1895 / 73 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 23 Mar 1895 18:00:01 GMT) scan diff

ck Ih möchte zunächst darauf hinweisen, daß es sch um eine

Finanzfrage bei diesem Dispositionsfonds niht handelt. Jh habe nicht, wie es in den Zeitungen wiedergegeben wurde, von „Millionen“ gesprochen, die zu diesem Zwecke, wenn es sich nur um dig Entshä- digung der Postbeamten handelte, in den Etat nachträglich einzustellen wären; son ih habe gesagt, daß, wenn die Beamten aller Ressorts, die in ähnliher Weise wie die Postbeamten ih geschädigt glauben, so lange aus einem Dispositionsfonds s{chadlos gehalten werden sollten, bis eine anderweite Gehaltsregulierung für dieselben erfolgt ift, es si allerdings um „Millionen“ handeln würde. Meine Herren, ih bitte do, die Sache niht dahin zu verschieben, daß ih mi gegen die Resolution, betreffend die Bewilliguag eines Dispositionsfonds, aus finanziellen Gründen ausgesprochen hätte; ich habe mi gegen dieselbe aus diensitpragmatischen Gründen ausgesprochen, und der Schaßsekretär ist in diesem Falle nihts als der negotiorum gestor der sämmtlihen betheiligten Ressorts. Es schien mir nicht angänglih, nahdem bisher alle anderen Ressorts durch die Be- \chlüsse der verbündeten Regierungen und des Reichstags etats- mäßig genöthigt sind, für ihre Beamten auch die Schädigungen mit in den- Kauf zu nehmen, die mit dem Dienstalters\tufensystem für einzelne Kategorien verbunden sind, nun einseitig die gleihen Schädi- gungen nur den Postbeamten aus einem Dispositionsfonds zu ver- güten, und die sämmtlichen anderen Ressorts hierbei auszulassen. Das schien mir gegen den Grundsaß zu sprechen: justitia est fundamentum regnorum! Es fann gar nicht ausbleiben, daß, wenn Sie einen sfolhen Dispositionsfonds für die Postbeamten schaffen, der meines Erachtens für die Reihs-Postverwaltung selbst ein Danaergeschenk wäre, in den Beamten aller an deren Ressorts das Gefühl verleßter Gerechtigkeit entstehen muß. Jch kann Ihnen die Versicherung abgeben, und ich habe das s{chon in „der Budget- Fommission gethan, daß tagtäglih wegen einzelner Beamtenkategorien noch jeßt aus allen Ressorts heraus gleichartige Ansprüche unter- }stüßt werden, wie Sie sie für die Neichs-Postbeamten unterstützen, «und das kann ja sahlich auch gar nit anders sein. In all den Ressorts, wo bisher vielfahe Zugänge von Beamten stattgefunden haben, haben zahlr@äche Durhschnittsgchälter zur Verfügung gestanden, über die der Ressorthef verfügen Tonnte zum Besten der Beamten, die mit ihrem Gehalt noch unter dem Durchschnitt sich befanden. In allen diesen Ressorts sind die jüngeren Beamten sehr schnell in ihren Dienst- zulagen fortgeschritten, während die Beamten in den Ressorts, wo folhe vielfahen Zügänge nicht eintraten, bei weitem langsamer in ihren Gehaltsbezügen vorwärts kamen. Die Beamten der ersteren Kategorien fühlen fich jeßt benachtheiligt, aber dieser Zustand ist in der Post kein singulärer; er trifft auch für andere Ressorts zu und zwar sowohl für die unteren, wie die mittleren und höheren Beamten.

Aus diesen dienstpragmatishen Gesichtspunkten, die mir jeßt dur 1# jährige Verhandlungen täglich zu Gemüth geführt sind, habe ich den Gedanken eines Dispositionsfonds bekämpft, aber nicht aus rein finanziellen Rücksichten. - Meine Herren, ich kann deshalb nur die Bitte wiederholen, die ih * bereits an Ihre Kommission gerichtet habe, von diesem Dispositionsfonds abzusehen, der, glaube ih, auch für die Postverwaltung manze Schwierigkeiten mit fich bringen würde; denn für die Reihs-Postverwaltung wird es fehr s{chwierig sein, die Grenze zu ziehen zwishen den Beamten, die zu- entschädigen sind, und den Beamten, denen man glaubt eine Eutshädigung nicht zubilligen zu müssen. Aber ich wiederhole au ferner die Erklärung, die ich ebenfalls bereits in der Kommission abgegeben habe: ih will von neuem mit den Ressorts in Verbindung treten und eventuell auch die preußishe Stimme dafüc zu gewinnen suchen, daß diejenigen Kategorien der Postbeamten, die von der Aenderung des Gehalts- systems in der That besonders hart betroffen sein follten, vielleicht dur anderweite Regulierung ihres Gehalts im nächsten Etat ent-

Had werden. / enn der Herr Abg. Dr. Hammacher an mich die Frage gerichtet

hat, warum ih diese Regulierung, die ih anzuregen gedächte, nicht \chon in diesem Etat durhführe, so is der Grund einfach der, daß solche Verhandlungen mit dén einzelnen Ressorts außerordentlich zeit- raubend find, weil da selbstverständlich die sorgfältigste Abwägung der gegenseitigen Ansprüche stattfindet, und daß, wenn selbst eine Einigung mit den Ressorts erfolgt ist, immer noch die Zustimmung der verbündeten Regierungen eingeholt werden muß.

Ich bitte die Herren also, an meinem guten Willen nicht zu zweifeln und sich überzeugt zu halten, daß ih nicht aus finanziellen Gründen Ihre Resolution bekämpfe, sondern daß“ ih geglaubt habe, dieselbe bekämpfen zu müssen im Interesse einer gerehten Behandlung der Beamten aller Reichsressorts. (Bravo !)

Abg. Rickert ‘fr. Vg.): Wir werden den Beschlüssen der Kom- mission felbstverstänolih zustimmen. Wenn &s sich nur um dienst- pragmatische Gründe handelt, können wir die Resolution ruhig an- nehmen. Bei den anderen Ressorts handelt. es sih nicht um eine so roße Anzahl von Beamten und nicht um eine so große Schädigung der- . felben, wie bei der Postverwaltung. Bezüglich der Resolution Müller will ih erft den Verlauf der Diskussion abwarten. Abg. Singer (Soz.): Es handelt sich hier nur darum, daß ein Ea eingeführt wird, welches mit keiner finanziellen Schädigung der Beamten verbunden is. Wir werden deshalb den Anträgen der Kommission zustimmen und wünschen den Ver- handlungen mit den andern Ressorts guten Erfolg. Wir werden für die Aufbesserung der eamtengehälter stets mit Freuden eintreten, obwohl dadur die heutige Ge- sellshast gestärkt wird. Wenn die verbündeten Regierungen einem einmüthigen Reichstagsbeschluß legen eritenen, werden sie Mittel und Wege finden, um ia einem Nachtrags-Etat die Schädigungen auszugleichen. Die von dem Abg. Müller ragen Resolutionen La en wir mit Freuden, soweit sie die Gleichstellung der Zivil- und Militäranwärter beim Sekretäreramen und unkündbare An- stellung der Beamten verlangen. /

