1895 / 67 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 18 Mar 1895 18:00:01 GMT) scan diff

Theater und Musik.

Deutsches v E

Am Sonnabend gelangte das auspiel „Drohnen“ von Rudolf Strat zur ersten Aufführung. Der Verfasser, der hon in einem früheren Stück seine starfe dramatische Begabung bewiesen hat, bringt diesmal ein echt „moternes“ Stück auf die Bühne: modern ist der behandelte Stoff und modern die Art der Drama- tisierung, die sih den wirklihen Erscheinungen des Lebens mögli st zu näbern sucht; aber einen vollen Erfolg hat der Verfasser au mit seinem neuen Schauspiel nicht erzielt, weil das nach franzó 1shem zier gearbeitete Stück auch in der Charakteristik stark an französische Typen erinnert und weil die Dramen, in denen Untreue der Frau den Angelpunkt der Handlung bildet, an Interesse auch beim Publikum mit der Zeit wesentlih eingebüßt haben. Scharfe Beobachtung, die 1 in der Auffindung feiner mens{chlicher Absichten kundgiebt, und orgfältige "Zeichnung der Charaktere als Ganzes, ein geschickter scenisher Aufbau und ein leiht fließender, von treffenden Bemerkungen gehobener Dialog bilden die Vorzüge der Arbeit, während einige ungenügend begründete Willensakte und das zum tbeil er- fünstelte Wesen der sich gegenüberstehenden Typen die Wirkung des Schauspiels beeinträchtigen. Zwei Gestalten aus den nit produktiv thätigen Klassen der Gesellshaft lernen wir in dem Grafen Greiff und dem Millionär Witt kennen. Der Reihe verahtet den Adel und is stolz; auf sein Geld; dcr Graf ver- achtet als Vershwender das Gold und i} f\tolz auf feinen Adel. Gabriele, die leihtfertige Gattin Witt's, die den Grafen liebt, bildet den Gegenstand des - Kampfes der Gegner. Der Graf, ein leihtsinniger Spieler, geistreiher Causeur und wverführerischer Kavalier, nüßt seine sündigen Talente aus, um Gabriele zu gewinnen. Mitt entdeckt das hinterlistige Spiel und sucht den Nebenbubler dur die Macht tes Geldes unschädlich zu machen ; aber der Graf entgeht s{ließ- lih den Schwierigkeiten seiner Lage durch eine reiche Heirath. Die Darstellung der beiden, im Mittelpunkt der Handlung stehenden Männer gelang den Herren Reicher (Graf Greiff) und Nissen (Witt) vortrefflih: beide mahten die öôde Leere der Seele hinter dem prunkenden Scheine des Glücks in verschiedenen Spielarten anschaulich und fühlkar. Fräulein Lucy Lißl, die an diesem Abend hier zum ersten Mal, und zwar als Gabriele, auftrat, ist, nie es scheint, eine begabte Darstellerin; in dieser Antrittérolle vermißte man aber die verzehrende Leidenschaft, die der Dichter in diese Gestalt gelegt hat. Die Nebenrollen waren auésnahmêelos gut besetzt, sodaß die Ge- fammtdarstelung nur Lob verdient.

Der einaktige Schwank „Er, sie und er“ von Roberto Bracco, mit dem die Vorstellung eröffnet wurde, besißt keine her- vorragende literarishe Bedeutung. Das von Otto Eisenschiß überseßte kleine Stük hatte troß des vortrefflihen Spiels des vei nog Rosa Bertens und der humorvollen Darstellung der

erren Nissen und Jarno keinen rechten Erfolg, weil es dem Dialog an Geist und Wit gebricht. Lessing-Theater.

Friedrich Haase, der am Scnnabend sein Gastspiel eröffnete, brachte diesmal ein neues Stück, das Schauspiel ,Am Spielt if ch des Lebens“ von Klaus Arsen, mit nach Berlin. Das Stück erfüllt die Erwartung, die an seine Einreihung in das Haase’sche Repertoire naturgemäß geknüp1t werden durfte: es enthält eine große Rolle für den virtuosen Darsteller. Als Graf Stengel auf Rodek kann Friedrich Háase feine ganze Meisterschaft in der Verkörperung solher vornehmer, ritterlider Naturen entfalten, die noch in vor- gerüdcktem Alter id den Schein der Jugendlichkeit zu geben vermögen, die mit gutmüthiger Liebenswürdigkeit über die eigenen etwas e Geiste8gaben läheln und mit Eleganz und Gutherzigkeit behaglih alle Genüsse des Lebens durhkosten. Daß dieser alte Herr einen Feblgriff „am Spiettil® des Lebens“ thut, indem er eine \schöône junge Frau, die Gräfin Eva, heimführt, bereitet dem Lebentkünstler zwar eine [chwere Stunde, in der er wirklih altert, aber {on der nächste Tag fieht den Grafen getröftet, der von seiner jungen Gattin niemals Liebe, sondern nur Freundschaft und Achtung vor der Ehre seines Namens gefordert hatte. Aus der Vergangenheit konnte also kein Vorwurf gegen die Gattin hergeleitet werden, und für den Grafen lag fein Grund vor, sich gegenwärtig und zukünftig weniger glüdcklih in ihrem Besiß zu fühlen. Herr Haase führte die Nolle des Grafen mit glänzender Beberrschung aller seiner fünstlerishen Mittel dur; besonders gab ihm die Scene, in der er die Vergangenheit seiner Frau kennen lernt, Gelegenheit zu zeigen,

wie unter der äußeren Zurückhaltung die Leidenschaft in seinem Innern tobt und wie unter dem Seelenschmerz der Schein der Jugendlichkeit zusammenbricht. Mit dieser s{auspielerisch bervorragenden Leistung

