1895 / 62 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 12 Mar 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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führt uns zu den Nachtheilen der kleinen Städte gegenüber den großen, und die Behandlung dieses Unterschiedes würde uns zu weit führen.

Nun würde aber eine Ermäßigung der Telephongebühr noch einen Uebelstand haben, Es wird fortwährend, auch von den Handels- kammern, uns gesagt: die Post befürchte einen Ausfall; das ist un- endlich kurzsichtig, wie kann sie so wenig ihren Verkehr und ihr Ge- shäft kennen, daß der General-Postmeister sagen kann, ih habe einen Ausfall; bedenkt er denn nicht, daß durch diese Ermäßigung wieder eine Steigerung der Abonnenten eintreten wird? Ja, bedenkt denn der Kritiker nicht, daß jede Ermäßigung des Abonnements auch die Ausgaben in hohem Maße, namentlich beim Legen der Drähte, beim Bau neuer Lokale steigert? und wie bedeutend diese Ausgaben sind, geht u. a. hervor aus einem Bericht der Schwoeiz, in dem ausdrüdcklih gesagt ist, daß die Einnahmen infolge der Vermehrung der Telephonabonnenten ganz außerordentlich zurückgegangen wären, und man infolge dessen wahrscheinlich zu einer Erhöhung der Telephon- gebühren greifen müsse. Ich will ausdrücklich bemerken, daß ih das vorausgesehen habe; die Schweiz studiert seit zehA Jahren am Telephontarif herum, und jedesmal sieht sie sich veranlaßt, nah ein paar Jahren Aenderungen eintreten zu lassen. Da heißt es in dem legten Bericht des s{chweizerischen Bundesraths: Muth- maßlihe Ausgaben der LTelegraphenverwaltung 5 886 100 Fr. und Einnahmen 5 782 500 Fr. Das ergiebt für das Budget 1895 ein Passivsaldo von 103 600 Fr., während die Schweiz bisher regelmäßig einen ganz erheblichen Ueberschuß aus dem Telegraphen- und Tele- phonwesen erzielte. Die Schweiz ist jeßt der einzige Staat neben Amerika, der kein Defizit im Postwesen hat —:

Mit dem vorstehenden Passivsaldo stellt sich das Budget um 113 100 Fr. ungünstiger als dasjenige des Vorjahres, welhes noch einen kleinen Aftivsaldo von 9500 Fr. zeigte. Die Ursache liegt in dem Zurückgehen des Telegraphenertrages bei . fortwährendem Steigen der durch die Ausdehnung des Telephonwesens bedingten Ausgaben, mit welhem die Zunahme der Telephoneinnahmen nicht im richtigen Verhältniß steht. Während die pro 1895 voraus- zusehenden Einnahmen nur 5,8 %% höher stehen als diejenigen im Budget von 1894, stellt \sich die Gesammtsumme der Ausgaben um 7,9 % Höher als die entsprechende Summe des Vorjahres. Der Telegrammertrag zeigt gegenüber dem da- berigen Posten von 1894, welcher wahrscheinli bereits zu hoh gegriffen ist, eine Verminderung von 8,8 ®/. Sie sehen, meine Herren, auch da, daß es wichtig ist, daß man mit der nöthigen Vorsicht an alle folhe Fragen herantritt und fih nicht entscheidet auf das erste Verlangen hin und nicht auf die all- seitige Unterstüßung derselben von seiten zwar wohlmeinender Per- sonen, die aber die Verhältnisse nicht so übershauen können, wie es bei uns der Fall ift.

Fch möhte noch das erwähnen, daß die Ausgaben für das Fernsprechwesen an sih durch die stetigen neuen Verbesserungen, die erforderli sind, sehr zunehmen. Wir haben ja, wie Sie wissen, den Stahldraht erseßen müssen durh den Bronzedraht eine sehr theure Operation —, um die weiten Entfernungen erreichen zu können. Wir haben in vielen Städten ja {on zu unterirdischen Leitungen über- gehen müssen, was Millionen gekostet hat. Wir müssen fast alle zwei, drei Jahre neue Apparate anschaffen; die Zahl der Erfindungen auf diesem Gebiete nimmt ja kein Ende; man muß dohch mit der Zeit fortschreiten und fich den Fortschritten anschließen; da haben wir also fortwährend steigende Ausgaben ; wir müssen sehr bedeutende Ankäufe und die Herren aus der Budget- fommission werden das ja beim Bautitel {merzlich empfunden haben —, sehr bedeutende Ankäufe an Bauten machen in den großen Städten, was in die vielen Millionen gebt, um unsere Filialen unterbringen zu können. Ih habe vorhin bei der Erwähnung von Hamburg angeführt, daß dort durch eine einzige Sturmnacht eine Ausgabe von 797 000 Æ für zerrissene und durch den Rauhreif zerplaßte Telegraphendrähte erwachsen ist. Das find Dinge, mit denen eine vorsihtige Verwaltung rechuen muß; wir können nicht leichten Herzens die 4 bis 5 Millionen, die das an Ausfall er- geben würde, shießen lasen.

Was den Fall mit Altona betrifft, so sagt der Herr Ab- geordnete: es ift unlogisch von der Post, wenn sie naturgemäß zusammengehörige Orte wie Barmen, Elberfeld, Rittershausen, wie Hamburg und Altona, Deuß und Köln auseinanderreißt. Ja, geehrter Herr Abgeordneter, wenn Sie das anders haben wollen, müssen Sie erst das Postgefeß ändern; die Posttaxen werden bekanntlih von Ort zu Ort erhoben, und daß Altona ein anderer Ort ist wie Hamburg, Barmen wie Ritters- hausen darüber sind wir nicht zweifelhaft, also das geht nicht. Ih kann also auch diese Ausführung als nicht zutreffend zurückweisen.

