1913 / 296 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 16 Dec 1913 18:00:01 GMT) scan diff

7) Jn demselben § (18a) erhält der erste Abs. unter IX folgende Fassung:

Werden dem uñiter ITT bezeihneten Formular zu Postprotestaufträgen Wechsel, die von der Protest- erhebung durch die Post ausgeschlossen find (1), oder mehrere Anlagen (11) beigefügt, so werden von diesen Aufträgen

1) solche, denen

a. Wechsel in französisher Sprache,

b. Wechsel mit Notadresse oder Ehrenakzept,

c. unter Vorlegung mehrerer Exemplare des- selben Wechsels oder unter Vorlegung des Originals und einer Kopie zu protestierende Wechsel :

beiliegen, nach der ersten vergeblihen Vorzeigung oder nah dem ersten vergeblih gebliebenen

Versuche der VorzeigungÊ, i

2) alle übrigen, ohne daß postseitig eine Vorzeigung

stattfindet, :

an einen Gerichtsvollzieher, Notar usw. weiter- gegeben. Das gleiche kann mit Postprotestaufträgen geschehen, die erst am leßten Tage der Protestfrist bei der Postanstalt eingehen, die den Protest zu erheben hat. Wechsel mit Notadresse oder Ehren- akzept werden nur dem Bezogenen vorgezeigt.

8) Jm §8 41 „Aushändigung von postlagernden Sen- dungen“ ist im leßten Saße des Abf. Il statt „unter der in der Karte angegebenen Nummer eingehen“ zu segen:

eingehen und die Bezeihnung „Postlagerkarte“ sowie die in der Karte angegebene Nummer tragen.

9) Im § 50 „Entrichtung des Portos und der sonstigen Gebühren“ ist im leßten Saße des Abs. VI hinter „Um“ einzuschalten:

Postkarten und i

10) Im 8 62 „Verhalten der Reisenden auf den Posten“ erhält Abs\. [Il folgende Fassung:

Rauchen im Postwagen ist nur unter Zustimmung der Mitreisenden gestattet.

Die Bestimmungen unter 1 und 4 treten am 1. Januar

1914, die anderen Bestimmungen sofort in Kraft.

Berlin, den 10. Dezember 19183.

Der Reichskanzler. Jn Vertretung :- Kraetke.

Personalveränderungen.

Königlich Preußische Armee.

Neues Palais, 12. Dezember. Kronprinz des Deutschen NReiches und Kronprinz von Preußen K. u. K. H., Obeist, unter Belassung, in dem Verhältnis à 1. s. d. 1. Gorderegts. z. F., d. Gren. Negts. K1onprinz (1. Ostpr.) Nr. 1, d. Kür. Negts. Königin (Pomm.) Nr. 2, d. 2 Gardelandw. Regts. und d. 1. Seebats., von dem Komdo. d. 1. Leibhus. Regts. Nr. 1, unter Stellung à. 1. s. desselben, enth. und zugleich zur Dienstl. b. Gr. Gen. Stabe komdt. v. Cie u. Polwtig, Oberstlt. -u. Kom. d. Drag. Negts. Prinz Albrecht von Preußen (Lit1h.) Nr. 1, in gleiher Eigenschaft zum 1. Leibhus. R. Nr. 1 vers, Graf v. Kani, Major b.. Stabe d. 1. Gardedrag. Regts. Königin Viktoria von Großbritannien und JIr- Iland, unter Vers. zum Drag. N. Prinz Albrecht von Preußen (Litth.) Nr. 1 m. d. Führ. dieses Regts. beauftr.

Königlich Sächsishe Armee.

Dén 12. Dezember. Frhr. v. Hausen, Gen. Oberst, Staats- und Kriegeminister, zum Chef des 16. Inf. Negts. Nr. 182 ernannt unter Belassung à 1. s. d. 1. Jäg. Bats. Nr. 12.

Kaiserliche Schußtruppen.

Neues Palais, 12, Dezember. v. Lettow.- Vorbeck, Oberstlt. und Kom. d. Schuttr. in Kamerun, zur Vertretung d. beurlaubten Kom. d. Schußtr. für Deut\chostafrika komdt.

Nichtamlliches.

Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 16. Dezember 1913.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesrats für Zoll- und - Steuèérwesèn und für Händel und Verkehr sowie der Ausschuß für Handel und Verkehr hielten heute Sitzungen.

Der Präsident der Preußischen Zentralgenossenscha \tskasse, Wirklicher Geheimer Oberfinanzrat Dr. Heiligenstadt ist mit mehrwöchigem Urlaub abgereist.

Laut Meldung des „W. T. B.“ sind am 13. Dezember S. M. S. „Seeadler“ in Daressalam und S. M. Flußkbt. „Dtter“ in Schanghai eingetroffen.

Bayern.

Zu Ehren Jhrer Majestäten des Kaisers und der Kaiserin fand gestèrn nachmittag bei Seiner Königlichen Hoheit dem Kronprinzen Rupprecht im Luitpold-Palais eine Tafel statt. Abends wohnten die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften einer Festaufführung im Hoftheater bei. Heute vormittag wurden -Jhre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin im neuen Rathaus empfangen. Am Portal wurden die Majestäten vom Oberbürgermeister Dr. von Borscht begrüßt und in den Magistratssißungssaal geleitet, in dem sih die Stadt- vertrelung sowie Ehrenbürger und Ehrengäste der Stadt, darunter der Gesandte Graf von Lerchenfeld-Koefering, versammelt hatten. Der Oberbürgermeister hielt an die Majestäten, wie „W. T. B.“ meldet, folgende Ansprache : :