ist aber auch das Hauptinteresse an der Dichtung ershöpft. Das

Schauspiel bekundet das theatralishe Geshick seines Verfassers, aber

ersonen baben wenig oder nichts ’mit natür- Menschen gemein. Die t Vorgänge nicht nur, sondern au die psycologishe Ent- wicklung der Charaktere if unzulänglih und oft unklar. Neben dem Grafen Stengel fpielt der frühere Geliebte der Gräfin Eva, ein junger, leihtsinniger Offizier Heinz von Rietberg, der foeben eine junge reite Erbin heimgeführt hat, eine Hauptrolle. Zur Lösung aller Konflikte erscheint im leßten Aft ein ehemaliger Kattérad Rietberg's, der inzwischen in Amerika das Leben eines Aben*eurers geführt hat. Herr Prechtler, dér den Heinz von Rietberg spielte, fand Lx mit dieser Rolle nah Maßgabe feiner shauspielerischen Kraft fehr ge\{ickt ab; {seine naive junge Gattin gab Fräulein Niska mit kindlicher Schwärmerei und zeichnete glaubhaft die rührende Vertrauensfeligkeit. Die getäushte Gräfin Eva |pielte Fräulein Reichenbach mit natür- liher Abtônung der Empfindungen und vcrnehm in der Haltung.

die handelnden P

lihen, wirklichen Motivierung der

Konzerte.

Das von der hiesigen Musikwelt mit Spannung erwartete Konzert der ausgezeichneten Klaviervirtuosin Frau Teresa d’Albert Carreño hatte am Sonnabend im Saal der Sing-Akademie ein zablreihes Publikum versammelt. Es ist {wer zu entscheiden, ob man beim Anbören der außerordentlichen Leistungen der Künstlerin dur die Kraft und Energie des Anschlags in der D-moll-Fuge von Bach-Tausig, durch die Tiefe der Auffassung der Beethoven'schen Sonate op. 57 oder dur die Zartheit des Vortrags in Beethoven's G-dur-Rondo und in den fleineren Piècen von Schubert und Chopin mehr zur Bewunderung gezwungen wurde. Die vornehm ruhige Haltung der Konzertgeberin am Klavier und der mäßige Pedal- ebrauch sind noch beidnbers zu loben. Glänzend entfaltete sich ihre

irtuosität, welche jede Schwierigkeit leiht überwindet, in den sym- phonishen Etüden von Schumann und in der E-dur-Polonaise von Liszt, der die liebens8würdige Künstlerin nah stürmischem \ aid l noch die Henselt’she Etüde , Wenn ih ein Vöglein wär“ hinzufügte.

Die aus der Schule des Herrn Dr. Jedliczka bervorgegangene

ianistin Fräulein Agda Lyséll, welche sih schon früher hier hôren iß, gab an demselben ALend im „Römischen Hof* ein Konzert, das die gute Meinung über ihre künstlerishe Begabung bestätigte. Sorgfältig autgebildete Technik und verständnißvolle, tief empfindende Auédrucksweise ließen sich sowohl im Vortrag der Sonate (op. 28) von Beethoven wie in dem im Mendelösfohn’shen Stil ge- \hriebenen Klavier - Quartett von L. Norman (18355) er- fennen. Auch in Piècen von Rubinstein, Chopin und Liszt famen diese Vorzüge trefflich zur Geltung. Die Konzertfängerin n Marie Jewa unterstüßte das Konzert wirksam durch den

ortrag einiger Gefänge von Mozart und Venzano. Außerdem erfreute auch der Königliche Kammermusiker Herr T CUULES, der sich mit feinen Kollegen ens (2

üdemann (Cello) bei dem Quartett mit Erfolg bet noch durch einige wohlgelungene Solovorträge. Künstlern wurde wohlverdienter Beifall zu theil.

beiligt hatte, Sämmtlichen

Im Königlichen Opernhause werden morgen Maëcagni's Cavalleria rusticana“ und Zorg „Waffenshmied" gegeben. Sn Richard Wagner’s „Rienzi*, der am Donnerstag neu einstudiert in Scene geht, befinden sich die Hauptrollen in den Händen des Herrn Sylva und der Damen Goeße und Hiedler. Im Chor der Friedensboten wirken die Damen Herzog, Dietrih, Rothauser, ne Krainz, E Pohl mit. Die neuen Dekorationen: Platz vor dem Lateran, Saal im Kapitol, Straße, das Forum, Straße vor dem Lateran, Halle im Kapitol, Plaß vor dem Kapitol* sind von dem Hosmaltr Professor Brückner in Coburg, die neuen Kostüme nah den

ntwürfen des Professors A. von Heyden angefertigt. Für die Vorstellung sind folgende Preise festgeseßt: Fremdenloge 12 #, Orchesterloge 10 Æ&, 1. Rang und arquet 8 , 11. Rang 5 A, III. Rang 3,50 Æ u. | w. Der Kgl. Kammer- sänger Herr Paul Bulß hat auf einer Konzerttoutnée dur A land mit glänzendem Erfolg in St. Petersburg gefungen. Er beendet morgen seine Kunstreise in Moskau, um alsdann seine Thâtig- keit hier wteder aufzunehmen.

iola) und |

A L die Alten sungen“ mit Frau Schramm als Höfkerin gegeben. / Im Theater Unter den Linden gelangen morgen Mittwoch Millöcker’s Operette See M, Un d L an Ballabile, am Donnerstag und Freitag, „Nanon“, Dperette in 3Y von Genée, zur Auftübeong, 8 ên In dem Kammermusikabend mit Kompositionen von Tschaikowsfi, welchen- Professor Leopold Auer morgen im Sa Bechstein veranstaltet, übernimmt: an Stelle des plößlich erfranft, Herrn Boris Kamensky Herr Carl Markees die zweite Violine,

Mannigfaltiges.

