1895 / 67 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 18 Mar 1895 18:00:01 GMT) scan diff

hun vermag, damit nun ohne weiteres für die Gesammtheit seiner Mitbürger die Verpflichtung haft, wenn dieses Vertrauen getäuscht wird, mit allgemeinen Mitteln einzutreten und die Giebigkeit dieser Forderungen zu sichern. Das würde den Kreis unserer Verpflichtungen in einer Weise erweitern, die ich kaum mit dem Gesammt- interesse verträglich erahten könnte. Es sind in den Jahren 1881 bis 1889 im ganzen griehische Anleihen emittiert worden im Betrage von etwa 485 Millionen Mark, und von diesen befinden si nah einer ziemlich genauen Schäßung zur Zeit noch etwas über 200 Millionen Mark in den Händen von deutshen Staatsangehörigen. Für einen sehr erheblichen Theil dieses Betrages, nämlih 360 Millionen Mark, sind seiner Zeit bei der Emission der Dar- lehen seitens der griehischen Regierung gewisse staatlihe Einkünfte, Hypotheken, Zölle, Steuern ausdrücklich verpfändet worden.

íIm Dezember 1893 hat nun das damalige griechische Ministerium den Kammern einen Gesetzentwurf unterbreitet, in welhem unter der Begründung, daß Griechenland seine Verpflichtungen nicht mehr" zu erfüllen vermöge, den Kammern angesonnen wird, zu beschließen , daß fortan die Inhaber auswärtiger Titres nur noch 3099/9 der ihnen ge- \{huldeten Zinsquoten erhalten und die verpfändeten Einkünfte in die Staatskasse fließen sollen. Sofort nah dem Erscheinen dieses Gesetzentwurfs hat der deutshe Gesandte in Athen diesseits den Auftrag erhalten, mündlich gegen diefen Geseßentwurf als einen s{chweren Rechtsbruch zu protestieren; das Gleiche hat der französishe Gesandte gethan. Troßdem ist der Geseß- entwurf von den griehischen Kammern angenommen worden und hat demnächst auch die Sanktion der Krone gefunden. Es ist zu- treffend, was der Herr Vorredner ausführte, daß die einheimischen Gläubiger günstiger behandelt werden nah diesem Gesetzentwurf als die auswärtigen; sie erhalten den vollen Betrag ihrer Zinsen, aber allerdings nicht in Gold, fondern in Papier, sodaß sie zur Zeit auch niht sehr viel besser gestellt sind als die auswärtigen Gläubiger. Nachdem der Entwurf Geseß geworden war, hat der deutshe Gesandte in Athen den Auftrag erhalten, eine \chriftliche Protestnote an die griehishe Regierung zu rihten des Inhalts, daß dieser Gesetzentwurf einen Bruch feierliher Zusicherungen enthalte und deshalb für deutshe Staatsangehörige eine rechtliche Wirkung niht auszuüben vermöge.

öInzwischen haben sih sowohl in Deutschland wie in Frankreich und England Comités der Gläubiger gebildet; dieselben haben unter steter Fühlung mit der betreffenden Regierung berathen und im Sommer vorigen Jahres Delegirte nah Athen zu dem Zweck ernannt, um mit der griechishen Regierung eine Verständigung anzubahnen. Diese Verständigung ist gescheitert, obgleich die aus- wärtigen Gläubiger bis an die Grenze der Möglichkeit den Wünschen der griehishen Regierung entgegenkamen ; fie waren bereit, sih einen sehr erheblihen Abzug an den Zinsen gefallen zu lassen, sie bestanden nur darauf, daß der Uebershuß der verpfändeten Anlehen proportional so vertheilt werde, daß die Hälfte davon in die griehishe Staatskasse fließe, die andere Hälfte dagegen zur allmählihen Aufbesserung ihres Zinsgenusses und zur Amortisation verwendet werde. Gerade an dieser meines Erachtens durchaus billigen und gerechten Forderung der proportionalen Vertheilung des Ueberschusses der verpfändeten Einnahmen i} die Verständigung gescheitert, weil das damalige griehische Ministerium mit Entschiedenheit diese Forderung ablehnte und darauf bestand, daß jährlich nur 19% zu der betreffenden Zinsquote zuwahse und von diesem 19%/9 4/5 zur Amortisation und nur 1/5% zu Gunsten der Vermehrung des Zins- genusses verwendet werde. Diese Vorschläge der griechischen Regierung sind im Oktober vorigen Jahres durch die Ver- sammlung aller Comités in Paris verworfen worden ; demnächst hat die deutshe Regierung sih sowohl mit der französishen wie mit der englishen Regierung in Verbindung geseßt, um eine gemeinsame démarche in Athen zu Gunsten der nothleidenden Gläubiger ein- treten zu lassen. Es ist auch eine Verständigung erreiht, und im Dezember vorigen Jahres von seiten des englischen, des französischen und des deutschen Vertreters in Athen eine identishe Note an das griehishe Ministerium mit dem Verlangen gerihtet worden, es möge die griehishe Regierung fofort vie Verhandlungen mit den auswär- tigen Gläubigern auf Grund der leßten, von den Gläubigern gemachten Vorschläge wieder aufnehmen. Diese Note hat das damalige griehis{he Ministerium ablehnend beantwortet und zwar unter Gründen, die ih in keiner Weise für \tihhaltig erahten kann. Kurze Zeit darauf fiel das griechische Ministerium Trikupis, es kam ein anderes an seine Stelle; wir haben sofort wiederum Versuche gemacht, bei dem neuen Ministerium ein besseres Resultat zu erzielen. Bis jetzt ohne Erfolge und zwar wesentlich aus dem Grunde, weil das gegen- wärtige griehische Ministerium sich selbs lediglich als ein proviso- rishes Geshäfts-Ministerium betrahtet und unter Hinweis auf die im nächsten Monat tattfindenden Wahlen die Ansicht kundgiebt, daß entsheidende Schritte seinerseits überhaupt nit unternommen werden fönnten, und daß man die Bildung eines neuen parlamentarischen Ministeriums abwarten müßte.

Das ift der gegenwärtige Stand der Verhandlungen. Ich kann dem Herrn Vorredner nur versihern , daß wir mit vellem Nachdruck nah Maßgabe der eben entwickelten Grundsäße die gerechten Forde- rungen der deutschen Gläubiger bei der Regierung von Griechenland unterstüßen werden ; allerdings mit dem fkategorishen Imperativ, zu zahlen, wird ohne weiteres gegenüber einem Schuldner nichts zu erreichen sein, der erklärt, daß er nicht zahlen kann. Und daß Griechen- [land in diesem Augenblick seinen Verpflihtungen niht vollauf ge- nügen kann, darüber fann fein Zweifel bestehen.