Wir kommen nun zu der Frage der Erhöhung des Briefgewichts i glaube, die Telephonfrage hiermit wohl erledigt zu haben und au über diese Frage is auch in der vorigen Session verhandelt worden. Der Herr Abgeordnete hat ganz richtig angeführt, daß wir den Ausfall auf etwa 4 Millionen angegeben hätten; wir haben auch die Gründe angegeben, die uns hindern, das Gewicht zu erhöhen; die Gründe liegen ja niht an der Post; das wissen wir alle. Wie gesagt, die Erhöhung des Gewichts würden wir sehr gern ausführen, und es würde mir ein Vergnügen machen, dem Lande ein Präsent damit zu machen, wenn wir es könnten. Der Ausfall, den der Antrag des Herrn Abg. Müller herbeiführen würde, falls derselbe die Genehmigung des Reichstags und Bundesraths fände, würde 5 Millionen betragen. Dies würden 9 Millionen Mark auf einem Brett sein, ohne daß zu sehen ist, daß eine Mehreinnahme eintritt; es wird nit ein einziger Brief mehr geschrieben werden als bisher, und nun frage ich Sie: sollen diese 9 Millionen im Budget aus- fallen in dem Moment, wo die Lage des Landes eine finanziell un- günstige ist und wo die verbündeten Regierungen genöthigt sind, mit Anträgen auf neue Steuern hervorzutreten? Wenn Sie das durseßen wollen, dann seien Sie so gut, in Jhrer Partei dafür zu sorgen, daß die Tabacksteuer durhgeführt wird; dann haben wir gleich 10 Millionen heraus und können Ihnen den Gefallen thun; es würde mir ein Vergnügen sein und meinem Kollegen im Reichs- Schaßamt auch. Wenn dann hingewiesen ist in der Eingabe, die der verehrte Herr Vorredner verlesen hat, auf das Beispiel in der Schweiz und in Oesterreich, daß es da bestände und daß die Diskordanz mit den Weltpostvereinsgrundsägen kein entscheidender Grund sei, fo habe

ich au nit gesagt, daß das ein entscheidender Grund dagegen sei.

die Unbequemlichkeiten werden dadurch hervorgerufen, daß, wenn ein Brief nah der Schweiz oder Oesterreih gehen foll, man si fragen muß: kannt du einen Brief mit 15 g oder einen Brief mit 20 g hineinlegen, und daß auf der Post alle Briefe durhgewogen werden müssen, ob nit einer durchs{lüpft, der außerhalb der zuläsfigen Grenze liegt.

Dann möchte ich noch die Zeitungsangelegenheit berühren; das war wohl die leßte, die der Herr Vorredner in den Kreis seiner Be- trahtungen gezogen hat. Ja, meine Herren, das is rihtig, wir haben das ja immer anerkannt das hat er ja auch erwähnt die Postverwaltung hat immer gesagt: der jeßige Zeitungstarif ift nit mehr zeitgemäß. Das war seiner Zeit ein Nothbehelf in den ftürmishen Wellen von 1848; er wurde ex tumultu behandelt und man hat einige Jahrzehnte mit ihm marschiert. Nun find wir damit beshäftigt seit ein paar Jahren, einen neuen Tarif aufzustellen; aber das is eine äußerst \{chwierige Sache, meine Herren, bei der Empfindlihkeit der Zeitungsverleger, die sehr darauf sehen, daß sie niht \{chlechter wegkommen bei dem neuen Tarif. Da müssen sämmtlihe Zeitungen und deren find über 6000 im lieben deutschen Vaterlande genau durhgerehnet werden auf die Ergebnifse des neu aufgestellten Tarifs. Nun stimmt das für eine An- zahl niht, und da müssen wieder Veränderungen vorgenommen werden und das Ganze wieder durhgerechnet werden. Dann kommt Bayern mit anderen Vorschlägen, Württemberg mit anderen Vor- \{lägen, der Bundesrath mit anderen Vorschlägen, das Reichs“ Scchaßamt kommt mit anderen Vorschlägen, es kommt das preußische Staats-Ministerium. In allen diesen Instanzen sind Ab- änderungsvorshläge gemacht, die tief einshneiden, und es muß daher die ganze Arbeit wiederholt werden. Jch will hoffen, daß das keine Sisyphusarbeit wird, obwohl ih nicht sicher bin, wie der Reichstag diese ganze Arbeit aufnehmen wird, und ob sie niht immer von neuem vorgenommen werden muß. \ j

Wenn der Herr Abgeordnete gesagt hat, aus der Regulierung dieser neuen Zeitungéstaxe würden sih sehr ergiebige Einnahmen für die Postverwaltung ergeben, und damit würden die Schmerzen ge- stillt werden, die durch die Ermäßigung der Telephongebühren und die Erhöhung des Briefgewihts auf 20 Gramm entstehen könnten: fo kann ich diese Hoffnung nicht theilen. Ich glaube nicht, daß solche Einnahmen aus dem Zeitungstarif, der ja besonders der Genehmigung des Reichstags unterliegt, zu erzielen sein werden.

Ich glaube, alles berührt zu haben, was der Herr Abgeordnete wünschte. Sollte ih einen Punkt vergessen haben, so werde ih gern Rede stehen. Davon kann er überzeugt sein, daß die Verwaltung ihre hohe Mission, den Verkehr und den Handel zu fördern, in keiner Weise aus dem Auge läßt und mit der größten Anstrengung versucht, dem ungeheuren Aufschwung des Verkehrsgetriebes gewachsen zu bleiben. Das wird auc ferner geschehen zum Wohle des Landes.

Abg. Dr. Förster (Refp.): In der Postverwaltung shecint nicht mehr der frishe Zug von ehedem zu wehen. Warum sträubt man sih gegen die Schobung der Gewichtsgrenze für einfahe Briefe ? Warum ermäßigt man niht das Porto für die Stadtbriefe in Berlin auf 5 §? Ich bin für {höne Gebäude sehr eingenommen, aber die Postverwaltung zeigt bei ihren Bauten in einzelnen Städten einen eigenthürtlichen, manchmal geschmacklosen Stil. Dabei sind tie Ein- rihtungen fehr mangelhaft, man kann oft keine Telegramme schreiben. Der Andrang an den Schaltern ließe sih vielleibt dadurch etwas ermäßigen, daß die Absender von Postanweisungen selber die Quittungs- formulare avsfüllten. Der Beamte braucht dann nur die Nichtigkeit der Angaben zu prüfen ; die einzelnen Beträge könnte er später ins Buch eintragen. Drucksachen unsittlihen Inhalts sollte die Post- verwaltung von der Beförderung aus\chließen; es würde dadurch die Massenversendung von unsittlißen Büchelhen aufhören. Ein schon oft gerügter Uebelstand is der, daß die Postbeamten im Sommer keine leihte Kleidung anlegen dürfen. Selbst bei dem Militär nimmt man doch auf die Witterung Nücksicht. Die Dienststunden der Postbeamten am Sonntag müßten in Einklang ge- braht werden mit denen der kaufmännisch Angestellten. Die Militär- anwärter haben feit einer Reihe von Jahren auf eine eigenthümliche Weise Schädigungen erfahren. Während des Probejahres follten fie 2 ihres Gehalts bekommen, und bei späterer Pensionierung follte das E mit angerehnet werten. Bis zum Juli vorigen

