1914 / 28 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 02 Feb 1914 18:00:01 GMT) scan diff

Dheater uud Musik.

Im Köntglichen Opernhause findet morgen, Dienstag, eine Wieterbholung von „Mignon“, mit Fräulein Artôt de Padilla in der Titelrolle und Frau Bosetti als Philine, statt. Den Wilhelm Meister singt Herr Philipp, den Lothario: Herr Schwegler, den Laërtes: Herr Schultz; den Friedri spielt Herr Vallentin, den Jarno: Herr Krasa. Dirigent is der Kapellmeister Dr. Besl. L

Anläßlih des Geburtstags von Ernst von Wildenbruch wird morgen im Königlichen Schauspielhause „Die Nabensteinerin“ gegeben. Die Titelrolle \pielt Frau Willig. Die anderen Haupt- rollen werden ‘von den Damen Abich, Pategg und Hoff sowie von den Herren Geifendörfer, Kraußneck, Leffler, Dr. Pohl, Mühlhofer, Werrack, Winter, Nesper, Eichholz und Stange dargestellt.

Mannigfaltiges. Berlin, 2. Februar 1913.

Bei ganz außergewöhnlich starker Beteiligung fand am Sonn- abend im Marmorsaal und den angrenzenden Festräumen des Zoo- logishen Gartens Berlins gegenwärtig glänzendites Winterfest, das Ballfest des Vereins „Berliner Presse“ statt. Schon sehr frühzeitig entwidelte sich im großen durch kostbare Velarten und blühende Tulpenbeete ges{chmüdckten Hauptsaal jenes festlihe, farben- frohe Treiben, das, besonders von der Freitreppe zu den Emporen aus betrachtet, einen unvergeßlihen Anblick darbietet. Wer gekommen war, um hervorragende Persönlichkeiten des öffentlihen Lebens, bohe Staatswürdenträger und Offiziere, Diplomaten, Gelehrte, Schriftsteller und Künstler von Rang einmal von Angesicht zu Angesicht zu sehen, brauchte sich nit lange im Saal umzutun. Die Staatsminister und Staatssekretäre, an ihrer Spiße der Reichskanzler Dr. von Bethmann Hollweg, waren fast vollzählig in der geräumigen Vorstandsloge versammelt, und in der gegenüber- liegenden Loge sah man den Generaltntendanten der Königliden Schau- spiele Grafen: von Hülsen- Haeseler, umgeben von einer großen Schar bekannter Mitglieder der Königlichen Theater und anderer Berliner Bühnen. Gegen Mitternacht fand, wie üblich, die Ausgabe der Damenspende statt. Sie bestand auh diesmal aus einer Bonbonniere und etner literarishen Festgabe, einem von H. Hirzel mit zierlichem Büchershmuck versehenen Musenalmanach, der mit seinen zahlreichen Beiträgen in Vers und Prosa eine bleibende Erinnerung an den Kbend darstellt. Eine reichbestellte Tombola mit teilweise ret wertvollen Gewinnen reizte au viele Besucher, ihr Sptelglück zu versuchen. Das wohlgelungene Fest dürfte den Wohlfahrtskassen des Vereins eine große Summe zugeführt haben.

Einen interessanten und genußre|hen Abend verspriht das Erste Berliner Studentenfest, das am Montag, den 16 Februar, Abends 84 Uhr, im Marmorsaal des Zoologischen Gartens zugunsten des studentishen Wohnungswesens veranstaltet wird. Eine Auslese erster Küknstler, wie man sie fonst selten auf einem Programm vereinigt findet, wird in dem Konzertteil zu Anfang des Festes mitwirken, und zwar die Kammer- sängerin Lilli Lehmann, ter Kammersänger Franceëco d’Andrade, Karl Clewing, Mitglied des HKöniglihen Schausptelhauses, der Cellobirtuose Anton Hekking, der Vortragskünstler Dr. Emil Milan, der Hofpianist José Vianna da Motta und der Königliche Kammervirtuose, Professor Oscar Schubert. Auf das Konzert folgt ein Ball. Der Verkauf der Eintrittskarten (zu 10 und 5 J) findet schon jeßt bei Bote u. Bcck und an den Theaterkassen A. Wertheim statt. Geschäftsstelle ist das akademischze Wobnungs- amt der Universität. ,

Der Physiker Professor Dr. Glazel wird morgen abend în der „Urania“ in der. Reihe der Gelehrtenvorträge einen Vortrag unter Vorführung von Experimenten und Lichtbildern über „Neuere Fortschritte auf dem Gebiet der telegraphischen Bildüber- tragung“ halten; am Donnerstag wird der Professor Dr. Georg Wegener noch einmal seinen Vortrag „Der Panamakanal, seine Ge- cite, sein Bau und seine künftige Bedeutung" wiederholen.

Einen Meisterkursus in Blumen- und Landschafts- malen veranstaltet auf Anregung der Malerinnung zu Berlin- Lichtenberg die Handwerkskammer in Berlin. Der Kursus, der etwa 48 Stunden umfaßt, soll am 29. d. M. beginnen. Es fönnen daran noch einige Mitglieder aus den Malerinnungen Groß

Berlins gegen eîne Gebühr von 5 # teilnehmen. Anmeldungen und Gebührenzabhlungen sind an den Obermeister Emil Leske, Berlin O. 112, Alt Boxhagen 22, zu richten.

