Staats anleibe von 1882 Lit. C Nr. 317 701 über 1000 #, Antragsteller : Theodor Bartz in Traben-Trarbach, Wildbadstraße 2,

7) der Königlich Preußischen 3# °/otaen vorma!8 4 9%/igen Tonfolidierten Staais- anleibe von 1883 Lit. B Nr. 229 223 über 2000 6, Antraasteller Gustav Gölner zu Ueplingen bei Wareleben, vertreten durch den Justizrat Weber in Oschersleben,

Die Inhahecr vorstehender Urkunden werden aufgefordert, spätestens in dem auf den 15, Juni 1914, Vormittags 12 Uhr, vor dem unterzeichneten Gericht, Neue Friedrichstraße 13/14, II…. Stock- werk, Zimmer 106/108, anberaumten Auf- gebotstermine ihre Rechte anzumelden ‘und die Urkunden vorzulegen, widrigenfalls die Kraftloserklärung der Urkunden erfolgen wird. ,

Berlin, den 24. Oktober 1913.

Königliches Amtsgericht Berlin-Mitte.

Abteilung 84.

5900 #Æ, Antragsteller: Zolleinnehmer | (83337

Das Vufgebot des Kaufmanns Leon Malusz;ek in Hohensalzz, vertreten durch Nechtsanwali Radwanski in Hohensalza, bezügli des von der Franffurtec Lebends- versiherungs-AftiengeseUscaft ausgestellten Nersicherungsscheins Nr. 75 842 und die Zahlungssperre vom 17. November 1913 it infolge Zurücknahme des Antrags erfediut.

Frankfuri a.M., ten 8. Dezember 1913.

Königliches Amt3gericht. Abt. 18.

[83246] Policenaufgebot. ; Die auf den Namen der Frau Elisa- berh Gueter, geb. Christ, in Dietmanns lautende Versicherungspolice Nr. 240 868t ft nah Anzeige der Versicherten in Verluft ge- raten. Dies wird gemäß § 19 der Ver- siherungsbedingungen mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß nach frutlosem Ablaufe einer Frist von zwei Mouaten nach dem Erscheinen dieses Inserats die genannte Police für kraftlos ecrtlärt und an Stelle derselben eine neue Police aus- refertigt werden wird. A / rein, den 9. Dezember 1913. Friedri Wilhelm Lebensversicherungs-Aktiengesellschaft. Die Direktion.

Die dem Herrn Karl Fromm, Kauf- mann in Elberfeld, untexm 13. Januar 1909 avs8gestelte Police 213422 über M 12 000,— nebst Nachtrag vom 10. Ja- nuar 1912 it in Verlust peraten. Wir werden die Police süc kraftlos erklären und eine neue autsteUen, sofern sch nit iunerhalb vreiexr Monate pom Datum diefer E o ab. ‘ein Policen» inhaber bet uns meldet. i

Verlin, den 11. Dezembex 1913. „Nordstern“ Lebens - Versicherungs -Aclien-

Gesellshaït zu Berlin, Die Direktion.

M. Gere de.

R. Da e nA o a i

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