Der unter dem Protektorat Jhrer Majestät der Kaiferin Friedri stehende Verein „Victoriahaus für Krankenpflege“ bielt nan unter dem Vorsiz des Staats-Ministers Dr. Delbrück im néuèn

eichstagêgebäude scine Generalversammlung ab. Die Zahl dex Schwestern des Hauses is im leßten Jahre von 180 auf 200 e stieaen. Dos Arbeitsgebiet hat sih wieder erweitert: neu übernommen wurde die Pflege in dem von der Alters- und Invaliditäts. Versige, rungsanstalt Berlin in Gütergoß eingerichteten Sanatorium. Zeit sind in s\tädtishen Diensten 116 Schwestern (11 mehr als im Vorjahre), 64 wirken im Krankenbayss am Friedrichshain, 40 in dem am Urbkan. In den Universitäts, flinifen waren 8, im Kaiser und Kaiserin Friedrich-Krankenhaus 17 in den Breslauer Universitätékliniken 5, auf sonstigen Stationen 8, jy der Armenpflege 5 Schwestern thätig. 14 Schwestern ftanden für Miotiege, die an 115 Kranken ausgeübt wurde, zur Verfü unp

ie Einnahmen des Vereins beliefen sfich mit Einschluß des Bestandes (22 165 4) auf 152735 #4; verauëgabt wurden 124205 Æ Der bisherige Vorstand wurde wiedergewählt.

Troppau, 17. März. Bei dem (in Nr. 66 d. Bl.) gemeldeten Grubenunglück in tem Hoheneager-Schacht sind, wie dey „W. T. B.“ weiter berichtet wird, im ganzen etwa fünfzig Personen umgekommen. Bis jeßt wurden 43 Leichen geborgen, 6 Arbeiter werden nech vermißt, 11 Scwe1iverwundete befinden fich in Hospital- pflege. Auf A LREs des Erzherzogs Friedri wurden den Wittwen der Opfer der Katastrophe sofort je 1(0Fl. auëgezahlt. Erzherzog Friedri hat ferner angeordnet, daß jeder Wittwe und jeter Waise ausden Mitteln des Bergwerks jährlich ein gleicher Bctrag, wie die aus der Bruderlade zu bewilligende Pension, auêgezahlt wird. Die Beiseßung der Ver- unglüdckten erfolgt ebenfalls auf Kosten ‘des Werks. Der Landet- Prôâsident is} hier eingetroffen und bat den Schacht und die Lichen besichtigt und die Verroundeten befuht. Die Ursache des Unglüds war vermuthlich die Explosion von Dynamitpatronen in der Tasche dez vermißten Patronenmeisters.

tät,

Nach Schluß der Redaktion eiugegangene Depeschen. ¿

Madrid, 18. März. (W. T. B.) Ueber die Veran- lassung zu der Minifsterkrisis wird Folgendes mitgetheilt; Nah dem Militär - Strafgeseßbuch gehören Verleumdungz- vergehen, die von der Presse gegen die Armee begangen werden, vor das Kriegsgericht, während das bürgerliche. Geseh sie vor die Geschworenen verweist. Der oberste Gerichtshof hat sh. pu dieses lehteren Verfahrens ausgesprochen. Als troj-

em der Kriegs-Minister, in Uebereinstimmung mit dem Wunsde

der Offiziere der Garnison, dem Ministerrath den Erlaß einer Verordnung vorschlug, E welche die fraglichen Ver: gehen vem Kriegsgericht überwiej)en werden, bekämpften die meisten der dem bürgerlihen Element angehörenden Minister diese Forderung, und Sagasta erklärte, es sei ihm untkr ften Bedingungen nicht möglich, die Regierung weiter zu ühren. t Der Marschall Martinez Campos hat gestern Abend das Kommando über die Madrider Garnison übernommen.

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten Beilage.)

Wetterbericht vom 18. März 8 Ubr Morgens.

Theater- Anzeigen.

Neues Theater. Dienstag: Liebe von Heut.

Schiffbauerdamm 4a. /5.

aus dem Wiener Wald“, Walzer v. Strauß. „Wald

Volkssaäuspiel in teufeleien“, Potpourri v. Waldteufel. Fantasie

Im Königlihen Shauspielha use wird morgen dos “e

Stationen. |

Bar. auf0Gr. u. d. Meeres\p. red. in Millim.

S

Belmullet .. | 766 Aberdeen .. | 765 Christianfund | 759 Kopenhagen . | 762 Stodckholm . | 756 randa . | 745

t Petersbg. | 746

Moskau ... | 755

[WNW [WNW

49R,

Wind. Wetter.

in 9 Celsius

5°C.

SW WSW

bedet heiter Schnee wolkenlos wolkenlos heiter bedeckt bedeckt

WNW NNW

b D H i C30 D R O Ci D

Cork, Queens-

U ¿s Cherbourg . | 765 769

E eel O0 mburg .. 767 winemünde | 764 Neufahrwasser| 759 Memel 754

769

halb bed. | wolkenlos Nebel

wolkenlos wolkig!) | bededckdt

767 766 768 768 767 768 766 767 764

I S i B hi pk j C C He DO t b D

wolkenl.3) |— halb bed. 3|bedeckt

2 bedet 3/bedeckt

E 767

a Neblig. 2) Reif. Uebersicht

3,wolfkenlos 1\wolkenlos 1\wolkenlos |

3) Neblig. der Witterung.

O! f | f f I C0 P pi A DO R RO S DO D A s S S

Ein tiefes barometrisches Minimum von etwa 740 mm liegt über Lappland, gegenüber einem um- fangreichen Hocbdruckgebiet, welches fast die ganze Südwesthälfte Europas überdeckt. Dementsprehend wehen über dem Nord- und Ostseegebiete ziemlich

[lebhafte , Winde. rubig,

meist

In

westliche : __ Deutschland ift im Often vorwiegend trübe und ziemlih

und nordwestliche

das Wetter

mild, im Westen heiter und falt; meßbare Nieder-

{läge werden nicht gemeldet. Im

nnern Franfk-

reihs, größtentheils auch in Süddeutschland, herrscht

leihter Froft. Neues, ziemlich starkes

Fallen des

Barometers zeigt sh im Nordwesten der Britischen

nseln,

und dementspre{end dürfte für

unsere

genden mildes Wetter zu erwarten sein.

Deutsche Seewarte.

