1895 / 76 p. 6 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 27 Mar 1895 18:00:01 GMT) scan diff

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ist, au den Zuckerfabrikanten entgegenzukommen, indem er die Steuer- beamten anweise, für die Reichsbank die Verrihtungen des Pfand- balters und Pfandaufsehers zu übernehmen. Der Herr Finanz- Minister hat bereitwilligst dem Ansuchen entsprochen, und wir haben darauf die betheiligten Bankanstalten ermächtigt, auch den Zucker in Privatlägern unter den gewöhnlihen Bedingungen zu beleihen. Der geäußerte Wunsch dürfte damit erfüllt sein.

Der Etat für das Reichs - Shaßamt wird darauf ge- nehmigt.

Beim Etat der Reichs\chuld nimmt das Wort :

Abg. Meyer- Danzig (Rp.): Ich möchte darauf hinweisen, da der jeßige Zinsfuß der Staatspapiere von 34 und 4%/ fehr hoch ist und eine Herabsetzung auf 3 9% sebr wohl durhführbar sein würde. Es liegt im Interesse der Steuerzabler und auch der ländlichen Be- völkerung, daß dies so schnell wie möglih geschehe. Ich habe in der Wirthschaftlihen Vereinigung einen dahin gehenden Antrag eingebrat, der aber ohne nähere Mbtiviertung allerdings nicht aus prinzipiellen Gründen abgelehnt wurde. Auch der Staatsrath, der auss{ließlich dazu berufen war, der Landwirthschaft zu belfen, hat in dieser Richtung nihts gethan. Ih fühle mich darum veranlaßt, die Sade bier zur Sprache zu bringen. Aus der Erklärung des Reichs-Schatzsekretärs ging hervor, daß die Regierung eine Konversion eigentli als ein Uebel ansehe; ih sehe darin ein erstrebenswerthes Ziel. Die ganze Lage des Weltmarkts hat das Privatkapital heute schon gezwungen, eine Konversion ihres Zinéfußes vorzunehmen. Von den Gegnern wird oft angeführt, taß die Sparkassen dann gezwungen werden, auch thren Zinsfuß herabzuseßen, und dadurch würden gerade die kleinen Leute geshädigt werden. Wenn der Zinsfuß um ein balbes Prozent ermäßigt wird, wie groß werden dann die Schädigungen? Ein Sparer, der jährliÞ 50 4 zurücklegt das. it iherlih noch Pt der kleinste Betrag würde pro Jahr 25 4 verli:ren, und wenn er fortlaufend jedes Jahr 50 4 zurücklegt, würde der Verlust an Zinsen und Zinseszinsen in zehn Jahren 14 4 betragen. Bei der eminent großen Wichtigkeit der Konversion kann das nicht stark ins Gewicht fallen. Wenn erst das Reich vorgeht, dann werden die Einzelstaaten folgen müssen. Der Zinsverlust würde sih auf 8 Millionen belaufen. Diesen Verlust, der ein Gewinn für die Gesammtheit der Steuer- zahler ist, würden die Besitzer der Staatspapiere erleiden, die ih in Ausländer, Großkapitalisten und Kleinkapitalisten eintheile. Sichere Zahlen fehlen; ih {äge aber, daß von allen Anleihezinsen nur 15 Millionen auf die Kleinkapitalisten, 35 Millionen aber in die Taschen des Auslants und der Großkapitalisten fließen. Die Ermäßigung der Schuldenzinsen ist niht nur ein gerechtes, sondern auch cin wirksames Mittel, die Noth der Landwirthschaft zu mildern. Das hat auch die Agrarkonferenz in diesem Sommer anerkannt, welche erklärte, daß die Landwirthschaft bei der . jeßigen Lage die Amortisationsraten zu zahlen außer stande sci, wenn der Zinsfuß nicht herabgeseßt werde. Auch der Staatsrath bat sih für Verbilli- gung der Amortisations\{hulden ausgesprochen. Die Befugnisse der Landschaften müßten erweitert, oder neue Kreditanstalteu vom Staat gegründet werden. Ein Spirituésteuer- und Zuckersteuergeseß hilft nur einem kleinen Theil der Landwirthschaft, eine Zinsverbilligung hilft der Gesammtheit. Jn anderen Staaten ist die Konversion bereits ausgeführt worden, nirgends aber haben sich shädlice Wirkungen gezeigt. Vielleicht seßt man vorläufig den Zinsfuß durchgehends auf 33 2/6 fest. Wir sind von den verbündeten Regierungen vielfah aufgefordert worden, unsere Wünsche in sahliher Form vorzubringen. Das thun wir stets. Aber wenn sih das Gefühl Bahn briht, daß berechtigte Forderungen, die wir ruhig und sahlich erheben, niht erfüllt werden, dann bemächtigt sh dieser Forderungen die Agitation. Jch bemerke noc, daß ih niht im Namen meiner Fraktion \prehe, da eine Fraktionssizung über diese Frage nicht stattgefunden hat.

Der Berichterstatter Abg. Dr. Ham macher erklärt: In der Budgetkommission hat der Reihs-Schaßsekretär eine eingehendeErklärung abgegeben. Besondere Anträge zu stellen oder nit einem besonderen Standpunkt hier hervorzutreten, hat mih die Kommission nicht be- auftragt.

Abg. Bebel (Soz.): Jch glaube, daß die Regierung keine Neigung zur Konversion hat. Wir werden eine solche mit Preuden begrüßen, weil eine Ersparniß von 8 Millionen bei der heutigen wirthschaftlichen Lage sehr erwünscht ist. Auch die Börse hat sich {hon auf eine Konversion eingerihtet. Wie will es der Staat ver- antworten, daß den Gläubigern ein böberer Zinsfuß gewährt wird, als unbedingt nothwendig ist ? Die Reichs-Schazverwaltung hat thatsählich nicht einen einzigen \stihhaltigen Grund gegen die Kon- version angeführt. ;