Wir bleiben der griehishen Regierung gegenüber auf dem Stand- punkte bestehen und werden ihn mit vollem Nachdruck geltend machen, daß die Forderung der Gläubiger, es solle ein Theil der ver- pfändeten Ueberschüfse zu Gunsten der Aufbesserung des Zinsgenusses und der Amortisation entsendet werden, durchaus allen Gründen der Villigkeit und Gerechtigkeit entspriht. Jch habe die Erwartung, daß die griehische Regierung sih der Erkenntniß niht vershließen wird, daß das Eingehen auf dieses Verlangen nicht nur den Grundsägen« des Rechts, sondern auch in hohem Maße ihren eigenen Interessen entspricht.

Ich habe vorhin gesagt, daß das nicht der erste Fall sei, und die Befürchtung daran geknüpft, daß wir auch späterhin uns hier in diesem Hause mit ähnlichen Fällen werden beschäftigen müssen. Man sollte glauben, daß derartige Vorgänge doch eine recht ernste War- nung für alle diejenigen bilden, welche Geld anzulegen. haben, nament- Tih folhe, welhe mit saurer und s{hwerer Arbeit erspartes Geld

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zinstragend anlegen wollen. Wenn ih aber sehe, welche mannigfachen Faktoren dabei zusammenwirken: der Wunsch, höhere Zinsen zu ge- nießen, als sie das Inland gewähren kann, die Geneigtheit alles zu glauben, was in einem gedruckten Prospektus steht, andererseits das begreiflihe Interesse mancher Kreise, aus der Emission derartiger Papiere ein lufratives Geschäft zu machen so ist meine Hoffnung auf eine Besserung der- Dinge allerdings sehr gering. Der Herr Vorredner hat den Finger auf eine wunde Stelle gelegt, wenn er auf die Thatsache hinwies, daß, fo oft derartige Fonds nothleidend werden, wir sehen, daß der weitaus größte Theil dieser nothleidenden Fonds sich nit etwa in den Händen reicher Kapitalisten, ei in den Händen armer und mittlerer Leute befindet, und ih muß leider die Thatsache auch bestätigen, daf sowohl bezügli der portugiesischen wie bezüglich der griehishen Fonds zahlreiche Leute vorhanden sind, die die Er- sparnisse ihres ganzen Lebens in folhen Fonds angelegt haben. Wie dem zu helfen ist, das zu untersuchen ist nicht eine Aufgabe. Ih bin der Ansicht, daß das allererste Erforderniß ist, daß die Leute, die ihr Geld anlegen wollen, selbst die Augen aufmahen (sehr wahr!), daß sie niht alles glauben, was ihnen erzählt wird, und daß se sih gegenwärtig halten den Saß, der alle Zeit wahr gewesen ist, daß die Höhe des Zinsfußes in dem umgekehrten Verhältniß steht zu der Sicherheit des Kapitals.

Abg. Schmidt - Warburg (Zentr.) dankt dem Staatssekretär für seine Mittheilungen, weist aber darauf hin, daß bei der fortwährenden Beunruhigung, denen die preußischen Konsols wegen einer etwaigen Konvertierung unterworfen seien, die Vorliebe des ärmeren Mannes für ausländische Papiere wohl zu erklären. fei. -

Abg. Graf zu Limburg-Stirum (dkons.): Jeder, der in- ländishe Staatspapiere kauft, weiß von vornherein, daß dieselben der Kündigung und eventuellen Konvertierung unterliegen. Richtig ist es, daß mit - der größeren Höhe des Zinsfußes die Sicherheit eines Papieres geringer wird; für die Besißer preußischer Papiere giebt es aber eine Entschuldigung. Seit Griechenland selbst- ständig geworden is, wurde es das Schoßkind von ganz Europa, und man sagte, die Griechen hätten in kurzer Zeit Enormes geleistet. Das entshuldigt die Besißer griechischer Papiere einigermaßen. Was die Reichsregierung bisher gethan hat, ersheint mir durhaus korrekt. Wir hahen mit allen orientalischen Staaten die Erfahrung gemacht, daß sie, wenn die europäischen Mächte niht fest austreten, alle möglichen Ausflüchte ver- suchen, um sich ihren Verpflichtungen zu entziehen. Wenn alles Andere nicht hilft, so ist es nothwendig, einige ordentlihe Panzer- schiffe hinaus zu shicken. Das Deutsche Reich kann natürlih auf diesem Wege nicht allein vorgehen; ob es aber niŸt möglich wäre, eine gemeinschaftliche Aktion zu veranstalten, weiß ih nit. Erwünscht wäre eine folhe Aktion sehr. Früher hatte das Deutsche Reich in solhen Dingen die Führung. Ob das jeßt noch der Fall ist, weiß ih nicht; ih möchte es aber dringend wün|chen.

Abg. Graf von Arnim (Ryv.): Gegenüber den Ausführungen des Staatssekretärs, welhe sich gegen die Käufer von Een Pa- pieren richteten, möhte ih auf die dringlihe Nothwendigkeit ver- weisen, gegen die Emissionen folher Papiere vorzugehen. Die fleinen Leute faufen derartige Papiere niht spontan, sondern nur auf Zureden der Agenten der Emisstonshäufer. Dieser Art von Emissionen follte möglihst bald durch die Börsenreform, die uns nun schon seit langen Jahren versprochen ist, beseitigt werden.

_Zur versuhsweisen Zutheilung landwirthschaftliher Sach- verständigen an die größeren Kaiserlichen Missionen sind im Etatsvoranschlag 75 000 #6 ausgeworfen. Die Budgetkom- mission beantragt, die Disposition dahin abzuändern, daß die verlangte Summe „zur versuhsweisen Entsendung landwirth- schaftliher Sachverständiger an Kaiserliche Missionen“ be- willigt wird. i

Der Abg. von Salis ch beantragt, hierin zu seßen: land- und forstwirthschaftliher Sachverständiger.

Referent der Budgetkommission Abg. Prinz von Arenberg (Zentr.): In der Budgetkommission wurden die Vortheile, welche mit den Kaiserlichen Missionen in Verbindung ftehende landwirth- schaftliche Sachverständige für die Kenntniß der Landwirthschaft in fremden Ländern und damit indirekt für die einheimische Landwirth- schaft bieten, durhaus anerkannt. Es wurde aber darauf hingewiesen, daß es verfehlt sei, die geplante Maßregel auf die größeren Kaifer- lihen Missionen zu beschränken, da verschiedene von diesen weniger zu einer Förderung des erstrebten Zweckes geeignet seien, als eine Reihe von Missionen in kleineren, aber „wirthschaftlich mächtig aufstrebenden Ländern. Andererseits wurde es niht für nothwendig erachtet, daß diese Sachverständigen beständig den Kaiserlihen Mis- sionen zugetheilt seien. Auch der Antrag des Abg. von Salisch kam in der Budgetkommission zur Sprahe. Man war aber überwiegend der Meinung, daß es fo {hon s{chwer sein würde, die geeigneten Per- sönlichkeiten zur Ausführung der geplanten Maßnahme zu gewinnen, und daß die Annahme des Antrags des Abg. von Salisch diese Schwierigkeit nur vermehren würde.