Königliche Schauspiele, Dienstag: Opern-

haus. 70. Vorstellung. Cavalleria rusti- cana (Bauern-Ehre.) Over in 1 Aufzug oon Dro Mascagni. Text nach dem gleihaamigen zolksftück von G. Verga. In Scene geseßt vom Ober-Regisseur Teßlaff. Dirigent: Kapellmeister Wegener. Der Waffenschmied. Komische Oper in 3 Akten von Albert Lorßing. Dirigent : Musikdirektor Wegener. Anfang 7 Uhr.

Schauspielhaus. 76. Vorstellung. Wie die Alten sungen. Lustspiel in 4 Tue von Karl Nie- mann. In Scene geseßt vom Öber-Regisseur Max Grube. Anfang 7# Uhr.

Mittrooch : Opernhaus. 71. Vorstellung. Hänsel und Gretel. Müärchenspiel in 3 Bildern von Engelbert Humperdinck. Text von Adelheid Wette. Die Puppeufee. Pantomimisches Ballel- Divertifsement von Haßreiter und Gaul. Musik von Josef Bayer. Anfana 7# Uhr.

Schauspielhaus. 77. Vorstellung. Faust von Wolfgang von Goethe. Der Tragödie erster Theil. Die zur Handlung gehörende ufik von Anton Fürsten Radziwill und von Peter Joseph von Lind- painter. Anfang 7 Uhr.

Deutsches Theater. Dienstag: Drohnen. Dann: Blan. Anfäng 7} Ubr.

Mittwoch: Der Talismanu.

Donnerstag: Weh dem, der lügt!

Berliner Theater. chouder. Anfang 74 Uhr.

Mittwoch: Madame Saus-Gêne.

Donnerstag: Der Hypoöchouder.

Lessing-Theater. Dienstag: Gastspiel von Fe: ose. Am Spieltisch des Lebens. Anfang T

Mittwoh: Gastspiel von Fr. Haase. Der C De Î A d mg Mae.

onnerstag : von Fr. l- tisch des Lebens. T N 2 E

Friedrih - Wilhelmstädtishes Theater. | Chaufseeftraße 25/26.

Dienstag: Der Obersteiger. Lte Cho e E r 8 eller. le: k : Fapcmetier Baldreich. Ermäßigle Preise der Pläße

nfan L. Mittwoch: Der Öbersteiger.

Dienstag: Der Hypo-

von

Operette in |

4 Akten von Robert Misch. Vorher: Unsere Bakfische. Schwank in 1 Akt. Anfang 7F Ubr.

Mittwoh: Hans der Träumer. Lustspiel in 3 Akten von Hermann Faber.

Refidenz - Theater. Blumenftraße Nr, 9. Direktion: Sigmund Lautenburg. Dienstag: Fer- nand’s Ehcfkontraft. (Fil à la patto.) Schwank in 3 Akten von Georges Feydeau, in deutsher Be- arbeitung von Benno Jacobfon. Anfang 7F Uhr.

Z qu und folgende Tage: Fernaud’s Ehe- ontraft.

Theater Unter den Linden. Bebrenstr. 55/57. Direktion“ Julius Frißsck{e. Dienstag: Der Probekuß. Operette in 3 Akten von Hugo Witt- mann und Julius Bauer. Musik von Carl Millôcker. In Scene geseßzt von Julius Fritsche. Dirigent : Herr Kapellmeister Federmann. Hierauf : Grand Ballabile, ausgeführt vom ganzen Ballet-

personal. Anfang R Ubr. Mittwoh: Der Probekufß.

Bentral-Theater. Alie Jakobfiraße Nr. 30.

Direktion : Richard SHulg. Emil Thomas a. G.

Dienstag: Zum 32. Male: Novität! Unsere

Rentiers. Große Posse mit Gesang und Tanz in

4 Akten von Wilhelm Mannstädt und Julius Freund.

Musik von Julius Einödshofer. In Scene gesept r.

d Schul. Anfano 7} U Mittwoch: Zum 33, Male: Unsere Reutiers.

vom Direktor Richar

Adolph Érnst-Theater. Dienstag : Auf- treten der ersten Pirouette- und Courbette-Tänzerin Englands Miß Rose Batchelor vom Prince of Wales- Theater in London. Zum vorleßten Male: Ein fideles Corps. toe Gesangsvosse mit Tanz. Nach dem englischen Original „A Gaiety Girl“ von Jonas Sidney frei bearbeitet von Eduard Jacobson und Jean Kren. Vorher: Gesindeball. Schwank in 1 Aft von Ed. Jacobson und Jean Kren. Anfang 7# Ubr.

Mittwoch: Zum leßten Male: Dieselbe Vorstellung.

Sonnabend, den 23. März: Zum ersten Male: Madame Suzette. Vaudeville in 3 Akten von Ordonneau. usik von Edmond Audran. (Novität.)

Konzerte.

Konzert-Haus. Dienstag: Karl Meyder- Konzert. Ouv. „Marco Spada“, Auber. „Maxi- milian Robeépierre*, Litolf}. „Preciosa“, Weber. Phantasie a. „Lobengrin“ v. Wagner. „Geschichtén

caprice f. d. Violine v. Vieurtemps (Herr Carnier), „Singvögelchen a. d. thür. Wald“ f. Piston v. Hoh (Herr Werner).

S E E T L G E E R R K E E L C E Familien-Nachrichten. [76175]

Statt jeder besonderen Mittheiluug. Heute Morgen entshlief sanft und rubig j Bankdirektor Christian Jörgcusen in einem Alter von 58 Jahren. Ponvor url den 15. März 1895. onderburger Bauk. Der stellvertretende Direktor : F. N. Möller.

Verlobt: Frl. Else Senstleben mit Hn. Ferentheil und Gruppenbetz.