ahres is gegen diese Bestimmung verstoßen worden. O furzem i in Breslau der Post - Konsumverein aufgelöst worden. Solange die Postbeamten keine höheren Gehälter be- fommen, sollte man die Konsumvereine, die zur Besserung der wirth- schaftlichen Lage der Beamten dienen, niht unterdrücken. Sehr zu be- klagen ift die IMächregelimng von Postbeamten wegen ihrer politischen Parteistellung und wegen ihrer Zugehörigkeit zum Postassistenten- verbande. Die Reichs-Postverwaltung hat im vorigen Jahre erklärt, daß keiner ihrer Beamten aus derartigen Gründen zur Rechenschaft gezogen oder era werde ; indessen ist es doch Thatsache, daß die Maßregelung von Postbeamten keineswegs immer nur aus dienstlichen Gründen erfolgt. In Frankenstein i. Schl. z. B. wurde über einen Post- assistenten Strafversezung verhängt, weil er als Kandidat meiner Partei für die Stadtverordnetenwahlen aufgetreten war. In Köln wurden zwei “Assistenten vom Fahrdienst, der als eine Vergünstigung ilt, wieder zum Bureaudienst gezogen, nachdem sie si geweigert

atten, aus dem Postassistentenverein auszutreten. Das sind Vorgänge, welche unter den Postbeamten Unzufriedenheit zühten müssen, und es läge im Interesse der Reichs-Postverwaltung, wie im allgemeinen Interesse, wenn jede Beschränkung der persönlichen Freiheit der Be- amten hintangehaiten würde. E :

Abga. Dr. Schoenlank (Soz.): Das Prinzip der Dienstalters- stufen ift angenommen und die Subalternbeamten haben Zulage er- halten. Die Unterbeamten sind allerdings wieder leer ausgegangen. Auch das Kollektenunwesen hat He Die unteren und Sub- alternbeamten verrihten vielfah Arbeiten, die von höheren, beffer bezahlten Beamten ausgeführt werden müßten. Die Zahl der etatsmäßigen Stellen hat zugenommen, aber von 64 000 Unterbeamten sind nur 36009 etatsmäßig angestellt, 1872 waren von 10 000 Landbriefträgern 9000 etats8mäßig angestellt. 1892 von 25 000 nur 14 000. Wieviel von den 64 000 Unterbeamten sind aber unkündbar angenen, Auf diese Frage habe ih im ver-

angenen Jahre keine Antwort erhalten. Ein Fortschritt ist ja au iee zu verzeichnen: niht nach 30jäh: iger, sondern nah 24 jähriger Thätigkeit soll die Unkündbarkeit eintreten. Weitere Klagen be- stehen über die Unzulänglichkeit der Wohnungsgeldzuschüfse. Ein badischer Unterbeamter hat in Konstanz 250 A Wohnungs- eldzushuß, ein Reichs-Postbeamter in Berlin nur 240 Die Kaiser Wilhelm-Stiftung wird den Postbeamten ja zugäng- li gemaht, immerhin wird noch zuviel kapitalisiert; den unteren Beamten Berlins ist sogar mitgetheilt worden, daß sie im Falle zu früher Heirath feine Ausficht auf Unterstüßung hätten, wenn fie in- folge dessen in Noth gerathen. Die Postillone erhalten zwar Ehren- peitshen und Ehrenhörner, sind aber nicht pensionsberechtigt. Im Etat sind Ruhegehälter für Postillone in Ausficht genommen ; nah dem Etatsposten fallen auf den Kopf 121 #4 jährlih. Die Pole Spar? und Vorschußkassenvereine erledigten 1893/94 33 000 Dar- ehnégejuhe im Betrage von 5 Millionen Mark, die Einzahlungen betrugen 64 Millionen Mark. ierbei erhalten die höheren Post-