In den mannigfaltigen Formen haben Eure Kaiserlichen Majestäten \tets gern jede Gelegenheit ergriffen, um hosinniges eugnis für die angesehene Stellung abzulegen, zu der das deutsche ürgertum als einer der witigten Kalturträger unserer Zett sich unter dem starken Schuge des Deutschen Reichs emporgerungen- Aber ‘so viele deutshe Städte auch von Éurea Kaiserlichen Majestäten Beweise gnädigster Gesinnung - empfingen, in höherem Maße ist keine mit dauerfiden Zeihèn werktätiger Sympathie

bedacht worden als München, das Eurer Majestät in der Schakgalerie eine Kunsisammlung von Weltruf, in dem Deutschen Museum einen etnzigartigen Nuhmeéttempel deutschen Geistes ver- dankt und sich rühmen kann, dcs Deutschen Kaisers Majestät den vornehmsten Inhaber feiner golt enen Búürgermedaille zu nennen. «Die Liebe und Dankbarkeit, die uns hierfür erfüllt, t wie jedesmal, so oft Eure Kaiseriichen Majestäten durch unsere Stadt gezogen, so

auch gestern und heute in hellem Jubelruf und ungekünstelter Be- | geisterung zu herzlihstem Ausbiuch gelangt. Jn dem gleichen Empfinden |

bringen die beiden Gemeinvetollegien mit dem Gelöbnis unwardel- barer Treue gegen Kaiser und Reih dem hohen Verbündeten und Freunde unseres allgeliebten Königs, dem fkraftvollen MNe- präsentanten der Größe und Macht unseres deutshen Vaterlandes die ehrfurchtsvollsien Huldigungs- und Willkommengrüße dar und legen sie gleichzeitig der Allerdurhlauchtigsten Gemahlin zu Füßen, der ‘hohen Protcktorin aller gemeinnüßigen Bestrebungen, die in diesem Hause ihre Pflege finden. Vertrauensvoll {hauen wir zu Curer Majestät empor, dessen Weisheit und Tatkraft in einer 25 jährigen, bingebungsövollstec Arbeit und treuester Pflichterfüllung gewidmeten Regierung dem deutschen Volke einen ehrenvollen Frieden erhalten und dessen geistige, sittlihe und wirtshaftlihe Kräfte zu ungeahnter Entwicklung gebraht hat. Gott s{chirme mit der Fülle seiner Gnade tas allerdurchlauchGtigfe Kaiserpaar, auf daß es, von den edelsten Atsichten geleitet, ncch viele, viele Jahre dem deutschen Volke auf dem Wege zu Glück verheißender Zukunst voran leute, auf daß noch viele, viele Jahre der Jubelruf e1töône, in den wir alle einstimmen wollen, Eure Mojestät der Deutsche Kaiser Wilhelm I1. und die Deutsche Kaiserin Auguste Viktoria, sie leben hoh.

Auf die Ansprache des Oberbürgermeisters verlas Seine Majestät der Kaiser eine Rede. Beide Majestäten ließen sich sodann eine Anzahl von Herren und Damen vorstellen und begaben ih darauf in den Sißungssaal der Gemeindekollegien, wo 200 Schul- kinder eine Hymne von Cornelius Schmitt mit Orchesterbegleitung wirkung8voll vortrugen. Der Gemeindevorstand Schwarz gab der einmütigen und aufrihtigen Freude Ausdru, die im Nat- hause und in der ganzen Stadt herrsche. Mit Dank für das Er- scheinen der Majestäten überreichte er dem Kaiser einen Ehrentrunk. Dieser ergriff den Poïal und sagte : „Mit herzlichem Dank für Jhre schöne Gabe deutschen goldenen Weines setze ich den Becher an und trinke auf das Wohl der Stadt München.“ Zum Schluß zeigten sih die Majestäten auf dem Balkon und wurden von dem den Marienplaß füllenden Publikum stürmish begrüßt. Unter Fanfarentlängen erfolgte um 113/, Uhr die Abfahrt.

Sachsen.

In der gestrigen Nachmittagssizung der Zweiten Kammer gab der Finanzminister von Seydewiß, wie „W. T. B.“ meldet, vor Eintritt. in die Tagesordnung eine Darstellung des \{chweren Unglücks bei Braunsdorf, das nach den bisherigen Ermittlungen auf außergewöhnliche Natur- ereignisse zurüctzuführen sei. Vier Tote seien zunächst aufgefunden worden, doch die nähere Untersuchung der Trümmerstätte habe noch weitere vier Tote ergeben, sodaß die Gesamtzahl der Getöteten acht betrage. Sieben Personen seien \{hwer, teilweise außer- ordentlich \{hwer, verleßt. Die Sperrung der Strecke Gunners- dorf—Braunsdorf werde etwa acht Tage dauern. Der Präsident Dr. Vogel gab dem lebhaften Bedauern der Kammer über das Unglück Ausdruck.

Oefterreih-Ungarn.

Die Oesterreichishe Delegation hat gestern das Budget des Ministeriums des Auswärtigen im allge- meinen und im einzelnen angenommen, darunter den Dis- positionsfonds mit 35 gegen 16 Stimmen, und die Miß- billigungsresolution des ts{hechishen Sozialdemokraten Nemec abgelehnt.