Dortmund, 2. Februar. (W. T. B.) Bis gestern wurden auf der Zehe „Minister Ahenbah"“ noch zwei Tote ge- borgen. (Vgl. Nr. 27 d. Bl.) Im Krankenhause sind insgefamt vter Schwerverleßte gestorben, so daß die Zahl der Todesopfer bis jeßt 24 beträgt. Es sollen sich, wie die Zechenverwaltung mit- teilt, feine Leichen mehr unter den Trümmern befinden. Seine Majestät der Kaiser und König hat dem Minister für Handel und Gewerbe Dr. Sydow auf dessen Meldung von dem Gruben- unglück auf der Zehe „Minister Achenbach" ein Beiletdstele- gramm gesandt. Weitere Beileldskundgebungen gingen ein von Seiner Majestät dem König von Bayern, von dem Präsi- denten des Herrenhauses von Wedel und vom Präsidenten des RNeichs- tags Dr. Kaempf.

Auf der Zeche „Vereinigte Wiendahlsbank“ wurden am Sonnabend drei Bergleute durch herabstürzende Gesteinsmassen erschlagen. Die Leichen sind heute geborgen worden.

Dorsten, 2. Februar. (W. T. B.) Auf der Zeche „Fürst Leopold“ wurden in der Naht zum Sonnabend drei Bergleute dur hereinbrehende Gesteinsmassen vershüttet. Sie sind beute morgen unversehrt geborgen worden. Sie waren 70 Stunden unter Tag einges{lofsen.

Aachen, 1. Februar. (W. T. B.) Zum Gedächtnis des elfhundertjährigen Todestages Katser Karls des Großen, ihres Schußpairons, hat die Stadt heute festliden Schmudck angelegt; besonders der Marktplaß bietet einen prächtigen Anblick. Die Feier begann mit einem Pontitfikalamt im Münster, das von dem Erzbishof von Cöln Dr. von Hartmann zelebriert wurde und an dem der Weihbishof Dr. Müller von Cöln und der Bischof von Lüttich teilnahmen. Darauf bewegte {ih ein gewaltiger Festzug, an dem etwa hundertzwanzig Vereine mit über fünftausend Personen teilnahmen, durch die Straßen der Altitadt zum Nathaus, wo dîte vereinigten Männergesangveretne am Standbilde Karls des Großen die Hymne An „Karl den Großen“ von Dr. W. Hermanns vortrugen. Dann sangen die den Marktplay fülleaden Tausende das Lied „Urbs Aguensis“. Im Krönungssaal des NRathauses hatten sch die Spigen der Behörden, die Bischöfe, die Stadtvertretung und AÄbordnungen der Vereine versammelt; dort hielt nach Vorträgen des städtishen Orchesters der Stadtarhivar Dr. Huy s8kens die Festrede, in der er ein Lebens» bild Karls des Großen“ gab und dann, auf unsere Zeit übergehend, der Segnungen gedachte, deren sich Aachen und das ganze Deutsche Netch, an dessen Spiße nun wieder ein mächtiger Deutscher Kaiser stehe, heute erfreut. Abends fand im großen Saale des Kurhauses die Vorführung von Bildern aus Karls des Großen Leben mit Musikbegleitung und Erläuterung durch Dichtungen statt. Es ist das erste Mal seit dem Jahre 1714, daß Aachen das Gedächtnis des großen Kalsers feiert.

Leipzig, 2. Februar. (W. T. B.) In der vergangenen Nacht kurz vor 12 Uhr ereignete sich in dem Gebäude des Deutschen Buchhändlerhauses tn der Hospitalstraße eine \{chwere Gas- erxplosion. Einige Küchenangestellte des Restaurants „Guten- berg-Keller" bemerkten einen starken Gasgeruh, dem sie nahgingen. Als fie das KeUergeschoß mit einer brennenden Lampe betraten, er- folgte die Explosion. Eine mächtige Stichflamme brachte den Ein- dringenden \{chwere Brandwunden bei und {lug bis tn die Räume des Erdgeschosses Insgesamt Vier Deo nen JOWer und eine letWler Vere leßt. Der Sathßschaden isff bedeutend. Fast sämtliche Fenstersheiben des Restaurants und der tn der Nähe gelegenen Häuser gingen in Trümmer, auch die großen Schaufenster einiger Läden. Die Feuerwehr war alsbald zur Stelle und unterdrückte den ausgebrochenen Brand. Die Verleßten wurden nah Anlegung von Notverbänden ins Krankenhaus übergeführt. Die Ershütterung war so stark, daß die im oberen Saale tanzenden Paare zu Boden stürzten. Das Unglück foll dadur entstanden sein, daß der Gasdruckregler, der sich im Keller- geschoß befand, undiht geworden war und eine große Menge Gas

atte entstrômen lassen. Das auswärts verbreitete Gerücht, daß ein Teil des Gebäudes eingestürzt set, trifft nicht zu.

empor. wurden

London, 2. Februar. (W. T. B.) Der Hamburger Vier master „Hera“ lief am Sonnabend um Mitternacht bei Ports; cathe (Cornwall) auf Felsen auf. Ein von s{chwerem egen begleitetcr heftiger Sturm hatte die Navigation ers{chwert, un) so war es zu spät zum Ausweichen, als vor dem Bug dei Schiffes Klippen gesihtet wurden. Die „Hera® rannte auf, und in wenigen Minuten war sie voll Wasser; sie legte sich auf die Seitz und große Sturzwellen stürzten über das Deck. Das Rettungs boot wurde flott gemaht und mit 21 Mann bemannt. Doch daf Boot {lug um und 16 Mann, unter ibnen der Kapitän, ertranken Der erste und zweite Offizier und drei Mann erreichten wieder di „Hera*. Die Flut stieg immer höher und die Ueberlebenden mußtey fich auf die Takelage retten. Der erste Offizier stellte sih an de Mast und blies auf einer kleinen Pfeife Signale, um die Aufsmerk# samkeit auf das Wrack zu lenken. Das Wasser stieg immer höher und da der Offizier sich niht freimahen konnte, gab Pfeife an einen Kameraden, dann verschlangen ihn die Wellen] Eineriesige Welle spülte dann den zweiten Offizier und eine Matrosen weg. Endlih kam das Rettungsboot von Fal mouth, das die Pfeifensignale gehört hatte, und brachte di fünf Ueberlebenden nach Falmouth. Es waren der dritte Offizte Hoffmann, die deutschen Matrosen Larsen und Bessier, der SchwedF Johannsen und der Malteser Giuseppe Cancia. Der Wert de Salpeters an Bord der „Hera“ beträgt 600 000 46. Die „Hera teilt das Schicksal vieler anderer Schiffe, die nach glücklich über standener Neise von Chile oder Peru an der Küste von Cornwall ge \trandet sind. Im vorigen Jahre strandeten dret Salpeter\hifck a ein deutsches, und im Jahre 1912 zwei, darunter auch eiß deutsches. 4