Abg. Dr. von Frege (dkonsf.): Jch verkenne nicht, daß der Abg. Meyer - Danzig viele Ge|ichtépunkte geltend gemaht hat, welche, der Beachtung werth sind. Die Hauptfrage aber ist, ob es im Interesse der Staatsfinanzen und der Steuerzahler liegt, jet eine Revolution auf dem Geldmarkt herbeizuführen. Die Beantwortung dieser Frage bängt daven ab, ob man die gegenwärtige Geldflüssigkeit für eine dauernde ansieht oder niht. Jch für meine Person bezweifle, daß die jeßige Depression auf dem Geldmarkt, die namentlich durch die ruinôöfen Preise der landwirthschaftlihen Produkte hervor- gerufen i}, eine dauernde jein wird, Unter diefen Um- stäuden halte ich es für doppelt bedenkflich, diejenigen, welche ihr Kapital der Sicherheit wegen in einheimishen Staats- papieren angelegt haben, durch eine Konversion {wer zu schädigen. Der Grund für eine Konversion fann doch nur die Absicht sein, das flüssig werdende Geld in weitere Zweigkanäle zu leiten, um es der gewerblihen Thätigkeit mehr zugänglih zu machen. Die Erfahrungen bei den früheren Konversionen haben aber gezeigt, daß die Landwirth- haft dabei wenig Nutzen hat. Unbedingt aber müßte einer Kon- version eine Börsfenreform vorangehen, damit die Börse nicht wieder in die Lage kommt, alle Vortheile der Konversion vorher zu ihren Gunsten zu esfomptieren. Ich hoffe, daß es bezüglich der Konversions- frage bei den biébherigen Erflärungen des Reichs-Schaßsekretärs fein Bewenden haben wird, damit in den Kreisen unserer Staatsgläubiger feine Beunruhigung hervorgerufen wird.

Abg. Dr. Barth (fr. Vgg.): In allen Nachbarstaaten Deutsch- lands sind die Konversionen bereits durchgeführt. Kein Mensch würde es begreifen, wenn Deutschland darin zurübliebe. Die Frage ift doch die, ob wir aus der Tasche der Steuerzahler den Gläubigern des Reichs jährlich 8 Millionen Mark zahlen follen. Meiner Ansicht nah ist es ebenso wenig gerechtfertigt, den Kapitalisten Liebesgaben zu be- willigen, wie den Branntwein- und Zuckerproduzenten. Ein hoher Zinsfuß liegt niht im allgemeinen Interesse, und die Steuerzahler, die ten hohen Zins aufzubringen haben, find doch ohne Zweifel b-dürftiger als diejenigen, die dur eine Konversion Schaden leiden. Die Konversion folite zunächst auf 324 ?/69 und dann auf 3 9/9 erfolgen. Ich wünsche, daß die Regierung in dieser Weise vorginge.

Abg. Dr. Rintelen (Zentr.): Ich bin ein Gegner der Konversion. Der Staat darf niht immer nur feinen eigenen Vortheil suchen, er 11uß eine Schädigung fciner Gläubiger verhindern und dem Aus- fluß des Kapitals nah dem Auslande entgegenarbeiten. Zu berüdck- sichtigen ist au, daß viele Wohlthätigkeitsanstalten, Kirhengemeinden und Institute ibr Geld in Staatspapieren angelegt haben. Würde der Ertrag dieser Papiere plößlih in empfindliher Weise gekürzt, fo fönnte unter Umständen die Existenz dieser Anstalten in Frage gestellt werden.

Abg. Dr. Friedberg (nl.): Wir stehen auf dem Boden der Er- klärungen, die der Neihs-Schaßzsekretär in der Kommission abgegeben hat. Die Personen, die durch die Gesetzgebung gezwungen find, Geld in Staatspapieren anzulegen, werden durch die Konversion empfindlich getroffen werden; dazu gehören in erster Reihe die Beamten, welche Kautionen zu tellen haben. Jh würde zu Konversionen nur rathen, wenn Privatunternehmungen dauernd mit billigerem Zinsfuß arbeiten. Ob aber der augenblickliche billige Zinsfuß anhalten wird, muß doch wohl abgewartet werden.

Staatssekretär des Reihs-Schaßamts Dr. Graf von Posadowsky: :

Nach den Erklärungen, die ih die Ehre hatte, in der Budget- kommission abzugeben, glaubte ih mich einer weiteren Aeußerung hier im Plenum des Hauses - überhoben, da ja jene Erklärung in das Protokoll der Kommission aufgenommen undz auch in der Presse ver- breitet ist. Es sind aber hier neve Behauptungen aufgestellt, die ih nicht unwiderlegt lassen kann. z

Zunächst hat der Herr Abg. Meyer (Danzig) behauptet, bereits seit 1888 stände die 34 9/0 Reichs-Anleihe über pari (Zuruf) fast ununterbrochen über pari —, wir hätten deshalb längst fonvertieren fönnen und sollen, und der Herr Abg. Bebel hat das Gleiche von der 39% französishen Rente behauptet. Beide Anführungen find thatsählich unrichtig. (Hört, hört!) Die 34 9% Reichs-Anleihe ih babe leider hier nur die Zusammenstellung seit dem Oktober des Jahres 1890 hat im Oktober 1890 auf 99,70 gestanden und hat bis zum Oktober 1893 an sämmtlichen Quartalsersten n i e über pari gestanden.

Was die Behauptung des Herrn Abg. Bebel bezüglich der 3 pro- zentigen französischen Rente betrifft, so hat dieselbe an den Quartals- ersten vom 1. Oktober 1890 an, von wo ab ih die Zusammenstellung hier vor mir liegen habe, bis zum April 1894 stets unter pari gestanden. Ih will hoffen, daß bei dieser Angabe des Kurses der 3 prozentigen französishen Rente dem Herrn Redner niht der Irr- thum passiert ist, daß er die Stückzinsen, die auf den Kurszetteln sowohl bei den englifchen Konfols wie bei der französishen Rente dem Kaypitalskurse mit hinzugerehnet werden, auch seinerseits bei dem Vergleih mit dem Kurse der deutshen Reichs-Anleihe mit hinzu- gerechnes hat. Wenn man den Kurs der französishen Rente und der englishen Konsols im Vergleih mit dem Kurse der deutschen Werthpapiere feststellen will, so muß man die Stückzinsen abrechnen.

Fch möchte aber an jene beiden Bemerkungen noch eine allgemeine Betrachtung knüpfen. Es i} gesagt worden: Deutschlands Kredit wäre ebenso sicher und Deutschland wäre ebenfo kreditwürdig, wie der anderer großer Staaten, deren Staatêpapiere wesentlich höher ständen.