Lieutenant Friy von ate -— Frl Alïce von Rathenow mit §m- Botschafts-Rath z. D. von Muyenbecher (Stabe wiß). p Olguita Quaet-faslem mit Hn. Lieutenant Georg Oberdieck (Hannover). Geboren: Ein Sohn: Hrn. Hans Heinri v! Scheliba (Jeshüt). Hen. Hauptmann der Re|. von Woedtke (Breitenberg). L Gestorben: Fr. Oberst Elise von Thümen, get, Wai (Meran und Görliß). Hr. Lieutenant a, D., Geheimer Kämmerer Seiner Heiligkeit d apstes Alphons Graf Ballestrem (Luzern). r. General-Moajor z. D. Arthur von Ls erg und Proschliy (Berlin). Hr. Gener" Lieutenant z. D. Feodor von Winckler auf Oker und Nieder-Stübendorf i. Schl. Hr. Ober-Lande erihts-Rath, Geheimer Justiz-Rath von Dare (Breslau). Verw. Fr. Staatsrath, Profe Z von Flor, geb. Proy (Breslau). Hr. Maj® a. D. Hermann Genten (Königsberg î. Pr.). m fr. Adele Gräfin von Shmettow, geb. ? Sas Berlin). ‘— Hr: Geheimer Regierun ath Wilhelm von meE (Berlin). —reibet Kammerherr, Rittmeister z. D. Theodor F von Rochow auf Strauch und Merzdorf. tiber Anna von Eschwege, geb. von Roemer (R ch sahsen}). Fr. Gräfin Hedwig Strahwiß- # Gräfin Matuschka (Breélau).

Verantwortlicher Redakteur: Siemenr oth in Berlin. Verlag der Expedition (Scholz) in B erlin Druck dex Norddeutschen Buchdruckerei und 7. Anstalt, Berlin SW., Wilhelmstraße Nr. Acht Beilagen

(einschließlid Börsen-Beilage). (8

zum Deutschen Reichs-Anz u 67.

Deutscher Reichstag. 62. Sißung vom Sonnabend, 16. März.

Ueber den Beginn der Sißung ist bereits vorgestern be- richtet worden. | !

Die Berathung des Post-Etats wird bei den außer- ordentlichen Ausgaben fortgeseßt.

Die am Sonnabend {hon kurz erwähnte Antwort des Staatssekretärs des Reichs-Postamts Dr. von Stephan auf die Ausführungen des Abg. Grafen Schlieffen-Schlieffen- herg (d. fons.), der eine Berücksichtigung der heimischen Arbeiter. bei den Postbauten empfahl, hatte folgenden

tlaut: z s freue mi, aussprechen zu können, daß die Anregungen, die der gechrte Herr Vorredner hier gegeben hat, \fich vollkommen decken mit den eigenen Wünschen der Verwaltung. Die Postverwaltung ¡s überall davon auêgegangen, möglichf| das lokale Handwerk bei ihren Bauten zu begünstigen. Es sind nah der Richtung hin verschiedene Vorschriften erlassen worden, und wir haben von vielen Seiten an- erkennende Zuschriften und Dankesbezeugungen empfangen für diese Bestrebungen , welhe die nüßlihsten Früchte ergeben haben nicht allein für den Wohlstand und den augenblicklichen Verdienst der Handwerker, sondern auch für ihre Ausbildung, Gewöhnung an bessere, feinere Arbeit, Anschaffung von besserem Handwerkszeug und besseren Gehilfen. Ih kann alfo nur bestätigen, daß es uns seh? freuen wird, auch bei dem Bau in Güstrow auf diese Verhältnisse Rüdsiht zu nehmen, und daß da nichts entgegensteht, der Ober- Postdirektion in Güstrow noch besonders zu empfehlen, diesen Gesichtépunkt zu berücksihtigen. Das stimmt ganz mit unseren An- scauungen überein. (Bravo !)

Die Forderung von 233 300 M (1. Rate) zur Herstellung eines neuen Dienstgebäudes in C E A beantragt der Abg. Dr. Lingens (Zentr.) an die udgetkommission zurück-

zuverweisen. ; / : Referent Abg. Möller (nl.): Die Budgetkommission hat keinen

} Anstand genommen, die Setten zu bewilligen. Jnzwischen sind aus

Magdeburg verschiedene Petitionen eingegangen, welhe um die Ab- lehnung der vorgelegten Baupläne bitten, weil bei der Ausführung derselben ein in kunsthistorisher Beziehung höchst interessanter Bau, das Roh'sche Haus, dem neuen Postgebäude zum Opfer fallen müfse.

Abg. Dr. Freiherr von Heereman (Zentr.): Von fah- und funstverftändiger Seite ist mir die Angelegenheit in einer Weise dar- estellt worden, welche die Wünsche der Petenten als berechtigt er: Meinen läßt. Bei der Durchführung der jeßigen -Baupläne müßte ein schônes, alterthümlihes Haus niedèrgerissen werden. Die Kon- fervierung der Denkmäler der Baukunst früherer Jahrhunderte ift eine heiklle Frage, und häufig geräth das Verkehrsinteresse mit dem Vunshe, diese Denkmäler zu erhalten, in Widerspruh. Jm vor- liegenden Fall ist aber jedenfalls eine erneute Prüfung angezeigt; ih werde deshalb für den Antrag Lingens stimmen.

Staatssekretär des Reichs-Postamts Dr. von Stephan

Meine Herren! Die Angelegenheit is, nachdem der Antrag des Hern Abg. De. Lingens gestellt ist, lediglih eine Sache des Geschäfts- gangé des Hauses, in den wir uns grundsäßlich niht mischen. Was id sagen will, soll auch nur zur Abkürzung .der Diskussion dienen. Da ist nämlich das, daß von unserer Seite kein Bedenken dagegen besteht, diese Angelegenheit in die Budgetkommission zurückzuverweisen, und daß wir dort bereit sind, in eine volle Diskussion und meritorische Erwägung aller der Gründe für und wider einzutreten, damit wir dann dem hohen Hause einen nah jeder Seite geprüften Vorschlag zu unterbreiten im stande find.