Sozialpolitik der Postverwaltung, die höher Bezablten J \{lechter Bezahlten zu MREOLEeN. Auch die Sonnt êrube ¡0 t zu wenig geregelt. Die Unterbeamten arbeiten in Berlie ph 70 Stunden die Woche, in der Provinz is es noch \{limmer. An a Postcuistatt in Æipzig haben die höheren Beamten 64, die Subals eamten 105, die Unterbeamten 135 Stunden tägli Dienst, 2 oftamtsvorsteher hat ferner das Recht, Strafen Vis u 9% „L ügen. Ein Unterbeamter wurde in Strafe genommen, weil gy N ftebernicht militärischgegrü thatte. Voreiniger Zeit wurde sogar Be, M die Nahtdienst hatten, verboten, Kaffee zu kochen. Diese Verte tz, allerdings wieder aufgehoben worden. Offiziell wird kein Postaißs wegen seiner Zugehörigkeit zum Postassistentenverbande i regelt, aber man sucht die Organisation hinterrücks umzubringen shlete Bezahlung der Postunterbeamten bildet eine ständige 9 j dieser Beamten. Sie trägt au die Schuld an den zahlrei “n \{lagungêprozessen gegen Angehörige dieser Beamtenkategorie S wird fogar von den Gerichten anerkannt, welche in solchen Fälle, durhweg den Angeklagten mildernde Umstände zuhigj Charafkteristish für die Beurtheilung der Postunterbz,® durh die vorgeseßte Behörde if ein al “wi solher Béamter, der mit 2,50 # pro Tag angestellt „Ÿ der Unterschlagung angeklagt war. In dem Bericht des vorgeset Postdirektors wurde auêgesührt, der Mann habe an Größenzet gelitten, denn er habe sich Schilley’s Werke angeschafft. Jh möhte hi, und zwar auf Anregung aus den Kreisen der Postbeamten heraus, die F N zeit der Beamten nicht erst vom 21., sondern {hon vom 18. Lebens an zu rechnen. Die Anstrengungen dieser Beamten sind größer “4 die der Beamten in anderen Reihsverwaltungen. Der Staatss, Dr. von Stephan muß darum seine 140 000 Leute angemessen bef deln und besolden. 4 Bevollmächtigter zum Bundesrath, Direktor im Reichs-Poft Wirklicher Geheimer Rath Dr. Fil cher: Die Herren Redner rechts und links haben die Thätigkeit der Postverwaltung einer unterworfen. Wollte ih auf alle Vorwürfe, die der Vorredner g, uns erhoben hat, eingehen, so würde ih sech8s Stunden brauen: dz bekanntlih is es leihter, Behauptungen aufzustellen, alz rihtig zu stellen. Ih will darum nur einige Ps herausgreifen. Der Vorredner sagte: Das Prinzip der ê n politik der Postverwaltung gehe dahin, auf Koften der {s bezahlten die höher bezahlten zu begünstigen. Davon sind weit entfernt. Die Brille, dur die der Abg. Dr. Schoenlank ia scheint mir etwas s{warz, und er \{chöpft wohl au aus Qs ziemli trüber Natur. Den Zuschriftez, die er von Postheaui bekommt, müßte er do etwas fritisher gegenüberstehen. Jh wis spreche generaliter alledem, was von Ausbeutung und Benadtheilizy der Beamten gesagt wird. Unser Streben geht dahin, alle Ff, unserer Beamten gleihmäßig mit Gerechtigkeit und V wollen zu behandeln und feinen auf Kosten des az zu bevorzugen oder zu Se des anderen zu benadh ligen. Die Sozialpolitik der Reichs - ire L glautt jy Abg. Dr. Schoenlank nun dadur illustrieren zu können, tj; sagt, die Zahl der etatsmäßigen Beamten sei heute verbältnizg geringer als früher. Es ist niht leiht, \tatistishe Zahlen fp verwerthen, wenn man die Unterlage und die historishe Ent niht kennt. Ich kann dem Abg. Dr. Schoenlank den Nachweis j daß in der Zeit von 1872 bis in die 80er Jahre hinein di der N Stellen sich keineswegs mit der der etatsmäßig Angestellten deckte, daß noch nidt j dritte Theil dieser Stellen wirklich mit etatsmäß Y gestellten beseßt war. Diese Zustände hat der Staatsfekretir d; von Stephan vorgefunden und beseitigt auf Grund feiner Sih politik. In den leßten fünf Jahren haben wir die etatêmitiz Stellen für Unterbeamte um 15 000 vermehrt. Jst das etwa t Zeichen von Stagnation? Im Jahre 1891 waren von den bd beschäftigten Unterbeamten 63 9% etatêmäßig angestellt; Ende 1 waren es 66,8 9/0 und nur- noch 33,2 9/ diefer Beamten waren aus etatsmäßig angestellt. Jch hoffe, daß wir auf diesem Wege weitere Ft schritte machen werden. Mit allgemeinen Deklamationen und dur Aufhezen der einen Beamtenklasse gegen die anderen wird unn Erachtens die soziale Frage nicht gelöst; wir versuchen einen pr schen Weg. Der Abg. Dr. Schoenlank hat dann weiter Statistik der unkündbaren und kündbaren Beamten gegeben. Ei unrichtig, anzunehmen, daß die leßteren fich in unsicherer, der Vill preisgegebener Stellung befinden. Diese Beamten sind keineêrt chne rechtlide Garantien, und ihre Entlassung erfolgt nicht, ch2 daß eine Vernehmung voraufgegangen is, und nicht Mitwirkung des Rechtsbeistandes der Ober - Postdiretis Die - Spar- und Vorshußvereine bestehen seit 27 J und haben einen Kapitalbesig von 27 Millionen. Der Marin trag der Spareinshüsse beträgt bei den meisten Kassen 1000 4 t a6 weniger ein Zeichen, daß es sich vor allem um L einlagen der unteren Beamten handelt. Seit Bestehen 1 Kassen is auch die Kriminalstatistik von Jahr zu günstiger geworden. Während 1877 auf 171 ein Kriminals fam, fommt jeßt auf 400 ein Kriminalfall. Eine solche Stil hat mehr Werth als die Aufzählung einzelner Fälle. Der Abz.) Schoenlank \{lägt vor, den Unterbeamten Postagenturen zu übertrs| Das würden wir ganz gern thun, aber die Unterbeamten werden f auékommen. Die Postagenten fißen gewöhnlih im eigenen sind Schulmeister, Förster 2c. Ich bedaure, daß der erste po Vorschlag, den der Abg. Dr. Schocnlank gemacht hat, nicht pril und durchführbar ist. h f O Gegen 6 Uhr wird die weitere Bevathung auf Dienst

1 Uhr vertagt.

Preußischer Landtag. Haus der Abgeordneten. 40. Sißung vom Montag, 11. März.

Ueber den Beginn der Sizung ist gestern berichtet wo

Bei der weiteren Berathung des Etats der direll Steuern nimmt nah dem Abg. Wolczyk (Zentr.) das® Abg. von Tiedemann-Bomst (fr. kons.): Es herrst 8

den Grundbesißern große Unzufriedenheit darüber, daß bei der 2 veranlagung die Amortisationsquoten von dem Einkommen n! : i ezogen werden. Es bedeutet dies eine Ungerechtigkeit gegenüber Üebensversicherung, bei der bis zu einem gewissen Betrage en der Prämien zulässig is. Die Grundbesitzer sind verpflichte Amortisationsquolen zu zahlen, sie können den Betrag nicht verwenden. Das Hauptmittel, der Vershuldung des L besißes abzuhelfen, ist die Aufnahme von Amortifationéda Die Behandlung der Amortisationsquoten ist volfswirthG niht rihtig. Das hat sich auch bei uns îin_ der Provini gezeigt. Bei der Landschaft in Posen sind bereits Kündigunge gegangen mit der Motivierung, s in dieser Zeit, wo de wirthschaft so wenig Einkommen habe, unmögli ein Einta! versteuert werden könne, das man überhaupt nicht habe. G&W 4 1s um ein Vermögensobjekt, und dieses gehört naturgema ermögenssteuer. Diese offenbare Ungerechtigkeit gegenüber En versicherung müßte bei der nächsten Gefeßeëänderung die er lih ist beseitigt werden. A d Geheimer Ober-Finanz-Rath Walla ch: Die Nichtabus,

keit der Amortisationsquoten is feine neue Grfindung des fommensteuergesezes von 1891, sondern ist als bereits geltender T4 sas der Einkommensteuergesezgebung mit übernommen wordens , uffassung n ift diese Regelung der Sache im Wesen fommensteuer selbst begründet. Es wird nicht bestritten, i können, daß der Uebershuß, den ih aus " meiner c Ul erziele, zum Einkommen gehört. Ob ih diesen Uebers{chuß

beamten für ihr angelegtes Geld 4,7 9% Zinsen. Die unteren Beamten bezahlen für die Darlehne 5 bis 6{ 9/9 Zinsen, zwei höhere