Abg. von Sali s.ch (dkons.): Jch gebe zu, daß die Lösung der Personenfrage eine sehr schwierige sein wird. Die Ausfüllung der neuzushaffenden Posten erfordert niht nur gründliche Kenntniß der Landwirthschaft im allgemeinen und der landwirthschaftlichen Ver- hältnisse des betreffenden Landes im besondern, fondern auch eine umfassende Kenntniß fremder Sprahen. Mein Ankrag würde aber den Kreis der geeigneten Persönlichkeiten nicht nur nicht verengern, sondern erweitern; denn zahlreihe Forstmänner sind mit der Landwirthschatf vollständig genügend vertraut, um die Inter- essen derselben wahrzunehmen. Wenn man die aus eigener Jnitiative unserer Forstmänner bervorgegangenen Leistungen betrahtet, wird man den Auss{luß der Forstmänner von der geplanten Neuerung nicht verstehen. : j

_ Abg. Graf von Arnim (Np.): In. der Erforschung der land- wirthschaftlihen Verhältnisse müssen besonders Süd - Amerika und Australien berücksichtigt werden. Allerdings is es wichtig, daß wir die landwirthschaftlihen Verhältnisse in den Ländern, welche eine stabile Landwirthschaft aufweisen, wie Frankrei, Oesterreich und Italien , genau kennen lernen, aber besonderen Werth lege ih unserer Handelsbeziebungen wegen auf Argentinien und Australien. Die dortigen landwirth|haftlihen Verhältnisse und deren Entwicke- lung zu beobachten, ihre Zukunft zu prognostizieren, ist ebenso wichtig, als die industriellen und Handelsverhältnisse im Auge zu behalten. Ob die Konsuln auch über die landwirthschaftlihen Verhältnisse Be- richt erstatten, weiß ih nit; ih glaube au, sie können es nit, Wir müssen darum Sachverständige hinshicken. Der Agrarier wird die Sprache des fremden Landes nicht so leicht erlernen, aber ih bin überzeugt, daß die Leute, die man binschickt, den erforderlichen Scharf- blick für die dortigen Verhältnisse haben werden. Es werden viele bereit sein, die heimathlihe Scholle zu verlassen, um eine derartige Dia gy aas S G

g. Prinz zu Schönaich-Carolath (nl.) tritt für den Antrag des Abg. von Salish ein, der die Dendrologie, die in Deutschland sehr vernachlässigt worden sei, zu heben geeignet scheine.

Der A der Komission wird darauf mit dem Antrag des Abg. von Salish angenommen.

Beim Titel des Konsulats in Sansibar bringt der __ Abg. Molkenbuhr (Soz.) einen Fall zur Sprache, in welhem ein Maschinist von dem Konful in Sansibar in gesetzwidriger Weise zur fofortigen Entlassung verurtheilt worden sei.

Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats - Minister Freiherr von Marschall:

Meine Herren! Mir if von der ganzen Sache, von der der Herr Vorredner gesprochen hat, absolut nichts bekannt. Jch entnehme

* Beschwerde an das Auswärtige Amt zu richten.

nur aus den Aeußerungen,“ daß es sich hier um eine Thätigkeit dz ; Konsuls als Seemannsamt gehandelt hat, daß gegen die Entscheid, J daß daz

des Konsuls Appell an das Gericht ergriffen worden ift, und Gericht in Hamburg diese Entsheidung des Konsuls abgeändert (Zwischenruf.) Es mag sgin, daß die Entscheidung des Konsuls ni

rihtig war. Dafür war wieder das Rechtsmittel gegen die Entsch dungen vorhanden. Sollte der betreffende Herr wirklich dur ed Entscheidung des Konsuls geschädigt sein, so möhte ih bitten, y;, Ich würde dann darüber Erhebungen anstellen lassen. \

Abg. Dr. Ha ffe (nl.) bringt zur Sprache, daß Leitern der deutshen Schulen in M hörden eine Spannung bestehe. Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats-Mini; Freiherr e Marschall: s / (-Minijte Es ist rihtig, was der Herr Vorredner ausgeführt hat, daß die protestantishe deutshe Gemeinde in Belgrad vor kurzem bes{lofsen hat, sih vom preußischen Ober-Kirchenrath loszulösen und unter die serbische Landesregierung zu stellen. Dieser Beschluß hängt mit Vers sönlichen Streitigkeiten zusammen. -Ich habe, weil ich mit dén Herrn Vorredner diesen Beshluß im Interesse der Deutschen in Serbien lebhaft beklagte, Anlaß genommen, die Persönlichkeiten, die Anlaß zu diesen Differenzen gaben, von Belgrad zu beseitigen, und inzwischen hat die Gemeinde ihren Beshluß wieder zurückgenommen Was die Anregung wegen Moskau betrifft, so will ih sehr tru diese Angelegenheit prüfen und hoffe, daß ih den Wünschen des Herrn Vorredners nachkommen kann. (Bravo!) i

Gegen 6 Uhr vertagt darauf das Haus die weitere Be rathung auf Montag 1 Uhr. 9 O

¿wi oskau und Belgrad m L ga

Entscheidungen des Neichsgerichts.

» Endet auf der Rükseite eines Wechsels die Unterschrift hinter welcher die Stempelmarke Ceres ist, mit einem Schlußshwung, der so viel Raum neben sich freiläßt, daß noh andere Vermerke eingeschoben werden können, wenn die Marke erf unterhalb des Auslaufs des Schlußshwungs angebracht wird, so if nah einem Urtheil des Reichsgerichts, 1. Strafsenats, vom 3. De: zember 1894, die Marke ohne Rüccksiht auf den S{luj- \chwung in dem unmittelbar unter dem Buchstaben der Unterschrift befindlihen leeren Raum aufzukleben. Ein hiergegen begangen Verstoß ist als Wechselstempelhinterziehung zu {s strafen. In dem zu Grunde liegenden Fall endete die Unterschrift auf der Rückseite des Wechsels, hinter welcher die Stempelmarke aufzukleben war, mit einem Schlußshwunge, da ziemlich senkrecht A, unten und etwas nach links sih wendete, iy: daß von dem linfen Rande des Wechsels noch ein breiter Raum frä blieb. Die Stempelmarke wurde auf dem Raume unterhalb de Sc{hlußshwungs aufgeklebt. Die Strafkammer verurtheilte den Stemvelpflihtigen wegen Wechselstempelhinterziehung, indem sie an- nahm, daß die Stempelmarke unmittelbar unter die Unterschrift und neben den SWlußshwung hätte geklebt werden müssen. Die Res vision des Angeklagten wurde vom Reichsgeriht verworfen, indem & begründend ausführte: „Dem Schlußshwunge isst für die Frage, ob die Marke unmittelbar unter dem Buchstaben der leßten Unterschrift oder erst unter dem Schluß, schwunge anzubringen sei, eine entscheidende Bedeutung nur dann beizumessen, wenn der Schwung den Zwischenraum derarti deckt, daß durh ihn zum mindesten die Anbringung eines weiterä Vermerks zwischen Unterschrift und Marke ausgeschlossen erscheint, falls die Marke erst unter dem SchlußsWwunge angebracht wird, Läßt dagegen, wie hier, der Schlußshwung direkt unter den But staben der Unterschrift so viel Raum frei, daß bequem noch andert Vermerke eingeschoben werden können, wenn die Marke erst unterhalb des Auslaufs des Schlußshwungs angebracht wird, so entspricht es dem Zweck der Vorfchrift, wenn die Vorinstanzen verlangen, daß die

Marke ohne Rücksicht auf den sfeitlich fich herabziehenden Shluß- |

s{wung in dem direkt unterhalb der Buchstaben der leßten Unterschrift befindlichen freien Raum anzubringen sei.“ (3442/94.)

Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgerichts.

_ Versicherung8agenten, welche nur als Beamte der Ver sicherungsgesellschaft thätig sind, sind nah einer Entscheidung des Ober - Verwaltungsgerihts, VI. Senats, 1. Kammer, vom 11. Of- tober 1894, von der Gewerbesteuer befreit, dagegen unterliegen sie der Gewerbesteuer, insoweit sie gegen Entschädigung Geschäfte mit der Versicherungsgesellshaft vermitteln, gleihviel ob die be- treffende Gesellshaft selbst gewerbesteuerpflihtig ist oder niht. Der Generalagent einer Hagelversiherungsgesell haft auf Gegenfeitigkeit für eine preußishe Provinz war als Gewerbetreibender zur Gewerbe steuer veranlagt. Sein Einspruch und sodann seine Berufang, in denen er als Beamter der von ihm vertretenen Gesellshaft Steuer freiheit beanspruhte, wurden zurückgewiesen. Auf die Beschwerde deë Generalagenten wurde die Sache vom Ober - Verwaltungsgeriht zuk anderweiten Entscheidung zurückgegeben, indem es begründend au? führte: „. . . Personen, welche nur als Beamte der Versicherung® gesellschaft thätig sind, deren Thätigkeit also nit als selbständiger Betrieb cines Gewerbes erscheint, müssen steuerfrei gelassen werden. Diejenigen Generalagenten, welche lediglih als Vertreter einer Ge sellschaft die Verträge mit den von den Spezialagenten aufgesuchten Personen abschließen und nit auch daneben unmittelbar, ohne Der mittlung von Spezialagenten, gegen Entschädigung Geschäfte vermittelu, sind als Beamte anzusehen und deshalb der Gewerbesteuer nid! unterworfen. Hiernah muß, wenn ein Versicherungsagent Steuerfreiheil beansprucht, nah den konkreten Verhältnissen geprüft werden, ob der selbe als Beamter anzusehen if oder selbständig das Gewerbe alé Agent betreibt. Gleichgültig ist dabei, ob die Versicherungégesellschall, für die der Agent thätig ift, selbst steuerfrei gelassen werden muß oder niht; es handelt sih lediglih darum, ob der Betrieb der Agentur eln selbständiger Gewerbebetrieb ift.“ (VI. G. 497/94.)

__— Das fortgeseßte oder regelmäßig wiederholte Vermiethen möblierter Zimmer oder Wohnungen in Badeorten 02 in sonstigen Orten _ ist, nah einer Entscheidung des Ober - Bel* waltungsgerihts, VI. Senats, 1. Kammer, vom 11. Oktober 1894,

ewerbesteuerpflihtig, gleihviel ob dieser Erwerbszweig dit

ittel zur Lebentunterhaltung oder nur Nebeneinnahmen besa! soll. Der Beschwerdeführer besißt in ‘einem Seebadeort eint Blua mit mebreren eingerihteten Wohnungen, welche theils von ihm un seinen Angehörigen bewohnt, „theils an Badegäste vermiethet wird. Der Miethsertrag beträgt 1200—1300 A. Da Anlage- und Betriebb- kapital mehr als 3000 Æ beträgt, so war er wegen gewerbsmäßigs Vermiethens möblierter Zimmer in der Gewerbesteuerklasse 1V e einem Steuersayge von 12 4 veranlagt worden. Die Bes S wurde vom Ober - Verwaltungsgeriht zurückgewiesen, indem es gründend ausführte: „Die Vermiethung möblierter Zimmer , Wohnungen is nothwendiger Weise mit der Absicht der Ge erzielung verbunden. Die längere Fortsetzung oder regelmäßige Wi be holung der O ete macht diesen Erwerbszweig zu einem Lier Gleichgültig ift es, ob der Erwerb8zweig die Mittel zum Lebensun : halt oder nur Nebeneinnahmen beschaffen soll, wie es überhaupt zu den Merkmalen des Gewerbebetriebes gehört, daß die erwer, Thätigkeit den ausschließlichen oder überwiegenden Beruf des

bildet. Wenn das Vermiethen möblierter Zimmer in gewerbesteuerfrei war, fo beruhte dies ledigli

¿ perbenden vordem Badeorten ichen, [i usnahm 16 des Geseßes vom ciner ausdrülichen, geseß Fen ahme ß

auf welche mit dem Inkrafttreten des Gewerbesteuergeseßzes

„Zuli add, 1891 ihre Geltung verloren hat. Nach der Absicht pom ist das Zimmervermiethen in Badeorten nicht anders als des leihe ErwerbSzw in sonstigen Orten zu beurtheilen und unter de Fir den Beschwerdeführer zutreffenden Bunanslegung längerer Dauer oder regelmäßiger Wiederholung für einen steuerpflichtigen Fewerbebetrieb ¿u erachten.“ (VI. G. 553/94.)

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Statistik nnd Volkswirthschast.

Die Gemeindesteuern in den größeren Städten Preußens. i

(Stat. Korr.) Bekanntlich stellt das Kommunalabgabengeseß vom 4, Juni 1893, welches am 1. April 1895 in Kraft tritt, eine Reihe aneiner Grundsäße für die Aufbringung der Gemeindeabgaben, Q dere auch für das Verhältniß der Heranziehung von persön- sien und Realsteuern auf, welche voraussicbtlih für die Zukunft die Steuerverfassungen der Gemeinden erheblih gleihmäßiger machen “den, als dies bisher der Fall war. Erschöpfende Zusammen- Fellungen über diese Verfassungen in ihrer bisherigen Gestalt find noch iht vorhanden. Jedoh hat die Wahlstatistik der legten Jahre die Gelegenheit geboten, wenigstens die bezüglihen Verhältnisse der Städte von mehr als 10 000 Einwohnern, in welchen während der Jahre 1891, 1892 und 1893 Gemeindewahlen nah dem Dreiklassensystem stattgefunden haben, flarzustellen und zusammenzufassen. Das kürzlich erschienene Ergänzungsheft XVI1 zur „Zeitschrift des Königlich preußischen statistishen Bureaus“ vermag demnach auch eine Uebersicht der Prozentsäße der Gemeindezuschläge zu den direkten Staatssteuern in jenen drei Jahren für insgesammt 139 Städte von mehr als 10 000 Einwohnern zu liefern. S S