Abg. Dr. lle 2 Sagan konstatiert dem Abg. Dr. Hammacher

. gegenüber, daß über sei R ut : ; Loui ert Worvea id seine Anträge in der Kommission eingehend

Abg. Gr ö ber (Zentr.): Wenn ih au in der Sache dem An- trag des Abg. Dr. Müller zustimme, so gus ih doch a Bedenken, heute hon mi, auf eine so einshneidende Maßregel einzulassen. Besonders halte ich die Forderung für eine durchaus gerechtfertigte, S M r Ee tian } niht zu lange hinauézuschieben

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eine finanzielle Seite kaum hat. um so leichter, als diese Frage

Bevollmächtigter zum Bundesrath, Direktor i as Wirklicher Geheimer Rath Dr. Fi sche r: Was die rem Reihb-Postamt, u auf die Dienstzeit betrifft, 9 sind die fünf Jahre nicht bloß für en kei

reußen, sondern für das ganze Reich festgeseßt, und wir hab

rund, davon abzugehen. amentlich die mittleren Bober welche in_der Regel {on mit 17 Jahren eintreten, gelangen früher u einer festen Anstellung als die Supcrnumerare anderer Ressorts. Der Vorschlag des Abg. Dr. Müller bildet ein Novum, das nur mit

großen organischen Veränderungen durchzuführen wäre. Ich bitte also die Resolution Müller abzulehnen.

Abg. Dr. Müller-Sagan zieht darauf den Punkt 4 seines Antrags zurü. s

Punkt 1 und Punkt 3 werden abgelehnt, Punkt 2 wird angenommen.

Den beiden ersten Resolutionen der Kommission stimmt das Haus zu. (Die Nx. 3 kommt beim Titel der Landbrief- träger f. unten zur Verhandlung.)

Abg. Dr. Müller-Sagan regt bei dem Titel des Gehalts für die Geheimen expedierenden Sekretäre, Kalkulatoren u. \. w. an, den Modus der Kautionss\tellung dieser. Beamten zu ändern. Gegenwärtig müßten die Beamten die Kaution auf einmal erlegen und für die Darleihung derselben durch eigens für diesen Zweck gebildete Gesell- schaften hohe Pilsen bezahlen. Geeigneter wäre es, die Kautionen dur Gehaltsabzüge allmählih Ungen: : ;

_ Bevollmähtigter zum Bundesrath, Direktor im Le Besiaint, Wirklicher Geheimer Rath Dr. A her. Die Kautionsstellung der Postbeamten beruht auf einem Gesetze; die Postverwaltung ist bereit, eine Aenderung dieses Geseßes in Erwägung zu ziehen.

Abg. Dr. Müller-Sagan trägt ferner eine Beschwerde über den Vorsteher eines Postamts in Niedershlesien vor, der während einer Wahl den Zeitungssendungen konservative Flugblätter beigelegt und diese auch durch Postunterbeamte portofrei habe austragen lassen. Eine Zeitung, die dies Verfahren kritisiert habe, sei wegen Beleidiaunia bestraft worden. Sodann bemängelt Redner die Höhe der Strafgelder, die den Postbeamten in Abzug gebracht werden.

i Bevollmächtigter zum Bundesrath, Direktor im Reichs-Postamt,

Wirklicher Geheimer Nath Dr. Fischer erwidert, daß diese Straf- gelder im verflossenen Jahre etwa 33 § pro Kopf der Beamten be- tragen hätten. Ueber die Beshwerde gegen den Post-Direktor könne er fich im Augenblick niht äußern, da ihm das Material nicht be- kannt sei. Die Bestrafung der Zeitung sei erfolgt, weil sie dem Be- amten vorgeworfen habe, seine Unterbeamten innerhalb des Dienstes politis beeinflußt zu haben.

Abg. Dr. Förster (Refp.) spricht fich für bessere Bezahlung der Militäranwärter während der Probezeit aus. :

Abg. Werner (Refp.) erhebt Beshwtrden über die Behandlung der Postassistenten. Ein Postassistent sei von Met verseßt - worden, weil er einen Offizier niht gegrüßt habe. Ein anderer sollte verseßt werden, weil er von den Antisemiten als Stadtverordneten- Tandidat aufgestellt worden sei. Besonders häufig fänden die Maß- regelungen bei den Angelegen des Postassistentenverbandes statt.

Bevollmäthtigter zum Bundesrath, Direktor im Reichs-Postamt,

Wirklicher Geheimer Rath Dr. Fischer: Den Vorwurf, daß die Angehörigen des Postassistentenverbandes anders behandelt werden als die übrigen Beamten, weise ih mit aller Entschiedenheit zurück. Von den Beschwerdefällen, die der Vorrednec anführte, ist keiner an die Zentralstelle gelangt. ; _ Abg. Wern er (Refp.): Die Beamten wenden sich mit ihren Beschwerden niht an die Verwaltung, weil fie dort kein wohlwollendes Entgegenkommen erwarten. Wir aber bekommen nie Recht, wenn wir ihre Beschwerden hier vorbringen. i

_ Bevollmächtigter zum Bundesrath, Direktor im Reichs-Postamt, Wirklicher Geheimer Rath Dr. Fischer: Ich kann das nicht ohne Widerspruch lassen. Wir haben {hon viele Beschwerden, die hier zur Sprache gebraht worden sind, als begründet anerkannt und Remedur geschaffen. Jeder Beamte, der sich an uns wendet, weiß, daß er eine unparteiishe Prüfung seiner Wünsche finden wird.

Bei dem Titel „Unterbeamte“ nimmt das Wort der

Abg. Dr.Schoenlank (Soz.)|: Die Arbeitslast der Post-Unter- beamten is eine so große, daß es dringend geboten erscheint, diesen Beamten ebenso wie den übrigen einen angemessenen Erholungsurlaub zu gewähren. Jeßt erhalten die Post-Unterbeamnten niht einen Tag im Jahre Urlaub.

_ Bevollmächtigter zum: Bundesrath, Direktor im Reichs-Postamt, Wirklicher Geheimer Rath.Dr. Fi [er Diese Behauptung des Vor- redners ftimmt niht mit den Thatsachen überein. In den Dienfi- anweisungen der Ober-Postdirektionen ist bereits bestimmt, daß den e N ein Erholungsurlaub bis zu zehn Tagen zu ge- währen ift.

Abg. Dr. Sch oenl ank (Soz.): Die Bestimmung mag existieren, aber sie wird niht angewandt. Es wäre dringend wünschenswerth, daß uns die Reichs-Postverwaltung einmal eine Statistik über die wirklih an Post-Unterbeamte ertheilten Urlaube vorlegte.