Bern, 31. Januar. (W. T. B.) Heute abend fand ein zahlreich befuhte Nachfeier des Geburtstages des Deutsche Kaisers statt. Der deutshe Gesandte Freiherr von NomberF brachte einen Trinkspruch auf die Schweiz aus, während der bayerisck Ministerresident von Böhm ein Hoch auf den Kaiser Wilbelm, a den ein Huldigungstelegramm abgesandt wurde, ausbrachte. |

New York, 2. Februar. (W. T. B.) Der Aeroklub kündig an, daß er einen Flug um die Welt gelegentlißh der Welt ajus\tellung in San Francisco genehmigt hat. Der Flu soll in San Francisco beginnen und binnen 90 Tage dort wieder enden. Der Preis wird hunderttaufen Dollar betragen. Der Wettbewerb wird allen Typs vo Motorflugzeugen ofenstehen vnd unter den Auspizien Weltausstellung und des Pacific - Aeroklubs stattfinden. den Flug ist folgender Weg beabsichtigt: San Franckêco, York, Belle. Isle, Grönland, Island, Hebriden, Edinburgh, Londo! Paris, Berlin, St. Petersburg, Moskau, Mandschuret, Korea, Japar Kamschatka, Behringstraße, Vancouver, San Francisco.

Rio de Janeiro, 1. Februar. (W. L. B.) Die Ueber schwemmungen im Staate Bahia nehmen einen ungeheure Umfang an. Die Stadt Novalaae ist im Wasser ver \chwunden. Viele Oertlichkeiten find zerstört worden. Di Ströme führen zahlreiche Leihen mit sich. Der Schaden i unermeßlich groß. (Vgl. Nr. 27 d. Bl.)

Nach Schluß der Redaktion eingegangene Depeschen.

Sofia, 2. Februar. (W. T. _B.). Die bulgarische R gierung hat um die Ernennung eines belgishen Offiziers al Schiedsrichter in der griehisch-bulgarischen Streit frage, betreffend Oxilar, gebeten. |

Tetuan, 2. Februar. (W. T. B.) Die-Streitkrät der Generale Belleguir und Terres wurden in der 1 gebung von Melallen von zahlreihen Feinden angegriff In dem darauf folgenden Kampfe hatte der Feind 50 L f und viele Verwundete und verlor zahlreiche Gefangene. | Major, ein Leutnant und 16 Soldaten wurden gelötet, \.f

Offiziere und 22 Soldaten verwundet. V

(Fortseßung des Nichtamtlichen in der Ersten und Zweiten | Beilage.) |

Theater.

Deuisches Theater. (Direktion: Max Neinhardt.) Dienstag, Abends 73 Uhr: Shakespeare - Zyklus: Der Kaufmann

Charlottenburg. Dienstag, Abends 8 Uhr: Die beiden Leouoren. Lust-

spiel in vier Aufzügen von Paul Lindau. | Sjiege,

Lusispielhaus. (Friedrihstraße 236.) Dienstag, Abends 8 Uhr: Die spanische |8 Schwank in drei Akten yon

Abend

Rofit

Künstlerhaus. Dienstag, Uhr: Klavierabend von Renard.

er di

Königliche Schauspiele. Dienstag: Opernhaus. 23. Abonnementsvorstellung. Mignon. Oper in drei Akten von Ambroise Thomas. Text mit Be- nußung des Goetheschen Nomans „Wil- helm Meisters Lehrjahre" von Michel Carré und Jules Barbier, deutsch von Ferdinand Gumbert. Musikalische Lettung : Herr Kapellmeister Dr. Besl. Regte: derr Regisseur Bachmann. Buallett: Le Ballettmeister Graeb. Chöre: Herr Professor Nüdel. Anfang 75 Uhr.

Schauspielhaus. 34. Abonnementsvor- stellung. (Wildenbruchs Geburtstag.) Die Rabensteinerin. Schausptel in vier Akten von Ernst von Wildenbruh. Regie: Herr Regisseur Dr. Bruk. Anfang 7 Uhr.

Mittwoch: Opernhaus. 24. Abonne- mentsyorstellung. Vohème. Szenen aus Peary Murgers „La Vis de Bohème“ n vier Bildern von G. Giacosa und L. Jllica. Deutsch von Ludwig Hart- mann. Musik von Giacomo Puccini. Anfang 7F Uhr.

Schauspielhaus. 35. Abonnement2vor- stellung. Die Neuvermählten. Schau- piel in zwet Aufzügen von Björnstierne Zjörnson. Deutsch von Julius Elias, Text der großen Se Die ärtlicen Verwandten. Lustspiel in rei Aufzügen von Noderich Benedix. Anfang 7} Uhr.

Berliner Theater. Dienstag, Abends 8 Uhr: Wie einst im Mai. Posse mit Gesang und Tanz in vier Bildern von Bernauer und Schanzer. - Mittwoch und folgende Tage: Wie éiust im Mai.