Meine Herren, ih kann dem nur in allen Punkten zustimn.en, und ih habe, als ih die Verwaltung meines jeßigen Amts über- nahm, es geradezu s{chmerzlich empfunden, daß zwischen dem Kurs deutsher Staatspapiere und dem Kurs der Staatspapiere anderer Staaten eine so erheblihe Differenz vorhanden war; ih betrachte es als eine außerordentlih glücklihe Entwicklung, daß im leßten Jahre ih diese Spannung zwischen dein Kurs der Staatspapiere anderer Staaten und dem Kurse unferer Staatspapiere so wesentlich ver- ringert hat. Wenn man aber ganz unparteiisch die Kursverhältnisse der Staatspapiere anderer Staaten mit denen unserer Papiere vergleicht, fo muß man allerdings zugestehen, daß auf die Kurse der englishen und französishen Staatspapiere doch noch einige Faktoren einwirken, die bei uns fehlen. Zunächst wird man zugestehen können, ohne unseren Kredit irgendwie zu s{chwächen, daß Frankreich und England doch noch fapitalreihere Länder sein dürften als wir. Ferner kommt aber

hinzu, daß in diesen Staaten zum theil obligatorische Vorschriften

bestehen für gewisse öffentlihe Kassen und Institute, ihre Bestände nur in Staatépapieren anzulegen, und daß man auch gewohnheits- mäßig dort in viel größerem ‘Umfange sein Vermögen in Staats- papieren anlegt, als es bei uns in Deutschland der Fall zu fein pflegt. Ich eremplifiziere auf Holland. ‘In Holland dürfen Mündel- gelder selbs mit Ausschluß von Hypotheken nur angelegt werden in Titres des Staates. Selbstverständlißh wirken folhe Borschriften und Gewohnheiten auch auf den Kurs der Staatspapiere ein. Man wird also den Kurs fremder Staatspapiere und den unserer Staats- papiere nicht ganz mechanisch parallel behandeln können, obglei Deutschland im Interesse feiner politishen Würde und wirth- schastlihen Stellung beanspruhen muß, daß es für ebenso fredit- würdig gehalten wird wie andere Großstaaten.

Es fann aber das gestehe ich zu in einer übermäßigen Steigerung des Kurses unserer Staatspapiere auh eine gewisse wirth- \haftlihe Gefahr liegen. Steigen nämlih unsere Staatspapiere zu bo im Kurse, so wird der Fall eintreten, daß die Kapitalisten der Staaten, in denen im größeren Maße Kapitalüberfluß vorhanden ist ‘als in Deutschland, noch immer geneigt sein werden, unsere Papiere zu einem solhen hohen Kurse zu kaufen; Deutschland würde dadur in \teigendem Maße Schuldner fremder Gläubiger werden, während in Deutschland selbs , wo ein gleicher Kapitalreihthum noch nicht vorhanden ist, sich viele Kapitalisten mögliher Weise verleiten ließen, um {ih einen größeren Zinsgenuß zu sichern, die Papiere fremder Staaten zu erwerben, und vielleiht solber Staaten, die gleiche Kreditwürdigkeit niht beanspruhen können. Ih glaube also : diese Frage der Konversion lediglich vom privatwirthscaftlichen Standpunkte zu beurtheilen, wäre vollständig verfehlt. (Sehr richtig !)

Nun noch ein anderer Gesichtspunkt. Der Herr Abg. Meyer (Danzig) hat gesagt: seit Jahren also mit wenigen Ausnahmen bâtte unser 3# prozentiges Papier über pari gestanden, wir hätten längst fonvertieren können! Meine Herren, vergessen Sie boch aber nicht, daß auf Deutschland leider in den leßten 17 Jahren auch der Yers Anwendung finden kann:

„Denn Du wirst noch öfter borgen, Wie Du?'s schon so oft gethan!“

Wer Staatspapiere kauft, kauft sie auch in der Hoffnung eines fleinen Kursgewinns; würden aber die Gläubiger wissen, daß, sobald der Kurs unserer Papiere über pari \teigt, der Staat aus fiskalischen Gründen sofort diese Gelegenheit zur Konvertierung benußt, so würde wahrscheinlich die Neigung des Publikums, unsere Papiere zu kaufen, wesentlich abnehmen, und vor allen Dingen würde eine folche \chnelle, voreilige Konversion auch auf den Emissionskurs bei neuen Anleihen drüdcken. :

Nun wird hièr mit folch überraschender Sicherheit behauptet, wir hätten längst konvertieren sollen; der Zinsfuß sei so gesunken, daß er aller Vorautsiht nah ein stabil niedriger bleiben werde. Sn dieser Beziehung, meine Herren, gestatte ih mir darauf hinzu- weisen, daß wir im Jahre 1890 emittiert haben zu 87, im Jahre 1891 zu 84,40, im Jahre 1892 zu 83,60, im Jahre 1893 zu 86,80 und im Jahre 1894 zu 87,70, und als ich die Kühnheit hatte, die legten 160 Millionen zu 87,70 der Börse zu oferieren, ging durch die ge- sammte Presse der Ruf: dieser Kurs ift bei weitem zu hoh, und es ift eine Folge dieses hohen Kurses, daß nur mit Mühe und Noth die Anleibe 23fah überzeihnet wurde !

Man könnte dem gegenüber wirklich fragen: was hat sich denn

in unseren wirthschaftlihen Verhältnissen seit April 1894, wo Kurs von 87,70 als zu hoh bemängelt wurde, eigentlich geän Is Ih stehe auf dem Standpunkt: die Geldflüssigkeit wird abnehme, sobald die Depression, die in Landwirthschaft, Handel -und Indusy, thatsählich besteht, aufhört (sehr rihtig! rechts), und dann i es ebenso mögli, daß der Zinsfuß wieder fteigt; haben wir diesem Fall voreilig konvertiert, fo \ind unsere Gläubiger in d That doppelt geschlagen: sie verlieren erstens bei der Konversion dann wieder an dem Kurse der 30/0 Papiere, die sie anstatt t, konvertierten Titres gekauft haben. E :

Man kann au ferner fragen: ift eine voreilige Konversion eint gerehte Maßregel? Es ist ganz unzweifelhaft, daß #ch Mengen von unseren Staatspapieren in dem Besiß wohlthätiger An stalten und öffentliher Korporationen, wie S@hul- und Kirchengemeiz, den u. st. w., befinden. (Sehr richtig!) Was wäre also die Koy, fequenz einer voreiligen Konversion? Der Staat sparte zwar an Zinsen, die er zu bezahlen hat, aber der ausfallende Betrag müßte yyy den Steuerzahlern in ten Kommunen, in Kirchen- und Shul, gemeinden in Form von höheren Abgaben wieder aufgebraht werdey (Sebr richtig!) Also diesen großen finanziellen Effekt für die Ge, sammtheit, den man immer für eine Konversion ins Fel führt, hat diese Maßregel thatsächlih nicht. i

. Es is ferner und das will ich nur ganz beiläufig hz merken auf die Konverfion der englischen Konsols Hingewiesey Ich bemerke hierzu, daß bei diefer Konversion die Unkündbarkeit uy mithin die Konversion auf einen längeren Zeitraum au®ges{lofz ist. Ich glaube nicht, meine Herren, daß Sie damit einverstandz, sein würden, wenn wir einen gleihen Weg in Deutschland geh wollten.