An dieser Stelle beim Titel „Landbrieftcäger“ On der von der Kommission aufgenommene Antrag des bg. von Kardorff (Rp.) Ziffer 3 der (im gestrigen Anfangsbericht N tonsanträge „Erhöhung des Meistgehalts der Landbriefträger bis 1 6“ zu: An- nahme. Die zurückgestellten Gehaltstitel werden durchgehends ge- nehmigt. : Die an die Budgetkommission zur Prüfung zurückgewiesene Forderung von 233 000 M (erste Nate) für ein neues Dienst- gebäude in Magdeburg beantragt die Kommission zu be-

willigen.

Ahg. Dr. Liebec (Zentr.): Zur Begründung der Ansicht, daß das Noch'she Gebäude an seinem gg laße zu erhalten sei, ist uns eine Photographie vorgelegt worden. Nun hat {ih aber herausgestellt, daß jenes Gebäude garniht mehr den Anblick gewährt, den es auf der uns vorgelegten Photographie bietet. Meinem Be- fremden darüber, daß man durch die E egueo eines falshen Bildes den Reichstag für die Erhaltung des in Rede stehenden Hauses an der jeßigen Stelle zu interessieren gesuht Hat, batte ih in der Kom- mission bereits Ausdruck en. Der Konservator der Alterthümer der Provinz Sachsen hat Anlaß genommen, in einer Eingabe an den

räsidenten des Hauses meine diesbezüglihen Aeußerungen als eine chwere Kränkung feiner amtlichen Ehre zu bezeichnen. Ich halte diese Beschwerde für eine unberehtigte. Denn es liegt doch eine zwar nicht beabsihtigte, aber do thatsählihe Irreführung des Neichstags vor. Wir müssen der Reichs-Postverwaltung dafür dankbar sein, daß sie uns demgegen- über das wirklihe Bild des Hauses vorgelegt hat; denn daraus geht deutli hervor, daß das Roch'sche Haus {hon jeßt seines ursprüng- lichen Charakters völlig entkleidet ist. Was des Konservierens werth ist, soll bei dem Neubau des Postgebäudes so viel als mis erhalten werden. Es liegt also nit der geringiie Grund vor, die Forderung Fe NReichs-Postverwaltung abzulehnen ; wir werden für die Bewilligung immen. (

Staatssekretär des Reichs-Postamts Dr. von Stephan:

Meine Herren! Der Herr Referent hat die Vorgänge in der Budgetkommission, wo eine sehr eingehende Prüfung der Vorlage, der Zeichnungen und Photographien stattgefunden hat, Ihnen mit gewohnter Präzision ausführlich geschildert. Fch kann auch von dieser Seite aus den Gründen nur vollkommen beitreten, die der Herr Abg. Dr. Leber in ästhetisher, in finanzieller und in technish-praktisher Hinscht für die Beibehaltung des Ihnen vorgelegten Bauplans angeführt hat. Jh glaube daher lediglich eine Pflicht zu erfüllen, wenn ich mir zur Wahrung aller dieser verschiedenen Interessen erlaube, an das hohe Haus die Bitte zu richten, in Uebereinstimmung mit dem mit über- wiegender ‘Mehrheit gefaßten «Beschluß Ihrer Budgetkommistion den Bauplan der Reichs-Postverwaltung zu billigen.

Ahg. von Leipziger (d. kons.) erklärt, - daß seine Partei gegen die Bewilligung stimmen werde. | B f s

Die Forderung wird bewilligt,

« Die zu der Frage des Dienstaltersstufensystems einge- laufenen Petitionen beschließt das Haus, den verbündeten

. Regierungen theilweise als Material und theilweise zur Er-

wägung zu überweisen. Hierauf wird um 51/4 Uhr die Vertagung beschlossen.

Präsident von Leveßow fschlägt vor, die nächste Sitzung auf einen mehrseitig ausgesprohenen Wunsch ‘am Sonnabend erst um 2 Uhr beginnen zu lassen.

Abg. Graf von Hompesch (Zentr.): Ih möchte den Herrn E bitten, die Sizung schon um 1 Uhr anzuberaumen. Sein

orshlag gründet sih darauf, daß eine Anzahl Mitglieder dieses Hauses auch Mitglieder des preußischen Abacarvnetenbautes find. Es ist im höchiten Grade wahrscheinlih, daß die - desfallsigen Verhand- lungen im Abgeordnetenhause {hon um 1 Uhr abgeschlossen sein werden, und darum bitte ih, die Zeit von 1 Uhr beizubehalten.

Präsident von Leveßow: Ich habe gar kein persönliches Jater- e daran, ob die Sihung um 1 Uhr oder um 2 Uhr beginnen foll.

ur auf Wunsch einiger Mitglieder des Hauses habe ih die Sitzung luf 2 Uhr anberaumt. Ich werde darum über diese Frage abstimmen assen. :

Das Haus stimmt dem Vorschlage des Abg. Grafen von

Hompesch zu.

‘Entscheidungen des Reichsgerichts.

Der Vater ift, nah einem Urtheil des Neichsgerichts, 1V. Zivil- senats, voni 5. November 1894, im Gebiet des Preuß. Allg. Landrechts für den Unterhalt seines, bei der vom Vater getrennt lebenden Mutter befindlihen, unmündigen Kindes durch Gewährung von Alimentationsgeldern zu E aen verpflichtet, selbst wenn ihm die Erziehung des Kindes mit Unrecht vorenthalten wird. „Wenn au davon auszugehen ist, daß der Vater, der nah § 65 Il 2 A.-L.-R. hauptsählih die Kosten zur Verpflegung des Kindes hergeben müsse, die Verpflegung der Regel nah durch Hergabe des Naturalunterhalts in seiner Wohnung zu gewähren verpflichtet sei, so könne diese Regel dann nicht zur Anwendung kommen, wenn das Kind sich ohne seine Schuld außerhalb der väterlißen Wohnung aufhalté. In diesem Falle sei der Vater verpflichtet, dem Kinde den Unterhalt an dem

rte seines außerhalb der väterlihen Wohnung belegenen Aufenthalts zu gewähren und, da dort durch die Trennung der häuslichen Gemein-

{haft die Naturalverpflegung unausführbar sei, die für den Unterhalt

erforderlichen Geldbeträge zu zahlen. Die Vorausseßung, daß das: Kind ohne seine Schuld sih außerhalb der väterlihen Wohnung aufhalte, treffe bei einem Unmündigen, der sich bei dêr vom Vater getrennt lebenden Mutter befindet, zu, da jener einen eigenen Willen, vermöge dessen er die Mutter verlassen und zum Vater zurückehren könne, niht habe. Der dem Kinde zur Geltendmachung des Alimen- tationsanspruhs bestellte Pfleger sei zu einer S über den Aufenthaltsort des Kindes ebenso wenig berufen. uch könne der Vater aus dera § 70 11 2 A.-L.-R. keinen Grund zur Weigerung der Zahlung von Unterhaltsgeldern entnehmen, da es seine Sache sei, durch Vermittelung der Vormundschaftsbehörde zunächst in vollstreck- barer Form sein Necht auf die Erziehung der Kinder in seiner Hâus lichkeit feststellen zu lassen (§8 72, 73 a. a. O.).“ (174/94.)