Abg. Klees (Soz.): Wir bestreiten die Nothwendigkeit des Reu- baues niht, aber das Haus, das niedergerifsen werden joll, hat einen hohen künstlerishen und historishen Werth. Au wir haben Sinn für Kunst und Schönheit und theilen durhaus niht den Standpunkt des Abg. Schmidt-Warburg, der einen Kasernenstil in die Postbauten einführen will. Allerdings darf der Kunst- und Schönheitssinn nicht befriedigt werden auf Kosten der Beamten und des Verkehrs. Wir werden für die Zurückverweisung an die Kommission stimmen, weil wir hoffen, daß das alte historishe Haus doch noch erhalten bleiben könne. Jch bin überzeugt, daß sih andere Grundstükskomplexe finden asen die für den Verkehr noch günstiger liegen, als das in Rede

ende.

Abg. Shmidt- Sachsen (Soz.): Ih für meine Person bin gegen die Rückverweisung an die Kommission. Ein neues Postgebäude ist in Magdeburg so dringend nöthig, daß auf keinen Fall eine Ver- ¿ogerung eintreten darf.

Die Position wird darauf an die Budgetkommission zurückverwiesen.

Bei dem Titel : zur Herstellung eines Dienstgebäudes in Oels, bemängelt Abg. Schmidt-Warburg abermals die Höhe der für Steinmegarheiten veranschlagten Summe.

Der Titel wird bewilligt.

Der Antrag der Kommission: die erste Rate für die Sie elung eines neuen Dienstgebäudes in Schwiebus in Höhe von 62000 M zu streichen, weil das Bedürfniß für ein neues Gebäude nicht dringend sei, wird angenommen.

Zur Erwerbung eines Bauplates für die Hering eines neuen Dienstgebäudes in Meß wird als erste Rate die Summe von 310 800 M verlangt. : / di Die Kommission beantragt, die Position zu fien, weil V, Summe für den Bauplaß zu hoh sei und sich gegen die a e dieses Plaßes ein Sturm von Petitionen er- abe.

Wi evollmätigter zum Bundesrath, Direktor im Reichspostamt, d irlliher Geheimer Rath Dr. Fischer: Alle Pläye, auf die in dd Budgetkommission verwiesen wurde, haben sich als ungeeignet : Mee nell. Es war überhaupt kein Bauplatß unter 1F bis da illionen Mark zu erhalten. Der ganze Widerstand kommt bloß er, daß die Deutschen in Mey das ihnen lieb gewordene Kasino

A na niht missen wollen. : ai v6g, Dr. Lieber (Zentr.): Ich bedauere, daß nah den ein- Verwalt Erörterungen in der Budgetkommission die Neichs-Post- tung hier nochmals den Versuch macht, die Forderung zu Die Gründe, welche der Direktor Dr. Fischer dafür an efühtt l sämmtlih auch in der Budgetkommission vorgebraht und verivalt. niht durchschlagend bezeihnet worden. Die Reichs-Post- ihr H ung sollte national genug gesinnt sein, den Deutschen in Mey im zu erhalten; wir hier im Reichstag werden diesen

Erste Beilage

Berlin, Montag, den 18. März

Men Gesichtspunkt niht vernachläfsigen und gegen die Forderung mmen.

Der Antrag der . Budgetkommission wird darauf an- genommen.

Bei dem Einnahme-Kapitel hat die Budgetkommission den Antrag gestellt: Die Einnahmen aus Porto- und Tele LaN ge Eren um 1 830 000 M höher anzuseßen.

eferent Abg. Möllet(nl.): Nah dem Durchschnitt der Einnahmen der leßten drei Jahre rechtfertigte sih eine Erhöhung des Voranschlags der Einnahmen um etwa 1} Millionen Mark. Der Budgetkommission lagen aber auch die Einnahmezahlen aus den leßten Monaten, inkl. Januar d. J., vor, und diese find so, daß eine weitergehende Er: böbung angezeigt war, und zwar um 1830000 « In dr Budget- kommission wurde von einer Seite gewünscht, die Summe noch höher zu greifen, aber die Mehrheit der Kommission war der Ansicht, raf eine möglichst vorsihtige Shätzung geboten sei, und man einigte si auf die Summe von 1 830 000 i

Der Antrag der Kommission wird angenommen.

Die Kommission beantragt ferner eine Resolution dahin,

daß in Zukunft bei der Aufstellung der Einnahmen die Einnahmen aus dem Fern- sprehverkehr im Etat getrennt aufgeführt werden.

Abg. Dr. ller-Sagan (fr. Volksp.) beantragt:

den Reichskanzler zu ersuchen, jährlih bei Aufstellung des Etats in den Erläuterungen zu Titel 1 der Einnahmen des Reihs-Post- Etats nachzuweisen, wie sich in der vorhergehenden Zeit die Ein- nahmen 1) - aus Porto, 2) aus Telegraphengebühren, 3) aus Telephongebühren gestellt haben.

Referent A Möller: In der Budgetkommission hat die Reichs-Postverwaltung erklärt, daß es unmöglich sei, im Etat eine ge- naue Trennung der Einnahmen aus den Haupteinnahmequellen dutW- zuführen. Bezüglih der Einnahmen aus Porto und Telegraphèn- gebühren hat die Budgetkommission in ihrer Mehrheit dieser Ansicht zugestimmt; indessen hielt sie es wohl für mögli, die Einnahmen aus dem Fernfprechverkehr getrennt aufzuführen, und dementsprehend hat sie die vorliegende Resolution beantragt.

Abg. Dr. Müller-Sagan (fr. Volksp.): Die Ausführungen der Vertreter des Reichs-Postamts in der Budgetkommission sind für mich niht überzeugend gewesen. Jch halte es für dringend geboten, daß die Hauptposten der Einnahmen getrennt aufgeführt werden wenn niht im Etat selbst, so doch in einer Erläuterung zu demselben.

Staatssekretär des Reichs-Postamts Dr. von Stephan:

Meine Herren! Nur zu einer kurzen Erklärung! Jch glaube, es wird keinen besonderen Bedenken unterliegen, wenn der Herr Ab- geordnete niht auf genaue Zablen Werth legt; die können wir ihm nicht geben, weil die Telegramme zum theil mit Freimarken frankiert werden. Aber approximative Zahlen, die sh der Wirklichkeit nähern, können wir angeben. i;

Abz. Dr. Hammacher (nl.): Der Antrag der Kommission geht auf eine Trennung der Einnahmeposten im Etat selbst, während der Antrag Müller nur eine solchè' Trennung in der Erläuterung zum Etat verlangt. Nach dieser Klar tellung und nah der Erklärung des Staatssekretärs mache ih daher den Vorschlag, von dem Antrag der Budgetkommission Abstand zu nehmen und uns auf den Antrag Müller zu vereinigen.