Der Herr Abg. Meyer (Danzig) hat seinen Wunsch auf ein baldige Konversion vorzugsweise auf die agrarischen Interessen gestüz, Daß ein niedriger Zinsfuß für alle Diejenigen, die Zinsen zu zahl haben, erwünscht ist, darüber kann ein Zweifel nicht bestehen, un daß in einer Ermäßigung der Zinslast des Staats auch eine Ver. besserung seiner Finanzverbältnisse besteht, ist ebenso richtig. E ist mir .aber zweifelhaft, ob eine erzwungene Herabdrückung des all, gemeinen Zinsfußes wirklich geeignet wäre, der Landwirthschaft zu nüßen, Ich muß leider zugestehen, daß es eine Folge der traurigen Zuständ- der Landwirthschaft ist, daß selbst Hypotheken unmittelbar hinter de Landschaft unter Umständen jeßt vielleiht niht mehr als völli! sicher gelten können und shwer zu bekommen sind. Stellen Sie si nun vor: wenn konvertiert wird und neben der ftellenweife vielleidt zweifelhaften Sicherheit für Hypotheken hinter der Landschaft sollte die Gläubiger auch noch niedrigere Zinsen wie bisher nehmen, s läge do die Gefahr schr nahe, daß die Gläubiger vorzögen, höhe verzinsliche fremde Staatspapiere zu kaufen, statt der Landwirthschaft Geld auf Hypotheken zu leihen. Ich glaube, das ist ein Gesidtz punkt, den man niht außer Acht lassen sollte.

Meine Herren, es is mir vollkommen verständlih, daß Sie hie im Hause diese Angelegenheit zu besprehen wünschen; aber es würd Ihnen jedenfalls vollkommen unverständlich sein, wenn ih urbi et orbi hier verkündete, was die Negierung ctwa in der Zukunft zu thun ge dâchte; denn ih würde dadurch nur der allerwüstesten und unlautersz Spekulation Thür und Thor öffnen. (Sehr richtig! rechts.)

Ich muß \chließlich noch auf eine Bemerkung des Herrn Ag, Bebel zurückommen. Er hat gesagt, er könne gar niht begrem, daß die Reichéregierung nicht mit der Konvertierung vorgeht, und müßte sich doch ein Einfluß auf die Regierung geltend machen, de diese Konvertierung zu hintertreiben suhe. Nun, ih möchte de Herrn- Abg. Bebel bitten, mir den Mann zu nennen, der den Mut hat, mir unberufen auf diesem Gebiete einen Rath zu ertheilen; und wenn er einen Mann kennt, der dazu etwa Lust hätte, fo kam ih Herrn Bebel nur dringend empfehlen, demselben albzurathen, diesa Versuch zu wagen. Solche Insinuationen, die auf nichts begründä sind, halte ih für außerordentlih bedenklich. Wir handeln lediglid nach sfachlihen Gründen und lassen uns weder von unberufentz Amtsf\tellen noch von unberufenen Privatrathgebern irgendwie beein flussen. (Bravo! rets.)

Der sahlihe Grund für eine Konversion könnte kein anderer [eir als der, daß der Zinsfuß sich dauernd niedriger stabilier hätte. Wenn Herr Bebel demgegenüber lediglich das Interesse da Steuerzahler ins Feld führt, so muß ich sagen: das ist ein außer ordentlich fiskalisher Standpunkt. Es können weder fiskalische Nebew rüdsihten dabei maßgebend fein, noch die Rüksicht, im Interesse da Landwirthschaft den Zinsfuß künstlich herabzudrücken. Gerade went Herr Abg. Meyer (Danzig) es im Interesse der Landwirthschaft wünscht, daß eine Entlastung derselben dur billigeres Geld eintritt, so möchte ih nicht empfehlen, diefen Gesichtspunkt zu sehr in da Vordergrund zu ziehen; denn nur der Gedanke im Lande, daß wir den Zinsfuß im Interesse der Landwirthschaft durch eine voreilige Konversion künstlih herabdrücken wollten, würde diese ganze Maßregel außerordentlich unpopulär machen; die Gläubiger würden das Gefübl haben, daß zu Unrecht und vorzeitig ihnen eine staatlich gewährleistet Einnahme genommen wird, um einer anderen wirthschaftlichen GrupÞt zu helfen. Bei Aufnahme von Staatsanleihen in einer Zeit, w! der Staat jeden Augenblick wieder in die Lage kommen kann, a den Kredit des Landes zu appellieren, darf ein solher Verdacht unte feinen Umständen auffommen.

Fch wiederhole: lediglih sahlihe Gesichtspunkte, ledigli dic Ueberzeugung, daß der Zinsfuß dauernd niedriger stabilier! ist, kann für unseren Entshluß, ob wir konvertieren oder nit, maßgebend sein. Schließlich reift jede Frucht ; ih bitte aber, den Baum nit zu schütteln, ehe es wirklich Herbst ist! (Bravo! rechts)

Abg. Graf von Arnim (Rp.): Jh stehe mit der Mehrzab! meiner politishen Freunde auf dem Standpunkt des Reichs-Schaþ' sekretärs. Im übrigen glaube ih, daß eine Konversion nicht vorgenommen werden darf, als bis wir die Börsenreform durchgeführ! haben, welhes der Spekulation engere Schranken zieht. Wir mühe® erst die Emissionsgeshäfte in gesundere Bahnen bringen und dei Banquiers eine größere Verantwortlihkeit gegenüber dem Publikus auferlegen. Auch ein Depotgeseß müßte erst gegeben werden. Wen" einmal eine Konversion eintritt, so halte ih den 3 prozentigen Zin® fuß für entschieden rationeller als den 3{prozentigen. FJedensa bitte ih die Regierung, möglichs bald eine Börsenreform v0

zunehmen. Abg. Dr. Hahn (b. k. F.) {ließt sih diesem Wunsch an. Abg. Meyer- Danzig: Ich bin zufrieden mit dem Erfolg meint Anregungen. Meine Ansichten über die Zweckmäßigkeit der Konvert tierung find dur die Debatten nicht erschüttert worden.