Nach Art. 85 des Handel8gesezbuhs bedarf es zur Gültigkeit des Gesellschaftsvertrages der schriftlihen Abfassung oder anderer Förmlichkeiten niht. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Reichsgericht, IV. P durch Urtheil vom 22. November 1894 ausgesprochen, daß auch durch stills{chweigende Vereinbarung

eine Handelsgesellshaft errihtet werden kann. Es if anzunehmen,

“daß das Berufungsgericht auch die Verbindlichkeit einer ftillschweigenden a

Vereinbarung nicht außer RNücksiht hat lassen wollen . «." Das Berufungsgeriht hat in richtiger Auffassung deë Art. 85 des Handels- geseßbuhs geprüft, ob {lüssige Thatumstände für die Annahme, daß zwischen dem Kläger und G. eine Willenseinigung betreffs der Er- richtung einer Handelsgesellschaft erfolgt sei, vorlägen. Wenn es dann auf Grund der Soitlanen hatsahen nicht ohne weiteres zu jener Annahme gelangen zu können erklärt, vielmehr noch den Eid einer

Partei darüber für erforderlih erahtet, so handelt es ih dabei um

rein thatfächlihe Erwägungen . ..“ (154/94.)

Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgerichts.

Die langjährige, thatsächliche Benuyung eines We e , welcher das einzige Kommunikationsmittel für den Verkehr zwischen gewissen Ortschaften ist, durch zahlreihe Passanten und auh von Fuhrwerken ergiebt, nah einem Urtheil des Ober-Verwaltungs- gerichts, TV. Senats, vom 23. Mai 1894, für sih allein nicht noth- wendig die Eigenschaft eines Weges als öffentlichen; diese Be- nußung kann vielmehr nur dann als Beweis für die Oeffentlichkeit dienen, wenn fie unter Umständen erfolgt, die darauf {ließen lassen, daß der Weg unter Zustimmung der rechtlich Betheiligten dem öffentlichen Verkehr gewidmet ist. „Die vom Nevisionskläger in Bezug genommene diesseitige Entscheidung vom 29. April 1890 in Sachen V. c/a D. steht mit der vorbezeihneten, dem Berufungsurtheil zu Grunde liegenden RNechtsauffafsung nicht bloß niht in Widerspruch, ondern sie ebt von der gleihen Rechtsauffassung aus, indem sie den in jenem Falle vom Berufungsrichter seiner Entscheidung zu Grunde gelegten Saß als im wesentlichen nicht rechtsirrthümlich anerkennt, der dahin lautet, daß ein Weg als ein öffentlicher zu erachten fei, von dem es feststehe, daß er das einzige Kommunikationsmittel für den Verkehr zwischen gewissen Ortschaften sei und von jeher von Jeder- mann frei, offen und ungehindert unter Umständen benußt worden sei, welche auf seine Bestimmung für den öffentlihen Verkehr {ließen lassen. Hiernah foll es also zur Feststellung der Oeffentlichkeit eines Weges nicht genügen, daß der Weg das einzige Kommurikationsmittel für den Berkehr zwischen gewissen Ortschaften ist; auch nicht, daß der Weg von Jedermann frei, offen und ungehindert benußt worden is sondern es muß zum Nachweise der Veffentlichkeit des Weges zu der s ia Vorausseßung“ noh hinzutreten, daß die von Jeder- mann frei, offen und ungehindert erfolgte Benußung unter Umständen erfolgt ist, welhe auf seine Bestimmung für den öffentlichen Verkehr {ließen lassen, d. h. es müssen neben solcher thatsächlihen Benußung Umstände exkennbar sein, welche darauf {ließen lassen, daß unter Zu- stimmung der rehtlich Betheiligten die Widmung des Weges für den öffentlichen Verkehr erfolgt is . . . Sollte ein dringendes Bedürfniß zur Anlegung eines öôffentlihen Weges auf der gedachten Fläche vor“ handen sein, so würde diesem Bedürfniß nur dadurch Rechnung ge“ tragen werden können, daß die Wegebaupolizeibehörde dem Wegebau- pflihtigen die Anlegung eines neuen Weges, bezw. die Umwandlung des von ihm zu erwerbenden privaten Weges in einen öffentlichen aufgiebt.“ (IV. 668.)

Nach § 8 des Gewerbesteuergeseßes vom 24. Junt 1891 sind Betriebe, deren Zugehörigkeit zu einer der Steuerklassen I, I1, IIIT lediglih durch die Pöhe des Anlage- und Betriebskapitals bedingt ist, auf Antrag des Steuerpflichtigen in die dem Ertrage ent“ sprechende Steuerkla}s se zu verseßen, wenn ‘der erzielte Ertrag nachweislich zwei Jahre lang die Höhe von 30000 4 in Klasse 1 15 000 A in Klasse 11 und 3000 Æ in Klasse 111 nicht erreicht hat. In Bezug auf diese Bestimmung hat das Ober-Verwaltungsgericht, VI. Senat, 1. Kammer, durch Entscheidung vom 11. Oktober 1894 ausgesprochen, daß hiernach der Steuerpflichtige niht etwa in die n äch ste niedrigere Klasse, sondern in diejenige Klasse zu versehen ist, die dem steuerpflihtigen Ertrag, d. h. dem Ertrag des Vorja res entspricht, während die Höhe des Anlage- und Betriebskapitals über- haupt nicht berücksihtigt wird. Ein in Klasse 1 zu 300 „6 Steuer veranlagter Steuerpflichtiger hatte bei einem Anlage- und Betriehs- kapital von mehr als 1000 000 A in den beiden Vorjahren einen

die Kornhausbrücke in Bern.

in ‘Benzelrath bei Tretschen

* wirklihe und ernste Kunst zugelassen.