Faßt man das leßte der drei Berichtsjahre, nämlich das Jahr 1893/94, ins Auge, fo zeigt sich eine fehr große Mannigfaltigkeit der Steuersysteme in den Gemeinden. Die wenigen Städte, welche be- sondere Realstêuern, namentlich eine Miethssteuer besißen, haben naturgemäß eine entsprechend niedrige Belastung der direkten Staats- steuern. So erhob Berlin ‘nur § v. H. Zuschlag zur Einkommen- feuer und gar feine Zuschläge / Gebäude- und Gewerbesteuer, ebensowenig Halle bei 100 % Zuschlag zur Staatseinkommensteuer. Danzig allerdings hatte neben der Miethssteuer 228 v. H. Zuschlag zur Staatseinkommensteuer fowie 75 v. O. zur Grund- und Gebäudesteuer. Bei den übrigen Städten zeigt sich eine große Verschiedenheit sowohl in der Höbe der Zuschlags- vrozente wie in deren Umlegung auf die einzelnen Steuerarten. Es jebt Städte, die bei sehr hoher Belastung der Einkommensteuer iimmtliche Realsteuerv ganz frei lassen, wie Elbing mit 270 Brom- berg und Beuthen in Oberschlesien mit 200, Stargard in Pommern mit 210 und Waldenburg in Schlesien mit 225 v. H. Zuschlag zur Ein- fommensteuer. Zahlreiche andere Gemeinden erheben zwar mäßige Zuschläge tir Grund- und Gebäudesteuer, dagegen keine zur Gewerbesteuer, fo unter den größeren Städten Breslau, Magdeburg, Königsberg, Danzig, Charlottenburg, Erfurt, Görliß u. a. m. Im allgemeinen erscheinen bisher die Realsteuern erheblich weniger herangezogen als die Ein- fommensteuer; doch finden sih auch Ausnahmen; unter den größeren Städten hatte insbesondere Potsdam dieselben Zuschläge für die Einkfommen- wie für die Grund-, Gebäude- und Gewerbesteuer, nâmlich 1334 9%. Die direkte Steuerverfassung der zehn größten Städte, über welche für 1893/94 Nachrichten vorlagen, ergiebt sich gener Zusammenstellung. In Hunderttheilen betrugen die Zuschläge :

zur Grund-,

zur zur zur zur Einkommen- Grund- Gebäude- Gewerbe- Mus fleuer steuer steuer 5 A

150 50 50 “n 150 100 50 is Magdeburg 145 37,5 30 —— Fènigsber 200 50 50 Miseldorf 150 90 90 90 Uberfeld 242 20 20 20 Ming 228 75 75 Stettin 150 834 56 28 L, 30 30 30 Neben diesen Zuschlägen wird in Berlin noch Miethssteuer und hauésteuer, in Magdeburg eine „Pflastersteuer“ erhoben. Die Ein- fonmen von nicht über 900 Æ sind in zahlreihen Städten mit niedrigeren Zuschlagssäten belastet als die höheren.

Zur Arbeiterbewegung. S In Berlin fand am leßten Freitag eine Sißung der sozial- demokratischen Gewerkschaftskommission stait, in welcher, wie die Berliner „Volks-Ztg.* berichtet, wiederum Klage über die Gleich- gültigfeit der Arbeitershaft gegenüber den Organisationen geführt wurde, welhen nur 7,4 % der Berliner Arbeiter angehörten. Ferner wurden über Verstöße der Brauereien gegen die Beschlüsse betr. den Arbeitênahweis und die Wiedereinstellung der während des Boyfkotts entlassenen Arbeiter Beschwerden laut. i _ Aus Athen meldet „W. T. B.“, daß der Ausstand der Kutsher durch die Intervention des Kronprinzen, der Ehren- Fristent der Vereinigung der Kutscher ist, beigelegt wurde. (Vgl. r. 63 u. 65 d. Bl.)

Literatur.

Biographisches.

Feldmarschall Erzherzoa Albrecht, ein Lebensbild von Oskar Teuber. Wien 1895. Verlag von Franz Kreisel. Preis 60 g, In \{lichten Worten schildert der Verfasser kurz das Leben des unlängst verstorbenen Erzherzogs Albrecht von Oesterreih als Kind, Jüngling, Gatte und Familienvater, sowie als kommandierender

eneral in Wien und als Gouverneur in Ungarn. Befonders ein- lend würdigt er denselben dann als Feldherrn und Sieger von ustozza sowie in seiner Thätigkeit als General-Inspektor des öster- reihish-ungarishen Heeres. Auch seine Verdienste als Wohlthäter und als Schriftsteller werden gebührend hervorgehoben. Ein besonderes Kapitel ift ferner noch der Ernennung des Erzherzogs zum preußischen eneral-Feldmarschall gewidmet, und zum Schluß wird der Verlauf der tödtlichen Krankheit und die unter allgemeinster Theilnahme in Gegenwart Seiner Majestät des Kaisers Wilhelm I1. in Wien er- solgte Beisezung beschrieben. Die kleine lesenswerthe Schrift ist mit dem farbigen Bildniß des Erzherzogs und drei Textbildern ges{chmüdckt. Erdkunde.

Justus Perthes’ See-Atlas. i Perthes' Taschenatlas von Hermann Habenicht. 24 kolorierte Karten in Kupferstih mit 127 Hafenplänen. - Mit nautischen Notizen und Tabellen von Erwin Knipping. Preis 2 4 40 É Den as Justus Perthes herausgegebenen und in vielen Tausend Exemplaren ttbreiteten beiden Taschenatlanten tritt nun als dritter der oben be- itinete hinzu. Er bildet eine Ergänzung zu dem ältesten der Reihe wo ist von demselben Verfasser entworfen. Auch an Umfang und

stattung, in feinen 24 gefällig folorierten und sauber in Kupfer Ftothenen Kärtchen sowie in dem vorangeschickten, zahlreiche nautische tizen und Tabellen enthaltenden Text, gleicht der neue See-Atlas anz den beiden älteren Atlanten. Die Reihe der Karten beginnt mit zwei seeelsaufnahmen, an denen die originelle Darstellung der Stecn- Ra zur leihteren Orientierung hervorzuheben ist. Hierauf folgen “tes Weltkarten zur Uebersicht der Kolonien und Hauptverkehrs- len, des Erdmagnetismus, der Isothermen und Meeresströmungen att der Isobaren und Winde. Auf den dann folgenden Ozean- wit: ist zum ersten Mal der Versuch gemacht, außer den magen Hafenpläßen und Tiefenlinien (200 m), Angaben über den clische Deklination, Seegras, Fischerei u. \. w., die auf eeren meist sehr regelmäßigen Wind- und Regenzonen