Theater in der Königgräßer Strafe. Dienstag, Abends 74 Uhr: Könia Richard Lxx. Ein Trauerspiel in 5 Aufzügen von William Shakespeare.

Mittwoch: Die Kronbraut.

Donnerstag und Sonnabend: König Richard Uxx.

Freitag: Die fünf Fraukfurter.

von Venedig.

Mittwoh: Romeo und Julia.

Donnerstag: König Lear.

reitag: Damlet.

Sonnabend: Der Kausmaun vou

Veuedig. Kammerspiele.

Dienstag, Abends 8 Uhr: Androklus und der Löwe.

Mittwoch und Freitag: Der Snob.

Donnerêtag: Wetterleuchten.

Sonnabend: Vürger Schippel.

Komsdienhaus. Dienstag, Abends 8 Uhr: Kammermusik. Lusispiel in drei Akten von Heinrih Ilgenstein.

N und“folgende Tage: Kammer- musik.

Deutsches Künstlertheater (So- zietät). (Nürnbergerstr. 70/71, gege er dem Zoologishen Garten.) Dienstag, Abends 8 Uhr: Der Bogen des Odyfseus. Dramatische Dichtung in fünf Akten von Gerhart Hauptmann.

Mittwoch und Donnerstag : Der Bogen des Odysseus.

Freitag: Schirin und Gertraude.

Sonnabend: Zum ersten Male: Das Phantom.

. Nachmittagsvorstellungen :

Mittwoch und Sonnabend, 3F Uhr:

Peterhenus Mondfahrt.

Lessingtheater. Dienstag, Abends s Uhr: Pygmalion. Lustspiel in fünf Akten von Bernard Shaw.

Mittwoch: Simson.

Donnerstag: Pygmalion.

. Freitag: Peer Gynt.

Sonnabend, Nachmittags 34 Uhr: Der Erbförster. Abends: Phygmalionu.

Schillertheater. 0. (Wallner- theater.) Dienstag, Abends 8 Uhr: Weh dem, der lügt! Lustspiel tin fünf Aufzügen von Franz Grillparzer.

Mittwoch: Was ihr wollt.

Donnerstag: Weh” dem, der lügt!

Mittwoch, Nachmittags 3 Uhr: Nathan der Weise. Abends: Herodes und Mariamnue.

Donnerstag: Die beiden Leonoren.

Theater an der Weidendammer

Brücke. Dienstag, Abends 8 Uhr: Wer zuleht lacht . . . ! Pofse mit Gesang und Tanz von Arthur Lippshiß und A. Bernsiein - Sawersky. Musik von Leon Jessel.

Mittwoch und folgende Tage: Wer zuleßt lacht .….. !

Deutsches Opernhaus. (Char- lottenburg, Bismarck - Straße 34—37, Direktion: Georg Hartmann.) Dienstag, Abends 8 Uhr: Mandragola.

Mittwoch und Freitag: Parsifal.

Donnerstag: Maudragola.

Sonnabend: Undine.

Montis Operettentheater.(Früher: Neues Theater.) Dienstag, Abends 8 Uhr: Die verbotene Stadt. Operette in drei Akten von Karl Lindau und Bruno Granichstaedten.

Mittwoch und folgende Tage: verbotene Stadt.

Die

Theater des Westens. (Station: Zoologischer Garten. Kantslraße 12.) Dienstag, Abends 8 Uhr: Polenblut. Operette tin drei Akten von Oskar Nedbal. N ENOS und folgende Tage: Poleu-

ut.

Theater am VNollendorfplaß. Dienstag, Abends 8 Uhr: Prinzeß Gretl. Operette in drei Akten von A. M. Willner und Rob. Bodanzky. Musik von Heinrih Reinhardt.

R und folgende Tage: Prinzeß retl.

Sonnabend, Nachmittags 4 Uhr: Die Schiffbrüchigen.

Franz und Ernst Bach. Mittrooch und folgende Tage:

spanische Fliege.

Die

Residenztheater. Dienstag, Abends 8 Uhr: Hoheit der Franz! Muß- kfalishe Groteske in drei Akten von Artur Landsberger und Willi Wolff. Musik von Nobert Winterberg.

Mittwooch und folgende Tage: Hoheit dec Franz!

Thaliatheater. (Direktion: Kren und Schönfeld.) Dienstag, Abends 8 Uhr: Die Tangoprinzejsin. Posse mit Ge- fang und Tanz in dret Akten von Jean Kren und Curt Kraaß. Gesangstexte von Alfred Schönfeld.

Mittwooch .und folgende Tage: Die Tangoprinzesfiu.

Trianontheater. (Georgenstr., nahe Bahnhof O Dienstag, Abends 8 Uhr: Anatoles Hochzeit.

Mittwoch und folgende Tage: Auatoles Hochzeit.

Konzerte.

Bechstein-Saal. Dienstag, Abends 77 Uhr: Klavierabend von Dr. Jmre von KFeéri-Szántó,

Beethoven-Saal. Dienstag, Abends

8 Uhr: 2. Liederabend von Charlotte Herpen. Am Klavier: Ludwig W., Spoor.

Blüthner-Sagl. Dienstag, Abends 8 Uhr: Konzert mit dem Blüthner- Orchester unter Leitung von Peder Gram.

Pirkus Bchumann. Dienstag, Abend 7F Uhr: Große Galavorstellung. Vorzügliches Programm. Zun S: e1eTippþ“', der Derby-Favor!