M nit erreihenden Ertrag aus seinem Gewerbebetriebe er- t Der e flihtige beantragte Verweisung in die Klasse Un er wurde aber ues Einspruchöbesceid zur Klasse 11 verwiesen, wei der Ertrag jedes der beiden Vorjahre mehr als 15 000 # betragen hatte. Die Berufung des Steuerpflichtigen wurde zurückgewiefen. Der hiergegen mit dem Antrage auf Verweisung zur Klasse I11 erhobenen Beschwerde wurde vom Ober-Verwaltungsgeriht fstatt- egeben, indem es begründend ausführte: „.….. Eine Andeutung, daß die Versezung nur in die nächste niedrigere Klasse erfolgen dürfe, findet ih weder in dem Gewerbesteuergeseß noch in der Ausführungs- anweisung. Ein Betrieb, welcher wegen des 1 000 000 übersteigenden Anlage- und Betriebskapitals in Klasse T veranlagt ist, aber in den leßten zwei Jahren einen 30 000 Æ nit erreihenden Ertrag, gehabt hat, muß daher auf Grund des § 8 des Gewerbesteuergeses in die- jenige Klasse verseßt werden, welche dem steuerpflichtigen Ertrage des leßten Jahres cutspriht. Die Berufungsentscheidung, welche bloß

. eine Verweisung zur Klasse 11 für zulässig und eine Verfeßung in die

Klasse IIT nur dann für angängig erachtet, wenn der rtrag zwei

Fahre lang den Betrag von 15 000 # nicht erreicht habe, befindet ih deshalb nicht im Einklange mit dem bestehenden Recht und unter- 37 Nr. 1 des Gewerbesteuergeseßes.

liegt der Aufhebung nah (Rep. VI. G. 17/93.)

Nr. 11A des „Zentralblatts der Bauyperwaltung“, herausgegeben imMinisterium der öffentlichen Arbeiten, vom 20. d- M. hat folgenden Inhalt: Die Neuordnung der preußischen Staatsbahn - Verwaltung. Schienenbefestigun an Vautherin- Schwellen. Vermischtes: Wettbewerb für ein enkmal in as MWettbewerbe für ein Rathhaus in Cöthen. Preiéauss{reiben für ein Restaurationsgebäude im Volksgarten in Düsseldorf. Preis- aus\chreiben des Vereins für Gesundheitstehnik. Wettbewerb für RNRundholzrehner „Kubus“. Büchershau. Neue Patente.

M

Statistik und Volkswirthschafr.

Zur Arbeiterbewegung.

Aus Köln meldet „W. T. B.“: Gestern legten 50 Arbeiter der Braunkohlen - und Briquetfabrik „Grube Sibylla“ wegen zu geringer Löhne die Arbeit nieder. Die benachbarte Werkschaft „Glück auf“ wurde demoliert. Der Gendarm, der gegen die wüthende Menge blank zog, A Mh erhebliche Verleßungen am Kopfe. Das ert lie d Aus München wird dem „Vorwärts“ zum Ausstand der Müller in der Krämer'shen Kunstmühle (vgl. Nr. 16 d. Bl.) be- richtet, daß die Arbeiter folgende Forderungen gestellt haben: Schaffung einer Arbeitsordnung ; freies Koalitionsreht ; einen Mindest- lohn von 3 4; Regelung der Arbeitszeit obligatorisch von 6 bis 6 Uhr mit den üblichen Zwischenpausen; Lohnzuschlag bei Ueber- stunden. Von den 160 Münchener Müllergehilfen sollen 71 Mann der sozialdemokratischen Organisation angehören. Aus Lüttich meldet ,W. T. B.“ : Vorgestern durchzogen den ganzen Tag Gruppen von Ausständigen singend die Stadt; gestern Abend wurde in ungefähr zehn Kohlengruben gefeiert. Auf den nach der Grude „Espérance“ führenden Wegen wurde der Verkehr untersagt. Eine Gruppe Ausständiger, welche dieses Verbot umgehen wolite, wurde von der Polizei zurückgetrieben, worauf aus der Gruppe mehrere Revolvershüsse fielen. Als die Polizei dann die beiden Hauptführer verhaftete, griffen die Ausständigen die Polizei von neuem an und bewarfen sie mit Steinen, worauf die Polizei von ihren Revolvern Gebrauch machte und mehrere Ausständige ver- wundete. —- Wie der „Köln. Ztg.“ mitgetheilt wird, hat sich die Lage bei der gestrigen Anfahrt in den Kohlenbergwerken eher verschlimmert als gebefsert. Einige hundert Arbeiter sind auf den auf \tädtishem Gebiet gelegenen Gruben neu in den Ausstand getreten. Die Arbeiter verlangen hier und da eine Lohnerhöhung, in den meisten Fällen äußern sie ihre Wünsche nicht. Jedenfalls ist. der vor- estern beschlossene allgemeine Ausstand noch nicht erfolgt, Im ezirk Charleroi feiern an einzelnen Stellen einige hundert Mann. Der dort angedrohte Ausstand der Glasbläser ist au wohl

nit mehr zu befürchten, nahdem die Arbeiter erkannt haben, daß bei

dea s{chlechten Zeiten für einen Feiernden zwei Stellvertreter sich melden würden. |

Nach Mittheilung des Stat istishen Amts der Stadt Berlin find bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 10, März bis inkl. 16. März cr. zur Anmeldung gekommen: 979 Lebendgeborene, 271 Ehbeschließungen, 19 Todtgeborene, 803 Sterbefälle.

Kunst und Wissenschaft.

Der Verein bildender Künstler Münchens „Sezession“ wird seine Frühjahrs-Ausstellung am morgigen Sonntag Vor- mittag feierlih eröffnen. . Aus D en wird darüber geschrieben: „Die Ausstellung wird etwa 300 Werke umfassen und dürfte für das kunstsinnige Publikum von größtem Interesse sein, denn fie übertrifft wesentlih ihre Vorgängerin an reizvollen, \frisch empfundenen Werken und bekundet einen entshiedenen Fortschritt unserer jungen Kunst. Die Jury hat wieder mit größter Strenge ihres Amtes gewaltet und nur

D 1D Die meisten älteren und jüngeren Mitglieder der „Sezession“ und außerdem eine große Anzahl von Nichtmitgliedern haben eingesandt.“ 2

Literatur.

Nechts- und Staatswissenschaft.

Kr. Handbuch des geltenden öffentlihen und Privat- rechis für das Gebiet des preußischen Landrecht s. Unter Mitwirkung von F. Tourbió, Stadtrath, und R. Korn, Magistrats-Assessor, herausgegeben von R. Zelle, Ober-Bürgermeister von Berlin. 3. vermehrte Auflage. Berlin, 1895. Julius Springer. 8. S. 580. 7 M Der ersten, im Jahre 1888 erschienenen Auf- lage folgte 1890 die zweite, und jeßt liegt in vollständiger Um- ge taitung bereits die dritte Auflage vor. Die Grundlage bildet das