Nach dem Schluß der Debatte über den Voranschlag des

Ministeriums des Aeußern antwortete Graf Berchtold auf die Ausführungen der Vorredner und führte laut Bericht des „W. V. D.“ QUS! _Er müsse sih bei dem heiklen Charakter der Materie eine ge- wisse Reserve auferlegen und könne insbesondere nicht alle für die Entschließungen manhmal geradezu Auss{chlag gebenden ' Motive mitteilen. Die von einem Nedner erwähnte Aehnlichkeit mit dem russish -türkishen Kriege könne er niht zu- geben, weil damals die europäishen Mächte noch - nit in zwei einander die Wage haltende Gruppen getrennt gewesen seien und Nußland \ich damals auf den Kompensationt stand- punkt gestellt und sogar die Initiative ergriffen habe, während Curopa jegt in zwei Lager gespalten gewesen sei, innerhalb deren der seit der Einverleibungskrise besonders zum Ausdruck gekoinmene Gegen- saß zwischen Oesterreih-Üngarn und Rußland niht nur nicht aus- geglihen gewesen sei, sondern geradezu zum Baikanbund den Anlaß gegeben habe. Ueberdies habe fich Rußland jeßt auf den Standpunkt des status quo und des Désinteressements gestellt. Es habe si daher für die öôsterreichish-ungarishe Monarchie die Notwendigkeit ergeben, vorerst thre Ansprüche bet den Signatarmächten durhzu- seßen und ihnen dann den Ballkanstaaten gegenüber Geltung zu ver- schaffen. Was den Verzicht auf das Sandschak anbetrefe, so habe Graf Aehrenthal tn seiner hinterlassenen Denkschrift eine Nethe milt- tärischer, politischer und finanzieller Betrahtungen zusammengefaßt, die ihn zur Verzichtleistung bestimmt hätten, selbst für den Fall, daß die türkische Herrschaft im Sandschak sich nicht halten könnte. Diesen Erwägungen hätte sich die Monarchie auch jeßt nicht verschließen können. (Begenüber den Einwendungen gegen die albanishe Politik erklärte Graf Bérchtold, daß die Idee eines selbständigen Albaniens {hon von seinem Vorgänger gefaßt worden sei. Es wäre eine {were Ner- antwortung gewesen, wenn er das durch die früheren Beziehungen Oesterreich - Ungarns zu dem albanesishen- Volke geschaffene moralische Kapital, das auch einen politishen Faktor dar- stelle, aufgegeben und die seit langem tm Einvernehmen niit Italien beobachtete traditionele Haltung der Monarchie ge- ändert hätte. Das Hauptgewiht möchte der Minister unter den Gründen für die Schaffung eines selbständtgen Albaniens auf den Umstand legen, der für die Monarchie wie für Jtalien in gleicher Weise von Bcdeutung gewesen set, daß nämlih dur ein felbständiges Albanien das Gleichgewicht in der Adria erhalten werden könnte. „An diesem“, führ der Minister fort, „sind wir leider unter den Adriamächten in erster Linie interessiert. Mit Befriedigung können wir feststellen, daß wir {n dieser Richtung auch im vollen Etn- vernehmen vorgegangen find.“ Bezüglich der Lebensfähigkeit Albaniens sprach der edner die Hoffnung aus, daß es mit der wohlwollendèn Unterstüßung der Mächte die Konsequenzen der langen Bernach- lässfigung überwinden werde, wie das bei anderen Balkanstaaten unter ähnlichen Verhältnissen der Fall gewesen fei. Was die Grenzbestim- mung betreffe, so habe die Kommission für die Festseßung der nord- albanishen Grenze ihre Aufgabe zum großen Teil bewältigt und werde wegen der rauhen Jahreszeit ihre Arbeit im Frühjahr abs{hließen. Die Arbeiten der Kommission für Südalbanien könnten als ziemli abgeschlossen betrahtet werden. Er set fest überzeugt, daß der zur Lenkung des neuen Staatswesens Berufene seine kulturelle und organi- ade Mission mit segensreichem Erfolg für das Land erfüllen werde.

Graf Berchtold trat weiter den irrigen Auffassungen über das Verhältnis Desterreih-Ungarns zu Numänten während

der Krise bon neue entgegen. Besonders bezügli der Buk

Krise müsse die Verantwortung für die É enber denen überleser werden, die sich in dieser Beziehung unbewußt in den Dienst anderêwo \systematisch biiriebener Minierarbeit stellten. Desgleichen müsse er als im direkten Widerspruch zu den Tatsachen stehend die Anschauung be- zeichnen, daß die bulgarishe Regierung den zweiten Balkarkrieg be- gonnen habe, weil fie der Unterstüßung Oesterreih-Ungarns ficher zu jein glaubte. Der Minister lehnte ertihieden die Auffassung ab, daß die Politik der Monarchie gegenüber Serbien niht von dem gleichen Wohlwollen erfüllt gewesen sei, wie gegenüber den anderen Balkan- staaten. Wenn während der Krise wiederholt Momente eingetreten seien, die Vesterreih-Ungarn in Gegensatz zu Serbien gebracht hätten so wären es fkonfrete Fälle gewesen, ia denen die Taktik Serbiens mit den Interessen Oesterreih-Ungarns in Widerspruch gekommen sei. Des weiteren ging der Minister auf die Affáäre des Konsuls Prochaska ein und erklärte, daß die Gerüchte darüber nicht aus dem finer Leitung unterstehenden Ministerium gestammt hätten. Was die Meldung der „VossisWen Zeitung“ vom 17. November 1912 betreffe, so stelle ér, da den FInter- pellanten die nachträgliche Erklärung des Korrespondenten der „Bossischen Zeitung“, daß er die Meldung nicht aus dem Ministerlun des Aeußern geshöpft habe, nicht genüge, fest, daß alle Korrespondenten auf ihre Anfrage im Miristerium des Aeußern die bündige Auskunft erhalten hätten, dem Ministerium seien die in den fraglihen Meldungen behaupteten Tatsahen nicht bekannt. Sodann verwahrte Graf Berchto!d fich gegen die Behauptungen, daß die „Neichspost“ wie daz „Neue Wiener Tagblatt“ Organe des Ministeriums des Aeußern ge- wesen seien.

In Beantwortung einer Jnterpellation des _Delegierten Freiherrn von Schwegel, ob der Minister entschlossen sei, die veriragsmäßig sichergestellten Jnteressen der Monarchie in der Orientbahnangelegenheit voll und ganz zu wahren, erklärte Graf Berchtold:

In erster Linie hätten die interessierten Gisenbahnverwaltungen gegen dieses Vorgehen Einspruch erhoben. Kürz;lih habe auch das Ministerium des Auswärtigen den Gesandten in Belgrad beauftragt, bet der serbishen Regierung die nahdrücklichsten Vorstellungen zu er- heben zwecks Wiederherstellung des vertragsmäßigen Zustandes. Er Éónne jedo mitteilen, daß nah einem soeben von dem Gesandten ein- getcoffenen Telegramm der Ministerpräsident Paschitsh ihm noch vor der Erhebung der Vorstellungen freiwillig erklärt habe, daß er von den Borgängen, die als Nichteinhaltung der Konvention à quatre ge- \hildert würden, bis gestern nichts gewußt hätte, und daß die ferbiste Negterung entschlo#sen set, thren Verpflichtungen aus der Konvention, zu denen in erster Linie natürlich auch der einheitlihe Tarif gehöre, \trifte nachzukommen.