Aber es is für die Verwaltung und das Publikum sehr unbequem ;

Postbeamten aber erhielten folhe zu 43 %/. So ist das Prinzip der

Sparkasse lege oder damit eine Schuld tilge, mat wirth absolut keinen Unterschied. Auh daß der Schuldner einer fi sationshypothek zur Zahlung der Amottisationsquoten verp

gert die Sache wirthsSaftlih niht. Eine Bindung des freien

nah dieser Richtung kommt auch in anderen Verbältnifsen

- wollte man diesen einen Fall herausgreifen und anders regulieren,

vor; L man scließlih alle Sa Fâlle mit heranziehen müssen,

und Abg. von Bandemer (kons.) tadelt das Vorgehen des Vor- enden der (Einfommenfteuec - Betufungskommission in Köslin als

E s, | E ifeimer Ober-Finanz-Rath Walla: Ueber diese Angelegen- ;+ find bereits Untersuhungen gepflogen worden. Es bat L aber

ausgestellt, daß die Beanstandung der Steuerdeklarationen in Köslin in 29 von 36 Fâllen durchaus berechtigt war. Abg. Graf von Strachwiß (Zentr.) {ließt sid den Aus- fübrurge: des Abg. von Tiedemann bezüglich der Abzugsfähigkeit der m

ortisationsquote an. Bei der Berathung des Geseyes im Jahre 1891 habe er vergeblih versuht, eine entsprechende Bestimmung in

Geseh zu bringen. Jedenfalls sei es nothwendig, im § 9 des Ginkommenfteuerge pes das, was Pn goftbig sei, näher zu bestimmen.

Abg. von Bülow - Wandsbek (fr. kons.) : Ih möchte die Auf- merksamkeit des Finanz-Ministers auf die widerspruhsvolle Be- handlung ter Frage der Abzugsfähigkeit der Grund- und Gebäude- steuer seitens der Steuerbehörden lenken. Im Publikum herrscht in dieser Beziehung infolge davon eine große Unsicherheit.

Geheimer Ober-Finanz-Rath Wallach: Wir werden prüfen, ob es nothwendig ist, dur eine allgemeine Verfügung die Stellung des inanz-Ministeriums zu der angeregten Frage klarzustellen ; denn es f nit zu leugnen, daß die Frage für die Veranlagung von Wichtig-

it ift. e Abg. von Kröcher (konf.) erklärt es für unmögli, einem

Antrage im Sinne des Abg. Grafen Strachwit zu Gunsten der Ab- “ufföbi feit der Amortisationsquote zuzustimmen. Eine E Ea ledeute ftets eine Vermögensvermehrung, welche steuerpflichtig sei.

Abg. Dr. Sattler (nl.): Dem Abg. Grafen Stracywiß gegen- ber sehe ich die Amortisationsquote in der That als erspartes, steuerpflichtiges Geld an, und wir könnten sie nur steuerfrei laffen, wo es sich um ganz kleine Beträge handelt, und wir durch den Steuererlafß die Sparsamkeit des kleinen Mannes fördern wollen. Jn diesem Falle würden wir mit uns reden lassen.

Abg. von Brockhausen (kons.): Thatsächlih is durch die sommissionen die eran agung des Grundbesitzes eine höhere als iher, troßdem inzwischen die Landwirthschaft zurückgegangen und im

riff ist, zu Grunde zu gehen. Namentlich wird die Abnugzungs-

te sür Gebäude zu niedrig angenommen und zwar ohne Ausnahme für massive Gebäude auf {9/o, für Fachwerksbauten auf F °/o. Das entspricht nicht den vorjährigen Ausführungen des Finanz-Ministers. wáre dringend wünschenswerth, daß man die Landwirthe nicht an das Dber-Verwaltungsgeriht verwiese, sondern daß der Finanz- Ninifter hier eine Revifion vornähme.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Ich verfolge jede thatsählihe Beschwerde, die iht von vornherein als vollständig haltlos erscheint, durch Ein- forderung von Berichten und Klarstellung der Verhältnisse, einerlei, ch dieselbe in der Presse oder durch Eingaben \peziell beim Finanz- Ninisterium erhoben wird. So ift auch in dem vorliegenden Fall ver- ihren. Dur die Presse kam uns zur Kenntniß, daß derartige Be- shwerden gegen den Vorsißenden der Berufungskommission in Köslin hoben wurden. Wir haben fofort Bericht eingefordert, und das Ergebniß des Berichts hat Ihnen der Herr Regierungskommissar be- rits mitgetheilt.

Meine Herren, hier lag also die Sache so: es waren 35 Be- rufungen auf Veranlaffung des Vorsißenden der Berufungskommission erhoben; davon nahm derselbe nach genauer Kenntnißnahme des Falles ÿ zurück, und von dem Rest wurden 29 Berufungen als begründet befunden. Wie foll ih nun in der Lage sein, in einem folhen Falle den Beamten zu tadeln, der durch die Berufungskommission voll- ständig Recht bekommen hat? Ich würde ja geradezu den Mann zu iner mangelhaften Ausübung feiner amtlihen Pflichten auffordern, wenn ich aus einem solhen Falle einen Tadel aus\prähe. Sie wollen iber auch wohl weiter bedenken, daß ih gar niht in der Lage bin ind mich auch sehr hüten muß, soweit zu gehen, in das geseßz- lh geordnete Veranlagungs- und Berufungsverfahren meiner- seits einzugreifen. Jh bin gar nicht kompetent; ih habe aber auh oft kein Urtheil darüber von hier aus. Wenn die Berufungs- iommission in Köslin in 29 Fällen dem Mann Recht giebt, wie kann ih von hier aus mir ein Urtheil beilegen, ob die Berufungékommission so rcht gethan hat? Aber, meine Herren, wenn ih das auch könnte, venn meine Ansicht von der Auffassung der Berufungskommission ab- wide, so hâtte ih gar kein Recht, die Berufungskommission zu korri- ieren, Das ift eine durchaus selbsländige Behörde, und ich bin gar nit befugt nah der bestehenden Rehtsordnung, in Bezug auf die Veranlagung der Einkommensteuer irgendwie gegen die Berufungs- lommission einzuschreiten. Ih glaube, es wäre dies auh nit er- wünscht. Denn wenn ih das Recht hätte, gegen die Berufungs- kommission einzuschreiten, wenn sie angeblich zu hoch veranlagte, dann würde ih auch das Recht haben, gegen die Berufungskommission einzuschreiten, wenn sie nah meiner Auffassung, was auch vorkommen mag, zu niedrig veranschlagt (Heiterkeit), und ih glaube, das wird das hohe Haus nicht wünschen, daß wir wieder ein folhes administra- tives Verfahren bekommen. Wir haben das ganze Veranlagungs- berfahren auf festen Rechtsgrundlagen und auf der Selbstverwaltung Pte, und ich glaube, wir werden alle Ursache haben, dabei zu eiben.