Der Antrag Müller wird darauf angenommen, wodur der Antrag der Budgetkommission erledigt ist. :

Dem Antrage der Budgetkommission: statt der im Etat eingestellten Summe von 681 210 als Erlós für verkaufte Grundstücke u. \. w. die Summe von 680734 # zu seßen, stimmt das Haus ohne Debatte zu.

Damit ist der Etat der Post- und Telegraphenverwaltun bis auf die an die Budgetkommission zurückzuverweisenden Tite erledigt.

Inzwischen ist folgender, von Mitgliedern aller Fraktionen unterzeihneter \{chleuniger Antrag eingegangen :

1) den Abg. Spahn zu ermächtigen, in Verhinderung des Ce von Leveßow den leßteren in der Führung des Präsidiums ür die Zeit der Behinderung der Herren Vize-Präsidenten Freiherrn von Buol - Berenbèrg und Dr. Bürklin zu vertreten; 2) än den Abg. Spahn die Bitte um Annahme dieser Vertretung zu richten.

räsident von Levegow bemerkt, der Antrag könne, da er nicht geshäftsordnungs8gemäß sei, nur zur Abstimmung gebraht werden, wenn niemand im Hause widerspreche.

Der Antrag wird einstimmig angenommen.

Präsident von Leveßow dankt dem Hause für die Erleichterung feiner Geschäftsführung und richtet an den Abg. Spahn die“ Aifräge, ob er das ihm übertragene Amt annehme.

Abg. Spahn (Zentr.) erklärt sih dazu bereit.

Das Haus geht sodann zur Bexathung des Etats der

Reichsdruckerei über. fritifiert die Behandlung der

Ábg. Herbert (Soz.) i ( Arbeiter in der Neichtdrukerei. Die Arbeiter seien überlastet, ohne jede Beschäftigung seien.

während zahlreihe Aufseher fast [ Auch die Entlassungen von Arbeitern geben zu zahlreihen Beschwerden Anlaß. Ein Arbeiter, der {hon zwanzig Jahre in der Meichs- druckerei thätig war, sei troßdem entlassen worden. Wie shwer müßte es einem solhen Manne werden, neue Arbeit zu finden; denn man fei nur zu leicht geneigt, wenn jemand nah zwanzig Jahren aus seiner Arbeit in der Reichsdruckerei entlassen werde, zu glauben, es müßte etwas schr Schlimmes vorgefallen sein. Auch besteht die Be- stimmung, nur unverschuldete, gesunde Arbeiter in der eichsdruckerei zu beschäftigen. Die Beschäftigung der Seer führe aber häufig zu Lungenkrankheiten und der frank gewordene Arbeiter würde dann gemäß der Arbeitsordnung entlassen. ; E Bevollmächtigter zum Bundesrath, Direktor im Reichs-Postamt, Wirklicher Geheimer Rath Dr. Fi scher: In der Kommission ist von sozialdemokratischer Seite mit keinem Worte darauf hingewiesen worden, daß von seiten“ des Arbeiterpersonals der Reichsdruckerei über Uebel- stände geklagt werde. Jch bin darum nicht darauf gefaßt gewesen, daß hier einzelne Beshwerden heute zur Sprache gebraht werden würden, und ih fann deshalb auch nicht auf die einzelnen Fälle eingehen. Die Beamten der Reichsdruckerei muß ih aber auf das nahdrücklichste egen die heute erhobenen Beschwerden in Mus nehmen. je Reichsdruckerei ist eine gewerblihe Musteranstalt. Der Vorredner, der die Räume in der Reichsdruckerei mit Kasernen und Selbnquisen verglihen hat, i E _noch niemals in diesen Räumen gewesen. Von unerträglihen Mißständen kann man auf keinen Fall reden. Ich konstatiere ferner, pes in unserem Per- sonal von 1800 Arbeitern und Arbeiterinnen Entlassungen außerordent» lih selten vorkommen und daß die Arbeitsordnung erlassen ist nah Anhörung des Arbeiterausshusses. Es giebt keine Druckerei in Deutsch- land, in der die Arbeiter fo lange hintereinander beschäftigt sind, wie in der Reichsdruckerei. Jch hoffe, daß die Rede des Abg. Herbert ibren Zweck, Unzufriedenheit unter den Arbeitern der Reichsdrukerei zu erregen, niht erreihen wird.

eiger und Königlich Preußischen Staats-Anzeiger.

1895.

Abg. Herbert (Soz.) weist darauf hin, daß infolge der Erfahrung nfit dem Besckwerdewege die Arbeiter mit ihren Klagen \sich nit direkt an die Verwaltung wenden. :

Der Etat der Reichsdruckerei wird genehmigt.

Es folgt demnächst die Berathung des Etats für das

Auswärtige Amt.

Abg. Dr. Hasse (nl.): Die Veröffentlihung eines Aktenstücks8 über die Zustände in Venezuela im italienishen Grünbuche hat bekanntlich zu einem Konflikt zwishen Frankreich und Belgien einer- seits und Venezuela andererseits geführt. Da für uns große wirth- \haftlihe Interessen in Venezuela auf dem Spiele stehen, wäre es er- wünscht, wenn wir hier Mittheilung darüber bekämen, ob und in welhem Maße der Vertreter des Deutschen Reichs in jenen Konflikt mit hineingezogen worden ift.

Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats-Minister Freiherr von Marschall:

Die Sachlage, auf die \ich die Anfrage des Herrn Vorredners bezieht, ist folgende. Im Frühjahr 1893 sind die Vertreter von Deutschland, Spanien, Frankreich und Belgien in Caracas zusammen- getreten, um sich darüber \{lüssig zu machen, auf welchem Wege am wirksamsten die Reklamationen verschiedener europäischer Staaten aus Anlaß des vorhergegangenen Bürgerkrieges in Venezuela zur Geltung gebracht werden könnten. Es war das ein Schritt, den die vier Vertreter aus eigenster Jnitiative unternahmen, und sie legten in einem Protokoll vom 8. April 1893 ihre Ansichten nieder, die dahin gingen, daß im Wege der einzelnen Reklamationen ein Ergebniß niht zu erreichen sei, daß es wünschenswerth sei, daß die vier Staaten gemeinsam bei der Regierung von Venezuela vorstellig würden.

Dieses Dokument, das lediglich zur Information der betreffenden einheimischen Regierungen bestimmt war, übt eine sehr scharfe Kritik an dem Verhalten der venezuelishen Regierung und ist in Ausdrücken abgefaßt, die selbstverständlih niht gebraucht worden wären, wenn es sich um ein für die Oeffentlichkeit bestimmtes Aktenstück gehandelt hätte. Von diesem Aktenstück ist auh dem dortigen italienishen Ver- treter Kenntniß gegeben worden, und offenbar durch ein Versehen ift dieses von den vier Vertretern unterschriebene Aktenstück in das vor einigen Wochen veröffentlichte italienishe Grünbuh gelangt. Die Kenntniß von dem Inhalt dieses Schriftstücks hat nun bei der Be- völkerung von Venezuela eine sehr große Erregung hervorgerufen, und nach den telegraphishen Mittheilungen, die ih habe, glaubte die dortige Regierung kein anderes Mittel zu haben, um die dortige Erregung zu besänftigen, als dem französishen und belgishen Ver- treter, die dort noch anwesend sind und diese Schriftstücke unter- schrieben hatten, ihre Pässe zu ertheilen. Das hat die franzöfische Regierung inzwishen damit erwidert, daß sie dem Vertreter von Venezuela in Paris seine Pässe zugestellt hat.

Das ist das, was ih von dem ganzen Sachverhalt aus Mit- theilungen unseres Vertreters in Caracas weiß.

Wenn in der Presse davon die Rede war, daß die Abreise unseres früheren Minister-Residenten in Caracas mit diesen Vor- gängen in Beziehung stehe, so ist das niht zutreffend. Der frühere Minister-Resident Graf Kleist hat {on im Mai des vorigen Jahres Caracas im Urlaub verlassen, also viele Monate vor der Veröffentlihung des Grünbuhs. Seitdem is ein Geschäftsträger in Caracas geblieben und in keiner Weise behelligt worden. Jch habe bisher feinen Grund anzunehmen, daß die deutshe Regierung irgend- wie einen Anlaß zum Eingreifen finden werde.

Ich hoffe, daß ih damit die Anfrage des Herrn Vorredners in genügender Weise beantwortet habe.

Abg. Sh midt - Warburg (Zentr.): Ih möchte den Staats- sekretär fragen, welhe Schritte das Auswärtige Amt gethan hat, um den deutschen Gläubigern Griechenlands zu ihrem Recht zu ver- helfen. Jch selbst besitze keine auswärtigen Werthpapiere, ih habe aber zahlreiche Zuschriften aus meinèm Wahlkreise erhälten, daß die deutshen Gläubiger über alles Maß von Griechenland aus- gebeutet worden. Den erregten Lon des Schreibens des Sc{hutcomités für die deutshen Gläubiger Griechenlands an das Auswärtige Amt will ih nicht billigen, es is aber doch viel Wahres darin. Es wird wohl wahr sein, däß Griechenland seine inländischen Gläubiger voll befriedigt, die ausländishen aber um 70 %/% herunteï- drückt. Viele arme Leute, auch Wittwen, haben ihr Geld in

riehischen Papieren des höheren Zinsfußes wegen angelegt. Die Prospekte an der Börse versprehen leider viel Schônes, ohne daß es gehalten wird.

Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats-Minister Freiherr von Marschall:

Ich will sehr gern die Frage des Herrn Vorredners : welhe Maß- nahmen das Auswärtige Amt zum Schuße der nothleidenden Gläu- biger des griehischen Staats unternommen hat, sofort beantworten. Es ift ja leider nicht der erste Fall, ih fürchte, es wird auch nit der leßte sein; denn nicht alle sind so vorsichtig, wie der geehrte Herr Vorredner (Heiterkeit), nicht alles zu glauben, was in dem gedruckten Prospektus bei der Ausgabe von neuen Anleihen steht. Das Aus- wärtige Amt ist auch in dieser Frage von dem Grundsay ausgegangen, daß, wenn Deutshe im erheblihen Umfang ihr Geld in fremden Staatsfonds anlegen und diese leßteren nothleiden, es dann in erster Reihe Sache der Gläubiger selbst ift, ihre Interessen wahr- zunehmen, Comités zu bilden, eventuell mit den Comités anderer Staaten s\ih zu verbinden und mit dem s{uldenden Staat eine billige Verständigung anzubahnen, und daß die Aufgabe der diesseitigen Regierung vornehmlih darin liegt, diesen Interessen in wirksamer Weise den- jenigen Shuy und diejenige Unterstüßung angedeihen zu lassen, auf welche jeder Deutshe Arspruch hat, der im Auslande Recht fut. Welche diplomatischen Mittel dabei anzuwenden find, wie weit man in der Pression auf den anderen Staat gehen will, hängt wesentli von der Natur des einzelnen Falles ab, und ich kann mir denken, daß die Aktion dann eine etwas s{härfere Gestalt gewinnen muß, wenn der Rechtsbruch ein besonders {werer war und in besonders flagranter Weise die Grundsäße von Recht und Billigkeit und von Treu und Glauben verleßt worden sind. Auf+der anderen Seite kann ih aber nicht anerkennen, daß derjenige, welcher fein Geld in ausländischen Staats- fonds angelegt hat, weil er das Vertrauen hegt, daß der auswärtige Staat ihm einen höheren Zinsgenuß dauernd leisten könne, als der inländische das zu