Zum Schluß stellte Graf Berchtold mit Befriedigung fest, daß die überwiegende Mehrheit der Delegation die Grundlagen der auswärtigen Politik Desterreichh-Ungarns billige.

Der Ministerpräsident Graf Tisza teilte gestern im ungarischen Abgeordnetenhause mit, daß das zeitweilige Verbot der Auswanderung Militärpflichtiger nicht wieder erneuert und der Paßzwang nach den Balkanländern, nachdem die normalen Verhältnisse jezt wiederhergestellt find, aufgehoben wird.

Frankreich.

Der Präsident Poincaré hat gestern den neuen chine-

sischen Gesandten in offizieller Audienz empfangen.

Nußland.

Der Direktor der Kreditkanzlei im Finanzministerium Dawydow hat in der Subkommission des Budgetaus- schusses der Reichsduma Erklärungen über den Stand des Geldmarktes abgegeben. Wie „W. T. B.“ meldet, wies er dabei darauf hin, daß die Tätigkeit der Börse durch gewisse Kreditanstalten und einzelne Spekulanten auf einen falschen Weg getrieben werde. Das Finanzministerium habe bereits seinerzeit vor einer allzu großen Hausse gewarnt. M De Bt von 1906 bis. 1918 seien Tur 11/4 Milliarden Rubel Aktien ausgegeben worden. Dabei seien die Emissionen der Pfandscheine und Obligationen, von denen die Mehrzahl im Auslande plazier! sei, nicht in Betracht gezogen. Die gegenwärtige gedrückte Lage des Geldmarktes sei nicht ernstlih begründet. Sie erkläre sich dur Spefkulationen und Treibereien von unlauteren Geschäfts- leuten und. Zeitungen. Zur Bekämpfung des Uebelstandes ver- \härfe das Finanzministerium die Aufsicht über die Bank- institute und werde gewissenlose Börsenleute maßregeln. Dazu sei aber die Mitwirkung der Presse und des Publikums not wendig. Gründe für eine weitere Baisse seien durchaus nicht vorhanden.

Der in Charkow tagende Kongreß der Berg- industriellen stellte obiger Quelle zufolge fest, daß die Salz- produttion im Jahre 1914 über siebzig Millionen Pud be- tragen wird, und beschloß daher, um eine Erhöhung des Einfuhrzolls bis auf vierzig Kopeken für das Pud Salz zu petitionieren.

Türkei.

Die deutsche Militärmission ist, wie „W. T. B.“ meldet, gestern nachmittag vom Sultan in Audienz empfangen worden. Diesem Empfange \{chloß sich eine Privataudienz des Generals Liman von Sanders beim Sultan an, bei der der General die Grüße des Kaisers übermittelte.

Das Kriegs ministerium hat an alle Armeekorps ein Rundschreiben gerichtet, in dem es heißt, daß der General Liman von Sanders für die Dauer von fünf Jahren in türkische Dienste genommen worden sei, und zwar als Chef einer Reformmission. Er werde das Kommando des 1. Armee- torps, das in Konstantinopel und Umgebung liege, übernehmen, außerdem Mitglied des Kriegsrais sein. Das Rundschreiben veröffentlicht ferner das vom 27. November datierte Jrade des Sultans, das das am 28. Oktober abgeschlossene Abkommen über die deutshe Militärmission sanktioniert. i

Der Oberst Dschemal Bei hat an das erste Armeekords einen Tagesbefehl erlassen, in dem es, obiger Quelle zu- folge, heißt:

Da ich in einkgen Tagen das Kommando über das erste Korps dem ersten Divisionsgeneral Liman Pascha übergeben foll, dessen Dienste zur Vervollkommnung und Ausbildung der Armee, für die die Ottomanen in ihren Regenerterungsbestrebungen sih mit äußerster Beharrlichkeit einseßen wollen, für notwendig befunden wurden, glaube ih an das Armeekorps dieselben Natschläge richten zu sollen wie damals, als ich das Kommando übernahm. Ich wünsche, daß mein verehrter Nachfolger, der selbst unter den deutschen Generalen eine hohe Stellung einnimmt, bei seinen Bestrebungen stets erfolgretch fei, und ih hoffe, daß alle ottomanishen Offiziere wetteifern werden, um in der Bahn des Fortschritts, die General Lirnan Pascha ihnen vor- zeihnen wird, fortzushreiten und in Ausübung ihrer militärischen Pflicht zu gehorchen. i

Dschemal Bei nimmt sodann in dem Tagesbefehl in be- wegten Worten Abschied von seinem Armeekorps und spricht den Wunsch aus, daß er in dem Augenblicke, wo er das Kom

mando wieder übernehmen und die ottomanische Nation si anschicken werde, die {warzen Blätter ihrer Geschichte auszu- merzen, die Armee vollständig erneuert sehen möchte.

- Wie das Wiener K. K. Telegraphenkorrespondenzbureau meldet, hatte der Schritt der Botschafter der Triple- Entente beim Großwesir nach Jnformationen aus diplomatischen Kreisen hauptsächlih die Anfrage zum Gegenstande, ob die Dar- danellen und der Bosporus unter das Kommando des Chefs der deutschen Militärmission gestellt seien. Während des gestrigen diplomatischen Empfanges hat der Großwesir diesen Schritt mündlih beantwortet und erklärt, daß die Truppen an den Meerengen nicht unter das Kommando von Limans gestellt seien.

Der Oberst Dschemal ist an Stelle Osman Nizami Paschas zum Minister für öffentliche Arbeiten ernannt worden.

Griechenland.