Zirkus Busch. Dienstag, Abend) 73 Uhr: Große Galavorstellung. Auftreten sämtlicher Spal Zum Scluß. Die große Prunk pantomime: Pompeji. |

tein

I T E

Familiennachrichten. Verlobt: Verw. Fr. Frièza von Woiskt geb. von Kownacki, mit Hrn. Han Frhrn. von Keyserlirgk (Berlin—Lyd Ostpr.). Frl. Elly von Grimm m Hrn. Leutnant Kurt Agath (Charlotten burg —Mainz). Frl. Dorothee vo Windheim mit Hin. Leutnant Gusta Naben (Naumburg a. S.). Geboren: Ein Sohn: Hrn. Herman Senfft von Pilsach (z. Zt. Danzig). Eine Tochter: Hrn. Hauptman Hugo Thümmel (Dessau). Gestorben: Lr Geheimer Justizra Arthur von Obernit (Berlin). Ht Gustav von Salzwedel (Königsberg). Hildegard Freifr. Hugo von Spißzem berg, geb. Freiin Varnbüler von un zu Hemmingen (Berlin). Fr, Iq hanna von der Heyden, geb. Stiebe (Berlin). Fr. Clementine von Berfen geb. von Billerbeck (Stargard i. Pom.

Verantwortlicher Redakteur: Direktor Dr. Tyrol in Charlottenburg

Verlag der Expedition (Heid ri ch) in Berlin. (230

Druck der Norddeutschen Buchdruckerei un Verlagsanstalt, Berlin, Wilhelmstraße 3A

Zehn Beilagen (einschließliß Börsenbeilage).

Erste Beilage

E M SMOREn Reichsanzeiger und Königlich Preußischen Staatsanzeiger.

Berlin, Montag, den 2. Februar

S ee E E R _

Nichtamiliches.

Uebersicht der Einnahmen an Zöllen, Steuern und Gebühren für die Zeit vom 1. April. 1913

bis zum Schlusse des Monats

Dezember 1913.

| |

Die Solleinnahme nach Abzug der Ausfuhrvergütungen usw. bat betragen

Die JIsieinnahme Im Neichshaushalts-

Bezeichnung

der Einnahmen bis

Monat Dezember) é

vom Beginne des im U Ars im

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hal Dea etat einfchließlich [vom Beginne des Nachtrags8etat ist die | Nechnungsjahrs | Einnahme für das chlusse bis zum Schlusse Rechnungsjahr 1913 [Monat Dezember| des Monats veranschlagt auf Dezember | Dezember b M b P

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9 D

4 5 6 7

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60370 811 947 111

3 403 457 14 371 286 6 443 413 21 270-143 34 591 390 723

udersteuer alzsteuer Branntweinverbrauhsabgabe Esfigsäureverbrauchsabgabe Schaumweinsteuer Leuchtmittelsteuer 1 944 901 Sdmarenleuer 1903 187 Brausteuer und Uebergangsabgabe von Bier 11 141 960 Spielkartenstempel 226 559 Wechselstempel 1 654 736 NReichsstempelabgaben : A. von Gesellshaftsverträgen . . .. 21 908 . von Wertpapieren 2415 150 . von Gewinnanteilschein- und Zins- bogen 2498 311

. von Kauf- und sonstigen Anschaffungs- geshäften 1121 483

. von Lotterielosen :

a. für Staatslotterien 323 927 b. für Privatlotterien 556 622 . von Frachturkunden 1419 731 . Fon eni ttarien 1538 857

. von Grlaubniskarten für Kraftfahr- zeuge 244 340

. von Vergütungen an Mitglieder von Aufsichtsräten 585 720 248 860 2 658 504 444 527 906 679 4 201 425 176 029

Or APPNR E [T | Laufende Nummer

K. von Schecks L. von Grundstüdsübertragungen M. von Versicherungen Se

rbschafts\teuer Statistishe Gebühr

O01 229 315 7 936 858 39 982 550 141 464 592 48 627 795 165 856 758 631 216

8 049 613 12164 443 15 681 997

53 336 800 765 101

3 983 393 14 534 853 D-(009 170 14 899 791 60 304 928 680

1 324 346 1 476 574 TT 436 C 173 911

1 621 641

905 801 152 9 094 251 31 081 376 124 453 469 44 139 876 146 229 694 581 893

7 424 128

721 470 000 10 825 000 36 469 000

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195 455 000

825 000 10 685 000

11 027 788 15 846 000

15 042 269 20 101 000

96 768 635 124 780 000 1 404 548 1 899 950

15 057 158 19 122 500

5 163 408 34 601 595

8 210 928 13 269 155 27 575 850 19 647 349 14 653 282 18 018 393

3 933 072

92 927 660 1545 003 15 364 447

9 268 784 39 307 409 8 118 699 13 539 984 27 575 850 10 899 676

14 952 328 18 386 115

2 075 574 2 366 847 2 443 4137 1 099 054 323 927 337 323

391 337 908 100

68 820 000

20 280 000

40 500 000 10 388 000 18 444 000 22 844 000

3 930 000

5 880 000 3 136 000 39 200 000 7 500 000 5 000 000 47 000 000 1 822 450.

239 453

974 006 243 885 2 605 334 435 637 906 679 4 201 425 168 047

659 695

11 797 306 33 305 663 1.632 731

11 797 306 dd 305 663 1654 572

Deutscher Reichstag. 203. Sizung vom 31. Januar 1914, Mittags 12 Uhr. (Bericht von Wolffs Telegraphishem Bureau.)