Abg. Bebel (Soz.): Die Agrarier haben ein sehr reelles Jnt esse daran, die Konversion zu verhindern. Das Reich hat nicht j

eindeste Veranla ung, den Steuerzahlern eine indirekte Steuer zu

albesizenden aufzuerlegen.

Staatssekretär des Reichs - Schaßamts Dr. Graf von Posadowsky: :

Fch muß dem Herrn Bebel nohmals die Versicherung abgeben, daß von keiner Seite jemals der Versuh gemacht worden ift, irgend cinen Einfluß auf die Konvertierungsfrage zu üben. Es ist selbst- verständlich, daß die Entscheidung dieser Frage lediglih nah dem Staatsinteresse erfolgen kann.

Der Herr Abg. Bebel hat ferner angeführt, Rußland habe bereits cine Konvertierung auf 32 prozentige Titres vorgenommen. Das ift mir gerade ein Beweis dafür, daß wir klug daran gethan haben, eine solche Konvertierung noch nicht vorzunehmen. Denn hätten wir unsere Schulden sämmtlich auf 39/9 fonvertiert, wie das von dem

Abg. Meyer (Danzig) als richtig bezeihnet wurde, so würde das hierfür gezahlte Geld wahrsheinlih überwiegend, statt wie bisher in deutshen Papieren, in russischen angelegt sein ; es ist aber ein volkswirthschaftlih entschieden nicht erwünshter Zustand, daß wir in großem Maßstabe bei Anlage unserer eigenen Ersparnisse Gläu- biger eines fremden Staats und bei Verkauf unserer Staats- anleihen demnächst wieder Schuldner der Kapitalisten eines fremden Staats werden, statt unser eigener Gläubiger und Schuldner zu sein.

Ich meine, der Herr Abg. Bebel hat jeßt zum Schluß den durhaus richtigen Grundfaßz aufgestellt: die verbündeten Regierungen selbst müssen den rihtigen Moment zur Konvertierung wählen. MPürden unsere Gläubiger den Verdacht haben, daß die Regierung den Entschluß der Konvertierung niht aus eigenen Erwägungen heraus faßte, sondern bewogen durch einen Majoritätsbes{luß der geseßgebenden Versammlung, so würde das jedenfalls auf den Emissions- furs neuer Neich8anleihen niht günstig einwirken.

Der Etat wird bewilligt.

En es Os t das Wort der

g. von Kardor ): Ich habe einen Fall, der mi persönlich betrifft, zur Sprache zu bringen. Der Abg. Ahlwardt hat, wie ih aus Zeitungsberihten ersehen habe, in einer Versamm- lung, die er in Karlsruhe im Februar d. J. abhielt, persönliche An- griffe gegen mich gerihtet. Redner verliest einen Zeitungsbericht iber die Versammlung, wonach der Abg. Ahlwardt, um zu begründen, daß die konservative Partei in tributärem Verhältnisse zu den Juden sthe, si auf einen angebli in seinen Händen befindlichen Brief der Firma Mohr und Speyer an den Abg. von Kardorff berufen hat, durch welchen der leßtere veranlaßt worden sei, bei der Ab- stimmung über die beantragte Verstaatlihung der Reichsbank zu fehlen. Die Aeußerung {ließt mit den Worten: „Und Herr von Kardorff hat gefehlt.“ Dazu bemerkt der Redner: Das Ganze ist freie Erfindung vom Anfang bis zum Ende. Jener Antrag ist mit einer sehr großen Majorität von ungefähr zwei Dritteln abgelehnt worden. Für mich stand, wie ich damals aus- führte, die Verstaatlihung der Reichsbank ers in zweiter Linie, ih wollte erst gewisse Reformen durchgeführt wissen. Die bei dieser Ge- legenheit Vagrammenan namentlichen Abstimmungen beweisen, daß ih niht gefehlt habe. Jh hätte von den Behauptungen des Abg. Ahlwardt keine’ Kenntniß erhalten, wenn niht ein Vertreter der

irma Mohr u. Speyer mich um Aufklärung gebeten hätte. ch habe diesem Herrn bestätigt, daß ih mit seiner Firma niemals in Geschäftsverbindung gestanden habe. Auch eine Verwehselung mit einem Andern meines Namens scheint ausge- shlofsen zu sein, denn in den Geschäftsbüchern der Firma kommt mein Name überhaupt niht vor. Troßdem hat der Abg. Ahlwardt nahträglih erklärt, einen \solhen Brief der Firma Mohr u. Speyer an mi habe er in Händen und könne ihn jederzeit prä- fentieren. Jch bitte ihn doch, diesen Brief hier auf den Tisch des

uses niederzulegen. Jch wende mich nun zur Sache. Der jeßige eihsbank-Prâsident \teht vollständig anders zur Währungsfrage als sein Vorgänger, Herr von Dechend. Diesem is es zu ver- danken, daß mein Freund Arndt überhaupt ein Organ fand,

in dem er seine Ansichten zum Ausdruck bringen konnte.

Er hat seine Meinung hier nicht offen aus\sprehen dürfen, aus dem loyalen Motive, daß er sich nicht in Gegensaß zu seinem Chef, Herrn von Scholz, stellen wollte. Der jezige Reichs- hank-Präsident, der von einer Erschütterung der gesammten Ver- hältnisse spricht, wenn Deutschland die Initiative zur Doppelwährung ergriffe, befindet sich in einem ret bedeutsamen Gegenfaßze zu unserem Reihs-Schatzsekretär. Die Reichsbank zu verstaatlichen, wird jegt an der Zeit sein. Bei den nächsten Reichstagswahlen wird man den Kan- didaten die Frage vorzulegen haben: Wie steht Du zur Verstaat- lihung der Reichsbank ?