Die Regierung hat aus Anlaß der feierlichen Ein- verleibung Kretas in Griechenland ihre diplomatischen Vertreter im Auslande laut Meldung des „W. T. B.“ be- auftragt, den Regierungen, bei denen sie beglaubigt sind, den herzlichen Dank für die unvergeßlichen Dienste zu übermitteln, die die Großmächte der fkretischen Sache während der langen

Periode der internationalen Beseßung Kretas, die der Vereinigung

mit Griechenland vorangegangen ist, geleistet haben.

Rumänien. Die Deputiertenkammer hat gestern einstimmig einen Zentvurs, betreffend die Einverleibung des neuen obrudshagebiets, angenommen.

Bulgarien.

Der deutsche Gesandte Dr. Michahelles, der türkische Gesandte Fethi Bei und der rumänische Gesandte Derussi haben . gestern dem König în feierliher Audienz ihre Be- glaubigungsschreiben - überreiht. Wie „W. T. B.“ meldet, richiete der deutsche Gesandte an den König eine An- sprache, in der er sagte:

Ich bin sehr erfreut, Dolmetsh der Gefühle der Freund- schaft und Achtung scin zu dürfen, von denen die deutsche Nation gegenüber dem bulgarische Volke beseelt ist, das ge- leitet durch die erleuhtete Weisheit seines Souveräns, in einem Vierteljahrhundert erstaunlihe KForts(ritte in feiner Berwaltungsorganisation, seiner materiellen Entwicklung und seiner intellektuellen Kultur gemaht hat. Ein junges und kräftiges Bol, wie das bulgarische, mit seinem uners{chép|liden Vorrat von Leben8kraft und Energie, hat eine Zukunft voll von pofnungen und weiten Ausblicken vor sich. Ich bringe also die besten Wün!che für sein wa@sendes Wohlergehen und ein volles Gelingen bei allen ihm von dex Vorsehung gestellten Aufgaben zum Ausdruck.

Der König antwortete:

Ich bin tief gerührt über die Gefühle der Freundschaft und

Achtung der deutschen Natton gegenüber dem bulgarishen Volke, zu

Volmetsch Sie sih heute machen. Die von Ihnen ausgedrückten | he für die Zukunft meines Volkes, dessen gute Eigenschaften und Fortschritte Sie so beredt preisen, bürgen mic dafür, daß Sie #ch bemühen wollen, die guten Beziehungen zwischen dem Deutschen Jeiche und Bulgarien aufrechtzuerhalten und noch enger zu gestalten.

Die Presseäußerungen der agrarischen und der Führer bezeichnen ein Kompromiß mit der Fegterung ihtslos. Der Agrarierführer Stam- volijski erklärt laut Meldung des „W. T. B.“ daß die agrarische Partei mit dem jeßziaen Kabinett nicht ver- handeln werde, solange niht der Minister des Auswärtigen Gyenadtew ausgetreten sei. Die Agrarier würden die Vedingung stellen, daß keine Anleihe über 300 Millionen Lei zugelassen, daß die Zivilliste auf 600 000 Lei herabgeseßt, und Daß alle Gesandten und höheren Offiziere entlassen würden. Jn die auswärtige Politik würden die Agrarier sih nicht ein- mischen. Stambolijski tritt für die Bildung eines aus allen Parteien bestehenden Kabinetts ein. Die Sozialistenführer trelen für die demokratische Nepublik und ein Bündnis mit den Nachbarstaaten ein, damit das Los - der mazedonischen

Niilanpo L Ty4 A I, C Ï Outgaren auf friedlichem Wege gebessert werde.

jozialistischen N : á C egierung als aus) Y J

Amerika. Staatssekretär Bryan und der niederländische Washington haben sih nach einer Meldung des Uber die Abfassung eines Friedensvertrages ge-

Boy C1

a T4 0 ' Welandte in R Cr C 4 B

einigt, der die Prinzipien des seinerseits angekündigten Schieds

gerihtsplans enthält. Dies ist der erste. derartige Friedens- vertrag mit einem europäischen Lande.

Das amerikanische Repräsentantenhaus hat, obiger Quelle zufolge, beschlossen, die Einwanderungsbill zu empfehlen, die von den Einwanderern den Nachweis verlangt, daz Ne in einer Sprache schreiben und lesen können. Außer dem Bildungsnachweis enthält die Bill die Bestimmung, daß

jeder Ausländer, der innerhalb dreier Jahre nach seiner Landung dabei betroffen wird, daß er für die ungeseßliche Zerstörung don Eigentum, den Umsturz einer organisierten Regierung oder die Ermordung öffentliher Beamter eintritt, deportiert werden toll. Diese Bestimmung wird für ausreichend gehalten, um Veflirworter von Sabotage, Anarchie und Zerstörungsmethoden im Jnteresse des Frauenstimmrechts auszuschließen. …_ Von „W. T. B.“ verbreitete nichtamtlihe Depeschen vestäatigen die Nachricht von der Niederlage der Auf- ländischen bei Tampico, die alle Lokomotiven und Wagen der Eisenbahn mit sih genommen haben. Die Bundestruppen berichten, daß 800 Ausfständische getötet worden seien, ehe sie lch aus der Feuerweite der Geschüße retten konnten. Einer beim Marinedepartement in Washington eingelaufenen Depesche des Konteradmirals Fletcher zufolge ist der Geschäftsverkehr in Tampico wieder aufgenommen worden. Die Verhältnisse sind normal. …_ Nach einer Depesche aus El Paso, die obiger Quelle zu- folge die Berichte amerikanischer, deutscher und spanischer voUctlinge wiedergibt, ist der General Villa tatsächlich unbe- ¡hränkter Machthaber von Chihuahua. Er weist die For- derungen der Vertreter des Auslandes zurück und hat fich des Eigentums der Ausländer, das auf 5 Millionen Dollar einge- \häzt wird, bemächtigt. Außerdem hat er zwanzig Meri- aner hinrichten lassen. Zu dem beshlagnahmten Eigentum gehört auch ein Depot, dessen Wert auf 1 500 000 Dollar geschäßt wird. Es gehört deutschen, englischen, französischen und spanischen Juteressenten. Andere Depots, die Spaniern gehören und einen häßungsweisen Wert von 3 500 000 Dollar darstellen, sind ebenfalls beshlagnahmt worden. Wie ferner der „Tribune“ aus El Paso gemeldet wird, sind dort drei- hundert deutsche Flüchtlinge aus Chihuahua eingetroffen. Bie das „Reutersche Bureau“ meldet, hat \i ch der Kongreß nach Natifizierung der Sondervollmachten Huertas gestern ver- lagt. Daher ist bis zum 2. April, dem Tage des Wieder- susammentritts des Kongresses, Huerta tatsächlich Diktator.