L Auf der Tagesordnung stehk die Fortsezung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes, betreffend die Fest- stellung des Reichshaushaltsetats für das Reh- nungsjahr 1914, und zwar: „Etat für das Reichsamt des Jnnern““,

Abg. Bassermann (nl.) in seiner Rede, deren Anfang in der vorgestrigen Nummer d. Bl. mitgeteilt worden ist, fortfahrend : Gs gibt feine Großbank, die nicht selber die \chärfste Nevisionstätigkeit ausübt. Die Banken haben einen großen Stab von Beamten, die darüber wachen, daß keine Malversationen vor- kommen. Je potenter die Gesellschaften werden, desto mehr sind fie in der Lage, dur stille oder offene Reserven ihre Stellung zu kräftigen und dies auch in der Vilanz zum Ausdruck zu bringen. So sind sie in der Lage, s{hwere wirtschaftliche Krisen zu überwinden. Vielfach wird darüber geklagt, daß deutsches Geld in das Ausland geht, während wir es im Inland notwendig haben. Diese Klage ist in gewissem Sinne berechtigt. Anderseits müssen wir sagen, daß ein Land, welches Wesltpolitik treiben will, welches politisben Einfluß haben will, auch Geld im Auslande investieren muß. Die Machtstellung der französi- schen Republik beruht nicht allein auf dem starken nationalen Instinkt nah der Nichtung der Verstärkung seiner Wehrkraft, sondern auc darauf, daß Frankrèich der große Geldgeber für Rußland geworden ist. Vis auf den beutigen Tag ist au das kräftige Zusammenhalten der Tripleentente darauf aufgebaut, daß Frankreich in der Lage, aber auch willens is und den Mut hat, diese Milliarden nah Rußland zu geben. Die Türkei bemüht sich darum, daß auch andere Staaten bereit wären, ihr Geld zu geben, Angesichts der großen Verschiebungen in der Türkei und auf dem Balkan kann Deutschland auf diesem Gebiete nicht beiseite stehen. Natürlih muß hier mit einer gewissen Planmäßigkeit vor- gegangen werden und das Geld*niht Staaten gegeben werden, von denen wir keine Vorteile haben können, und von denen auch die deutsche Industrie keinen entsprehenden Erfolg zu erwarten hat. Etwas anderes ist es mit den Klagen des Mittelstandes über seine Kreditnot, namentlich mit der Frage der zweiten Hypotheken. (Der Präsident bittet wiederholt um Ruhe.) Diese Kreditnot führt auch zu einer be- denklihen Wohnungsnot. Die Geseßgebung wird sih mit der Negt: lung des Hypothekenwesens zu befassen haben. Die Sachverständigen bekunden übereinstimmend, daß cin Hauptmißstand gerade in dieser Me- gelung zu finden is. Was das Koalitionsreht anlangt, so kann es wohl als das höchste Gut unserer deutschen Arbeiter und Angestellten bezeichnet werden. Es wäre sittlih verwerflich, dieses Recht anzu- tasten; es wäre auh "Artelgalt 8 völlig verfehlt, denn das Auf- steigen der modernen Arbeiterschaft in wirtschaftliher Beziehung ilt wesentlich mitbedingt durch dieses freie Koalitionsreht. Auch politisch ware es geradezu ein Wahnsinn, es einzushränken. Die moderne Arbeiterentwicklung hat verschiedene Wege einaes{lagen. Neben der sozialdemokratishen Bewegung stehen große Arbeiterorganisationen, die auf dem Boden der Monarchie und der heutigen Staats- und Ge- sellshaftsordnung ihre Interessen vertreten. Diese dem Estaatsgedanken abspenstig und sie mißtrauish zu machen, würde ich politish für den größten Fehler halten. Wir haben heute mit der Tatsache zu rechnen, daß heute manche Arbeiterkreise sich von der fozialdemokratishen BVe- wegung abwenden, wie das aus der Presse der leßteren selbst hervor- geht. Wir haben einerseits Organisationen zu verzeichnen, wie die hristlihen Gewerkschaften und die Hirsh-Dunckershen Gewerkvereine. Unsere vollen Sympathien begleiten sie in ihrem \chweren Kampfe gegen die Sozialdemokratie. Das gilt au A die christlih-nationale Ar- beiterbewegung nah einer anderen Richtung, in ihrem Kampfe gegen kirchlide Autoritäten. Daneben haben wir auch wirt\chaftsfriedliche Organisationen; auch diefen wird man Gerechtigkeit widerfahren lassen müssen. Wenn man den Arbeitern das Koalitionsrech| gibt, so muß man es ihnen überlassen, wie sie si koalieren wollen. Sich da einzu- |