. Abg. Graf von Mirbach (dkonf.): Ich hätte erwartet, daß der pibeat des Reichsbank-Direktoriums dem Abg. von Kardorff eine Antwort ertheilen würde. Das ist nicht geschehen; ich nehme also an, daß er mit. den Ausführungen desselben einverstanden ist. Ich be- dauere, daß er in der Währungsfrage eine so wenig objektive Stel- lung eingenommen hat. Der Reichs-Schaßfekretär hält die Währungs- frage, wie er in verschiedenen Reden dargethan hat, für höchft wichtig sür die Landwirthschaft, während der Präsident des Reichsbank-Direk- toriuums sich ablehnend verhält. Ich bitte ihn, einen wohlwollenderen und zum wenigsten einen neutralen Standpunkt einzunehmen. Das Reich hat dadur, daß die Verstaatlihung der Neichsbank nicht durh- geführt wurde, seit dem Jahre 1892 einen Verlust von mindestens 13 Millionen Mark gehabt. Vom Standpunkt der Sparsamkeit aus halte ich das für sehr bedauerlich.

Präsident des Reichsbank-Direktoriums, Wirklicher Geheimer

| Rath Dr. Koch:

Meine Herren! Die Reden der beiden eben gehörten Herren liefen ja, wie gewöhnli, auf eine Anpreisung des Bimetallismus hinaus; ih könnte mih also einer Entgegnung eigentlih ganz über- hoben erachten, da die Währungsfrage niht zur Diskussion steht. Indessen muß ih doch auf die persönlichen Angriffe einiges erwidern. Ih könnte freilih den Herren Rednern wohl keinen besseren Gefallen thun, als wenn ich fogleich meine Demission einreihte ; ich denke aber niht entfernt daran, fondern hoffe, meine Amtspflihten noch weiter erfüllen zu können, und zwar in größerer Ausdehnung, als neulich im Reichstag in meiner Abwesenheit der Herr Graf von Mirbach dem Reichs- bank-Präsidenten zuzugestehen sih vermaß. Er führte aus, es sei niht Sathe dieses Beamten, si darum zu kümmern, wie es im wirth-

} schaftlichen Leben aussieht; ja, er gebrauhte noch einen shärferen Aus-

druck; er sprach fogar von Pflichtvergessenheit, wenn er das thäte. Db die Landwirthschaft zu Grunde gehe, müsse ihm einerlei sein. leines Erachtens lassen solche Aeußerungen auf einen starken Mangel wirthshaftliher Kenntnisse \{ließen. Dem Herrn Grafen Mirbach nuß der bestehende enge Zusammenhang des Betriebs jeder Zentral- notenbank, insonderheit der Handhabung der Diskontopolitik mit der wirthschaftlichen Lage des Landes unbekannt sein, wenn er fo etwas vehaupten kann.

Indessen will ih mich zunächst an den Herrn Abg. von Kardorff wenden, der auf ein noch mehr persönlihes Gebiet überging. Er ute mich in Gegensaß zu bringen mit meinem hohverehrten Amts- ‘orgänger, dem verstorbenen Herrn von Dechend, dessen Grundsäße sir die Reichsbankverwaltung mir noch heute fast in jedem Punkte

von hohem Werth sind und von mir thunlichst befolgt werden. Herr von Dechend is meines Wissens niemals Bimetallist im Sinne der Vorredner gewesen; er hat si, soviel ih mi erinnern kann, in den 19 Jahren meiner Amtsthätigkeit unter- ihm niemals in diesem Sinne gegen mich geäußert. Während der leßten 9 oder 10 Jahre seiner amtlihen Wirksamkeit, während deren er mit mir öfters über die Währungsfrage gesprochen, hat er ih niemals bereit gezeigt, zu einer Aenderung der geseßlih seit länger als 20 Jahren bestehenden Gold- währung in der von den beiden genannten Herren erstrebten Richtung die Hand zu bieten; er hat sogar gegenüber den Ansuchen um Gehör von folhen Ausländern, von denen er annahm, sie wollten ihn zum Bimetallismus disponieren, \sich völlig ablehnend verhalten. (Hört! hört! links.) Er hat Schreiben, die an ihn gerichtet wurden über Währungsfragen, unbeantwortet gelassen, weil er sh darüber grund- säglih nicht aussprechen wollte. Wie dem aber auch sei, ih selbst, meine Herren, habe nur ein einziges Mal hier im Reichstag die Ehre gehabt, über die Wähcrcungsfrage zu sprehen; das war im Winter 1891, als die bimetallistische Agitation noch nicht so lebhaft war, weil sie es damals noch nicht verstanden hatte, aus den Kreisen der allerdings mit einer Nothlage fämpfenden Landwirthschaft ein starkes Gefolge zu sammeln. (Sehr gut! links.) Damals habe ih allerdings auf die Vortheile unserer Währung nach den verschiedensten Richtungen hingerwoiesen ; ih habe darauf aufmerksam gemacht, daß unsere Währung eine wohlgefestigte sei, daß sie in ihrer Zusammenseßung keine wesentlihen Bedenken biete, daß uns namentlich unser Silberbestand keine Sorge mehr mae, sondern allmählih in Scheidemünze übergehen werde ; daß man überhaupt angesihts der vielen anderweiten Hilfsmittel des Verkehrs die Bedeutung des Hartgeldes nicht übershäßen dürfe ; endlih wohl auch, daß unter dem Schuß unserer Währung der deutshe Außen- handel emporgeblüht ist und daß wir besser die Konkurrenz des Aus- landes bestehen können. Es wurde damals selbst von einigen Rednern der bimetallistishen Richtung, soviel ich mi erinnere, anerkannt, daß von meinem amtlichen Standpunkt die Reichsbank hat die ge- seßlihe Währung zu {hüten meine Aeußerungen wohl be- gründet seien ih glaube, es war namentlich der Herr Abg. von Frege, der ähnliches ausführte, indem er sich allerdings aus anderen Gründen für eine Doppelwährung aus\prach. Weiter habe ih im Reichstag über die Währungsfrage nicht gesprohen. Noch im vorigen Jahre, als die Frage der Ausprägung der Scheidemünze zur Sprache kam, habe ich im Gegensaß zu dem Herrn Staatssekretär des Reichs-Schazamts, der niht mein Chef ist, so wenig es Herr von Scholz gegenüber dem Herrn von Dechend war wie ih dem wohl mit der Verfassung der Reichsbank niht genau bekannten Herrn von Kardorff noch bemerke über die Währungsfrage mich völlig \{chweigend verhalten. Ih habe mich nur auf die Erörterung der tehnishen Frage beshränkt, ob eine vermehrte Ausprägung von Scheidemünzen zweckentsprehend sei. Jm Herrenhause das ist auch erwähnt worden habe ih, nahdem Herr Minister von Heyden eine Aeußerung gethan hatte, wonach die Regierung nicht abgeneigt sei, eine Enquêtekommission zur Erörterung von Vorschlägen über Hebung und Befeftigung des Silberpreises zu berufen, als Mitglied des Hauses angesihts amerikanisher Erfahrungen nur gewarnt, gar zu fanguinishe Hoffnungen zu Hegen, sei es von einer solchen Kom- mission oder von internationalen Erörterungen über Währungs- fragen. Ob eine solche Aeußerung berechtigt war, werden diejenigen Herren zu ermessen wissen, die die Geschichte aller diefer Währungs- enquêten und Währungskongresse verfolgt haben, die wissen, wie 1881 in Paris, obgleich unsererseits bedingt Konzessionen angeboten wurden, niemand darauf einzugehen geneigt war, wie in Brüffel die Amerikaner in der größten Verlegenheit ohne Programm erschienen und allmäßlich dazu übergingen, ein bimetallistisches Programm zu entwickeln, und wie \chließlich nach langen theoretischen Diskussionen die Konferenz vertagt wurde, um nie wieder zusammenzutreten. Das sind meine öffentlihen Aeußerungen über die Frage gewesen. Jh weiß nit, wie die Herren Redner mir daraus einen Vorwurf wegen meiner persönlichen Stellung zur Währungsfrage machen wollen, ob sie wohl noch andere Aeußerungen kennen. Wenn fie etwas Abweichendes behaupten, so mag das ebenso rihtig fein wie die Behauptung, daß Herr von Dechend nur aus Furcht vor Herrn von Scholz, der niht sein Vorgeseßter war, mit dem er, wie ich weiß, in manchen amtlihen Dingen starke Mei- nungsverschiedenheiten hatte und manche recht deutlihe Korrespondenz gepflogen hat, seinen angeblihen Bimetallismus nicht verrathen wollte.