Eine Ergänzung zu Iustus

Ae,

L R p 2D S

(jahre8zeitlih unterschieden), Bahnen von Sturmzentren, warme und falte, ftarkle und \{wade Meeresftrömungen in Ver- bindung mit den - haupt\ählichsten wahren Laser und Segelkursen (ebenfalls jahreszeitlich unterschieden) gemeinschaftlich dar- zustellen. Hierdurch ift man nicht nur in den Stand gesetzt, un- mittelbar die Gründe für den oft wunderbaren Verlauf der Kurfe zu finden, sondern der Seefahrer kann auch AOIRUTaRE feinen Kurs aus diesen Kärthen annähernd bestimmen. en Binnenmeeren :

Nord- und Oftsee, Mittelmeer, ost- und westindishen Gewässern sind speziellere Karten U, Jeder Meereskarte ist eine Menge nüß-

anter Hafenpläne i ck mit Angaben von

licher und intere Tiefen, Leuchtfeuern, Nettungs\tationen, Baken, Bojen u. s. w. Den Sthluß bilden zwei Polarkärtchen. Der begleitende Tert enthält in seinen nautifch{en abellen und Notizen verschiedene Maß- tabellen, Vorschriften für die Betonnung der Fahrstraßen, die Regeln für das Ausweihen der Schiffe, die Erklärung einiger Signale, cin Verzeichniß der Kohlen- und Dotationen, einen kurzen Beberblick der Seekartenprojektion, sodann einige Regeln über Lothen, Hopgen, Kompaßdeviation, Abstandmessungen, Besteckrehnung, eine Uebersicht der Windsysteme und einige astronomishe Daten, wie fie bei der Breiten- und Längenbestimmung an Bord gebraucht werden, zuleßt auch noch einiges über Schiffstypen und eine knappe statistische Vebersiht über Kriegs- und Handelésflotten, wesentlich deutscher Flagge. Der Tert steht sonach an Mannigfaltigkeit hinter den Karten nicht zurück und verleiht dem Werkchen den vollen Charakter eines zum Nachschlagen und Nachschauen bestimmten Taschenbuhs, das fowohl dem angehenden prafktishen Seemann, wie auch dem erbolungs- bedürftigen Seereisenden eine reihe Fülle belehrenden und anregenden úInhalts bietet. 4 Zeitscriften.

Die c eit\Prift. der Zentralstelle für Arbeiter». Wohlfahrtseinrihtungen“*, die von Dr. Jul. Post, Geheimem Regierungs-Rath und vortragendem Rath im Königlich preußischen Ministerium für Handel und Gewerbe (Berlin), Professor Konrad tage Regierungs-Rath und ständigem Mitglied des Reichs-Ver- icherungsamts (Berlin) und Dr. H. Albreht (Groß-Lichterfelde) heraus- gegeben wird, hat in der Nr. 5 des 11. Jahrgangs vom 1. März folgenden Inhalt: Wohlfahrtseinrihtungen: Die Wanderkohkursfe im Dillkreis. gr deutshe Werkmeisterverband. Berichte und Korrespondenzen: Allgemeines. Ernährung. Unterstützungstwesen. Wohnung. Unfallverhütung. Gewerbehygiene und Unfallverhütung : Zur Respiratorenfrage. Mittheilungen des Vereins deutscher Ne- visions-Ingenteure.

Die illustrierte Familien-Zeitschrift „Für alle Welt“ (Berlin W., Deutshes Verlagshaus Bong u. Co.; Preis des vier- zehntäglih erscheinenden Hefts 40 „) enthält in ihrem 18. Heft eine Beschreibung der „Katastrophe von Lowestoft“ mit vielen Abbildungen. Unter leßteren findet man Ansichten des verunglückten Dampfers „Elbe“ von außen, sowie von dem prächtigen Salon und dem Anrichteraum, mit dem derselbe ausgestattet war: auch eine Ab- bildung des englishen Kohlendampfers „Crathie“, der das Unglüd veranlaßt hat, sowie ein Porträt des wackeren Kapitäns von Göfsel fehlen nicht. Ein \chöner großer Holzschnitt nah einem Gemälde von G. Dawant bietet als Ergänzung dazu die ergreifende Schilderung eines Schiffbruhs auf hoher See bei Tage und giebt so eine Vor- stellung davon, wie sich jenes furchtbare nächtlihe Seedrama ähnlich abgespielt haben mag. Bemerkenswerth sind auch die Textworte dazu, aus der Feder der fseekundigen Frau Helene Pichler. Auch das vorhergehende Heft 17 brahte Schilderungen einer vom Meere, wenn au in anderer Art verursachten Katastrophe; nämlich von den Ver- heerungen, welche die Sturmfluth am Morgen des 23. Dezember 1894 am Strande von Helgoland angerichtet hat. Besonders drastish find die Ansichten von dem demolierten Innern des Postgebäudes und den Zerstörungen an dem bekannten Bredau’schen Restaurations-Pavillon. Erfreulicher muthen in diesem Heft die kolorierten Holzschnitte an, welche dem Leser die landschaftlihen Reize „Neu-Oesterrei@ßs*“ (Bosniens und der Herzegowina) und Typen seiner Bewohner vor Augen führen. Die den Heften beigegebenen großen, künstlerisch ausgeführten Holz- schnitte, in denen die hohvervollklommnete Technik sich glänzend ofen- bart, vermitteln dur die gewählten Originalgemälde demjenigen, der fern von den Kulturmittelpunkten weilt, einen ahtbaren Bruchtheil der modernen Kunstthätigkeit. Da außerdem noch dur fesselnde Romane, Erzählungen, aftuelle illustrierte Mittheilungen der ver- \chiedensten Art auh für die Unterhaltung gesorgt ist, fo erklärt sich der Beifall, den diese billige reihhaltige Zeitschrift gefunden hat, hinreichend.

„Amss[er u. Ruthardt's Wochenberichte“ bringen in den Nrn. 19 u. 20 (111. Jahrg.) einen Beitrag von Peter Hille, betitelt : „Darstellender Kunst Vergeistigung“. Von dem etwas eigenartigen Stil abgesehen, bietet der Aufsay viel interessante Beobachtung und zeugt von einer feinsinnigen Auffassung besenders in Bezug auf die Symbolik in der Kunst. Außerdem enthalten diese beiden Nummern eine Beschreibung nebst Reproduktion der bei Ams[er u. Nuthardt ausgestellt gewesenen inesish - japanishen Kriegsbilder fowie ferner Kunstbriefe aus Paris, London, Florenz und München. Aus Nr. 22 verdient Hervorhebung ein Artikel von Oscar Linke, welcher unter dem Titel „Ein perikleischer Gedanke“ den Kaiserlihen Plan der Auss{chmückung der Sieges - Allee nah seiner Bedeutung für die Kunst der Gegenwart würdigt. In Nr. 23 findet der Leser Aufsäße über die italienishe Dichterin Ada Negri und den Aquarellmaler Adolf Müller. Die Beilage „Im Künstlerland“ zu Nr. 19, 21 und 23 enthält illustrierte Beiträge von Eduard von Gebhardt, Ernst Hausmann und Curt Herrmann. Als eine erfreuliche Neuerung zu bezeichnen ist es, daß die ,Wochenberichte“ jeßt den aftuellen Ereignissen auf den Gebieten: Bildende Kunft, Literatur, Theater und Musik, Kunstgewerbe, in kurz zusammens- fassenden Referaten mehr Raum gewähren und fo einen Ueberblick über das gesammte moderne Streben in künstlerisher und geistiger Richtung darbieten. „Amsler u. Ruthardt’'s Wochenberichte, illustrierte Zeitschrift für Kunst, Kunsthandel und Kunstgewerbe“ (Verlag: Berlin W., Behrenstr. 29 a) kosten im Abonnement (92 Nummern mit vielen Gratisbeilagen) jährlich 12 M 7