Afrika.

Nach Meldungen des „W. T. B.“ hat gestern früh während einer Erkundung bei Lauriet ein lebhafter Kampf zwischen einer Abteilung eingeborener spanischer Kavallerie und Marokkanern, die sich in der Umgegend des Zusammen- flusses der Flüsse Felu und Mayra versteckt hielten, stattge- funden. Als der übrige Teil der spanischen Eskadron heran- tam, flohen die Marotfkaner und nahmen ihre Verwundeten mit. Auf Seite der Spanier wurden ein Weißer und ein Eingeborener getötet und vier Eingeborene verwundet. Eine JInfanterieabteilung, die gegen Dersa zu auf Erkundung vor- ging, tötete neun Marokkaner.

Koloniales.

Ueber die Beschränkung der Verwertung der deutsch- südwestafrikanischen Diamanten hat auf Grund von § 2 der Kaiserlihen Verordnung, betreffend den Handel mit südwestafcikanishen Diamanten, vom 16. Januar 1909 der Reichskanzler unterm 13. Dezember 1913 eine im „Deutschen Kolonialblatt“ veröffentlichte Verordnung erlassen, dte, wte folgt, lautet :

„S 1. Für jedes Kalenderjahr wird ein Höchstmaß der zur Ver- wertung gelangenden Diamanten für jeden Förderer unter Berüds sichtigung der Marktlage und der Betriebsverhältnisse in einer Ver- teilungsliste festgeseßt. Die Verteilungsliste wird dem Förderer all- jährlih für das folgende Kaléendertahr mitgeteilt. § 2. Das Höchstmaß betrifft sämtlihe vom Förderer innerhalb des Kalender- jahres bei den Geshäftsstellen der Diamantenregie im Schußgebiet eingelieferten Diamanten. § 3. Für einen Förderer, der in der Verteilungsliste nicht aufgeführt ist, bleibt die Festseßung im Laufe des Kalenderjahres vorbehalten. § 4. Auf Antrag eines Förderers Tann das für thn festgeseßte Höchstmaß ganz oder zum Teil auf einen anderen in der Vertetlungsliste aufgeführten Förderer umgeschrieben werden. 8 5. Diese Verordnung tritt am 1; Januar 1914 In a. *

Etne weitere, auf Grund von § 4 der angeführten Kaiserlichen Berordnung ergangene Verordnung des Reichskanzlers von demselben Tage, die gleichfalls am 1. Januar 1914 tn Kraft tritt, besttmmt für den Geschäftsbetrieb der Diamantenregie des südioest- afrikantshen Shutßgebiets, daß dem § 3 der Verordnung des Netichskanzlers, betreffend den Geschäftsbetrieb der Diamantenregie des südwestafrikanishen Schußgebieis, vom 25. Mat 1909 als Absay 4 angefügt wird:

„In einem Kalendermonat wird für die Einlieferungen des För- derers der zinsfreie Vorschuß nur auf ein Gewitht gezahlt, daß inner- halb des zwölften Teils des für den Förderer festgeseßten jährlichen Höchstmaßes liegt. Bleiben die monatlihen Einlieferungen hinter diesem Gewicht zurück oder übersteigen sie es, so fiadet innerhalb des- selben Kalenderjahres cin Ausgleich statt.“

Vollendung der Tanganjikabahn in Deutsch Ostafrika.

Nach dem gegenwärtigen Stande der Bauarbeiten an der Neubaustrelde Tabora—Kigoma wird, wie das „Deutsche Kolonialtlatt®“ mitteilt, das Gleis voraussihtlich im Fa- nuar 1914 den Tanganjikasee erreihen. Es wird damit gerechnet, daß der vorläufige öfentlißze Durchgangsverkehr von Daressalam nah Kigoma zu Anfang März nächsten Jahres aufgenommen werden kann. Der Berkehr auf dem Tangan- jikasee und besonders von Kigoma zum Kongo wird bis zur Vollendung der neuen, größeren Dampfer von der „Hedwig von Wißmann* aufreht erhalten.

Statistik und Vollswirtschaft.

Der deutsche Arbeitsmarkt im November 1913.

Nach vorläufiger Mitteilung des Kaiserlihen Statistishen Amtes auf Grund der Berichte für das „Neichsarbeitsblatt“- zeigt die Lage des gewerblihen Airbeitsmarkts im November gegenüber dem Vor- monat eine weitere Ab\chwähung. Gegenüber dem gleihen Monat des Vorjahrs ift sie ebenfalls im allgemeinen etwas sch1echter.

Die an das „Reichsarbeitsblatt“ berihtenden Krankenkassen batten am 1. Dezember 1913 5 327 495 beschäftigte Mitglieder (3 601529 maännlide und 1675 970 weibliche) oder 19264 weniger als am 1. November 1913, und zwar hat die Zahl der männlichen Mitglieder um 24786 oder 0,67 v. H. abgenommen, die der wetb- lichen um 5522 oder 0,33 v. H. zugenommen. In der Regel tritt vom 1. November zum 1. Dezember für die männlichen Personen ein Nückzang, für die weiblichen eine Vermehrung der Beschäftigung ein. Jm Vorjabr nahm im November die Zahl der männlichen versicherunas- pflichtigen Mitglieder um 0,62 v. H. ab, die der weiblihen um 057 y. O. zu.