mischen und den Arbeitern darüber Vorschriften machen zu wollen, halte ih für fein liberales Beginnen. Der Abg. Böttger hat bereits er- wähnt, daß in dieser wirtschaftsfriedlichen Bewegung auch verschiedene Richtungen sich geltend machen; ebenso steht aber fest, daß in dieser Be- wegung sich Tausende reichstreuer Männer zusammengefunden haben. Der» Reichskanzler hat sich bei der ersten Etatberatung über das Koga- litionSrecht geäußert und ein unumwundenes Bekenntnis zu diesem Recht abgelegt. Die von ihm aufgestellten Grundsäße wird man billi- gen können. Er hat erklärt, daß bei allen gegen etwaige Auswüchse zu treffenden Maßnahmen Parität gewahrt werden muß, daß alle diese Maßnahmen zu treffen sind auf dem Boden des gemeinen Nechts und nicht im Wege der Ausnahmegese8gebung. Offen gelassen hat er die Frage der Berufsvereine, die er als noch nit spruchreif bezeichnete; er hat auf die Nevision des Strafgeseßbuches hingewiesen und generell bemerkt, daß bei dieser Revision natürlich auch die Frage des Schutzes der persönlichen Freiheit neu geprüft werden muß, und \{ließlich eine Denkschrift in Aussicht gestellt. Wir haben in unserer Nefolution be- stimmte Punkte bezeichnet, worüber die Denkschrift Auskunft geben, und bezüglich deren eine Stellungnahm€& der verbündeten Megierungen erfolgen möge. Von bestimmten Anträgen sehen wir, wie bei der Zaberner Interpellation, ab, weil wir angesichts der bestimmten Ums- renzung des -Themas durch den Reichskanzler dem Rate des Grafen Westarp folgen und die Jnitiative der verbündeten Regierungen ab- warten wollen. Der Antrag der Deutschkonservativen greift einen be- stimmten Punkt, das Streikpostenstehen, heraus und verlangt dessen Verbot. Wir lehnen den konservativen Antrag ab. Man hat sich hier im Hause auf die Rede bezogen, die der Abg. Nochling am 13, Januar im preußischen Abgeordnetenhause gehalten hat. Mein Parteigenosse Röchling hat gesagt, die Gewährleistung eines besseren Schußes der Arbeitswilligen sei notwendig, er werfe die Frage auf, ob es dazu eines Geseßes bedürfe; dann aber hat er über das Streik- postenstehen eine bemerkenswerte Ausführung gemacht, auf die ich, da er einer alten industriellen Familie des Westens angehört, die Auf- merksamkeit lenken möchte. Er führte aus, wenn es rechtens sei, daß im Falle der Gefährdung der öffentlichen Ordnung, Nuhe und St1cher- heit die Polizei das Necht und die Pflicht zum Einschreiten habe, wie das das Oberverwaltungsgeriht anerkannt habe, so erscheine für Preußen wenigstens ein besonderes Verbot überflüssig. Dazu nehmen Sie die Verhandlungen der Sächsishen Kammer, wo Graf Vißthum und der Justizminister erklärt haben, daß das Koalitionsrecht erhalten werden müsse, daß ein Grund zur Aenderung der Geseßgebung nicht vorliege, daß die persönliche Freiheit {on auf Grund der bestehenden Gesetze geshüßt und auch dem Koalitionszwang schon heute auf dem- selben Wege begegnet werden könne. Ganz ähnlih hat fih auch im preußischen Landtage der Minister von Dallwiß ausgesprochen. Der Rechtszustand ist demnach jebt so, daß die Polizei in allen Fällen, wo die persönliche Freiheit angetastet und die öffentlihe Ruhe gestört wird, in der Lage ist, vorzugehen. Es ist auch entschieden worden, daß da, wo Gefahr vorhanden ist, auch vorbeugend das Streikpostenstehen ver- boten werden kann. Ein Verbot des Streikpostenstehens durch bkfon- deres Geseß ist also nicht erforderli. Wir bekämpfen allerdings den Koalitionszwang und verlangen, daß 1hm gegenüber die staatlichen Machtmittel in vollem Umfange angewendet werden. Im Laufe der Jahre haben sich die Machtmittel der Organisationen und 1hrer An- wendung verschärft, sodaß es unter Umständen nötig wird, einheit- lihe Ordnung zu schaffen, damit die nötigen Vorbereitungen getroffen werden, und bei vorauszusehenden Unruhen die nötigen Machtmittel rechtzeitig zur Stelle sind, Dadurh wird ih die Lust zu Unruhen und zu Geseßwidrigkeiten legen. Auch eine {nelle Justiz ist nötig, die auch in anderen Fällen nur empfohlen werden kann. Auf diesem Boden steht auch die Landtagsfraktion, und sie hat deshalb einen ent- \prehenden Antrag eingebraht, Der Abg. von Bennigsen hat bei der Beratung des Bürgerlichen Geseßbuches die Regelùng der Verhältnisse der Berufsvereine gewünscht. Das war niht möglich. Jeßt ist es zu bedauern, n man nicht rechtzeitig an diese Frage herangetreten ist. Man hätte ihnen die Rechtsfähigkbit geben, aber auch die Haftbarkeit auferlegen müssen. Selbst Graf Westarp hat diese Frage als spruch-

reif bezeichnet. Man sollte prüfen, ob dieses Problem nicht doch zu

lösen ist. Wichtig ist au die Regelung der Frage des wirtschaftlichers und politischen Boykotts. Leßteren üben niht nur die Sozialdemo- traten aus, mem auch die Konservativen, wie es meine politischen ¿reunde In Pommern erfahren haben. Der Staatssekretär will eine Zolitarifnovelle nicht vorlegen, versprah “aber Maßnahmen zu treffen, ae die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands zu wahren und die

nregungen der betreffenden Berufskreise wohlwollend zu prüfen, Da werden einige Wünsche bezüglich der Zusammenseßung des Wirtschaft- lichen Ausschusses geäußert. Er i} zur Zeit der Caprivischen Han- delsverträge auf Anregung des Zentralverbandes Deutscher Industrieller als Privatorganisation gegründet worden. Jeßt ist er eine amtliche Einrichtung. Hier wollen nun verschiedene Industrieverbände eine eigene Vertretung haben. Sie gehen von dem Grundsaße aus, daß alle Dweige der deutschen Produktion in ihm vorhanden sein müssen. Das ist auch die Meinung des Sächsishen Ministeriums. Notwendig ist aber auch, daß Gelegenheit gegeben wird, Unterausshüsse zur Prüfung besonderer Fragen zu bilden. Diese Anregungen können der Regierung nur angenehm fein, da der Abschluß von Handelsverträgen si ja immer schwieriger gestaltet. Deshalb sind auch die Gründungen internatio- naler Verbände zu begrüßen, wie der Deutsch-Oesterreihishe Wirt- schaftsverband. Auch mit Schweden ist ein solcher gegründet worden, und ein deutsh-amerikanischer ist in Aussicht. Der Zolltarif vom Jahre 1902 hat sih durchaus bewährt. Jhm verdanken wir das heutige VBlühen bon Industrie und Landwirtschaft. Krisen werden sih bei keinem Wirtschafts\ystem vermeiden lassen. Wenn sie bei uns weniger stark als in anderen Ländern auftreten, dann verdanfen wir das der starken Organisation unserer Industrie. Der Staatssekretär hat sich auch um das ganze Gebiet der deutschen Sozialpolitik große Verdienste erworben. Wir haben deshalb allen Grund, ihm unser Vertrauen aus- zusprechen.