Nr. 9 der vaterländishen Wochenschrift „Der Bär" herausgegeben von Fr. Zillessen und R. George hat folgenden Inhalt: Aus Deutschlands Vergangenheit oder Der Schlangenring. Historisher Roman von C. Gründler. (Fort|epung.) = Die Herrscher-Galerie in der Sieges-Allee zu Berlin. Von Ernst Friedel. (Forisegung. M. G. Saphir. Zur hundertjährigen Wiederkehr seines Geburtstages. Von Dr. Gustav Albrecht. Kleine Mit- theilungen: Friedrih der Große und die Titelsuht. Eine neue Speise. Vereins-Nachrichten.

Handel und Gewerbe.

Tägliche Wagengestellung für Kohlen und Koks an der Ruhr und in Oberschlesien.

An der Nuhr sind am 16. d. M. gestellt 11 915, niht rechtzeitig geftellt keine Wagen. l | n Obers@lesien sind am 15. d. M. gestellt 4303, nit recht- zeitig gestellt keine Wagen. e

P eng Der L Ogeruogar, E

Beim Königlichen Amtsgericht 11 Berlin standen am 16. März die nahbezeichneten Grundstücke zur Versteigerung: Das im Grundbuch von Weißensee, Kreis Niederbarnim, Band 41 Blatt Nr. 1209 auf den Namen des Maklers Emil Hommel ein- etragene, zu Neu-Weißensee, an der Straßburger- und Wörther- straßen-Ee belegene Grundstück; Fläche 6 a; Mindestgebot 50320 4 ; ür das Meistgebot von 95100 A wurde der Kaufmann Reinhold Kobligk zu Berlin, Kaybachstraße 2/6, Er- steher. Das im Grundbu von Rosenthal, Kreis Nieder- Barnim, Band 6 Blatt Nr. 177- auf den Namen der E Gärtner Anna Engel, geh. Wahl, eingetragene, gu Nosenthal belegene Grundstück; Fläche 83,05 a; Nuzungswerth 150 4; Mindestgebot 12 988 M ; für das Meistgebot von 33 500 A wurde der Rentier C arl

Linge zu Berlin, Karlstr. 14, Ersteher. Das im Grundbu von Weißensee Band 39 Blatt Nr. 1135 auf den Namen des Schäfte- fabrikanten Hartmann Kaul isch zu Weißensee eingetragene, zu Neu-Weißensee belegene Grundftück; Fläche 12,80 a; Nußungs- werth 3548 4A; Mindestgebot 39690 (; für das Meistgebot von 40 000 A wurde der Kaufmann Berthold Jacoby zu Berlin, GSreifêwalderstraße 208, Ersteher. Das im Grundbuch von Weißensee Band 7 Blatt Nr. 173 auf den Namen des Zimmer- manns Ferdinand Wenzel und Frau eingetragene, zu Neu- Weißensee belegene Grundstück; Flähe 3,34 a; Nuzßungswerth 18590 M; Mindestgebot 544 MÆ; für das Meistgebot von 545 wurde die Spezial-Prediger-Wittwen- und Waifen-Stiftung der Petri-Kirche zu Berlin Ersteherin.

Berl in, 16. März. Wochenbericht für Stärke, Stärke- fabrikate und Hülsenfrüchte von Marx Sabersky. la. Kartoffelmehl 163—17{ Æ , Ia. Kartoffelstärke 163—17{ , Ta. Kartoffelmehl 12{—15 Æ, feuchte Kartoffelstärke Fracht- parität Berlin 9,15 4, Frankfurter Syruy - Fabriken zahlen nah Werkmeister's Bericht fr. Fabrik 8,80 Æ, gelber Syrup 18}3—193 M, Kap.-Syrup 20—207 #, Kap.-Export 21-—21} #4, Kartoffelzucker gelber 18}3—197 Æ, do. Kap. 21—214 A Rum-Kuleur 33—34 , Bier-Kuleur 32—34 Æ, Dextrin, gelb und weiß, Ta. 23—24 M, do. sekunda 20—22 ÆAÆ, Weizenstärke (fkleinst.) 25—26 M, Weizenstärke (großst.) 33—34 e, Halléshe und Schlesische 34—36 ÆM, Reisftärke (Strahlen) 49—50 Æs, do. (Stüen) 47—48 #, Maisstärke 30—32 FÆs, Schabestärke 30—31 A, Viktoria-Erbsen 14—19 #, Kocherbsen 13—18 M, grüne Erbsen 13—19 Æ#, Futtererbsen 12—13 Æ, inländishe weiße Bohnen 22—24 #, weiße Flachbohnen 23—25 #, ungarische Bohnen 19—21 Æ, galizishe und russis{e Bohnen 17—19 M, große neue Linsen 28—38 #, mittel Linsen 16—28 #Æ, kleine Linsen 12—16 Æ, Mohn, blauer nom. 28—40 Æ, do. weißer nom. 44—60 M, Hirse, weiße 18—20 Æ, gelber Senf 14—22 Æ, Hanfkörner 183 bis 20 A. Buchweizen 1343—15 #, Wicken 12—12} #, Pferdebohnen 12—12} Æ, Leinsaat 20—21 Æ, Mais loko 11{—135 A, Kümmel 54—60 #, Leinkuchen 13—16 #4, Rapskuchen 105—11è M, pa. marseill. Erdnufikuchen 11——125 Æ, pa. doppelt gesiebtes Baum- wollensamenmehl 58%, 11—12} Æ, pa. belle getr. Biertreber 28 bis 30 9/9 9{—107 Æ, va. getr. Getreideshlempe 31—34 9% 11—12} M, pa. getr. Mais-Weizenschlempe 35—40 9/9 12—12} F, pa. zetr. Mais\chlempe 40—42 % 12—123 #4, Malzkeime 773—9} M, Roggen- fleie 77—8 M, Weizenkleie 74—84 A (Alles per 100 kg ab Bahn Berlin bei Partien von mindestens 10 000 kg.)