Nach den Berichten von 16 größeren Arbeiterfachverbänden mit zufammen 1,78 Millton Vttaliedern waren Ende November 1913 91 303 oder 3,0 v. H. der Mitglieder arbeit8los gegenüber 2,7 v. H. Ende Oktober 1913. Voa Ende Oktober auf Ende No- vember pflegt eine Steigerung der Arbeitslosigkeit einzutreten. Während aber im vorigen Jahre nur eine Erhöhung von 1,7 v. H. im Oktober auf 1,8 v. H. im November erfolgte, ist, abgesehen von den wesentlich höheren Berhältniszahlen, in diesem Jahre auch die Zunahme der Arbeitsklosenziffer von Oktober auf November be- trächtlicher.

Bei 309 öffentlichen Arbeitsnahweisen mit 109997 Ver- mittlungen famen im November auf 100 offene Stellen bei-den männ- lichen Personen 219, bei den weiblihen 139 Arbeitsgesuhe. Die ent- sprechenden Ziffern des Vormonats waren 178 und 122. Hiernach bätte der Andrang männlicher wie weibliher Arbeits\suchenden erheb- lich zugenommen. Auch hier maht sih die aljährlich zu Ende des Jahres eintretende Steigerung der Zahl der Arbeitsuhenden deut- licher als sonst bemerkbar.

Die Berichte von industriellen Firmen und Verbänden über dte Lage des Arbeitémarkts im November lauten verschieden. Veberwicgend günstig, wenn auch zum Teil mit Ab- schwächungen verbunden, find die Berihte aus dem Kohlen- bergbau ‘mit Auênahme des NRuhrkohlenmarktes, aús dem Ertrz- bergbau, ferner aus der Kali-, Maschinen-, elektrishen und chemischen Industrie. Shwächer als im Vormonat war die Roh- eisenerzeugung beschäftigt, deren Ausbeute nah Mitteilung des Vereins deutscher Eisenindustriellen auf 1 587 288 & gegen 1 651 447 t im Vor- monat und 1537205 t im November 1912 sich bezifferte. Mäßig waren die Stahlwerke (der Versand der Werke des Stahlwerkverbandes betrug 462 195 t Rohstahlgewiht und war um 62690 t niedriger als im Vormonat und um 30452 t geringer als im November 1912) und die Texlilindustrie beshäftigt; auch die Holzindustrie und das Baugewerbe haben noch immer geringen Beshäftigungsgrad. Ver- shlechterung gegen das Vorjahr melden nahezu alle Industrien, namentlich der Nuhrkohlènbergbau, die Eisen- und Stahlindustrie, NRoheisenerzeugung, Tertil-, Holzindustrie und das Baugewerbe.

Von 347 Firmen ist die Arbeiterzahl angegeben, und zwar mit 399 529 zu Ende November 1913 gegen 351 201 zu Ende November 1912. Es ist also eine Vermehrung um 1,23 v. H. eingetreten, während für den Oktober eine folche gegenüber dem Vorjahr um 2,83 v. H. und für den Sétptember eine folche von 3,97 v. H. zu verzeihnen war. Die Zunahme ‘hat also im Laufe der leßten Monate an Umfang eingebüßt. An der Erhöhung sind nur drei Gewerbegruypen beteiligt : die chemishe Industrie mit 10.45 v. H., der Bergbau und das Hütten- wesen mit 2,1 v, H. und die Maschinentndustrie mit 1/21 v. H. Alle

übrigen Gewerbegruppen erlitten eine Einbuße, dle besonders groß bei der eleftrishen Industrie (— 6,79 v. H.) ist. Ungefähr gleih bedeutend ist die Abnahme beim Bekleidungêgewerbe (— 3,98 v. H.), bei der Industrie der Nahrungs- und Genußmittel (— 3,52 v. H.) und bei der Holzindustrie (— 3,71 v. H.). Weniger ansehnlich stellt sie sih bei der Metallindustrie (— 2,07 v. H.) und bei dec Textilindustrie (—— 0,46 v. H.) dar. :

Zur Arbetterbewegung,.

Infolge des passiven Widerstandes des Dktkutckerei- personals find, wie ,W. T. B.“ meldet, in Prag gestern drei Mittagsblätter niht erschienen (vgl. Nr. 295 d. Bl.). Die Herausgeber haben daraufhin gemeinbürg|haftlich beschlossen, am heutigen Dienstag keine Zeitung erscheinen zu lassen.

(Weitere „Statistishe Nachrichten" \. i. d. Ersten Beilage.)

Kunst und Wissenschaft.