Meine Herren, daß gewiß eine große Anzahl von Fällen vor- fommt bei der Veranlagung der Einkommensteuer, wo man der 2 êinung sein kann, daß die Vorsißenden der Veranlagungs- und Verufungskommission niht ganz rihtig verfahren, wo man sagen (onnte, sie hätten zweckmäßig und taktvoller anders verfahren, 0 is gar nicht zu bestreiten. Diese Sachen beruhen auf sub- y ver Erwägung; aber selbs in dieser Beziehung muß das theil doch ein sehr vorsichtiges sein. Denn im allgemeinen wird nan einen Fall nur dann zutreffend beurtheilen fönnen, wénn man n ganz genau kennt. Beispielsweise wird ja vielfa über die große dll der Beanstandungen geklagt, es wird behauptet, daß man zu findränge in die Verhältnisse der einzelnen, und daß die Behörden

teser Beziehung zu weit gingen. Es kommen au an mi solche A aber ich fann versichern, in den allermeisten Fällen, wenn Lia etm Falle genau nachgeht, {findet man, daß die Behörden Recht lein Ith bin in dieser Beziehung durchaus nicht geneigt, von vorn-

ein Vorurtheil für die Behörden auf mich einwirken zu lassen ;

bi * kann bezeugen, daß in den allermeisten Fällen man sagen e ie Beanstandungen waren begründet. Jh will Ihnen nur eine ven Wir haben hier in Berlin beispielsweise sehr starke s e èêr scharfe Veranlagungen und übermäßige Beanstandungen. a ao dem leßten Jahre haben sich von 13 000 Beanstan- deweis d als vollkommen begründet erwiesen. Das ist do ein ta die Behörden allerdings Veranlassung haben, scharf zu- n Es ift niht zu leugnen, daß eine Art Kampfzustand tatt-

findet vielfah zwishen den Steuerveranlagungsbehörden und- den Steuerpflichtigen, und wenn ih Ihnen da erzählen wollte, bis zu welhem Raffinement in der Verminderung der Steuerbelastung all- mählich an der Hand von Rathshlägen von Advokaten und Winkel- advokaten die Steuerpflichtigen gekommen sind, so werden Sie mir zu- geben, daß ein festes Auftreten der Behörden nöthig ist, wenn nit andererseits die Einkommensteuer, auf welhe der Staat heute allein angewiesen ist, ebenso in Verfall gerathen soll wie die frühere Ein- kommensfteuer. s

Ich möchte also bitten ih bin gern geneigt, dem Wunsche der Herren zu entsprehen und diese Fälle nochmal wieder, soweit das von hier aus mögli ist, zu untersuchen, aber i kann nach den bis- herigen Thatsachen keinen Grund finden, das Vorgehen des Vor- fißenden der Berufungskommission in Köslin zu tadeln.

Abg. von Bülow - Wandsbek (freikons.): Es ist richtig, da man für Hypotheken, soweit sie bezahlt sind, keine Zinsen a E kann. Daß aber die Staats-, Grund- und Gebäudesteuer niht in Abzug gebraht werden soll, ist nah meiner Ansicht mit den Aus- führungsbestimmungen nicht in Einklang zu bringen.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Die Kontroverse, die zwischen dem Herrn Vor- redner und meinem Herrn Kommissar erörtert worden ift, ist nun auch eine solWe Frage, wo wir nur eine Ansicht äußern können; aber der Finanz-Minister hat keine Entsheidung. Es wird mir sehr an- genehm fein, wenn die Sache an das Ober-Verwaltungsgeriht zur Entscheidung gelangt. Wir können hier in dieser Beziehung nur eine subjektive Meinung haben. Ih persönlih stehe in der Rechtsfrage ganz auf dem Standpunkt, den der Herr Regierungs-Kommissar ent- wickelt hat. Aber das ist an und für ih glei{hgültig. Wir müssen unsern Standpunkt in der ganzen Steuerveranlagung ganz korrekt wahren. Was ich in dieser Beziehung persönli denke, ist für die Entscheidung der Behörden niht maßgeblich, und das Ober-Verwaltungs- gericht wird sich gewiß nicht um meine persönlihe Rechtsmeinung in dieser Hinsicht kümmern.

Meine Herren, ih hatte vorhin noch unterlassen, auf die Be- merkungen des Abg. von Brokhausen in Bezug auf die Abzugsquote bei den Gebäuden mich zu äußern. Da die Berufungskommission überall nicht mehr als F 9/4 Abnugung zugelassen hat, so muß daraus geschloffen werden, daß fie die Höhe dieser Abnußzung für richtig hielt. Sie war weder durch einen Erlaß des Finanz-Ministers, wie ih das schon früher hier mehrfah gesagt habe, noch durch andere geseßz- liche Bestimmungen gebunden. Sie konnte frei entscheiden, ob die Gebäude, um die es si handelte, mit einer Abnußzung von § bis § 9/9 genügend behandelt waren. Hat die Kommission nun gesagt: für massive Gebäude is eine Abnußzung von F 9% genügend, so ist die Kommission in der Beziehung souverän und ich kann da nicht ein- greifen. Es ift das lediglich Sache der Erwägung oder der Beschluß- fassung der Kommission. Das habe ih hier oft genug betont und ih kann das nur wiederholen, daß bindende Vorschriften in Beziehung auf die Höhe der abzuziehenden Quote für die Abnußung bei Ge- bäuden nit existieren, von mir auch nit gegeben sind.