Auf den Pfälzischen Eisenbahnen betrug die Einnahme im Februar 1454105 (— 111328) 4 und seit 1. Januar d. J. überhaupt 2 903 280 (— 125 336) M

Die Hessishe Ludwigs-Eisenbahn- Gesellschaft vereinnahmte im Februar 1895 auf den nitgarantierten Linien 1115 675 (— 108 666) M und seit dem 1. Januar d. I. überhaupt 2 364 889 (— 119 681) Æ ; auf den garantierten Linien im Februar 147 428 (— 13693) Æ -und seit dem 1. Januar d. J. überhaupt 299 848 (— 14 057) M

Das „Gewerbeblatt aus Württemberg“, welches von der Königlichen Zentralstelle für Gewerbe und Handel in Stuttgart herausgegeben wird, hat in der Nr. 11 vom 16. März folgenden Inhalt: An die Gewerbevereine. Bekanntmachung, betreffend die Veranstaltung freiwilliger Lehrlingsprüfungen. Ausstellung von Schülerarbeiten gewerbliher Fortbildungs\{hulen. Die Lehrwerk- stätte. Verschiedene Mittheilungen. Mittheilungen aus dem Nereinsleben. Aus dem Lesezimmer. der Königlichen Zentralstelle.

Das „Géewerbeblatt für das Großherzogthum Hessen“, Zeitschrift des Landesgewerbvereins, hat in der Nr. 11 vom März 1895 folgenden Inhalt : Statistishe Mittheilungen aus dem Großherzogthum Hessen. Aus den Orts-Gewerbevereinen. Fürth. Groß - Umstadt. Michelstadt. Mörfelden. Ober - Ingelheim. Roß- dorf. Verschiedene Mittheilungen. Patente von im Großherzog- thum Hessen wohnenden Erfindern. Oberhessishe Gewerbe-Industrie- Ausstellung zu Alsfeld 1895. Literatur. Das Schleifen, Polieren, Färben und fünstlerishe Verzieren des Marmors. Häuslicher Rath- geber. Vom Fes zum Meer. Rheinische Chronik in Wort und Bild. Böse Zustände im Gewerbe. Die Anfertigung der Kitt- und Klebemittel. Schriftenshaß. Die Anlage von Arbeiter- wohnungen. Der Wagenkasten und sein Plan.

Magdeburg, 16. März. (W. T. B.) Zuckerbericht. Kornzucker exkl, von 92 9% —, neue 9,85—10,00. Kornzucker exkl, 88 9/9 Rendement 9,20—9,35, neue 9,35—9,45. Nachprodukte exkl, 75 9/9 Rendem. 6,60—7,10. Stetig. Brotraffinade 1 21,50. Brot- raffinade Il 2125. Gem. Raffinade mit Faß 21,25—21,75. Gem. Melis 1 mit Faß 20,75. Fest. Rohzucker 1. Produkt Transito f. a. B. Hamburg pr. März 9,274 Gd., 9,324 Br., pr. April 9,272 bez., 9 30 Br., pr. Mai 9,35 Gd., 9,40 Br., pr. Juli 9,57#§ bez., 9,60 Br.

Leipzig, 16. März. (W. T. B.) Kammzug - Termin- handel. La Plata. Grundmuster B. pr. März 2,975 A, pr. April 3,00 4, pr. Mai 3,00 A, pr. Juni 3,05 4, pr. Juli 3,05 4, pr. August 3,0747 #4, pr. September 3,074 #, pr. Oktober 3,10 4, vr. November 3,10 Æ, pr. Dezember 3,10 A, pr. Januar 3,125 M., vr. Februar 3,124 4, Umsay 100 000 kg.

Mannbeim, 16. März. (W. T. B.) Produktenmarkt. Weizen pr. März 14,60, pr. Mai 14,45, pr. Juli 14,45. Roggen pr. März 12,25, pr. Mai 12,25, pr. Juli 12,25. Hafer pr. März 12,19 yr. Mal 13,15, pr. Juli 12,40. Mais pr. PVâärz 12,26, Pr. Mai

11/70 e Ul L270: j Bremen, 16. März. (W. T. B.) (Börsen - Schlußbericht.)

Raffiniertes Petroleum. (Offiziele Notierung der Bremer Petroleum-Börse.) Besser. Loko 6,50 bez. Baumwolle. Sebr fest. Upland middl. loko 304 F. Schmalz. Fest. Wilcox 364 A, Armour shield 36 4, Cudahy 37 „4, Fairbanks 99 „1. S Vvedck. Fest. Short clear middling loko 314. Taba ck. Umsatz: 12 Faß Ohio, 710 Seronen Carmen. A

Berichtigung. Am 9. Februar d. J. mußte die Notiz für

Petroleum Loko richtig lauten 4 5,50 bez., niht, wie in.Nr. 37 d. Bl.

irrthümlih angegeben wurde, 5,50 Br. , / Hamburg, 16. März. (W. T. B.) Kaffee. (Nachmittags-

beriht.) Good average Santos pr. März 77#, pr. Mai 763, pr. Sep-

tember 76, pr. Dezember 734. Ruhig. Zutdckermarkt.

(Schlußbericht.) Rüben-Rohzucker 1: Produkt Basis 88 9/9 Rende- ment neue Usance, frei an Bord Hamburg pr. März 9,30, pr. Mai 9,40, pr. August 9,70, vyr. Oktober 9,824. Fest.

Pest, 16. März. (W. T. B.) Produktenmarkt. Weizen Steigend, pr. Frühjahr 6,93 Gd., 6,95 Br., pr. Herbst 7,20 Gd., 7,21 Br. Roggen pr. Frühjahr 5,88 Gd., 5,90 Br. Hafer pr. Früh- jahr 6,36 Gd., 6,38 Br. Mais pr. Mat-Juni 6,39 Gd., 6,41 Br. Koblravs pr. August-September 10,90 Gd., 11,00 Br.

London, 16. März. (W. T. B.) Wollauktion. fest, unverändert.

An der Küste 5 Weizenladungen angeboten. iu Le (0 JFavazucker loko 11 stetig, Rüben - Rohzucker

97 ren.

E 18. März. (W. T. B.) Die Getreidezufuhren be- trugen in der Woche vom 9. März bis 15. März: Engl. Weizen 2846, fremder 30 369, engl. Gerste 1819, fremde 34 949, eng}. Mralggerite 20 090, fremde —, engl. Hafer 2030, fremder 983 Qrts., engl. Mehl 20 560, fremdes 13 636 Sack und 10 Faß. E

St. Petersburg, 16. März. (W. T. B.) Ein Kaiserlicher Ukas vom 3./15. d. M. erhöht den Deckungsfonds der Kredit- rubel um 98061276 Rbl. Gold aus dem Reihs-Schaygamt. Da der Fonds bisher 276 939 000 Rbl.- betrug, erreiht er nunmehr 375 Millionen, abgerechnet 75 Millionen, welhe die Kreditbillets temporärer Emission Rubel für Rubel decken. Außerdem wee der Ufas, alles im Deckungsfonds pourlerende Silber, in umma 1125 682 Rbl, durch Gold aus dem Reichs-Schaßamt zu erseßen ; dem- gemäß beträgt jeßt der Nominalbetrag des Goldes des Deckungsfonds mehr als ein Drittel des Nominalwerths der Kreditbillets beständiger

E Ry Ar Hen P r e A S b i: Ae cte a

Preise

loko