Ich möchte, da ih bei Herrn von Kardoff bin, noch einen that- sächlihen Jrrthum dieses Herrn berihtigen. Er brachte die Frage der Person des Neichsbank-Präsidenten auffallenderweise mit der \o- genannten Verstaatlihung der Reichsbank in Verbindung. Jch kann nicht verstehen, wie diese Fragen zusammenhängen. Die Reichsbank wird verwaltet von dem Reichsbank-Kuratorium, einem Kollegium von im ganzen acht Mitgliedern, an dessen Spiße ih stehe. Wir haben die geseßlihe Aufgabe, den Geldumlauf im ganzen Reich zu regeln, also die Reichswährung zu s{hüten, die Zahlungsausgleihungen zu erleihtern und für die Nußbarmahung verfügbaren Kapitals zu sorgen. Wir verwalten die Reichsbank unter der Leitung des Herrn Reichskanzlers nach dem Bankgeseß. Danach hat die Person des Bankpräsidenten mit dem Bimetallismus gar nichts zu thun. Jch will indessen gleichwohl hier offen bekennen, daß ich kein Bimetallist im Sinne der Herren von Kardorff und Graf von Mirbach bin, wie im Lande männiglih bekannt, und kann das mit gutem Gewissen.

Ich will dann noch einen anderen Jrrthum des Herrn von Kardorff berichtigen. Als er auf die Verhandlungen von 1889 einging, sagte er, soweit ich es verstanden, es sei die Rede gewesen von einer Herabseßung des Präzipuums der Antheilseigner von 6 auf 59%. Es handelte sich aber um die Herabsetzung von 45 auf 37%, welche dem Sinken des Zinsfußes entsprach. Außerdem wurde eine zweite Grenze verändert. Früher fing die Grenze einer Vertheilung von F an die Neichskafse, { an die Antheils- eigner erst an, wenn 89/9 Dividende erreiht waren ; das wurde herab- geseßt auf 69/0. Vielleicht ist es das, was Herr von Kardorff meinte. Er läßt sih ja öfter so kleine Jrrthümer in Zahlen zu schulden kommen (Heiterkeit), wie ich auch im vorigen Jahre bei der Debatte über die Ausprägung von Reichsscheidemünzen zu bemerken Gelegen- heit hatte.

Ich kann Herrn von Kardorff jeßt verlassen, und gehe nun mit einigen Worten auf die Angriffe des Herrn Grafen Mirbach ein, dem ih ja leider immer zu mißfallen das Unglück habe. Herr Graf

Mirbach findet es auffallend, daß ih mich über die Kreditgewährungen

der Reichébank an die Landwirthschaft vorhin eingehend ausgesprochen habe. Wenn er si geneigtest die Tagesordnung ansieht, so wird er die Erklärung dafür finden. Es stand die Resolution Pichler aller- dings etwas vor der Zeit zur Debatte, worin der Wunsch geäußert wurde: die verbündeten Regierungen s\ollten dafür forgen, daß in weiterem Umfange als bisher die Mittel der Reichsbank der Land- wirthschaft zugänglih gemacht werden. Hätte ih zu dieser Frage ge- \{hwiegen, dann wäre wahrscheinlich gesagt worden, ih bätte den darin enthaltenen Vorwurf als berechtigt anerkannt. Mein Vortrag vorhin hatte lediglih den Zweck, nahzuweisen, daß wir immer die gute Ab- siht gehabt haben und die fann ih jeßt nohmals konstatieren der Landwirthschaft soweit wie möglich durch Kreditgewährungen zu Hilfe zu kommen, und daß wir das in sehr großem, vielleicht zu_ großem ih habe das von Landwirthen gehört Umfange gethan haben. Ih habe eine ähnlihe Aeußerung auch im Staatsrath, zu dessen Verhandlungen ich zugezogen war, gethan, ich glaube das jeßt sagen zu müssen, als dort ebenfalls Debatten stattfanden über Kreditbewilligungen an Landwirthe und nicht minder einige, aber be- stimmtere Ansprüche an die Reichsbank erhoben wurden. Ich will jeßt \chließen, da ih das Urtheil über die Anzapfungen der Herren Grafen von Mirbach und von Kardorff getrost dem hohen Haufe überlafsen darf. (Beifall.) i e

Staatssekretär des Reichs - Schaßamts Dr. Graf von Posadowsky:

Ih möchte mir nur eine thatsählihe Bemerkung erlauben, um einem weit verbreiteten Irrthum entgegenzutreten. Zu meiner größten Ueberrashung wurde die Bankfrage beim Gehalt des Reichs- Schaßsekretärs behandelt. Die Verbindung des Reihs-Schaßsekretärs und der Reichsbank beruht lediglich darin, daß die Reichsbank als Reichs-Hauptkasse die Zahlungen des Reichs leistet und die Bestände des Reichs im Depot hat ; zweitens, daß der Reihs-Schaßsekretär die Reineinnahmen der Bank in seinen Etat einstellt, wie sie ihm alljähr- lih vom Reichsbank- Präsidenten \{häßungsweise mitgetheilt werden ; und drittens, daß auf Wunsch des Reichskanzlers der Reihs-Schatsekretär den monatlichen Sitzungen des Kuratoriums der Reichsbank beiwohnt, dessen Chef der Reichskanzler selbs und dessen stellvertretender Vor- fißender der Staatssekretär des Innern is. Der Reichs-Schaßsekretär ist nit einmal Mitglied dieses Kuratoriums, sondern wohnt dem Vortrag, den jeden Monat der Reichsbank-Präsident über die Lage des gesammten Geschäfts im Reichsbank-Kuratorium hält, nur als Zuhörer bei. Also dem Reihs-Schaßsekretär steht nah keiner Richtung hin irgend welcher Einfluß auf die Geshäftsgebahrung der Reichsbank zu, und es besteht auh keinerlei hierarhisches dienstlihes Verhältniß zwischen dem Staatssekretär des Reihs-Schaßamts und dem Prä- fidenten der Reichsbank.

Abg. Richter (fr. Volksp.) : Die Reichsbank hat einfach nah dem Reichsbankgeseß vorzugehen. Die beiden Vorredner von der Nechten hätten au niht gewagt, zu behaupten, daß die Reichsbank eine bimetallistishe Richtung verfolge. Für die Ablehnung der Ver- staatlihung der Reichsbank is nicht die untergeordnete Frage des Plus oder Minus maßgebend gewesen, fondern die Erwägung, daß man dieses wichtige Institut nicht von der wechselnden Verwaltung hat abhängig machen wollen. Der Antrag des Abg. Dr. Bachem ist zu allgemein gehalten, als daß man sich darauf einlassen könnte.

Abg. von Kardorff (Rp.): Der vorige Reichsbank - Präsident stand zur Währungsfrage ganz anders als der gegenwärtige. Er war der Meinung, daß es ein Segen für uns und die ganze Welt wäre, wenn das Silber remonetisiert würde; für uns besonders deshalb, weil es sehr bedenklich wäre, wenn bei Ans eines Krieges fo wenig Baarmittel zur Verfügung ständen. Jch glaube doch, daß eine cewife Aenderung in den Ansichten des Reichsbank-Präsidenten möglich wäre, wenn er reiner Staatsbeamter würde. Denn in dem gegen- wärtigen Verhältniß is er dem Verkehr mit der Haute finance auê- geseßt, die sehr streng an der Goldwährung festhält. Und es ist natürlich, daß sie auf Tod und Leben dafür kämpft; denn die Gold- währung ist die dauernde Ausplünderung der arbeitenden, der produ-

zierenden Klassen zu Gunsten des Kapitals. Abg. Graf von Mirbach (dkons.) bemerkt, ex könne den

Beweis erbringen, daß die dear Vi D des Herrn von Dechend über

die Währungsfrage den seinen nahegestanden hätten.

Präsident des Reichsbank - Direktoriums, Wirklicher Ge- heimer Rath Dr. Koch:

Ih will zunächst gleichfalls mit einem Protest antworten. Ih erhebe meinerseits Einspruch dagegen, daß aus Anlaß der Währungs- frage, die uns heute niht beschäftigt, meine Person fortwährend in die Debatte gezogen und in Gegensaß zu meinem Amtsvorgänger geseßt wird.

Zunächst aber erwidere ih dem Herrn -Abg. von Kardorff. Ich lasse mich auf die Währungsfrage nicht ein, sie steht niht auf der Tagesordnung und gehört nicht hierher. Der Herr Abg. von Kardorff hat aber angedeutet, als wenn die Meinung gewisser Finanzleute auf mich einwirke. Eine solche Unterstellung muß ih auf das bestimmteste zurückweisen. Meine Herren, unter den großen Banquiers sind von jeher eifrige Bimetallisten gewesen; ich könnte Jhnen einen bereits verstorbenen Herrn aus diesem Kreise nennen, der sich des größten Ansehens und eines kolossalen Vermögens erfreute; noch jeßt würde ih im stande sein, unter den Berliner und anderen großen Banquiers folhe namhaft zu machen, die dem Bimetallismus geneigt find. Die Banquiers könnten ja bei dem großen Arbitrage- geschäft in Edelmetallen, welches sich bei Einführung einer Doppel- währung zweifellos entwickeln würde, meiner Meinung nah viel bessere Geschäfte machen und daran manche größere Unternehmungen knüpfen, als bei der stabilen Goldwährung. (Sehr richtig! links.) Die Verfassung der Reichsbank geht aber niht dahin, daß fie den großen Finanzleuten, deren Rath mir übrigens im Zentralaus\{huß von großem Werth is in Bezug auf die Verhältnisse des Welt- marfkts, irgend einen maßgebenden Einfluß zugefsteht; in allen Dingen werden sie nur mit begutahtender Stimme gehört, und nur dann, wenn es sih um direkte Finanzgeshäfte mit dem Reich und den Bundesftaaten handelt, dann haben sie das Recht des Vetos und zwar aus guten Gründen; das bildet gerade einen Vorzug des ge- mischten Banksystems, wie cs im Jahre 1874 nah langen Diskussionen mit großer Majorität hier im Reichstage für die Organisation der Neichsbank angenommen worden ift.

Nun wende ih mich zu dem Herrn Grafen von Mirbah. Er kam auf die Verstaatlihungsfrage zurück; er sprach von Verlusten, die das Neich bei der Reichsbank erlitten habe. Das if unrichtig. Meiner Meinung nach hat das Reich mit der Reichsbank ein außerordentlich gutes Geschäft gemacht. Es hat, ohne daß es irgend ein Risiko läuft denn es giebt kein Geld dazu, sondern bekanntli haben die Antheilseigner 120 Millionen, die zum Kurse von 130 %% aufgelegt werden, eingeschossen, zu welchen noch ein Refervefonds von 30 Millionen angesammelt worden ist —s