Stellvertreter des Reichskanzlers, Staatssekretär des Innern Dr Del bxue:

Meine Herren! Jch möchte zunächst im Anschluß an die Worte, die der Herr Abg. Bassermann bei Beginn seiner eben geschlossenen Ausführungen gesprochen hat, auch im Namen der verbündeten Ne= gieruungen den Empfindungen des schmerzlichsten Bedauerns und der herzlichsten Teilnahme Ausdruck geben, die uns alle aus Anlaß der ershütternden Kunde von dem Grubenunglück im Nuhrrevier erfüllen. (Zustimmung.) Der Herr Abg. Bassermann hat dann dem Wunsche Ausdruck gegeben, ih möchte dem hohen Hause sobald als mögli amtliches Material über den Unfall zugänglich machen. Ich habe mich, sobald ih aus der Presse die Nachricht von dem Unglück erhielt, mit dem Herrn Handelsminister in Verbindung gefeßt und habe vor= läufig folgendes erfahren.

Die Slagwettererplosion auf dem Steinkohlenbergwerk Achenbach bei Dortmund ereignete sich auf der dritten Tiefbausohle in dem 19. und 21. Flög. Ein erheblicher Grubenbrand fand nicht stati, so daß die Grube auf Anweisung des während der vergangenen Nacht in der Grube weilenden Berghauptmanns Liebreht nah dem Ünfall in allen Bauabteilungen befahren werden konnte. Es wurden 19 Tote, 2 lebensgefährlich und 8 weniger {wer verleßte Berg- arbeiter geborgen. 3 Arbeiter sind anscheinend unter den zusammen- gebrohenen Trümmern dei KFetle vershüttet und dürften tot sein. Insgesamt dürften leider 25 Menschenleben zu beklagen. sein. Es scheint aber, daß mit größeren Verlusten unter allen Umständen nicht gerechnet werden muß. Sobald mir im Laufe der heutigen Sißung weiteres Material zugegangen sein wird, werde ih nicht verfehlen, es dem hohen Hause zu unterbreiten.

Meine Herren, der Herr Abg. Bassermann hat dann am Schlusse seiner Ausführungen an meine Erklärungen zu unserer Wirtschaftspolitik angeknüpft und insbesondere den zweiten Teil meiner programmatischen Festlegungen betont, in denen ich eine forg- same Prüfung aller derjenigen Fragen zugesagt hatte, die gelöst werden müssen, wenn wir bei dem Abschluß neuer Handelsverträge völlig gerüstet sein wollen. Er hat im Anschlusse daran erneut die Frage erörtert, ob es nicht möglih und zweckmäßig sei, dem Wirtschaft - lihen Ausschuß eine andere Organisation zu geben, als er sie augenblicklih besißt, und ob es namentlih nit möglich sei, bei einer größeren Anzahl von wirtschaftlihen Verbänden ein Präsen= tationsreht für den Wirtschaftlichen Ausschuß zu geben und den Wirt- schaftlichen Ausschuß selbs in Unterabteilungen zur Lösung beson- derer Fragen, welche die einzelnen Industriezweige betreffen, auf=- zulösen.

Meine Herren, wenn der Herr Abg. Bassermann von mir eine Prüfung dieser Frage wünscht, so war dieser Wunsch nicht notwendigz denn ih bin mit der Prüfung dieser Frage eigentlih unablässig be- schäftigt, so lange ich die Ehre habe, das Neichsamt des Innern in diesem hohen Hause zu vertreten, Wir haben auch alljährlihe Er=- orterungen über diese Frage gehabt, und ih muß sagen, ih bin heute noch nicht zu der Ueberzeugung gekommen, daß wir in der Lage sind, dem Wirtschaftlichen Aus\{chuß eine wesentlich andere Gestalt zu geben, als er sie augenblicklih besißt, ohne seine Brauchbarkeit für feine eigentlihen Zwede zu verringern.

Meine Herren, wir müssen zunächst daran festhalten, daß die all« gemeinen Nichtlinien der Zoll- und Wirtschaftspolitik unter Mit« wirkung dieses hohen Hauses festgelegt werden. Zweitens ist es die Pflicht der Regierung, alles zur Beratung der dabei etwa auftauchen= den Fragen erforderliche Material zu beschaffen. Man muß ihr aber auch eine gewisse Freiheit lassen, wie sie sih in den - Besiß dieses Materials seßt. Man muß nah meiner Ansicht vor allen Dingen vermeiden, dieser zur Begutachtung und zur Vorberatung wirtschafts- und - handelspolitischer Fragen zusammenberufenen Körperschaft eine gewisse amtliche und offizielle Gestalt zu geben; denn, meine Herren, das würde immer auf die Errichtung einer Art Zollparlament hin- auslaufen, das naturgemäß den Einfluß dieses hohen Hauses wesent- lih beschränken müßte in dem Maße, wie man seine Zusammenseßung und seine Organisation festlegt und ihm bestimmte Kompetenzen zu=- schreibt.

Jch darf an die Beispiele erinnern, die wir in dieser Beziehung haben. Jch erinnere an den Versuch Bismarcks in Preußen und im Meiche, einen sogenannten Volkswirtschaftsrat zu gründen, eine Jdeez die sowohl im preußischen Abgeordnetenhaus, wie auch im Reichs« tag, nah meiner Erinnerung eigentlih von allen Parteien von der Hand gewiesen worden ist mit der ausdrücklicben Begründung, man