Abg. Graf von Strachwiß (Zentr.): Eine Amortisations- quote, die ich am nächsten Tage wieder zurückerhalten ann, ist natürlich nicht abzugsfähig. Im allgemeinen aber sind Amortisationsquoten als Ausgaben anzusehen, die ich niht für mich verwenden kann, sie ‘müßten also abzugsfäbig fein. Auch daß die Kommunalsteuer nicht abzugsfähig ist, halte ih für unberehtigt, ja für ein Kuriosum.

Abg. von Buch (kon}.): Ich halte es für eine große Ungerechtigkeit, Lebensversicherungêprämien für abziehbar zu erklären, Amortisations- quoten aber nicht. Es liegt die Gefahr vor, daß ein Grundbesiger für eine Schuld wucherische Zinsen bezahlt und dabei sein Leben versichert, wofür die Prämien abzugsfähig sind. Jch glaube, wir sind bei dem Gefeß an und für si zu fehr in Details eingegangen. Besser wäre es, derartige Abzüge überhaupt niht zu machen, auch für die Gebäude keine Abnußungsquote zu gestatten, lieber statt dessen für den Fall E nothwendigen Neubaues die ganze Ausgabe vom Einkommen ab- zuziehen.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Ich wollte nur darauf einige wenige Bemerkungen machen, da ja im großen und ganzen Uebereinstimmung herrs{cht.

Die Herren wollen sich erinnern, daß bei Aufstellung der Balance- liste zwischen den Verlusten und den Neueinnahmen des Staats dem Staat damals 2 Millionen zu Last gerehnet find, die wir erhalten würden aus den zufkünftig wegfallenden Abzügen der Kommunal- steuer. Sollte also man irgendwie, was ih aber für undenfkbar halte, auf den Gedanken kommen, in dieser Beziehung Aenderungen ein- treten zu lassen, so verlange ih meine 2 Millionen wieder. (Heiterkeit.)

Meine Herren, was die Frage der Abnußzung betrifft, \o liegen in der Sache ganz außerordentlihe Schwierigkeiten. Die Herren wollen si erinnern, daß die jeßigen verwickelten Fälle hauptsächlih dadurch entstanden sind, daß das neue Einkommensteuergeseß dem Grundbesiß und dem Hausbesiß gerecht werden wollte. Die alte Einkommensteuer ließ bloß Abnußungsquoten zu bei Mobilien, Ma- schinen u. \. w., aber niht bei Gebäuden, und das fanden wir aller- dings in sih unbegründet und unrecht. Die Gebäude nußen ih fowohl ab wie Maschinen, und daher kam die Bestimmung in das neue Einkommensteuergesez in Betreff der Abnußung auch von Gebäuden. Wir haben uns auch damals schon niht verhehlt, daß das eine außerordentlich s{wierige Sache ist; denn man kann ja kaum selbst noch Kategorien untersheiden. Wenn man wirklich die Sache ganz richtig treffen will, muß man jedes einzelne Gebäude vor- nehmen, was ganz unausführbar ift in der Praxis. Dann müßte man: fragen : wie viel hat das Haus gekostet? wie lange hat es hon ge- standen? wie lange kann es noch stehen? und dann könnten massive Wohngebäude hier in den Straßen von Berlin hiernah ganz ver- schiedene Abnüßungsquoten berehnen; das if aber völlig unaus- führbar. Man hat sih daher wenigstens mit Kategorien behelfen müssen; daß das jedoch ungenau bleibt, ift klar.

Will :nan nun etwas an die Stelle seßen, so neige ih mich persônlih auh der Ansicht des Herrn von Buch zu; aber wir stoßen auch da auf Schwierigkeiten. Denn wenn wir gar keine Abnüßzungs- quoten abziehen ließen, so müssen wir naturgemäß in dem Falle, wo das Objekt ganz durch Neubau erseßt werden muß, den Werth des ganzen Objekts abziehen lassen. Dann würde eine große Anzahl von Steuerpflichtigen völlig steuerfrei bleiben auf Jahre hinaus. Das, fann man sagen, könnte der Staat ertragen. Der Staat wohl; denn im Staat gleicht sih das im großen Ganzen aus. Aber wie steht es mit der Kommune? Wie werden die Zuschläge in den Kommunen stattfinden? Da wird auf einmal ein ganz reicher Mann, der ein großes Gebäude baut, auf mehrere Jahre in den Kommunen gänzlich steuerfrei. „Jedenfalls müßte man, wenn man der Frage näher tritt,

in dieser Beziehung genaue Bestimmungen treffen, damit solche Kon-

sequenzen daraus nit hervorgehen fönnen. Daß übrigens die ganze Veranlagung außerordentlich - erleichtert würde, viele wirkliche und unvermeidlihe Klagen und Beschwerden dadur beseitigt würden, wenn eine solche Bestimmung getroffen würde, diese Ansicht theile ih au, und ih glaube, bei einer ganz gewiß im Laufe der Zeit nicht ausbleibenden Revision der Einkommensteuer würde diese Frage wieder in den Vordergrund treten. (Sehr wahr!) j

___ Atg. von Tiedemann-Bomst (fr. kons.): Darin sind wir einig, daß eine Ungerechtigkeit infoweit vorliegt, daß für das eine eine Abzugsfähigkeit besteht, für das andere niht. Die Einen meinen, weder für Lebensver dérungsprämien, noch für Amortifat1onsquoten dürfte eine Abzugsfähigkeit bestehen; Andere und auch ich meinen was dem Einen Recht ift, ist dem Andern billig. Theoretish nd wir wohl logisch, aber oft zu wenig Ls.

mortifations-Darlehen müßten besonders im Interesse des kleineren Grundbesißes begünstigt werden, der Heute noch oft genug 9 bis 69% Zinsen zahlt, statt von den Lanoschaften billigere Amortisationsdarlehen zu nehmen. Deshalb {hon würde ih die Amortisationsquoten gern für abzugsfähig erklärt sehen. Was die Abzugsfähigkeit der Kommunalabgaben anbetrifft, so glaube i, es ift hier eine Lücke im Gese, da wir zu wenig pwischen den einzelnen Kommunalabgaben unterschieden haben. Einzelne Kommunalabgaben müßten wohl abzugsfähig sein, andere, wie für Gas- und Wasserverbrauh, dürften natürlih niht abgezogen werden. Die Frage der Abschreibungen if eine sehr kontroverse. Es kommt vor allem darauf an, auf die verschiedenen Umstände Bezug zu nehién. Eine Grenze finden, ist freilich s{chwer. Bei Fabrikanlagen z. B. werden immer Abschreibungen nöthig sein. Wir müssen aber mehr individualisieren, nicht shematisch verfahren. Ein Abzug von nur 4 °/o dürfte im allgemeinen schon zu knapp sein; in einze p are so z. B. bei Maschinen, dürfte das Acht- und Neunfache dieser Summe mindestens angebracht sein.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