ÜUgemeine Preußische Landrecht, dessen Anordnung in seinen beiden Theilen und Liteln festgehalten ist, sodaß mit dem Sre als Theil 11 Tit. 20 der Abschluß gemaht wird. it yoll- \tändiger Beherrshung des Stoffs wird das heutige Recht dargestellt, in weselnder Ausführlichkeië, wobei dem öffent- lien Ret ein Uebecgewiht zugestanden is. Es darf dies be- sonders hervorgehoben werden, denn Städteordnung (S. 177 ff.), Gemeindeordnung (S. 227 ff.), Kirhenrecht (S. 320 fff.), Schulwesen (S. 347 ff.), Staatsverfassung und Verwaltung (S. 361 ff.), vor- U das neue Staats- und Kommunalsteuerrecht Ren kaum N anders eine so kurze, sharfe und gemeinyverständlihe Dar- E gefunden haben. Das Handbuh sollte als belehrender

athgeber in der Bibliothek jedes ürgers einen Play finden. Dem

Begründer des Werks ur : ; z 4 l werthe Arbeit ale Ante, Mitarbeitern gebührt für die dankens

Die Landwirthschaftskammern nah dem Geseg vom Pa u 1894. Von Dr. jur. Wittig, Amtsrichter. Berlin 1895. 3 P R urt 8. S. 94. Nachdem in der Einleitung die Entstehung seiner Bea erten folgt Qs Ligne eine Dung e eines Inhalts. Den in wört- icher Abdruck des Gesezes und ein Sachregister. E

, Führer dur das neue Kommunalabgaben-Gese im Rahmen der Landgemeindeordnung für Gemeindeangehörige M

räumen mit 1

Gemeindevorsteher. Allgemein verständliche Darstellung von Er i ch von Saucken, Landrath des Kreises Fischausen. Frankfurt a. O. Trowibßsh & Sohn. 8. S. 37. Pr. 60 A. Jn der behandelten Materie wohlerfahren und die praktishen Bedürfnisse berücksichtigend, iebt der Verfasser eine zweckmäßige Anleitung, der eine erfolgreiche erbreitung zu wünschen ist. Verschiedenes. :

Otto von Bismarck. Ein Lebensbild. Zu seinem actzigsten Geburtstage dem deutschen Volke gewidmet von Karl Strecker. Mit 90 Illustrationen, darunter 30 Original-Aufnahmen aus dem Bismarck-Museum in Schönhausen mit Genehmigung des Fürsten Bismarck. Berlin 1895. W. Pauli’'s Nachfolger (H. Jerosh). Volks- ausgabe Pr. 1 , in Prachtband Pr. 1 #4 fo S. Das ganze Leben und Wirken des früheren Reichskanzlers, von der Geburt an bis zur Gegenwart, wird dem Leser in diesem Buche von dem be- kannten Dichter des „Sang von Mönchgut“ in sorgfältiger Form und einer von, begeisterter Vaterlandsliebe geïragenen Sprache vor Augen geführt. Was dem Werk aber nicht minderen Werth verleiht, das ist die bildlihe Ausstattung. Unter den 90 Illustrationen finden sih viele Original-Aufnahmen künstlerisch werthvoller Geschenke und Adressen oder anderer seltener und eigenartiger Gegenstände aus dem Bismarck-Museum in Schönhausen. Das Buch eignet sich ganz besonders zum Geschenk für die Jugend. 5

Fürst Bismarck in seinen Aussprüchen 1845—1894. Von E. Schröder. (Deutshe Verlags-Anstalt in Stuttgart.) ls elegant fartoniert 1,4 In systematisher und chronologischer

rdnung sind in diefer kleinen Schrift die bezeihnenbsten und wichtigsten Aussprüche des Fürsten Bismarck vereinigt, ,von denen viele bereits als „geflügelte Worte“ in aller Munde sind. Ort und Zeit der Ent- stehung ist stets genau angegeben. Das hübsch T Heftchen wird zu dem bevorstehenden Jubiläum den Verehrern des großen Staatsmannes 1illklommen sein. : : i: i

Zum 80. Geburtstage des Pen Bismarck läßt die Schulze'she Hofbuchhandlung in Oldenburg die 11., an Text und Illustrationen vermehrte Auflage der „Vaterländischen CEhren- tage“ ersheinen. Tie darin enthaltenen Dichtungen von dem Ver- leger A. Schwarß sind unter gewaltigen geschichtlichen Gindrücken entstanden und von vaterländisher Begeisterung erfüllt. Das Lied „Germania, die Wacht am Rhein“ wurde am Tage der Niederwalt- denkmal-Enthüllung bei dem Kaiserlichen Festbankett von dem Kölner Männergesangverein als Festgruß vorgetragen. In der reichen Aus- stattung mit 40 großen und kleinen Bildern dürfte die kleine Fest- gabe bei dem billigen Preise von 60 S die weiteste Verbreitung finden.

Von dem an dieser Stelle wiederholt erwähnten trefflichen -

Lieferungswerk „Das Leben ves Meeres“, das yon Dr. Conrad Keller- Zürih herausgegeben wird und von den Professoren Carl Cramer und Hans Schinz mit botanischen Beiträgen versehen ist, sind jeßt - die Lieferungen 11 bis 13 erschienen. Darin wird das Kapitel über die Sternthiere oder Echinodermen zu Ende geführt und ein neues über die Urthiere (Protozoa) begonnen. Außer- dem sind in diesen Lieferungen folgende Abschnitte ent- halten: Der Kreis der Würmer, Die Medusen und ihre Verwandten, Hydroidpolypen und Korallen, Die Schwämme. Neben zahlreichen guten Abbildungen im Text, die das Verständniß des populär gehaltenen Werks erleihtern, sind hier auf befonderen Tafeln Darstellungen der Sternthiere der arabishen Küste und der ostafrikanishen Riffkorallen sowie der von C. Keller nah dem Leben emalten Medusen des Rothen Meeres beigefügt. Das interessante

erk, welches etwa 15 Lieferungen A soll, ersheint im Verlage von T. O. Weigel Nachfolger (Chr. Herm. Tauchnit) in Leipzig. Jede Lieferung kostet 1 #4

Verlag und Redaktion des „Lahrer Hinkenden Boten" seßen einen Preis von 1000 4 für die beste Erzählung aus, welche ihnen bis zum 1. Dktober 1895 eingereiht wird. Diefelbe kann ernsten oder heiteren Charakters fein, foll aber möglichst einen Gegenstand behandeln, der dem deutshen Bürgers- und Bauersmann wirklih am Herzen liegt, und vor allem fesselnd sein. Die Verlags- buhhandlung von Moriß Schauenburg in Lahr, bei welcher die näheren Bedingungen zu erfragen sind. behält sich vor, außer dem preisgekrönten Werk, dessen auss{hließliches Eigenthum nach Zahlung des Preises an sie übergeht, auch andere Erzählungen zu dem bei dem Kalender üblichen Honorarsaßzz zu erwerben. Die Entscheidung erfolgt am 1. Januar 1896. i

Zeitschrifxren.