Die Beobachtung der Eisberge. Nicht weniger als 4 amerifanishe Schiffe sind im Spätsommer und Herbst im nörd- lichen Atlantischen Ozean mit der Beobachtung von Eisbergen und der Feststellung ihres Einflusses auf das umgebende Wasser beschäftigt gewe]en. Die beiden Zolikutter „Seneca* und „Miami“ kreuzten insbesondere in der Nähe der großen Neufundlandbank. Alles Ets, auf das fie dort stießen, war vom grönländischen Typus, der {ih durch massige Bergformen auszeihnete. Der arößte Eitberg be- deckte eine Wasserflähe von etra 120 mal 90 m und besaß eine Höhe über dem Wasser von 21 m. Auffällig war die große Mannigfaltigkeit der Formen, indem nicht zwet Cisberge beobahtet wurden, die einander ähnlich sahen. Troßdem wurde gerade die Form nicht ein einziges Mal angetroffen, die gewöhnlich in den Schulbüchern als Beispiel abgebildet wird und durch überhängende flippige Nadeln ausgezeichnet ist. Der größte Abstand, aus dem das Eis an einem klaren Tage gesihtet werden konnte, war 30 km. In einer vom Mond mäßig erhellten Nacht Tonnte ein Berg mit Benußung eines Scheinwerfers in einem Ab- stand von 5 km außsgekundschaftet werden. Dieser Erfolg \{eint jedo selten und unzuverlässig zu sein, da die Verwertung des Schein- werfers zu diesem Zweck ausdrücklih widerraten wird, weil sie den Beobachter meist zu sehr blendet. Auch auf die Verwertung des Ehos wurde geachtet. Die Versuche, die Nähe eines Eisbergs aus diesem festzustellen, \{chlugen jedoch in neun Zehntein aller Fälle fehl, sodaß fch wenigstens niht sagen läßt, daß ein Auebleiben des Ehos einen sicheren Schluß auf die Abwesenheit von Eisbergen zuläßt. Besonders bedauerlih ist die Ausfage des Kapitäns eines jener Kutter, daß au plößlihe Aende- rungen der Wassertemperaturen des Meeres nihts mit Bezug auf Cisberge beweisen und daß die Lufttemperatur in der Nähe von Eis- bergen gletchfalls entweder gar keine oder nur geringe Aenderungen zeigt. Danach lautet das Gutachten des Kapitäns dahin, die einztg sichere Art zur Begegnung der Gefahr von Eisbergen sei, bei didem Wetter till zu liegen und in dunkeln Nächten sehr langsam zu fahren. Mit einem größeren wissenshaftliden Apparat haben drei amerikanishe Gelehrte gearbeitet, die auf den Negierungs- dampfern „Chester“ und „Birmingham“ zur Beobachtung der Wasser- temperaturen in der Nachbarschaft von Eisbergen und .in anderen Teilen des Ozeans beauftragt waren. Die Ergebnisse find nunmehr im Journal der ‘Akademie der Wissenschaften in Washington veröffent- lit worden. Zur Temperaturmessung wurde ein elektrisches Widerstandsthèrmometer benußt, verbunden mit einem Apparat zur selbsttätigen Aufzeichnung der Temperaturen, ferner Tiefseethermometer und auh mehrere gevöhnlihe Queksilberthermometer, die aber sehr genau zuvor geprüft waren. Der Bericht lautet in manchen Punkten abweihend von den Erfahrungen der anderen Fahrzeuge. Als zum ersten Male mehrere Eisberge am Horizont gesichtet wurden, fiel die Wassertemveratur fast plößlih um nahezu 14 Grad, und das Thermo- meter sank bei der Annäherung des Fahrzeugs weiter um nochmals 13 Grad, als einer der Eisberge bis auf etra 500 m herandáe- \{chwommen war. Dabei waren die Berge verhältnismäßtg klein. Die merkwürdige Tatsache, daß in der nächsten Umgebung des Eisberges wieder höhere Wassertemperaturen yorkowmen, wird bestätigt, \chetnt aber niht ohne Ausnahme zu fein. An einen Berg von etwa 1200 Tonnen wagte si eins der Schiffe bis auf 6 m heran und ver- zeichnete eine ganz regelmäßige Abnahme der Temperatur bis zu dkeser geringsten Entfernung. Der gesamte Temperatursturz verlief von 8,7 bis zu 45 Grad. Immerhin wird au von dtieser wissen- \haftliden Seite auf die Schwierigkeit hingewiesen, andere große und plöglihe Temperaturschwankungen des Seewassers von folhen zu unterscheiden, die durch die Nähe von Eis- bergen hervorgerufen werden. In manchen Teilen des Ozeans wurden viele Stunden lang während der Fahrt Temperaturen gemessen, die bis auf wenige Zehntel Grad glei blieben, während in anderen Teilen die Schwankungen ebenso groß und plöulich waren wie nur jemals in der Umgebung von Eisbergen. Auch die Veränderung des Salzgehalts dur die \{chmelzenden Eisberge wurde jo klein be- funden, daß sie nicht als Mittel zur EntdeckEung der s{chwimmenden Eismassen verwertet werden konnte. Versuhe mit einem Nebel - born hatten ebensowenig Erfolg. Eine größere Hoffnuna knüpft sih an die Benußung von Unterwasserglocken, deren Klang éin Cho an dem unter Wasser befindlichen Teil des Eisbergs erzeugt und so durch Vermittlung eines Telephons auf dem Schif als Warnung dienen könnte.

Eine neue Bergsternwarte. Die Anstellung astronomischer Beobachtungen an Punkten größerer Erhebung über den Pier Nee ist von hohem wissenshaftlihem Wert, und es ist daher sehr zu be- dauern, daß das von dem Franzosen Professor Janssen geschaffene Observatorium auf dem Mont Blanc mit dem Tode seines Schöpfers wteder eingegangen ist. Während man in Amerika die Zähl der Bergsternwarten unter Aufwendung großer Mittel vermehrt hat, ist nah dieser Nichtung in Europa im leßten Jahrzehnt wenig geschehen. Um fo erfreuliher ist die Ankündigung von der Begründung einer neuen Höhensternwarte in der S@weiz. Der für fie ausgesuchte Play is der bekannte Mont Saleve bei Genf, der sich zwar mit dem Mont Blanc nicht messen kann, aber mit 1250 m Höhe eine ganz stattlihe Erhebung darstellt, die tin der giößeren Neinbeit der Luft jedenfalls {hon zum Aus- druckd kommt. Die Entstehungsgeschichte der neuen Sternwarte be- ginnt mit dem Bau eines großen Fernrohrs von 100 ecm Durch- messer durch Dr. Schâär, einen Astronomen der Genfer Sternwarte. Da die Ebene, in der Genf gelegen ist, im Winter viel durch Nebel und im Sommer durch Dunst hetmgesubt wird, fo wäre es schade darum gewesen, das schöne große Fernrohr in diese Atmosphäre binein zu versezen, wo seine Vorzüge nur in gertngem Grade hätten aus- genußt werden können. Glü@liherweise find andere in Betracht kommende Faktoren dem Plan gleihfalls günstig gewesen. Das neue Observatorium wird übrigens nicht nur astronomischen sondern auch meteéorologishen Zwecken dtienen. Als eine hauptsählihe Aufgabe ist das Studium der Spektra von Fixrsternen zweiter und dritter Größe mit sebr großer Zerstreuung in Auesicßt genommen worden. Auch der vom amerikanishen Astronom Hale konflruierte Spektroheliograph wird für regelmäßige Sonnen« forshungen benußt werden. Mit der Sternwarte wird. au ein astro- physikalisches Laboratorium verbunden sein, das über einen elektrischen Strom von 500 Volt vecfügt.