i Ich möchte hierauf nicht weiter eingehen und nur bemerken, daß, wie ih son oft ausführte, thatsählich doppelt abgezogen und der Fiskus doppelt geshädigt wird. (Heiterkeit!) Das klingt sonderbar, „is aber fo. Stellen Sie sich vor, es handelt sich um ein bestimmtes Haus; man sagt: die und die Abnuzung ist berechtigt; jeßt wird die Abnuzung 50 Jahre lang abgezogen, und nun ist das Haus nicht mehr reparaturfähig, es muß neu hergestellt werden. Was geschieht nun ? Entweder nimmt der Besißer, der das Haus bauen will, aus seinem Vermögen die Kapitalien und baut damit das Haus auf- gesammelt hat er in Wirklichkeit einen Fonds niht. In dem Augen- bli, wo er sein eigenes Vermögen zu Gunsten diefes Hausbaues ver- mindert, zieht er das an der Einkommensteuer natürlich ab oder aber er hat kein Geld, dann maht er Schulden und die Zinsen dieser Squlden zieht er dem Fiskus wieder ab. Folglih führt das ganze Abnugzungssystem zu einem doppelten Abzug gegenüber dem Fiskus. Diefer Gesichtspunkt könnte wenigstens einigermaßen beruhigen, wenn einmal in einem einzelnen Falle zu wenig abgezogen ift. (Heiterkeit.)

Abg. von Brodckhausen Gala bittet den Finauz-Piniler, von feiner heutigen Erklärung dem Vorfißenden der Berufskommission in Köslin besondere Kenntniß zu geben.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

/ Obwohl ich es nicht für unnöthig halte, und obwohl {hon durch eine Reihe von Zirkularverfügungen das immer wieder aufs neue eins ges{härft worden ist, fo will ich dem Herrn Vorredner zu Liebe dem Herrn Vorsißenden der Berufungskommission es noch einmal mit- theilen. (Bravo!)

Abg. Hérmes (fr. Volksp.) bemängelt die Bestimmung, daß vom 1. Avril ab die in die Hand der Kommunen übergehende Grund- und Gebäudesteuer vom Einkommen niht mehr in Abzug gebracht

werden solle. Für Berlin bedeute das vielfah einen Ertrazuschla zur Einkommensteuer, der vielfah 100 9% betrage. rtrazusclag

Geheimer Ober-Finanz-Rath Wallach: Die Staatsfteuer- verwaltung stüßt sich auf den Grundsaß, daß der Staat in seinen Ansprüchen den Kommunen vorgeht. Wollten wir die Kommunal- steuern in Abzug bringen, so würde jedes Anwachsen derselben eine entsprehende Verminderung der Einnahme aus der Staatseinkommen- steuer bedeuten. Eine derartige Beeinträchtigung können wir nicht zulaffen.

Finanz-Minister Dr. Miquel:

Meine Herren! Jh möchte über diesen Punkt, der ja allerdings vielfach als eine Ungerechtigkeit empfunden und erörtert werden wird, auch noch zwei Worte hinzufügen, die dem Herrn Vorredner noch mehr zeigen werden, zu wie großen Unzuträglichkeiten man kommt, wenn man seinem Wunsche entspriht. Die Kommunen haben jeßt in dem Kommunalabgabengeseß zwar gewisse Schranken in Beztehung auf die Vertheilung der Steuern, der Kommunalabgaben auf die verschiedenen Steuerarten, aber im großen Ganzen doch noch einen bedeutenden freien Raum, innerhalb dessen sie die Gewerbesteuer, die Grund- und Gebäudesteuer und die Einkommensteuer verschieden heranziehen können. Nun können Sie aber infolge dessen, wenn Sie diese Frage überhaupt bejahen wollen, daß Abzüge auf Grund der Kommunalabgaben von der Einkommensteuer zulässig sind, nicht unter- scheiden zwishen den einzelnen Steuerarten, ohne die allergrößten Ungerechtigkeiten hervorzurufen. Denn wenn Sie sagen, die Grund- und Gebäudesteuer foll allein abgezogen werden, dann schädigen Sie doch die Einkommensteuerpflihtigen. Warum follen denn diese nun auh ihre fommunale Einkommensteuer nicht von der Staatss\teuer abziehen? Und was wäre das für ein sonderbarer Zustand, wenn ge- wissermaßen ein circulus inextricabilis stattfände: ers wird die Staatsfteuer veranlagt, dann wird von der Staats\teuer die kommunale Einkommensteuer abgezogen, und dann erft hat der Staat das Recht, seine Einkommensteuer zu erheben. Aber gehen Sie noch weiter! Wie verschieden und zufällig würden sih die Verhältnisse in den einzelnen Gemeinden gestalten, wenn hier in Berlin eine andere Kommunal- steuerordnung besteht und die Grundbesißer stärker herangezogen werden, und in Nixdorf eine andere Kommunalsteuerordnung, wo die Grundbesißer nicht so ftark herangezogen werden Fönnen« Wie kann das Verhältniß der Abzüge zur Staatssteuer sh nach diesen verschiedenartigen Besteuerungsformen in den einzelnen Gemeinden anders gestalten! Endlih, wenn eine Ges meinde und unsere Städte und Kommunen sind ja in der Be- ziehung auf die Bemessung ihrer Ausgaben ganz außerordentlich frei sich große Luxuseinrihtungen erlaubt und infolge defsen eine hohe Kommunalsteuer zu tragen übernimmt, dann sollte der Staat darunter leiden und seinerseits è dadurch in seinem Einkommen ge- schädigt werden? Je weiter Sie über die Sahe nach- denken, so glaube ih, wird auch der Herr Vorredner sih selbjt überzeugen, daß man in ein Meer von Verwicklungen, von Ungerechtigkeiten und Unbilligkeiten kommen würde, und er wird die Hoffnung fallen lassen müssen, daß seinem Wunsche vielleicht bei einer zukünftigen Geseßgebung nach der gegenwärtigen Geseßgebung

ist ja der Finanz-Minister verpflichtet, darauf zu halten, daß nicht in