„Die Blätter für soziale Praxis in Gemeirde, Vereinen und Privatleben“, vie zugleich als Organ des Verbandes deutscher. Gewerbegerihte wirken und von Dr. J. Fastrow im Verlag von Siemenroth u. Worms in Berlin SW. 48 herausgegeben werden, haben in der Nr. 113 vom 28. Februar folgenden Inhalt: Die Grundlagen der Arbeitslosen- Versicherung in Basel-Stadt. Von Prof. Dr. G. Adler. Schlußbemerkung. Von Dr. K. Oldenberg. Erzieh!:ng, Schule: „Vereinigung für körperliche und werkthätige Er- ziehung“ im preußishen Abgeordnetenhause. Eislauf auf Schulhöfen in München. Lehrerbesoldungs-Geseß in Braunschweig. Armen- pflege : Armenordnung für Siegen. FKrankenheilung: Kosten der N Kranken»flege in Berlin, R Frankfurt a. M. und

eipzig. Uebertragung der städtischen Krankenpflege an ein Diakonissen-

haus. eue Oa für Lungenkranke und Rekonvaleszenten- Anstalten. Versicherung: Reformanträge zu den Reichs-Versiche- rungsgeseßen. Wohnungswesen: Zur Ausführung des hessischen Wohnungsgesetzes. Beschränkung des Retentionsrehtes in Hamburg. Staatssteuer auf Gasthöfe in Preußen. —- Bergbau. Gewerbe: Zehn Jahre Wiener Arbeitsvermittlung. Städtishe Gasversorgung in England. Allgemeine Kommunal- und Sozialpolitik. Mit- theilungen des Verbandes deutscher Gewerbegerihte.

Zentralblatt für allgemeine Gesundheitspflege. Herausgegeben von DDr. Fi nfelnburg, Lent und e LLSE Bonn, Emil Strauß. Heft 12 des XIIT. Jahrgangs enthält namentli folgende Abhandlungen : Reinhaltung der Luft in Fabrik- Abbildungen von Dr. H. Albreht-Groß Lichterfelde ; Bericht über den 12. Kongreß für erziehlihe Knabenhandarbeit in Danzig ; die Bauordnungen in New-York und Chicago. ; Die „Zeitschrift für gewerblichen Rechts \chug“, Archiv für Erfindungsrecht für Marken-, Muster- und Firmenschut, Organ des Deutschen Vereins für den Schuß des gewerblihen Eigen- thums, Herausgeber Paul Schmid, Rechtsanwalt in Berlin (Verlag: N. Oldenbourg in München und Leipzig) hat in der Nr. 9 vom 21. März folgenden Inhalt: Geseßgebung. Schweiz. Bundes- geseß, enthaltend Uebergangsbestimmungen zum Bundesgesetz- vom 26. September 1890. Vollziehungsverordnung zum Bundesgeseß vom 29. Juni 1894. Rechtsprechung. Deutschland. Gebrauchsmuster. Großbritannien. Entscheidung des höchsten englishen Gerichts- hofes über das Nobel’sche Patent. Schweiz. Zur Auslegung der

D „Erfindung“ und „Neuheit“ im s{chweizerishen Patentgeseß.'

atent-, Muster- und Markenshuß-Behörden. Deutsch- land. Patentamt: Bekanntmachung. Mittheilung“ der Abtheilung für Waarenzeichen. Schweiz. Aus dem Geschäftsbericht des \hweizerishen Amts für geistiges Eigenthum pro 1894. Nord- Amerika. Neue Ausführungsbestimmungen. Patentamtliher Bericht über das Jahr 1894. Internationale Union. Kleine Mit- theilungen. Literatur. Â A Im März-Heft der „Deutschen Rundschau“ berichtet der bekannte Sanskritforsher Max Müller über das im A eriann Jahre veranstaltete „Religionsparlament in Chicago"; Permann Grimm führt seine feingeistigen Erklärungen der Ilias weiter, die dieses Mal dem sechzehnten und siebzehnten Gesang des Epos, dem „Tod des Patroklos* zu gute kommen; Eduard Strasburger seßt seine E Streifzüge an der Riviera" fort; Albreht Wirth giebt A nde Darstellung von dem , Aufschwung Süd-Afrikas“, die zu einer ebenso sorglich gearbeiteten, wie knapy gehaltenen Geschichte Süd-Afrikas S auszigestalten bestimmt ist; Wilhelm Lang endlich bringt eine eihe neuer Beiträge zur BEUeang des "Lebens „am Hofe König Jórôme's* durch seine Mittheilungen „Aus Karl Friedrich Reinhard's Leben“. Die Zeitgeschichte wird in einer „Politischen Rundschau“, neue literarische Erscheinungen der Gegenwart in der „Literarischen

R behandelt. Die Belletristik aber is auch in diesem Heft durch Theodor Fontane?'s, nunmehr zum Abschluß gelangten - Roman „Effi Briest* auf das beste vertreten. L :

Heft 23 (2. Jahrg.) der Zeitschrift für die erzählende Literatur aller Völker „Die Romanwelt“ (Stuttgart, I. G. Cotta'she Buch- handlung) enthäkt Fortseßungen der Romane „Aus altem Hause* von Theodor Duimchen, „Der Tintenfleck" von René Bazin, aus dem Msten von Heinrih Hügel, und „Esther Waters“ von, George

oore, aus dem Englischen von A. Bock. Den Schluß des Heftes bildet die Fortseßung des Aufsaßzes „Japanifche Herbsteindrücke“ E von Pierre Loti, aus dem Französishen von Robert Prölß. „Die Romanwelt* kann in Wochenheften zu 25 H, sowie in Voll- heften (je 4 Wochenhefte enthaltend) zu 1 # bezogen werden. j

Das erste Quartal des Jahrgangs 1895 der „Neuen Musik- Zeitung“ (Verlag von Carl Grüninger, Stuttgart) enthält neben einer Auswahl von Novellen, Humoresken, Texten für Liederkompo- nisten, ferner- neben Berichten über Opern- und Kbnzertnovitäten aus allen größeren Städten Guropas, sowie über Leistungen hervorragender Virtuosen und Komponisten mit deren Biographien folgende Aufsäße: „Ueber Auffassung und Vortrag Chopin’sher Klavterstücke“ von Theodor Pfeiffer, „Intimes über Robert Franz“ von Mar Kretshmar, „Lebenserinnerungen“ von Eduard Hanslick, Musik- verhältnisse in Frankreih, Rom, in Mexiko und Gua- temala, „Robert Schumanns8s Chorlyrik®“ von Bernhard Vogel, „Musikhistorishe Kuriositäten aus dem Museum der Stadt Wien“ von A. Friedmann, „Gesanglehrer in Jtalien“ von_Dr. A. Untersteiner, „Beethovenstudien“ von Dr. Th. von Frimmel, „Quinten-

arallelen“ von Cyrill Kistler, „Schubert und Beethoven“ *von R. Batka, „Die Singvögel von Mittel-Amerika®* von Dr. Carl Sapper, „Richard Wagner und Ferd. Präger“, „Ursprung und Wesen der Musik nach orientalischen Sagen“ von Berthold Laufer, „Konzert- Cafés in Paris“ von Karl G, Leonhardt ; {ließlich Klavierstücke von Fr. Zierau, Paul Höfle und Cyrill Kistler, Lieder von Bruno MWandelt und Günter Bartel nebst einem Duo für Violine und Klavier von Hans Huber. Der vierteljährlihe Abonnementspreis beträgt 1 A Probenummern versendet die Verlagshandlung unent- geltlih und postfrei.

Land- und Forstwirthschaft,

Saatenstand in der Türkei. /

Während in der Westhälfte der europäishen Türkei bereits Anfang Februar Schneestürme und starker Frost eintraten, blieb die Witterung in den übrigen Theilen der Türkei noch bis gegen Ende des Monats milde. Alsdann fiel auch hier etwas Schnee, indessen ohne daß Frost darauf folgte. Der Saatenstand wird im allgemeinen als' günstig angesehen; nur in Syrien und einem Theil von Paläftina wird Regen gewünscht. Auf dem Hochplateau von Kleinasien hat die milde Witterung die Bestellung einer größeren Fläche zugelassen als im vorigen Jahre.

Saatenstand in Dänemark.

Die Wintersaaten, welhe während des lang andauernden Frostes überall mit einer shüßeriden Schneeschicht bede waren und infolge der jeßt eingetretenen milden Witterung nunmehr großentheils wieder zum Vorschein kommen, scheinen durch die Kälte keinen wesentlichen Schaden erlitten zu haben.

In der „Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten“ veröffentlichte vor einiger Zeit O. Kirchner eine sehr wichtige Arbeit „über die Ves- handlung des Saatgetreides mit warmem Wasser als Mittel gegen den Flug- und Steinbrand“. ‘Man hatte früher fast aus\chließlich gegen den Getreidebrand, welchem in Amerika jeßt noh jährlih fast die halbe Ernte zum Dpfer fällt und der allein in Deutschland alljährlih einen Verlust von vielen Millionen Mark verursaht, eine Behandlung mit 0,5 °/6iger Kupfersulphatlösun in Anwendung gebracht, die auch jeßt noch sehr vielfa benußt wird. Schon vor mehreren Jahren hatte nun aber Jensen nachgewiesen, - daß eine kurze Behandlung des Getreides mit warmem Wasser ein vorzüglihes Entbrandungsmittel sei, ohne daß die Keimfähigkeit der Körner auch nur im geringsten darunt?r litte, pas also diesem Verfahren der Borzug vor der Kupfersulphat- behandlung gebühre. Dagegen veröffentlihte Kühn Beobachtungen, wonach das Getreide durch die Warmwasserbehandlung ftark leide, und brachte hierdurch die Resultate Jensen'ss in Deutschland stark in Mißkredit. Bis auf Kirhner wurden darauf in Deutsch- land nach der Kühn’schen Veröffentlihung keine kritischen Versuche. mehr angestellt; dagegen beschäftigten fch - die Ausländer desto lebhafter mit dieser. für die e E so hohwihtigen Frage, und alle ihre Arbeiten zeigten sehr deutlich, daß die Kühn'’schen Versuche fehlerhaft gewesen sein müssen, denn stets rourde der Warmwasserbehandlung der Vorzug -vor der Kupfersulphat- behandlung zuerkannt. Auch Kirchner kommt nun zu diesem Resultat, und zwar auf Grund einwandsfreier Forshungen. Er stellte zunächst fest, daß eine 5 Minuten lang dauernde Einwirkung von 54,5 bis 56 Gr. C. warmem Wasser genügt, um die Keimfähigkeit der Flug- brandsporen zu vernichten. Auf der anderen Seite zeigte es sch, wenn man Getreide fünf Minuten lang dieser Wasser- temperatur ausseßte, daß dann Weizen und Noggen allerdings eine sehr geringe Shwächung ihrer Keimfähigkeit erlitten, während Gerste und Hafer dagegen eine gewisse, aber deutlich nachweisbare Förderung erfuhren. Anbauversvhe, welche Kirchner mit stark mit «Brandstaub* verunreinigten Körnern - eines im Vorjahre geernteten April-Weizens anstellte, ergaben, daß der Erfolg der Warmwasser- behandlung des Saatguts bezüglih Unterdrückung des Brandes ein guter war und dem durch Einbeizen mittels Kupfervitriols mindestens gleihkommt. Es zeigte sich aber auch, daß durch die 5 Minuten lang andauernde Behandlung mit warmem Wasser die Gesammtentwickelung und der Eruteertrag in" keinec Weise gelitten hatten, ja daß sogar dies aber vielleiht nur zufällig die am längsten der Wärmewirkung ausgeseßte Saat sich am besten entwidckelt hatte und am wenigsten kranke Aechren aufwies. Es ist also nach dem Verfasser zweifeilos, daß die Warmwasser- behandlung brandkranken Getreides dem Einbeizen in Kupfersulphat- lösung vorzuziehen ist, besonders da jene ja im Großbetrieb ohne größerc Kosten auszuführen ist, während diefe stets mit einigen Mängeln behaftet ist und zweifellos gewisse Unzuträglichkeiten mit sich bringt. Denn es kann nicht A werden, daß die Keimfähigkeit des Getreides durch die Kupfersulphatbehandlung leidet; ferner ist die Dauer der Einwirkung eine ziemlich. lange, und das im Interesse der Keimkraft des Korns durchzuführende nahträglihe Abspülen mit Kalkmil) bringt wieder neue Unzuträglichkeiten mit sih. Dagegen ist die Warmwaffer- behandlung außerordentlich einfah und sie läßt sih wie Kirchner zeigt noch mehr vereinfahen, sodaß sie also auch nah dieser praktishen Seite hin den Vorzug besißt.

Gesundheitswesen, Thierkrankheiten und Absperrungs- Maßregeln.

j __ Rumänien.

Die Königlih rumänische Regierung hat noi, den aus Konstantinopel kommenden großen Postdampfern die Erlaubniß, in den Hafen von Konstanza einzulaufen und daselbs ihre Handels- O auszuüben, unter der Bedingung zu gewähren, daß

1) dieselben weder Lastträger, noh Arbeiter, noh ändere Reisende 111. Klasse transportieren ; s ___ 2) daß sämmtliche an Bord des Schiffes befindlihe Personen E seien, daß das Schiff es sich in guten gesundheitlichen Zedingungen befinde und daß auf demselben während der Reise kein CGholera- oder verdähtiger Todesfall vorgekommen fei;

3) daß das Schiff nicht anlege, daß die Mannschaft das Schiff nicht O und daß die Reisenden bei ihrer Ausschiffffung einer

ärztlichen Revision und deren {mutige. Effekten der Desinfizierung unterworfen werden;

4) daß die mit diesen Schiffen eintreffenden Reisenden einer in den Gran der Möglichkeit liegenden fünftägigen gesundheitlichen -